SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG FÜR TIERPRODUKTION Association Suisse pour la Production Animale
Swiss Association for Animal Production
Wie stark belasten unsere Nutztiere die Umwelt?
SVT-Tagung vom 28. April 2009
Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft (SHL), Zollikofen
Abschätzung des
Reduktionspotenzials von
Ammoniakemissionen durch die Schweinefütterung
Peter Spring und Annelies Bracher
SHL, Zollikofen
SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG FÜR TIERPRODUKTION Association Suisse pour la Production Animale
Swiss Association for Animal Production
Wie stark belasten unsere Nutztiere die Umwelt?
Tagung vom 28. April 2009, SHL, Zollikofen
Bracher&Spring Kurzfassung SVT.doc Seite 1 von 4
Abschätzung des Reduktionspotenzials von Ammoniakemissionen durch die Schweinefütterung
Peter Spring und Annelies Bracher, SHL, Länggasse 85, CH-3025 Zollikofen
Wo Tiere gehalten werden, fallen tierische Ausscheidungen an. In Regionen mit ho- her Tierdichte belasten die Ausscheidungen in Form von Mist, Gülle und Gasen die Umwelt. Eines der umweltrelevanten Gase ist der Ammoniak (NH3). Als N-haltige Verbindung ist die Ammoniakbildung eng an den N-Umsatz gekoppelt. Ausgangs- substrat ist vorwiegend der mit dem Harn ausgeschiedene Harnstoff, der in Kontakt mit Kot und der darin enthaltenen Urease enzymatisch gespalten wird. Dabei wird Ammoniak freigesetzt. In der flüssigen Phase besteht ein Dissoziationsgleichgewicht zwischen Ammoniak (NH3) und Ammonium (NH4+). Hohe Temperatur und hoher pH verschieben das Gleichgewicht zugunsten des NH3, der dadurch vermehrt freigesetzt werden kann.
Beim Schwein besteht der Harn-N zu rund 90% aus Harnstoff. Der relative Harnan- teil am Kot-Harngemisch und dessen Harnstoffgehalt bestimmen somit das Ammoni- akbildungspotential wesentlich. Der Harnanteil und die Harnstoffkonzentration sind variabel und können durch die Fütterung beeinflusst werden. Der mit dem Futter auf- genommene N wird bei einem wachsenden Schwein zu 30 – 40 % in Form von Fleischansatz verwertet (Abb.1). Der Rest wird ausgeschieden.
Abb. 1. N-Fluss eines Mastschwei- nes und Ammoniakbildung
Der Kot-N (15 -25 %) liegt vorwiegend als organischer N (unverdautes Futterprote- in und Mikrobenprotein) vor.
Die Verdaulichkeit der Ration beeinflusst dabei die Kot- menge und den Kotprotein- gehalt. Flüchtige Fettsäuren aus der Dickdarmfermentati- on von Kohlenhydraten (NPS) verändern den Kot- pH. Der verdaute aber nicht verwertete N erscheint als Harnstoff im Harn (45-55 %).
Das heisst, dass der N einer über dem Bedarf liegenden Proteinzufuhr als Harnstoff ausgeschieden wird. Die Harnstoffausscheidung wird ebenfalls erhöht, wenn ein Tier
Harn-N
Kot-N
•Urease
•organischer N
•NPS, fFS, pH
•vRP
15-25 %
30-40 %
45-55 %
•Harnstoff-N
•pH •pH
•NPS Gülle-N
Urease [NH3/NH4+]
NH3Gas N-Fluss Mastschwein
Möglichkeiten zur Reduktion der Ammoniakemissionen durch Fütterungsmassnahmen
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Schweizerische Vereinigung für Tierproduktion (SVT)
Tagung vom 28.04.09 Seite 2 von 4
mit Aminosäuren unterversorgt wird und dadurch sein Proteinansatzvermögen nicht ausschöpfen kann. Aus der Sicht einer emissionsarmen Fütterung stehen die Reduk- tion der N-Ausscheidungen, die Reduktion der Harnstoffmenge und des Harnanteils sowie die Reduktion des Güllen-pH im Vordergrund. Diese Vorgaben werden über eine bedarfgerechte Proteinversorgung, optimierte Aminosäurenprofile, im Dickdarm fermentierbare Kohlenhydrate und Futterzusätze erreicht.
