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Trinkwasserschutzgebiete und Rohstoffabbau im Bereich des Regionalplans Arnsberg, Teilabschnitt Kreis Soest und Hochsauerlandkreis

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Academic year: 2022

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Trinkwasserschutzgebiete und Rohstoffabbau im Bereich des Regionalplans Arnsberg, Teilabschnitt

Kreis Soest und Hochsauerlandkreis

Ein Beitrag zur geplanten Aufhebung des § 35, Abs. 2 des Landeswassergesetzes NRW vom 2016

(Verbot der Bodenschatzgewinnung in Wasserschutzgebieten )

Bund für Umwelt und Naturschutz Kreisgruppe Soest

Oktober 2020

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1. Vorbemerkungen

Im gemeinsamen Koalitionsvertrag von CDU und FDP für die Legislaturperiode 2017- 2022 vom 16.6.2016 heißt es auf S. 81 unter dem Punkt Wasser und Hochwasserschutz:

„Wir wollen Erschwerungen für den Rohstoffabbau im Wasserbereich wieder zurücknehmen. Wir werden daher die Einzelfallprüfung für Rohstoffgewinnung in Schutzzone III wieder zulassen.“

Dieses Ziel soll nun in der anstehenden Novellierung des Landeswassergesetzes durch die ersatzlose Streichung des erst in der letzten Novellierung des LWG 2016 aufgenommenen Bodenschatzgewinnungsverbotes in Wasserschutzgebieten ersatzlos aufgehoben werden. Aktuell regelt der § 35 (2) LWG [1]:

„In Wasserschutzgebieten nach § 51 Absatz 1 Nummer 1 des Wasserhaushaltsgesetzes ist die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen verboten. Eine von Satz 1 abweichende Regelung kann in einer Wasserschutzgebietsverordnung nach Absatz 1 Satz 1 getroffen werden, wenn und soweit der Schutzzweck das Verbot für einen Teil des Wasserschutzgebiets nicht erfordert.

§ 52 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Wasserhaushaltsgesetzes über die Befreiung von Verboten findet Anwendung.“

Die anerkannten Naturschutzverbände in NRW [2] haben in einer gemeinsamen Stellungnahme zur Änderung des LWG vom 03.06.2020 eine Beibehaltung des Verbotes der Rohstoff- gewinnung gefordert.

Ebenfalls in einer gemeinsamen Stellungnahme [3] vom 03.06.2020 haben die nordrhein- westfälischen Landesgruppen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. und des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V. als eine von drei zentralen Forderungen die Beibehaltung des § 35(2) gefordert. In der Stellungnahme der Wasserversorger wird auch explizit darauf verwiesen, dass die geplante Regelung in einer landesweiten Wasserschutzgebietsverordnung als Kompensation nicht ausreicht. Zitat.: “Eine Aufnahme dieses Verbotes lediglich in der landesweiten Wasserschutzgebietsverordnung ist nicht ausreichend. Hier sollte wegen des massiven Grundrechtseingriffs aus verfassungsrechtlichen Gründen eine gesetzliche Grundlage beibehalten werden.“

Der Kreis Soest und der Hochsauerlandkreis sind ein Zentrum der Rohstoffgewinnung in NRW

[4]. Hier sind Konflikte zwischen Rohstoff- und Trinkwassergewinnung seit vielen Jahren bekannt und auch häufig Thema im Landtag gewesen.

Die Forderung der Verbände der Rohstoffgewinnung auf „Einzelfallprüfung“ in Trink- wassergewinnungsgebieten sind uns seit vielen Jahren bekannt. Sie haben u.a.in den Bera- tungen des Regionalrats Arnsberg zur Fortschreibung des Regionalplans Teilabschnitt Soest und Hochsauerlandkreis von 2012 im Zuge der Diskussion um das Ziel 29 (Vorrang Trinkwassergewinnung vor Rohstoffabbau) eine zentrale Rolle gespielt [4].

