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Home Office – Kostenfalle für Arbeitgeber 39

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Home Office – Kostenfalle für Arbeitgeber

Der jüngste Entscheid des Bundesgerichts zur zwingenden Übernahme von Kosten des Home Office durch Arbeitgeber wirft einen Blick auf die in der Lehre sowie Praxis wohl bisher unterschätzte Frage: Welche (privaten) Aufwendungen des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit dem Home Office müssen zwingend vom Arbeitgeber getragen werden?

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EmploymentNews Nr.

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EmploymentNews Nr. 39 August 2019

Bundesgerichtliche Korrektur der Kostenregelung

Beim wohl grundlegenden Urteil 4A_533/2018 vom 23. April 2019 be- schäftigte sich das Bundesgericht inter alia mit der Entschädigung des Arbeit- nehmers für die Nutzung eines Zimmers in seiner privaten Wohnung als Arbeits- zimmer bzw. Archiv. Es kam zum Schluss, dass ein Entschädigungsan- spruch für die Mietauslagen gegenüber dem Arbeitgeber ex lege bestehe. Damit dürfte die Rechtsprechung mit einem Teil der Lehre übereinstimmen, welcher dem Arbeitnehmer einen Anspruch einräumt, sofern ihm, wie im konkreten Fall, vom Arbeitgeber kein geeigneter Arbeitsplatz geboten wird. Unklar war demgegenüber, ob ein solcher Anspruch auch besteht, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsraum nicht mit Rücksicht auf die Arbeitserfül- lung gemietet hat. Dies wurde vom Ge- richt entsprechend bestätigt, während gegenteilige Auffassungen als „nicht sachgerecht“ befunden wurden (E. 6.2).

Im Ergebnis sprach sich das Bundesge- richt für eine umfassende Entschädi- gungspflicht des Arbeitgebers für sämtli- che Auslagen des Arbeitnehmers aus, welche im Zusammenhang mit der Ar- beitserfüllung dem Arbeitgeber direkt oder indirekt zugutekommen. Dies gilt folglich nicht nur für Auslagen, welche di- rekt für die Arbeit getätigt werden, son- dern auch für diejenigen, von denen der Arbeitgeber indirekt profitiert. Der Ent- stehungsgrund spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, vorausgesetzt die Auslagen sind notwendig für die Arbeit.

Entschädigung für Aufwendungen Die Entschädigungspflicht für Arbeitsge- räte, Material und Auslagen trifft gemäss Gesetz grundsätzlich den Arbeitgeber (Art. 327 ff. OR). Die effektive Kostentra- gung wird demgegenüber praxisgemäss im Arbeitsvertrag oder den Allgemeinen Arbeitsbedingungen abweichend gere- gelt. Dies ist zulässig, jedoch nur für Arbeitsgeräte und Material (Art. 327 OR), während der Regelungsspielraum der Parteien bei Auslagen (Spesen) auf die mögliche Ausgestaltung der Pauschal- vereinbarung beschränkt resp. eine Kost- entragung des Arbeitgebers unabdingbar ist (Art. 327a OR). Diskussionen über bestimmte Arbeitsaufwendungen erfol- gen in der Praxis daher vorwiegend vor dem Hintergrund der Zuteilung zu einem für die Partei vorteilhaften Tatbestand.

Als Arbeitsgeräte und Material gelten Sachen, welche ihrer Natur nach vom Arbeitnehmer im Rahmen der Arbeitser- füllung notwendig entweder gebraucht/

genutzt oder verbraucht/verändert wer- den. Im Home Office sind dies der Arbeitsplatz i.w.S., also die Büro-Infra- struktur, wie das Mobiliar (insb. Tisch, Stuhl, Elektronik, mitunter PC und Bild- schirm) und der Raum(-anteil), sowie das Verbrauchsmaterial (z.B. Papier). Stellt der Arbeitnehmer selbst Geräte oder Material zur Verfügung, bleibt er bei ver- traglicher Regelung auf den Aufwendun- gen sitzen. Dies spielt mitunter bei soge- nannten Bring Your Own Device-Regelun- gen (z.B. Laptop, Handy) eine Rolle. Ande- res gilt dagegen für die laufenden Kosten des Home Office, wie Abonnements- und

Ersatzpflicht für die Raummiete

Das Bundesgericht hat in einem Verfahren betreffend Entschädigung von Aufwendun- gen des Arbeitnehmers im Home Office die Raummiete als ersatzpflichtig anerkannt, obwohl die Räumlichkeiten ohne Bezug zur Arbeitserfüllung gemietet wurden. Das Urteil verpflichtet den Arbeitgeber im Ergebnis zur Entschädigung von notwendigen Home Office Auslagen, die für ihn von Vorteil sind, unabhängig vom Entstehungsgrund.

