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Björnsen Gurung, A. (Ed.). (2019). Schweiz erneuerbar!. WSL Berichte: Vol. 84. Forum für Wissen 2019: Schweiz erneuerbar!. Birmensdorf, Switzerland: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.

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Academic year: 2022

Aktie "Björnsen Gurung, A. (Ed.). (2019). Schweiz erneuerbar!. WSL Berichte: Vol. 84. Forum für Wissen 2019: Schweiz erneuerbar!. Birmensdorf, Switzerland: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft."

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Schweiz

erneuerbar!

Redaktion

Astrid Björnsen Gurung

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Heft 84, 2019

WSL Berichte

ISSN 2296-3456

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Heft 84, 2019

WSL Berichte

ISSN 2296-3456

Schweiz

erneuerbar!

Redaktion

Astrid Björnsen Gurung

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2 Forum für Wissen 2019

Das Forum für Wissen ist eine Veranstaltung, die von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL durchgeführt wird. Aktuelle Themen aus den Arbeitsgebie- ten der Forschungsanstalt werden vorgestellt und diskutiert. Neben Referenten von der WSL können auswärtige Fachleute beigezogen werden. Gleichzeitig zu jeder Veranstaltung

«Forum für Wissen» erscheint eine auf das Thema bezogene Publikation in der Reihe WSL Berichte. Alle Beiträge wurden von zwei Fachpersonen begutachtet.

Verantwortlich für die Herausgabe der Schriftenreihe Prof. Dr. Konrad Steffen, Direktor WSL

Verantwortlich für dieses Heft

Dr. Astrid Björnsen Gurung, Leiterin Forschungsprogramm Energy Change Impact

Schriftleitung Sandra Gurzeler

Wir danken folgenden Personen, welche sich als Reviewer zur Verfügung stellten, für die kritische Durchsicht der Beiträge und die hilfreichen Kommentare:

Daniela Decurtins, Werner Dönni, Gottfried Gökler, Christoph Hegg, Christine Huovinen, Martin Moritzi, Ruth Schmitt, Lukas Schuler, Ursula Schüpbach, Astrid Wallner,

Sibylle Schroer und Daniela Thrän

Zitierung

Björnsen Gurung, A. (Red.), 2019: Forum für Wissen 2019. Schweiz erneuerbar!

WSL Ber. 84: 45 S.

Layout

Sandra Gurzeler, WSL

Bezugsadresse WSL Shop Zürcherstrasse 111 CH-8903 Birmensdorf e-shop@wsl.ch

PDF Download: www.wsl.ch/berichte

ISSN 2296-3448 (Print) ISSN 2296-3456 (Online)

© Eidgenössische Forschungsanstalt WSL Birmensdorf 2019

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Forum für Wissen 2019 3

Vorwort

Die Energiestrategie 2050 ist die Antwort auf einen spürbaren Wandel in der in- ternationalen Klima- und Energiepolitik. Nach dem Reaktorunglück von Fuku- shima beschlossen Bundesrat und Parlament den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie. Im Jahr 2017 wurde dann das Energiegesetz verabschiedet, welches den Ersatz fossiler Energieträger mit erneuerbaren Energien vorsieht. Das heisst, einheimische erneuerbare Energien wie Wasser, Sonne, Wind, Geothermie und Biomasse sollen verstärkt genutzt und von Effizienz- und Sparmassnahmen be- gleitet werden.

Ein solcher Umbau des Schweizerischen Energiesystems ist ein anspruchsvolles Unterfangen, welches zwar im Geiste des technologischen Fortschritts gestaltet werden sollte, gleichzeitig aber auch mit Sorgfalt und Voraussicht. Zur Schaffung der notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen hat der Bund den «Aktionsplan koordinierte Energieforschung Schweiz» lanciert und die Energieforschung in der Schweiz massgeblich gefördert. In diser bundesweiten Energieforschung besetzte die Forschungsanstalt WSL die Nische der Impact-Forschung. Damit sind Unter- suchungen zu den oft unbeabsichtigten Auswirkungen der Energiewende auf die Umwelt und Gesellschaft gemeint. Das gemeinsam von der WSL und Eawag ins Leben gerufene Forschungsprogramm «Energy Change Impact» deckt diese Zu- sammenhänge auf und trägt damit wesentlich dazu bei, dass die Lösungen von heute nicht die Probleme von morgen verursachen.

Das Tagungsprogramm für das Forum für Wissen «Schweiz erneuerbar» macht deutlich, wieviel die Umweltforschung zu einer vorausschauenden Planung sowie zur Vermeidung von Fehlentwicklungen beitragen kann. Die Themenvielfalt – sei es der Einfluss von LED-Licht auf die Insektenvielfalt, Abschätzungen zu den Energiepotenzialen aus Hofdünger oder sozialwissenschaftliche Untersuchungen zur Akzeptanz – lässt erahnen, dass es sich beim Umbau des Schweizerischen Energiesystems um ein Grossprojekt handelt, welches nur gemeinsam, unter Ein- bezug verschiedener Disziplinen und Sektoren gelingen kann. In diesem Sinne soll das Forschungsprogramm «Energy Change Impact» den dringend notwendigen Wandel nicht behindern, sondern Entscheidungsgrundlagen schaffen und zur ge- meinsamen Lösungsfindung beitragen.

Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Tagung und Lektüre, die Sie in ihrem persönlichen Beitrag zur Energiewende beflügeln wird!

Birmensdorf, 21. November 2019 Prof. Dr. Konrad Steffen

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Forum für Wissen 2019 5

Inhalt Seite Vorwort 3 sichtBAR: Wo steht die Energiewende und was kann die WSL 7 zur Umsetzung tun?

Astrid Björnsen Gurung

planBAR? Smart Light – Bei grosser Planung auch das Kleine sehen 11 Janine Bolliger und Jörg Haller

steuerBAR? Wo wollen wir «Energielandschaften» und wo nicht? 15 Boris Salak, Felix Kienast, Roland Olschewski, Reto Spielhofer,

Ulrike Wissen, Adrienne Grêt-Regamey und Marcel Hunziker

optimierBAR: Mist und wieso er zur Sprache kommen muss 23 Vanessa Burg, Gillianne Bowman und Oliver Thees

verwundBAR: Wie verändert die Energienutzung 31

die Gewässertemperaturen?

Schmid Martin

verhandelBAR? Neue Ansprüche an Schweizer Wasserspeicher 37 Elke Kellner, Manuela Brunner, Astrid Björnsen Gurung

und Manfred Stähli

Projekte aus dem Forschungsprogramm 2013 bis 2020 41

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Forum für Wissen 2019: 7–9 7

sichtBAR: Wo steht die Energiewende und was kann die WSL zur Umsetzung tun?

Astrid Björnsen Gurung

Eidg. Forschungsanstalt WSL, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf, astrid.bjoernsen@wsl.ch

Erneuerbar, zuverlässig und am liebs- ten einheimisch soll sie sein: Die zukünftige Energieversorgung der Schweiz. Kaum jemand mag bestreiten, dass die verstärkte Nutzung erneuerba- rer Ressourcen wie Wasser, Biomasse, Wind und Sonne eine gute Sache ist – nicht zuletzt auch fürs Klima. Doch auch neue Technologien oder Ressour- cennutzungen, die auf den ersten Blick sinnvoll, innovativ, grün und gut er- scheinen, haben Nebenwirkungen.

Auswirkung der Energiewende Am offensichtlichsten werden diese Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Bauten, die für die Bereitstellung von erneuerbarer Energie notwendig sind. Ob neue Talsperren, Windparks oder Biogasanlagen: Alle gehen mit ei- nem Land- und Ressourcenverbrauch einher; und dies nicht nur für den Bau, Betrieb und Unterhalt der Anlagen, sondern auch für den Transport, zum Beispiel von Grünabfällen zur Biogas- anlage. Der Umbau des Energiesys- tems braucht also Platz und konkur- riert nicht selten mit anderen Ansprü- chen. Insbesondere Fläche ist in der dichtbesiedelten Schweiz ein knap- pes Gut. Ebenso steht die unverbaute Landschaft zunehmend unter Druck.

Wird zum Beispiel die alpine Wasser- kraft gemäss Energiestrategie 2050 weiter ausgebaut, betrifft dies nicht nur die Alpen, sondern ebenso die Tal- schaften, entlang derer der Strom über Hochspannungsleitungen zu den ur- banen Zentren transportiert wird. Für den Bau von Hochspannungsleitungen muss oft auch Wald weichen (Troxler und Zabel 2019).

