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Archiv "Selensubstitution bei Selenmangel und Folgeerkrankungen" (04.11.1994)

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(1)

Selensubstitution bei Selenmangel

und Folgeerkrankungen

Claus-Peter Siegers, Brigitte Richter und Reinhard Pentz

Die Bedeutung von Selen als essentiel- les Spurenelement für den Menschen ist erst relativ spät, und zwar im Jahre 1957, entdeckt worden. In den folgen- den Jahren wurden einige selenhaltige Enzyme und ihre Rolle im Zellstoff- wechsel beschrieben, so zum Beispiel die selenabhängige Glutathionperoxi- dase und die 5'-Dejodase. Die erfor- derliche Selenzufuhr für den Men- schen zur Vermeidung von Mangeler- scheinungen liegt zwischen 50 und 100 pig Selen täglich; sie läßt sich im wesentlichen aus der Zufuhr von tieri- schem Eiweiß abdecken. Selenmangel- erkrankungen sind zum Beispiel aus China bekannt, so die Keshan-Krank- heil und die Kashin-Beck-Krankheit.

Selenmangel wurde auch als Folge langdauernder parenteraler Er- nährung sowie bei Patienten mit Mal- absorptionssyndromen beschrieben.

Wegen der relativ geringen therapeu- tischen Breite von Selen sollte die Ein- führung einer Rezeptpflicht für selen- haltige Arzneimittel erwogen werden.

Institut für Toxikologie: (Direktor: Prof. Dr.

med. Otfried Strubelt), Medizinische Univer- sität zu Lübeck

S

elen wurde erst 1957 als es- sentielles Spurenelement für den Menschen erkannt und ist Bestandteil einiger Enzy- me, die in der Regulation vieler Stoffwechselvorgänge eine bedeu- tende Rolle spielen. Selenmangel- erscheinungen betreffen vor allem die Leber, das Herz, Knochen und Gelenke, eine kontrollierte Substi- tution mit Selen kann in diesen Fäl- len therapeutisch sinnvoll sein. Um- stritten dagegen ist bislang der Ein- satz von Selen im Bereich der Prävention chronischer Erkrankun- gen, insbesondere von Krebserkran- kungen. Wegen der geringen thera- peutischen Breite sollte die Ein- führung der Rezeptpflicht für selen- haltige Arzneimittel in Betracht ge- zogen werden.

Vorkommen und Bedarf In Deutschland ist der Gehalt der Böden an Selen vergleichsweise niedrig (11), nicht jedoch der Selen- gehalt unserer tierischen und pflanzlichen Nahrung (26). In den Pflanzen liegt Selen überwiegend als Selenomethionin und Selenocy- stein oder -cystin vor; tierische Nah- rung enthält ebenfalls Selenprotei- ne mit Selenocystein oder Selenocy- stin. Nahrungsmittel mit hohem Se- lengehalt sind Eigelb, Fisch, Fleisch,

Selenmangel- erkrankungen

Beim Menschen wurden als Se- lenmangelerkrankungen die Kes- han-Krankheit (18), eine endemisch auftretende Kardiomyopathie, und die sogenannte Kashin-B eck- Krankheit (19), eine ebenfalls ende-

insbesondere von Huhn und Schwein, sowie Innereien (26). Die minimal erforderliche Selenzufuhr für den Menschen zur Vermeidung von Mangelerscheinungen hängt ab von der chemischen Form des auf- genommenen Selens und von der Natur der Diät, in der es vorliegt.

Aus China wissen wir, daß eine Menge von 15 bis 20 lig Selen pro Tag ausreicht, um vor endemischen Selenmangelerkrankungen zu schützen. Der National Research Council der USA empfiehlt für Männer eine tägliche Selenzufuhr von 70 pg Selen, für Frauen von 55 Kg Selen (30), die Deutsche Gesell- schaft für Ernährung empfiehlt bis zu 100 pg Selen täglich (5). Aus der täglichen Zufuhr von tierischem Ei- weiß läßt sich in der Bundesrepu- blik eine durchschnittliche Selenzu- fuhr von 38 lig für Frauen und 76 pg für Männer errechnen (26).