Um das Reduktionspotential von Ammoniakemissionen durch Fütterungsmassnah- men abschätzen zu können, braucht es eine Bestandesaufnahme der aktuellen Füt- terungspraxis in der Schweinehaltung. Im Ammoniakprojekt der SHL wurden über eine Umfrage bei den auf dem Schweinemarkt wichtigsten Futtermühlen Daten zu Futtergehalten und Futtermengen zusammengetragen. Diese werden mit Angaben aus Import-Exportbilanzen des Kantons Luzern ergänzt. Aus den Sortimentslisten von 30 Futtermühlen sind über 1500 verschiedene Mischfutter ausgewertet worden.
61 % der Schweinefuttergesamtproduktion sind Mastschweinefutter (VSF 2008). Fut- ter für Zuchtschweine macht 20 % aus. Der Anteil Ferkelfutter beträgt 17 %. Im Fol- genden wird die Auswertung der Mastschweinefutter diskutiert.
Abb. 2. Verteilung der Ergänzungsfutter, NPr-Futter und Phasenfütterung in der CH-Schweinemast und in ausgewählten Futtermühlen
Obwohl der gewichtete Mittelwert für den Anteil NPr-Futter bei nahezu 70 % liegt, bestehen zwischen den Futtermühlen grosse Unterschiede, was vor allem durch den Standort und dem Kundensegment bedingt ist. In der Westschweiz wird generell we- nig NPr-Futter verkauft. Die Abgrenzung zwischen Alleinfutter und Ergänzungsfutter kann nicht immer klar gemacht werden. Ein Teil des Alleinfutters wird als Ergän- zungsfutter zu Schotte eingesetzt. Dadurch wird der Anteil der Ergänzungsfutterrati- onen wesentlich unterschätzt. Die sogenannte Phasenfütterung hat sich bei den Mastschweinen bis heute nicht durchgesetzt, jedoch sind die Durchmastfutter mehr- heitlich Protein reduziert.
Das Ausmass der Proteinreduktion von NPr-Futter geht aus Abbildung 3 hervor. Im Vergleich zu Standardfutter geht der RP-Gehalt pro MJ VES im Durchschnitt von 12.73 auf 11.51 zurück. Auf 13.5 MJ VES umgerechnet, entspricht dies einem Gehalt von 155 g RP gegenüber 172 g RP/kg Futter im Standardfutter. Die Verteilung der
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
EF-Anteil NPr-Anteil Phasen-Anteil
%
Mast CH Betrieb 3 Betrieb 1 Betrieb 6 Betrieb 5 Betrieb 2 Betrieb 4 Betrieb 7
Möglichkeiten zur Reduktion der Ammoniakemissionen durch Fütterungsmassnahmen
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Schweizerische Vereinigung für Tierproduktion (SVT)
Tagung vom 28.04.09 Seite 3 von 4
Lysingehalte /MJ VES zeigt, dass die Durchmastfutter alle im Bereich des Bedarfes der Vormast liegen. Der Mittelwert von 0.74 g Lys/MJ VES entspricht dem Bedarf eines Jagers von 40 kg LG (Abb. 4). Die NPr und Standardfutter unterscheiden sich im Mittelwert nicht.
Insbesondere in der Ausmastphase sind die Mastschweine mit Protein überversorgt.
Dagegen ist in der frühen Jagerphase die Proteinversorgung bei Durchmastfütterung suboptimal. Mit der Phasenfütterung wird diesem Umstand Rechnung getragen. Die angebotenen Vormastfutter sind auf den Bedarf von 30 kg LG optimiert. Bei den Ausmastfutter wird offensichtlich eine hohe Sicherheitsmarge eingehalten. Auch der tiefste Lysingehalt liegt ab 70 kg oberhalb des Bedarfes.
