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Erfassung von Verkehrsdaten mit automatischen Kennzeichen- erfassungssystemen

Autoren / Authors:

Markus Friedrich Prokop Jehlicka Johannes Schlaich

Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik Email: vorname.nachname@isv.uni-stuttgart.de

Veröffentlicht in / Published in:

Friedrich, M., Jehlicka, P., Schlaich, J. (2009): Erfassung von Verkehrsdaten mit automatischen Kennzeichenerfassungssystemen, Straßenverkehrstechnik, Heft 12, S. 789-795, Kirschbaum Verlag, Bonn.

Universität Stuttgart

Institut für Straßen- und Verkehrswesen

Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik

www.isv/uni-stuttgart.de/vuv/

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Erfassung von Verkehrsdaten mit automatischen Kennzeichenerfassungssystemen

Recording Traffic Data with Automatic Number Plate Recognition Systems

Autoren

Prof. Dr.-Ing. Markus Friedrich Dipl.-Inf. Prokop Jehlicka

Dipl.-Ing. Johannes Schlaich MBA (USQ) Verfasseranschrift: Universität Stuttgart

Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik Seidenstraße 36

70174 Stuttgart

Telefon: 0711-685-82480

Email: vorname.nachname@isv.uni-stuttgart.de

Kurzfassung

Messgeräte zur automatischen Erfassung von Kennzeichen (ANPR) können wertvolle Daten für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik generieren. Durch die Erkennung und Speicherung von Kennzeichen an einem oder mehreren Straßenquerschnitten lassen sich verschiedene Aufgaben lösen, die ohne ANPR-Systeme gar nicht oder nur mit hohem personellen und zeitlichen Aufwand möglich wären. Dieser Bericht beschreibt die Datenerhebung und –auswertung und präsentiert fünf Anwendungen:

Fahrzeugklassifizierung, Ermittlung des Durchgangsverkehrs, Fahrzeitmessung, Beobachtung der Routenwahl und Schätzung von Quell-Ziel-Matrizen.

Abstract

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1 Einleitung

Eine effiziente und zielführend wirksame Planung und Beeinflussung von Verkehrsangebot und Verkehrsnachfrage erfordert eine möglichst vollständige Kenntnis des aktuellen und des zukünftigen Verkehrszustands. Idealerweise sollte der genaue räumliche und zeitliche Ver- lauf aller Ortsveränderungen bekannt sein. Aus diesen Zeit-Weg Trajektorien könnten alle für die Planung und die Steuerung des Verkehrsangebots erforderlichen Kenngrößen abgeleitet werden:

 Verkehrsplanung: Zahl der Wege, Quelle und Ziel der Wege, gewähltes Verkehrsmittel, gewählte Route und Abfahrtszeit, mittlere Reisezeiten, etc.

 Verkehrssteuerung: Zeitabhängige Verkehrsstärken und Abbiegeraten, aktuelle Fahr- zeiten auf Netzabschnitten, etc.

Eine räumlich und zeitlich lückenlose automatische Erfassung des Verkehrs ist zwar wün- schenswert, aus technischen und wirtschaftlichen Gründen bisher jedoch nicht möglich. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wäre eine vollständige Erfassung zudem bedenklich. Übli- cherweise werden deshalb je nach Aufgabenstellung Daten aus einer oder mehreren Daten- quellen erfasst und durch Modellrechnungen vervollständigt. Tabelle 1 zeigt typische Quellen für Verkehrsdaten und ihre Eigenschaften. Sie enthält in der letzten Zeile die Datenquelle, die in diesem Beitrag vorgestellt wird: die automatische Kennzeichenerfassung. Dieses System wird auch als ANPR-System (Automated Number Plate Recognition) bezeichnet.

