Phonetik und Sprachverarbeitung
5.1 Wie kann die Grundfrequenz zum Zweck der Stimmverstellung manipuliert werden?
Referat von Dominique Vornwald 20.12.2007
Gliederung
Fall
Studie
•
Creaky Voice als Stimmverstellung
•
Methode
•
Ergebnisse
•
Diskussion
Fall
•
Die Frau eines Bankiers wurde entführt
Erpressung
Kassettenaufnahme des Täters
•
Sprechersamples der Verdächtigen standen zur Verfügung
•
Tests ergaben, dass es sich um eine Stimmverstellung handeln muss
Aufgabe: Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist einer der 3
Verdächtigen der, der die Aufnahme gemacht hat
Studie I
creaky Voice:
•
signifikant niedrigere f0
(im Vergleich zur modaler Phonation bei Erwachsenen)
Laver (1980) und Catford (1964) haben sie bei 25 Hz-52 Hz und 40 Hz–60 Hz gemessen
•
im Gegensatz zur modalen Sprache (Brustsprache)
zeichnet sich die Struktur der creaky voice durch große Irregularitäten im unteren Bereich der Tonhöhe (Ball et al 1990) aus
•
niedrige Amplitude der Vibration
Studie I
•
f0 ist bei dieser Art der Stimmverstellung kein gutes Indiz
die weiteren Auswirkungen auf f0 sind nicht bekannt
•
auch die LTAS Analyse
(Long Term Average Spectra)führt zu keinen guten Ergebnissen
man geht nicht davon aus, dass die Vokalformanten stark beeinflusst werden
isolierte Vokalformanten aus der fließenden Sprache zu messen, stellt ein Problem dar
•
temporale Aspekte können nicht verwendet werden
es ist noch nicht geklärt warum das Sprechtempo bei c.v. abnimmt
•
aber, koartikulatorische Strategien könnten bei Lauten und
Studie I
In dieser Studie soll überprüft werden ob phonetisch
trainierte Hörer verstellte Stimmen besser identifizieren
können als untrainierte
Studie I
10 untrainierte männliche Hörer
•
VP hören Tonband mit verlangsamtem Sprechtempo und creaky voice
•
dann lesen VP den Text: „The North Wind and The Sun“ einmal mit der normalen Stimme und einmal mit creaky voice vor
•
die creaky voice aller Personen wurde von Hirson und
Duckworth als passend befunden
Studie I
•
der letzte Satz des Textes wurde für das Perzeptionsexperiment genutzt:
•
40 Sets mit ABX
Jeweils 20 mit A und B in Normalsprache von
verschiedenen Sprechern und 20 in creaky voice von verschiedenen Sprechern
1. Gruppe: X (c.v.) passt entweder zu Sprecher A oder B
2. Gruppe: X (c.v.) passt weder zu A noch zu B
3. Gruppe: X (normal) passt entweder zu Sprecher A oder B
4. Gruppe: X (normal) passt weder zu A noch zu B
Studie I
•
die Reihenfolge von A und B innerhalb der Triplets und die Sequenz der Triplets waren zufällig
•
jedes Triplet wurde 2x präsentiert
15 trainierte Hörer (Gruppe P) und 12 untrainierte Hörer
(Gruppe N) sollten entscheiden ob X vom Sprecher A, B
oder von keinem von beiden gesprochen wurde
Studie I
Studie I
Diskussion
•
- sth Frikative sind recht resistent gegen die c.v.
Verstellung (insbesondere [s])
•
c.v. kann leicht produziert werden, auch über einen längeren Zeitraum
•
c.v. kann mit akustischen Analysen schwer herausgefiltert werden
•
instrumentelle Methoden können kombinierte Verstellungstechniken nicht herausfiltern
•
Hörermethoden können dies teilweise
Studie I
trainierte Hörer sind besser in der Lage die Sprecher zu identifizieren
ihr Können sollte nicht unterschätzt werden
z.B. AX-Experimente
aber, Vorsicht bei der Interpretation der Gruppenergebnisse
einige Hörer von N waren genauso gut wie die Mehrheit der Gruppe P
einige aus P hatten Resultate, die eher denen der
Gruppe N glichen
Gliederung
Studie
•
Methoden
•
Ergebnisse
•
Diskussion
Studie II
Fragestellung:
•
Gibt es Vorlieben bei der Wahl der Verstellungsmodi?
