5 Jahre Hartz IV -
Bilanz und Perspektiven für
Sachsen
1. Entwicklung der Arbeitslosigkeit 2. Gründe für diese Entwicklung
3. Aktive Arbeitsmarktpolitik 4. Sozialpolitische Aspekte
5. Perspektiven
1. Entwicklung der Arbeitslosigkeit
• 2004: 388.929 Arbeitslose in Sachsen davon Arbeitslosengeld: 143.000
Arbeitslosenhilfe: 246.000
• 2009: 278.202 Arbeitslose in Sachsen davon SGB III: 85.000
SGB II: 193.000
Fazit: Rückgang der Arbeitslosigkeit um knapp 111.000 Personen
1. Entwicklung der Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit
426.473
309.734 392.234
379.076 375.013 355.506 347.930
336.150 356.705
312.406 304.226
294.381
268.882
257.589
261.071 307.424
275.277
260.520 257.570
84.209 105.121 82.238 165.559
156.572 150.278
175.786 124.893
123.376
117.916 131.891 101.941
100.408 94.970
106.678 82.118
79.358 78.978 76.856
226.675
222.504 224.735
250.687 230.613
224.554 218.234
224.814 210.465 203.818
199.411
203.056 186.764 178.231
178.833
202.303
191.068 181.542 180.714
0 50.000 100.000 150.000 200.000 250.000 300.000 350.000 400.000 450.000
Jun05 Sep05 Dez05 Mrz 06 Jun 06 Sep 06 Dez 06 Mrz 07 Jun 07 Sep 07 Dez 07 Mrz 08 Jun 08 Sep 08 Dez 08 Mrz 09 Jun 09 Sep 09 Dez 09
Personen
Arbeitslosigkeit SGB III SGB II
2. Gründe für die positive Entwicklung
• Konzentration auf Kurzzeitarbeitslose im SGBIII hat eine relativ schnelle Integration zur Folge
• Langzeitarbeitslosigkeit verbleibt auf sehr hohem
Niveau – es gibt in diesem Bereich nur ein sehr
viel geringeres Absinken der Arbeitslosigkeit
2. Entlastungseffekte
• Demografische Effekte – viele Ältere sind in den Ruhestand gegangen, weniger Jüngere drängen auf den Arbeitsmarkt
• Nichtleistungsempfänger wurden im SGB III um 30.000 gesenkt – Stille Reserve oder
Arbeitsaufnahme?
• Kurzzeitige Beschäftigung ist angewachsen –
Leiharbeit, befristete Beschäftigung
Zugang
Arbeitslose 53.671 Dezember 2009
SGB III absolut 24.465
SGB II absolut 29.206
Erwerbstätig.
o. Ausbildung 14.278
Ausbildung sonst.Maßn.
6.095
Nicht- erwerbstätig.
3.879
1. Arbeits- markt 13.323
Schule/
Studium 277
Betriebliche/
außerb.Ausb.
388
Sonstige Maßnahmen
5.430
Arbeits- unfähigkeit
2.693
Fehlende Mitwirkung
1.112
Erwerbstätig.
o. Ausbildung 12.749
Ausbildung sonst. Maßn.
5.302
Nicht- Erwerbstätig.
9.617
1. Arbeits- markt
4.460
2. Arbeits- markt
7.697
Sonstige Erwerbstätigk.
322
Schule/
Studium 529
Betriebliche/
außerb.Ausb.
418
Sonstige Maßnahme
4.355
Arbeits- unfähigkeit
7.207
Fehlende Mitwirkung
2.221 2. Arbeits-
markt 153
Sonstige Erwerbstätigk.
802
Abgang
Arbeitslose 45.970 Dezember 2009
SGB III absolut 19.448
SGB II absolut 26.472
Erwerbstätig.
o. Ausbildung 8.254
Ausbildung sonst.Maßn.
5.262
Nicht- erwerbstätig.
5.687
1. Arbeits- markt
7.443
Arbeits- unfähigkeit
3.689
Fehlende Mitwirkung
1.592
Erwerbstätig.
o. Ausbildung 8.683
Ausbildung sonst. Maßn.
4.937
Nicht- erwerbstätigk.
10.027
1. Arbeits- markt
4.658
2. Arbeits- markt
3.743
Sonstige Erwerbstätigk.
282
Arbeits- unfähigkeit
7.240
Fehlende Mitwirkung
1.781 2. Arbeits-
markt 6
Sonstige Erwerbstätigk.
805
Statistische Schönfärbereien
Beispiele:
• Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gelten seit Januar 2004 nicht mehr als arbeitslos
• Bis zu 40.000 Menschen in Ein-Euro Jobs
• Personen gelten nur noch als arbeitslos, wenn sie weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten (nicht 18 Stunden wie zuvor)
• Personen über 58 Jahren gelten seit Januar 2009 unter bestimmten Umständen nicht mehr als arbeitslos
• Langfristig Erkrankte
2. Gründe für die positive Entwicklung - Schönfärberei
Tatsächliche und offizielle Arbeitslosigkeit
260.000 offiziell Arbeitslose + 8.200
Beschäftigungsbeglei tende Hilfen
+ 9.700 Unterstützung der Selbstständigkeit + 2.450 über 58 ALG-
Bezug + 40.000 Ein-Euro-
Jobs + 1.000 ABM
+ 18.000 berufliche Weiterbildung + 11.250 Sonstige
0 50.000 100.000 150.000 200.000 250.000 300.000 350.000 400.000
3. Aktive Arbeitsmarktpolitik
• Stark abhängig von politischen Vorgaben der
Bundesregierung, die über Nürnberg in die einzelnen Agenturen durchgestellt werden.