Zur Verdeutlichung der durch die Änderung des LWG aus unserer Sicht zu erwartenden Konsequenzen und den seit vielen Jahren von uns dokumentierten Ergebnissen der

„Einzelfallprüfung“ möchten wir daher das Gebiet des o.g. Teil-Regionalplan (SO-HSK) als Beispiel kurz darstellen.

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2. Die Rohstoffgewinnung im Gebiet des Regionalplans Arnsberg (TA SO-HSK)

Der gültige Regionalplan [4] weist Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten aus (sog. BSAB). Im TA SO-HSK sind dies gem. Tabelle 1 (Spalte 1) 3.224 Hektar Fläche für die einzelnen Rohstoffarten. Darüber hinaus sind in 11 Teilkarten (Anhang 16) 4.667 als Reservegebiete (siehe Spalte 3, Tab. 1) ausgewiesen.

Diese Reservegebiete schließen die BSAB-Flächen ein. Für den langfristigen Bedarf ist daher die Differenz beider Flächen, also 1.443 ha vorgesehen, in denen schon jetzt als sog.

Vorbehaltsgebieten nur solche raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zulässig sind, die eine mögliche spätere Rohstoffgewinnung langfristig nicht in Frage stellen oder einschränken.

Abb.: 1 Berechnung von Rohstoffflächen und -mengen aus dem gültigen Regionalplan Arnsberg, TA Soest/

Hochsauerlandkreis. Quelle: Reg Plan Arnsberg, TA Kreis SO/ HSK

Abb.2: Der betrachtete Teilbereich SO- HSK ist 3.288,88 km2 groß. Damit beträgt der Anteil der regionalplanerisch ausgewiesenen 46,67 km2 Flächen für die Rohstoff- sicherung rund 1,42 % der Gesamtfläche. Quelle: Reg Plan Arnsberg, TA Kreis SO/ HSK

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3. Die Überlagerung von Rohstoff- und Trinkwassergewinnung

Insgesamt sind 33 Teilgebiete für die Rohstoffsicherung ausgewiesen (siehe Karte Anlage 1). In sechs Regionen mit insgesamt 13 BSAB und 1 Reservegebiet kommt es im Regionalplan zu einer Überlagerung mit Schutzgebieten zur Trinkwassergewinnung. Die Karte weist hier die betroffenen Bereiche aus:

Es ist jedoch nur ein kleiner Teil der Flächen von den Bestimmungen des § 35(2) LWG betroffen, denn der § 125 (Überleitung) des geltenden LWG [1] regelt unter (6):

„ § 35 Absatz 2 gilt nicht für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen im Sinne von § 35 Absatz 2 Satz 1 in Bereichen, die vor dem 16. Juli 2016 nach den Bestimmungen des Raumordnungsrechts auf Ebene der Regionalplanung als Vorranggebiete für die Sicherung und den oberirdischen Abbau von oberflächennaher Bodenschätzen mit der Wirkung von Eignungsgebieten festgelegt worden sind. § 35 Absatz 2 gilt nicht für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen im Sinne von § 35 Absatz 2 Satz 1, die vor dem 16. Juli 2016 zugelassen worden sind.“

Damit fallen fast alle Rohstoff-Abbaugebiete aus der Regelung des § 35 (2) LWG heraus, nämlich alle Flächen, die vor dem 16.07.2016 in Regionalplänen als BSAB rechtskräftig ausgewiesen wurden.

Von den 4.667 ha Reserveflächen für die Rohstoffgewinnung des Regionalplan-Arnsberg sind daher bezüglich des Trinkwasserschutzes nur zwei Gebiete betroffen:

Abbaugebiete innerhalb der Schutzzone III oder IIIA

- 431601 (Lippstadt-Lipperbruch), Überlagerung mit 1 BSAB

- 431603 (Lippstadt-Erwitte/Eikeloh), Überlagerung mit 1 BSAB und 1 freies Reservegebiet

- 451602 (Warsteiner Kalkmassiv), Überlagerung mit 4 BSAB und 1 eingeschlossenes Reservegebiet - 471621 (Rappelspring, Hildfeld) teilweise Überlagerung mit 1BASB

- 476556 (Fuchshohl, Silbach), teilweise Überlagerung mit 1 BSAB

Abbaugebiete innerhalb der Schutzzonen IIIB und IIIC

- 45614 (Briloner Kalkmassiv), Überlagerung der Schutzzone IIIB mit 1 BSAB Überlagerung der Schutzzone IIIC mit 4 BSAB.