•
Verändert sich die Normalsprache im Verlauf der Zeit?
•
Wie gut können die Verstellungen konstant gehalten
werden?
Studie II
Methode:
•
Sprecherdaten: forensischer Datenpool BKA
•
50 Frauen- und Männerstimmen wurden ausgewählt
•
Text: typische idiomatische, semantische und stilistische Elemente eines Kidnappertextes (Telefonanruf)
•
durchschnittlich 60 sek. am Stück gesprochen
•
um die Langzeitaspekte analysieren zu können, wurden 5 Aufnahmen in Intervallen von ca.6 Wochen gemacht
1476 Aufnahmen
Studie II
•
3 mögliche Verstellungstypen:
1. Tonhöhe erhöhen (HIGH) 2. Tonhöhe verringern (LOW) 3. Denasalierung (D)
•
2 sollen ausgewählt werden, wenn möglich 1. und 2.
vor allem Frauen entschieden sich für D
Studie II
•
nur bei der 1.Sitzung durften die VP bei Bedarf üben
•
der Text wurde von den VP vorlesen
•
die Stimmverstellung sollte jedes Mal möglichst gleich sein
•
alle Sitzungen waren vom Ablauf her gleich
Studie II
Ergebnisse:
•
Normalsprache (Referenzmaterial):
•
Männer: F0-Mittelwerte sind bei 1 und 2 und bei 3,4,5 ähnlich
•
der Unterschied zwischen den beiden Ähnlichkeitsgruppierungen beträgt 2 Hz
leichte Abnahme von f0 über die gesamte Aufnahmedauer
•
Frauen: Unterschiede sind geringer und haben keine
Studie II
•
Standardabweichung (ANOVA)
•
Männer: F0 sinkt konstant
über die Zeit
(Zeitfaktor signifikant)•
Frauen: Kein Effekt
mögliche Erklärung: Stressabbau, weil sich die Männer an das Prozedur gewöhnt haben
entweder standen die Frauen die ganze Zeit unter
Stress oder nie
Studie II
Studie II
•
Vergleich f0-Mittelwerte bei Normal und Verstellt:
•
die größte Variation gibt es beim Modus HIGH (insbesondere bei Männern -> falsetto)
•
LOW: die Verteilung geht eher gegen 0
•
Denasal: ähnlich zu normal, aber wesentlich tiefer
Studie II
HIGH
•
Männer: Großer Anstieg der f0-Mittelwerte von 116.6 Hz bis auf 223.9 Hz
11.3 Halbtöne, also fast eine Oktave
•
Frauen: Großer Anstieg der f0-Mittelwerte von 208.5 Hz bis auf 297.8 Hz
6.2 Halbtöne, also knapp über ½ Oktave
beide Geschlechter können f0 stark (signifikant) über
ihre gewöhnliche f0 anheben
Studie II
•
verschiedene Varianten:
•
Männer: von 30 haben
•
12 f0 erhöht und blieben im modalen Zustand
•
13 f0 erhöht und wechselten das Register zu falsetto
•
5 f0 erhöht und nutzten beide Register
9 von den 13 haben f0 über 100% erhöht, also mehr als 1 Oktave
•
Frauen: von 34 haben
•
30 f0 erhöht blieben im modalen Register
2 f0 erhöht durchgängig falsetto genutzt
Studie II
•
Einfluss der Zeit:
•
Frauen zeigen einen graduellen Anstieg der f0
(1 Halbton) über die gesamte Aufnahmedauer
(signifikant)•
Männer weisen die gleiche Tendenz auf
(nicht signifikant)
mögliche Erklärung:
•
bei den Männern wird mehr falsetto genutzt, was zu einem erhöhten f0-Mittelwert führt
keine Signifikanz
es könnte auch ein Lerneffekt aufgetreten sein
(Stabilisierung der Veränderungsmuster)
Studie II
LOW
•
Einfluss der Zeit:
•
Männer: Abfall der f0 nach der 2.Aufnahme
(ANOVA ->signifikant p=0.02)
•
Frauen: kein signifikanter Abfall von f0
•
Im Vergleich zur normalen Sprache
•
f0 sinkt bei beiden Geschlechtern
Männer: 116.6 Hz - 100.9 Hz -> 2.5 Halbtöne
Frauen: 208.5 Hz - 189.6 Hz -> 3.56 Halbtöne
Studie II
•
