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Verteilung des Flavonols Quercetin in Organen und Geweben beim Schwein nach mehrwöchiger Verabreichung mit dem Futter

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Academic year: 2022

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und dem Institut für Tierernährung und Stoffwechselphysiologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Verteilung des Flavonols Quercetin in Organen und Geweben beim Schwein

nach mehrwöchiger Verabreichung mit dem Futter

INAUGURAL-DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Juliane Bieger

aus Preetz

Hannover 2007

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. J. Kamphues Prof. Dr. S. Wolffram

1. Gutachter: Prof. Dr. J. Kamphues Prof. Dr. S. Wolffram 2. Gutachter: Prof. Dr. W. Ternes

Tag der mündlichen Prüfung: 22. Mai 2007

(3)

I. Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung...1

2. Schrifttum ...3

2.1 Struktur und Synthese von Flavonoiden ...3

2.2 Vorkommen und Aufgaben von Flavonoiden in Pflanzen ...4

2.3 Aufnahme von Flavonoiden über pflanzliche Produkte ...7

2.4 Wirkungen von Flavonoiden im menschlichen und tierischen Organismus...11

2.4.1 Antioxidative Eigenschaften...11

2.4.2 Wirkung auf Enzyme, Signaltransduktion und Genexpression...14

2.5 Bioverfügbarkeit von Flavonoiden...16

2.5.1 Intestinale Absorption ...17

2.5.1.1 Einfluss des Glycosylierungsmusters: beteiligte Enzyme und Transporter ...17

2.5.1.2 Die Rolle der intestinalen Mikroflora...20

2.5.1.3 Einfluss der Nahrungszusammensetzung ...21

2.5.2 Metabolisierung und Verteilung von Flavonoiden im Organismus ...23

2.5.2.1 Konjugation ...24

2.5.2.2 Intestinale und biliäre Sekretion ...27

2.5.2.3 Plasmatransport und Gewebeverteilung ...29

2.6 ß-Glucuronidase...33

2.6.1 Subzelluläre Lokalisation ...33

2.6.2 Funktion ...33

(4)

3. Material und Methoden...37

3.1 Fütterungsstudie ...37

3.1.1 Versuchsaufbau und -durchführung...37

3.1.2 Flavonolanalytik ...39

3.1.2.1 Kalibrierung und Auswertung ...41

3.1.2.2 Korrektur Residualblut ...44

3.2 Bestimmung der Aktivität der ß-Glucuronidase...45

3.2.1 Probenaufarbeitung und Testprinzip...45

3.2.2 Proteinbestimmung und Auswertung ...46

3.3 Statistische Auswertung...47

4. Ergebnisse ...48

4.1 Gewebeverteilung von Quercetin und seiner methylierten Metaboliten Isorhamnetin und Tamarixetin ...48

4.2 ß-Glucuronidaseaktivität verschiedener Gewebe...55

4.2.1 Eignung der Methode ...55

4.2.2 ß-Glucuronidaseaktivität in einigen ausgewählten Geweben des Schweins ...56

5. Diskussion ...65

6. Zusammenfassung...78

7. Summary ...80

8. Literaturverzeichnis ...82

(5)

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grundstruktur und Numerierung von Flavonoiden...3 Abbildung 2: Flavonoidunterklassen...3 Abbildung 3: Molekulare Struktur von Isoquercitrin (Quercetin-3-O-Glucosid)

und Rutin (Quercetin-3-O-Glucorhamnosid)...5 Abbildung 4: Methylierung von Quercetin zu Tamarixetin (4'-Methylquercetin)

und Isorhamnetin (3'-Methylquercetin) ...26 Abbildung 5: Kalibriergeraden zur quantitativen Bestimmung von Quercetin,

Tamarixetin und Isorhamnetin in Plasma und Geweben ...42 Abbildung 6: Chromatogramme eines Standards der Kalibriergeraden

sowie einer Plasmaprobe und einer Leberprobe vom Schwein nach vierwöchiger Verabreichung einer täglichen Dosis von

50 mg Quercetin pro kg Körpergewicht mit dem Futter...43 Abbildung 7: Gesamtkonzentration der Flavonole in Geweben des Schweins

nach oraler Applikation von Quercetinaglycon ...52 Abbildung 8: Konzentrationen der Flavonolaglyca in Geweben des Schweins

nach oraler Applikation von Quercetinaglycon ...53 Abbildung 9: Prozentuales Verhältnis von Quercetinaglyca und -konjugaten

in den verschiedenen Geweben des Schweins nach oraler

Applikation von Quercetinaglycon ...54 Abbildung 10: Zeitverlauf der Hydrolyse von p-Nitrophenylglucuronid durch unter-

schiedliche Konzentrationen einer ß-Glucuronidase/Sulfatase-

Mischung bei einem pH-Wert von 7,2...55 Abbildung 11: Zeitverlauf der Hydrolyse von p-Nitrophenylglucuronid durch

unterschiedliche Konzentrationen einer ß-Glucuronidase/

Sulfatase-Mischung bei einem pH-Wert von 4,6 ...56 Abbildung 12: Zeitverlauf der Hydrolyse von p-Nitrophenol durch die ß-Glucuroni-

dase im Lungen-, Nieren- und Lebergewebe eines Schweins...58 Abbildung 13: Zeitverlauf der Hydrolyse von p-Nitrophenol durch die ß-Glucuroni-

dase in Zwerchfell- und Rückenmuskulatur eines Schweins ...59 Abbildung 14: ß-Glucuronidaseaktivität in der Zwerchfell- und Rückenmusku-

latur von drei Schweinen ...61

(6)

Abbildung 15: ß-Glucuronidaseaktivität in Lunge, Niere und Leber von drei

Schweinen...62 Abbildung 16: Spezifische ß-Glucuronidaseaktivität verschiedener Gewebe von drei Schweinen...63 Abbildung 17: Darstellung der Beziehungen zwischen der ß-Glucuronidase-

aktivität und dem Aglycongehalt in Leber, Zwerchfellmuskulatur und M. longissimus dorsi von drei Schweinen...64

(7)

III. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gehalte verschiedener Flavonole (Angaben in mg/kg bzw. mg/l Frischsubstanz, Nachweis der Aglyca nach Hydrolyse der

Glycoside ...10 Tabelle 2: Chemische Zusammensetzung der Versuchsration ...37 Tabelle 3: Gesamtkonzentration der Flavonole in verschiedenen Geweben

des Schweins nach oraler Applikation von Quercetinaglycon...50 Tabelle 4: Konzentration der Flavonolaglyca in verschiedenen Geweben

des Schweins nach oraler Applikation von Quercetinaglycon...51 Tabelle 5: ß-Glucuronidaseaktivität in Lunge, Niere, Leber, Zwerchfell- und

Rückenmuskulatur von drei Schweinen ...60 Tabelle 6: Mittelwerte der ß-Glucuronidaseaktivität in verschiedenen Geweben von drei Schweinen ...61

(8)

IV. Abkürzungsverzeichnis

ATP Adenosintriphosphat BCRP1 Breast Cancer Resistance Protein 1

COMT Catechol-O-Methyltransferase

COX Cyclooxygenase

dpm disintegrations per minute

ε molarer Extinktionskoeffizient

HPLC High Performance Liquid Chromatography

Km Michaelis-Menten-Konstante

LDL Low Density Lipoprotein

LM Lebendmasse

LPH Laktasephlorizinhydrolase

MAPK mitogen-aktivierte Proteinkinasen

MRP1 bzw. 2 Multidrug Resistance Associated Protein 1 bzw. 2 NFκB Nuclear-Factor-Kappa-B

PCR Polymerase Chain Reaction

PI3K Phosphatidylinositol-3-kinase

PKC Proteinkinase C

ppm parts per million

ROS Reaktive Sauerstoffspezies

Sc. Streptococcus SGLT1 Sodium Dependend Glucose Transporter 1

UGT UDP-Glucuronosyltransferase

(9)

V. Bezugsquellenverzeichnis

Chemikalie Bezugsquelle Artikelnummer Reinheitsgrad [%]

Quercetin Dihydrat Rotichrom® HPLC

Carl Roth GmbH &

Co, Karlsruhe 7417.1 98 - 99 Isorhamnetin

Rotichrom® HPLC

Carl Roth GmbH &

Co, Karlsruhe 2589.1 98 - 99 Tamarixetin

Rotichrom® HPLC

Carl Roth GmbH &

Co, Karlsruhe 7425.1 98 - 99 Rhamnetin

Rotichrom® HPLC

Carl Roth GmbH &

Co, Karlsruhe 7418.1 98 - 99 Quercetin Dihydrat Carl Roth GmbH &

Co, Karlsruhe 7138.1 ≥ 98,5 4-Nitrophenyl-β-D-

glucuronid

Fluka/Sigma Aldrich Chemie GmbH, Steinheim

73677 ≥ 99,0

Essigsäure

Fluka/Sigma Aldrich Chemie GmbH, Steinheim

45730 99,5 ß-Glucuronidase/

Sulfatase

Sigma Aldrich Chemie GmbH,

Steinheim

G-0876 Aceton J. T. Baker,

Holland 8142 99,7

Methanol

HPLC Gradient Grade

J. T. Baker,

Holland 8402 99,8

Salzsäure 32% Merck KGaA,

Darmstadt 100319.1000 p. a.

Acetonitril

HPLC Gradient Grade J. T. Baker,

Holland 9012 99,8

Aluminiumnitrat Nonhydrat Fluka/Sigma Aldrich Chemie GmbH, Steinheim

06275 ≥ 98,0

2-Mercaptoethanol Sigma Aldrich Chemie GmbH,

Steinheim

M-3148 ≥ 98,0

Albumin Fraktion V biotinfrei

Carl Roth GmbH &

Co, Karlsruhe 0163.2 ≥ 98,0 Bio-Rad Protein Assay,

Dye Reagent Concentrate

Bio-Rad Laboratories GmbH, München

500-0006 99,8 Natriumphosphat-

Monohydrat

Calbiochem/Merck,

Darmstadt 567549 99,8

Di- Merck KgaA,

(10)
(11)

1. Einleitung

Quercetin gehört zu den Flavonoiden, einer großen heterogenen Gruppe von sekun- dären Pflanzeninhaltsstoffen mit polyphenolischer Struktur. Diese werden in nahezu allen höheren Pflanzen in variierender Konzentration und Zusammensetzung synthe- tisiert und übernehmen im pflanzlichen Stoffwechsel durch ihre Beteiligung an Wachstums- und Differenzierungsvorgängen sowie Prozessen der Photosynthese wichtige Funktionen. Ihre antioxidativen, antifungalen und bakteriziden Eigenschaften machen sie zudem zu einem wichtigen Bestandteil des pflanzlichen Abwehrsystems.

