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Epidemiologie und Behandlung von Kreuzschmerzen in der Hausarztpraxis

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Academic year: 2022

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(1)

(Prof. Dr. med. M. M. Kochen, MPH, FRCGP) im Zentrum Innere Medizin

der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen

Epidemiologie und Behandlung von Kreuzschmerzen in der Hausarztpraxis

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Doktorgrades

der Medizinischen Fakultät

der Georg-August-Universität zu Göttingen

vorgelegt von Katja Kögel

aus

Annaberg-Buchholz

Göttingen 2007

(2)

D e k a n: Prof. Dr. med. C. Frömmel

I. Berichterstatter: Prof. Dr. med. M. M. Kochen, MPH, FRCGP II. Berichterstatter/in:

III. Berichterstatter/in:

Tag der mündlichen Prüfung:

(3)

Inhaltsverzeichnis

Seite 1. Einleitung

9

2. Stand der Forschung 10

2.1 Definition 10

2.2 Epidemiologie 11

2.3 Klassifikation, Symptome und mögliche Ursachen 14

2.3.1 Akute unkomplizierte Kreuzschmerzen 15

2.3.2 Radikuläre Kreuzschmerzen 15

2.3.3 Komplizierte Kreuzschmerzen und abwendbar gefährliche Verläufe 16

2.3.4 Ätiologie 16

2.4 Behandlung 17

2.5 Arzt-Patient-Beziehung 24 3. Material und Methoden 27

3.1 Studiendesign 27

3.2 Patientenfragebogen 28

3.3 Fragebogen zum 1. Telefoninterview 29

3.4 Fragebogen zum 2. Telefoninterview 30

3.5 Das Schmerztagebuch 31

3.6 Pilotstudie 32

3.7 Auswahl der Arztpraxen 32

3.8 Auswahl der Patienten und Ablauf der Patientenbefragung 33

3.9 Auswertung 34 4. Ergebnisse 35

4.1 Teilnahmebereitschaft an der Studie 35

4.1.1 Ärzte 35

4.1.2 Patientenbeteiligung 36

4.2 Epidemiologie von Kreuzschmerzen in der hausärztlichen Praxis 37

4.2.1 Praxisprävalenz 37

4.2.2 Punktprävalenz nach dem Follow-up 39

4.2.3 Inzidenz 39

(4)

4.2.4 Rezidivrate 39

4.3 Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen 40

4.3.1 Hausärztliche Behandlung (n=49) 40

4.3.1.1 Verschreibung von Medikamenten 41

4.3.1.2 Verabreichung von Injektionen 42

4.3.1.3 Durchführung weiterer Behandlungen 42

4.3.1.4 Überweisung an einen Facharzt 43

4.3.1.5 Bildgebende Verfahren 43

4.3.1.6 Ärztliche Anregungen 43

4.3.1.7 Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinung 44

4.3.1.8 Rentenantrag 45

4.3.2 Versorgungsleistungen im Follow-up (n=40) 46

4.3.2.1 Arztbesuch in den vergangenen 12 Wochen 46

4.3.2.2 Verschreibung von Medikamenten 46

4.3.2.3 Verabreichung von Injektionen 47

4.3.2.4 Durchführung weiterer Behandlungen 48

4.4 Krankheitsverlauf 48

4.4.1 Schmerzentwicklung 48

4.4.2 Entwicklung der Funktionalität 49

4.4.3 Subjektiver Krankheitsverlauf 53

4.5 Patienteneinstellung 54

4.5.1 Selbstbewältigungsstrategien 54

4.5.2 Selbsthilfe, außer durch Medikamente 55

4.5.3 Beste Behandlung für die Schmerzen 55

4.5.4 Wunsch nach weiterer Diagnostik 56

4.5.5 Erwartungen des Patienten bei der Arztkonsultation und Erfüllung dieser Erwartungen 56 4.5.6 Offene Fragen an den Arzt 59

4.5.7 Veränderungen der körperlichen Aktivität 60

4.5.8 Veränderungen im Alltag 62

4.5.9 Krankheitsvorstellungen der Patienten 63 4.6 Pilotierung des Schmerztagebuchs 4.6.1 Methodik

64 64 4.6.2 Ergebnisdarstellung 64

(5)

5. Diskussion 68

5.1 Hauptaussage der Studie 68

5.2 Vergleich der Studienergebnisse mit internationaler Literatur 68

5.3 Beurteilung der Methode 72

5.4 Ausblick und Schlussfolgerung 74 6. Zusammenfassung 76

7. Literaturverzeichnis 77

8. Abkürzungsverzeichnis 83

9. Anhang 84 9.1 Handzettel für den Arzttresen 84 9.2 Zettel für die Anmeldung bzw. Strichliste für den Hausarzt 85

9.3 Fragebogen 86

9.4 Telefoninterview nach 2 und 12 Wochen 88 9.5 Schmerztagebuch 90

(6)

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: “The real course of back pain.” 11 Abbildung 2: Studiendesign 28 Abbildung 3: Teilnahmebereitschaft der Arztpraxen 35 Abbildung 4: Teilnahmebereitschaft der Patienten 36 Abbildung 5: Anzahl der Kreuzschmerzpatienten in Arztpraxen nach

Zuordnung in Altersgruppen (n=121)

37

Abbildung 6: Punktprävalenz von Kreuzschmerzen nach 3 Monaten

(n=40) 39

Abbildung 7: Häufigkeit auftretender Kreuzschmerzen während des

Follow-up (n=40) 40

Abbildung 8: Medikamente mit Namen der Wirkgruppe und Zahl der Verordnungen in %

41

Abbildung 9: Ärztliche Anregungen (n=40) 44

Abbildung 10: Arbeitsunfähigkeitstage von Patienten mit Kreuzschmerzen im Vergleich zur angegebenen Schmerzintensität am Tag der Hausarztkonsultation (n=11)

45

Abbildung 11: Verschreibung von Medikamenten im Follow-up von

3 Monaten 47

Abbildung 12: Verbesserung der Beweglichkeit (n=49) 50 Abbildung 13: Vergleich der durchschnittlichen funktionellen

Beeinträchtigung in Tätigkeiten und Bedürfnissen zwischen dem 1. und 2. Telefoninterview (Zeitraum 3 Monate; n=40)

51

Abbildung 14: Vergleich der Parameter „Schmerzintensität“, „Einschränkung durch die Schmerzen“ und „Wohlbefinden“ im

Krankheitsverlauf von 3 Monaten (n=40) 52

Abbildung 15: Subjektive Prognose aus Patientensicht über die Weiterentwicklung der Schmerzen (n=49)

53

Abbildung 16: Selbstbewältigungsversuche der Patienten (n=127), um Schmerzen zu lindern (276 Angaben insgesamt)

54

Abbildung 17: Beste Behandlung für die Beschwerden aus Patientensicht (n=76)

56

(7)

Abbildung 18: „Was ist für Sie bei Ihrem heutigen Hausarztbesuch am Wichtigsten?“ (n=110)

57

Abbildung 19: Häufig gestellte Fragen an den Hausarzt mit Originalzitaten von Patienten (n=50)

59

Abbildung 20: Veränderungen in der Aktivität in den letzten 12 Wochen (n=21)

60

Abbildung 21: „Was haben Sie selbst in den vergangenen 3 Monaten gegen Ihre Kreuzschmerzen unternommen (Veränderungen im Alltag)?“ (n=17)

62

Abbildung 22: Ursache der Kreuzschmerzen aus Patientensicht (n = 49) 63 Abbildung 23: Vergleich der Daten für „Schmerzintensität“, „Einschränkung

durch die Schmerzen“, „Einflussnahme auf die Schmerzen“

und „Wohlbefinden“ 2 Wochen (1. Telefoninterview) und 14 Wochen (Schmerztagebuch) nach der Arztkonsultation (n=26)

66

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1: Praxenübersicht mit Angabe der mittleren 1-Wochen-Praxisprävalenz

38

Tabelle 2: Gabe von Injektionen bei der Hausarztkonsultation (n=49) 42 Tabelle 3: Durchführung weiterer Behandlungen am Tag der

Hausarztkonsultation (n=49)

43

Tabelle 4: Gabe von Injektionen beim Arztbesuch in den letzten

12 Wochen (n=40) 47

Tabelle 5: Durchführung weiterer Behandlungen am Tag der

Hausarztkonsultation 48

Tabelle 6: Kumulative Häufigkeiten der Angaben zur Schmerzstärke im Follow-up

49

Tabelle 7: Beeinträchtigung in Tätigkeiten und Bedürfnissen (n=49 bzw. 40)

50

Tabelle 8: Wohlbefinden (n=49 bzw. 40) 52

(8)

Tabelle 9: Selbsthilfe, außer durch Medikamente („Wie gut konnten Sie heute, außer durch Medikamente, Einfluss auf Ihre Schmerzen nehmen?“) (n=49)

55

Tabelle 10: Erfüllung der Erwartung an den Hausarztbesuch 58 Tabelle 11: Empfehlungen der Ärzte zum Zeitpunkt der Rekrutierung

(n=40)

61

Tabelle 12: Vergleich, inwieweit die Patienten, denen „Bewegung“

empfohlen wurde, den ärztlichen Rat annahmen (n=25)

62

Tabelle 13: Übersicht der Durchschnittswerte von 4 Items aus dem Schmerztagebuch (n=26)

65

(9)

1. Einleitung

„Rückenschmerzen“ und „Kreuzschmerzen“ (KS) werden häufig synonym verwendet, wobei mit dem Kreuzschmerz in der Regel eher der tiefe Rückenschmerz gemeint ist.

