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Ressourceneffizienz im Betrieb – ein neues Aufgabenfeld für Betriebsräte

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Ressourceneffizienz im Betrieb – ein neues Aufgabenfeld für Betriebsräte

Eröffnungsrede

Auftaktveranstaltung „Ressourceneffizienz im Betrieb“

am 16. Mai 2008 in Hannover Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste,

ich möchte in meinem Beitrag deutlich machen, warum Ressourceneffizienz ein wichtiges und innovatives Aufgabenfeld für Betriebsräte ist.

Auf den ersten Blick hat Ressourceneffizienz scheinbar nichts mit den originären Aufgaben von Betriebsräten als Schutz- und Gestaltungsorgan zu tun. Doch der Eindruck täuscht – sowohl der Schutz- wie auch der Gestaltungsaspekt liegen im Thema verborgen.

Doch bevor ich darauf näher eingehe, erlauben Sie mir ein paar grundsätzliche An- merkungen.

Spätestens seit dem Abschlussbericht des Weltklimarates vom Herbst letzten Jah- res wissen wir, dass der Klimawandel real und von Menschenhand gemacht ist. Die gute Nachricht daran ist: Wir haben es auch selber in der Hand, etwas dagegen zu tun. Und das Prinzip „Hannemann geht voran“ gilt dabei nicht.

Worum geht es wirklich? Es geht für uns alle darum - und besonders für die nach- folgenden Generationen - einen lebenswerten Zustand auf der Erde zu erhalten. Wir sehen gerade in Bali und China, welches unsägliche Leid für die Menschen durch Naturkatastrophen eintreten kann. Wenn wir Katastrophen durch Klimawandel ver-

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hindern oder mildern können, dann ist es unsere Pflicht, dass zu tun. Diese Pflicht ist für uns in Mitteleuropa deutlich höher als in den Entwicklungsländern. Denn wir sind es, die beim Energieverbrauch und CO2-Austausch die Rangliste anführen.

Doch wir sind es auch, die technologische Mittel und schöpferisches Know-how ha- ben, um die Probleme zu lösen.

Es handelt sich nicht nur um ein Klimaproblem. Es handelt sich vor allem um die Frage, wie die soziale und wirtschaftliche Entwicklung bei uns – und in der Welt wei- tergehen kann.

Klima- und Energiepolitik ist schon lange nicht mehr allein das Thema von Umwelt- gruppen und Naturschützern. Als Gewerkschafter haben wir dabei die Themen „Kli- mawandel, Energie und Industriepolitik“ im Blick. Sie müssen in eine stabile und ausgewogene Lage gebracht werden.

Alle Maßnahmen, die wir im Kontext von Energie- und Industriepolitik diskutieren, müssen sich an den Fragen ausrichten:

- Führen sie zu weniger Klimabelastung – ja oder nein?

- Führen sie zu mehr oder weniger Energieverbrauch?

- Führen sie zu Entwicklungspfaden oder in eine Sackgasse der Industriepolitik?

Es geht im Kern des Handels um die Innovations- und Gestaltungsprozessen in den Betrieben. Das ist unser Feld. Was da passiert, kann man nicht auf Brüssel oder die USA abschieben. Natürlich können wir nicht alleine im Unternehmen entscheiden, wie die Prozesse verbessert werden. Dazu brauchen wir das Management und die Geschäftsführung.

Die deutsche Wirtschaft hat glücklicherweise dieses Zukunftsfeld für sich schon ent- deckt. In den Branchen, die vom Umweltschutz profitieren, sind nicht mehr nur die Technikverliebten und Ökoidealisten unterwegs, sondern dort werden mittlerweile gute Geschäfte gemacht. Wir erzielen mit erneuerbaren Energien und der damit ver- bundenen Technologieführerschaft auf dem Weltmarkt exzellente Gewinnmargen!

Ebenso wichtig: in den letzten vier Jahren wurden dort mehr als 57.000 neue Ar- beitsplätze geschaffen. Das entspricht einer Steigerung von 36 %. Kein anderer In- dustriezweig kann solche Steigerungsraten aufweisen. Wir freuen uns darüber.

Doch damit die Medaille auch schön glänzt, fehlen noch ein paar nötige Polituren.

Rund 5.000 Arbeitsplätze sind in der ostdeutschen Solarindustrie in den letzten Jah- ren entstanden. Oft genügen sie nicht den Kriterien guter Arbeit. Die meisten Unter-

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nehmen haben keinen Betriebsrat – und keine Tarifvertrag. Und das ist bei innovati- ven Unternehmen überhaupt nicht zu verstehen!