- 431603 (Lippstadt-Erwitte/Eikeloh), mit einem bisher nicht als BSAB ausgewiesenes Reservegebiet südlich des OT Erwitte-Eikeloh zur Gewinnung von Kalkmergel für die Zementproduktion mit einer Größe von 70,6 ha

- 451602 (Warsteiner Kalkmassiv), mit einem bisher nicht als BSAB ausgewiesenes Reservegebiet südlich der Ortschaft Rüthen-Kallenhardt zur Gewinnung vom Kalk mit einer Größe von ca. 15,4 ha

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Nur für diese 86 ha großen Flächen ergibt sich für die Rohstoffgewinnung in Verbindung mit dem § 35 (2) LWG die Situation, dass die Flächen nicht in einem zukünftigen Regionalplan vom jetzt ausgewiesenen Reservegebiet in ein Vorranggebiet (BSAB) ausgewiesen werden können.

Angesichts der 4.667 ha Reservegebiete ist dies ein Anteil von 1,84 %. Damit kann aktuell nicht von einer „Erschwerung für den Rohstoffabbau“ gesprochen werden. Diese Situation wird sich auch in den nächsten Jahren nicht wesentlich ändern, weil die ausgewiesenen BSAB noch erhebliche Rohstoffreserven aufweisen und somit die Situation durch die Streichung des §35(2) LWG nicht verändert würde.

Anders sieht die Betrachtung auf längere Sicht aus. Der Druck der Rohstoffgewinnung auf die Ausweisung neuer Abbauflächen in Trinkwasserschutzgebieten wird steigen. Es ist politisch zu entscheiden, ob bei der regionalplanerischen Ausweisung zukünftiger Abbauflächen auf der einen Seite ein EU-Vogelschutzgebiet als Tabu-Kriterium angesehen wird, auf der anderen Seite aber Trinkwasser-Schutzgebiete bedenkenlos überplant werden.

Die untenstehende Abbildung 3 [5] zeigt, dass bundesweit fast dreimal häufiger ein Naturschutzgebiet als ein Wasserschutzgebiet die Ausweisung eines Vorranggebietes für die Rohstoffsicherung ausgeschlossen hat.

Das Abgrabungsverbot in Wasserschutzgebieten im Landeswasserrecht korrigiert dieses Ungleichgewicht und sorgt schon auf der Ebene der Regionalplanung für Planungssicherheit für die öffentliche Wasserversorgung.

Die von der Rohstoffgewinnung gewünschte Verlagerung auf eine spätere Einzelfallprüfung kann dies nicht erreichen und führt in der Folge zu einer Kaskade von Entscheidungen, die die Wasserwirtschaft und damit die Versorgung der Bevölkerung mit dem wichtigsten Nahrungsmittel nachhaltig beschädigt.

Abb. 3: Auf welchen Flächen wird die Ausweisung von Vorranggebieten für die Rohstoffsicherung ausgeschlossen? Aus: Raumforschung und Raumordnung Spatial Research and Planning 76, 4;

10.1007/s13147-018-0537-0 (2018)

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4. Betroffenheit der Trinkwassergewinnung

Die o.g. 86 ha (zusätzliche) Abgrabungsfläche sind in Relation zu den Gesamtflächen für Abgrabungen gering. Für zwei regionale Trinkwasserversorgungen bedeuten sie hingegen eine direkte Betroffenheit und deutliche Verschlechterung.

4.1 Die Stadtwerke Lippstadt versorgten lt. Wasserversorgungskonzept der Stadt Lippstadt (2016) [6] 67.066 Einwohner mit Trinkwasser.

Diese Aufgabe wird durch den Betrieb von drei Wasserwerken (Lipperbruch, Fichten und Eikeloh) realisiert. In der Summe hat die Stadtwerke Lippstadt GmbH in den letzten 10 Jahren im Mittel rd. 4,10 Mio. m³/a an Grundwasser gefördert.