Aufgrund ihrer weiten Verbreitung im Pflanzenreich werden Flavonoide dem mensch- lichen und tierischen Organismus kontinuierlich mit der Nahrung zugeführt und sind zahlreichen Studien zufolge auch hier in der Lage, den Zellstoffwechsel zu beeinflus- sen. In den 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts rückten diese polyphenoli- schen Verbindungen erstmals durch ihre vitaminähnlichen Eigenschaften v. a. bei Ernährungswissenschaftlern in den Mittelpunkt des Interesses. Der heutige Stand der Forschung weist auf zahlreiche biologische Wirkungen verschiedener Flavonoide im Säugerorganismus hin, die vor allem auf ihrem hohen antioxidativen Potential, aber auch auf Interaktionen mit zahlreichen Enzymsystemen und dem Einfluss auf zelluläre Signaltransduktionskaskaden und die Genexpression basieren. Eine protek- tive Wirkung von Flavonoiden wird vor allem im Zusammenhang mit der Prävention bestimmter Krankheitsformen, den sogenannten ’free radical diseases’, diskutiert, zu denen Arteriosklerose, damit verbundene Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte kanzerogene Tumorformen und chronische Entzündungen gerechnet werden. Quer- cetin, das zu den Flavonolen gehört und damit zu den häufigsten Flavonoiden in un- serer Nahrung zählt, stellt eine der am intensivsten bearbeiteten Verbindungen aus dieser Substanzgruppe dar. Seine Wirkungen wurden vielfach vor allem in entspre- chenden in vitro-Studien nachgewiesen. In welchem Umfang diese Effekte auch un- ter in vivo-Bedingungen gelten, bedarf noch weiterer Klärung. Eine Frage, die sich stellt, ist unter anderem die nach der Verteilung von Flavonoiden im Organismus nach einmaliger bzw. kontinuierlicher Aufnahme polyphenolreicher Nahrungsmittel.

Das Wissen über das Verhalten der Verbindungen nach ihrer Absorption, über ihre

(12)

Gewebeverteilung und Metabolisierung ist zum Verständnis ihrer Wirkungen im Kör- per unerlässlich. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, die Verteilung von Quer- cetin und einiger seiner Metaboliten im Organismus von Schweinen nach oraler Ap- plikation zu untersuchen. Da aus zahlreichen Studien bekannt ist, dass nach oraler Aufnahme von Quercetin praktisch ausschließlich Konjugate (Sulfate, Glucuronide) von Quercetin und seinen methylierten Metaboliten in die Zirkulation gelangen, sollte weiterhin untersucht werden, ob möglicherweise zwischen dem Auftreten hoher Aglycagehalte in den Geweben und der gewebespezifischen Aktivität des Enzyms ß- Glucuronidase eine Korrelation besteht.

(13)

2. Schrifttum

2.1 Struktur und Synthese von Flavonoiden

Die typische Drei-Ring-Struktur des Flavonoidgrund- moleküls, welches man als Flavan bezeichnet, wird gebildet aus den aromatischen Ringen A und B, die über drei C-Atome gekoppelt sind (Abb. 1). Letztere bilden zusammen mit Sauerstoff den heterozyklischen Ring C, wodurch das Molekül die Grundstruktur von Diphenylpropan (C6-C3-C6) erhält (Formica & Regelson 1995, Manach et al. 2004, Bravo 1998).

Abb. 1:

Grundstruktur und Numerierung von Flavonoiden

Die Flavonoide lassen sich anhand des Oxidationsstatus’ und der funktionellen Gruppen des C-Rings, sowie seiner Verbindung mit dem B-Ring in die folgenden sechs Hauptunterklassen einteilen: Flavanole (Catechine), Flavanone, Flavone, Flavonole, Anthocyanidine und Iso- flavone (Abb. 2) (Beecher 2003, Ross & Kasum 2002). Flavonole zeichnen sich beispielsweise durch eine Doppelbindung zwischen C- Atom 2 und 3 sowie eine 4-Oxo-Gruppe und einer Hydroxylgruppe an Position C-3 aus (Ader et al. 1999). Zusätzliche Hydroxylierungen an den C-Atomen 3’ und 4’ sind am häufigsten (Rice-Evans et al. 1996).

Etwa 90 % der Flavonole besitzen außerdem eine Hydroxylgruppe an Position C-5 und C-7 (Manach et al. 1996). Auch die meisten Antho- cyanidine stimmen untereinander durch OH-Gruppen in diesen bei- den Lokalisationen des A-Ringes überein und unterscheiden sich voneinander durch das Substitutionsmuster im B-Ring (Böhm et al.

1998).

Isoflavon Anthocyanidin Flavonol Flavon Flavanon

Flavanol (Catechin)

Abb. 2:

Flavonoid- unterklassen

Die Synthese der Flavonoide erfolgt über den Phenylpropanoidweg, über den der Säugerorganismus nicht verfügt. Dabei stellt die aroma- tische Aminosäure Phenylalanin die Hauptausgangssubstanz für den Aufbau des B-Ringes und des heterozyklischen C-Ringes dar. Sie

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entsteht als Endprodukt des Shikiminsäureweges aus Erythrose-4-Phosphat und Phosphoenolpyruvat, zwei Metaboliten des Kohlenhydratstoffwechsels. Aus der Ami- nosäure wird durch enzymatische Katalyse über Zimtsäure 4-Cumarsäure gebildet (Heller & Forkmann 1994). Die auf diese Weise entstandenen C9-Körper werden bei Speicherung in den Pflanzen meist kovalent an Zellwandpolysaccharide - vor allem durch Veresterung mit Arabinoseeinheiten der Hemicellulose - oder an das soge- nannte Kernlignin gebunden (Bravo 1998). Der A-Ring wird unter Abgabe von drei CO2-Molekülen aus drei Malonyl-CoA-Einheiten gebildet. Durch die anschließende Kondensation dieser C6-Körper mit 4-Coumaroyl-CoA (C9), die durch die Chalkon- synthase, das Schlüsselenzym der Flavonoidbiosynthese, katalysiert wird, sowie nachfolgenden Ringschluss, entstehen letztendlich die Vorstufen der Flavonoidmole- küle (Strack 1997). Die zahlreichen strukturellen Variationen innerhalb der Flavonoi- dunterklassen resultieren des Weiteren aus diversen nachfolgenden Reaktionen wie Hydratisierungen, Hydroxylierungen, Glycosylierungen, Methylierungen oder Sulfatie- rungen (Duthie et al. 2003, Aisling Aherne & O’Brien 2002). Die Substituenten haben einen signifikanten Einfluss auf das Molekulargewicht, ihre Wasserlöslichkeit und die biologischen Eigenschaften der Moleküle.

2.2 Vorkommen und Aufgaben von Flavonoiden in Pflanzen

Flavonoide stellen eine große Fraktion der zahlreichen polyphenolischen Verbindun- gen dar, die Pflanzen als sogenannte sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe synthetisieren.

Abgesehen von den Catechinen liegen Flavonoide in den Pflanzen fast ausschließ- lich als Glycoside vor (Aisling Aherne & O’Brien 2002). Die meist ß-O-glycosidische Bindung an einen Zuckerrest erhöht unter anderem die Polarität und damit die Was- serlöslichkeit der Moleküle, was für ihre Speicherung im Zellsaft der Pflanzen not- wendig ist (Aisling Aherne & O’Brien 2002). Die Glycosylierung am Flavonolmolekül findet bevorzugt in der C-3-Position statt, weniger häufig auch am C-7-Atom und eher selten an den Positionen 4’, 3’ und 5 (Hollman & Arts 2000). In der Regel erfolgt dabei die Bindung über ein Sauerstoffatom, seltener kommen entsprechende Deriva- tisierungen direkt an den Kohlenstoffatomen der Grundgerüste vor (Böhm et al.

(15)

1998). Mehr als 80 verschiedene Zuckerreste sind in diesem Zusammenhang bereits identifiziert worden.

Die unterschiedlichen Glycolysierungsmuster erklären die große Liste an Einzelver- bindungen, die sich bei den Flavonoiden bereits auf über 6000 identifizierte Verbin- dungen beläuft und kontinuierlich ergänzt wird. Für Quercetin allein wurden bereits weit über 100 verschiedene Glycoside beschrieben, darunter das häufig vorkommen- de Isoquercitrin (Quercetin-3-O-Glucosid) und Rutin (Quercetin-3-O-Glucorhamnosid) (Williams & Harborne 1994, 2000) (Abb. 3). Weit verbreitete Monosaccharide sind ne- ben Glucose unter anderem Rhamnose, Galactose, Xylose oder Arabinose, die in Form von Mono-, Di- und Oligosacchariden mit den Aglyca verknüpft sind. Seltener findet die Substitution mit Glucuron- und Galacturonsäure statt. (Duthie et al. 2003, Bravo 1998, Herrmann 1990).

