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Buche und Fichte – beliebt und begehrt

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Thünen à la carte

Buche und Fichte – beliebt und begehrt

Heino Polley,

Franz Kroiher,

Thomas Riedel,

Björn Seintsch,

Ursula Schmidt

November 2015

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2 BUCHE UND FICHTE – BELIEBT UND BEGEHRT Thünen à la carte 3 · 2015

Buche und Fichte – beliebt und begehrt

Heino Polley, Franz Kroiher, Thomas Riedel, Björn Seintsch, Ursula Schmidt

An zwei Baumarten entzündet sich die waldpolitische Diskussion: Die bei Naturfreunden beliebte Buche ist Hoffnungsträger für biologische Vielfalt, die im Sägewerk begehrte Fichte ist Leistungsträger für die Rohstoffversorgung. Sie sind typische Symbole für die Wertschätzung des Waldes als

Naturrefugium und als Holzlieferant. Über eine Million Arbeitsplätze im Cluster Forst und Holz sind auf produktive Wälder und nachhaltige Holznutzung angewiesen. Gleichzeitig soll der Wald vielfältigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere bieten und zum Klimaschutz beitragen. Welche Rolle spielen die beiden Baumarten dabei? Die Bundeswaldinventur liefert die Daten.

VERBREITUNG

Von Natur aus wäre Deutschland zum größten Teil mit Buchenwäl- dern bedeckt. Ohne menschlichen Einfluss würde die Buche auf drei Viertel der heutigen Waldfläche dominieren. Wo Boden und Klima ihr zusagen, bildet die Buche ein sehr dichtes Kronendach, unter dem kaum eine andere Baumart bestehen kann. Dennoch sehen die Wälder heute ganz anders aus, denn seit dem 19. Jahr- hundert wird die Fichte großflächig außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes angebaut (Karte, Abbildung 1). Auf 35 % der natürlichen Buchenwaldstandorte stehen jetzt Fichtenwälder (Abbildung 2). Deswegen sind die heutigen Fichtenwälder wenig naturnah. Unter den Bedingungen des Klimawandels ist die Fichte durch Stürme und Trockenheit besonders gefährdet, weil sie flach

wurzelt und viel Niederschlag benötigt. Hingegen haben 84 % der heutigen Buchenwälder eine naturnahe oder sehr naturnahe Baumartenzusammensetzung (Abbildung 3).

ALTERS- UND DURCHMESSERSTRUKTUR

Viele Fichtenwälder sind während der umfangreichen Auf- forstungen nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, weil die Fichte einen hohen Holzertrag erwarten lässt und weil Buchen- Pflanzgut in der erforderlichen Menge damals nicht erzeugt wer- den konnte. Deshalb sind heute viele Fichten zwischen 50 und 60 Jahre alt (Abbildung 4). Die Buche hingegen hat eine ausge- glichene Altersstruktur mit einem hohen Anteil alter Bäume. Auf 45 % der Buchenflächen sind die Bäume über 100 Jahre alt. Bei der

Abbildung 1: Aktuell gibt es viel weniger Buchenwälder als natürliche Buchen- waldstandorte, aber viel mehr Fichtenwälder als natürliche Fichtenwaldstandorte.

Natürliche Buchenwaldstandorte

Abbildung 2: Buchenwälder wachsen heute nur noch auf 21 % der natürlichen Buchenwaldstandorte.

Fläche der Buchen- und Fichtenwälder

7,9

0 0,2 1 2 3 4 5 6 7 8

Buchenwälder Fichtenwälder natürliche Waldgesellschaft aktueller Waldtyp

1,8

3,2

heute Buchenwälder heute Eichenwälder heute andere Laubwälder heute Fichtenwälder heute Kiefernwälder heute andere Nadelwälder 18%

35%

7%

21%

9%

10%

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Fichte sind es nur 16 %. Und so gibt es auch mehr dicke Buchen als Fichten. 6 Millionen Buchen, aber nur 3,7 Millionen Fichten haben einen Durchmesser über 70 cm. Bei der Buche machen Bäume ab 50 cm Brusthöhendurchmesser 38 % des Holzvorrates aus. Bei Fich- te sind es nur 19 %.

ENTWICKLUNGSTRENDS

Die Daten der Bundeswaldinventur aus den Jahren 1987, 2002 und 2012 zeigen einen klaren Trend: Es gibt wieder mehr Buchen und andere Laubbäume sowie weniger Fichten und Kiefern. Allein in den zehn Jahren zwischen 2002 und 2012 hat die Fichtenfläche um 242.000 Hektar (-8 %) abgenommen. Den größten Flächengewinn hat die Buche mit 102.000 Hektar (+6 %). Ähnlich hat sich der Holz-

vorrat entwickelt. Dabei beschränkt sich der Vorratsrückgang der Fichte auf den unteren Durchmesserbereich bis 40 cm. Der Vorrat der dickeren Fichten hat – wie auch der Buchenvorrat – zugenom- men (Abbildung 5). Für beide Baumarten gilt: Es gibt heute mehr alte und dicke Bäume als vor zehn Jahren. Damit erreichen immer mehr Buchen und auch Fichten Dimensionen, für die es auf dem Holzmarkt keine adäquate Nachfrage gibt. Andererseits entstehen damit günstige Voraussetzungen für mehr biologische Vielfalt im Wald.

WIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG

Die Fichte wird mit jährlich 16,5 Kubikmeter pro Hektar (m³/a*ha) wesentlich intensiver genutzt als die Buche mit 7,4 m³/a*ha. Bei

Abbildung 4: Ab einem Alter von 100 Jahren gibt es mehr Buchen als Fichten.

Naturnähe

Abbildung 3: 84 % der Buchenwälder, aber nur 28 % der Fichtenwälder haben eine naturnahe oder sehr naturnahe Baumartenzusammensetzung.

Altersstruktur im Jahr 2012

Speziell geschulte Inventurtrupps haben für die dritte Bundeswaldinventur insgesamt 420.000 Probebäume ausgewählt und vermessen. Zur Probebaumauswahl wird ein Spie- gelrelaskop verwendet (rechts). Eine wichtige Maßzahl ist der Brusthöhendurchmesser der Bäume. Dieser wird in 130 cm Höhe über dem Erdboden mit einem Durchmesser-Band- maß gemessen (links).

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

Altersklasse [Jahre]

Buche Fichte kulturbestimmt

kulturbetont bedingt naturnah naturnah sehr naturnah

heutige

Buchenwälder heutige Fichtenwälder 100%

80%

60%

40%

20%

0%

14%

25%

59%

25%

11%

36%

23%

5%

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4 BUCHE UND FICHTE – BELIEBT UND BEGEHRT Thünen à la carte 3 · 2015

Abbildung 5: Ab 40 cm Brusthöhendurchmesser hat der Holzvorrat bei Buche und Fichte zugenommen.

Abbildung 6: Buchenwälder sind öfter gemischt und mehrschichtig als Fichten- wälder (die Kreisgröße veranschaulicht die Fläche des Waldtyps).

einem Flächenanteil von 25 % liefert die Fichte 51 % des gesamten Rohholzaufkommens in Deutschland. Die deutschen Rohholzver- wender setzen zu 78 % Nadelholz ein. Zwei Drittel der Rohholz- erlöse der deutschen Forstbetriebe werden mit dem „Brotbaum“

Fichte aktuell erzielt. Sie ist damit auch die wirtschaftliche Grund- lage für die Bereitstellung zahlreicher unentgeltlicher Schutz- und Erholungsleistungen der Wälder. Infolge von Stürmen und des laubholzdominierten Waldumbaus wurden im vergangenen Jahrzehnt 15 % mehr Fichtenholz genutzt als nachgewachsen ist.

Langfristig werden sich die Holzverwender an ein verringertes Fichtenholzaufkommen aus Deutschland anpassen müssen.

LEBENSRAUM

Wälder sind besonders vielfältige Lebensräume, wenn sie struktur- und totholzreich sind. Häufig sind das alte Wälder, in denen meh- rere Baumarten nebeneinander und Vegetationsschichten über- einander vorkommen. Buchen sind mit einem flächengewogenen Alter von 100 Jahren im Durchschnitt 32 Jahre älter als Fichten. Bu- chenwälder sind häufiger mehrschichtig und haben häufiger an- dere Baumarten beigemischt als Fichtenwälder (Abbildung 6). Hin- sichtlich des Totholzvorkommens unterscheiden sich Buchen- und Fichtenwälder kaum. Mit durchschnittlich 26 m³/ha haben sie mehr Totholz als jeder andere Waldtyp. Jedoch sind Buchen bei Spech- ten und anderen Höhlenbewohnern wesentlich beliebter als Fich- ten. Von den dicken Bäumen ab 50 cm Brusthöhendurchmesser haben 5 % der Buchen, aber nur 1 % der Fichten eine Spechthöhle.