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Datenquelle Häufigkeit der Datenerfassung

Erfasste Kenngrößen Typischer Anteil des erfassten Verkehrs

Befragungen unregelmäßig  Zahl der Wege

 Quellen und Ziele

 gewähltes Verkehrsmittel

 Reiseweite und Reisezeit

 Fahrtzweck

 bei Haushaltsbefragungen: 1‰

bis 1% aller Haushalte

 bei Fahrgastbefragungen im ÖV: 5% bis 20% aller Fahrgäste

Zählungen unregelmäßig  Verkehrsstärke nach Fahrzeug- klasse bzw. Anzahl Personen

 100% der Verkehrsteilnehmer Messfahrten unregelmäßig  GPS-Trajektorien

 Fahrtweite und Fahrzeit

 Anzahl Halte

 Rückstaulängen

 sehr klein, i.d.R. < 1‰

Lokale Detektoren

kontinuierlich  Verkehrsstärke nach Fahrzeugklasse

 Geschwindigkeit

 Belegungsgrad

 100% der Fahrzeuge

Floating Car Data (FCD)

kontinuierlich  Fahrzeiten für Netzabschnitte

 Orte von Störungen

 bei FCD aus Taxis: 1‰ bis 1%

aller Fahrten

 auf Autobahnen: <1% aller Pkw Floating

Phone Data (FPD)

kontinuierlich  Fahrzeiten für Netzabschnitte

 gewählte Routen

 Quellen und Ziele

 ca. 20 bis 30% aller Fahrten, sofern eine Fahrtweite von 10 bis 20 km überschritten wird Automatische

Kennzeichen- erfassung

unregelmäßig oder kontinuierlich

 Fahrzeugklassifizierung

 Fahrzeiten für Netzabschnitte

 Durchgangsverkehr

 gewählte Routen

 80% bis 90% der Fahrzeuge

Tabelle 1: Typische Quellen für Verkehrsdaten und ihre Eigenschaften.

ANPR-Systeme werden beispielsweise von der Polizei für Kontrollen eingesetzt und waren in diesem Zusammenhang im März 2008 Gegenstand eines Urteils des Bundesverfassungs- gerichts (Bundesverfassungsgericht 2008). In London erfassen ANPR-Systeme die Fahr- zeuge, die in die Mautzone in der Innenstadt einfahren.

Für die Planung und Steuerung des Verkehrs stehen Anwendungen im Vordergrund, bei denen an zwei oder mehr Messstellen im Netz Kennzeichen erfasst und miteinander verglichen werden. Aus dem Vergleich der Kennzeichen erhält man unmittelbar die genauen Fahrzeiten zwischen zwei Messstellen für eine große Anzahl von Fahrzeugen. Außerdem

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des Routenwahlverhaltens, Abschätzung großräumiger Herkünfte und Ziele in Autobahnnetzen.

2 Automatische Kennzeichenerfassung

2.1 Systembeschreibung

ANPR-Systeme zur automatischen Erfassung von Kfz-Kennzeichen bestehen im Wesentlichen aus zwei Komponenten: einer Kamera, die vorbeifahrende Fahrzeuge erfasst und ununterbrochen Bilder an einen Rechner sendet und einer Software, die in den empfangenen Bildern die einzelnen Zeichen der Kennzeichen erkennt und in einer Datenbank abspeichert. Eine Auswahl von Anbietern solcher ANPR-Geräte ist im Anhang zu finden.

Kamera

Die Kamera besteht aus einem digitalen Farbbild-Sensor (Farbkamera), der über ein Weitwinkelobjektiv ein Übersichtsbild erzeugt, einem Strahler aus Infrarot-LEDs, der für die Fahrzeuge unsichtbare Infrarotstrahlen emittiert und einem Infrarotbild-Sensor (Infrarotkamera), der nur die Wellenlänge des Infrarotlichts des Strahlers erkennt und daraus ein Infrarotbild erzeugt. Bewegt sich das Kennzeichen eines Kfz durch den Sichtbereich der Kamera, reflektiert die weiße Fläche des Kennzeichens den Infrarotstrahl zurück, die schwarzen Zeichen, sowie die Umgebung des Kennzeichens (Karosserie, Fahrbahnbelag, usw.) dagegen nicht. Auf dem Infrarotbild erscheint der Text des Kennzeichens als schwarze Zeichen auf leuchtend weißem Hintergrund. Direkte Einstrahlung des Sonnenlichtes verstärkt die Reflektion des Kennzeichens. Dennoch ist der Infrarot-Strahler stark genug, um Kennzeichen vorbeifahrender Fahrzeuge auch bei Nacht zu erkennen. Die Brennweite der Infrarotkamera ist so eingestellt, dass sie in etwa die Breite eines Fahrstreifens erfasst. Die Farbkamera hingegen hat eine geringere Brennweite, so dass sie einen Überblick über den Erfassungsbereich und das erfasste Kfz erlaubt. Von beiden Kameras werden alle 300ms Bilder an einen Rechner geschickt, auf dem die Bilderkennung durchführt wird.

