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Vorschläge und Beispiele zur Handhabung systematischer Fehler

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Vorschläge und Beispiele zur Handhabung systematischer Fehler

Die Handhabung statistischer (zufälliger) Messfehler ist nicht immer einfach und gewöhnungsbedürftig, es gibt dafür aber immerhin klare Vorschriften und Regeln, die mathematisch fundiert sind.

Im Gegensatz dazu gibt es keine Vorschriften oder Methoden, wie systematische Fehler zu handhaben sind, außer denen, sie zu erkennen und möglichst zu eliminieren. Die Handhabung systematischer Fehler ist Erfahrungssache und beschäftigt Physiker ihr Leben lang. Die Geschichte der Physik ist voller Geschichten, wie Experimente mit unentdeckten

systematischen Effekten, die Physik zeitweise in die falsche Richtung gewiesen haben. Je genauer ein Experiment wird, je kleiner seine statistischen Fehler werden, desto schwieriger wird es, die systematischen Effekte zu kontollieren.

Es gibt aber sehr wohl Regeln, wie man nach systematischen Effekten suchen kann und wie sie, falls bekannt, korrigiert oder berücksichtigt werden sollten. Am Besten ist es

natürlich, sie bei einer erneuten Messung zu reduzieren bzw. zu eliminieren, falls das möglich ist. Hier werden Beispiele aus dem AP2 genutzt zur Diskussion.

1. Kontrollmessungen

Häufig ist bekannt, welches Ergebnis eine Apparatur unter bestimmten Bedingungen liefern sollte. Am Bekanntesten dürften die Nullmessung bzw. die Messung von Untergrund sein.

• eine Strommessung beim Photoeffekt bei einer Photonenergie kleiner als die Ablösearbeit sollte den Strom Null liefern. Tatsächlich werden sie immer einen kleinen Reststrom messen, der nicht Null ist. Ursache kann immer ein

Nullpunktsfehler des Messinstruments sein. Der Reststrom kann aber auch eine physikalische Ursache haben, z.B. könnte bei starken negativen Spannungen ein Jonenstrom von der Kathode zur Anode wandern, wenn sich Jonen auf der Kathode abgelagert haben (siehe Anleitung). Die Ursache muss nicht wirklich bekannt sein, solange der Reststrom konstant ist… er kann dann einfach vom gemessenen Strom im interessierenden Messbereich abgezogen werden.

Nullpunktsfehler haben fast alle Messinstrumente. Bei vielen lässt sich der Nullpunkt bei einer Nullpunktsmessung adjustieren, sonst muss darauf korrigiert werden. Auf jeden Fall sollte der Nullpunkt eines Messinstruments überprüft werden.

• Aus dem Statistikversuch kennen sie die ‚Dunkelzählrate’ eines Zählrohrs, die von tatsächlich nachgewiesener Untergrundstrahlung und von intrinsischen

Zählrohreffekten, wie Mikrogasentladungen stammen kann. Sie muss korrigiert werden. ! Diese Dunkelzählrate muss nicht konstant in der Zeit sein! Im

Extremfall sehen sie noch Zählpulse eines radioaktiven Präparats, weil sie ihres nicht abgeschirmt haben oder sie sehen das vom Nachbarn.

Kontrollmessungen sollten vor allem bei längeren Messzeiten wiederholt werden!.

Das schützt auch besser vor Fehlmessungen oder Fehlablesungen.

2. Kontrolle von zeitlichen Drifts und Umwelteinflüssen

Oft ist bekannt, dass eine Messgröße von äußeren Parametern abhängt. Am Bekanntesten ist die Temperaturabhängigkeit ganz vieler Größen. Aus dem Praktikum kennen sie z.B. die Änderung der Viskosität von Wasser bei der Brownschen Bewegung. Viele Messgrößen hängen auch direkt von der Umgebungstemperatur ab. Diese ist aber praktisch nie konstant..

schon gar nicht in einem Raum mit 8 Studenten, die ab und zu auch noch lüften. -Æ Falls die Temperatur ein kritischer Parameter ist, dann genügt es nich,t sie einmal abzulesen. Die

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Raumtemperatur sollte regelmäßig während der Versuchszeit mit Uhrzeit notiert werden.