Im Gegensatz zu diesen einfach er- kennbaren und auch vorhersehbaren Ressourcen- und Landschaftskonflik- ten haben neue Technologieentwick-

lungen und Nutzungen nicht selten auch Nebenerscheinungen, die nicht so offensichtlich sind. Ein gutes Beispiel ist die Umstellung von herkömmlichen Leuchtmitteln auf energiesparende LEDs. Diese energie- und kostenspa- rende Massnahme führt nicht nur dazu, dass Gärten und Gehwege grosszügi- ger beleuchtet werden («es kostet ja fast nichts»), sondern sie beeinflusst auch das Verhalten nachtaktiver Insek- ten, die die LED-Lichtfrequenzen an- ders wahrnehmen (siehe Beitrag von Bolliger und Haller, S. 11). Unbe- absichtigt sind auch die Folgen für die Xylobionten, holzbewohnende Käfer die ihre Eier bevorzugt in den grossen Energieholzhaufen an den Waldrän- dern ablegen. Diese imposanten Holz- haufen werden über Monate gelagert und dann als Schnitzel oder Holzpel- lets verfeuert. Meist viel zu früh, weil viele holzbewohnende Käferlarven oft Jahre brauchen, um zu adulten Käfern heranzuwachsen (Lachat 2016).

Gesellschaftlicher Widerstand Nebst solchen, weitgehend unerforsch- ten ökologischen Zusammenhängen spielt auch der Mensch eine zentrale Rolle, wenn es um eine umsichtige Um- setzung der Energiestrategie 2050 geht.

Zahlreiche sozioökonomische Fakto- ren wie individuelle Präferenzen, ge- sellschaftliche Werte, Preise, und nicht zuletzt auch politische Entscheide und Massnahmen beeinflussen, ob sich eine neue Technologie durchsetzt oder die notwendigen Schritte tatsächlich unter- nommen werden. Obwohl die Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten den Ausstieg aus der Atomenergie befür- wortet und 2017 dem neuen Energiege- setz zugestimmt hat, sind Widerstände gegen neue Windenergieanlagen nach wie vor die Regel. Die Wasserkraft, de-

rer sich die Schweiz gerne rühmt, ist meist nur dort akzeptiert, wo die Tal- sperren bereits seit Jahrzehnten ste- hen, nicht aber für neue Standorte.

Einzig die Solarenergie findet brei- ten Zuspruch, solange sie ausschliess- lich auf Dächern und Fassaden erzeugt wird. Trotzdem etabliert sie sich nur sehr langsam. Fotovoltaik-Anlagen auf Freiflächen sind in der Schweiz aktuell nicht möglich (siehe Salak et al., S. 15).

Der Umbau des Energiesystems, des- sen Ziele in der Energiestrategie 2050 beschrieben sind (BFE 2017), steht immer noch am Anfang. Die Schweiz steht vor der Herausforderung, diesen fundmentalen Systemwechsel zu voll- ziehen, ohne damit neue Problemfel- der zu schaffen. Die historisch gewach- sene «Energielandschaft Schweiz»

birgt grosse Potenziale, aber auch viel- fältige Optionen, die sorgfältig geprüft und verhandelt werden müssen. Über den idealen Pfad für die Energiewende fehlt momentan der gesellschaftliche Konsens (Abb. 1).

Aktuelle Forschungsfragen Ist es nun also klug, zukünftig mehr Holz aus dem Wald zu verheizen? Ist nicht eher der Hofdünger das grüne Gold der Zukunft (siehe Burg et al., S.

23)? Lohnt sich der Ausbau der Was- serkraft, oder schwindet mit den Glet- schern auch das Energiepotenzial (Fa- rinotti 2016)? Wenn der Klimawandel der Schweiz zukünftig öfter Sommer- trockenheit beschert, sollten die Was- serkraftbetreiber nicht auch Wasser für die Bewässerung zur Verfügung stel- len (Brunner et al. 2019a; 2019b; Kell- ner et al., S. 37)? In welchem Ausmass könnten Oberflächengewässer für die Wärmenutzung oder zu Kühlungszwe- cken herangezogen werden (Schmid, S. 31)? Wie bewertet die Bevölkerung

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8 Forum für Wissen 2019

WSL Berichte, Heft 84, 2019 neue oder zusätzliche Energieinfra-

strukturen in der Landschaft, und was bedeutet das für die Akzeptanz (siehe Salak et al., S. 15)?

Energieforschung Schweiz Der Bund hat früh erkannt, dass es für das Gelingen der Energiewende neben technologischen Innovationen auch so- zioökonomische Forschung braucht.

Entsprechend hat er 2013–2016 im Rahmen der Botschaft zum Aktions- plan «Koordinierte Energieforschung Schweiz» 202 Millionen Franken für die Energieforschung bereitgestellt (Bundesrat 2012). Im Rahmen von sie- ben Kompetenzzentren (Swiss Com- petence Center für Energy Research, SCCER), zwei Nationalen Forschungs- programmen (NFP 70/71) und zahlrei- chen Nationalfonds-Professuren wur-

den Technologien entwickelt und das nötige Fachwissen aufgebaut, um den Umbau voranzubringen. Auf diesem Hintergrund kristallisierte sich der Be- darf nach einem Forschungsprogramm, dessen Fokus nicht auf technischen Lö- sungen und Massnahmen liegt, son- dern auf den damit verbundenen Risi- ken und Konflikten (Hanewinkel und Blattert 2011).

Energy Change Impact

Zu diesem Zweck wurde 2014 das For- schungsprogramm «Energy Change Impact» (Energiewende-Folgenfor- schung) lanciert, das gemeinsam durch die WSL und Eawag aufgebaut und bis 2016 durch das Energieforschungsbud- get des ETH-Rats mitfinanziert wurde.

Seither wird das Programm durch Drittmittel und Eigenmittel der WSL

weiter aufgebaut. Inzwischen wurden an der WSL mehr als 40 Projekte, an der Eawag weitere 17 Projekte reali- siert (siehe Projektliste S. 41). Zahl- reiche Projekte untersuchen die Res- sourcenverfügbarkeit von Biomasse (z. B. Burg et al. 2019; Thees et al. 2017), Wasser (z. B. Brunner 2019a; Farinotti 2016), Solarenergie (z. B. Kienast et al.

2017), Wind und Landschaft (z. B.

Suškevic˘s 2019), welche Vorausset- zung für die Produktion erneuerbarer Energie ist. Weitere Studien beschäfti- gen sich mit den möglichen – oft uner- wünschten – Auswirkungen der verän- derten oder intensivierten Ressourcen- nutzung, zum Beispiel die Effekte einer Staumauererhöhung auf die Umwelt.

Untersucht werden auch Auswirkun- gen von neuen Anlagen, deren Betrieb und den damit verbundenen Transport von Energie. Mit einem Blick auf die Zukunft soll diese Forschung dazu bei- tragen, mögliche Konfliktfelder nicht nur frühzeitig zu erkennen, sondern auch ungewollte Nebeneffekte zu ver- meiden oder zu vermindern.

Das Forum für Wissen 2019 und der vorliegende Tagungsband greifen diese Zusammenhänge auf und fassen den Stand des Wissens zu den Auswirkun- gen der Energiewende in fünf exem- plarischen Themenbereichen zusam- men. Weitere Informationen zu den einzelnen Projekten sind auf Seite 41 aufgeführt oder können digital unter www.wsl.ch/projekte-energy-change- impact abgerufen werden.

Was kann die WSL für die Umsetzung tun?

Die bundesweite Förderung der Ener- gieforschung hat massgeblich dazu bei- getragen, dass heute fundiertes Wissen und innovative Lösungen für die Um- setzung der Energiestrategie 2050 zur Verfügung stehen. Die grosse Heraus- forderung liegt nun darin, diesen Fun- dus an Technologien, Daten und Wissen der Gesellschaft zugänglich und nutz- bar zu machen, denn nicht jede gute Technologie oder Innovation schafft es automatisch an den Markt oder gelangt zur Umsetzung. Und noch weniger ge- langt wissenschaftliches Know-how ohne weiteres Zutun zur Anwendung.

Auf die bisherigen Anstrengungen und Abb. 1. In der «Energielandschaft Schweiz» finden sich zahlreiche Pfade und Möglichkeiten

für einen Umbau des Energiesystems. Für die kluge Wahl lohnt sich der Blick auf die ver- fügbaren Ressourcen sowie auf die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft (Illustra- tion: A. Björnsen 2019).