Die nutritive Selenzufuhr ist al- so in Deutschland ausreichend, das Risiko einer unzureichenden Ver- sorgung besteht nur in Einzelfällen, so in Situationen mit erhöhtem Be- darf, zum Beispiel Schwangerschaft und Stillzeit, bei Personen unter Schwermetall- und Oxidanzienbela- stung, eventuell bei Patienten mit gastrointestinalen Komplikationen (Malabsorptionssyndrom) und bei parenteral oder mit besonderen Diäten ernährten Personen (26).

misch beobachtete Osteoarthropa- thie mit starker Gelenkverformung, beschrieben. Selenmangel wurde auch als Folge langdauernder pa- renteraler Ernährung beobachtet mit den Folgen von Kardiomyopa- thien und Myopathien der Skelett- muskulatur. Umfangreiche epide- miologische Untersuchungen über A-3032 (64) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 44, 4. November 1994

(2)

1

Cumolhydroperoxid 0,6

0,5 0,4 0,3 0,2 - 0,1 -

0

0,5 1,5 2,5 3,5 4,5 5,5 6,5 7,5 8,5 9,5 10,5 11,5 12,5 13,5 14,5 Gesamtaktivität (pmol/min x gProt)

1

173 Wasserstoffperoxid I

I r I r

2,5 3,5 4,5 5,5 6,5 7,5 8,5 9,5 10,5 11,5 12,5 13,5 14,5 Se-abhängige GSH-Peroxidaseaktivität (pmol/min x gProt)

0,7 0,6 0,5 - 0,4 - 0,3 - 0,2 - 0,1 - 0

0,5 1 ,5 E

Relative Häufigkeit

Relative Häufigkeit

Abbildung 2: Häufigkeitsverteilung der Glutathionperoxidaseaktivität von 107 Probanden. Cumolhydroper- oxid = Gesamtaktivität; Wasserstoffperoxid = Se-abhängige GSH-Px

105 155

Selengehalt (pg/I)1 m Plasma

Abbildung 1: Häufigkeitsverteilung der Selenplasmakonzentrationen von 107 Probanden MEDIZIN

Folgen von Selenmangel zeigen ei- ne inverse Korrelation zwischen Se- lenblutspiegeln und der Inzidenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (17, 24, 25) (Kardiomyopathien, Arteriosklerose, Myokardinfarkt), rheumatischen Erkrankungen (21) sowie von Tumorerkrankungen (Nasopharynx, Lunge und Leber) (13, 16, 32). Auch bei Niereninsuffi- zienz und gastrointestinalen Er- krankungen können erniedrigte Se- lenplasmaspiegel vorliegen.

Selenhaltige Arzneimittel und ihre Bewertung

Das Bundesgesundheitsamt hat kürzlich Aufbereitungsmonogra- phien für Natriumselenit, Selen und Selenhefe veröffentlicht (22). In ih- nen werden Angaben zu pharmako- logischen Eigenschaften, Pharma- kokinetik, Toxikologie, Vorkom- men, Bedarf und Mangelerschei- nungen gemacht. Für Natriumse- lenit wird als Anwendungsgebiet

DIE ÜBERSICHT

Selenmangel benannt, der er- nährungsmäßig nicht ausgeglichen werden kann. Dies kann möglicher- weise bei Maldigestions- und Mal- absorptionszuständen sowie Fehl-

mangelernähung (totale parentera- le Ernährung) der Fall sein. Die für Selen selbst beanspruchten Anwen- dungsgebiete werden vom Bundes- gesundheitsamt jedoch als nicht be- legt beurteilt: Regulieren der Zell- bildung, hemmende Wirkung auf neoplastische Zellen, Mineralstoff- wechsel-Mangelzustände, Erhö- hung der Infektionsresistenz, Schutz vor Mineralstoffmangel.

Die Wirkung von Selenverbin- dungen auf tierexperimentell er- zeugte Tumoren wird derzeit kon- trovers diskutiert, eine Zusammen- stellung von Combs (4) zeigt, daß in 55 Studien, die seit 1949 publiziert wurden, 49 dafür sprachen, daß Se- len malignes Wachstum hemmt. In- wieweit die tumorhemmende Wir- kung von Selen auf einem direkten Effekt beruht oder Folge des Selen- metabolismus, Einbau in Proteine oder Enzyme, ist, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden (14).