O

O

OH OH

HO

OH OH

O - Glucose

O

O

OH OH

HO

OH

Isoquercitrin Rutin OH

O - Glucose - Rhamnose

Abb. 3:

Molekulare Struktur von Isoquercitrin (Quercetin-3-O-Glucosid) und Rutin (Quercetin- 3-O-Gluco- rhamnosid)

Die höchsten Flavonoidkonzentrationen sind im allgemeinen in unreifen Geweben, in denen aktive Zellteilung vorkommt, sowie in den dem Licht zugewandten Anteilen von Pflanzen, wie Blättern, Blüten und Früchten zu finden (Herrmann 1990). Eine Anreicherung der Flavonoide findet daher bevorzugt in der Epidermis statt, wobei sie entweder gelöst in den Vakuolen (v. a. Flavon- und Flavonolglycoside) oder auch in den epikutikularen Bereichen (v. a. Methylester) anzutreffen sind. Die Akkumulierung in peripheren Arealen lässt sich dadurch erklären, dass Flavonoide lichtabhängig in Photosynthese betreibenden Zellen synthetisiert werden (Manach et al. 1996), in de- nen sie während der Lichtphase Elektronentransportprozesse katalysieren (Das

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1994). Gleichzeitig verhindern sie Schädigungen des Pflanzengewebes durch ihre Eigenschaft, als effektive UV-B-Filter wirken zu können (Harborne & Williams 2000).

Überdies sind sie als Radikalfänger in der Lage, reaktive Sauerstoffspezies (ROS), die im Zuge der Photosynthese gebildet oder durch ultraviolette Strahlung freigesetzt werden, zu neutralisieren (Shirley 1996). Daneben besitzen Flavonoide eine große Anzahl weiterer Eigenschaften, die im Zusammenhang mit Wachstum und Fortpflan- zung und der Abwehr von Pathogenen und Fressfeinden stehen. Bestimmte Flavo- noide sind für die charakteristische Färbung von Laub-, Blütenblättern und Früchten verantwortlich und dienen somit als Lockstoff für Insekten, Vögel und Säuger, die Pollen und Samen weiter verbreiten können (Das 1994, Harborne & Williams 2000).

Die als Pigmente in Pflanzen am häufigsten auftretenden Flavonoide sind die Anthocyanidine (z. B. Cyanidin, Delphinidin oder Malvidin), welche rote, violette und blaue Farbtöne aufweisen, dicht gefolgt von den gelben Flavonolen und Flavonen (Cheynier 2005). Auch ein Einfluss auf Wachstums- und Differenzierungsvorgänge wird diesen Verbindungen zugeschrieben, da sie vermutlich den Spiegel bestimmter Phytohormone, den Auxinen, kontrollieren, die für die Regulation dieser Prozesse zuständig sind (Formica & Regelson 1995, Brown et al. 2001). Des Weiteren inter- agieren Flavonoide auf verschiedene Art und Weise mit Pilzen, Bakterien und Viren.

So induzieren verschiedene aus den Wurzeln freigesetzte Flavonoide bei Legumino- sen die Transkription von bakteriellen Nodulationsgenen, woraus letztendlich die Knötchenbildung an den Pflanzenwurzeln resultiert (Treutter 2005, Rolfe 1988). Sol- che Wechselbeziehungen wurden auch zwischen Mikroorganismen und Nicht- Leguminosen beobachtet. In Weizenpflanzen beispielsweise wird durch einen ähnli- chen Mechanismus die Ausbildung von Kollateralwurzeln stimuliert (Treutter 2005).

In anderen Fällen übernehmen Flavonoide dagegen durch antibakterielle, antifungale und antivirale Wirkungen Schutzfunktionen gegenüber Pflanzenpathogenen, indem sie im allgemeinen deren Wachstum und Vermehrung hemmen. Zu den Mechanis- men zählen dabei unter anderem die Blockierung von Enzymen oder die Bildung von kristallinen Strukturen als physikalische Barrieren (Treutter 2005). Durch bitteren Ge- schmack oder unangenehme Gerüche verleihen sie vielen Pflanzen außerdem einen

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wirksamen Schutz gegenüber Herbivoren, verschiedenen Insektenarten und anderen Parasiten.

Die Verbindungen werden während der normalen Entwicklung des Pflanzengewebes synthetisiert, ihre Produktion kann jedoch auch als Antwort auf eine Infektion, eine Verletzung oder umweltbedingten Stress wie Strahlung und extreme Witterungsver- hältnisse (Dürre, Kälte) induziert werden (Treutter 2005, Harborne & Williams 2000).

2.3 Aufnahme von Flavonoiden über pflanzliche Produkte

In welchen Konzentrationen Flavonoide im Endeffekt mit der Nahrung aufgenommen werden, hängt von verschiedenen Parametern ab. Unter den Lebensmitteln stellen Obst und Getränke wie Rotwein und Tee die Hauptquellen für Polyphenole dar. Die Polyphenolzusammensetzung und der Gehalt dieser Substanzen variiert jedoch ins- gesamt hinsichtlich der Quantität und Qualität zwischen und innerhalb der Pflanzen- spezies zum Teil erheblich; manche Verbindungen kommen ubiquitär vor, andere sind auf bestimmte Familien oder Spezies beschränkt. Flavonole können beispiels- weise in unterschiedlichen Konzentrationen in nahezu allen pflanzlichen Produkten angetroffen werden. Die reichhaltigsten Quellen für Quercetin und Kaempferol, die diese Flavonoidunterklasse dominieren, sind unter anderem Zwiebeln, Brokkoli, Blaubeeren, Weintrauben und auch Ginkgo biloba (Manach et al. 2004, Williamson &

Manach 2005) (Tab. 1). In Zwiebeln ist Quercetin meist an ein oder zwei Glucosemo- leküle gebunden (Quercetin-4’-glucosid und Quercetin-3,4’-diglucosid), in Äpfeln an Galactose und in Beerenfrüchten an Arabinoseeinheiten (Erlund 2004). Flavanone wie Hesperidin kommen v. a. in Zitrusfrüchten vor, Isoflavone (z. B. Genistein und Daidzein) sind wiederum typisch für Sojabohnen und Sojaprodukte (Scalbert &

Williamson 2000). Variationen innerhalb einer Pflanzenart resultieren auch aus der Züchtung verschiedener Sorten. Der Quercetingehalt in Cherrytomaten beträgt zum Beispiel etwa das 6-fache der Menge in Tomaten normaler Größe, da sie im Verhält- nis zum Volumen eine größere Oberfläche haben und Flavonole in den äußeren Schichten synthetisiert und gespeichert werden (Duthie & Crozier 2000). Auch eine unterschiedliche Sonnenlichtexposition während des Wachstums beeinflusst den

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Flavonoidgehalt der Früchte, und bei jeder einzelnen Frucht findet an der dem Licht zugewandten Seite wiederum eine deutliche Akkumulation statt (Price et al. 1995).

Eine Ausnahme bildet die unterirdisch wachsende Zwiebel, in der Flavonoide insge- samt relativ gleichmäßig verteilt sind (Price & Rhodes 1997).

Demnach spielt es eine Rolle, welche Teile der Pflanzen letztendlich konsumiert werden und unter welchen Bedingungen diese kultiviert worden sind. Weitere nicht zu unterschätzende Faktoren, die den Gehalt an Flavonoiden in Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft beeinflussen, sind der Erntezeitpunkt bzw. der Reifegrad, die Lagerungsbedingungen und Verarbeitung (Cheynier 2005, Manach et al. 2004). Auf- grund der Bearbeitung während der Lebensmittelherstellung ergibt sich i. d. R. ein Verlust von Flavonoiden (Hollman & Arts 2000). Schon das einfache Entfernen der Schale bzw. äußeren Schichten von Früchten und Gemüse führt zu einer Verringe- rung des Flavonoidgehaltes. Auch Erhitzen (Kochen, Frittieren, Backen) oder längere Lagerung bei Zimmertemperatur haben erhebliche Auswirkung auf die Flavonoidkon- zentrationen. So verlieren Zwiebeln und Tomaten durch einen 15-minütigen Koch- vorgang etwa 75 - 80 % ihres Quercetingehaltes, durch Erwärmung in der Mikrowelle etwa 65 % und 30 % nach dem Frittieren (Crozier et al. 1997). Die Gehalte an Flavo- nolen in Obst- und Gemüsekonserven betragen nur etwa die Hälfte des jeweiligen Rohmaterials, wobei ein großer Teil des Verlustes eher der Auswaschung als dem Substanzabbau zugeschrieben wird. Während Flavonole und Flavone als relativ sta- bile Verbindungen gelten, sind Anthocyanidine eher labil, wofür das Verblassen ein- geweckter Erdbeeren ein bekanntes Beispiel darstellt (Böhm et al. 1998).

Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass die tatsächliche tägliche Aufnahme von Flavonoiden sehr schwer zu kalkulieren ist. Hinzu kommen regionale Unterschiede in Vegetation und Essgewohnheiten, die ebenfalls zu Differenzen in Menge und Art der aufgenommenen Flavonoide führen. Vor dreißig Jahren wurde die Aufnahme von Flavonoiden in den Vereinigten Staaten auf etwa 1 g pro Tag geschätzt (Kühnau 1976). Nach aktuellem Stand der Forschung geht man jedoch von geringeren Men- gen aus. Betrachtet man ausschließlich die Flavonole, liegt die Aufnahme in den USA und Holland bei 20 - 25 mg, in Italien bei 5 - 125 mg täglich (Sampson et al.

2002, Hertog et al. 1993, Pietta et al. 1996). Das in der Nahrung dominierende Fla-

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vonol ist nach Hertog et al. (1995) Quercetin mit einer durchschnittlichen Aufnahme- menge von etwa 16 mg pro Tag. In Bayern liegt die durchschnittliche Tagesaufnah- me an Flavonoiden nach Linseisen et al. (1997) bei ca. 54 mg pro Tag. Die Flavo- nolmenge liegt bei ca. 12 mg, von denen Quercetin mit 10,3 mg den Hauptteil aus- macht.

Über die Flavonoidaufnahme von Tieren ist wenig bekannt, sie dürfte bei Herbivoren unter Umständen jedoch ein Vielfaches über der Tagesmenge des Menschen liegen.

Auf dem Nutztier- bzw. Haustiersektor besteht durch gezielte Supplementierung von Flavonoiden oder flavonoidhaltigen Pflanzenextrakten die Möglichkeit, den Tieren bestimmte Mengen dieser Substanzen zuzuführen, um potenziell gesundheitsför- dernde oder qualitätssteigernde Effekte zu erreichen (s. Kapitel 8).