Rückenschmerzen stellen überwiegend ein in komplexere Schmerzsyndrome eingebundenes unspezifisches Beschwerdebild dar. Der Kreuzschmerz ist ein Symptomenkomplex, der nur in seltenen Fällen auf greifbare Ursachen wie Bandscheibenvorfall, maligne Tumoren, viszerale, neurogene oder vaskuläre Störungen zurückzuführen ist.

KS und Rückenschmerzen sind in der Bevölkerung weit verbreitet. Sie stellen besonders in Industrienationen ein signifikantes Gesundheitsproblem dar. 80 – 90%

der Bewohner in Industriestaaten bekommen im Laufe ihres Lebens Rückenschmerzen - meist zwischen dem 50. und 64. Lebensjahr. Zur Entwicklung chronischer Schmerzen (5-10%) können mehrere Faktoren beitragen, z.B. auch psycho-soziale Aspekte wie Stress im beruflichen oder privaten Alltag, depressive Stimmung oder ein ungünstiger Umgang mit dem Schmerz.

Die große Bedeutung von Rückenschmerzen zeigt sich an den volkwirtschaftlichen Gesamtkosten (in Deutschland rund 15-20 Milliarden Euro pro Jahr), wobei 70%

allein durch Arbeitsausfälle und Frühberentungen entstehen. In Großbritannien wurden 1993 insgesamt drei Millionen Hausarztkonsultationen für Rückenschmerzen statistisch festgehalten; zugleich ist dieses Leiden dort der häufigste Grund für körperliche Einschränkungen unter der arbeitenden Bevölkerung (Clinical Standards Advisory Group 1994).

Über den Verlauf von Rückenschmerzen, die hausärztliche Versorgung dieses Volksleidens und über die Wünsche und Erwartungen von betroffenen Patienten ist wenig bekannt.

Ziel dieser Studie ist es, etwas über die Epidemiologie von KS zu erfahren, den Krankheitsverlauf zu beobachten, die hausärztliche Behandlung zu prüfen und auch die Einstellung der Patienten bezüglich ihrer KS, z.B. Krankheitsvorstellung und Selbstbewältigungsstrategien, zu erörtern.

(10)

2. Stand der Forschung

2.1 Definition

KS (untere Rückenschmerzen) sind Schmerzen im Bereich des Rückens vom unteren Rippenbogen bis zu den Glutäalfalten, evtl. mit Ausstrahlung in die Beine.

KSen können durch unterschiedliche Ursachen (s. 2.3) ausgelöst und von verschiedenen Symptomen (s. 2.3) begleitet werden (Becker et al. 2003).

Akute KS bezeichnen Schmerzepisoden von weniger als 12 Wochen Dauer. Die Schmerzintensität kann während dieses Zeitraumes variieren. Akute KS, die länger als 6 Wochen bestehen, werden auch als „subakut“ benannt. Nachemson und Bigos (1984) definieren akute KS als plötzlich auftretend und subakute KS als Schmerzen gleicher Dauer mit langsamem Beginn. Rezidivierende KS sind akute KS, die nach einem symptomfreien Intervall von mindestens 6 Monaten erneut auftreten. Sie werden als wiederkehrende Episode akuter KS betrachtet und wie diese behandelt.

Chronische KS sind Schmerzen, die seit 12 Wochen und länger bestehen. Sie können während dieser Zeit in Intensität und Ausprägung variieren (Becker et al.

2003).

Diese herkömmliche klinische Einteilung ist zwar in Klinik und Forschung weit verbreitet, entspricht aber einem starren Schema und wird durch epidemiologische Daten in dieser Form nicht unterstützt. So beschreibt Waddell 1998 KS als ein eher rezidivierendes, intermittierendes und episodisches Problem und beruft sich dabei auf eine Beobachtung von Croft et al. (1997), die den Verlauf von KS grafisch definieren (s. Abbildung 1).

Die Studie „Epidemiologie und Behandlung von Kreuzschmerzen in der Hausarztpraxis“ orientiert sich in ihren zugrunde liegenden Definitionen an der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM; Becker et al. 2003).

(11)

t Back pain over long periods of an individual’s life

Abbildung 1: Croft et al (1997): ”The real course of back pain” , S.73

2.2 Epidemiologie

Bei der Durchführung einer explorativen Analyse über KS recherchierte Freeborn Daten einer Untersuchung aus dem Jahr 1987 und fand eine jährliche Inzidenzrate von 6–7% für KS bei Erwachsenen; 75% dieser Kreuzschmerzepisoden wurden erstmals durch Internisten und Allgemeinärzte behandelt, wobei zwei Drittel dieser Patienten eine unspezifische Diagnose erhielten (Freeborn et al. 1997). 1998 beschrieben Croft et al. in einer prospektiven Studie eine jährliche kumulative Inzidenzrate von 6,4% für KS unter Erwachsenen in Allgemeinarztpraxen.

Raspe und Kohlmann (1993) zeigten in einer Studie über KS die nationalen Unterschiede in England und Deutschland bezüglich der deutlich unterschiedlichen Prävalenzraten auf. Über 6000 Patienten wurden insgesamt in beiden Ländern randomisiert ausgewählt und per Fragebogen (FB) zu aktuellen KS und deren Schmerzstärke befragt. Deutsche Teilnehmer litten häufiger an aktuellen bzw.

vergangenen Kreuzschmerzepisoden. Die Autoren führten diese Ergebnisse auf die interkulturellen Unterschiede in der Wahrnehmung und Beschreibung von KS zurück.

(12)

80% der amerikanischen Bevölkerung leiden mindestens einmal in ihrem Leben an KS. Der so genannte „low back pain“ ist in den USA einer der 10 häufigsten Gründe, weshalb Patienten ihren Hausarzt (HA) aufsuchen und ist für ein Drittel der Gesamtkosten für Arbeitsunfähigkeit (AU) und Rehabilitation verantwortlich (Henley 2000). Vergleichbare Zahlen (Raspe, Kohlmann 1993) gelten für europäische Industrienationen. 60-80% der deutschen Bevölkerung haben in ihrem Leben schon einmal KS verspürt, wobei jüngere Menschen häufiger betroffen sind als ältere. So betrugen 1990 in den USA beispielsweise die direkten Kosten für die Gesundheitsversorgung von KS über 24 Milliarden US-Dollar; die Gesamtkosten einschließlich Rehabilitation durch Behinderung, Arbeitsausfall, Produktionsverluste etc. wurden auf über 100 Milliarden US-Dollar geschätzt (Frymoyer, Kats-Baril 1991).

Frymoyer et al. (1980) sahen retrospektiv mehr als 3900 Patientenakten einer allgemeinärztlichen Praxis aus den Jahren 1975-1978 ein und prüften diese auf das Vorkommen von KS und deren Zusammenhänge mit einzelnen Umwelteinflüssen und psychischen Belastungen. Die Autoren berichten über eine Inzidenz von Schmerzen des unteren Rückens von 11% bei den Männern und 9,5% bei den Frauen innerhalb des o.g. 3-Jahres-Intervalls. Es fand sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen den beklagten Beschwerden und schwerer körperlicher Beanspruchung der Wirbelsäule wie Tragen, Heben, Lastwagen fahren oder Vibrationsbelastungen. Patienten mit solchen Beschwerden waren auch gehäuft von Angst- und Depressionsepisoden betroffen.

1998 führten van den Hoogen et al. eine Studie durch, mit dem Ziel, den Verlauf von KS in der Allgemeinarztpraxis zu untersuchen und eine Beurteilung der Prognose zu ermöglichen. Über einen Zeitraum von 2 Jahren wurden Patienten mit KS rekrutiert und deren Verlauf über 12 Monate protokolliert. 269 (60,7%) von 443 Patienten wurden für den gesamten Zeitraum des Follow-up beobachtet. Obwohl die Schmerzen und die Funktionseinschränkung sich schnell nach der ersten hausärztlichen Konsultation verringerten, litten nach 3 Monaten noch immer 35% und nach 12 Monaten 10% der teilnehmenden Patienten unter KS. Im Durchschnitt beklagten Patienten nach 7 Wochen ein Rezidiv ihrer KS, welches im Mittel 6 Wochen dauerte (van den Hoogen et al. 1998).

(13)

Croft et al. (1998) führten eine prospektive Studie mit Patienten durch, die sich wegen KS in einer Allgemeinarztpraxis vorstellten und im Follow-up nach 1–2 Wochen, 3 und 12 Monaten interviewt wurden. Nach 2 Wochen waren nur 5%

komplett beschwerdefrei, nach 3 Monaten 21% und nach 12 Monaten 25%.

Durchschnittlich litten die Patienten 3 Wochen an KS. Die meisten Patienten mit KS stellten sich in den ersten 3 Monaten nach der primären Konsultation nicht erneut bei ihrem HA vor; nur 8% setzten ihre Arztbesuche auch nach Ablauf von 3 Monaten fort.

Internationale Studien (Croft et al. 1994) erhärten mit ihren Ergebnissen nicht nur den Aspekt der hohen Lebenszeitprävalenz (60%), sondern zeigen auch hohe Punkt-, Monats- und Jahresprävalenzen. 1998 schrieb Gordon Waddell, ein bekannter Orthopäde, der sich seit über 20 Jahren mit dem Thema Rückenschmerzen auseinandersetzt, das Buch „The back pain revolution“. Hierin beschreibt er systematisch die Geschichte des Rückenschmerzes bis hin zur Entwicklung eines neuen klinischen Modells für die Behandlung von KS. So zählt Mason (1994) eine Punktprävalenz für KS von 14% auf. In der South Manchester Studie finden Papageorgiou et al. (1995) eine Monatsprävalenz von 39%. Walsh et al. (1992) und Mason (1994) berichten von einer Jahresprävalenz von 36–37%. Verschiedene internationale Studien belegen Lebenszeitprävalenzen von 58–59% (Skovron et al.