ANPR-Systeme können entweder, wie in Abbildung 1 gezeigt, auf einem Brückenbauwerk über der Fahrbahn aufgestellt werden, oder seitlich am Fahrbahnrand. Bei einer seitlichen Aufstellung ist es jedoch nicht möglich, Verkehr auf mehreren Fahrstreifen zu beobachten, da Fahrzeuge auf den entfernteren Fahrstreifen durch Abschattung von Fahrzeugen auf dem nächstgelegenen Fahrstreifen nicht vollständig erfasst werden können. Um den Verkehrsfluss nicht zu stören, kann eine Erfassung der Kennzeichen von hinten sinnvoll sein.

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Abbildung 1: Zwei ANPR-Systeme auf einem Brückenbauwerk.

Software

Sobald die Software auf einem übermittelten Bild ein Kennzeichen erkennt, wird die vollständige Zeichenfolge durch einen Algorithmus zur optischen Zeichenerkennung (OCR = optical character recognition) erkannt und mit Hilfe einer Prüfung der Zeichenfolgensyntax die Herkunft des Kennzeichens bestimmt.

Danach wird die Zeichenfolge zusammen mit dem Zeitpunkt der Erfassung und den dazugehörigen Bildern der Kamera in einer Datenbank gespeichert. Abbildung 2 zeigt den schematischen Ablauf der gesamten Kennzeichenerkennung. Das Kennzeichen kann dabei komplett verschlüsselt werden oder so, dass alle Zeichen mit Ausnahme des Gebietskennzeichens (z.B. S für Stuttgart oder ES für Esslingen) verschlüsselt werden

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Abbildung 2: Schematischer Ablauf einer Kennzeichenerkennung.

2.2 Erkennungsrate

Die Erkennungsrate beschreibt die Abweichung zwischen der Anzahl der erkannten Kennzeichen und der Anzahl der tatsächlich den Querschnitt passierenden Fahrzeuge. Sie hängt zum einen von äußeren Faktoren ab, die nicht beeinflusst werden können. Dazu gehören Niederschlag, Winkel und Intensität der Sonneneinstrahlung, Abschattungen auf der Fahrbahn sowie verschmutzte oder verbogene Kennzeichen. Zu anderen hängt die Erkennungsrate auch von Faktoren ab, die der Anwender beeinflussen kann. Dazu gehören u.a. die Aufstellposition der Systeme, der Aufstellwinkel sowie der Abstand zwischen dem System und dem Kennzeichen.

Abbildung 3 zeigt den Verlauf der Erkennungsrate an zwei verschiedenen Tagen mit ähnlichen Wetterbedingungen und ähnlicher Verkehrslage. Der ähnliche Verlauf der Erkennungsraten an beiden Tagen lässt darauf schließen, dass diese von der Tageszeit abhängig ist, über die sich der Einstrahlwinkel und die Intensität der Sonnenstrahlung sowie der Schattenwurf auf die Fahrbahn durch Bewuchs oder Bebauung am Fahrbahnrand verändern.

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Abbildung 3: Zeitabhängige Erkennungsrate an zwei Tagen.

Abbildung 4 zeigt die Erkennungsrate in Abhängigkeit vom eingestellten Winkel zwischen der zentralen Bildachse der Kamera und der Fahrbahnoberfläche . Dabei entsprechen 100%

dem besten gemessenem Wert, der bei einem Winkel von 45° erreicht wurde. Die Erkennungsrate reduziert sich bei einer Verringerung und einer Erhöhung des Winkels. Da sich die Intensität des Infrarotlichtes mit dem Quadrat der Entfernung verringert, reflektiert das Kennzeichen bei einem Winkel < 40° nicht mehr genug Licht, um eine zuverlässige Erkennung zu ermöglichen. Demgegenüber verursacht ein größerer Winkel eine Verzerrung des Kennzeichens und der einzelnen Zeichen, was eine Erkennung ebenfalls erschwert.

Ebenso kann bei höheren Winkeln das Kennzeichen sogar vollständig von Überbauten wie z.B. Lkw-Containern verdeckt und gar nicht mehr erkannt werden.