Gleiches gilt für den Luftdruck, der ebenfalls in kurzer Zeit stark schwanken kann. In Labors gibt es daher oft automatische Registriergeräte, die Tempewratur und luftdruck aufzeichnen.

Andere Beispiele sind Drifts von Spannungen oder Strömen, weil Versorgungsgeräte nicht stabil sind oder weil sich Widerstände mit der Betriebstemperatur ändern.--> Elektrolyse.

3. Korrektur/Berücksichtigung bekannter systematischer Effekte

Oft wird ein systematischer Effekt erst nach Abschluss der Messung erkannt, z.B. weil die gemessene Verteilung nicht durch die erwartete Fitkurve beschrieben wird. Falls die

funktionale Abhängigkeit des systematischen Effekts bekannt ist, kann er bei der Auswertung berücksichtigt werden.

Ein Beispiel aus dem Praktikum II: Beim Statistikversuch wird die Häufigkeit der Anzahl Ni

der Teilchenzerfälle in einem festen Zeitintervall gemessen. Abb.1 zeigt eine solche Messung mit besonders hoher Statistik (Messzeit über 1 Stunde).

Abb.1: Häufigkeit der registrierten Zerfälle eines radioaktiven Präparats bei hoher Statistik.

Die gemessene Verteilung wird innerhalb der statistischen Fehler sqrt(Ni) nicht von einer Poissonverteilung beschrieben; die Wahrscheinlichkeit des Fits ist P << 10-4. Da wir nicht an der Poissonstatistik zweifeln, müssen systematische Fehler ursächlich sein, die auf Grund der kleinen statistischen Fehler dieser Messung hier nicht mehr vernachlässigbar sind. Wo könnte der Fehler liegen? Die Abweichungen von der Fitkurve (die Residuen Abb.2) geben einen deutlichen Hinweis: Sie sind symmetrisch zum Maximum. Das schließt aus, dass der Effekt von der Totzeit des Zählrohrs kommt (siehe unten).

Zählrate/Bin Häufigkeit

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Mangels anderer Ideen, kann immer versucht werden die Fitkurve mit einer ad hoc Korrekturfunktion z.B. einem Polynom zu multiplizieren. Wird hier eine Parabel

fc(x) = 1+b* (x-mu) + c* (c-mu) mit 2 Parametern b,c als Korrekturfunktion angepasst, dann reduziert sich das χ2/dof auf 0.99, der Fit ist plötzlich in Ordnung. Zudem zeigt sich, dass nur der Koeffizient c des quadratischen Terms signifikant ist.

Abb.2: Residuen des Poissonfits aus Abbildung1.

Dies legt nahe, dass die Poissonverteilung mit einer Gaußverteilung ‚gefaltet’ ist, da fc = 1 - c*(x-mu)2 eine Näherung der Gaußverteilung ist. Also wurde als Korrekturfunktion zuletzt eine Gaußfunktion genutzt mit freiem Parameter sigma (Breite). Das Ergebnis zeigt Abb.3: Diese Funktion beschreibt die Daten sehr gut!

Abb.3: Daten (nortmiert) mit Poissonfit (schwarz) und Poissonfunktion*Gaussfunktion (rot).

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Dieses Ergebnis erklärt aber natürlich noch nicht, welcher systematische Effekt diese Korrekturfunktion erfordert. In der Tat rätseln wir noch!

Beispiel Totzeitkorrektur:: Falls Ni Teilchen im Zeitintervall t ionisieren, werden nur NDi Teilchen gezählt. Es gilt Ni = NDi *(1 + ∆t/t) wobei ∆t/t die mittlere prozentuale Totzeit nach jedem gezählten Teilchen ist. Wir könnten natürlich die Totzeit nachträglich messen unter der Annahme, dass sie konstant geblieben ist. Einfacher ist es aber, sie einfach bei der Anpassung mitzufitten, d.h. wir benutzen die Fitkurve: f(y) = A*exp[-mu]*mu^( ND(xi) )/

ND(xi)! * (1./1 + ∆tp)

Hier ist ∆tp = ∆t/t die prozentuale Totzeit und diese wird als zusätzlicher freier Parameter behandelt und im Fit bestimmt. Eine solche Korrekturfunktion behebt das Probelm mit den Daten aus Abb.1. aber nicht.