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Forum für Wissen 2019 9

Leistungen der Energieforschung müs- sen zwingend weitere Schritte folgen, welche die Erkenntnisse und Techno- logien nicht nur an die Öffentlichkeit tragen, sondern gleichfalls dafür sor- gen, dass diese tatsächlich verstanden und angewendet werden (Hoffmann et al. 2019). Entscheidungsträger der Schweizer Forschungspolitik haben die Notwendigkeit erkannt, die Wissen- schaft gezielter auf drängende gesell- schaftliche Fragen, wie dem Klimawan- del und den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen auszurichten. Der Umbau der Energieversorgung ist ganz klar ein Thema, das in Zukunft von der For- schung in enger Zusammenarbeit mit Vertretern aus Gesellschaft und Politik bewirtschaftet werden muss. Auch die WSL wird hier im Rahmen von Projek- ten gemeinsam mit Partnern ihr Wis- sen und ihre Erfahrung einbringen und weiterentwickeln.

Literatur

Bolliger, J.; Haller, J., 2019: planBAR?

Smart Light – Bei grosser Planung auch das Kleine sehen Smart-light-Techno- logie: Chancen und Herausforderungen für die Biodiversität. In: Björnsen Gu- rung, A. (Red.) Forum für Wissen 2019.

Schweiz erneuerbar! WSL Ber. 84: 11–14.

Brunner, M.I.;   Björnsen Gurung, A.;

Zappa, M.; Zekollari, H.; Farinotti, D.;

Stähli, M., 2019a: Present and future wa- ter scarcity in Switzerland: Potential for alleviation through reservoirs and la- kes. Sci. Total Environ. 1033-1047, doi:

10.1016/j.scitotenv.2019.02.169

Brunner, M.; Björnsen Gurung, A.;

Speerli, J.; Kytzia, S.; Bieler, S.; Schwere, D.; Stähli, M., 2019: Beitrag von Wasser- speichern zur Verminderung zukünftiger

Wasserknappheit? Wasser Energ. Luft 3:

145–152.

Bundesamt für Energie BFE, 2017: Ener- giestrategie 2050: Chronologie. https://

www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/

energiestrategie-2050.html (letzter Zu- griff 25.10.2019)

Bundesrat, 2012: Aktionsplan «Koordi- nierte Energieforschung Schweiz». Mass- nahmen in den Jahren 2013–2016. 12.079, S. 9019. https://www.admin.ch/opc/de/fe- deral-gazette/2012/9017.pdf (letzter Zu- griff 28.10.2019).

Burg, V.; Bowman, G.; Hellweg, S.; Thees, O., 2019: Long-term wet bioenergy re- sources in Switzerland: Drivers and pro- jections until 2050. Energies 12, 3585.

doi:10.3390/en12183585

Burg, V.; Bowman, G.; Hellweg, S.; Thees, O., 2019: optimierBAR: Mist und wieso er zur Sprache kommen muss. Hofdünger- Vergärung in der Schweiz: Energetisches Potenzial, reduzierte Treibhausgasemis- sionen und Grundeinstellung der Land- wirte. In: Björnsen Gurung, A. (Red.) Forum für Wissen 2019. Schweiz erneu- erbar! WSL Ber. 84: 23–30.

Farinotti, D.; Pistocchi, A.; Huss, M., 2016:

From dwindling ice to headwater lakes:

could dams replace glaciers in the Euro- pean Alps? Environ. Res. Lett. 11, 054022.

doi: 10.1088/1748-9326/11/5/054022 Hanewinkel, M.; Blattert, C., 2011: Ener-

gieforschung in der Schweiz: Was die WSL beitragen kann. Unveröffentlichter Bericht. Birmensdorf, Eidg. Forschungs- anstalt WSL. 69 S.

Hoffmann, S.; Thompson Klein, J.; Pohl, C., 2019: Linking transdisciplinary re- search projects with science and practice at large: Introducing insights from know- ledge utilization. Environ. Sci. Policy 102:

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Keller, E.; Brunner, M.; Björnsen Gu- rung, A.; Stähli, M., 2019: verhandel- BAR? Neue Ansprüche an Schwei-

zer Wasserspeicher. In: Björnsen Gu- rung, A. (Red.) Forum für Wissen 2019.

Schweiz erneuerbar! WSL Ber. 84: 37–40.

Kienast, F.; Huber, N.; Hergert, R.; Bolli- ger, J.; Segura Moran, L., 2017: Conflicts between decentralized renewable electri- city production and landscape services – A spatially-explicit quantitative assess- ment for Switzerland. Renew. Sustainable Energy Rev. 67: 397–4017.

Lachat, T., 2016: Exploitation du bois-éner- gie en forêt: Quelles perspectives pour les habitants du bois mort et des vieux ar- bres? Forum WSL Suisse romande. WSL Ber. 41: 28–31.

Salak, B.; Kienast, F.; Olschewski, R.;

Spielhofer, R.; Wissen, U.; Grêt-Re- gamey, A.; Hunziker, M., 2019: steuer- BAR? Wo wollen wir «Energielandschaf- ten» und wo nicht? In: Björnsen Gu- rung, A. (Red.) Forum für Wissen 2019.

Schweiz erneuerbar! WSL Ber. 84: 15–22.

Schmid, M., 2019: verwundBAR: Wie verän- dert die Energienutzung die Gewässer- temperaturen? In: Björnsen Gurung, A.

(Red.) Forum für Wissen 2019. Schweiz erneuerbar! WSL Ber. 84: 31–36.

Suškevic˘s, N.B.; Eiter, S.; Martinat, S.;

Stober, D.; Vollmer, E.; De Boer, C.L.;

Buchecker, M., 2019: Regional variation in public acceptance of wind energy de- velopment in Europe: what are the ro- les of planning procedures and participa- tion? Land Use Policy 81: 311–323. doi:

10.1016/j.landusepol.2018.10.032 Thees, O.; Burg, V.; Erni, M.; Bowman, G.;

Lemm, R., 2017: Biomasse potenziale der Schweiz für die energetische Nutzung.

WSL Ber. 57.

Troxler, D.E.; Zabel von Felten, A., 2019:

Identifying underlying drivers of forest clearances in Switzerland. Proceedings Temperate and boreal primeval forests, Lviv, Ukraine, September 2019.

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Forum für Wissen 2019: 11–14 11

planBAR? Smart Light – Bei grosser Planung auch das Kleine sehen

Smart-light-Technologie: Chancen und Herausforderungen für die Biodiversität

Janine Bolliger1 und Jörg Haller2

1 Eidg. Forschungsanstalt WSL, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf, janine.bolliger@wsl.ch

2 EKZ, Dreikönigsstrasse 18, CH-8002 Zürich, joerg.haller@ekz.ch

Wird künstliches Nachtlicht übermässig eingesetzt, bedroht es zunehmend die Ökosystemfunktionen. Mittels steuerbarer LED-Aussenbeleuchtungen lassen sich die negativen Folgen von Kunstlicht mildern. Die gesteigerte Energieeffizienz von LEDs trägt zudem dazu bei, die Lichtversorgung zu optimieren, und dank in- telligenter, adaptiver Licht- und Kommunikationstechnik gelangt weniger Licht in die Umwelt. Diese neuen technologischen Entwicklungen können Auswirkungen auf die Umwelt minimieren und gleichzeitig die (Strassenverkehrs-)Sicherheit ge- währleisten. Nötig ist eine inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Umweltfachleuten und Beleuchtungsplanerinnen und -planern. Dieser Artikel zeigt auf, wie sich die Nachtbeleuchtung auf die Umwelt auswirkt und welche Möglichkeiten die neueste Beleuchtungstechnologie bietet.