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Abbildung 4: Winkelabhängige Erkennungsrate.

Zusammenfassend kann man davon ausgehen, dass ein gut aufgebautes und eingestelltes ANPR-System mindestens 80% der Kennzeichen vorbeifahrender Fahrzeuge korrekt erkennt, häufig auch über 90%. Die Erfahrungen zeigen außerdem, dass ANPR-Systeme auch Fahrzeuge mit hohen Geschwindigkeiten auf Autobahnen korrekt erfassen können.

Selbst bei sehr hohen Verkehrsstärken von bis zu 2.300 Fahrzeugen pro Stunde und Fahrstreifen sind keine signifikanten Verschlechterungen der Erkennungsrate zu beobachten.

2.3 Erkennung identischer Kennzeichen

Um Fahrzeiten und Routen von Fahrzeugen zu ermitteln, ist es notwendig die aufgenommene Zeichenfolgen von Kennzeichen an zwei unterschiedlichen Messstellen miteinander zu vergleichen. Dazu wird eine Vergleichsfunktion benötigt.

Auf Grund von Datenschutzbestimmungen kann es manchmal notwendig sein, die erkannten Kennzeichen zu verschlüsseln. Die meisten ANPR-Systeme verfügen über eine Verschlüsselungsfunktion, die einen eindeutigen Verschlüsselungstext anstelle der Zeichenfolge des Kennzeichens speichern kann. Wenn man die Verschlüsselungstexte vergleicht, ist es damit möglich, dasselbe Kennzeichen an zwei unterschiedlichen Messstellen zu identifizieren, ohne das Kennzeichen selber zu kennen. Dies kann durch eine einfache Datenbankabfrage erreicht werden.

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Bei manueller Erfassung von Kennzeichen werden immer wieder fehlerhafte Einträge durch Zeichendreher verursacht, z.B. wird statt „S-XY 123“ die Zeichenfolge „S-XY 132“

aufgeschrieben. Dieser Aufzeichnungsfehler kann bei ANPR-Systemen nicht auftreten. Dafür gibt es andere Fehlerquellen bei der Nutzung von ANPR-Systemen:

 Sind die Kennzeichen verschmutzt oder verbeult, können einzelne Zeichen des Kennzeichens falsch erkannt werden und mit einem ähnlich aussehendem verwechselt werden, z.B. „0“ statt „O“, „H“ statt „II“, „U“ statt „Ü“ oder „B“ statt „8“

 Fahrzeuge, die im Moment der Aufnahme den Fahrstreifen wechseln, können nur teilweise auf dem Bild zu sehen sein, so dass beim Kennzeichen der Anfang oder das Ende nicht erkannt wird. Es wird nur ein unvollständiges Kennzeichen in der Datenbank abgespeichert.

Wird an einer Messstelle ein Kennzeichen nun falsch erkannt und verschlüsselt abgelegt, kann das Fahrzeug nicht mehr mit einem korrekt eingelesenen Kennzeichen einer zweiten Messstelle identifiziert werden, da sich völlig unterschiedliche Verschlüsselungstexte ergeben. In Fällen, in denen das Kennzeichen nicht verschlüsselt wird, ist es möglich die Identifizierung gleicher Zeichenfolgen mit einer Abstandsfunktion zu erweitern, bei der sowohl die Anzahl unterschiedlicher Zeichen, die Längenunterschiede der Kennzeichen, als auch die visuelle Ähnlichkeit der Kennzeichen im Funktionswert berücksichtigt werden.

Versuche haben hier gezeigt, dass zwei Kennzeichen mit einem Abstandswert von 1 (Anzahl der unterschiedlichen Ziffern + Längendifferenz = 1) immer noch als identisch betrachtet werden können, wobei ein Wert von 2 nahezu ausschließlich von unterschiedlichen Kennzeichen verursacht wird. Bei einer Berechnung der Ähnlichkeit ist die Rechenzeit jedoch etwa 30 Mal höher als bei einem einfachen Kennzeichenvergleich.

3 Anwendung der automatischen Kennzeichenerfassung

Mit den Systemen zur automatischen Kennzeichenerfassung sind unterschiedliche Anwendungen denkbar, von denen hier fünf näher betrachtet werden. In Tabelle 2 werden die Anwendungen aufgelistet und dargestellt, ob für die Anwendung eine Verschlüsselung der Kennzeichen möglich ist.