Die Förderung wird durch 2 Wasserschutzgebiete abgesichert (siehe Abb. 4). Im Bereich des Schutzgebietes 431601 (Lippstadt-Lipperbruch) wird es auf ca. 15 % der Fläche von einem Bereich zur Gewinnung von oberflächennahen Bodenschätzen (Kies- und Sand) überdeckt. Hier sind in der Vergangenheit zahlreiche Wasserflächen durch Aussandungen entstanden.

Das Wasserschutzgebiet 431603 (Lippstadt-Erwitte/Eikeloh) ist 13,254 km2 groß.

Bereits heute werden 3,54 km2 (26,7 %) durch Flächen des BSAB Erwitte überdeckt.

Auch hier wurden in der Vergangenheit großflächig Abgrabungen genehmigt (aktuell 226 ha), weitere Abbauflächen sind im Genehmigungsverfahren (37 ha). Es wurde entgegen den Bestimmungen der Wasserschutzgebietsverordnung bis in den Grundwasserbereich abgegraben und großflächig Gewässer hergestellt (siehe Abb.

5). Schutzschichten nach Beendigung des Abbaus sind auch in den neuen Genehmigungen nicht vorgesehen (siehe Kap. 5).

Fazit:

Die Wasserversorgung der Stadt Lippstadt gerät mittelfristig unter Druck. Es wurden bislang überwiegend oberflächennahe Grundwasservorkommen aus dem Lippstädter Norden genutzt, die aber zunehmend unter den Folgen des Klimawandels leiden. Das Schutzgebiet zur Sicherung der tiefen Grundwasservorkommen aus dem Haarstrang wurde in der Vergangenheit durch die Abgrabung von Kalkmergel schon erheblich beeinträchtigt. Eine weitere Verschlechterung durch die Öffnung des Wasserrechtes ist zu erwarten, weil hierdurch weitere Abbaugebiete in Eikeloh mit einer Größe von 70 ha regionalplanerisch möglich sind. Die Folge wird eine weitere massive Beeinträchtigung des Wasserschutzgebietes sein.

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Abb.4: Auszug aus dem Wasserversorgungskonzept der Stadt Lippstadt (2016). Im Norden Wasserschutzgebiet Lipperode mit großflächigen Baggerseen. Im Süden WSG Eikeloh.

Abb.: 5 Situation innerhalb des WSG Erwitte Eikeloh. Blau unterlegt das WSG. Gelb bereits größtenteils ausgebeutete Steinbrüche mit Wasserflächen und gelb umrandet genehmigte Bereiche. Rot aktuelles Genehmigungsverfahren. Violett mögliche Erweiterungsfläche im Regionalplan. Grafik: BUND Kreisgruppe Soest

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4.2 Im Bereich des Trinkwasserschutzgebietes „Warsteiner Kalkmassiv“ wird die Hillenbergquelle II, Bullerteichquelle, sowie die Lörmecke Quelle genutzt.

Insgesamt werden aus dem Trinkwasserspeicher über 80.000 Menschen mit Trinkwasser versorgt.

Laut Wasserversorgungskonzept der Stadt Warstein (2018) [7] wird durch eine Jahresentnahme aus der Hillenbergquelle II/ Hillenbergbohrung von rd. 1,30 Mio.m³/a. und der Ergänzung durch Wasser der Bullerteich- und Lörmeckequelle in Höhe von ca. 0,93 Mio. m³/a. die Versorgung von rund 23.600 Personen in Warstein, Belecke und Hirschberg gewährleistet. Die Lörmecke-Wasserwerke GmbH versorgt als 100%iges Tochterunternehmen des Kreises Soest in den Städten und Gemeinden Erwitte, Anröchte, Möhnesee, Ense und einige Ortsteile von Soest, Bad Sassendorf, Warstein und Werl rund 60.000 Verbraucher mit max. 3,3 Mio. m³/a Trinkwasser.