1994; Walsh et al. 1992; Papageorgiou et al. 1995) bzw. 60–80% steigend mit dem Alter (Biering-Soerensen 1983), mit einer Häufung zwischen dem 50. und 64.

Lebensjahr (Schochat , Jackel 1998).

Die epidemiologische Forschung um das Thema Rückenschmerzen begann in Deutschland Ende der 80er Jahre. Hier sind Studien der Arbeitsgruppe um Raspe mit Befragungen in Lübeck, Hannover und Bad Säckingen hervorzuheben. In einer großen Studie von 1984–87 wurden aus dem Einwohnermelderegister der Stadt Hannover repräsentative systematische Zufallsstichproben von über 5000 Einwohnern im Alter zwischen 25 und 74 Jahren gezogen (Raspe et al. 1990).

Frauen zeigen sich hier in jeder Altersgruppe stärker durch Rückenschmerzen belastet als Männer. Die Rückenschmerzbelastung aller Antwortenden steigt mit zunehmendem Alter an. Mehr als 10% aller Arbeitsunfähigkeitsfälle und mehr als ein Drittel aller medizinischen Rehabilitationen entfallen auf Rückenschmerzen. Raspe macht am Beispiel der Bundesrepublik den epidemiologischen Trend von

(14)

Rückenschmerzen in den Jahren zwischen 1983 und 1990 deutlich: es zeigt sich sowohl eine Zunahme der Zahl und relativen Häufigkeit der Arbeitsunfähigkeitsfälle (Männer 37%, Frauen 13%) als auch ein Zuwachs bei der Inanspruchnahme von so genannten Heilverfahren wie stationäre Rehabilitation durch die gesetzliche Rentenversicherung. Hingegen zeigen die Zahlen der Krankenhausfälle und vorzeitigen Berentungen wegen Rückenerkrankungen, also sogenannte höher eingestufte teurere Leistungen, einen Rückgang (Raspe, Kohlmann 1994). In einer Querschnittserhebung wurden über 1000 Patienten in einer allgemeinärztlichen Praxis in gemischt städtisch-ländlichem Gebiet innerhalb eines Quartals 1998 zum Thema Rückenschmerzen befragt. 60% der Patienten, die wegen aktueller Rückenschmerzen in die Praxis kamen, hatten Beschwerden des unteren Rückens (Stahmann 2001).

Diese Statistiken zeigen die Bedeutung des Themas KS für den einzelnen Patienten, für den Arzt in seiner täglichen Arbeit, aber auch für die gesamte Volkswirtschaft.

2.3 Klassifikation, Symptome und mögliche Ursachen

KS sind häufig und in ihrem Erscheinungsbild meist inhomogen. Sie können von einer Vielzahl anatomischer Strukturen ausgehen, doch bleibt trotz Diagnostik bei ca.

85% der Patienten die genaue Ursache der Beschwerden unklar (White, Gordon 1982). In 80-90% der Fälle erholen sich die Patienten von ihren Schmerzen innerhalb von 4 bis 6 Wochen, unabhängig von der Art und Ausübung der Behandlung (Waddell 1987). An erster Stelle steht deshalb nicht die Ursachenforschung, sondern das Erkennen von abwendbar gefährlichen Verläufen, die sofortiger Intervention bzw.

weiterer Untersuchungen bedürfen. Zu wenig Diagnostik birgt die Gefahr in sich, dass eine gefährliche Erkrankung nicht erkannt wird; zu viel Diagnostik verursacht Kosten, belastet den Patienten und kann sogar zu überflüssigen und riskanten Therapien führen. So kann durch intensive Diagnostik und passive Maßnahmen das Krankheitserleben des Patienten verstärkt und über eine „iatrogene Somatisierung“

einer frühzeitigen Chronifizierung Vorschub geleistet werden (Raspe et al. 1994).

Trotz der hohen Spontanheilungsrate kommt es bei bis zu zwei Dritteln der Patienten zu erneuten Rückfällen(Pengel et al. 2003); weit mehr als die Hälfte der Betroffenen leidet nach einem Jahr trotz Wiederaufnahme ihrer Arbeit und gewohnter Tätigkeiten

(15)

noch immer oder erneut an Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Bei primär vom Rücken ausgehenden muskuloskelettalen Schmerzen hat sich folgende Einteilung international bewährt (Waddell 1982):

2.3.1 Akute unkomplizierte Kreuzschmerzen

Synonyme: Lumbago, „Hexenschuss“, unspezifische KS, nicht radikuläre KS, unspecific low back pain

Mehr als 70% erwachsener Patienten mit KS in primärärztlicher Behandlung leiden unter „unkomplizierten KS“ (Schers et al. 2000). Sie treten spontan auf oder auch nach körperlicher Beanspruchung, wie z.B. nach Heben schwerer Lasten. Die Patienten sind im guten Allgemeinzustand und ihre Schmerzen ändern sich typischerweise je nach Körperposition und Bewegungsablauf. Häufig (in 70% der Fälle) strahlen die KS in ein oder beide Beine aus (allerdings selten unterhalb des Knies), ohne dass eine Irritation einer Nervenwurzel besteht (pseudoradikuläre Beschwerden). Sie werden als dumpfe wenig umschriebene Beschwerden geschildert (Becker et al. 2003).

2.3.2 Radikuläre Kreuzschmerzen Synonyme: Ischialgie, Lumboischialgie

Ein geringer Anteil (4–5%) der Rückenschmerzen in der Bevölkerung (etwa 14% in hausärztlichen Praxen (Schers et al. 2000)) entsteht durch Irritation oder Kompressionen der Nervenwurzel, z.B. in Zusammenhang mit einem Bandscheibenvorfall (zu 98% im Bereich L4-S1), einer Spinalkanalstenose oder postoperativen Narbenbildung (Heliovaara et al. 1987). Die Ausbreitung der Schmerzen ist meist auf ein oder mehrere Dermatome beschränkt. Radikuläre KS werden als klar begrenzt und scharf einschießend beschrieben, wobei die Schmerzen im Bein schlimmer als die KS erscheinen. Sie sind häufig mit Taubheitsgefühl oder Parästhesien verbunden und lassen sich durch Nervendehnung (z.B. im Lasègue-Test) auslösen (Becker et al. 2003).

(16)

2.3.3 Komplizierte Kreuzschmerzen und abwendbar gefährliche Verläufe

Etwa 1–3% (Schers et al. 2000) aller KS primärärztlicher Patienten sind auf Tumorerkrankungen, Frakturen, Infektionen, interventionsbedürftige Deformitäten (wie z.B. Spondylolisthesis im Kindesalter) oder entzündlich rheumatische Erkrankungen zurückzuführen (Deyo, Weinstein 2001). Ihr Erscheinungsbild kann dem unkomplizierter oder seltener dem radikulärer KS ähneln. Mit dem Vorliegen einer oder mehrerer der unten aufgeführten Warnhinweise steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerden einen gefährlichen Verlauf nehmen, auch wenn sie je nach Merkmal trotzdem gering sein kann. Die Aussagekraft einzelner Warnhinweise ist gering (geringe Sensitivität und Spezifität); erst das Gesamtbild aller Symptome ermöglicht die Einschätzung des individuellen Risikos des Patienten (Becker et al. 2003):

Komplizierte Kreuzschmerzen - Alter <20 Jahre >50 Jahre

- Zunehmender, nicht bewegungsabhängiger Schmerz oder Persistenz der Beschwerden trotz Therapie

- Schlechter Allgemeinzustand - Bekannte Tumorerkrankung

- Adäquates Trauma, das eine Fraktur wahrscheinlich macht - Intravenöser Drogenabusus

- HIV-Infektion

- Systemische Steroidmedikation oder bekannte Osteoporose

- Ausgeprägte neurologische Ausfälle z.B. Reflexauffälligkeiten, motorische und sensible Ausfälle im Versorgungsgebiet mehrerer Nervenwurzeln oder das Cauda-Equina- Syndrom (Reithosenanästhesie, Blasen- und Mastdarmstörung)

- Hinweise auf entzündlich rheumatische Erkrankungen.

2.3.4 Ätiologie

KS können durch unterschiedliche Störungen im Rücken entstehen, wie z.B.

Muskelverspannungen, degenerative Veränderungen, Osteoporose sowie seltene Anlagestörungen des Skeletts, Entzündungen, Tumoren, Verletzungsfolgen sowie intrathekale Neubildungen. Seltener wird der Kreuzschmerz durch strukturelle

(17)

Veränderungen abdomineller Organe, einschließlich Gefäßerkrankungen der Aorta, zustande kommen (Breitenfelder 1988).

Breitenfelder macht darauf aufmerksam, dass in diesem Zusammenhang der Vollständigkeit halber auf die psychogene Verursachung des Kreuzschmerzes hingewiesen werden muss, bei dem ein morphologisches Substrat im pathologisch- anatomischen Sinne nicht gefunden werden kann. Ahrens (1990) sieht einen Zusammenhang zwischen seelischen Impulsen, Konflikten oder Haltungen und deren pathophysiologischer Umsetzung im Bereich des Kreuzes in Form von tiefsitzenden Rückenschmerzen. Ein psychogener Schmerz kann grundsätzlich jede Form des körperlichen Schmerzes in vielerlei Variationen und Lokalisationen annehmen. So führt ein psychisch induzierter Kreuzschmerz in der Regel zu einer Schonhaltung des Rückens, dadurch bedingten Funktionseinbußen und bei entsprechender Chronizität letztlich zu nicht mehr vollständig revidierbaren pathophysiologischen Abläufen und pathomorphologischen Veränderungen. So wird aus einem primär psychogenen Schmerzsyndrom ein psycho-somatisches.