Entsprechend unzureichend sind die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten die- ser Unternehmen. Allen muss klar sein: Die menschliche Arbeitskraft ist zwar eine regenerierbare Energie, aber nicht unendlich! Und schon gar nicht unter schlechten Rahmen- und Arbeitsbedingungen. Wir sollten uns also nicht nur um Energieeffi- zienz, sondern auch um Interesseneffizienz kümmern!

Vielleicht ist es hilfreich, diese Aufgabe nicht allein, sondern im Verbund der Ge- werkschaften zu stemmen. Gerade in dem hier erwähnten Beispiel sind häufig so- wohl die Interessen von IG Metall und IG BCE berührt. Dies gemeinsam zu tun, wä- re eine echte Innovation – auch im DGB.

Damit bin ich schon mitten im Thema der heutigen Veranstaltung: Ressourceneffi- zienz – ein Innovationsfeld für die Zukunft.

Es ist keine neue Erkenntnis, dass unser gesellschaftlicher Reichtum auf der Basis endlicher Ressourcen erzeugt wird. In keiner Epoche der Menschheit gab es solche gewaltigen Transformationsprozesse wie heute, nicht nur, weil über 6,5 Mrd. Men- schen sich ernähren, kleiden und entwickeln wollen.

Die Frage für viele Unternehmen ist nicht mehr, welche Güter und Produkte sie er- zeugen, sondern wie sie auf einem gesättigten Markt langfristig lebensfähig bleiben.

Das heißt, wir brauchen nicht mehr Produkte und Dienstleistungen, sondern andere.

Und die sind nur mit neuen Entwicklungen, guter Arbeit und selbstbewussten Ar- beitnehmern zu realisieren.

Gleichzeitig haben wir heute einen kritischen Zustand erreicht. Die endlichen Res- sourcen werden knapp und damit teurer. Wer hätte gedacht, dass die Tonne Kohle auf dem Weltmarkt über 140 Dollar erzielt – von den Preissteigerungen bei seltenen Metallen, Rohöl oder Nahrungsmittel, zu deren Herstellung auch viel Energie und Wasser gebraucht wird, ganz zu schweigen. Dieser Trend wird anhalten, und wir werden auf Dauer für alle diese Ressourcen tiefer ins Portemonnaie greifen müs- sen.

Klar ist aber auch, dass bei 6,5 Milliarden Menschen ein Lebensstandard auf westli- chem Niveau aus fossilen Energieträgern nicht mehr erreicht und auch nicht gehal- ten werden kann. Wir müssen also heute handeln, damit wir in den nächsten 20 Jahren eine andere Situation beim Energie- und Rohstoffverbrauch hinbekommen.

Im Energiebereich brauchen wir neue Speichermedien, den Ausbau anderer Lei- tungsnetze – besonders für die Offshore Windparks, dezentrale KWK-Anlagen – und vor allem Effizienzmaßnahmen sowohl im Wärme- wie im Strombereich.

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Wir selber, jeder einzelne von uns, können hier direkt etwas tun für die Effizienzsteigerung. Im Betrieb sind die Planungsprozesse einfacher zu gestalten als in einer komplexen Gesellschaft.

Erste Analysen zeigen, dass es sowohl ökologisch als auch ökonomisch interessan- te Potenziale zur Verringerung des Ressourceneinsatzes gibt. Ressourcen sparsam einzusetzen und Materialien wieder zu verwerten ist schon aus Vernunftgründen richtig. Aber auch ökonomisch. Für die Metallbranche sowie den Elektrogeräte- und Anlagenbau wird geschätzt, dass bei einem Materialansatz von 18,6 bzw. 10,2 Mrd.

Euro ein Einsparpotenzial zwischen 0,8 und 1,5 Mrd. bzw. zwischen 1,5 und 3 Mrd.

Euro pro Jahr erzielt werden kann – die Spannweite hängt von dem politisch fixier- ten Steigerungsziel ab. Hier liegen die Material- und Energiekosten heute bei ca.

43 % der Gesamtkosten – Tendenz steigend, weil auch Rohstoff- und Energiepreise weiter steigen.

Die Lohn- und Gehaltskosten liegen hingegen unter 25 %. Die Arbeitsproduktivität ist außerdem um den Faktor 4, die Material- und Energieproduktivität hingegen nur um 1,5 bis 2 % gestiegen. Diese Zahlen machen deutlich, wo die eigentlichen Effi- zienzpotentiale liegen. Und sie zeigen, welche Spielräume für eine unternehmeri- sche Erfolgsbilanz noch genutzt werden können und müssen.

Dies betrifft auf der einen Seite beispielsweise die fachliche Beratung der Unter- nehmen selbst, aber auch und vor allem die stärkere Einbeziehung von Beschäftig- ten in diese Umgestaltungsprozesse.