Das Unternehmen ist damit der wichtigste Wasserversorger im Kreis Soest.

Für das Einzugsgebiet der drei Quellen ist 1991 auf einer Fläche von insgesamt 52,89 km2 das Wasserschutzgebiet "Warsteiner Massenkalk" festgesetzt worden.

Die Verordnung wurde am 18.11.2015 durch Beschluss des OVG-Münsters) [8]

wegen sachlicher Mängel aufgehoben und ist seither von der BR-Arnsberg noch nicht wieder neu erstellt worden.

Auch hier wurden in der Vergangenheit bereits Abgrabungen in gigantischem Umfang durchgeführt (aktuell 2,7 km2, also ca. 24 % der Fläche der Trinkwasserschutzzonen I-IIIa). Weitere Abbauflächen mit einer Größe von 38 ha sind in Planung. Es wurde entgegen den Bestimmungen der Wasserschutzgebietsverordnung bis in den Grundwasserbereich abgegraben und großflächig Gewässer hergestellt (siehe Abb. 7-9). Wirksame Schutzschichten nach Beendigung des Abbaus sind bisher nicht erstellt worden (siehe Kap. 5). Die aktuelle Hillenbergquelle II ist Folge einer Sprengung, die Vorgängerquelle ist dagegen in Folge einer Sprengung versiegt. Es traten in der Vergangenheit Trinkwassertrübungen auf. Die Lörmecke-Wasserwerke GmbH hat 2017 für fast 5 Mio. Euro eine Qualitätssicherungsanlage erstellt um ggf. Verschmutzungen des natürlicherweise ohne weitere Aufbereitung nutzbaren Trinkwassers reinigen zu können [9].

Die rechtliche Unsicherheit hat in der Vergangenheit einerseits zu Klagen der Wasserwirtschaft gegen die Abgrabungen (vgl. OVG Münster11A3048/11) [8] , die zur Aufhebung von Abbaugenehmigungen und wegen erkannter Rechtsfehler gleichzeitig zur Aufhebung der Wasserschutzgebiets-Verordnung führten und andererseits Klagen der Abbaubetriebe gegen die Wasserversorgung, die u.a. in die zur Aufhebung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Hillenberg-Quelle führte.

Fazit:

Die Wasserversorgung der Stadt Warstein und des südlichen Kreises Soest ist bereits unter Druck. Bereits jetzt sind von den 1991 ausgewiesenen 1146 ha der Wasserschutzzone IIIA durch die 4 BSAB insgesamt 383 ha belegt und ein Abbau hier großflächig bereits erfolgt. Mit der möglichen Ausweitung des Abbaus ist eine weitere Zunahme des Risikos für die Trinkwasserversorgung ist zu erwarten.

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Abb.: 6 Situation innerhalb des WSG Warsteiner Kalkmassiv. Blau unterlegt das WSG. Gelb bereits Großteils ausgebeutete Steinbrüche und gelb umrandet genehmigte Bereiche. Dunkel-Violett vorgesehene Erweiterungsflächen für den Abbau. Hell-Violett mögliche Erweiterungsfläche im Regionalplan. Grafik: BUND Kreisgruppe Soest

Abb.7: Abbaugebiet Rüthen-Kallenhardt am 13.03.2009 innerhalb der Wasserschutzgebietszone IIIA und ca. 700 m vom Quellstollen der Lörmecke-Wasserwerke entfernt. Foto: Initiative Trinkwasser e.V.

Warstein

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Abb. 8: Abbaugebiet Rüthen-Kallenhardt am 07.06.2008 innerhalb der Wasserschutzgebietszone IIIA mit 2 großen Wasserflächen. Foto: Initiative Trinkwasser e.V.