Abb. 3. Rohprotein- und Lysingehalte von Durchmastfutter: Erhebung 2008
0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85
10.0 10.5 11.0 11.5 12.0 12.5 13.0 13.5 14.0
RP g/MJ VES
Lysin g/MJ VES
Bio NPr standard Bereich Vormast bis 60 kg
Bereich Ausmast ab 60 kg
Abb. 4 Lysingehalte von Durchmast- und Phasenfutter (Erhebung 2008) im Vergleich zum Lysinbedarf
0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95
5 15 25 35 45 55 65 75 85 95 105
kg Lebendgewicht
Lys g/MJ VES
Bedarf Durchmast 2-Phasen NPr 2-Phasen AM min
Möglichkeiten zur Reduktion der Ammoniakemissionen durch Fütterungsmassnahmen
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Schweizerische Vereinigung für Tierproduktion (SVT)
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0 10 20 30 40 50 60 70
16.5 % RP 14.5 % RP 12.5 % RP
g N/Tier, Tag
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
NH3 g/Tier, Tag
Harn-N g Kot-N g Ret-N g NH3-Emission
Ausgehend von der in der Praxis eingesetzten Futtertypen wurde der N-Output in Abhängigkeit der Fütterungsstrategie modelliert (Abb. 5). Um die Bereichsgrenzen auszuloten, ist in der Baseline-Variante eine in jeglicher Hinsicht optimierte Protein- versorgung unterstellt und die Obergrenze stellt eine nicht angepasste Ration mit proteinreichen Nebenprodukten als ´Worst-Case´ dar.
Abb. 5. N-Output in Abhängigkeit der Fütterungsstrategie
10 20 30 40 50 60 70 80
25 35 45 55 65 75 85 95 105
kg Lebendgewicht
N-Output g/Tag
24 % RP Nebenprod 17 % RP DM 15.5 % RP DM NPr 18 % RP DM Bio Norm GEBU 04 16.5 / 14.5 % RP 150/135/125 % RP
In der Endmast besteht beim N-Ausstoss noch Reduktionspotential. Da im Verlaufe der Mast der Harnanteil zunimmt, wirkt sich eine reduzierte Proteinzufuhr auf die Ammoniakemissionen verstärkt aus. In der Arbeit von Canh (Abb. 6) reduzierten sich bei Absenkung des RP-Gehaltes von 16.5 % auf 12.5 % in der Ausmast die NH3- Emissionen von 9.4 g auf 4.8 g/Tier und Tag.
Abb. 6. N-Bilanz und NH3-Emission von Mastschweinen während der Aus- mast bei drei Proteinstufen: Stallmes- sungen auf Teilspaltenboden (Canh, 1998)
Neben der Proteinzufuhr ist die emissionsmindernde Wirkung von im Dickdarm fer- mentierbaren NPS belegt, es muss aber unter Praxisbedingungen erhärtet werden.
Annelies Bracher Peter Spring SHL Zollikofen
© SHL / 28.4.09 1
Möglichkeiten zur Reduktion der Ammoniakemissionen durch
Fütterungsmassnahmen bei Schweinen
© SHL / 28.4.09 2
Harn-N
Kot-N
•Urease
•organischer N
•NPS, fFS, pH
•vRP
15-25 %
30-40 %
45-55 %
•Harnstoff-N
•pH
• pH
• NPS Gülle-N
Urease [NH3/NH4+]
NH
3GasN-Fluss Mastschwein
© SHL / 28.4. 09
3
Harnstoff Ammoniak
Urease = f(T, [N], pH)
Dissoziationsgleichgewicht zwischen Ammonium und gelöstem Ammoniak
f(T, pH)
© SHL / 28.4. 09
4
Ammoniakprojekt SHL
• Ist-Zustand der Schweinefütterung
• Modellrechnungen N-output
• Reduktionspotenzial
• Literaturrecherche
• Datenquellen: Erhebung bei Futtermühlen,
Import/Exportbilanzen, Futterkontrolle
© SHL / 28. 4. 09 5
Schweinefutter nach Tierkategorie
(VSF, 2008)
Mischfutter CH
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
CH "Mast" "Zucht"
Jager / Mast Ferkel Zucht Proteinkonz.