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Tab. 1: Gehalte verschiedener Flavonole (Angaben in mg/kg bzw. mg/l Frisch- substanz, Nachweis der Aglyca nach Hydrolyse der Glycoside)

Nahrungsmittel Flavonol Gehalt

Zwiebel Quercetin 280-490 3)

Kaempferol <2 3)

Myricetin <1 3)

Brokkoli Quercetin 30-37 1)

Kaempferol 60-72 1)

Salat (grün) Quercetin 147 2)

Äpfel Quercetin 21-72 3)

Kaempferol <2 3)

Myricetin <1 3)

Trauben (rot) Quercetin 15-37 1)

Myricetin 4,5 1)

Johannisbeeren (schwarz) Quercetin 37 1)

Kaempferol 11)

Erdbeeren Quercetin 6-8,6 1)

Kaempferol 5-12 1)

Myricetin <1 3)

Tee (schwarz) Quercetin 14-17 1)

Kaempferol 14-16 1)

Myricetin 3 1)

Rotwein Quercetin 4-16 3)

Kaempferol <1 3)

Myricetin 7-9 3)

1) Hollman & Arts (2000), 2) Crozier et al. (1997), 3) Hertog & Katan (1998)

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2.4 Wirkungen von Flavonoiden im menschlichen und tieri- schen Organismus

Die biologische Aktivität von Polyphenolen wurde v. a. in in-vitro-Studien untersucht, in denen meistens die Eigenschaften der Aglyca, jedoch weniger der Glycoside in Zellkulturen oder isolierten Geweben im Mittelpunkt standen. Weit weniger ist be- kannt über die Wirkungen der konjugierten Derivate, zu denen die Ausgangsverbin- dungen im Organismus metabolisiert werden, da Daten über ihre Identität erst seit einigen Jahren bekannt sind.

Im Folgenden werden die wichtigsten biologischen Effekte bzw. Wirkungsmechanis- men beschrieben.

2.4.1 Antioxidative Eigenschaften

Zwischen der oxidativen Schädigung von Biopolymeren (Lipide, Nukleinsäuren, Pro- teine) und der Entstehung chronischer Erkrankungen des Menschen wie Arterioskle- rose, Krebs und Diabetes mellitus Typ 2 werden seit mehreren Jahren kausale Be- ziehungen vermutet (Böhm et al. 1998). Daher besteht seitens der Präventivmedizin großes Interesse, das Abwehrsystem des Körpers mittels exogener Antioxidantien aktiv zu unterstützen. Die Annahme, dass Polyphenole in diesem Zusammenhang eine entscheidende Funktion übernehmen könnten, basiert auf ihrer ausgeprägten antioxidativen Kapazität, die allerdings v. a. in vitro nachgewiesen wurde (Manach et al. 2005a). Viele Flavonoide sind in der Lage, eine große Zahl reaktiver Sauerstoff- spezies (ROS) zu „neutralisieren“ und damit unschädlich zu machen (Halliwell et al.

2005). Unter der Bezeichnung ROS werden sowohl Radikale (Superoxid-, Hydroxyl- radikale u. a.), Singulett-Sauerstoff als auch nicht-radikalische Sauerstoffverbindun- gen wie Wasserstoffperoxid oder hypochlorige Säure zusammengefasst (Middleton et al. 2000). Sie entstehen spontan an verschiedenen Stellen im oxidativen Stoff- wechsel eukaryontischer Zellen, zeichnen sich durch ein hohes Reaktionspotential aus und führen zur Schädigung wichtiger Zellstrukturen, sobald die zelleigenen Schutzmechanismen überlastet sind. Zu diesen zählen zum einen Enzyme wie Kata-

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lase, Peroxidasen und Dismutasen, zum anderen nicht-enzymatische Faktoren wie beispielsweise Ascorbat und α-Tocopherol (Pietta 2000, Middleton et al. 2000).

Kriterien für das Vorhandensein eines antioxidativen Potenzials sind vor allem die Existenz bestimmter Strukturen und Substituenten, wie beispielsweise eine Doppel- bindung zwischen dem C2- und C3-Atom in Verbindung mit einer 4-oxo-Gruppe im heterozyklischen Ring, die eine Delokalisation von Elektronen ermöglicht, ohne dass die Ringstruktur an Stabilität verliert. An der Abnahme der antioxidativen Wirkung von 2,3-Dihydroquercetin (Taxifolin) gegenüber Quercetin von ca. 50 % lässt sich außerdem schließen, dass ein insgesamt ungesättigter Charakter dieses Ringes, der eine Elektronenwanderung ermöglicht, von ausschlaggebender Bedeutung ist (Böhm et al. 1998). Des Weiteren sind eine ortho-Dihydroxystruktur im B-Ring und zusätzli- che Hydroxylgruppen an Position 3 und 5 als aktivitätssteigernde Strukturmerkmale zu nennen (Manach et al. 1996, van Acker et al. 1996, Bravo 1998, Pietta 2000, Ri- ce-Evans et al. 1996, Bors et al. 1997). Eine Erklärung für die hohe antioxidative Ak- tivität von Flavonolen scheint außerdem ihre planare Struktur und die Ausbildung von intramolekularen Wasserstoffbrückenbindungen zu sein (van Acker et al. 1996).

Quercetin besitzt alle diese Merkmale in Kombination und ist daher eines der poten- testen natürlich vorkommenden phenolischen Antioxidantien. Eine Rangfolge von Flavonoiden gemäß ihrer antioxidativen Wirkung kann jedoch nicht allgemeingültig aufgestellt werden, da die Reaktionen der Flavonoide auf verschiedene ROS sehr unterschiedlich sein können (Böhm et al. 1998). Die Unterbrechung von Kettenreak- tionen, die durch hochreaktive Radikale ausgelöst werden, erfolgt im allgemeinen bei allen phenolischen Verbindungen durch die Übertragung eines Wasserstoffatoms aus einer ihrer OH-Gruppen, wodurch sie den Radikalen ein Elektron zur Verfügung stellen. Sie tragen zwar nun selber ein ungepaartes Elektron, sind jedoch im Gegen- satz zu den ROS relativ reaktionsträge (Bravo 1998). Durch die Reaktion mit einem zweiten Radikal können sie in eine stabile Chinonstruktur übergehen (Pietta 2000).

Neben ihrer Fähigkeit als Radikalfänger sind Flavonoide außerdem in der Lage durch Komplexbildung mit prooxidativen Metallen wie Kupfer, Aluminium und Eisen indirekt antioxidativ zu wirken. Eisen, welches aus seinen Komplexen mit den Transport- proteinen (z. B. Ferritin, Transferritin) freigesetzt wird, kann unter anderem die Bil-

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dung von hochreaktiven Hydroxylradikalen initiieren, die durch die Reduktion von Wasserstoffperoxid (Fenton-Reaktion) gebildet werden (Ferrali et al. 1997). Flavo- noide mit zwei benachbarten Hydroxylgruppen an den Positionen 3’ und 4’ im B-Ring sowie einer Carbonylstruktur im C-Ring können mit Metallen Chelate bilden und die- se effektiv neutralisieren (Kühnau 1976).

Eine weitere indirekte antioxidative Wirkung der Flavonoide besteht in der Unterstüt- zung und Regeneration anderer mit der Nahrung zugeführter bzw. endogener Fakto- ren des antioxidativen Abwehrsystems, zu denen beispielsweise verschiedene Vita- mine zählen. Durch ihre phenolischen Hydroxylgruppen, die für die antioxidative Ak- tivität der Flavonoide verantwortlich sind, weisen sie deutliche strukturelle Ähnlichkei- ten zu starken Antioxidantien wie α-Tocopherol auf, welches sie sogar an Wirksam- keit übertreffen (van Acker et al. 2000). Dadurch sind sie in der Lage, andere antioxi- dative Systeme zu regenerieren und das Level dieser Substanzen im Körper aufrecht zu erhalten (Zhu et al. 2000, Pietta 2000). Chen et al. (2005) wiesen zudem einen synergistischen Effekt von Flavonoiden und den Vitaminen C und E bei der Wider- standsfähigkeit von LDL (low density lipoproteins) gegenüber Oxidation nach. Aus einer Oxidation von LDL, die im Rahmen des Fettstoffwechsels Cholesterin aus der Leber in periphere Gewebe transportieren, resultiert die Bildung von atheroskleroti- schen Plaques an den Gefäßwänden (Fuhrman & Aviram 2001, Hertog et al. 1993, Chopra & Thurnham 1999).

Der größte Teil dieser Erkenntnisse basieren auf Ergebnissen von in vitro-Studien, in denen meistens Aglyca eingesetzt wurden. Untersuchungen mit Glycosiden und Konjugaten, die bisher weitaus weniger häufig durchgeführt wurden, deuten darauf hin, dass die antioxidative Kapazität der Quercetinmetaboliten im Vergleich zum Aglycon erheblich reduziert sein kann (Manach et al. 1998, Morand et al. 1998, Day et al. 2000a). Zudem muss berücksichtigt werden, dass das Redoxverhalten der ein- gesetzten antioxidativ wirksamen Verbindungen stark abhängig von den gewählten Versuchsbedingungen ist, wodurch eine Übertragbarkeit auf die tatsächliche in vivo- Situation nur schwer gewährleistet werden kann. Neben der Art des Versuchs- mediums (lipophil oder hydrophil) spielen zum Beispiel Parameter wie der pH-Wert, sowie Konzentrationen und Redoxpotenziale der Reaktionspartner eine entschei-

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dende Rolle. Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass Flavonoide, wie alle Verbindungen mit antioxidativem Potenzial, unter bestimmten Bedingungen prooxidative Aktivität entwickeln können und in jedem Fall immer auf diese hin untersucht werden sollten (Fukumoto & Mazza 2000).

2.4.2 Wirkung auf Enzyme, Signaltransduktion und Genexpression

Durch Interaktionen mit zahlreichen Enzymsystemen, die an dieser Stelle anhand einiger ausgewählter Beispiele dargestellt werden sollen, sind Flavonoide in der La- ge, in Schlüsselreaktionen des Metabolismus einzugreifen. Eine umfangreiche Über- sicht involvierter Enzyme wurde im Jahr 2000 von Middleton et al. veröffentlicht.