1 Künstliches Nachtlicht: ein ambivalenter Umweltfaktor Leuchtreklamen, Autoscheinwerfer oder Kugelleuchten im Garten – die Nacht wird heute immer mehr zum Tag: Zwischen 2012 und 2016 ist die künstlich beleuchtete Aussenfläche der Erde jährlich um 2,2 % angewachsen (Kyba et al. 2017). Künstliches Nacht- licht spielt eine wichtige wirtschaft- liche Rolle, da es rund um die Uhr Dienstleistungen ermöglicht (Boyce 2019). Ausserdem kann Licht das Ri- siko von (Strassenverkehrs-)Unfällen und Kriminalität in der Nacht sowie die Angst vor Kriminalität reduzieren (Boyce 2019). Ob sich bei schlecht be- leuchteten Strassen allerdings tatsäch- lich weniger Verkehrsunfälle ereignen, ist schwierig zu belegen (Marchand 2019). Die meisten Unfallstatistiken in der Schweiz dokumentieren die Be- leuchtungsverhältnisse der Strassen kaum. Es ist also nicht eindeutig er- wiesen, ob weniger Licht das Unfallri- siko tatsächlich erhöht (Schuler et al.

2018).

Auf die menschliche Gesundheit wirkt sich künstliches Nachtlicht weit- gehend negativ aus. Dass aber auch die ökologische Umwelt darunter leidet, ist ein bislang unterschätzter Faktor. Bei Singvögeln zum Beispiel verursacht ein veränderter Hell-Dunkel-Zyklus zahl-

reiche Veränderungen der Physiolo- gie und des Verhaltens (Ouyang et al.

2017), einschliesslich Fressverhalten und Fortpflanzung (Russart und Nel- son 2018) oder räumlicher Orientie- rung (Horton et al. 2019). Nächtliches Kunstlicht gefährdet auch höhere Or- ganisationsebenen, zum Beispiel Öko- systeme mit ihren Dienstleistungen wie etwa die Bestäubung (Knop et al.

2017). Wird die Umwelt durch künstli- ches Licht in der Nacht belastet, kann

dies bereits gefährdete Organismen und Lebensräume weiter beeinträchti- gen. Auch Schutzgebiete und Biodiver- sitäts-Hotspots sind einer zunehmend erhöhten Belastung durch Nachtlicht ausgesetzt (Guette et al. 2018). Künst- liches Nachtlicht gilt daher als Schlüs- selfaktor für die vom Menschen verur- sachten Umweltveränderungen im 21.

Jahrhundert (Davies und Smyth 2018).

2 Lichttechnisches Potenzial für nachhaltige Beleuch- tung

Neue Entwicklungen in der Lichttech- nik können den Lichtbefdarf des Men- schen decken, während negative Aus- wirkungen auf die ökologische Umwelt gleichzeitig verringert werden. LEDs basieren auf einer nachhaltigen, langle- bigen und energieeffizienten Beleuch- tungstechnologie. Sie benötigen we-

Leuchten

Spektrale Zusammensetzung

Lichtmenge

Lichtstrom (lm) Leuchtenform

Kommunikation und Kontrolle von Leuchtenanlagen

Abb. 1. Individuelle Leuchten (links) können nach der spektralen Zusammensetzung (bei LED «Lichtfarbe»), der emittierten Lichtmenge sowie nach dem Leuchtendesign (Gehäuse, Kandelaberhöhe) charakterisiert werden. Beleuchtungssysteme haben verschiedene techni- sche Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren und so die Lichtlevels an den Verkehr anzupassen (rechts). Verändert nach Kretzer und Bolliger, in Vorb.

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12 Forum für Wissen 2019

WSL Berichte, Heft 84, 2019 niger Energie und tragen so dazu bei,

den CO2-Ausstoss zu reduzieren (Hal- ler 2016). Die LED-Technologie um- fasst ausserdem eine grosse Bandbreite möglicher Lichtfarben und Leuchten- formen, die es erlauben, Aussenbe- leuchtungen nachhaltiger zu gestalten.

Das Licht lässt sich zudem bedarfsori- entiert und zielgerichtet steuern, was die Lichtanlagen umweltverträglicher macht (Abb. 1).

2.1 LED-Lichtfarben

Sogenannt «kalte LED-Lichtfarben»

(5000–7000K) haben einen höheren Blauanteil und weisen eine deutlich höhere Energieeffizienz auf als «warm- weisse LED-Lichtfarben» (2000K–

3000K), welche stärker im gelben Spektrum strahlen. Der zusätzliche Energiebedarf warmweisser LED liegt je nach Güte und Lichtfarbe zwischen 10 % und 100 %. Warmweisse LEDs weisen dafür im Bezug auf Umweltein- flüsse und Lichtverschmutzung bessere Eigenschaften auf als die kaltweissen.

Kaltweisse LEDs stellen ökologische Fallen für nachtaktive Organismen dar.

Bei Nachtfaltern reagierten Eulenfal- ter (Noctuide) empfindlicher auf kurze als auf lange Wellenlängen im LED- Spektrum, während Spanner (Geome- triden) auf lange und kurze Wellenlän- gen gleich reagierten (Somer-Yeates et al. 2017). LED-Spektren mit einem grossen kurzwelligen Anteil zogen zu- dem Nachtfalter mit durchschnittlich grösseren Körpermassen, grösseren Flügeldimensionen und grösseren Au- gen an (van Langevelde et al. 2011).

Bei Fledermausarten wurde beobach- tet, dass vor allem Kulturfolger wie Pipistrellus-Arten von Strassenleuch- ten profitieren, weil die vom Licht an- gezogenen Insekten leichte Beute für

die Fledermäuse sind. Dieser Kultur- folger war auch bei LEDs mit hohem Blauanteil deutlich häufiger anzutref- fen (Bolliger et al. 2018a, b) als die lichtscheuen Myotis- und Plecotus-Ar- ten, die am wenigsten durch rotes Licht gestört wurden (Spoelstra et al. 2017).

LED-Lichtfarben sind also ambivalent:

Einerseits sparen kaltweisse LEDs Energie, wirken sich aber stärker ne- gativ auf die Umwelt aus. Gegenwärtig geht der Trend jedoch eindeutig hin zu wärmeren LED Lichtfarben.

2.2 Leuchtenformen

Wie Leuchtenformen im Zusammen- spiel mit anderen lichttechnisch re- levanten Faktoren (Abb. 1) die öko- logische Umwelt beeinflussen wurde bisher kaum wissenschaftlich unter- sucht und ist derzeit Gegenstand einer Feldforschung von WSL und EKZ in Weiningen. Die gemeinsamen Studie soll aufzeigen, wie sich verschiedene Lichtfarben, kombiniert mit zwei un- terschiedlichen Leuchtenformen, auf die Insektenhäufigkeit und Fleder- mausaktivität auswirken1. Eine Pilot- studie vom Sommer 2017 deutet da- rauf hin, dass Insekten je nach Form einer Leuchte unterschiedlich auf das Licht reagieren (Abb. 2): Bei Leuchten mit grosser Lichtfläche gingen mehr Insekten in die Falle als bei kleineren Flächen. Bei der Wahl des Leuchten- designs sollte man also Produkte vor- ziehen, deren Lichtstrom gezielt auf die Strasse gerichtet und deren Abstrah- lungsfläche möglichst klein ist.

2.3 Adaptive, dimmbare Licht - systeme

Adaptive Lichtsteuerungen stellen eine gewünschte Lichtmenge nur dann und an denjenigen Orten bereit, an denen es je nach Strassenverkehrs- und Fuss- gängeraufkommen benötigt wird (Abb.

1, 3). Dies ist bei richtigem Einsatz der Technologie möglich, ohne Nachteile in den Bereichen Sicherheit oder Kom- fort zu riskieren (Haller 2014, 2016).

Solche dimmbaren Lichtsysteme redu-

1 https://www.ekz.ch/de/ueber-ekz/

newsroom/medienmitteilungen-2019/

Studie-Lichtfarben.html

Anzahl Käfer

1,00 0,75 0,50 0,25 0,00

Anzahl Insekten

1,00 0,75 0,50 0,25 0,00

Anzahl Zweiflügler

1,00 0,75 0,50 0,25 0,00

Anzahl Wanzen

1,00 0,75 0,50 0,25 0,00

Anzahl Hautflügler

1,00 0,75 0,50 0,25 0,00

Anzahl Falter

1,00 0,75 0,50 0,25 0,00

[log10] kastenförmig zylindrisch

Abb. 2. Leuchtenformen und projizierte Leuchtflächen. Rechts eine zylindrische

«Pilzleuchte», die das Licht weit in die Um- gebung abgibt. Links eine «rechteckige»

Strassenleuchte, deren Licht auf die Strasse gerichtet ist. Die Pilzleuchte umfasste eine etwa 2,5-mal grössere Leuchtfläche als die rechteckige Strassenleuchte. In den Balken- diagrammen zeigt sich ein Trend zu mehr gefangenen Insekten für die Pilzleuchten.