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Anwendung Möglichkeit zur Kennzeichenverschlüsselung

Fahrzeugklassifizierung Nein, vollständige Kennzeichen werden zur Abfrage der Fahrzeugklassen benötigt Erkennung von

Durchgangsverkehr

Ja, die Qualität des Ergebnisses wird aber reduziert, da die Anwendung den vollen Fahrzeugsatz benötigt. Wenn nicht alle Fahrzeuge erkannt werden, ist eine Hochrechnung notwendig.

Fahrzeitmessung Ja, eine Verschlüsselung verursacht keine signifikante Reduzierung des Datensatzes

Analyse des

Routenwahlverhaltens

Ja, die Qualität des Ergebnisses wird aber reduziert, da die Anwendung den vollen Fahrzeugsatz benötigt. Wenn nicht alle Fahrzeuge erkannt werden, ist eine Hochrechnung notwendig.

Schätzung von Quelle- Ziel-Matrizen anhand des Gebietskennzeichens

Ja, wenn nur der zweite Teil des Kennzeichens verschlüsselt wird und nicht die Gebietskennzeichen.

Tabelle 2: Anwendungsbeispiele für ANPR-Systeme.

3.1 Fahrzeugklassifizierung

ANPR-Systeme können ohne weitere Messgeräte keine Unterscheidung zwischen den einzelnen Fahrzeugklassen (z.B. Pkw / Lkw oder nach technischen Merkmalen) durchführen.

Ist eine Analyse der Fahrzeuge z.B. nach Fahrzeugklassen oder Schadstoffgruppen erforderlich, ist eine kostenpflichtige Analyse der einzelnen Kennzeichen durch das Kraftfahrt-Bundesamt notwendig. Eine derartige Analyse ist für die im Fahrzeugschein hinterlegten technischen Daten der Kraftfahrzeuge möglich. Halter-bezogene Daten können aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht abgefragt werden. Ebenfalls aus datenschutzrechtlichen Gründen können die Ergebnisse nur für hinreichend groß besetzte Ergebnisklassen von Kraftfahrzeugen zur Verfügung gestellt werden. Für einzelne Kennzeichen sind generell keine Aussagen möglich. Im Rahmen der Datenanfrage wird eine hinreichend große Anzahl von Kennzeichen an das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg geschickt. Gleichzeitig müssen die technischen Merkmale benannt werden, für die die Auswertung erfolgen soll. Als Ergebnis erhält man dann die entsprechende klassierte Verteilung der technischen Merkmale. In Abbildung 5 sind als Beispiel für eine derartige Auswertung Verteilungen der Schadstoffgruppen für Pkw zu sehen, die auf einem Streckenzug in Stuttgart erhoben wurden.

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Abbildung 5: Anteile der Schadstoffgruppen für Pkw in den Jahren 2005, 2006 und 2008 (gleicher Zeitraum, gleicher Wochentag) auf einem Streckenzug in Stuttgart.

3.2 Erfassung von Durchgangsverkehr

Mit den ANPR-Systemen werden Fahrzeuge erkannt, die in ein Untersuchungsgebiet an einem Kordon-Knoten einfahren und dieses an einem anderen wieder verlassen. Ein Fahrzeug, das an zwei Messstellen erfasst wurde, wird jedoch nur dann als Durchgangsverkehr gezählt, wenn man annehmen kann, dass das Fahrzeug das Untersuchungsgebiet ohne Zwischenstopp durchfahren hat. Fahrzeuge mit einem Zwischenstopp im Gebiet werden als „gebrochener Durchgangsverkehr“ bezeichnet. Da es allein anhand der Fahrzeit eines einzelnen Fahrzeuges keine Möglichkeit gibt, zwischen echtem und gebrochenem Durchgangsverkehr zu unterscheiden, ist ein Algorithmus erforderlich, der den Teil der Fahrzeuge als Durchgangsverkehr dynamisch herausfiltert,

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 Ableitung des echten Durchgangsverkehrs: Als echter Durchgangsverkehr werden die Fahrzeuge gezählt, die maximal die k-fache Zeit (z.B. k=2) der n Prozent schnellsten Fahrzeuge benötigen.