Viele der direkten antiinflammatorischen und kardiovaskulären Effekte von Flavonoi- den lassen sich auf die Beeinflussung des Arachidonsäuremetabolismus zurückfüh- ren. Die Produkte dieses Stoffwechselweges, die Eicosanoide, können als homöo- statische Agentien verstanden werden, die die Integrität der renalen und kardio- vaskulären Systeme bewahren und Entzündungsvorgänge steuern (Formica & Re- gelson 1995). Der initiale Schritt der Eicosanoidsynthese, welcher die Freisetzung von Arachidonsäure aus Phospholipiden beeinhaltet, wird durch die Phospholipase A2 katalysiert. Anschließend erfolgt unter anderem die Bildung von Leukotrienen, Thromboxanen und Prostaglandinen durch Lipoxy- und Cyclooxygenasen (Middleton et al. 2000). Flavonoide können als Inhibitoren der genannten Enzyme die Produkti- on dieser Entzündungsmediatoren unterdrücken. Flavonole wie Quercetin mit drei oder mehr Hydroxylgruppen, darunter orthoständige im B-Ring, gelten als selektive Lipoxygenasehemmer, während Verbindungen mit weniger OH-Gruppen selektiv die COX hemmen. Die jeweiligen Aglyca sind dabei wirksamer als die Glycoside (Böhm et al. 1998). Daher sind sie nicht nur aus ernährungswissenschaftlicher Sicht interes- sant, sondern geben auch auf den Arzneimittelsektor ein exzellentes Modell für die Entwicklung synthetischer Entzündungshemmer ab (Yoon & Beak 2005). Eine weite- re ebenfalls besonders aus medizinischer Sicht hervorzuhebende Eigenschaft von Flavonoiden ist ihre Interaktion mit Enzymen des Phase-I-Metabolismus, den Cyto- chrom P450-Oxygenasen. Eine Hydroxylierung durch diese Enzymfamilie ist Voraus- setzung für eine anschließende Konjugation und Ausscheidung einer Reihe endoge-

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ner aber auch exogener Verbindungen, so dass eine Hemmung oder Induktion der Cytochrom P450-Enzyme durch Flavonoide eine direkte Auswirkung auf die Biover- fügbarkeit von Xenobiotika hat. Dabei nehmen Flavonoide nicht nur Einfluss auf die Enzymaktivität, sondern auch auf die Gentranskription. So konnte bezüglich be- stimmter Cytochrom P450-Isoformen für Quercetin beispielsweise ein stimulierender Effekt nachgewiesen werden, während Kaempferol hemmend auf die Transkription der gleichen Isoformen wirkte (Ciolino et al. 1999). Der hemmende Einfluss ver- schiedener Flavonoide bezieht sich auf eine Vielzahl von Cytochrom P450- Oxidoreduktasen in Leber- und Dünndarmepithelzellen, wodurch Flavonoide auch in der Krebsprävention weiter in den Mittelpunkt des Interesses rücken (Zhai et al.

1998). Durch einen spezifischen und stark inhibitorischen Einfluss auf Cytochrom P450-1A1-Enzyme senken vor allem Flavonole (u. a. Quercetin, Myricetin) und Flavo- ne z. B. die metabolische Aktivierung von heterozyklischen Aminen aus der Nahrung, die im allgemeinen zur Entfaltung ihrer genotoxischen Wirkung führt (Kanazawa et al.

1997).

Der Eingriff in Signaltransduktion und Genexpression durch Modulation von Enzy- men und Transkriptionsfaktoren zieht nachhaltige Veränderungen grundlegender zellulärer Mechanismen wie Proliferation, Apoptosis, Zelldifferenzierung und Zellalte- rung nach sich (Williams et al. 2004). Proteinkinasen, die zu Hunderten in eukaryon- tischen Zellen vertreten sind, übernehmen bei der Steuerung nahezu aller Zellfunkti- onen eine wichtige Rolle. Ein hemmender Effekt von Flavonoiden wurde unter ande- rem für die Proteinkinase C (PKC) (Agullo et al. 1997, Ferriola et al. 1989), die Phos- phatidylinositol-3-kinase (PI3K) (Agullo et al. 1997, Gamet-Payrastre et al. 1999) und Protein-Tyrosinkinasen (Cunningham et al. 1992) beschrieben. Durch die Modifikati- on spezifischer Zielproteine in Form von Phosphorylierungen sind Proteinkinasen Bestandteil einer Vielzahl zellulärer Signalkaskaden, die u. a. an der Regulierung der Genexpression beteiligt sind. Regulatorische Proteine, die am Ende solcher Signal- transduktionswege stehen, binden nach Aktivierung an die Promotorregion von Ziel- genen und leiten damit die Anbindung von Polymerasen und somit die Transkription ein. Einige dieser Transkriptionsfaktoren und der an der Genexpression beteiligten Proteinkinasen reagieren zum Teil sehr sensitiv auf Änderungen des Redoxstatus’

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der Zelle, da sie durch freie Radikale aktiviert werden können. Flavonoide, die mit DNA-Sequenzen, welche genregulatorische Eigenschaften besitzen, selbst nicht zu interagieren scheinen (Kuo 2002), sind durch ihr antioxidatives Potenzial daher in der Lage, die Genexpression indirekt zu regulieren. So besitzt Quercetin beispielsweise eine inhibitorische Wirkung auf den Nuclear-Factor-κ-B (NFκB) (Sen & Packer 1996) und verschiedene mitogen-aktivierte Proteinkinasen (MAPK) (Ishikawa & Kitamura 2000).

Die hier beschriebenen Effekte sind nur einige wenige aus einer großen Palette von komplexen Wirkungsmechanismen, die zum Teil sogar gegensätzlich sind. Sie las- sen erkennen, dass Flavonoide ein extrem hohes Potenzial zur Beeinflussung von Stoffwechselvorgängen besitzen, das zum heutigen Zeitpunkt noch nicht überschau- bar ist. Auch erscheint die Einschätzung dieser Wirkungen durch die unzulängliche Übertragbarkeit von in vitro-Studien auf die tatsächliche in vivo-Situation fragwürdig.

2.5 Bioverfügbarkeit von Flavonoiden

Eine der ersten Untersuchungen zur Bestimmung der absoluten Bioverfügbarkeit von Quercetin stellten Gugler et al. (1975) an, indem sie die Pharmakokinetik des Flavo- nols nach oraler und intravenöser Applikation beim Menschen verglichen. Da die Au- toren nach oraler Aufnahme weder im Plasma noch im Urin Quercetinmetaboliten fanden, schätzten sie die Verfügbarkeit auf weniger als 1 % der zugeführten Menge.

Zahlreiche Folgestudien, die sich mit der Absorbierbarkeit von Quercetin beschäftig- ten, deuten darauf hin, dass je nach eingesetzter Spezies und Ausgangssubstanz (Aglycon, Glucosid, Rhamnosid) mehr oder minder starke Variationen in der systemi- scher Verfügbarkeit von Quercetin aufzutreten scheinen. Bei ileostomierten Proban- den wurde beispielsweise die Aufnahme einer Fraktion von 24 % einer zugeführten Aglyconmenge, 17 % Rutin (Quercetin-3-O-Glucorhamnosid) sowie 50 % der Quer- cetinglycoside aus Zwiebeln nachgewiesen (Hollman et al. 1995). Die Aufnahme von Quercetinmonoglucosiden wurde in einer vergleichbaren Studie auf 65 – 81 % ge- schätzt (Walle et al. 2000). Aus der Applikation von Quercetin an Ratten resultierten bisher recht unterschiedliche Ergebnisse. Während Ueno et al. (1983) nach einmali-

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ger Verabreichung einer Dosis radioaktiv markiertem Quercetin von 2,3 mg/kg Kör- pergewicht eine Absorption von 20 % ermittelten, wurde in einer Studie nach der Ap- plikation von 7,6 mg Quercetin-4’-O-Glucosid pro kg Körpergewicht lediglich 6 % in der systemischen Zirkulation detektiert (Graf et al. 2005). Chen et al. (2005) ermittel- ten sogar eine annähernd 50 %ige Bioverfügbarkeit von Quercetin bei der Ratte.

Beim Schwein wiederum wurde nach Verabreichung von Quercetinaglycon über das Futter in einer Dosis von 50 mg/kg Körpergewicht eine orale Bioverfügbarkeit von 17

% nachgewiesen (Ader et al. 2000). Von Bedeutung - auch im Hinblick auf die mögli- che Verteilung von Quercetin in bestimmte Zielgewebe - ist die Tatsache, dass sich die Plasmaspiegel selbst bei extrem hohen Dosierungen im Bereich weniger µmol/l bewegen.

2.5.1 Intestinale Absorption

Wie unter 2.2 bereits erwähnt, liegen Flavonoide mit Ausnahme der Flavanole in pflanzlichen Nahrungsbestandteilen in glycosylierter Form vor und sind aus diesem Grund relativ polar. Eine passive Diffusion durch biologische Membranen ist für Gly- coside deswegen im allgemeinen weitgehend ausgeschlossen und erst nach Abspal- tung der Zuckerreste erfolgt die Absorption in Form der lipophileren Aglyca (Crespy et al. 2003, Scalbert & Williamson 2000). Dabei wurde zunächst angenommen, dass eine Spaltung von Glycosiden v. a. im Dickdarm durch mikrobielle Enzyme stattfindet (Kühnau 1976, Formica & Regelson 1995, Manach et al. 1997), da pankreatische Enzyme nicht in der Lage sind, die ß-glycosidische Bindung aufzuspalten (Kühnau 1976, Arts et al. 2004). Später wurde jedoch anhand von Quercetinmonoglucosiden gezeigt, dass diese schneller und effizienter als die Quercetinaglyca absorbiert wer- den, was auf die Aufnahme im proximalen Darmtrakt zurück zu führen ist.