In den meisten dieser Studien wur- den nahezu toxische Selendosen verwendet, so daß die Antitumor- wirkung auf zytotoxische Selenwir- kungen zurückgeführt wird. Im Ge- gensatz dazu ergeben neuere Studi- en, daß physiologische Konzentra- tionen von alimentär gegebenem Selen verschiedene Pankreas- und Hauttumoren nicht wirksam hem- men können, vielmehr wird gezeigt, daß die Tumorentstehung im

(3)

Pankreas unter bestimmten Um- ständen durch subtoxische Selenga- ben wesentlich verstärkt werden kann (3).

Für Selenhefe in Kombination mit Tocopherolacetat wurden bis- lang folgende Anwendungsgebiete beansprucht (22): kardiavaskuläre Erkrankungen, vorzeitiges Altern, Rheuma, Lebererkrankungen, Schutz von Proteinen gegen Oxida- tion. Die Wirksamkeit bei den ge- nannten Indikationen sowie der Beitrag von Selenhefe konnte je- doch bislang nicht eindeutig belegt werden. Darüber hinaus wird die unvollständige Charakterisierung der in der Hefe enthaltenen Selen- verbindungen sowie die nicht stan- dardisierte Zusammensetzung be- mängelt (22).

Physiologische

Funktionen von Selen im Organismus

Selen ist ein essentielles Spu- renelement, bisher sind 13 Selen- proteine beschrieben worden, aber nur von wenigen kennt man die Funktion. Zwei davon sind Gluta- thionperoxidasen, eine membran- ständige und eine im Cytosollokali- sierte; sie sind Bestandteil eines wichtigen antioxidativen Schutzsy- stems, indem sie die Reduktion von Wasserstoffperoxid, organischen Hydroperoxiden und vor allem Fettsäurehydroperoxiden katalysie- ren (6 bis 10). Als weiteres selenhal- tiges Enzym wurde kürzlich die 5'- Dejodase erkannt (2), die den Ab- bau von Tetrajodthyronin zum akti- ven Schilddrüsenhormon, dem Tri- jodthyronin, katalysiert. Selenman- gel bewirkt somit eine verminderte Aktivität dieser Enzyme. Selen- mangel aktiviert und inhibiert Re- aktionen der Immunabwehr, sowohl der zellgebundenen als auch humo- ralen Abwehr. Selenmangel poten- ziert chemisch oder oxidativ indu- zierte Leberschäden ebenso wie die Toxizität von Schwermetallen wie Cadmium und Quecksilber. Dies sind allerdings Folgeerscheinungen, die erst bei extremem Selenmangel in Erscheinung treten, nicht jedoch bei suboptimaler Selenversorgung.

GSH-Px-Aktivität (nmol/min x mg) 15

14 13 12 11 10

9 8 7 6 5 4 3 2

I

V= 0,00413'X+3,52141 r = 0,1088

0

0

o+---~---~---~---~---~ 0 50 100 150 200 Selengehalt (~g/1)

Abbildung 3: Korrelation zwischen Plasma-Selengehalten und selenabhängiger GSH-Peroxidaseaktivität; n =

1 07 Probanden

Für eine therapeutische Anwen- dung scheint anorganisches Natri- umselenit günstig zu sein. Über die Nahrung wird Selenocystein zuge- führt, das jedoch chemisch nicht stabil ist und deshalb als Arzneimit- tel galenisch nicht verarbeitet wer- den kann. Selenhefe enthält bis zu 90 Prozent Selenomethionin; dies wird nicht selektiv in einen Stoff- wechselweg eingeschleust, der zum geziehen Einbau des Selenatoms in Selenoproteine führt.

Als optimale Versorgung mit Natriumselenit wird heute eine Do- sis von 1 !Jg/kg Körpergewicht und Tag für den ~enschen angegeben (30), wobei eine gewisse Grundver- sorgung mit 30 bis 40 !Jg!Tag in Deutschland berücksichtigt werden sollte. Selenanreicherung von Dün- gemitteln wird in Finnland prakti- ziert, nachdem dort vor Jahrzehn- ten festgestellt wurde, daß die Se- lenversorgung relativ niedrig ist.