Die Unterteilung zwischen Durchgangsverkehr und gebrochenem Durchgangsverkehr an einer Messstrecke ist in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6: Unterteilung des Durchgangsverkehrs.

Da ANPR-Systeme nur 80% bis 90% der Kennzeichen identifizieren, ist eine Hochrechnung von den erfassten Fahrzeugen auf die Gesamtheit aller Fahrzeuge erforderlich. Das erfordert die Durchführung paralleler Zählungen der Verkehrsstärke am Messquerschnitt. Sie können als kontinuierliche Zählung über den gesamten Untersuchungszeitraum konzipiert werden oder als zeitlich begrenzte Zählung zur Ermittlung der Erkennungsrate (z.B. eine 15-Minuten Zählung pro Erhebungsstunde). Ist die Gesamtheit aller Fahrzeuge bekannt, dann ergibt sich die Verkehrsstärke des Durchgangsverkehrs aus der folgenden Formel:

e a DV DV DV

e a e a

e a

 

        

mit

DV Verkehrsstärke Durchgangsverkehr hochgerechnet DV’ Verkehrsstärke Durchgangsverkehr erhoben

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e’ Zahl der erfassten Kennzeichen am Eingangsmessquerschnitt a Zahl der gezählten Fahrzeuge am Ausgangsmessquerschnitt a’ Zahl der erfassten Kennzeichen am Ausgangsmessquerschnitt

3.3 Fahrzeitmessung

Die Durchführung einer Fahrzeitmessung mit konventionellen Methoden ist nicht ausreichend exakt oder nur mit sehr hohen Kosten durchführbar. Eine Geschwindigkeitsmessung an einem Punkt mit lokalen Detektoren erlaubt nur eine Schätzung der Fahrzeit. Eine exaktere Methode ist durch die Verfolgung von Fahrzeugen über die gesamte Messstrecke möglich. Damit oder mit Floating Car Data werden allerdings nur geringe Mengen an Fahrzeugen erfasst.

Werden ANPR-Systeme an mindestens zwei Messstellen entlang eines Streckenzugs aufgestellt, können exakte Fahrzeiten von allen Fahrzeugen erfasst werden, die diesen Streckenzug durchfahren. In Abbildung 7 sind die individuellen Fahrzeiten als grüne Punkte zu sehen. Zwischen 8 Uhr und 11 Uhr steigen die Fahrzeiten aufgrund erhöhter Verkehrsstärken auf der Strecke an. Dabei können zwei Fahrzeuggruppen voneinander unterschieden werden.

 Fahrzeuge auf der Standardroute: Diese Fahrzeuge haben staubedingt eine erhöhte Fahrzeit zwischen den Messstellen.

 Fahrzeuge im untergeordneten Netz: Diese Fahrzeuge haben den Stau rechtzeitig bemerkt und diesen auf dem untergeordneten Netz umfahren. Dadurch erhöht sich deren Fahrzeit deutlich weniger als auf der Standardroute.

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Abbildung 7: Fahrzeit in einem städtischen Netzabschnitt.

Auf kürzeren Streckenzügen mit einer Lichtsignalanlage kann mit ANPR-Systemen die Anzahl der Halte erkannt und die Verlustzeit jedes Fahrzeugs bestimmt werden.

Bei Messungen der Fahrzeiten auf Fernstraßen können die Fahrzeiten mit zeitgleich veröffentlichten Verkehrsnachrichten verglichen werden. Abbildung 8 zeigt eine lineare Regressionsanalyse zwischen der gemessenen Fahrzeit und der veröffentlichten Staulänge.

Die Messwerte basieren auf Beobachtungen für einen Streckenzug über mehrere Tage (vgl.

Schlaich & Friedrich, 2008).

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Abbildung 8: Regressionsanalyse zwischen Verkehrsmeldungen und gemessener Fahrzeit.

3.4 Routenwahlverhalten

Mit heutigen Detektoren ist es nicht möglich, für große Stichproben das Routenwahlverhalten zu beobachten. Zur Beobachtung der Routenwahl muss daher in der Regel auf Untersuchungen mit kleinen Stichproben (z.B. Wermuth/Sommer/Wulff, 2004), zurückgegriffen werden. Eine kleine Stichprobe kann allerdings zu statistisch unsicheren Ergebnissen führen. Alternativ können auch Interviews oder Laborversuche (z.B.