Von Ueli Sommer

Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt Partner

Telefon +41 58 658 55 16 ueli.sommer@walderwyss.com

1 und Marco Bächtold

MLaw, Rechtsanwalt Telefon +41 58 658 57 90

marco.baechtold@walderwyss.com

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Verbindungskosten (z.B. für Internet, Te- lefonie), Strom, Heizung sowie Wartungs- und Reparaturarbeiten (nicht aber Unter- haltskosten), welche notwendig anfallen.

Zumindest nach dem höchstrichterlichen Entscheid sind die (Miet-)Aufwendungen für den Raum ebenfalls darunter zu sub- sumieren. Die Auslagen hat der Arbeitge- ber deshalb zwingend zu entschädigen.

Im Allgemeinen besteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entschädigung nur für notwendige Auslagen im Zusam- menhang Home Office. Die Notwendigkeit beurteilt sich aufgrund eines subjektiven Massstabs und liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitgeber selbst keinen ge- eigneten Arbeitsplatz bieten kann. Erfolgt das Home Office hingegen ausschliess- lich auf Wunsch des Arbeitnehmers und wird anderweitig kein Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, kann der Arbeitnehmer keinen Auslagen- Ersatz fordern. Ob eine Entschädigungs- pflicht des Arbeitgebers dagegen auch für private Aufwendungen besteht, wel- che der Arbeitnehmer nicht direkt für die Arbeitserfüllung tätigt, im diesem Zu- sammenhang aber auch genutzt werden (z.B. Generalabonnement), ist umstritten.

Zumindest für Auslagen, welche für den Arbeitgeber von Vorteil/Nutzen sind, ist eine anteilsmässige Entschädigung nach Massgabe der Nutzung (analog Art. 327b OR) wohl angemessen. Für die Kosten- aufteilung sind dabei sachgerechte Krite- rien zu bestimmen (z.B. Home Office-/Ar- beitspensum bei der Raummiete).

Weitere Regelungspunkte für Home Office

Während dem Home Office bestehen die Rechte und Pflichten aus dem Arbeits- verhältnis grundsätzlich unverändert weiter. Durch die Arbeitserfüllung in den privaten Räumlichkeiten sind diese aber den Gegebenheiten anzupassen. Da eine Kontrolle des Arbeitgebers naturgemäss nicht im gleichen Ausmass erfolgen kann, gilt dies besonders für die Einhaltung der

Während eine gesetzliche Anpassung wohl der Klärung dienen würde, ist eine sachgerechte Lösung - wie das Bundes- gericht gezeigt hat – bereits aufgrund der geltenden Entschädigungsregeln (Art.

327 ff. OR) möglich. Insbesondere die Kostentragung für Auslagen bei anteils- mässiger Nutzung von Privat-Sachen wird, durchaus verallgemeinerungsfähig, bereits geregelt (vgl. für Motorfahrzeuge Art. 327b OR).

Der Entscheid des Bundesgerichts hat die Kostentragung für den privaten Arbeits- raum im Home Office nunmehr geklärt, wenngleich die Entschädigungshöhe nicht beurteilt wurde: Der Arbeitnehmer hat folglich Anspruch auf Entschädigung seiner Auslagen, selbst wenn er den Raum nicht spezifisch für die Arbeitser- füllung gemietet hat. Dies ist in einer all- fälligen Pauschalentschädigung zu be- rücksichtigen. Es ist zu empfehlen, dass die Parteien die Höhe der Raum-Kosten direkt in der Vereinbarung festlegen. Da die Pauschale zwingend alle Auslagen decken muss, ist von einem Minimal-An- satz abzuraten. Aktuelle Miet-Inserate bieten dazu Anhaltspunkte. Wird der Raum gemischt genutzt (Privat/Arbeit) ist die Entschädigung schliesslich anteils- mässig zu berechnen. Anhaltspunkt bie- tet mitunter das Arbeitspensum des Arbeitnehmers.