Durch die Selenanreicherung der Düngemittel wurde eine flächen- deckende Supplementierung der ganzen Bevölkerung erreicht mit der Folge, daß innerhalb von zehn Jahren so der Selenspiegel der Fin- nen auf das Doppelte angehoben wurde (1). Diese Aktion kann als sinnvoll bezeichnet werden, da sie kontrolliert abläuft und eine indivi-

duelle Überdosierung ausgeschlos- sen werden kann. Inwieweit sich diese bessere Selenversorgung auf die Inzidenz von Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- oder Krebserkran- kungen bereits ausgewirkt hat, kann bislang nicht gesagt werden.

Toxizität von Selen

Selen besitzt im Vergleich zu anderen Spurenelementen eine re- lativ geringe therapeutische Breite.

Bereits ab der zehnfachen empfoh- lenen Tagesdosis von 50 g Selen wird die Toxizitätsschwelle erreicht.

Es kommt zu Symptomen wie nach Knoblauch riechender Atmung, Verfärbung der Fingernägel, Haar- ausfall, Gerinnungsstörungen. Nach Olson (23) werden folgende Dosie- rungen als sicher im Hinblick auf das Vermeiden toxischer Wirkun- gen angesehen:

.... Als orale Einmaldosis beim Erwachsenen maximal 0,05 mg Se- len/kg Körpergewicht.

.... Als orale Gabe über längere Zeit beim Erwachsenen maximal 5 fLg Selen pro Tag und kg Körperge- wicht.

Die angegebenen Empfehlun- gen für die Langzeitgabe von selen- haltigen Arzneimitteln schließen A-3034 (66) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 44, 4. November 1994

(4)

MEDIZIN DIE ÜBERSICHT

Tabelle: Plasma-Selenspiegel und Glutathion-Peroxidaseaktivitöt bei gesunden Probanden im Alter zwischen 19 und 65 Jahren. Es han- delt sich um arithmetische Mittelwerte mit ihren mittleren Fehlern, in Klammern: Spannweite

n Selengehalt ilg/1 Plasma

GSH-Peroxidase nmol/mg x min Se-abhängig Probanden

Gesamtaktivität

Gesamt 107 91,3 ± 3,5

(36,6-232,2)

4,20 ± 0,13 (2,3-14,17)

3,90 ± 0,13 (2,02-14,73) männlich

weiblich

90,7 ± 4,3 (36,6-187,1) 92,9 ± 5,9 (43-232,2)

4,35 ± 0,18 (3,0-14,17) 3,86 ± 0,10 (2,3-5,11)

4,07 ± 0,18 (2,56-9,35) 3,51 ±0,10 (2,02-4,59) 75

32

94,5 ± 5,1 44,8-187,1) 88,8 ± 4,8 (36,6-232,2)

4,12 ± 0,11 (3,0-6,42) 4,27±0,22 (2,3-14,17)

3,81 ±0,11 (2,56-5,98) 3,98 ±0,23 (2,02-14,73) Raucher

Nichtraucher

48 59 Raucher männlich

Raucher weiblich N-Raucher männlich N-Raucher weiblich

93,9 ± 6,4 (44,8-187,1) 96,9 ± 4,1 (85,4-129,3) 87,4 ±5,9 (36,6-182,4) 91,1 ± 8,4 (43,0-232,2)

4,17 ± 0,13 (3,0-6,42) 3,95 ± 0,17 (3,32-4,69) 4,54 ± 0,33 (3,14-14,17) 3,81 ± 0,13 (2,3-5,11)

3,86 ± 0,13 (2,56-5,98) 3,60 ± 0,17 (2,96-4,59) 4,29 ± 0,34 (3,06-14,73) 3,46 ± 0,12 (2,02-4,31) 38

10 37 22

natürlich die Zufuhr von Selen durch die täglich aufgenommene Nahrung mit ein.