KLIMASCHUTZ

Bäume entziehen bei ihrem Wachstum der Atmosphäre CO

2

und mindern somit den Treibhauseffekt. Die Buche bindet jährlich brutto 3,3 Tonnen Kohlenstoff je Hektar (t/ha) in der oberirdischen Biomasse und die Fichte 3,2 t/ha. Die Fichte hat mit 15 m³/a*ha zwar einen viel höheren Volumenzuwachs. Jedoch hat die Buche die höhere Holzdichte. Nach Abzug der Holznutzung bindet die Buche jährlich netto 0,98 t/ha Kohlenstoff. Bei der Fichte hingegen hat der in den lebenden Bäumen gebundene Kohlenstoffvorrat wegen der intensiven Nutzung jährlich um 0,39 t/ha abgenom- men. Derzeit sind auf einem Hektar Buchenfläche in der oberirdi- schen Biomasse im Durchschnitt 127 t Kohlenstoff gespeichert. Auf der Fichtenfläche sind es 101 t/ha. Eine nachhaltige Holznutzung verbessert die Klimabilanz des Sektors Wald und Holz noch wei- ter. Die beste Kohlenstoffbilanz hat eine Kaskadennutzung: Aus Rohholz werden zunächst langlebige Holzprodukte hergestellt, in denen der Kohlenstoff gebunden bleibt, und diese werden nach ihrem Nutzungsende verfeuert. Damit wird Gas, Öl oder Kohle als Brennstoff substituiert und die entsprechende Menge fossil ge- bundenen Kohlenstoffs bleibt unter der Erde.

FAZIT

Buche UND Fichte sind wichtig, damit der Wald seine Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen weiterhin erfüllen kann. Wie viel Buchen und Fichten angemessen sind, hängt davon ab,

Veränderung des Holzvorrats von 2002 bis 2012 Strukturvielfalt

Fichte Buche

Kiefer

Eiche hohe Vielfalt

geringe Vielfalt

Anteil Mischwälder

90%

80%

70%

60%

50%

50% 60% 70% 80% 90% 100%

Brusthöhendurchmesser [cm]

3020 100 -10-20 -30-40 -50-60

7-9,9

10-19,920-29,930-39,940-49,950-59,960-69,970-79,9 80-89,9 ab 90 Buche Fichte

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5 BUCHE UND FICHTE – BELIEBT UND BEGEHRT Thünen à la carte 3 · 2015

Karte:

Vorkommen der Ge- meinen Fichte bei der Bundeswaldinventur 2012 im Basisnetz 4 km x 4 km

akzessorische Klimaxbaumart dominante Klimaxbaumart

außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets

nicht vorhanden

Klimaxbaumarten bilden das Endstadi- um der natürlichen Waldentwicklung. Wo die Fichte dominante Klimaxbaum art ist, ist sie allen anderen Baum- arten langfristig über- legen. Als akzessorische Klimaxbaumart ordnet sie sich einer anderen Baumart – meist der Buche – unter. Außer- halb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes würde die Fichte ohne Zutun des Menschen nicht vorkommen.

welchen Kompromiss die nationale Waldpolitik für die konkur- rierenden Waldfunktionen findet. Das Thünen-Institut leistet dafür wissenschaftliche Beratung.

WEITERFÜHRENDE LITERATUR

Schmitz F, Polley H, Hennig P, Kroiher F, Marks A, Riedel T, Schmidt U, Schwitzgebel F, Stauber T (2014) Der Wald in Deutschland: aus- gewählte Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur. Bonn: Bun- desministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 52 Seiten Ermisch N, Seintsch B, Dieter M (2013) Analyse des TBN-Forst

zum Erlösbeitrag der Holzartengruppen. Holzartengruppe Fichte 2003 bis 2011 konstant mit höchstem Erlösbeitrag. AFZ-DerWald 23/2013, S. 6-9

Knapp H D et al. (2008) Naturerbe Buchenwälder – Situations- analyse und Handlungserfordernisse. Bonn und Insel Vilm: Bun- desamt für Naturschutz, 51 Seiten http://www.bfn.de/fileadmin/

MDB/documents/themen/landwirtschaft/BuWae_BfN-Position.

pdf

Weitere Daten und Fakten finden Sie im Internet auf den Seiten

www.bundeswaldinventur.de und https://bwi.info

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Zitationsvorschlag – Suggested citation:

Polley H, Kroiher F, Riedel T, Seintsch B, Schmidt U (2015) Buche und Fichte – beliebt und begehrt. Braunschweig:

Johann Heinrich von Thünen-Institut, 6 p, Thünen à la carte 3,

DOI:10.3220/CA1444828309000

Thünen à la carte 3

November 2015

Herausgeber/Redaktionsanschrift Thünen-Institut

Bundesallee 50 38116 Braunschweig Germany

thuenenalacarte@ti.bund.de www.ti.bund.de

ISSN 2363-8052

DOI:10.3220/CA1444828309000

Fotos: Thünen-Institut

Abbildung

Abbildung 1: Aktuell gibt es viel weniger Buchenwälder als natürliche Buchen- Buchen-waldstandorte, aber viel mehr Fichtenwälder als natürliche Fichtenwaldstandorte.
Abbildung 4: Ab einem Alter von 100 Jahren gibt es mehr Buchen als Fichten.
Abbildung 6: Buchenwälder sind öfter gemischt und mehrschichtig als Fichten- Fichten-wälder (die Kreisgröße veranschaulicht die Fläche des Waldtyps).

Referenzen

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