• ABM wurde politisch diffamiert, finanziell ausgetrocknet, jetzt endgültig abgeschafft.
• Kommunal-Kombi als Maßnahme für einen „öffentlich geförderten Arbeitsmarkt“ wurde eingestellt.
• Berufliche Weiterbildung erst stark vernachlässigt, dann stark gefördert.
Förderung beruflicher Weiterbildung in Sachsen
Berufliche Weiterbildungsmaßnahmen im SGB II und SGB III
5.649 5.791
6.612 5.800
6.639
4.683
7.069 5.403
6.219 6.594
5.203 5.295
4.594 4.021
4.033 4.039
3.353
7.749
5.558 5.641
6.382 5.745
5.721 5.511
5.153 4.895
3.504 4.989
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000
Mrz 06 Jun 06 Sep 06 Dez 06 Mrz 07 Jun 07 Sep 07 Dez 07 Mrz 08 Jun 08 Sep 08 Dez 08 Mrz 09 Jun 09 berufliche Weiterbildung im SGBII Berufliche Weiterbildungen im SGBIII
3. Aktive Arbeitsmarktpolitik
Personal Service Agentur (PSA):
• Sollte Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt verleihen und so deren Integration erleichtern (Klebeeffekt)
• Katastrophale Ergebnisse
• Missbrauch durch Arbeitgeber
• In Sachsen heute bedeutungslos mit nur noch 22
Teilnehmern im Bundesland (Juni 2009)
3. Aktive Arbeitsmarktpolitik
• Ein-Euro-Jobs schwanken zwischen
Beschäftigungstherapie und Bedrohung von regulärer Arbeit
• Bis zu 45.000 Ein-Euro-Jobs pro Jahr mit steigender Tendenz
• Rund 75 % in der Mehraufwandsvariante
• Entgeltvariante wird zum „Ersatz“ von ABM
• Zunehmend von den Betroffenen als sinnlos empfunden.
• Für Jugendliche eindeutig das falsche Instrument.
3. Aufstocker
• Dumpinglöhne werden aufgestockt – bei insgesamt 130.000 Menschen
• 64.500 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, davon 43.400 Vollzeitbeschäftigte, müssen in Sachsen aufstocken (Dezember 2008)
• 16.000 Selbständige
• 48.600 Mini-Jobber
• 34 % der ALG-II-Empfänger sind Aufstocker
• Lohnkostenzuschüsse steigen an
3. Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit
Förderung abhängiger Beschäftigung (Lohnkostenz uschüsse)
11.025
9.109
5.673
8.548
7.842
9.865
14.048 12.984 14.165
14.205 12.167
9.447 9.395
10.656 10.898
11.525 10.437
7.235
10.712 10.477
10.715
9.726 9.255
8.426 9.347
6.884 7.208
7.627
0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 14.000 16.000
Mrz 06
Jun 06
Sep 06
Dez 06
Mrz 07
Jun 07
Sep 07
Dez 07
Mrz 08
Jun 08
Sep 08
Dez 08
Mrz 09
Jun 09 Förderung abhängiger Beschäftigung im SGBIII
Förderung abhängiger Beschäftigung im SGBII
4. Sozialpolitische Aspekte
• Armut ist angewachsen
• Kinderarmut: rund 110.000 Kinder (25,6 % aller sächsischen Kinder) sind von Armut betroffen
• Familien haben es besonders schwer, aus der Abhängigkeit zu entkommen, die Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit
mehreren Personen wächst
• Rund 40.000 Alleinerziehende sind dauerhaft von Hartz IV betroffen; unter ihnen sind 95% Frauen
5. Gewerkschaftliche Perspektiven
• Armutsbekämpfung durch Erhöhung der Regelsätze
• Transparente und regelmäßige Anpassung der Regelsätze
• Abschaffung der Zweiklassengesellschaft von Arbeitslosen
• Einheitliche Betreuung der Arbeitslosen – durchaus mit Verantwortungsübernahme der Kommunen
• Abschaffung der Ein-Euro-Jobs
• (Wieder) Einführung des Berufsschutzes
5. Perspektiven nach der Bundestagswahl
• Erhöhung des Schonvermögens ist Symbolpolitik, die niemandem schadet, aber auch nur ganz wenigen nützt.
• Organisationsstruktur mit getrennter Aufgabenwahrnehmung wird praktisch ein ganz problematisches Konstrukt
• Folge: Wirrwarr bei den Zuständigkeiten, beim Personal und bei der Verantwortung wird festgeschrieben.
• Generalrevision durch Ausweitung der Zuverdienstgrenzen???
• Hartz IV wird in den nächsten 4 Jahren nicht besser werden.
5. Perspektiven
• Zunehmender Fachkräftemangel durch Altersabgänge und immer weniger junge Menschen
• Entwertung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch Langzeitarbeitslosigkeit versus wachsender Bedarf an Qualifikationen
• Ist Hartz IV reformierbar?
• Wie kann ein System der Arbeitsförderung aussehen, dass Armut vermeidet, gesellschaftlich bezahlbar ist und
Chancen auf Arbeit fördert?