Hasenbring (1992) betont, dass die Chronifizierung von KS eng verknüpft mit psychischen und sozialen Prozessen abläuft. KS chronifizieren, wenn die Beschwerden über 12 Monate persistieren und Therapieversuche fehlschlagen. Um diesen Prozess frühzeitig zu erkennen und aufzuhalten, sollten im ärztlichen Gespräch besonders typische Risikofaktoren erfragt werden (Berger-Schmitt et al.

1996; Keel, Schütz-Petitjean 1996). Hervorzuheben sind ein ungünstiger bisheriger Krankheitsverlauf (anhaltende, rezidivierende Beschwerden; radikuläre Schmerzen) und psychosoziale Einflussfaktoren (geringer Bildungsstand, Unzufriedenheit im Privaten und Arbeitsalltag, Depressionen, starkes Krankheitsgefühl). Patienten mit chronischen KS haben signifikant größere Komorbiditäten und fühlen sich durch diese stärker beeinträchtigt (Buchner et al. 2007).

2.4 Behandlung

Ziel der Kreuzschmerztherapie ist die Schmerzkontrolle, genauer gesagt, die Heilung oder Linderung akuter und chronischer Schmerzen. Die Patienten sollten möglichst in die Lage versetzt werden, ihren täglichen Verrichtungen wieder nachzukommen.

Weiteres Ziel ist die Prävention chronischer Verläufe (Becker et al. 2003). Die

(18)

Mehrheit von Kreuzschmerzpatienten kann in der Allgemeinarztpraxis behandelt werden (Freeborn et al. 1997).

1. Patientenberatung

Eines der wichtigsten Bestandteile der hausärztlichen Therapie ist das individuelle Patientengespräch. Bevor eine Aussage über die mögliche Ursache, die anschließende Therapie und das Procedere gemacht werden kann, muss eine ausführliche Anamnese allem vorangestellt werden. In dieser sollten Arzt und Patient mit gezielten Fragen über die Qualität, Dauer, Häufigkeit und Ausstrahlung der Schmerzen die Vorgeschichte und die derzeitige Situation erörtern. Ziel des Gespräches ist es unter anderem, den Patienten so schnell wie möglich zur Wiederaufnahme seiner üblichen Aktivität zu bewegen (Deyo 1993), da so die Beschwerden schneller gelindert, chronische Verläufe verhindert und Arbeitsunfähigkeitszeiten reduziert werden können(Waddell et al. 1997). Der Erfolg der Behandlung ist sicherlich auch zum Teil von der derzeitigen physischen und psychischen Motivationslage des Patienten abhängig. Sowohl Prochaska und Velicer (1997) als auch Keller (1999) unterscheiden verschiedene Motivationslagen des Patienten (Absichtslosigkeit, Absichtsbildung, Vorbereitung, Handlung und Aufrechterhaltung), je nachdem, ob der Patient die Notwendigkeit von Aktivität für den Heilungsprozess nachvollziehen und für sich akzeptieren kann oder ob sein Problem die Umsetzung bzw. Einbindung und Aufrechterhaltung von Aktivität im Alltag ist. Ärztlicherseits sollten je nach Motivationslage die Aufklärung über die Bedeutung von Aktivität bzw. die Bestärkung bereits bestehender Ansätze der Verhaltensänderung den Schwerpunkt der Beratung bilden. Essentiell für die Behandlung ist in jedem Fall die aktive Einbindung des Patienten.

Im Beratungsgespräch sollten folgende Themen konkretisiert werden (Becker et al.

2003):

A) Die Harmlosigkeit und gute Prognose (hohe Spontanheilungstendenz) der Beschwerden.

Bei Patienten mit akuten KS und damit zusammenhängenden Funktionseinschränkungen verbessern sich die Beschwerden normalerweise innerhalb von vier Wochen (Pengel et al. 2003). 50% der Patienten in allgemeinärztlicher Behandlung, die wegen KS krank geschrieben sind,

(19)

kehren innerhalb von 8 Tagen an ihren Arbeitsplatz zurück; nach einem Jahr haben noch 2% eine Krankschreibung (Schiottz-Christensen et al. 1999).

B) Der begründete Verzicht auf weitere Diagnostik.

Diagnostiziert der HA unkomplizierte KS, ist radiologische Diagnostik nicht nötig, da sich die typischen Symptome in der Regel spontan zurückbilden (Car, Sheikh 2003).

C) Die hohe Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens der Beschwerden.

Eine hohe Zahl an Patienten (45%) in allgemeinärztlicher Behandlung hat mit wiederkehrenden Beschwerden und erneuten Rückfällen von KS zu kämpfen (Schiottz-Christensen et al. 1999), die durch Bewegungsmangel gefördert bzw. durch Ausgleichsaktivität verhindert werden können.

D) Sichere und effektive Behandlungsmethoden und die Bedeutung der Aktivität für den Heilungsprozess.

Bei der Behandlung akuter KS stehen sowohl medikamentöse als auch diverse nicht-medikamentöse Therapieoptionen zur Verfügung. Wichtig ist dabei, den Patienten zu früher Aktivierung zu motivieren und von passiven Maßnahmen abzuraten.

E) Die Option weiterer diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen bei Persistenz der Beschwerden oder Verschlechterung.

Auch rezidivierende Beschwerden bzw. Verschlechterungen können einer effektiven Behandlung zugeführt werden.

2. Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie von KS sollte mit einfachen Analgetika begonnen werden. Hier wird in der DEGAM-Leitlinie (Becker et al. 2003) Paracetamol empfohlen, auch wenn es in der direkten Anwendung bei KS nicht evaluiert ist (Wörz et al. 2000).

Die nächste Stufe bei der Therapie akuter KS ist der Einsatz von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Ihre analgetische Wirkung beruht im Wesentlichen auf der Hemmung der Cyclooxygenase und somit der Aufhebung der prostaglandin-

(20)

bedingten Erregbarkeitssteigerung an den Synapsen des nozizeptiven Systems (Wörz et al. 2000). In einer randomisierten kontrollierten Studie (RCT, randomized controlled trial) berichtet Henley (2000) über den Einsatz und die Wirksamkeit von NSAR (ASS, Ibuprofen, Diclofenac) bei akuten KS. Auch andere RCTs belegen einerseits den effizienten Einsatz von NSAR bei unkomplizierten KS, andrerseits jedoch auch eingeschränkte bis keine Effektivität bei Kreuzschmerzpatienten mit Ischialgie und radikulären KS mit Irritation der Nervenwurzel (Koes et al. 1997). Die typischen gastrointestinalen, allergischen und pseudoallergischen Nebenwirkungen, welche mit der Anwendungsdauer häufiger werden, limitieren die Anwendung von NSAR(Wörz et al. 2000).

Der Gebrauch von Muskelrelaxanzien in der Behandlung des unspezifischen Kreuzschmerzes wird kontrovers diskutiert. In der Kurzzeitbehandlung sind sie effektiv, gehören aber aufgrund von ungünstigen Nebenwirkungen (Bewusstseinstrübungen, Schwindel, Müdigkeit) nicht zur ersten Wahl(van Tulder et al. 2003). Sie können bei Kontraindikationen für die Anwendung von NSAR kurzfristig zum Einsatz kommen (Becker et al. 2003).

Bei sehr starken Beschwerden, die auf einfache Schmerzmittel nicht ansprechen, können auch Opioidanalgetika angewandt werden. Sie wirken im zentralen Nervensystem und hemmen dort den nozizeptiven Input (Wörz et al. 2000). Der zentrale Angriffsort erklärt damit auch die dabei auftretenden Nebenwirkungen wie Benommenheit, verminderte Reaktions- und Entscheidungsfähigkeit und auch Abhängigkeit (Becker et al. 2003). Bei Patienten mit starken chronischen KS sind jedoch Abhängigkeit und Toleranzentwicklung von untergeordneter Bedeutung, weil dafür die Lebensqualität über einen langen Zeitraum wesentlich verbessert werden kann. Im Fall von Dauerschmerzen sind Retardformen (z.B. Tramadol;

Tilidin/Naloxon) zu empfehlen (Wörz et al. 2000).

Die Wirksamkeit von Antidepressiva ist von unbekannter Effektivität (Henley 2000).

Trizyklische Antidepressiva sind jedoch bei chronischen KS und gleichzeitig vorliegenden depressiven Störungen von Vorteil. Wichtig sind die einschleichende Dosierung und die Einmalgabe zur Nacht aufgrund der sedierenden Wirkung (Wörz et al. 2000).

(21)

Die Applikation von Lokalanästhetika oder Glukokortikoiden in den Epiduralraum oder die Umgebung von Spinalnerven bewies in RCTs keine überzeugende Wirksamkeit (Nelemans et al. 1999). Angesichts möglicher Nebenwirkungen (Infektionen) sollte das Verfahren in der Behandlung akuter unkomplizierter KS nicht eingesetzt werden (Becker et al. 2003).

Gänzlich abzulehnende Therapieverfahren zur Behandlung akuter und chronischer KS (Becker et al. 2003) sind die Anwendung von oralen Glukokortikoiden (multiple Glukokortikoidnebenwirkungen wie gastrointestinale Ulcera, Osteoporose etc.) und die Verabreichung intravenöser und intramuskulärer Medikamenteninjektionen (wegen der Möglichkeit von auftretenden Anaphylaxien und Abszessen).

3. Nichtmedikamentöse Therapie

Neben der medikamentösen Therapie existieren vielfältige nicht medikamentöse Behandlungsmethoden unterschiedlichen Evidenzgrades. Davon sind chiropraktische Methoden und Massagen die am häufigsten angewandten in den USA (Eisenberg et al. 1998).