Anteil Ergänzungs-, NPr- und Phasenfutter in der CH-Schweinemast und ausgewählten Futtermühlen
© SHL / 28.4.09 6
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
EF-Anteil NPr-Anteil Phasen-Anteil
%
Mast CH Betrieb 3 Betrieb 1 Betrieb 6 Betrieb 5 Betrieb 2 Betrieb 4 Betrieb 7 Bemerkungen: ausgewählten Betriebe repräsentieren 70 – 80 % der Schweinefutterproduktion
Ergänzungsfutterrationen werden unterschätzt
© SHL / 28.4.09 7
RP- und Energiegehalte von Durchmastfutter: Erhebung 2008
(n = 217)
130 140 150 160 170 180 190 200
12.50 13.00 13.50 14.00 14.50 15.00
VES MJ/kg
R P g /k g
Bio Bio NPr NPr Pr Standard
© SHL / 28.4.09 8
0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85
10.0 10.5 11.0 11.5 12.0 12.5 13.0 13.5 14.0
RP g/MJ VES
Lysin g/MJ VES
Bio NPr standard
Bereich Vormast bis 60 kg
Bereich Ausmast ab 60 kg
Verteilung der Lysin- und RP-Gehalte pro MJ VES in Durchmastfutter
(Erhebung 2008)
Lysingehalte von Durchmast- und Phasenfutter im Vergleich zum Lysinbedarf: Erhebung bei Futterfabrikanten 2008
© SHL / 28.4.09 9
0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95
5 15 25 35 45 55 65 75 85 95 105
Lys g/MJ VES
kg Lebendgewicht
Bedarf Durchmast 2-Phasen NPr 2-Phasen AM min
RP-Gehalte im Mastschweinefutter in Abhängigkeit der Fütterungsstrategie
(abgeleitet aus Erhebung 2008 und ergänzt, Grundlage für Modellrechnung)
100 120 140 160 180 200 220 240
20 30 40 50 60 70 80 90 100
kg Lebendgewicht
g RP/kg Futter
Norm GEBU 24% RP extrem 18% RP DM hoch 17 % RP DM Standard 15.5 % RP DM NPr 2-Phasen
3-Phasen Nred
© SHL / 28.4.09 11
N-Output im Mastverlauf in Abhängigkeit der Fütterungsstrategie
Annahmen: 13.5 MJ VES, vRP = 0.80, TZW = 800 g, Ret-N = 20.2 g/Tag (Mittel)
10 20 30 40 50 60 70 80
25 35 45 55 65 75 85 95 105
N-Output g/Tag
kg Lebendgewicht
24 % RP Nebenprod 17 % RP DM 15.5 % RP DM NPr 18 % RP DM Bio Norm GEBU 04 16.5 / 14.5 % RP 150/135/125 % RP
N-Output pro Mastschwein und Umtrieb in Abhängigkeit der Fütterungsstrategie
Annahmen: 13.5 MJ VES, vRP = 0.80, TZW = 800 g, Ret-N = 20.2 g/Tag (Mittel)
© SHL / 28.4.09 12
1301 1780 1687
2030 1832 2447 2201
3924
0 1000 2000 3000 4000 5000
Nebenprod DM Bio DM DM NPr N-Ansatz_red DM NPr 16.5 / 14.5% RP Norm GEBU04 150/135/125% RP
24 % RP
18 % RP
17 % RP
15.5 % RP
15.5 % RP
Phasen
N-output g/Schwein, Umtrieb
Harn Kot
© SHL / 28.4.09 13
NH
3-Emission im Stall in Abhängigkeit des RP-Gehaltes im Futter (
Schweine 55 -105 kg, Teilspaltenboden; Canh, 1998)0 10 20 30 40 50 60 70
16.5 % RP 14.5 % RP 12.5 % RP
g N/Tier, Tag
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
NH3 g/Tier, Tag
Harn-N g Kot-N g Ret-N g NH3-Emission
© SHL / 28.4.09 14
Harn-N
Kot-N
•Urease
•organischer N
•NPS, fFS, pH
•vRP
15-25 %
30-40 %
45-55 %
•Harnstoff-N
•pH
• pH
• NPS Gülle-N
Urease [NH3/NH4+]
NH
3GasN-Fluss Mastschwein
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Schlussfolgerung Mastschweine
• Emmissionsarme Fütterung = bedarfsgerechte Fütterung
?• Reduktionspotenzial vorab in der Endmast vorhanden, auch mit NPr-Futter
• Optimal 3-Phasenfütterung
• Aber:
mehrere Futtersilos Kosten Fütterungsanlage nur 1 Futter zuteilen Transportaufwand
Aufwand Rezeptierung, Herstellung Komponentenverfügbarkeit