Männer: von 37 konnten
•
2 f0 nicht konstant senken (Differenz: ½ Halbton)
die f0 von beiden Sprechen liegt unter dem Durchschnitt (93 Hz und 104 Hz)
der mit der stärksten Erhöhung hat lauter gesprochen als in der Normalsprache
erklärt die höhere f0, aber nicht, warum er f0 nicht konstant senken konnte
•
VP war aber überzeugt davon, dass sie tiefer sprach
•
Frauen: von 21 konnten
Studie II
DENASAL
•
beide Geschlechter zeigen eine leichte Steigung des f0- Mittelwertes im Gegensatz zur normalen Stimme
•
die Veränderungsgröße ist viel geringer als bei den
anderen Modi (Männer: 1 Halbton, Frauen: 0.2 Halbtöne)
•
Männer: der Unterschied vom f0-Mittelwert zur Normalsprache ist signifikant
aber die Signifikanz variiert von p=0.03 bis p=0.05
•
Frauen: Keine Signifikanz
(auch nicht beim t Test p=0.20 bis p=0.59)Studie II
Männer: von 33 haben
• 16 f0 gesenkt
• 17 f0 erhöht
• max. Abweichungen von der unverstellten Stimme variieren von -2.1 bis +5.0 Halbtönen
Frauen: von 45 haben
• 19 f0 gesenkt
• 26 f0 angehoben
• max. Abweichung von der unverstellten Stimme von -4.1 bis +2.8 Halbtonschritte
Studie II
Diskussion:
•
die VP konnten ihre Stimme relativ konstant über ~6 Monate verstellen
•
VP, die eine hohe f0 haben, tendieren dazu sie weiter zu erhöhen
•
VP mit niedriger f0 tendieren dazu f0 zu senken
•
Trend ist mehr bei Frauen zu beobachten
•
kein Zusammenhang zwischen normaler f0 und der Wahl für D
•
VP haben verschiedene Möglichkeiten zur Verstellung
gewählt
Studie II
•
Männer haben f0 generell drastischer verändert
•
High und Low: „Lerneffekte“ bei allen Männern
•
High: f0 Wert wurde von Männern stärker erhöht als von Frauen
•
Low: f0 Wert wurde von Frauen stärker gesenkt als von Männern
erklärbar durch geschlechterbedingte f0
Männer haben mehr Spielraum nach oben, Frauen nach
unten
Studie II
•
Männer haben sich öfter für Low als für High entschieden, Frauen umgekehrt
•
Frauen haben den Modus falsetto viel seltener genutzt als Männer
•
D:
•
war der bevorzugt gewählte Modus der Frauen
•
leichtes Ansteigen der mittleren f0 bei beiden Geschlechtern
für jeden Sprecher konnten allerdings kleine Variationen in
beide Richtungen erkannt werden
Studie II
Bleiben spezifische Sprechercharakteristika erhalten?
•
bei Low oder D kann die normale f0 vorhergesagt werden
•
bei High nicht, unhabhängig davon ob falsetto oder modale Stimme verwendet wurde
Zurückzuführen auf sehr große Freiheitsgrade zur Variation
•
Vernachlässigt wurde das Phänomen, dass einige
Männer zwischen falsetto und modal kurzzeitig
gewechselt haben
(1 Satz oder weniger)Studie II
Inwieweit haben die Verstellungen zu weiteren absichtlichen oder unabsichtlichen Verstellungen anderer Parameter geführt?
•
fast bei allen VP aufgetreten
•
meistens sinkt das Sprechtempo mit steigendem Grad der Verstellung, insbesondere bei High und Low
•
nicht nur langsameres Artikulieren, sondern auch mehr Pausen
ungewohnte artikulatorische Bewegungen und
Gebrauchen der der Artikulationsorgane
Studie II
•
Lautstärke: bei H wurden VP lauter als Konsequenz des stärkeren subglottalen Luftdrucks, insbesondere bei falsetto
•
LOW:
•
Reduktion der Amplitude im Signal
Ausprägung der Vibrationen an der Glottis
•