Leider ist es bisher so, dass Unternehmen die Kompetenz und das Wissen ihrer Mitarbeiter über Produktionsabläufe und deren Verbesserung nur in einem sehr ge- ringen Maße nutzen. Das ist aus meiner Sicht geradezu katastrophal. Nur wenn es Unternehmen gelingt, diese Kräfte zu mobilisieren, werden sie ökonomisch vorne sein. Ohne Beteiligung der Mitarbeiter, ohne ihre Kreativität, ohne ihren Erfinder- und Umsetzungsgeist wird es keine neuen und energieeffizienten Produkte geben.

Dort, wo Umweltmanagementsysteme unter Einbeziehung der Belegschaften einge- führt wurden, können diese einen überdurchschnittlichen Erfolg aufweisen! Vorge- schlagene Verbesserungen sind häufiger mit geringen Investitionen verbunden und führen zu deutlichen Kostenreduktionen, sind also besonders effektiv.

Im Übrigen gilt ganz grundsätzlich:

Wer Arbeitnehmer an diesen Prozessen nicht beteiligt, der ist als Arbeitgeber nicht mehr attraktiv. Und attraktiv muss man angesichts der knapper werdenden gut aus- gebildeten Fachkräfte schon sein!

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Auf der anderen Seite eröffnet das Thema Ressourceneffizienz aber auch Betriebs- räten ein neues Feld politischer Gestaltung und Einflussnahme im Sinne der Arbeit- nehmer.

Sie werden zu fachlich kompetenten Akteuren,

- können die Möglichkeiten im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes da- zu nutzen, ihren Einfluss auf Unternehmensentscheidungen stärker geltend zu machen.

- Sie können sich aktiv ins Geschehen einmischen, als Mittler zwischen Pro- duktion und Planung, nicht nur als Forderer!

- Betriebsräten bekommen also ein neues Feld für ihre Gestaltungs- und Schutzfunktion.

Im bin überzeugt: Nur Unternehmen, die sparsam mit Energie und Rohstoffen um- gehen und die Beschäftigten aktiv beteiligen werden in der Wirtschaft vorne sein.

Nur sie werden attraktiv sowohl für Kunden wie für Arbeitnehmer sein! Das nützt der nachhaltigen Unternehmensentwicklung ebenso wie dem Schutz der Arbeitsplätze und den Entwicklungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer. Das Potential und Know- how der Belegschaften stärker einbeziehen, es mit Managementwissen zu koppeln, ist ein Gebot der Stunde!

Unternehmerische Krisen können so viel besser aufgefangen oder sogar vermieden werden. Und sie müssen nicht – wie bisher – fast immer zu Lasten von Beschäftig- ten gehen, indem Stellen abgebaut, Standorte geschlossen oder verlagert werden.

In diesem Sinne kann Ressourceneffizienz einen Beitrag zur Standort- und Beschäf- tigungssicherung in den Betrieben leisten.

Unsere Ziele lauten:

- Betriebsräte sollen die Prozesse betrieblicher Ressourceneffizienz stärker beeinflussen können,

- dass Beschäftigte sollen aktiv in diese Umstrukturierungsprozesse einbezo- gen werden,

- alle beteiligten Akteure im Betrieb und Unternehmen sollen für diesen Weg fit gemacht werden. Auf die Handlung kommt es an – nicht auf die Forde- rung!

Wir sind davon überzeugt, dass Unternehmen nur gemeinsam mit den Beschäftig- ten und Arbeitnehmervertretern ihren Teil zur Effizienzsteigerung im Betrieb – und damit einen Beitrag zum Klimaschutz – leisten können. Und weil wir dies als eine wichtige gewerkschafts- und gesellschaftspolitische Aufgabe ansehen, haben wir

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gemeinsam mit dem BMU das Projekt „Ressourceneffizienz im Betrieb“ ins Leben gerufen.

Hier werden in den nächsten drei Jahren Kolleginnen und Kollegen vor Ort in Fra- gen der Ressourceneffizienz qualifiziert und dabei unterstützt, diese Prozesse künf- tig selbständig begleiten, bewältigen und beeinflussen zu können. Und zwar im Sin- ne einer nachhaltigen Unternehmenspolitik, die zur Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze führt und den Kriterien guter Arbeit genügt.

Zum Schluss möchte ich noch einmal der IG BCE für die Gastfreundschaft danken und Ihnen, dass Sie an einem Freitag den Weg nach Hannover nicht gescheut ha- ben.

Ich wünsche dieser Veranstaltung und in den nächsten Monten der Arbeit an die- sem wichtigen Thema viel Erfolg und gutes Gelingen.

Referenzen

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