Abb. 9: Abbaugebiet Rüthen-Kallenhardt im Frühjahr 2020. Die zwischenzeitlich mit Abraum verfüllte Wasserfläche im Zentrum trat einer längeren Niederschlagsperiode wieder auf. Quelle: Google Earth

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5. Die Einzelfallprüfung in Genehmigungsverfahren

Die Forderung nach einer Einzelfallprüfung ist das probate Argument der Abgrabungsbetriebe in gesetzgeberischen oder regionalplanerischen Verfahren. Es wird argumentiert, dass sich örtliche Situationen erheblich unterscheiden können und eine sachgemäße Entscheidung z.B. über eine Abgrabung in einem Trinkwasserschutzgebiet nur im Rahmen von fachgesetzlichen Verfahren (nach BImSchG, UVPG etc.) finden lässt.

Dies ist nach den Erfahrungen aus der langjährigen Begleitung von Abgrabungsverfahren in Trinkwasserschutz-Gebieten im Bereich SO und HSK im Rahmen der Verbände-Beteiligung unzutreffend.

Für den Raum Warstein haben wir dies in einer Stellungnahme zur Novellierung des LWG 2016 [10] wie folgt zusammengefasst:

„Das in Warstein/Rüthen versuchte Modell einer Koexistenz der Nutzung von Trinkwasser und Kalksteinabbau ist nicht erfolgreich. Die aufgebauten Risiken für die Trinkwasserversorgung und die wachsenden Begehrlichkeiten der Abgrabungsindustrie lassen sich nach unserer Auffassung nicht mehr durch örtliche Einzelfallprüfungen, Gutachterkriege und Gerichtsverfahren klären. Die in § 50 WHG als eine Aufgabe der Daseinsvorsorge definierte öffentliche Wasserversorgung, die ihren Wasserbedarf vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken hat, bedarf einer eindeutigen Regelung in Bezug auf Abgrabungen in Wasserschutzgebieten.“

Die Genehmigungsbehörden (i.d.R. die Kreisverwaltungen und kreisfreien Städte) sind trotz eines erheblich verbesserten rechtlichen Instrumentariums aufgrund der fehlenden personellen und fachlichen Ressourcen nicht in der Lage, sachgerechte Entscheidungen zum Trinkwasserschutz zu fällen.

Nach dem Urteil des OVG-Münsters vom 18.11.2015 [8] wurden durch das MUNLV NRW am 30.03. und 20.06.2016 Vorgaben für Zulassungsverfahren definiert und ein umfassender Erlass über die Erlaubnispflichtigkeit und Erlaubnisfähigkeit von oberirdischer Bodenschatz-Gewinnung in Locker- und Festgestein angekündigt. Dieser Erlass ist bis heute nicht fertiggestellt und für die nachgelagerten Genehmigungsbehörden keine Klarheit geschaffen worden.

Wir konnten hingegen für den Kreis Soest nachweisen, dass nach dem OVG- Urteil mit seinen klaren Definitionen tatsächlich in der Antrags- und Genehmigungspraxis nur zusätzlich ein Antrag nach Wasserrecht gestellt wurde. Sachlich führte das Urteil zu keiner Veränderung des beantragten Vorhabens und der anschließend erfolgten Genehmigungen.

Neben der in der Wasserwirtschaft als hoch problematisch angesehenen Wasserflächen (siehe Abb. 6-8) in Wasserschutzgebieten (vergl. DVGW W 101 – Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete; I. Teil: Schutzgebiete für Grundwasser) wird von Antragsstellern und Genehmigungsbehörden auch die Ausführung von Schutzmaßnahmen zur langfristigen Sicherung der Trinkwasserqualität als nicht notwendig angesehen (siehe Abb.10-11).

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Abb.10: Beispiel der Kalkmergel-Abgrabungen in Erwitte für die Zementindustrie. Die abgebildeten Flächen liegen direkt an der Grenze des WSG-Eikeloh. Genehmigungsgrundlage ist ein „Trockenabbau“.

In keinem Fall wurden die Anlage eines Gewässers nach Wasserhaushaltsgesetz beantragt und genehmigt.