Patienten mit chronischen KS, die von einem Chiropraktiker behandelt werden, zeigen eine deutliche Verbesserung und Zufriedenheit nach einem Monat im Vergleich zu Patienten, die keine chiropraktische Therapie erhielten (Nyiendo et al.

2000). Gegenüber ineffektiven Therapieformen scheint die Manipulations- und Mobilisationsbehandlung sowohl für akute als auch für chronische KS wirksam, jedoch im Vergleich zu evidenzbasierten konservativen Therapien nicht überlegen zu sein (Becker et al. 2003).

Massagebehandlungen zeigen bei subakuten und chronischen KS positive Effekte (Cherkin et al. 2003), besonders in Kombination mit Übungen und gezieltem Erlernen (Furlan et al. 2000). Zu anderen physikalischen Behandlungsformen wie Hitze- und Kälteanwendungen, Kurzwellentherapie und Ultraschallanwendungen sind keine Wirksamkeitsbelege vorhanden. In Einzelfällen können sie eingesetzt werden, um Befindlichkeitsverbesserungen zu erzielen (Becker et al. 2003). Ähnliches gilt für Rückenschulen. Die Patienten werden für rückengerechtes Verhalten im Alltag geschult und zu Sport ermuntert. Die 2003 herausgegebene Leitlinie in Deutschland

(22)

empfiehlt Rückenschulungen bei Patienten mit länger anhaltenden unkomplizierten KS, die auf Therapiemethoden erster Wahl nicht angesprochen haben (Becker et al.

2003). Allerdings ist zu wenig über die Kosteneffektivität von Rückenschulen bekannt und zudem waren bisherige Studien methodisch unzureichend und qualitativ nicht hochwertig (Heymans et al. 2004).

Ebenso kontrovers diskutiert ist die Zweckmäßigkeit von Krankengymnastik. Die so genannte Physiotherapie beinhaltet entspannende Lagerung, ggf. axiale Traktionsbehandlung, spezielle Rückenübungen, Massage angespannter Muskelgruppen und das Erlernen rückenschonenden Verhaltens im Alltag.

Krankengymnastik scheint nicht effektiver zu sein als der Rat eines Physiotherapeuten an den Patienten, aktiv und in Bewegung zu bleiben (z.B.

anschaulich mittels eines Patienten-Handbuchs) (Frost et al. 2004). In RCTs fand man widersprüchliche Ergebnisse zur Traktionsbehandlung; auch mangels qualitativer Studien und wegen häufiger methodischer Hindernisse kann hierzu keine Aussage gemacht werden (Clarke et al. 2006). Bewegungstherapie scheint einen geringfügigen Effekt auf die Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung bei chronischen Kreuzschmerzpatienten zu haben (Hayden et al. 2005). Zu empfehlen sind krankengymnastische Übungen bei Patienten mit akuten und chronischen unkomplizierten KS (Becker et al. 2003). Eine spezielle Form der Bewegungstherapie, die so genannte „Cesar Therapie“, demonstrierte in einer randomisierten klinischen Studie eine signifikante Verbesserung der Kreuzschmerzsymptome nach 6 Monaten im Vergleich zur Durchführung standardisierter Behandlungsverfahren bei chronischen KS durch Allgemeinmediziner (Hildebrandt et al. 2000).

Akupunktur hat in der Therapie von akuten KS einen bislang ungeklärten Stellenwert (Cherkin et al. 2003). Bei chronischen Beschwerden ist Akupunktur kurzfristig effektiver und führt zu Schmerzerleichterung und Funktionsverbesserung (Furlan et al. 2005); so können Akupunkturbehandlungen optional neben evidenzbasierten Therapie- verfahren in Abstimmung mit dem Patienten und entsprechender Risikoabwägung eingesetzt werden(Becker et al. 2003).

Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) kann bei persistierenden Beschwerden, die trotz evidenzbasierter Therapieverfahren nicht verbesserbar sind, eingesetzt werden, jedoch in Verbindung mit aktivierenden Maßnahmen und

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Verhaltenstherapie(Becker et al. 2003). Es gibt nur begrenzte Evidenz, welche den Gebrauch von TENS als eine isolierte Intervention in der Behandlung von chronischen KS unterstützt (Khadilkar et al. 2005).

Es hat sich gezeigt, dass Verhaltenstherapie bei chronischen KS zu einer effektiveren Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung führt (Ostelo et al. 2004).

Oft werden Patienten mit langer Krankheitsdauer von depressiven Symptomen beherrscht (Waxman et al. 1998). Es empfiehlt sich eine psychologische Therapie bei Patienten mit Risikofaktoren für einen chronischen Verlauf, die mit langen Arbeitsunfähigkeitszeiten einhergehen(Becker et al. 2003).

Multimodale/interdisziplinäre Therapiekonzepte zeigten sich in der Behandlung von chronischen KS gegenüber weniger intensiven Programmen überlegen, besonders, was die Rate der Arbeitplatzwiederkehrer, die Versorgungskontakte, das Ausmaß von Schmerz und Einschränkung und die körperliche Aktivität betrifft (Bendix et al.

1995). Intensive tägliche Therapieprogramme, zusammengesetzt aus körperlichem Training, psychologischen, sozialen oder ergotherapeutischen, auf die Arbeitsplatz- bedingungen ausgerichteten Maßnahmen, verbessern Schmerzen und Funktion bedeutend mehr als konventionelle Therapieverfahren (Hildebrandt et al. 2000).

Programme zur Wiederherstellung der Funktion bei chronischen KS haben in mehreren Ländern Effektivität bewiesen. Schmerzintensität, Einschränkung, Häufigkeit von Depressionen und psychologischen Problemen verbesserten sich signifikant wie auch die Arbeitsfähigkeit und die Beanspruchung des Gesundheitssystems. Bislang sind derartige Konzepte in Deutschland noch nicht sehr bekannt und verbreitet und werden von den Versicherungsträgern nicht honoriert (Pfingsten, Hildebrandt 2001). Erwähnenswert sei in diesem Zusammenhang auch der Stellenwert der Rehabilitation in der Behandlung von unkomplizierten KS. Rehabilitation sollte nicht als separates, zweites Stadium nach der vollständigen Therapie angesehen werden, sondern in das klinische und berufsorientierte Management von unkomplizierten KS integriert werden (Waddell, Burton 2005). Es wird empfohlen, verstärkt wohnortnahe, ambulante Rehabilitationsmaßnahmen anzubieten, die eine (teilweise) Fortsetzung der Berufs- oder Alltagstätigkeit erlaubt (Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen 2002).

(24)

Bettruhe ist zur Behandlung akuter unspezifischer KS abzulehnen (Hagen et al.

2005). Bettruhe kann den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen, z.B. chronische Verläufe forcieren und die Rehabilitation verzögern (Becker et al. 2003). Im Gegenteil, die frühe Wiederaufnahme der normalen täglichen Verrichtungen und die gesteigerte körperliche Aktivität stehen im Vordergrund (Keen et al. 1999). Aktive Bewegung bringt nicht nur kurzfristig Schmerzentlastung, sondern verbessert auch auf lange Sicht die Funktion bei akuten KS (van Tulder et al. 2006).

In der hausärztlichen Konsultation stehen folglich die exakte Anamneseerhebung und klinische Untersuchung im Vordergrund, um gefährliche Verläufe frühzeitig zu erkennen und möglichst auszuschließen. Unkomplizierte KS sollten keiner zusätzlichen bildgebenden Diagnostik unterzogen werden, denn dies kann dazu führen, dass Arzt und Patient sich auf nicht therapierelevante Zufallsbefunde fixieren, die nicht im Zusammenhang mit den aktuellen Beschwerden stehen (Becker et al.

2003).

2.5 Arzt–Patient–Beziehung

Die Entwicklung einer guten Arzt-Patienten-Beziehung ist in der hausärztlichen Praxis von nicht zu unterschätzender Bedeutung (Southgate, Bass 1983).

Schlemmer (1990) resümiert, dass Vertrauen die Basis des Verhältnisses von Arzt und Patient ist. Es ist die Voraussetzung für eine sinnvolle Zusammenarbeit beider Partner, die dem Ziel dient, Gesundheit zu erhalten oder – soweit dies möglich ist – wiederherzustellen.

Schlemmer (1990) fasst zusammen, dass das ärztliche Gespräch als vertrauensbildende Maßnahme bzw. als wichtigste Voraussetzung jeglicher therapeutischer Wirkung im Verhältnis von Arzt und Patient eine entscheidende Rolle spielt. Mitmenschlichkeit ist, was sich der Patient von seinem Arzt erhofft. Im Dialog zwischen Arzt und Patient sollte auch Wert auf Prävention gelegt werden:

1. Primärpräventive Maßnahmen (sportliche Betätigung) sowie multimodale Ansätze wie betriebliche Gesundheitsförderung richten sich an gesunde Personen mit dem Ziel, das Auftreten von Rückenschmerzen zu

verhindern.

(25)

2. Sekundärpräventive Maßnahmen richten sich an Personen mit

bestehenden bzw. episodisch-rezidivierenden Rückenschmerzen, mit dem Ziel, bestehende Schmerzen zu reduzieren bzw. Rezidive zu vermeiden.

3. Tertiärpräventive Maßnahmen richten sich an Rückenkranke mit chronischen bzw. chronifizierenden Beschwerden mit dem Ziel, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu vermeiden bzw.

rückgängig zu machen und die Funktionsfähigkeit in Alltag und Beruf zu sichern.