Foto: M. K. Obrist, WSL; Grafik: Bolliger et al. in Vorb.; Zeichnungen C. Emberger.

(15)

Forum für Wissen 2019 13

zieren den Energiebedarf und in etwa gleichem Umfang auch die emittierte Gesamtlichtmenge pro Nacht. Kürzere Betriebszeiten verlängern ausserdem die Lebensdauer der Leuchten.

Beispiele: (1) Eine Strassenverkehrs- dichte-basierte Lichtsteuerung, wie sie 2015 erstmals in Urdorf (Kanton ZH) zum Einsatz kam, misst permanent das Verkehrsaufkommen. Bei einem Über- oder Unterschreiten bestimm- ter Schwellwerte wird die Lichtmenge fliessend reguliert2; (2) In einer volldy- namischen, adaptiven Lichtsteuerung sind die Leuchten mit Bewegungssen- soren ausgestattet, um das Strassen- verkehrsaufkommen zu erfassen, zum Beispiel mit Radar die Bewegung von Fussgängern und Autos. Die Informati- onen werden per Funk an benachbarte Leuchten weitergegeben und erzeugen eine Lichtwelle, die dem sich bewegen- den Strassenbenutzer vorauseilt3. Das Licht ist also nur dann auf voller Inten- sität, wenn sich Fahrzeuge, Velos oder Fussgänger in der unmittelbaren Nähe der Lampe bewegen4.

Um zu untersuchen, wie sich ge- dimmtes Licht auf Insektenhäufigkei- ten und Fledermausaktivität auswirkt, leuchteten in Urdorf und Regensdorf Strassenlaternen jeweils abwechselnd eine Woche mit Volllicht und eine Wo- che mit dimmbarem Licht. Es zeigte sich, dass das Dimmen von Strassen- leuchten eine sehr effiziente Methode ist, um die Lichtimmissionen in die Umwelt zu reduzieren (Abb. 3).

Direkt an den Strassenleuchten mon- tierte Insektenfallen fingen bei ge- dimmten Lichtverhältnissen bis zu 50 % weniger Nachtinsekten als un- ter Volllicht. Hauptverantwortlich da- für war allerdings primär die Witterung – je wärmer die Nacht und je trocke- ner, desto mehr Insekten wurden ge- fangen. Trotzdem dürfte auch die ge- ringere Lichtmenge dazu beigetragen haben, dass weniger Insekten in die Fallen flogen.

2 https://www.ekz.ch/wattdor

3 https://www.zh.ch/internet/baudirektion/

tba/de/aktuell/medienmitteilungen/2015/

oeb_pilotprojekt_ekz.html

4 Beispiel Regensdorf-Watt: https://www.

youtube.com/watch?v=hC_lIygX9V8;

Beispiel Urdorf: https://www.ekz.ch/blue/

de/innovation/2017/smarte-strassenlam- pen-urdorf.html

Eine Dimmung der Strassenleuchten vermindert die Barrierewirkung von künstlichem Licht, das heisst, es blei- ben mehr Dunkelkorridore für licht- meidende Insekten und Fledermäuse.

Allerdings waren nicht alle Insekten gleich stark von der Dimmung betrof- fen. Von der Dunkelheit profitieren vor allem Wanzen, Nachtfalter oder Haut- flügler, während die Anzahl gefange- ner Fliegen, Mücken oder Käfer weni- ger stark von der Lichtmenge abhing.

Das Dimmen der Strassenbeleuchtung könnte also wesentlich dazu beitragen, den Ansprüchen der Natur wie auch der Menschen besser gerecht zu wer- den (Bolliger et al. 2018a, b; Bolliger und Haller 2018).

3 Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Lichtzukunft Die neuen Entwicklungen in der Licht- technik erlauben es, Aussenbeleuch- tungen wie Strassenleuchten umwelt- freundlicher zu gestalten, ohne dabei die Strassenverkehrssicherheit zu ge- fährden. LED-Leuchtensysteme über-

zeugen dabei besonders: Sie sind ener- gieeffizient, langlebig und ermöglichen es, eine Strasse bedarfsorientiert nur bei entsprechendem Verkehrsaufkom- men voll auszuleuchten.

Wie sich Nachtlicht auf die ökologi- sche Umwelt auswirkt, ist wissenschaft- lich noch zu wenig erforscht. Es sollten alle Leuchteneigenschaften (Abb. 1) einzeln getestet werden. Dies gilt ins- besondere für das Design von Leuch- ten (Abb. 1), zu dem in der Literatur keine einzige Studie gefunden werden konnte. Solche Forschungsergebnisse aus Umwelt-Lichtinteraktionen kön- nen dazu beitragen, Beleuchtungsni- veaus basierend auf empirischen Da- ten neu anzupassen und so eine Über- dimensionierung einer Lichtanlage zu vermeiden. Ob und inwieweit das Wis- sen aus Forschungsprojekten jedoch in praktische Lichtmanagementpläne ein- fliesst, hängt nicht zuletzt von einem aktiven Dialog zwischen Forschenden und Beleuchtungsunternehmen ab.

Bei der Umsetzung hin zu nachthalti- geren Strassenbeleuchtungen ergeben sich viele Herausforderungen. Ziele und Verantwortlichkeiten von Lichtin- genieurInnen und ÖkologInnen unter-

Lichtsumme/Nacht

Gedimmt Vollicht

Beleuchtungsstärke reduziert

um 40% Beleuchtungsstärke

100%

2000 1500 1000 500

Abb 3. Smart lighting im Strassenverkehr: gedimmte Strassenleuchten emittieren 30 bis 40 % weniger Licht als Strassenleuchten, die die volle Lichtmenge abstrahlen. Fotos: EKZ.

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14 Forum für Wissen 2019

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Abstract

Artificial night light is increasingly recognized as a threat to ecosystem functions.

LED outdoor lighting can help to conserve resources with the help of long-life light sources and lowered energy consumption. Increased efficiency of LEDs also contribute to an optimization of the light supply and intelligent, adaptive lighting and communication technology allow to reduce light emissions into the environ- ment. In order to value these new technical developments, a common denomina- tor is required that minimizes the impact on the environment, meets the needs of the population and at the same time ensures (traffic) safety. In order to ensure this, inter- and transdisciplinary cooperation is necessary to successfully integrate the effects of night light on the ecological environment into lighting design. The aim of this article is to give an overview of the effects of night lighting on the ecological environment, as well as the possibilities and meanings of the latest lighting tech- nology.

Keywords: light at night, ALAN, smart lighting, dimming of street lights, ecological impact assessments, mitigating artificial light at night

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Forum für Wissen 2019: 15–22 15

steuerBAR? Wo wollen wir «Energielandschaften» und wo nicht?

Boris Salak1, Felix Kienast1, Roland Olschewski1, Reto Spielhofer2, Ulrike Wissen2, Adrienne Grêt-Regamey2 und Marcel Hunziker1

1 Eidg. Forschungsanstalt WSL, Zürcherstrasse 111, 8903 Birmensdorf, boris.salak@wsl.ch

2 ETH Zürich, Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL), 8093 Zürich Die vorliegende Studie befasst sich mit den Präferenzen der Schweizer Bevölkerung in Bezug auf Infrastrukturen zur Produktion erneuerbarer Energie (engl. IPRE:

Wind, Photovoltaik) in charakteristischen Schweizer Landschaften. Es wurde eine repräsentative Online-Panelumfrage (n = 1063) durchgeführt, die ein visuelles Ent- scheidungsexperiment beinhaltete. Die Ergebnisse legen nahe, dass das Vorhan- densein von Energieanlagen die wahrgenommene Landschaftsqualität in den meis- ten Fällen reduziert, in einigen Landschaften mehr (Berggebiete abseits von Infra- strukturen, Voralpen, Jura), in anderen weniger (siedlungsgeprägtes Flachland und entsprechende Berggebiete (Alpentäler), touristisch geprägte Berggebiete). Das gänzliche Fehlen von Photovoltaik-Infrastrukturen wird in letzteren von der Bevöl- kerung sogar negativ bewertet, doch eine Kombination mit Wind-Infrastrukturen kann die Beurteilung positiv beeinflussen. Der Einbezug der Bevölkerungssicht in die Planung von IPRE wird im Hinblick auf deren Akzeptanz empfohlen.