Eigene Untersuchungen

Ziel einer eigenen Untersu- chung war es, an einem Kollektiv gesunder Versuchspersonen die Se- lengehalte im Plasma mit denen der Glutathionperoxidaseaktivität zu

Methodik

In insgesamt 107 Human-Plas- ma-Proben wurden die Selengehal- te mittels Atomabsorptionsspektro- metrie vergleichend mit Graphit- rohrtechnik und Hydridtechnik (27) bestimmt. Dabei erwies sich die Hy- dridtechnik hinsichtlich Reprodu- zierbarkeit und Empfindlichkeit ge- genüber der Graphitrohrtechnik als überlegen. Als untere Nachweis- grenze konnte eine Selengehalt von 2 lig/1 sicher bestimmt werden. Die

korrelieren. In die Untersuchung einbezogen wurden 107 gesunde Versuchspersonen im Alter zwi- schen 19 und 65 Jahren, von denen 32 weiblichen und 75 männlichen Geschlechtes waren. Sie wurden nach Rauchgewohnheit, Alkohol- konsum und aktueller Medikamen- teneinnahme befragt. Als Aus- schlußkriterien galten Alkohol- mißbrauch und aktuelle Medika- menteneinnahme.

Glutathionperoxidaseaktivität im Plasma wurde nach der Methode von Flohe und Günzler (9) mit zwei verschiedenen Substraten be- stimmt. Durch Verwendung des Substrates Cumolhydroperoxid wird die Gesamtaktivität der Gluta- thionperoxidase bestimmt, durch Verwendung von Wasserstoffper- oxid die selenabhängige Gluta- thionperoxidase. Weiterhin wurde der Proteingehalt im Plasma nach der Methode von Lowry et al. (20) bestimmt. Für die erhaltenen Werte

wurden Häufigkeitsverteilungen.

zur Untersuchung auf Normalver- teilung, arithmetische Mittelwerte mit Standardabweichungen der Stichproben sowie Korrelationsana- lysen durchgeführt.

Ergebnisse und Schlußfolgerungen

Die in 107 Humanplasmapro- ben bestimmten Selengehalte lagen zwischen 36,6 und 232,2 Kg/1 (arith- metischer Mittelwert 91,3 ± 3,5), sie zeigten weder eine Altersabhän- gigkeit noch einen Unterschied zwi- schen weiblichem und männlichem Geschlecht sowie Rauchern und Nichtrauchern (Tabelle, Abbildung 1). In der Literatur werden Normal- werte für Selen im Plasma zwischen 40 und 190 Kg/1 angegeben (28).

Auch die im Vollblut einer nord- deutschen Population gefundenen Selenkonzentrationen lagen zwi- schen 34 und 145 p,g/1 (12). In letz- terer Untersuchung wurden eben- falls keine Alters-, Geschlechtsab-

(5)

hängigkeit oder Einfluß der Rauch- gewohnheit festgestellt. Lediglich Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder scheinen niedere Se- lenspiegel als ältere Kinder und Er- wachsene zu haben (31).

Die ebenfalls bestimmten Glutathionperoxidaseaktivitäten zeigten für die beiden verwendeten Substrate nur geringe Unterschiede (Tabelle, Abbildung 2); daraus ist zu schließen, daß die Gesamt-Gluta- thionperoxidaseaktivität (Cumolhy- droperoxid) etwa zu 90 Prozent durch die selenabhängige Gluta- thionperoxidaseaktivität (H 2 02) re- präsentiert wird. Hierbei ergaben sich hinsichtlich Alter, Geschlecht und Rauchgewohnheit keine signifi- kanten Unterschiede zwischen den Versuchspersonen (Tabelle). Aus der in Abbildung 3 dargestellten Korrelationsanalyse ergibt sich kei- ne Abhängigkeit zwischen den Se- len-Plasmakonzentrationen und der selenabhängigen Glutathionperoxi- daseaktivität.

Dies zeigt, daß im Bereich ei- ner Normalversorgung mit Selen (Plasmakonzentration > 344/1) ausreichend Selen für die Synthese einer normalen Glutathionperoxi- daseaktivität zur Verfügung steht;

erst unterhalb dieses Wertes kann eine Abhängigkeit der selenabhän- gigen Peroxidaseaktivität von dem Selenstatus erwartet werden. Die Untersuchungen bestätigen die Voruntersuchungen anderer Auto- ren (12, 26), daß wir in Deutschland aufgrund unserer Ernährung in ei- nem selennormalversorgten Gebiet leben, womit eine Selensupplemen- tierung durch selenangereicherte Düngemittel, Nahrungsmittel oder frei verkäufliche Arzneimittel als nicht gerechtfertigt erscheint. Sie belegen weiterhin, daß Selengehal- te im Plasma oberhalb von 30 ii,g/1 keinen Einfluß mehr auf die Gluta- thionperoxidaseaktivität besitzen, so daß zumindest dieses wichtige se- lenabhängige Enzymsystem eine Selensupplementierung oberhalb dieses Bereiches nicht erfordert.