4. Berücksichtigung unvermeidlicher systematischer Fehler, insbesondere stark korrelierter Fehler.

Das Standardbeispiel stark korrelierter systematischer Effekte sind Skalenfehler von

Messinstrumenten und Kalibrationsfehler. Ein Beispiel aus dem Praktikum kennen sie vom Experiment Widerstandsrauschen, bei dem die Boltzmannkonstante k z.B. aus der

Temperaturabhängigkeit der effektiven Rauschspannung eines Widerstands

y = (Ueff2 – UV2) / (4π* B * R) = k (T- T0) bestimmt wird. Der Fehler von y hat statistische Beiträge, nämlich den Fehler der Rauschspannung und des Widerstands. Dagegen ist der Fehler von B ( dem Filterintegral) rein systematisch und 100% korreliert.. D.h. eine

Änderung von B ändert alle Messpunkte um denselben Faktor. Der Fehler von B wird auf 2%

abgeschätzt. Es macht hier keinen Sinn diesen Fehler quadratisch zu den Einzelfehlern der verschiedenen Messungen zu addieren!! Richtig ist es , den Fehler von B als

Fehlerband anzugeben und den systematischen Fehler getrennt im Endergebnis anzugeben.

Abb.4: Rauschspannung gegen Temperatur mit Fit von k und T0 und systematisches Fehlerband

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Der Geradenfit in Abb.4 bestimmt den Boltzmannfaktor und den absoluten Nullpunkt T0

gleichzeitig. Es werden nur die statistischen Fehler im Fit genutzt. Das Endergebnis sollte dann in folgender Form angegeben werden:

k=( 1.36 ± 0.06 stat. ± 0.03 syst.) 10-23 J/K

Die Messung von Abb. 4 ist natürlich auch ein Test, ob das thermische Rauschen wie vcorhergesagt linear von der Temperatur abhängt. Das ist offensichtlich innerhalb der statistischen Fehler der Messung der Fall. Ein Skalenfehler wie der Fehler von B beeinträchtigt diesen Test nicht.

Dieses Vorgehen wird oft bei Veröffentlichungen angewandt. Ein Praktikumsleiter könnte z.B. viel Energie reinstecken um den Fehler auf B zu reduzieren – das ist ja eine

,Gerätekonstante’. Dann könnten sie mit dem neuen Wert von B mit kleinerem Fehler ihre alte Messung verbessern.

Hinweis: einen ähnlichen Effekt kennen sie aus der Messung des Wasserstoffspektrums, wo die funktionale Beschreibung der Wellenlängen durch die Balmerserie auf Promille-Niveau bestätigt werden kann, obwohl die Wellenlängen mehrere Prozent systematisch falsch sind.

Ursache hierfür sind Geometriefehlers im Aufbau, die noch nicht korrigiert wurden – das könnte und sollte natürlich gemacht werden!

Beispiel aus einem Protokollbuch:

Exp. Bestimmung der Rydbergkonstanten:

rote Linie: R = (1.066 ± 0.011) ·107 m-1

blaue Linie: R = (1.070 ± 0.011) ·107 m-1 Literaturwert: R= 1.10 ·107 m-1 violette Linie: R = (1.075 ± 0.011) 107 m-1

Die 3 Messungen stimmen innerhalb des Fehlers der Messung überein. Sie weichen aber alle

um etwa denselben Faktor 0.97 vom Literaturwert ab, das sind etwa 3 Standardabweichungen.

Eine solche kollektive Abweichung aller Messwerte legt immer einen sytematischen Effekt nahe, der in diesem Fall wie ein ‚Skalenfaktor’ wirkt.

Referenzen

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