1 Hintergrund und Motivation

2011 war ein entscheidendes Jahr für die Energiepolitik in der Schweiz und in vielen anderen Ländern Euro- pas. Die Kernschmelze im japanischen Kernkraftwerk Fukushima am 11. März 2011 führte zum Umdenken in vielen Regierungen. Die nukleare Energie- produktion wurde hinterfragt, und es wurde eine Umstellung zugunsten er- neuerbarer Energieträger erwogen.

Deutschland verabschiedet sich bis 2050 schrittweise von seinen Atom- kraftwerken (Die Bundesregierung 2011), und auch andere Staaten der Europäischen Union setzen vermehrt auf neue erneuerbare Energieträger wie Wind, Photovoltaik, Biomasse und Geothermie (z. B. Österreich: Strei- cher et al. 2010; Deutschland: Die Bun- desregierung 2013; Island: Mackay und Probert 1996; Schweden: IEA and OECD 2013; Dänemark: Danish Mi- nistry of Climate and Energy und Re- geringen 2011; Italien: Ministerio dello Sviluppo Economico 2013 u. v. m.).

Auch in der Schweiz hat das Atom- unglück von Fukushima deutliche Spu- ren hinterlassen. So wurde unmittelbar danach vom Bundesrat eine Überprü- fung der Energiestrategie der Schweiz veranlasst und in der Folge ein Aus-

stieg aus der Kernenergie (Verbot des Baus neuer Anlagen) bis 2050 mit ent- sprechendem Massnahmenpaket vor- geschlagen, das vom Schweizer Stimm- volk angenommen wurde (Bundesamt für Energie BFE 2017). Das Paket be- inhaltet Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, zum Ausbau von Infrastrukturen für die Produktion er- neuerbarer Energie und zum schritt- weisen Atomausstieg. Als ein Ziel wird «eine Elektrizitätsproduktion mit [neuen] erneuerbaren Energien […] im Jahr 2050 [mit] insgesamt 24,22 TWh»

Energie pro Jahr angegeben (Schwei- zerischer Bundesrat 2013).

Der Ausfall der Atomkraftwerke und die daraus entstehende Lücke in der Stromproduktion soll laut Bundes- rat mit einheimischen, «neuen» erneu- erbaren Energien geschlossen werden.

Diese Energieträger umfassen Ressour- cen aus Sonne, Wind, Holz, Biomasse, Geothermie u. a. Die Gross-Wasser- kraft und deren Entwicklungsziele wer- den in diesem Zusammenhang getrennt ausgewiesen und sind somit nicht den Zielen der neuen erneuerbaren Ener- gien zuzuordnen. In der Schweiz weist die traditionelle Gross-Wasserkraft oh- nehin nur noch ein geringes Ausbau- potenzial auf, das 2019 vom BFE noch weiter zurückgestuft wurde (Bundes- amt für Energie BFE 2019).

2017 lag der Anteil neuer erneuer- barer Energien in der Schweiz bei 3,16 TWh Energie (Kaufmann 2017). Um die Ziele des Bundesrats zu erreichen, muss der Anteil der neuen erneuer- baren Energieträger an der Schweizer Stromproduktion bis 2050 um mehr als das Siebenfache gesteigert werden (siehe Abb. 1). Eine bedeutende Rolle im Strom-Mix 2050 werden sowohl Wind- als auch Photovoltaikenergie spielen. Um die selbstgesetzten Ziele zu erreichen, sind bis 2050 etwa 700 neue Windenergieanlagen (jeden 17.

Tag eine neue Anlage) und zusätzlich neue PV-Anlagen auf ca. jedem dritten Dach (oder alle 5 Minuten eine neue Anlage) erforderlich (historische Ge- bäude ausgenommen).

Die Integration von Infrastrukturen zur Produktion von erneuerbarer Ener- gie (IPRE) in die Landschaft bedeutet eine Transformation dieser Landschaft zu einer «Energielandschaft» (Bou- zarovski 2009; Blaschke et al. 2013):

IPRE sollten idealerweise dort positio- niert werden, wo sie ihre maximal mög- liche Wirkung entwickeln. Dies sind oftmals landschaftlich exponierte La- gen, wie Bergkämme bei Windenergie- anlagen, sowie Gebäude (gebäudein- tegrierte PV-Anlagen) und freies Ge- lände (PV-Freiflächenanlagen) bei Photovoltaikanlagen. PV-Freiflächen- anlagen sind nach aktuellem Rechts- stand in der Schweiz nicht realisierbar, könnten aber in Verbindung mit einem allfälligen künftigen Verzicht auf fos- sile Anteile im Energiesystem zuguns- ten der Reduktion des CO2-Ausstosses an Bedeutung gewinnen.

In jedem Fall stellt sich die Frage nach den Auswirkungen von Ener- gieinfrastrukturen auf die (wahrge- nommene) Qualität der Landschaft und nach Möglichkeiten zur Vermei- dung bzw. Geringhaltung von Quali- tätsverlusten. Denn die Literatur be- legt, dass IPRE aufgrund negativ beur-

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16 Forum für Wissen 2019

WSL Berichte, Heft 84, 2019 teilter landschaftlicher Auswirkungen

auf Ablehnung und Widerstand stossen können (Wolsink 2007a). Im Rahmen der Schweizer Energiestrategie 2050 ist daher die Beurteilung der durch IPRE bedingten Landschaftsveränderung auch für die gesellschaftliche Akzep- tanz der Energieanlagen bedeutend, ohne die eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende nicht möglich ist.

Die soziale Akzeptanz erneuerbarer Energieträger war bereits in der Ver- gangenheit oft im Fokus von Studien.

Neben der oben erwähnten Studie von Wolsink (2007a) belegen weitere Au- toren, dass die wahrgenommene Aus- wirkung der Energiewende auf die Landschaftsqualität einen wesentli- chen Faktor für die soziale Akzeptanz darstellt (Wüstenhagen et al. 2007;

Strazzera et al. 2012; Ek und Persson 2014; Dimitropoulos und Kontoleon 2009; Wolsink 2007; Chiabrando et al.

2011; Jones und Eiser 2010). Die visu- elle Beurteilung einzelner Energieträ- ger in der Landschaft ist dabei bereits teilweise gut erforscht (Windenergie- anlagen: Cohen 1988; Betakova et al.

2015; Molnarova et al. 2012; Straz- zera et al. 2012; PV-Anlagen: Chiab- rando et al. 2009; Scognamiglio 2016;

Tsoutsos et al. 2005). Allerdings lassen sich die Resultate nur eingeschränkt auf die Hügel- und Berggebiete der Schweizer Landschaften übertragen.

Auch ist derzeit keine Studie bekannt, die eine Kombination unterschiedli- cher Energietechnologien in verschie- denen Landschaften untersucht. Es fehlt daher an Wissen darüber, wie die landschaftliche Wirkung verschiede-

ner Kombinationen von Wind- und PV- Anlagen, aber auch der energietrans- portierenden Hochspannungsfreilei- tungen im Landschaftskontext von der Bevölkerung beurteilt wird.

Ein wesentliches Ziel des For- schungsvorhabens war daher, die Be- urteilung der Auswirkungen von IPRE auf Schweizer Landschaften durch die Schweizer Bevölkerung zu erheben.

Der Fokus wurde bewusst auf die be- sonders landschaftswirksamen Ener- gieträger Wind und Photovoltaik so- wie auf Hochspannungsfreileitungen gelegt, da hierbei unmittelbare visuell- ästhetische Auswirkungen zu erwarten waren.

2 Erhebung und Analyse von Präferenzen der Bevölke- rung für IPRE-bedingte Landschaftsentwicklungen Die gesellschaftlichen Präferenzen der Schweizer Bevölkerung wurden mit- tels einer repräsentativen Panel-On- line-Befragung und unter Verwendung eines standardisierten Befragungsin- struments durchgeführt. Ein Online- Panel besteht aus einer Gruppe von Personen, die bei Organisationen (z. B.