2.5.1.1 Einfluss des Glycosylierungsmusters: beteiligte Enzyme und Transporter In situ-Versuche an Ratten weisen darauf hin, dass die Absorption einiger Flavonoid- aglyca (Quercetin, Daidzein, Genistein) bereits aus dem Magen möglich ist, was je- doch nicht für ihre Glycoside gilt (Crespy et al. 2002, Piskula et al. 1999). Diese sind

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im allgemeinen resistent gegen eine Hydrolyse im Magen, so dass sie das Duode- num intakt erreichen (Hertog et al. 1992). Für Anthocyanidinmonoglycoside wurde bei Ratten allerdings eine Absorptionsrate von ca. 25 % nachgewiesen (Talavéra et al. 2003) und auch beim Menschen waren intakte glycosylierte Formen von Anthocy- anidinen nur einige Minuten nach oraler Verabreichung im Blut nachweisbar (Cao et al. 2001, Matsumoto et al. 2001). Ein Grund für diese Ausnahmestellung der Antho- cyanidine ist, dass ihre Aglyca im pH-Bereich des Gastrointestinaltraktes sehr instabil sind und abgebaut werden, bevor eine Absorption stattfinden kann (Erlund 2004).

Für Flavonoidglycoside, die im allgemeinen unversehrt in den Darmtrakt gelangen, besteht abhängig von der Art ihres Zuckerrestes, die Möglichkeit, intakt oder nach Abspaltung des Zuckers über die Enterozyten aufgenommen zu werden. Die Hydro- lyse der Glycoside wird durch ß-Glucosidasen katalysiert, von denen drei in Säuge- tieren ausführlich charakterisiert worden sind. Die lysosomale Glucocerebrosidase (EC 3.2.1.62) und die intestinale Laktasephlorizinhydrolase (LPH) (EC 3.2.1.108) sind membranständig und weisen substratspezifische Aktivitäten auf. Die dritte ß- Glucosidase befindet sich hingegen frei im Cytosol vor allem in Leber- und Nieren- und Dünndarmzellen und interagiert relativ unspezifisch mit verschiedenen Substra- ten (Hays et al. 1996, Day et al. 1998). Bei der Bestimmung der Aktivität von ß- Glucosidasen aus der Dünndarm-Bürstensaummembran von Menschen und Schafen bezüglich einiger Flavonoid- und Isoflavonoidglycoside, darunter auch Quercetinmo- no- und -diglucoside, wurden die meisten der eingesetzten Verbindungen mit ver- schieden hoher Effizienz gespalten. Rutin (Quercetin-3-Glucorhamnosid) konnte je- doch nicht hydrolysiert werden (Day et al. 1998, 2000b). Nach der oralen Aufnahme von Rutin in Humanstudien zeigte sich, dass die Plasmawerte der Quercetinmetabo- liten ihr Maximum erst 6 - 9 Stunden später erreichten, während dies bei Quercetin- monoglucosiden wie dem Quercetin-4’-Glucosid schon innerhalb der ersten Stunde der Fall ist (Hollman et al. 1997, 1999, Graefe et al. 2001, Cermak et al. 2003). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Rutin bzw. Polyphenole, die mit einem Rhamno- serest verbunden sind, erst absorbiert werden können, wenn sie im hinteren Ileum oder im Colon durch mikrobielle Enzyme hydrolysiert worden sind. Die Absorption im distalen Darmtrakt bedeutet für diese Verbindungen nicht nur eine verzögerte Ver-

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fügbarkeit in der systemischen Zirkulation, sondern auch eine wesentlich ineffiziente- re Aufnahme, da im Dickdarm die absorptionsfähige Oberfläche geringer ist als im Dünndarm (Manach et al. 2004). Zudem unterliegen die freigesetzten Aglyca der Me- tabolisierung durch die im distalen Gastrointestinaltrakt reichlich vorkommenden Mik- roorganismen.

Die LPH befindet sich auf der apikalen Seite der Enterozyten, wodurch die Moleküle nach Abspaltung der Zuckerreste als Aglyca ins Darmlumen freigesetzt werden und danach passiv durch die Membranen diffundieren, wohingegen die cytosolische ß- Glucosidase durch Carrier aktiv in die Zelle transportierte Glucoside hydrolysiert (Németh et al. 2003, Petri et al. 2003). Das Quercetin-4’-glucosid beispielsweise stellt ein potentielles Substrat für beide Enzyme dar, während das Quercetin-3-gluco- sid erst nach Hydrolyse durch die LPH aufgenommen wird (Sesink et al. 2003, Day et al. 2003). Der Umsatz der Substrate variiert allerdings inter-individuell, da sich die Aktivitäten dieser Enzyme durch ausgeprägten Polymorphismus, also Genvariation eines Allels innerhalb einer Population, unterscheiden. Németh et al. beobachteten in ihren Untersuchungen mit zellfreien Extrakten humaner Dünndarmproben von zehn verschiedenen Probanden eine etwa 87-fache Variation der Aktivität der im Dünn- darm lokalisierten ß-Glucosidasen gegenüber dem Substrat Quercetin-4'-glucosid.

Die Lactasephlorizinhydrolase scheint der ausschlaggebende Faktor bei der Absorp- tion von Quercetinmonoglucosiden zu sein. Es wurde beispielsweise gezeigt, dass durch die Inhibition des Enzyms die Aufnahme von Quercetin-3-glucosid bei Ratten um 67 % sank, einhergehend mit einer 75 %igen Reduktion der Plasmakonzentration (Sesink et al. 2003).

Für einfache Monoglucoside wird ein weiterer Aufnahmemechanismus in Betracht gezogen, bei dem die Flavonoide in ihrer glycosilierten Form über den natriumab- hängigen Glucosetransporter 1 (SGLT1) in die Enterozyten gelangen und anschlie- ßend intrazellulär hydrolysiert werden (Hollman et al. 1999, Wolffram et al. 2002, Walgren et al. 2000a). Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Glucosetransporter als Transportmedium für Flavonoidglucoside dient, ist hoch, da er nachweislich ver- schiedene glycosylierte Verbindungen zu transportieren vermag (Hirayama et al.

1994, Lostao et al. 1994). Versuche haben gezeigt, dass in Anwesenheit von Quer-

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cetin-3-glucosid (Isoquercitrin) und Quercetin-4’-glucosid (Spiraeosid) die intestinale Aufnahme von Zuckermolekülen wie Glucose und Galactose kompetetiv gehemmt wurde (Gee et al. 2000, Ader et al. 2001, Wolffram et al. 2002, Cermak et al. 2004).

Durch Untersuchungen zur Absorption von Flavonoiden an humanen Caco-2-Zellen und SGLT1-transfizierten Hamsterovarzellen (G6D3) konnte sowohl mittels Fluores- zenzmikroskopie als auch HPLC-Analysen die Aufnahme von Quercetin-4’-glucosid in die Monolayer demonstriert werden, die sich im Beisein von Glucose und Phlorid- zin, einem flavonoidähnlichen Polyphenolglucosid, verringerte. Die G6D3-Zellen wie- sen zudem gegenüber parentalen Hamsterzellen eine gesteigerte Aufnahme auf (Walgren et al. 2000a). In Experimenten mit der sogenannten „mucosal-uptake“- Technik sowie Ussing-Kammer-Versuchen wurde die Annahme, dass eine Beteili- gung des SGLT1 am Transport von Quercetinglucosiden sehr wahrscheinlich ist, er- härtet. Dafür sprach eine Aufnahme von Isoquercitrin im Jejunum, in der der SGLT1 lokalisiert ist, nicht jedoch über die Colonschleimhaut, in der keine Exprimierung die- ses Glucosetransporters stattfindet. Die Aufnahme von Quercetin-3-glucosid verrin- gerte sich außerdem nach Zugabe von D-Glucose oder Phloridzin, sowie in Abwe- senheit von Na+-Ionen, die für die Funktion des Carriers notwendig sind (Wolffram et al. 2002). Weiterhin zeigten Cermak et al. (2004), dass der Na+-abhängige Glucose- transport über den SGLT1 durch die genannten Quercetinmonoglucoside spezifisch gehemmt wurde.

2.5.1.2 Die Rolle der intestinalen Mikroflora

Die enzymatische Aktivität der Mikroflora trägt einen nicht unerheblichen Teil dazu bei, dass die Absorption und damit einhergehend auch die Bioverfügbarkeit von Fla- vonoiden verringert wird, denn verstoffwechselt werden nicht nur die Flavonoidglyco- side, die direkt mit der Ingesta den Dickdarm erreichen, sondern auch die Verbin- dungen, die über die Galle ins Darmlumen resezerniert werden (Scalbert & William- son 2000).

Die Abspaltung der Zuckerreste wird unter anderem durch ß-Glucosidasen und ß- Rhamnosidasen katalysiert, die von einer Vielzahl verschiedener Bakterienspezies stammen, darunter Streptokokkensubspezies (z. B. Sc. faecium VHG-1) (MacDonald

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et al. 1984), Escherichia coli-Stämme (Hur et al. 2000) und Bacteroides ssp.

(Bokkenheuser et al. 1987). Einige Bakterien metabolisieren ausschließlich den Zuckerrest, während das Aglycon unverändert bleibt. So setzt beispielsweise Entero- coccus cassiliflavus die Glucoseeinheit des Quercetin-3-O-glucosids zu Laktat, Ace- tat und Formiat um (Schneider et al. 1999). Andere Mikroorganismenarten bauen auch die Aglyca in großem Umfang weiter zu diversen aromatischen Verbindungen ab (Kühnau 1976). Bestimmte strukturelle Merkmale scheinen jedoch Schutz vor mikrobiellem Abbau zu bieten, wie z. B. die Abwesenheit von Hydroxylgruppen an Position 5, 7 oder 4’ (Griffiths & Smith 1972). Zur Spaltung des Flavonoidgrundge- rüstes sind u. a. Clostridium orbiscindens (Schoefer et al. 2003) und Eubacterium ramulus befähigt (Blaut et al. 2003, Braune et al. 2001). Diese und andere Bakterien spalten je nach chemischer Struktur den heterozyklischen Ring an verschiedenen Stellen, wodurch aromatische Säuren entstehen. Flavonole werden dabei hauptsäch- lich zu Hydroxyphenylessigsäuren umgesetzt, Flavone und Flavanone zu Hydro- xyphenylpropionsäuren. Diese werden weiter zu Benzoesäurederivaten verstoff- wechselt, welche letztendlich absorbiert und mit Glycin, Glucuronsäure oder Sulfaten konjugiert werden oder weiter abgebaut werden. Im letzteren Fall entstehen kurzket- tige Fettsäuren und Kohlenstoffdioxid (Hollman & Katan 1998). Walle et al. (2001) konnten in ihrer Studie demonstrieren, dass radioaktiv markiertes Quercetin nach oraler und intravenöser Applikation beim Menschen zu 24 – 81 % der zugeführten Dosis in Form von CO2 abgeatmet wird. Ueno et al. (1983) hatten ebenfalls von der Produktion radioaktiven Kohlenstoffdioxids kurz nach der oralen Verabreichung von [14C] Quercetin an Ratten berichtet.