Schreckenberg, 2001) durchgeführt werden. Diese sind sehr zeit- und kostenintensiv und insbesondere Laborversuche lassen oft einen realistischen Bezug vermissen.

Die Beobachtung des tatsächlich realisierten Routenwahlverhaltens mit Kennzeichenerfassungsgeräten an ausgewählten Messquerschnitten im Verkehrsnetz

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Route A

Route B

ANPR2

ANPR3

ANPR1

Abbildung 9: Routenwahlbeobachtung mit drei ANPR-Messstellen.

Allerdings gibt es auch einige Nachteile bei der Beobachtung der Routenwahl mit Kennzeichenerfassungssystemen:

 Es liegen keine Informationen über den Fahrer und Fahrtzweck vor.

 Es kann nicht immer eindeutig ermittelt werden, ob ein Fahrzeug zum Durchgangsverkehr gezählt werden kann oder ob auf der Strecke zwischen den Messungen ein Ziel der Fahrt lag (z.B. Kurierservice).

 Fahrtteilnehmer, die aufgrund eines Staus auf der Strecke einen Messquerschnitt umfahren und nicht erfasst werden, können das Ergebnis verfälschen.

In Abhängigkeit vom Untersuchungsgebiet und der Verkehrsstärke können bereits an einem Tag umfangreiche Stichproben erhoben werden. Diese ermöglichen umfassende statistische Auswertungen zum Routenwahlverhalten. So können zum Beispiel mit Maximum-Likelihood- Schätzungen Einflussgrößen für die Routenwahl identifiziert werden. In Tabelle 3 sind einige mögliche Einflussgrößen für die Routenwahl aufgeführt.

Statisch Dynamisch

Fahrtweite Verkehrsmeldungen

Fahrzeit im unbelasteten Netz Baustellen

Statische Beschilderung Dynamische Wechselwegweisung Anzahl Abbiegevorgänge Historische Fahrzeit

Tabelle 3: Mögliche Einflussgrößen für die Routenwahl.

Zudem können die Gewichtungsparameter der einzelnen Einflussgrößen in einer Nutzenfunktion bestimmt werden. Für eine ausführliche Untersuchung der Routenwahl mit Hilfe von Kennzeichenerfassung siehe auch Schlaich/Friedrich (2008).

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3.5 Schätzung von Quelle-Ziel-Matrizen anhand von Gebietskennzeichen

Deutsche Kfz-Kennzeichen besitzen am Anfang ein Gebietskennzeichen, das einem von über 400 Kreisen oder kreisfreien Städten zugeordnet werden kann. In Abbildung 10 ist ein Ausschnitt des deutschen Autobahnnetzes mit den Gebietskennzeichen dargestellt.

A8

A8

A8 A8

ANPR Messstelle

Abbildung 10: Autobahnnetz, Gebietskennzeichen und ANPR-Messstelle in Süd-West- Deutschland.

Eine Auswertung der Gebietskennzeichen an einem Messquerschnitt ermöglicht großräumige Aussagen zu den Herkünften und Zielen der Fahrzeuge. Abhängig vom Gebietskennzeichen eines Fahrzeugs, das sich beispielsweise auf der A8 südlich von

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Quelle- oder Ziel der Fahrt: Für ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen eines benachbarten Gebietes z.B. S (Stuttgart) oder BB (Böblingen) ist es nicht immer möglich abzuleiten, ob sich das Fahrzeug auf der Hinfahrt oder auf der Heimfahrt befindet.

Ob sich ein Fahrzeug auf der Hinfahrt oder auf der Heimfahrt befindet, lässt sich für jedes Gebietskennzeichen automatisch mit Hilfe einer Kurzwegsuche zwischen ANPR-Messstelle und den Schwerpunkten der Gebiete ermitteln. Abbildung 11 verdeutlicht dieses Vorgehen.

4 3

6

Gebiet A3

Gebiet A4

Gebiet A2

Gebiet A1 ANPR Messstelle 1

2 1

5

Widerstand des kürzesten Weges von Gebiet i zu Messstelle 1 <

Widerstand des kürzesten Weges von Messstelle 1 zu Gebiet i

Gebiet i ist Quelle für Messstelle 1

Widerstand des kürzesten Weges von Gebiet i zu Messstelle 1 >

Widerstand des kürzesten Weges von Messstelle 1 zu Gebiet i

Gebiet i ist Ziel für Messstelle 1

Abbildung 11: Regeln zur Identifizierung von Quelle und Ziel für eine ANPR-Messstelle.