Marktforschungsinstituten) registriert sind und freiwillig (und oft gegen Be- zahlung) an Umfragen teilnehmen. Aus einem solchen Panel wird je nach An- forderungen (Repräsentativität bezüg- lich Alter, Geschlecht etc.) eine Zu- fallsstichprobe gezogen, die den Ver- hältnissen der Gesamtbevölkerung

entspricht. In der vorliegenden Studie wurde diesbezüglich mit dem Markt- forschungsinstitut und Online-Panel- Provider BILENDI GmbH zusammen- gearbeitet. Die Stichprobe ist für die Schweiz repräsentativ bezüglich Spra- che, Alter, Geschlecht, Bildung und Landschaft. Im Zeitraum von Dezem- ber 2018 bis März 2019 nahmen ins- gesamt 1063 Personen an der Online- Panel -Befragung teil. 20,6 % (n = 216) der ProbandInnen wurden aufgrund unterschiedlicher Qualitätskriterien (Gesamtzeit, Zeit in gewissen Ab- schnitten des Fragebogens, Konsistenz der Antworten etc.) aus der Stichprobe entfernt und von den weiteren Analy- sen ausgeschlossen.

Kernelement des Befragungsinst- ruments war ein sogenanntes visuel- les Entscheidungsexperiment (Visual Choice Experiment; CE). Hierbei wird den ProbandInnen eine Auswahl an verschiedenen Szenarien zur Entschei- dung vorgelegt. Jedes Szenario besteht aus einer Kombination von Attribu- ten und deren Ausprägungen (Levels) (siehe Tab. 1). Folgende Attribute wur- den berücksichtigt: «Landschaft» (LS),

«Wind» (W), «Photovoltaik» (PV) und

«Hochspannungsfreileitungen» (HL).

Das Attribut «Landschaft» besteht aus sieben für die Schweiz charakteristi- schen Landschaften, die in einer der Befragung vorangegangenen Phase ge- meinsam mit einer Expertengruppe ausgewählt wurden. Im Attribut «Pho- tovoltaik» wurden neben gebäudeinte- grierten und -aufgesetzten PV-Anlagen auch PV-Freiflächenanlagen berück- sichtigt, da diese im Rahmen der Ent-

Geothermie Windenergie Photovoltaik Biogas

Biomasse (Holz) Deponiegas ARA

KVA (50% EE-Anteil) Neue erneuerbare Energieerzeugung in TWh/a

25 20 15 10 5

20000 2010 2020 2030

Jahr

2040 2050

Abb. 1. Stromerzeugung aus neuen erneuerbaren Energieträgern in der Schweiz in TWh/a bis zum Jahr 2050, Variante C&E, Szenario «Neue Energiepolitik» (Prognos 2012).

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Forum für Wissen 2019 17

wicklung zu einer «kohlenstoffarmen Gesellschaft» (siehe oben) zukünftig an Bedeutung gewinnen könnten.

Insgesamt ergeben sich durch die Kombination der Attributlevels 224 mögliche Szenarien (7 LS * 4 W * 4 PV * 2 HL = 224). Die Szenarien wur- den als unbeschriftete Optionen, sprich rein visuell und ohne weitere textliche Erläuterung (unlabelled options), prä- sentiert. Jedem/r ProbandIn wurden pro Auswahlentscheidung zwei Opti- onen (= zwei unterschiedliche Szena- rien) vorgelegt. Natürlich konnten die Befragten in der Umfrage nicht alle 224 Optionen beurteilen. Daher wurde ein sogenanntes «effizientes Design» be- rechnet, bei dem jedem/r ProbandIn 15 verschiedene Entscheidungssituationen präsentiert wurden. Die dem CE zu- grunde liegende Frage lautete: «Wenn Sie sich zwischen folgenden Szenarien entscheiden müssten, welche Entschei- dung würden Sie treffen?» Um die Ent- scheidungssituation realistischer zu ge- stalten, schlagen Louviere et al. (2000) vor, eine sogenannte Opt-Out-Alterna- tive hinzuzufügen, um die ProbandIn- nen zu keiner Entscheidung zu zwin- gen. Die ProbandInnen hatten daher zusätzlich zur Entscheidung zwischen den beiden Szenarien auch die Mög- lichkeit, keine Entscheidung zu treffen.

3 Ergebnisse und Schluss- folgerungen

Die Ergebnisse der Online-Panel-Be- fragung zeigen, welche Entwicklungen die Schweizer Bevölkerung im Ver- gleich der sieben charakteristischen Landschaften bevorzugen.

3.1 Bedeutung der Attribute in der Entscheidung der ProbandInnen Die Analyse der Wichtigkeit der ein- zelnen Attribute bei der Wahlentschei- dung (Tab. 2) zeigt, dass die Land- schaft, in der die Energieszenarien präsentiert wurden, wesentlichen Ein- fluss hatte. Dieses Attribut wurde von den ProbandInnen sehr heterogen be- urteilt. Wind- und PV-Infrastrukturen

waren ebenfalls wichtig, allerdings mit deutlichem Abstand zu den Landschaf- ten. Somit ist die Beurteilung der Pro- bandInnen bei Wind- und PV-Infra- strukturen im Vergleich zur Beurtei- lung der Landschaften homogener. Das Attribut «HL» weist lediglich eine ge- ringe Wichtigkeit bei den Entscheidun- gen aus. Dies deutet auf einen mehr- heitlichen Konsens in der Bevölkerung bezüglich dieses Attributs hin.

3.2 Beurteilung von Energies - zenarien durch die Schweizer Bevölkerung

Tabelle 3 zeigt eine Übersicht der Er- gebnisse aus der sogenannten HB- Analyse (Hierarchical Bayes Analyse) und stellt den aggregierten Nutzen auf Tab. 1. Beschreibung der Attribute des Choice Experiments.

Nr. Attribut Attributlevel Attributbeschreibung/-ausprägung

1 Landschaft (LS) PLAT_URB siedlungsgeprägtes Flachland

PLAT_AGRI landwirtschaftlich geprägtes Flachland

JURA sanftes Hügelland des Jura

PRE_ALPS Landschaften mit voralpinem Charakter ALP_URB siedlungsgeprägte Berggebiete (Alpentäler) ALP_TOUR touristisch geprägte Berggebiete

ALP andere Berggebiete (abseits von Infrastrukturen)

2 Wind (W) Wind NO keine Windenergieanlagen

Wind MIN geringe Anzahl an Windenergieanlagen (3) Wind MED mittlere Anzahl an Windenergieanlagen (6) Wind MAX grosse Anzahl an Windenergieanlagen (10 bzw. 15)

3 Photovoltaik (PV) PV NO keine PV

PV MIN geringe Fläche an PV-Gebäude- und PV-Freiflächenanlagen*

PV MED mittlere Fläche an PV-Gebäude- und PV-Freiflächenanlagen*

PV MAX grosse Fläche an PV-Gebäude- und PV-Freiflächenanlagen*

4 Hochspannungsfreileitung (HL) PL NO Absenz von Hochspannungsfreileitungen PL YES Präsenz von Hochspannungsfreileitungen

* gemäss OAISPP (Torres et al. 2009), ergänzt durch Berechnungen der Anzahl (pixel count) und Edges (edge count) der Pixel, die durch PV-Anlagen pro Szenario bedeckt sind.

Tab. 2. Bedeutung der Attribute bezogen auf die Wahlentscheidung (attribute importance;

Orme 2014, S.192), Angaben in %, n = 1063. Die Wichtigkeit der Attribute repräsentiert je- weils den maximalen Einfluss, den ein Attribut auf die Auswahlentscheidung haben kann.

Die Werte sind jeweils über alle Energieszenarien (Landschaft) bzw. alle Landschaften (Wind, PV, HL) gemittelt.

Attribute Durchschnittliche Wichtigkeit in % p-Werte

Landschaft (LS) 37,8 ***p < 0,01

Wind (W) 26,3 ***p < 0,01

Photovoltaik (PV) 23,6 ***p < 0,01

Hochspannungsfreileitung (HL) 12,3 ***p < 0,01

(20)

18 Forum für Wissen 2019

WSL Berichte, Heft 84, 2019 Beim Attribut «Wind» ist mit Zu-

nahme der Infrastrukturen eine konti- nuierliche Abnahme der Nutzenwerte erkennbar. Das bedeutet, Szenarien, in denen keine Windenergieinfrastruktur vorkommt, wurden deutlich häufiger gewählt als Szenarien mit Windener- gieinfrastrukturen.

Das Attribut «Photovoltaik» zeigt ein uneinheitliches Ergebnis. So wer- den Szenarien ohne PV-Infrastruktur (PV NO) seltener gewählt als Szena- rien mit PV-Infrastruktur (PV MIN, PV MED). Dies bedeutet, dass im Zu- sammenspiel von Energie und Land- schaft ein vollständiges Fehlen von PV- Infrastruktur in der Landschaft als ver- gleichsweise negativ bewertet wird.