2.5.1.3 Einfluss der Nahrungszusammensetzung

Neben der chemischen Struktur der Verbindungen ist hinsichtlich der Bioverfügbar- keit außerdem zu berücksichtigen, mit bzw. in Form welcher Nahrungsmittel sie auf- genommen werden, da bei bestimmten diätetischen Komponenten die Möglichkeit besteht, dass diese die Absorption von Flavonoiden beeinflussen. Diese Annahme beruht auf Untersuchungen zur Aufnahme von Flavonoiden als Reinsubstanz in Form der Aglyca oder von Glycosiden sowie als natürlicher Bestandteil einer Mahl-

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zeit bzw. in Verbindung mit bestimmten Nahrungskomponenten. Je nachdem, ob Flavonoide in pflanzlicher Matrix eingeschlossen sind, aus der die Glycoside zu- nächst während des Verdauungsvorganges durch mechanische, enzymatische und chemische Prozesse freigesetzt werden müssen, oder ob sie mit bestimmten Lö- sungsmitteln verabreicht werden, entstehen mehr oder weniger ausgeprägte Unter- schiede in der Bioverfügbarkeit. Der Vergleich der Bioverfügbarkeit von Quercetin nach einmaliger Aufnahme einer großen Menge Zwiebeln (225 µmol) bzw. Äpfel (325 µmol) ergab eine Differenz von 70 % (zugunsten der Zwiebeln), welche u. a. auf Unterschiede in der Zellwandsstruktur, im Bindungsverhalten des Flavonols gegenüber Zellbestandteilen und der Lokalisation der Glycoside in der Zelle zurückgeführt wurde (Hollman et al. 1997). In einer weiteren Bioverfügbarkeitsstudie wurde Probanden Zwiebelsupplement und Buchweizentee einerseits sowie isoliertes Quercetin-4’-O-glucosid und Rutin andererseits verabreicht, um den Einfluss der Pflanzenmatrix zu bestimmen. Ein Effekt konnte lediglich im Fall von Rutin verzeichnet werden, wobei die Bioverfügbarkeit der Reinsubstanz nur rund zwei Drittel derjenigen aus dem Teeextrakt betrug (Graefe et al. 2001). Neben der Einwirkung der Struktur flavonoidhaltiger Nahrungsbestandteile wurde der Einfluss bestimmter Nahrungskomponenten untersucht, darunter einige Fette und Alkohole.

Anhand verschiedener Experimente erhärtet sich die Annahme, dass Alkohole als Extraktionsmittel für Polyphenole in der Lage ist, deren Aufnahme aus der Ingesta zu steigern. Dazu wurden bereits mehrfach die Absorptionsprofile nach oraler Administration von in Alkoholen (z. B. reines Ethanol oder Propylenglycol, Rot- und Weißwein) und in nichtalkoholischen Getränken (Wasser, Fruchtsäfte) gelöstem Quercetin verglichen (Goldberg et al. 2003, Piskula & Terao 1998, Dragoni et al.

2006, Azuma et al. 2002). Weinalkohol beispielsweise scheint den Quercetinmetabolismus zudem in Richtung Isorhamnetin- und Tamarixetinbildung zu lenken (Dragoni et al. 2006). Andere Studien deuten darauf hin, dass auch Fette und emulsionsfördernde Agentien die Absorption von bestimmten Flavonoiden verbessern können. In diesem Zusammenhang wurde die Wirkung von Fischöl, Sojaöl, Rindertalg und Lecithin überprüft, welches in einer zwiebelhaltigen Diät in einer Kurzzeitstudie an Ratten verfüttert wurde. Mehr als 4,6 % Sojaöl im Futter führte zu einer deutlich gesteigerten Akkumulation von Quercetinmetaboliten im

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tinmetaboliten im Plasma. Ein Gehalt von 9,5 % Fischöl, Rindertalg oder Sojaöl in der Diät hatte jeweils einen ähnlichen Effekt auf die Bioverfügbarkeit, während Leci- thin noch effektiver wirkte, als die drei anderen Lipide. Eine gleichzeitige Verabrei- chung von Emulgatoren mit dem Trinkwasser führte zu einer zusätzlichen Steigerung der Bioverfügbarkeit der Quercetinglycoside aus der Diät (Azuma et al. 2003). In ei- nem ähnlichen Experiment wurde Quercetin in der tendenziell lipophilen Aglyconform und als hydrophiles 3-O-Glucosid in Testmahlzeiten mit unterschiedlichem Fettgehalt (3, 17 oder 32 g Fett/100 g Futter) an wachsende Schweine verabreicht. Die Biover- fügbarkeit des Glucosids war nach Aufnahme jeder Diät höher als die des Aglycons.

Ungeachtet der applizierten Verbindung wurde nach der 17 %igen im Vergleich zur 3

%igen Fettdiät eine Steigerung der Bioverfügbarkeit verzeichnet, eine Erhöhung des Fettanteils erbrachte jedoch keinen weiteren Effekt. Mit Fett angereicherte Diäten führten zudem zu einer deutliche Verzögerung der Elimination von Quercetin aus der systemischen Zirkulation (Lesser et al. 2004).

2.5.2 Metabolisierung und Verteilung von Flavonoiden im Organismus

Dass Flavonoide schon im Lumen des Gastrointestinaltraktes und in der Darmmuco- sa bereits vor dem Erreichen der Leber umfangreich metabolisiert werden und dem- nach einem ausgeprägten intestinalen First-Pass-Effekt unterliegen, wurde durch den Nachweis von entsprechenden Konjugaten im Kreislauf kurz nach oraler Applikation in einigen in vivo-Studien dargelegt (Ader et al. 2000, Manach et al. 1998, Morand et al. 1998). Einmal absorbiert, werden polyphenolische Verbindungen ver- schiedenen Stoffwechselprozessen unterworfen, in die Phase-I- und Phase-II-En- zyme involviert sind. Cytochrom P450-Monooxygenase-abhängige Hydroxylierungen und Demethylierungen sind Beispiele für mögliche Aktivierungsreaktionen aus dem Phase-I-Metabolismus, die jedoch im Flavonoidstoffwechsel eher eine untergeordne- te Rolle zu spielen scheinen. Vielmehr wird angenommen, dass Flavonoide durch ihre bereits vorhandenen Hydroxylgruppen in ihrer Ausgangsform sehr empfänglich für Phase-II-Konjugationen sind (Day et al. 2004).

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2.5.2.1 Konjugation

Polyphenole sind hauptsächlich drei verschiedenen Konjugationstypen unterworfen:

Glucuronidierung, Sulfatierung und Methylierung. Es handelt sich dabei um allgemei- ne Detoxifizierungsreaktionen, durch die u. a. toxische Effekte von Xenobiotika abge- schwächt werden und deren Ausscheidung mit der Galle oder dem Harn durch die Erhöhung ihrer Löslichkeit beschleunigt wird. Konjugation kann an einzelnen oder mehreren Hydroxylgruppen des Polyphenolmoleküls stattfinden. Da bei Flavonoiden die biologische Aktivität signifikant durch das Hydroxylierungsmuster bestimmt wird, gehen aus dieser Art der Biotransformation, abhängig von der Position, an der eine Konjugation stattfindet, Metaboliten mit veränderten Eigenschaften hervor (Boersma et al. 2002).

Bei der Glucuronidierung wird die Übertragung von Glucuronsäuren auf Akzeptor- moleküle wie Steroide, Gallensäuren, Polyphenole und viele Arzneimittel durch UDP- Glucuronosyltransferasen (UGT) katalysiert, welche membranständig im endo- plasmatischen Retikulum diverser Gewebe zu finden sind (Manach et al. 2004, Taskinen et al. 2003). Im menschlichen Organismus gibt es verschiedene Isoformen der UGT, von denen die meisten in der Leber lokalisiert sind. Einige Unterfamilien - wie beispielsweise die UGT1A8 - kommen jedoch auch spezifisch im Gastrointesti- naltrakt vor, andere in Niere oder Gehirn (King et al. 2000, Day et al. 2000a). Die in- testinalen UGTs sind zu einem großen Teil am First-Pass-Metabolismus von Poly- phenolen beteiligt. Ergebnisse mehrerer Studien am Modelltier Ratte zeigten, dass Verbindungen dieser Substanzgruppe während der Absorption im Darm bereits ex- tensiv glucuronidiert werden. In diesem Zusammenhang wurde z. B. die Metabolisie- rung von Quercetin und Isoquercetrin während einer in situ-Perfusion des Jejunums und Ileums untersucht, wonach sich ausschließlich konjugierte Formen im mesente- rialen Blut anfanden (Crespy et al. 2001). Schon zuvor wurde die im Verhältnis zu anderen Körpergeweben höchste UGT-Aktivität in Dünn- und Dickdarmpräparaten von Ratten nach Messung von Epicatechinmetaboliten im Plasma registriert (Piskula

& Terao 1998), und auch durch Versuche am isolierten Rattendünndarm konnte eine hohe Aktivität der UDP-Glucuronosyltransferase u. a. gegenüber einigen Flavonolen, Flavonen und Flavanonen in den Enterozyten nachgewiesen werden (Spencer et al.

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1999). In einer Studie von Gee et al. (2000) zur Absorption von Quercetinaglyca und -glucosiden durch die jejunale Mucosa von Ratten zeigte sich, dass Quercetin haupt- sächlich in Form von Quercetin-7- und Quercetin-3-glucuroniden auf der serosalen Seite des Darms erschien. Zudem konnte eine zusätzliche Konjugation an Position 4’

und 3’ durch UDP-Glucuronosyltransferasen aus menschlichen Dünndarmmikroso- men demonstriert werden (Boersma et al. 2002).