Mit der Annahme, dass sich die Ziele von Fahrzeugen mit bekannter Quelle proportional auf die Quellen der Fahrzeuge mit bekanntem Ziel aufteilen und umgekehrt, ist es möglich aus den Informationen eine Quelle-Ziel-Matrix für einen Messquerschnitt abzuleiten. Abbildung 12 zeigt die Quellen und Ziele der in Abbildung 10 beschriebenen ANPR-Messstelle. Die Größe der Kreise und die Balkendicken entsprechen den Verkehrsstärken.

Es ist offensichtlich, dass solche Quelle-Ziel-Matrizen nur für Messquerschnitte mit einem hohen Anteil an Fernverkehr erzeugt werden können. Die resultierende Matrix kann zur Validierung von Verkehrsnachfrage- und Umlegungsmodellen benutzt werden. Dazu wird im Verkehrsmodell eine Spinne über den Messquerschnitt gelegt. Die Verkehrsstärken der Spinne können dann mit den Verkehrsstärken der Kennzeichenerfassung verglichen werden.

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Abbildung 12: Geschätzte Quellen und Ziele von Fahrzeugfahrten, die die ANPR-Messstelle

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Verkehrsplanung und zur Analyse der Leistungsfähigkeit verkehrstechnischer Anlagen. Fest installierte Systeme verbessern die Detektion der Verkehrslage. Die mit ANPR-Systemen ermittelten Fahrzeiten können sowohl für die Steuerung von Verkehrsbeeinflussungssystemen als auch für die direkte Information der Verkehrsteilnehmer genutzt werden. Die Investitionskosten von rund 20.000 € für ein ANPR- System, das einen Fahrstreifen erfassen kann, erscheinen auf den ersten Blick hoch. Dafür bekommt man allerdings sehr genaue Fahrzeitdaten, die in dieser Güte derzeit mit kaum einem anderen System ermittelt werden können. Beispiele aus einzelnen Orten, z.B. aus München (Grüber/Röhr, 2007) zeigen, dass diese Technik zunehmend Verbreitung findet.

5 Literatur

Bundesverfassungsgericht (2008): Hessische und schleswig-holsteinische Vorschriften zur automatisierten Erfassung von Kfz-Kennzeichen nichtig, Pressemitteilung Nr. 27/2008 der Pressestelle des Bundesverfassungsgericht vom 11. März 2008 (siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg08-027.html, Stand 16. März 2009)

Grüber, B., Röhr, T. (2007): Reisezeitmessungen setzen sich durch, Straßenverkehrstechnik Heft 5, S. 264-267, Kirschbaum Verlag, Bonn.

Schreckenberg, M., Selten, R., Chmura, T., Pitz, T. und Wahle, J. (2001), Experiments on Day-to-Day Route Choice, Tagungsband zu den 18. Verkehrswissenschaftlichen Tagen, S.

730-735, Dresden, Deutschland.

Schlaich, J., Friedrich, M. (2008): Staumeldungen und Routenwahl in Autobahnnetzen, Straßenverkehrstechnik, Heft 10, S. 621-627 und Heft 11, S. 706-712, Kirschbaum Verlag, Bonn.

Wermuth, M., Sommer, C. und Wulff, S. (2004), Erhebung der individuellen Routenwahl zur Weiterentwicklung von Umlegungsmodellen, Forschungsbericht FE-Nr. 01.158/2002/CGB im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Braunschweig/Berlin, Deutschland.

Hersteller und Vertrieb von ANPR-Systemen

CAT Traffic: http://www.cat-traffic.de/

Hi-Tech Solutions: http://www.htsol.com/

Messtechnik Mehl: http://www.messtechnik-mehl.de PIPS Technology: http://www.pipstechnology.com

Abbildung

Tabelle 1:  Typische Quellen für Verkehrsdaten und ihre Eigenschaften.
Abbildung 1:  Zwei ANPR-Systeme auf einem Brückenbauwerk.
Abbildung 2:  Schematischer Ablauf einer Kennzeichenerkennung.
Abbildung 3:  Zeitabhängige Erkennungsrate an zwei Tagen.
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