McKinley und Middleton (1999) beschreiben in einem RCT die Ergebnisse über die Erwartungen einer großen Anzahl von Patienten, die ihren HA aufsuchten wie folgt:

die meisten Patienten kommen mit einer bestimmten Agenda zur Hausarztkonsultation, mit Hilfe derer sie ihre offenen Fragen, Vorstellungen und Erwartungen ausdrücken. Für ein gutes Ergebnis der gemeinsamen Besprechung ist es für die Allgemeinmediziner unumgänglich, sich dieser Patientenagenda anzunehmen.

Der Kranke erwartet von der Medizin die Berücksichtigung seiner seelischen und sozialen Bedingungen und Bedürfnisse (Schipperges 1990). Patienten erwarten von der hausärztlichen Konsultation nicht nur Heilung oder Befreiung von Beschwerden, sondern auch Kommunikation, Information und Einfühlungsvermögen (Kochen 1999). Vom Arzt der Zukunft erwartet der Patient nicht nur den raschen und oft lebensrettenden Eingriff, sondern mehr und mehr auch das Eingehen auf die sozialen Krisenfelder, eine Zuwendung und Begleitung bei chronischen Leiden, eine Beratung und Führung in Fragen eines gesundheitsbewussten Lebensstils (Schipperges 1990). Die vorrangige Erwartung der Patienten gilt der verständlichen Erläuterung der Diagnose und Therapie durch den Hausarzt und einer freundlichen und verständnisvollen Umgangsart miteinander (Southgate, Bass 1983).

Skelton et al. (1996) untersuchten die Sicht der Patienten über KS und deren Zusammenhänge in der Allgemeinarztpraxis. Es wurden Patienteninterviews durchgeführt und danach analysiert, bezogen auf folgende sechs Themen:

Lebensqualität, Prognose, sekundäre Prävention, Bereitschaft, einen Arzt zu

(26)

konsultieren, Zufriedenheit mit der Erklärung der Schmerzen, Konsultation eines Ersatztherapeuten (z.B. Osteopathen oder Chiropraktiker). Dabei wurde festgestellt, dass die Meinungen der Patienten mit KS heterogener Art sind. Jedes Individuum betrachtet das Problem KS, welches als „gleiche Bedingung“ letztendlich allen Patienten zugrunde liegt, auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Deshalb sollte der gesamte Gesundheitszustand des Patienten in Betracht gezogen werden, um eine optimale Behandlung der Schmerzen zu garantieren. Die Studie hebt außerdem hervor, dass Patienten keine magische Heilung ihrer KS erwarten, sondern sich von ihrem HA Zuhören und ein verständliches Behandlungsmanagement wünschen. Im gleichen zeitlichen und örtlichen Rahmen wurden mit den HÄ semistrukturierte Interviews bezüglich der Wahrnehmung von Kreuzschmerzpatienten durchgeführt und separat ausgewertet (Skelton et al. 1995). Die Studienanalyse zeigt sechs wichtige Prinzipien (z.B. psychologische Konstitution des Patienten, klinischer Status, Beruf, soziale Gruppierung etc.), mit Hilfe derer die HÄ verschiedene Patienten unterscheiden und passende Behandlungen einleiten. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Einteilung, welche die HÄ nutzen, die Vielfalt an Perspektiven, Bedürfnissen und Erfahrungen der Patienten mit KS grob vereinfacht und letztlich zu Unstimmigkeiten im Verstehen und in den Erwartungen zwischen Patient und HA führen kann.

In einer australischen Studie über Patientenerwartungen (Cockburn et al. 1997) wird berichtet, dass Patienten, trotz eigener Erwartungen hinsichtlich der Medikation, die Meinung ihres HA und dessen Verordnung akzeptierten.

(27)

3. Material und Methoden

3.1 Studiendesign

Bei dieser Studie handelt es sich um eine prospektive Kohortenstudie mit einem Follow-up-Zeitraum von 3 Monaten. Patienten, die am Tag der Hausarztkonsultation unter KS leiden, werden eingeladen, sich an der Studie zu beteiligen und einen FB auszufüllen. Diejenigen, die zusätzlich mit einem bzw. zwei Telefoninterviews einverstanden sind, werden zwei Wochen und drei Monate nach der Arztkonsultation kontaktiert. An das 2. Telefoninterview nach 3 Monaten schließt sich eine zusätzliche Befragung der Patienten mittels eines Schmerztagebuchs an. Diese Befragung gilt als Pilotierung im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Rückenschmerzprojekts.

Während eines Untersuchungszeitraums (eine Arbeitswoche von Montag bis Freitag) wurden Patienten konsekutiv rekrutiert und gebeten, vor der Arztkonsultation einen FB auszufüllen. Die Patienten, die sich zu einer weiteren Erhebung bereit erklärten, wurden 2 Wochen und nochmals 3 Monate nach der Hausarztkonsultation in einem Telefoninterview zu ihren Beschwerden befragt.

Die Ärzte, die ihr Einverständnis zur Studie erklärten, wurden gebeten, eine Strichliste mit allen an KS leidenden Patienten zu führen, die sie in dieser Woche konsultierten.

In der folgenden Abbildung sind die Themen der jeweiligen Befragung in einer Übersicht aufgelistet; ausführliche Beschreibungen finden sich in den Unterpunkten 3.2, 3.3, und 3.4.

(28)

im Wartezimmer 1. Telefoninterview 2. Telefoninterview Fragebogen

0 2 12 Wochen

Epidemiologie

¾ Inzidenz von KS

Schmerzerleben

¾ Schmerzintensität Patienteneinstellung

¾ Selbstbewältigung

¾ Beste Behandlung aus Patientensicht

¾ Weitere

Untersuchungen

Erwartungen an die

hausärztliche Konsultation

¾ Das Wichtigste für den Patienten beim

Arztbesuch

¾ Möglichkeit für offene Fragen an den Arzt

Versorgung beim Hausarztbesuch

¾ Verordnungen, weitere Behandlungen

¾ Weitere Diagnostik

¾ Ärztliche Empfehlungen

¾ AU, Rentenantrag

¾ Erfüllung der Erwartung an den Hausarztbesuch

Schmerzerleben

¾ Schmerzintensität Krankheitsverlauf

¾ Einschränkung durch die Schmerzen

¾ Prognose

¾ Wohlbefinden Patienteneinstellung

¾ Selbsthilfe

¾ Beweglichkeit

¾ Körperliche Aktivität

Epidemiologie

¾ Punktprävalenz nach Follow-up

Versorgungsleistungen im Follow-up

¾ Arztbesuche

¾ Verordnungen, weitere Behandlungen

Schmerzerleben

¾ Schmerzintensität Krankheitsverlauf

¾ Einschränkung durch die Schmerzen

¾ Wohlbefinden Patienteneinstellung

¾ Körperliche Aktivität

¾ Selbsthilfe

Abbildung 2: Studiendesign

3.2 Patientenfragebogen

Der Patientenfragebogen (s. Anhang) enthielt auf 2 Seiten neben Angaben zu Alter und Geschlecht Fragen zu den aktuellen Beschwerden, zur Epidemiologie sowie zu den Erwartungen des Patienten an die hausärztliche Konsultation:

(29)

• Inzidenz von KS

• Schmerzintensität

• Selbstbewältigungsstrategien

• Frage nach bester Behandlung aus Patientensicht

• Wunsch nach weiterer Diagnostik

• Ziel des Hausarztbesuches

• Offene Fragen an den Arzt in Bezug auf die Schmerzen.

Neben Alternativfragen wie „Ja oder Nein“ hatten die Patienten die Möglichkeit, Mehrfachantworten zu geben oder auch unter „Sonstigem“ ihre eigenen Kommentare hinzuzufügen. Als Abschlussblatt diente die nötige Einverständniserklärung eines jeden Patienten, seine Daten auswerten zu lassen. Weiterhin gab es die Möglichkeit, für ein bzw. zwei Telefoninterviews Name und Telefonnummer zu hinterlassen.

3.3 Fragebogen zum 1. Telefoninterview

Das Telefoninterview (s. Anhang) wurde mit den Patienten, die ihren Namen und ihre Telefonnummer auf dem FB in der Praxis hinterlassen hatten, innerhalb von 2 Wochen nach der Arztkonsultation durchgeführt. Das Gespräch schloss Fragen zur hausärztlichen Behandlung und zur Erfüllung der Erwartung an den Hausarztbesuch ein:

• Verschreibung von Medikamenten, Gabe von Injektionen

• Verordnung anderer Behandlungen (Krankengymnastik, Akupunktur) oder weiterer Diagnostik (z.B. Überweisung zum Facharzt oder zum Röntgen)

• Ärztliche Empfehlungen für den Patienten

• Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder Antrag auf einen Rentenantrag

• Erwartungen des Patienten an den Hausarztbesuch und Frage nach Erfüllung dergleichen.

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Der 2. Teil des Telefongesprächs enthielt Fragen aus einem etwas erweiterten Schmerztagebuch. Die Originalvorlage dieses Schmerztagebuchs wurde freundlicherweise von Herrn Prof. Basler, Abteilung Medizinische Psychologie der Philipps Universität Marburg zur Verfügung gestellt. Die Fragen bezogen sich hauptsächlich auf die vergangenen 24 Stunden und beinhalteten Themen zur Schmerzausprägung sowie zur subjektiven Krankheitswahrnehmung und Krankheits- entwicklung. Auf einer Numerischen Analogskala (0 bis 10), die jedes Mal für die entsprechende Frage neu erläutert wurde, konnten die Patienten ihre individuelle Antwort geben. Erneut gab es Alternativfragen wie „Ja oder Nein“, Freitext oder Angaben unter „Sonstiges“:

• Schmerzintensität und körperliche Einschränkung durch die Schmerzen

• Einflussnahme auf die Schmerzen außer durch Medikamente

• Verbesserung der Beweglichkeit

• Aktivität in den letzten 24 Stunden (in Minuten)

• Wohlbefinden in den letzten 24 Stunden

• Frage nach der möglichen Schmerzursache

• Hoffnung des Patienten auf Besserung

• Auswirkung der Stimmung des Patienten auf die Schmerzen.