Aber auch das andere Extrem, maxi- male PV-Infrastruktur in der Land- schaft (PV MAX), findet im Vergleich zu den anderen Ausprägungen dieses Attributes keine Zustimmung in der Bevölkerung.

Szenarien ohne Hochspannungsfrei- leitungen (HL) werden gegenüber Sze- narien mit HL klar bevorzugt.

Die Opt-out Alternative wurde von den ProbandInnen signifikant weniger oft gewählt als die Optionen mit Ener- gielandschaften. Dies zeigt, dass die Basis der Attributlevels dar. Der Nut-

zen spiegelt den jeweiligen Mehrwert des Attributlevels für die ProbandIn- nen wider. Je höher der Nutzen und je grösser der Abstand zwischen den Nutzenwerten eines Attributs, desto stärker wird das Attributlevel vor den anderen bevorzugt. Es wird deutlich, dass die Bevölkerung die potenzielle Platzierung von IPRE in verschiede- nen Landschaften unterschiedlich be- urteilt. So werden Platzierungen von IPRE im Flachland, den Alpentälern und den touristisch genutzten Berg- gebieten (PLAT_URB, PLAT_AGRI, ALP_URB, ALP_TOUR) positiver beurteilt als Platzierungen in ande- ren Landschaften (ALP, PRE_ALPS, JURA). Besonders negativ in Relation zu den anderen Alternativen werden Landschaften in Berggebieten abseits von Infrastrukturen beurteilt (ALP).

Auch Platzierungen im Jura und den Voralpen werden mehrheitlich kritisch betrachtet (JURA, PRE_ALPS). Dies indiziert, dass die Bevölkerung tenden- ziell der Meinung ist, Landschaften ab- seits von Infrastrukturen und in hüge- ligen bis gebirgigen Umgebungen von der Platzierung von IPRE zu verscho- nen.

Teilnehmenden keine grundsätzlichen Einwände gegen das visuelle Entschei- dungsexperiment und die präsentier- ten Szenarien hatten und ihre persön- liche Meinung in diesem CE kundtun wollten.

Analysen mittels sogenannter RFC- Simulationen erlauben einen tiefe- ren Einblick in die Ergebnisse (siehe Abb. 2). So zeigte sich anhand der ho- hen sogenannten SoP-Werte («Sha- res of Preferences»), dass im allgemei- nen Landschaften, die potenziell ei- ner gewissen «Vorbelastung» wie z. B.

Siedlungsbau, Tourismus etc. unterlie- gen (PLAT_URB, PLAT_AGRI, ALP_

URB, ALP_TOUR), für die Entwick- lung von IPRE bevorzugt werden ge- genüber Landschaften, die traditionell als «naturnah» empfunden werden (ALP, PRE_ALP, JURA). Die niedri- gen Werte für einen Grossteil der Sze- narien in den anderen Berggebieten (ALP), den Voralpen (PRE_ALPS) und dem Hügelland des Jura (JURA) zeigen deutlich, dass diese nach Mei- nung der Bevölkerung von IPRE ten- denziell freigehalten werden sollten.

Betrachtet man die Abbildung 2 ins- gesamt, zeigt sich, dass Szenarien mit einer geringen Anzahl an Energieinfra- strukturen gegenüber solchen mit einer grossen Anzahl an Infrastrukturen be- vorzugt werden. Dies ist auch durch die aggregierten SoP-Werte in den Sum- menspalten erkennbar. Die am meis- ten bevorzugten Szenarien (Szena- rio 3, 5 und 11) befinden sich allesamt in der oberen Hälfte der nach Anzahl von Windenergieinfrastrukturen ge- ordneten Abbildung, während sich die am wenigsten bevorzugten Szenarien (24, 25 und 32) am unteren Ende befin- den. Hierbei wird auch der uneinheit- liche Effekt der Photovoltaik erkenn- bar. Szenarien mit einer geringen oder mittleren Anzahl an PV-Infrastruktu- ren werden (unabhängig vom Vorkom- men von Windenergieinfrastrukturen und Hochspannungsfreileitungen) ge- genüber Szenarien bevorzugt, wo PV- Infrastrukturen fehlen.

Deutlich ist auch, dass Szenarien mit einem bestimmten Mix an Energieinf- rastrukturen (Wind + PV) bis auf we- nige Ausnahmen (Szenario 3 und 5) gegenüber Szenarien ohne diesen Mix (nur Wind, nur PV) bevorzugt werden.

In manchen Fällen zeigt sich, dass auch eine grössere Anzahl an IPRE ge- Tab. 3. Darstellung des durchschnittlichen Nutzens der ProbandInnen pro Attributlevel des

Choice Experiments (CE), Ergebnis der Hierarchical Bayes Analyse (HB), Angaben in nullzentrierten Teilnutzwerten, n = 1063.

Attribut Attributlevel durchschnittliche individuelle Nutzen

p-Werte

Landschaft (LS) 1_PLAT_URB 29,1 ***p < 0,01

2_PLAT_AGRI 17,9 ***p < 0,01

3_JURA –2,3 ***p < 0,15 (n. sign.)

4_PRE_ALPS –13,2 ***p < 0,01

5_ALP_URB 7,7 ***p < 0,01

6_ALP_TOUR 5,8 ***p < 0,01

7_ALP –45,0 ***p < 0,01

Windenergie- Infrastrukturen (W)

WIND NO 36,0 ***p < 0,01

WIND MIN 20,0 ***p < 0,01

WIND MED –23,1 ***p < 0,01

WIND MAX –32,9 ***p < 0,01

Photovoltaikenergie-

Infrastrukturen (PV) PV NO –6,4 ***p < 0,01

PV MIN 27,6 ***p < 0,01

PV MED 12,4 ***p < 0,01

PV MAX –33,5 ***p < 0,01

Hochspannungsfreileitungs- Infrastrukturen (HL)

HL NO 18,0 ***p < 0,01

HL YES –18,0 ***p < 0,01

Opt-Out NONE –105,2 ***p < 0,01

(21)

Forum für Wissen 2019 19

dass weder das Vorhandensein weni- ger Windenergieinfrastrukturen allein, noch in Kombination mit einer gerin- gen bis mittleren Anzahl an PV-Infra- strukturen zu einer besseren Beurtei- lung dieser Szenarien führt. So wer- den manche Szenarien mit PV- und mit Wind-/PV-Kombinationen (z. B. 4, 6, 12 und 14) in Verbindung mit Hochspan- nungsfreileitungen dem isolierten Vor- kommen von Hochspannungsfreilei- tungen (Szenario 2) in der Landschaft bevorzugt oder zumindest nicht als schlechter beurteilt.

Szenarien mit einer mittleren Anzahl an Windenergieinfrastrukturen. Auch wenn die Werte dieser Szenarien insge- samt auf einem niedrigen Niveau blei- ben, ist eine Tendenz hin zu einer be- vorzugten «Verdichtung» von Anlagen in bestimmten Situationen erkennbar.

Dies könnte eine Folge der tendenzi- ell gewünschten «Freihaltung» anderer Landschaften sein (siehe oben).

Aus Sicht der Bevölkerung wird kei- nes der Szenarien mit Hochspannungs- freileitung besser bewertet als ein ver- gleichbares Szenario ohne Hochspan- nungsfreileitung. Allerdings zeigt sich, genüber einer geringeren Anzahl be-

vorzugt wird. Dies ist vor allem in je- nen Landschaften zu beobachten, die ohnehin bereits als günstig für die Ent- wicklung von IPRE betrachtet werden (PLAT_URB, ALP_TOUR).

Aber auch im landwirtschaftlich ge- prägten Flachland (PLAT_AGRI) und teilweise ebenfalls im westlichen Hü- gelland des Jura (JURA) zeigt sich die- ses Ergebnis. Szenarien mit einer ho- hen Anzahl an Windenergieanlagen weisen in Kombination mit den Attri- buten «PV» und auch «HL» eine stär- kere Bevorzugung aus, als die gleichen

Abb. 2. Darstellung der Ergebnisse der RFC-Simulation (5925 Iterationen pro ProbandIn) für alle Szenarien, farbliche Darstellung reprä- sentiert die «Shares of Preferences» (SoP): Blau = hohe SoP, Rot = tiefe SoP, Weiss = Median, «Share of preference» repräsentieren das durchschnittliche Interesse der ProbandInnen an den jeweiligen Szenarien und summieren sich auf 100 (Orme 2014, S.218).

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