Foto: Manfred Raker 22.02.2020

Im wasserrechtlichen Bescheid (§ 9 WHG) des Kreises vom 12.04.2017 [11] zu einem Abgrabungsvorhaben der Fa. Spenner-Zement innerhalb des Wasserschutzgebietes Eikeloh heißt es:

Diese Auffassung wird von den Umweltschutz-Verbänden und der Wasserwirtschaft nicht geteilt. Neueste Studien belegen eine flächendeckende und erhebliche

Pestizid-Belastung durch Lufteinträge [12] und die Risiken für die

Trinkwassergewinnung durch Abgrabungen innerhalb von Wasserschutzgebieten

[13].

„Deckschichten erfüllen eine Filterwirkung gegenüber Schadstoffen, sei es durch menschliche Tätigkeiten (Düngung, Unfälle etc.) oder aus der Luft. Die Mächtigkeit dieser Deckschicht ist jedoch im Abbaubereich sehr gering. Damit geht auch eine eingeschränkte Filterwirkung einher. Die Flächen werden aktuell intensiv als landwirtschaftliche Ackerfläche genutzt. Damit verbunden ist ein Dünger- und PSM-Einsatz. Durch die Abgrabung fällt die landwirtschaftliche Nutzung auf Dauer weg. Die Filterwirkung gegenüber Schadstoffen, die durch menschliche Tätigkeiten unmittelbar verursacht werden, fällt somit weg. Es verbleibt die (geringe, nicht bezifferbare) Belastung durch die Luft. In der Gesamtbetrachtung wird sich mindestens ein Ausgleich, wenn nicht sogar eine deutlich positive Wirkung für das Grundwasser einstellen.“

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Abb. 11: Im riesigen Abbaugebiet Warsteiner Kalkmassiv sind im Bereich der vollständig betroffenen Wasserschutzzone IIIA aktuell noch an keiner Stelle wirkungsvolle Deckschichten eingebaut worden.

Die Genehmigungsverfahren sehen als Abschluss eine bis zu 1 m dicke Schicht aus unspezifiziertem Abraummaterial vor. Hiermit ist aus unserer Sicht ein Trinkwasserschutz nicht zu gewährleisten.

Steinbruch Hillenberg mit 300 m Abstand zur Hillenberg-Quelle, Warstein, Foto: Manfred Raker 04.12.2019

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6. Zusammenfassung

Die beabsichtigte Deregulierung des Wasserrechts verfehlt in Bezug auf den Abbau von Erschwernissen für die Rohstoffwirtschaft ihre Wirkung, weil durch die Übergangsregelungen des bestehenden Gesetzes alle vor dem 16.07.2016 in Regionalplänen ausgewiesenen Vorranggebiete Rohstoffgewinnung nicht betroffen sind und darüber hinaus die Restmengen und noch nicht beanspruchten Flächen in diesen Gebieten noch für Jahrzehnte ausreichen.

Die jetzige Regelung bringt jedoch bei zukünftigen regionalplanerischen Verfahren dem Trinkwasserschutz auch im Vergleich zu anderen Flächennutzungen das notwendige Gewicht ein und sorgt dafür, dass die flächenmäßig sehr kleinen Trinkwasserschutzgebiete nicht gleichzeitig mit Vorrangflächen für Abgrabungen überdeckt werden.

Das wesentliche Merkmal von Abgrabungsunternehmen ist ihr sukzessives Vorgehen.

Es sind zunächst kleine Abbaubereiche, weit weg von Grundwasser und Trinkwasser- Gewinnung. Der Abgrabungsprozess verselbstständigt sich jedoch und ist, wie wir durch zahlreiche Belege beweisen können, durch Einzelfallprüfungen der Fachbehörden nicht mehr zu stoppen. Im Fall Warstein haben wir dargelegt, dass Abbauunternehmen auch die Möglichkeit von Gesteinsabbau im Grund-(=Trink-)wasser sehen und so eine öffentliche Wasserversorgung zeitweilig gestoppt werden konnte und insgesamt mit hohen Kosten für die Wasserwirtschaft verbunden ist.

In unserem dichtbesiedelten Land ist es kaum noch möglich, neue Wasserschutzgebiete auszuweisen oder die Wassergewinnung in einem größeren Maß auf neue Gebiete zu verlagern. Daher hat die Sicherung der vorhandenen Wasserschutzgebiete für die Daseinsvorsorge Priorität.