EmploymentNews berichtet über neuere Entwicklungen und wichtige Themen im Bereich des schweizerischen Arbeitsrechts. Die darin enthaltenen Informationen und Kommentare stellen keine rechtliche Beratung dar, und die erfolgten Ausführungen sollten nicht ohne spezifische rechtliche Beratung zum Anlass für Handlungen genom- men werden.

© Walder Wyss AG, Zürich, 2019

(zwingenden) arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften (u.a. Arbeits- und Ruhezeit, Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit etc.), aber auch von Verhaltensvorschrif- ten gemäss Betriebsreglement. Um Un- klarheiten zu vermeiden empfiehlt es sich die wesentlichen Verantwortlichkei- ten direkt in der Home Office-Vereinba- rung zu regeln. Dabei genügt grundsätz- lich der Verweis auf die geltenden ar- beits- und unfallversicherungsrechtli- chen Vorschriften sowie Vorschriften im Reglement. Aus Compliance-Gründen sind dabei besonders die Arbeits- und Ruhezeiten sowie der Gesundheitsschutz explizit aufzuführen. Der Arbeitgeber muss sich grundsätzlich darauf verlas- sen können, dass der Arbeitnehmer die Vorschriften einhält. Wo die Verhältnisse es erfordern, wird der Arbeitgeber im Einzelfall hingegen gehalten sein den Ar- beitnehmer zu kontrollieren. Die entspre- chenden Kontrollen vor Ort sind in der Vereinbarung zu regeln.

Schlusswort – Notwendigkeit einer gesetzlichen Home Office-Bestimmung?

Das wirtschaftliche Bedürfnis zur Mobili- tät der Arbeitstätigkeit, insb. durch Home Office, Co-Working Spaces, ständige Er- reichbarkeit, war beim Erlass der gelten- den Bestimmungen nicht vorhersehbar:

Während die Regelung über Arbeitsgerä- te und Material (Art. 327 OR) dem Sinn nach auf die wohl traditionelle Arbeitser- füllung in den Räumlichkeiten des Arbeit- gebers zugeschnitten ist, wurde mit bei der teilzwingenden Auslagenregel (Art.

327a ff. OR) der Vermögensschutz für auswärtige Arbeitnehmer, nach Vorbild des Handelsreisenden, geregelt. Die Home Office-Arbeit ist vom Anwendungs- bereich beider Bestimmungen betroffen, deren Verhältnis in der Lehre umstritten ist. Eine Anpassung der Bestimmungen, insbesondere mit Rücksicht auf die Home Office-Arbeit, war denn auch ein Politi- kum (z.B. jüngst Po. Meier-Schatz 12.3166). Zu einer konkreten Änderung kam es bisher jedoch nicht.

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EmploymentNews Nr. 39 August 2019

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Ansprechpartner

Simone Wetzstein Managing Associate, Zürich Telefon +41 58 658 56 54

simone.wetzstein@walderwyss.com

Jonas Knechtli Associate, Basel Telefon +41 58 658 14 82 jonas.knechtli@walderwyss.com Davide Jermini

Partner, Lugano Telefon +41 58 658 44 02 davide.jermini@walderwyss.com

Marco Bächtold Associate, Zürich Telefon +41 58 658 57 90 marco.baechtold@walderwyss.com Christoph Stutz

Konsulent, Zürich Telefon +41 58 658 56 57 christoph.stutz@walderwyss.com Philippe Nordmann

Partner, Basel Telefon +41 58 658 14 50

philippe.nordmann@walderwyss.com

Yannik A. Moser Associate, Basel Telefon +41 58 658 14 85 yannik.moser@walderwyss.com Nadine Mäder

Associate, Zürich Telefon +41 58 658 56 31 nadine.maeder@walderwyss.com Olivier Sigg

Partner, Genf

Telefon +41 58 658 30 20 olivier.sigg@walderwyss.com Ueli Sommer

Partner, Zürich Telefon +41 58 658 55 16 ueli.sommer@walderwyss.com

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Gaurav Bhagwanani Associate, Zürich Telefon +41 58 658 52 80

gaurav.bhagwanani@walderwyss.com

Fabian Looser

Managing Associate, Basel Telefon +41 58 658 14 61 fabian.looser@walderwyss.com Daniel Staffelbach

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daniel.staffelbach@walderwyss.com

Laura Luongo Associate, Genf Telefon +41 58 658 30 21 laura.luongo@walderwyss.com

Nathalie Möri Associate, Zürich Telefon +41 58 658 53 03 nathalie.moeri@walderwyss.com

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