Bei der Sulfatierung von Polyphenolen katalysieren Sulfotransferasen den Transfer eines Sulfatrestes von der aktivierten Verbindung 3’-Phosphoadenosin-5’-phospho- sulfat auf eine der Hydroxylgruppen (Piskula & Terao 1998, Falany 1997, Day et al.

2004). Durch die Konjugation mit Sulfaten wird die Wasserlöslichkeit stark erhöht und damit die Exkretion mit dem Harn gesteigert (Weinshilboum & Otterness 1994). Es liegt im allgemeinen eine hohe Affinität zur Sulfatierung vor, jedoch sind die Kapazi- täten dieses Stoffwechselweges verglichen mit der Glucuronidierung relativ schnell ausgeschöpft, so dass bei einer Erhöhung der Substratdosis eine Verschiebung zur Konjugation mit Glucuronsäure vorliegt. Da aber normalerweise eine große Menge an Konjugaten im Kreislauf auftauchen, die sowohl glucuronidiert als auch sulfatiert sind, scheint eine Glucuronidierung kein Hindernis für eine nachfolgende Sulfatierung darzustellen (Koster et al. 1981, Day et al. 2004). Cytosolische und membranständi- ge Sulfotransferasen sind in Körpergeweben von Mensch und Tier weit verbreitet und weisen überlappende Substratspezifitäten auf (Falany 1997). Vor allem in der Leber scheinen Polyphenole umfangreich zu Sulfokonjugaten umgesetzt zu werden (Piskula & Terao 1998). Die Methylierung ist eine weitere biologische Transformati- on, die im Flavonoidmetabolismus eine Rolle spielt. Dabei katalysiert die Catechol-O- Methyltransferase (COMT) die Übertragung eines Methylrestes von S-Adenosyl-L- methionin auf Polyphenole, die eine Catecholgruppe im Molekül enthalten wie bei- spielsweise Quercetin, Catechin oder Luteolin (Manach et al. 2004). Auch die Methy- lierung von Cyanidin zu Peonidin im Menschen wurde nachgewiesen (Wu et al.

2002). Die COMT ist ubiquitär präsent im Körper, wobei Leber und Nieren relativ ho- he Aktivitäten aufweisen (Piskula & Terao 1998). Zudem deuten einige Studien dar- auf hin, dass die Methylierung von Flavonoiden bereits in den Enterozyten des Dünndarms stattfindet. Dies demonstrierten neben Spencer et al. (1999) auch

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Kuhnle et al. (2000), die den Metabolismus von Catechin und Epicatechin im jejuna- len Abschnitt des Rattendünndarms untersuchten und neben ca. 45 % Glucuroniden etwa 20 % Metaboliten mit sowohl Glucuronyl- als auch Methylresten identifizierten, sowie ca. 30 % Konjugate, die ausschließlich in Position 3’ und 4’ methyliert waren.

In diesen Lokalisationen werden Methylgruppen vorrangig gebunden, was auch an- hand hoher Tamarixetin- und Isorhamnetinkonzentrationen (= 4’- und 3’- Methylquercetin (Abb.4)) im Plasma, Urin und Gallenflüssigkeit von Ratten, denen hohe Dosen an Quercetin mit dem Futter verabreicht worden waren, gezeigt werden konnte (Manach et al. 1996b). Auch beim Schwein erscheinen beide Metaboliten schon kurz nach oraler Aufnahme von Quercetin im Plasma, was für eine umfangrei- che Methylierung in den Enterozyten spricht (Ader et al. 2000).

Tamarixetin

Quercetin

Isorhamnetin

Abb. 4:

Methylierung von Quercetin zu Tamarixetin (4'-Methylquercetin) und Isorhamnetin (3'-Methylquercetin)

Das Konjugationsmuster der Metaboliten kann zwischen Individuen verschiedener Spezies stark variieren, da es durch bestimmte Faktoren beeinflusst wird. Beispiels- weise werden bei der Ratte im allgemeinen hohe Gehalte an methylierten Verbin- dungen gefunden (Manach et al. 1996b), während dieser Stoffwechselprozess beim Menschen eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint und nach Applikation von Quercetin nur ca. 20 – 30 % an methylierten Konjugaten im Blut auftreten. (Manach et al. 1998, Day et al. 2000a). Auch die Sulfokonjugation überwiegt bei den Ratten im Vergleich zum Menschen, bei dem die Glucuronidierung als Hauptkonjugationsme- chanismus angegeben wird (Wittig et al. 2001, Crespy et al. 1999, Manach et al.

(37)

1995). Letzteres gilt auch für das Schwein, in dessen Organismus Sulfatierung nicht statt zu finden scheint (Caldwell 1982). Neben speziesspezifischen Unterschieden im Metabolismus von Flavonoiden, sind auch geschlechtsabhängige Variationen beob- achtet worden, wie z. B. geschlechtsspezifischer Dimorphismus bei Nagern bezüg- lich der Sulfotransferaseaktivität (Piskula 2000, Klaassen et al. 1998). Ungeachtet dieser interindividuellen Unterschiede hinsichtlich der Enzymkapazitäten ist die Ten- denz zur Konjugation von Flavonoiden im Organismus von Säugern sehr hoch. Ab- gesehen von Epigallocatechingallaten (Lee et al. 2002), sind daher sind bei der Auf- nahme von nahrungsphysiologischen Dosen im allgemeinen nur sehr geringe Kon- zentrationen der Aglyca im Plasma zu erwarten (Manach et al. 2004).

2.5.2.2 Intestinale und biliäre Sekretion

Flavonoide erreichen über die systemische Zirkulation nur zu einem bestimmten Pro- zentsatz der zugeführten Menge die peripheren Gewebe. Dies liegt zum einen daran, dass die intestinale Absorption nicht komplett zu sein scheint und zum anderen be- stimmte Fraktionen in konjugierter Form über die Hepatozyten und Enterozyten ins Darmlumen resezerniert werden. In welchem Ausmaß diese Vorgänge stattfinden, hängt vor allem von den strukturellen Merkmalen der einzelnen Flavonoide ab (Crespy et al. 2003).

Nach der intrazellulären Bildung von Flavonoidkonjugaten können diese Konjugate - wie übrigens auch intakte Quercetinmonoglucoside - über die Bürstensaummembran ins Darmlumen resezerniert werden. Anhand von Studien am Dünndarm von Ratten, bei dem jejunale und ileale Segmente mit flavonoidangereicherter Lösung perfundiert wurden, erhielten Crespy et al. (1999, 2003) Informationen über Absorption und Sek- retion über den Darmtrakt, sowie die Verteilung von Quercetin und weiteren Flavo- noiden. Zwei Drittel des zugeführten Quercetins wurden absorbiert, 52 % der Ge- samtmenge wurden durch die Darmzellen ins Lumen resezerniert, und nur etwa 15

% konnten im mesenterialen Blut registriert werden. Zwei Fünftel dieses Anteils un- terlagen der Sekretion über die Galle, so dass im Endeffekt lediglich 9 % der einge- setzten Quercetinmenge in der Peripherie verfügbar waren. Ein mehr oder weniger großer Anteil der absorbierten und in Darm und Leber konjugierten Flavonoide unter-

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liegt also dem enterohepatischen Kreislauf. Die resezernierten konjugierten Verbin- dungen erreichen den Zwölffingerdarm, werden jedoch während ihrer Passage durch den Dünndarm nicht reabsorbiert. Erst durch die enzymatische Aktivität der Mikroflo- ra im distalen Darmtrakt (s. 2.5.1.2) findet eine Dekonjugation statt. Die freigesetzten Aglyca werden entweder erneut absorbiert oder weiter abgebaut (Manach et al.

2004).

Ein Efflux von Flavonoiden aus den Zellen wird vermittelt durch sogenannte ABC(ATP-binding cassette)-Transporter wie dem MRP1 bzw. MRP2 (multidrug resistance associated protein 1 und 2), dem P-Glykoprotein und dem BCRP1 (breast cancer resistance protein), die sich vor allem in Organen befinden, die an der Elimi- nation von Xenobiotika beteiligt sind, also unter anderem auch in der Bürstensaum- membran der Enterozyten und der kanalikulären Membran der Hepatozyten (Ofer et al. 2005, Sesink et al. 2005, O’Leary et al. 2002). Es handelt sich hierbei um primär aktive Mechanismen, die durch Energie aus der Hydrolyse von ATP ihre Substrate aus der Zelle „bergauf“ transportieren können (Litman et al. 2001).

MRP1 und 2 akzeptieren im allgemeinen ein ähnliches Spektrum von organischen Anionen, darunter Konjugate von lipophilen Verbindungen wie Glutathion-, Glucuro- nid- und Sulfokonjugate (König et al. 1999, Borst & Elferink 2002). Es wurde jedoch auch gezeigt, dass MRPs auch den Efflux nichtanionischer Verbindungen, wie zum Beispiel von Quercetin-4’-glucosid, vermitteln können (Walgren et al. 2000b). MRP1 ist zwar in Körpergeweben weit verbreitet, kommt aber im Gegensatz zu MRP2 in Leber- und Darmzellen nur limitiert vor, und trotz ähnlicher Molekülstruktur und Sub- stratspektra weisen MRP1 bzw. MRP2 unterschiedliche Affinitäten zu verschiedenen Flavonoiden auf. Diese Eigenschaft beobachteten unter anderem van Zanden et al.

(2005) bei ihren Untersuchungen zur inhibitorischen Wirkung von insgesamt 29 Fla- vonoiden aus der Subklasse der Flavone und Flavonone auf MRP1 und 2.

BCRP1, ein weiteres Mitglied der ABC-Transporter-Familie, wurde initial in humanen Brustkrebszellen entdeckt (Doyle et al. 1998). In vitro-Studien haben gezeigt, dass Flavonoide auch potenzielle Substrate für BCRP1 darstellen (Zhang et al. 2004, Imai et al. 2004). Neben der direkten inhibitorischen Wirkung auf den Transporter sind

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