Am Ende des Gesprächs wurde der Patient erneut gefragt, ob er mit einem weiteren Telefoninterview in ca. 3 Monaten einverstanden sei.

3.4 Fragebogen zum 2. Telefoninterview

Nach 3 Monaten wurden die Patienten erneut kontaktiert. In diesem Telefonat dominierten Fragen über die Versorgungsleistungen in den letzen 12 Wochen und Fragen nach der Umsetzung der Empfehlungen:

• Aktuelle Beschwerden, Häufigkeit und Intensität von KS in den vergangenen 3 Monaten

(31)

• Konsultation eines Arztes wegen der bestehenden Schmerzen

• Fragen zu diesem Arztbesuch (Medikamente, Spritzen, andere Behandlungen)

• Rückblick auf die vergangenen 3 Monate hinsichtlich Aktivität und Selbstbewältigungsstrategien.

Um den Krankheitsverlauf zu beobachten, wurden im 2. Teil des Gesprächs erneut Fragen bezogen auf die letzten 24 Stunden gestellt, die teilweise wieder mit der o.g.

Zehner-Skala beantwortet werden konnten:

• Schmerzintensität und körperliche Beeinträchtigung durch die Schmerzen

• Sportliche Aktivität (Minutenangabe)

• Frage nach dem Wohlbefinden am Tag des Interviews.

Am Ende dieses Interviews wurden die Patienten gefragt, ob sie sich bereit erklären, ein Schmerztagebuch, welches ihnen ein paar Tage später zugeschickt werden würde, auszufüllen. Haben die Patienten zugesagt, wurden Name und Adresse notiert, um Ihnen die Bücher zuzuschicken.

3.5 Das Schmerztagebuch

Der Patient wurde gebeten, an sieben aufeinanderfolgenden Tagen sechs jeweils gleiche Fragen zu beantworten (s. Anhang), die sich erneut auf die letzten 24 Stunden beziehen. Die teilweise Wiederholung der bereits telefonisch abgefragten Items fungierte hier zur Pilotierung der schriftlichen Befragung und der Compliance im Umgang mit den Tagebüchern. Der Patient hatte abermals die Möglichkeit auf einer Zehner-Skala die für ihn passende Antwort auszuwählen:

• Schmerzintensität

• Selbstmedikation und Hausarztkonsultation

• Selbstbewältigungsstrategien, außer Medikamente

• Einschränkungen durch die Schmerzen in Tätigkeiten und Bedürfnissen

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• Sportliche Aktivität (Angabe in Minuten und offener Text)

• Frage nach dem Wohlbefinden am Tag des Interviews.

Jedem Tagebuch war ein frankierter, an die Abteilung Allgemeinmedizin adressierter, Rückumschlag beigelegt, in welchem das Tagebuch zurückgesandt werden konnte.

Die Schmerztagebücher waren symbolisch gekennzeichnet, um die spätere Zu- ordnung zu den Angaben in den Telefoninterviews zu erleichtern. Selbstverständlich waren Rückschlüsse auf die Identität der Patienten nicht möglich.

3.6 Pilotstudie

Der FB und das erste Telefoninterview wurden in einer Allgemeinarztpraxis im Raum Vechta, Landkreis Südoldenburg, im Februar 2001 pilotiert. Innerhalb einer Woche haben sich 11 Patienten zur Teilnahme bereit erklärt und davon gaben 5 Patienten (45,5%) ihr Einverständnis zum anschließenden Telefoninterview.

Anhand der Auswertung wurde der Patientenfragebogen verbessert und überarbeitet, um Unklarheiten und unpräzise Antworten zu umgehen.

Außerdem wurde kurz mit dem Arzt und dessen Helferinnen Rücksprache gehalten, um Rückmeldung zum Studienablauf in der Praxis zu erhalten und dies in der Hauptstudie zu berücksichtigen. Es zeigte sich, dass Plakate im Wartezimmer und Empfangsbereich sowie die Auslage von Handzetteln allein nicht ausreichten, die Patienten genügend auf die Studie aufmerksam zu machen. Folglich resultierte die Überlegung, dass es für die Patientenrekrutierung besonders hilfreich ist, wenn die Arzthelferinnen zusätzlich auf die Studie bzw. auf die Plakate und Handzettel verwiesen.

3.7 Auswahl der Arztpraxen

Im Kreis Vechta und Cloppenburg, Landkreis Südoldenburg, wurden Anfang April 2001 für die Studie 35 Allgemeinarztpraxen mit Hilfe des Ärzteverzeichnisses ausgewählt und angeschrieben. Im Brief wurden das Ziel der Studie und der geplante Ablauf geschildert. Eine Rückantwort in Form eines Fax, sowie

(33)

Kontaktnummern der Abteilung Allgemeinmedizin Göttingen und der Doktorandin für eventuelle Rückfragen wurden beigelegt. Wenn bis zu 10 Tagen später keine Antwort erfolgte, wurden die Ärzte telefonisch persönlich kontaktiert und um Teilnahme geworben. Gegebenenfalls erfolgte dann die Terminabsprache für den Studienbeginn.

3.8 Auswahl der Patienten und Ablauf der Patientenbefragung

Die niedergelassenen Ärzte, die sich zur Teilnahme bereit erklärten, wurden zum vereinbarten Termin von der Doktorandin aufgesucht. Das Material (Plakate, Handzettel und Fragebögen) wurde in jeder Praxis verteilt und erläutert. Gemeinsam mit den Arzthelferinnen wurde der Studienablauf besprochen. Sie sollten für die Patienten Ansprechpartner bei Fragen oder Unklarheiten sein. Im Wartezimmer und Empfangsbereich wurden je ein Plakat als erster Blickfang angebracht. Am 1. Tag der Studie (Montags) lagen am Tresen und im Wartezimmer viele Handzettel (s.

Anhang) sichtbar aus, um die Patienten auf die Studie aufmerksam zu machen.

Diese Zettel enthielten Informationen zur Studie und den Hinweis, bei Interesse einen FB an der Anmeldung abholen zu können. Die Arzthelferinnen wurden gebeten, alle Patienten mit Rückenschmerzen anzusprechen und um Teilnahme an der Studie zu bitten.

Die Patienten, die sich zur Mitarbeit bereit erklärten, bekamen diesen FB, Unterlage und Stift von den Arzthelferinnen ausgeteilt. Wichtig war das Ausfüllen des FB vor der eigentlichen Arztkonsultation. Das Lesen und Ausfüllen dauerte im Durchschnitt zwischen 5–10 Minuten. Anschließend wurde der Bogen von den Helferinnen entgegengenommen und in einen bereitgestellten Ordner bis zum Ende der Woche aufbewahrt.

Die Arzthelferinnen notierten auf einem vorgefertigten Zettel (s. Anhang) die Gesamtzahl der Patienten, die am jeweiligen Tag die Praxis aufsuchten.

Auch dem Arzt wurde eine Strichliste zur Verfügung gestellt (s. Anhang). Er wurde gebeten, die Anzahl der Patienten zu notieren, die an diesem Tag tatsächlich wegen KS die Sprechstunde aufsuchten – unabhängig davon, ob sie vorher den FB

(34)

ausgefüllt hatten oder nicht. Den FB nahm der Patient nicht mit in das Sprechzimmer, sondern gab ihn vor der Arztkonsultation an der Anmeldung ab.

3.9 Auswertung

Die Auswertung erfolgt hinsichtlich der Fragen zur Schmerzcharakteristik sowie der (versorgungs-) epidemiologischen Daten deskriptiv (Häufigkeitsauszählungen) mit dem Statistikprogramm SAS 8.2 (SAS Cary, NC, USA).

Zur Darstellung der Veränderungen von Schmerzintensität, Einschränkungen durch und Einflussnahme auf die Schmerzen und Wohlbefinden im zeitlichen Verlauf (nach 2 und 14 Wochen) wurden chi²-Tests mit einem Signifikanzniveau von 5%

durchgeführt.

(35)

4. Ergebnisse

4.1 Teilnahmebereitschaft an der Studie

4.1.1 Ärzte

Insgesamt wurden 35 Fachärzte für Allgemeinmedizin (27 Arztpraxen, davon 5 Gemeinschaftspraxen) im Kreis Vechta und Cloppenburg, Bezirk Südoldenburg angeschrieben. Auf das Anschreiben, welches im April 2001 an alle Ärzte verschickt wurde, meldeten sich spontan 3 Ärzte in 2 Praxen per Rückfax. Um die Teilnehmerquote zu verbessern, wurden die Ärzte Mitte April 2001 zusätzlich telefonisch kontaktiert. Hierauf klärten sich 14 weitere Ärzte in 13 Praxen zur Studienteilnahme bereit. Insgesamt gaben von 35 Ärzten in 27 Praxen 17 Ärzte in 15 Praxen (49%) ihr Einverständnis zur Teilnahme an der Studie. 8 Allgemeinmediziner lehnten eine Teilnahme am Telefon, 4 weitere per Faxantwort ab. Vorwiegend wurden Zeitmangel, Unzumutbarkeit für die Patienten und Sorge um ein

„Durcheinander“ im Praxisablauf als Gründe genannt.

35

27

17

15 18

12

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Ärzte Praxen

Anzahl der Ärzte bzw. Praxen

Angeschrieben Teilgenommen Abgelehnt

Abbildung 3: Teilnahmebereitschaft der Arztpraxen

(36)

4.1.2 Patientenbeteiligung

Die Patientenbeteiligung in den einzelnen Praxen fiel sehr unterschiedlich aus.