In zwei Studien (15, 29) wurde gezeigt, daß eine längerfristige Be- handlung mit Selen über vier bis acht Monate sowohl die Selenblut- spiegel als auch die Glutathionper-

oxidaseaktivität anzuheben ver- mochte. Die Selensupplementie- rung mit vorzugsweise natriumse- lenithaltigen Arzneimitteln sollte jedoch der gezielten Therapie von diagnostizierten Selenmangelzu- ständen und Folgekrankheiten vor- behalten bleiben. Um diese jedoch eindeutig zu definieren, bedarf es unseres Erachtens weiterer Unter- suchungen an Patienten mit beson- ders hohen Belastungssituationen (Schwangerschaft, Stillzeit) sowie definierten Erkrankungen (Erkran- kungen des rheumatischen Formen- kreises, Schilddrüsenerkrankungen, Kardiomyopathien und Krebser- krankungen). Wegen der geringen therapeutischen Breite von Selen ist

Verletzung

des Operateurs bei Behandlung

von HIV-Patientinnen

Die Zahl HIV-positiver Patien- tinnen, die zur Behandlung in Frau- enkliniken kommen, hat seit An- fang 1992 zugenommen. Meistens handelt es sich um jüngere Frauen, die sich in der Schwangerschaft am- bulant untersuchen lassen oder zur Entbindung stationär aufgenom- men werden.

Im gynäkologischen Bereich sind es in der überwiegenden Zahl der Fälle Patientinnen mit verdäch- tigem zytologischen Befund, bei welchen in der Folge eine Portioab- schabung, fraktionierte Curettage, Konisation oder Hysterektomie vorgenommen werden muß.

Trotz besonderer Sorgfalt sind bei der operativen Behandlung HIV-positiver Frauen Verletzungen des Operateurs nie ganz auszu- schließen. Bei einer Stichverletzung mit der scharfen Nadel hängt das Risiko, sich eine HIV-Infektion zu- zuziehen, vom Infektionsstatus der Patientin ab. Dieser Status ist be- züglich der HIV-Infektion unzufrie- denstellend definiert. Zum Zeit- punkt der Serokonversion und bei

die Einführung der Rezeptpflicht für selenhaltige Arzneimittel zu er- wägen.

Deutsches Ärzteblatt

91 (1994) A-3032-3036 [Heft 44]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. habil.

Claus-Peter Siegers Institut für Toxikologie Medizinische Universität zu Lübeck

Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck

„full blown AIDS" ist bekannt, daß in 1 1.4,1 Plasma mindestens eine in- fektiöse Einheit vorkommen kann.

Das allgemeine Infektionsrisiko bei HIV-Antikörper positiven Patien- tinnen durch Nadelstich beträgt 0,4 Prozent. Bei der Verletzung muß die Nadel zwei Latexschichten der doppelt zu tragenden Handschuhe durchdringen, um in die Epidermis des Fingers und das Stratum papil- lare des Koriums zu gelangen. Die Nadel wird dabei von potentiell in- fektiösem Blut „gereinigt". Unab- hängig von besonderen Schutzmaß- nahmen wird die Erhebung des HIV-Antikörperstatus aller Patien- tinnen gefordert. Begründung ist die Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinik. Bei positivem Test ope- riert ein besonders erfahrener Kol- lege mit gut ausgebildetem Team.

Den Operateuren ist jedoch klar, daß die größere Gefahr von opera- tiv zu behandelnden, infizierten Pa- tientinnen ausgeht, deren Antikör- per-Status nicht bekannt ist und so- mit das aktuelle Problembewußt- sein fehlt. ptr

Paterok, E. M., et al.: Verletzung des Operateurs bei der Behandlung einer HIV-Infizierten Geburtshilfe- und Frau- enheilkunde, 1994; 54: 532-533

Prof. Dr. E. M. Paterok, Universitäts- straße 21, Universitäts-Frauenklinik, 91054 Erlangen

A-3036 (68) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 44, 4. November 1994

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