Dies kann nur mit einer klaren und eindeutigen Stärkung im Wasserrecht erreicht werden:

- der Beibehaltung der derzeitigen gesetzlichen Regelung im § 35 (2) LWG

- der zusätzlichen Aufnahme von Bestimmungen zum Einbau von Schutzschichten nach abgeschlossenen Trockenabbau

- der zügigen Bearbeitung eines Erlasses zur Benutzung von Grundwasser in Abgrabungsbereichen

Bearbeitung:

Manfred Raker

Koordinator des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) für Mitwirkungsfragen gem. § 63 BNatSchG im Kreis Soest Südfelder Str. 87

32425 Minden mobil: 0171/6466831 E-Mail: mr@gelabau.de

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Quellenverzeichnis

[1] Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz - LWG -) vom 25. Juni 1995

[2] Stellungnahme der annerkannten Naturschutzverbände zur Novellierung des Landeswassergesetzes NRW vom 22.06.2020 https://www.lb-naturschutz-

nrw.de/fileadmin/redaktion/Aktuelle_Meldungen_Dateien/2020/030720_STN_WRRL/STN_Nat ursschutzverbaende_WWBF_WRRL.pdf

[3] Stellungnahme der nordrhein-westfälischen Landesgruppen von BDEW, DVGW und VKU zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landeswasserrechts vom 04.06.2020

https://nrw.bdew.de/service/stellungnahmen/gemeinsame-stellungnahme-zum-entwurf-eines- gesetzes-zur-aenderung-des-landeswasserrechts/

[4] Regionalplan Arnsberg, TA Soest – Hochsauerlandkreis vom März 2012

https://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/r/regionalplan/so_hsk/rechtskraeftig/index.php

[5] Hartz, A., Saad, S., Schniedermeier, L. et al. Rohstoffsicherung in der Landes- und Regionalplanung. Raumforsch Raumordn Spat Res Plan 76, 345–362 (2018).

https://doi.org/10.1007/s13147-018-0537-0

[6] Wasserversorgungskonzept der Stadt Lippstadt (2016). http://buergerinfo.stadt- lippstadt.de/vo0050.asp?__kvonr=9115

[7] Wasserversorgungskonzept der Stadt Warstein (2018), unveröff. Gutachten, Warstein 2018

[8] OVG Nordrhein-Westfalen, 18.11.2015 - 11 A 3048/11

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OVG%20Nordrhein-Westfal en&Datum=18.11.2015&Aktenzeichen=11%20A%203048%2F11

[9] Lörmecke Wasserwerk GmbH. https://loermecke.de/qs-anlage/

[10] BUND-Kreisgruppe Soest., Beitrag zur Novellierung des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswassergesetz – LWG), Soest 2015. https://www.bund- loermecketal.de/wp-content/uploads/2016/04/Situationsbericht-Landeswassergesetz.pdf

[11] Kreis Soest, Wasserrechtlicher Bescheid (§ 9 WHG) vom 12.04.2017 zu Antrag der Fa. Spenner Zement GmbH & Co KG über die Steinbrucherweiterung Ostfeld in Erwitte

[12] Hofmann, F., Schlechtriemen, U., Kruse-Plaß, M. und Wosniok, W. (2020): Pestizidbelastung der Luft. Abruf unter:

http://www.umweltinstitut.org/fileadmin/Mediapool/Aktuelles_ab_2016/2020/2020_09_29_Pesti zid-Studie_Enkeltauglich/Studie_Pestizid-

Belastung_der_Luft_UmweltinstitutM%C3%BCnchen_B%C3%BCndis_enkeltaugliche_Landwi rtschaft.pdf

[13] IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasser, Beratungs-und Entwicklungsgesellschaft mbH, Mülheim an der Ruhr( 9/2020). Studie Abgrabungen innerhalb von Wasserschutzgebieten–

Potenzielle Risiken für die Trinkwassergewinnung. https://wv-

n.de/media/2020_10_09_risiken_durch_abgrabungen_in_trinkwasserschutzgebieten.pdf

Referenzen

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