Insgesamt wurden in den 15 Arztpraxen 127 Fragebögen von Patienten mit KS ausgefüllt, das sind durchschnittlich 8,46 pro Praxis (0–17 FB). 6 Patienten haben keine Altersangabe vermerkt. Das Durchschnittsalter lag bei 47,94 Jahren (17–89, Median: 53 Jahre). Es haben 69 Frauen (54,3%) und 58 Männer (45,7%) den FB vor der Arztkonsultation ausgefüllt. Es nahmen fast zwei Drittel der Patienten, die in der Untersuchungswoche ihren HA mit KS konsultierten (s. Tabelle 1) an der Studie teil;

die Responsrate betrug 64,5%.

Am Ende des FB gab es für die Patienten die Möglichkeit, ihr Einverständnis zu einem Telefoninterview 2 Wochen nach der Arztkonsultation zu geben. Hierfür notierten sie ihren Namen und ihre Telefonnummer in der Einverständniserklärung.

Für das erste Telefoninterview nach 2 Wochen gaben 50 Patienten (39,4%) eine schriftliche Zusage. Bis auf einen konnten alle 49 (38,6%) Patienten telefonisch erreicht und befragt werden. Im zweiten Telefonat nach 3 Monaten berichteten 40 von 49 Patienten (81,6%) nochmals über ihre Beschwerden. Neun Patienten waren zu diesem Zeitpunkt nicht erreichbar. Das Schmerztagebuch füllten 26 Patienten von 40 (65%) zwei Wochen später aus (Abbildung 4).

Ausgefüllte Fragebogen 2. Telefoninterview

1. Telefoninterview

127 49 40

Schmerztagebuch

26

Abbildung 4: Teilnahmebereitschaft der Patienten

(37)

Die Abbildung 5 demonstriert die Zuordnung der Kreuzschmerzpatienten in Altersgruppen. Am häufigsten waren Frauen im Alter von 25 bis 64 Jahren wegen KS bei ihrem HA, wobei die Altersgruppe zwischen 45 und 54 Jahren am stärksten vertreten war (n=13). Bei den männlichen Patienten zeichneten sich 2 Altersgipfel ab.

25 bis 44-jährige und Männer im Alter von 55 bis 74 Jahren konsultierten im Untersuchungszeitraum ihren HA aufgrund von KS am häufigsten.

3

5 4

13

11

4

7 11

15

9 9

12 10

8

0 2 4 6 8 10 12 14 16

15-24 25-34 35-44 45-54 55-64 65-74 >75 Altersgruppen in Jahren

Anzahl der Kreuzschmerzpatienten (n=121)

männlich weiblich

Abbildung 5: Anzahl der Kreuzschmerzpatienten in Arztpraxen nach Zuordnung in Altersgruppen (n=

121)

Zum Zeitpunkt der Befragung 2 Wochen nach dem Hausarztbesuch waren 61,2% der 49 befragten Patienten berufstätig, 30,6% Rentner und 4,1% Hausfrauen (weitere 4,1% hatten keine Berufsangabe gemacht).

4.2 Epidemiologie von Kreuzschmerzen in der hausärztlichen Praxis

4.2.1 Praxisprävalenz

Die Ärzte wurden gebeten, auf einer vorbereiteten Strichliste (s. Anhang) täglich alle Patienten, welche die Sprechstunde wegen KS an diesem Tag aufgesucht haben, zu vermerken. 10 der 17 Ärzte (59%) füllten diese Liste für die 5 Tage aus, an denen die

(38)

Studie lief (Montagmorgen bis Freitagabend). Weiterhin wurden die Arzthelferinnen gebeten, in dieser einen Arbeitswoche eine Liste (s. Anhang) am Tresen zu führen, welche alle Patienten des Tages (unabhängig vom Konsultationsgrund), die die Praxis aufgesucht haben, erfasste. Hier kooperierten erneut die 8 Praxen, deren Ärzte auch schon die o.g. Strichliste ausgefüllt haben. Die sieben übrigen Ärzte lehnten das Ausfüllen beider Listen ab, wobei hier als Gründe unter anderem „zu sehr praxisintern“, „Unbehagen, dass Zahlen nach draußen gelangen könnten“, genannt worden sind. Die nachfolgenden Zahlen dieses Unterpunktes beziehen sich auf diese 8 Praxen. In dem Zeitraum einer Woche haben insgesamt 2909 Patienten (im Mittel 363 Patienten/ Woche/ Praxis) ihre Hausarztpraxis aufgesucht, unabhängig davon, ob sie den Arzt konsultiert oder ein Rezept abgeholt haben. Davon waren 197 Patienten auf den Strichlisten der Ärzte als „Patienten mit Kreuzschmerzen, die heute Ihre Sprechstunde aufsuchen“ notiert. Die mittlere 1-Wochen-Prävalenz von Kreuzschmerzpatienten beträgt 7,9% (Tabelle 1).

Tabelle 1: Praxenübersicht mit Angabe der mittleren 1-Wochen-Praxisprävalenz

Praxen 1 2 3 4 5 6 7 8

Montag A 96 53 115 63 61 105 59 123

B 10 11 7 10 7 5 2 4

Dienstag A 62 61 92 45 51 96 82 134

B 3 8 5 6 6 6 2 0

Mittwoch A 44 41 69 46 46 67 41 110

B 8 2 3 8 8 3 2 1

Donnerstag A 72 66 80 54 60 77 78 111

B 4 7 8 4 7 2 10 3

Freitag A 81 50 94 32 49 83 43 117

B 5 4 1 2 8 2 0 2

Gesamt A 355 271 450 240 267 428 303 595

B

(insg.=197) 30 32 24 30 36 18 17 10

Praxisprävalenz

(in %) 8,5 11.8 5,3 12,5 13,5 4,2 5,6 1,7

A = Gesamtzahl der Patienten in der Praxis

B = Anzahl der Kreuzschmerzpatienten in der Praxis

(39)

4.2.2 Punktprävalenz nach dem Follow-up

3 Monate nach dem Arztbesuch hatten noch 60% der 40 befragten Patienten KS.

15 25

32,5 27,5

60 40

0 20 40 60 80 100 120

Gesamt Weiblich Männlich

% der befragten Patienten (n=40)

Abbildung 6: Punktprävalenz von Kreuzschmerzen nach 3 Monaten (n=40)

Die durchschnittliche Schmerzstärke auf der Skala von 0 bis 10 (0= gar keine Schmerzen, 10= maximal denkbare Schmerzen) lag, bezogen auf die letzten 24 Stunden, bei 4,7.

4.2.3 Inzidenz

Die Anzahl der Neuerkrankungen, bezogen auf die Gesamtzahl der Patienten mit KS im Untersuchungszeitraum der Studie, betrug 7. Dies entspricht einer Inzidenzrate von 5,5%.

4.2.4 Rezidivrate

Bei 19,2% der befragten Patienten (n=120) lag die letzte Episode mit KS mehr als 6 Monate zurück. Das bedeutet nach einem symptomfreien Intervall von mindestens einem halben Jahr traten bei diesen Patienten erneut Schmerzen in der unteren Lendengegend auf, weshalb der HA konsultiert wurde.

Nach 12 Wochen wurden die Patienten erneut nach aufgetretenen KS innerhalb der letzten 3 Monate befragt. 8% hatten keine Beschwerden in diesem Zeitraum („nie“).

(40)

Bei 37% („selten“) traten vereinzelt an nicht aufeinanderfolgenden Tagen Schmerzen auf. Ein Viertel klagte über häufige Schmerzepisoden mindestens einmal in der Woche („wöchentlich“). 30% der Befragten litten täglich unter KS (Abbildung 7).

Wie oft haben Sie in den letzten 3 Monaten Kreuzschmerzen gehabt?

wöchentlich 25%

täglich 30%

nie 8%

selten 37%

Abbildung 7: Häufigkeit auftretender Kreuzschmerzen während des Follow-up (n=40)

4.3 Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen

4.3.1 Hausärztliche Behandlung (n=49)

In diesem Kapitel wird über die hausärztliche Behandlung zum Rekrutierungs- zeitpunkt berichtet. Die folgenden Angaben beziehen sich auf die 49 von 127 Patienten, die in dem ersten Telefoninterview 2 Wochen nach der Arztkonsultation bereit waren, Fragen zu beantworten.

(41)

4.3.1.1 Verschreibung von Medikamenten

Fast 42% der Patienten (n=48) gaben an, Medikamente von ihrem HA verschrieben bekommen zu haben.

60% aller Verordnungen machten NSAR aus. Die stärksten Vertreter dieser Gruppe waren Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen. Bei den opioiden Analgetika verordneten die HÄ hoch potente (8%, Fentanyl, Morphium) und niedrig potente (4%, Codein, Tramadol). Ebenso häufig (12%) wurden andere zentral wirksame Mittel gegen Störungen des Muskel- und Skelettsystems wie Tolperison und Tizanidin verschrieben. Andere Analgetika wie Flupirtin (8%), Antidepressiva vom Amitriptylintyp (4%) und Vitamin D3 - Präparate (Colecalciferol) wurden seltener verordnet wie aus Abbildung 8 zu erkennen ist.

60

8 4

12

4 4 8

0 10 20 30 40 50 60 70

NSAR hoch potente niedrig potente Tolperison Amitriptylintyp Vigantoletten Flupirtin

Nicht- opioide Analgetika

Opioide Andere

zentral wirksame

Anti- depressiva

Vit. D3- Präparate

Sonstige

M edikamentengruppe

% der befragten Patienten (n=49)

Abbildung 8: Medikamente mit Namen der Wirkgruppe und Zahl der Verordnungen in %

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