Mean-Field-Theorie für den Ferromagneten
Sebastian Lüker 1. Dezember 2009
Inhaltsverzeichnis
1 Paramagnetismus 2
2 Ferromagnetismus 4
3 Berechnung der kritischen Exponenten 6
3.1 Kritischer Exponent des Ordnungsparameters . . . . 6
3.2 Kritischer Exponent der kritischen Isotherme . . . . 7
3.3 Kritische Exponenten der Suszeptibilität . . . . 7
3.4 Kritische Exponenten der Wärmekapazität . . . . 8
3.5 Zusammenfassung der kritischen Exponenten . . . . 8
1 Paramagnetismus
Als Paramagnetismus bezeichnet man die Reaktion von magnetischen Momenten auf ein äuÿeres Magnetfeld B ~ . Das magnetische Moment einer Ladung (z. B.: eines Elektrons) hängt von seinem Drehimpuls ab. Aus diesem Grund wird im folgenden ein Modell ange- nommen, in dem sich die Spins bzw. Drehimpulse auf den Gitterplätzen eines Festkörpers benden. Für die Herkunft der Drehimpulse sind z. B. ungefüllte Elektronenschalen ver- antwortlich, wie etwa die 3d-Schale der Übergangsmetalle, die 4f-Schale der Seltene Erden oder die 5f-Schale der Actinide.
Als Ausgangspunkt für alle weiteren Berechnungen wird das Heisenberg-Modell benutzt:
H = − X
i,j
J
ijJ ~
iJ ~
j− gµ
BX
i
J ~
iB ~ (1)
Hier bezeichnet J
ijdie Austauschintegrale mit J
ij= J
jiund J
ii= 0 , J ~
ieinen Drehimpuls J am Gitterplatz i, B ~ das äuÿere Magnetfeld, µ
Bdas Bohrsche Magneton und g den gyromagnetischen Faktor.
Für den Paramagnet wird angenommen, dass die Spins nicht miteinander Wechselwirken, sodass sich der Hamiltonoperator (1) vereinfacht zu:
H
0= −gµ
BX
i
J ~
iB ~ B ~ = B · ~ e
z(2) Da für einen Spin im Magnetfeld J ~
i· B ~ = m
iB mit m
i= −J, −J + 1, ..., J gilt, vereinfacht sich dieser Hamitonoperator zu:
H
0= −gµ
BX
i
m
iB (3)
Daraus lässt sich mit x = gµ
BβB und β =
kT1die kanonische Zustandssumme berech- nen Z:
Z =
J
X
m1=−J
· · ·
J
X
mN=−J
exp(x
N
X
i=1
m
i) =
"
JX
m=−J
e
xm#
N=
e
J x+ e
(J−1)x+ ... + e
−J xN=
e
J x(1 + e
−x+ ... + e
−2J x)
N· e
12xe
12x!
N·
1 − e
−x1 − e
−x N=
"
e
(J+12)xe
12x· 1 − e
−(2J+1)x1 − e
−x#
N=
"
e
(J+12)x− e
−(J+12)xe
12x− e
−12x#
N=
sinh[(J +
12)x]
sinh[
12x]
N⇒ Z =
sinh[(J +
12)x]
sinh[
12x]
NInsbesondere gilt für J =
12: Z
J=12
=
sinh(x) sinh(
12x)
N=
2 sinh(
12x) cosh(
12x) sinh(
12x)
N= 2
N· cosh
N( 1
2 x) (4)
Aus der kanonischen Zustandssumme lässt sich die freie Energie F berechnen:
F = −kT ln(Z) = −N kT ln
sinh[(J +
12)x]
sinh[
12x]
(5) Über die freie Energie lässt sich die Magnetisierung M = −
∂F∂BT
berechnen:
M = M
02J + 1 2J coth
2J + 1 2J J x
− 1 2J coth
1 2J J x
≡ M
0· B
J(J βµ
BgB) (6) Hier bezeichnet M
0= N J gµ
Bdie Sättigungsmagnetisierung und B
J(J βµ
BgB) die Brillouin-Funktion:
B
J(x) = 2J + 1 2J coth
2J + 1 2J x
− 1 2J coth
1 2J x
(7) Die Brillouin-Funktion ist in Abb. 1 dargestellt
1:
Abbildung 1: Die Brillouin-Funktion für verschiedene Werte von J
Für x → 0 gilt B
J(x) → 0 und somit M → 0 , der Paramagnet besitzt somit keine spontane Magnetisierung.
Für J → ∞ gilt B
∞(x) = coth(x) −
x1, dies ist die Langevin-Funktion, die schon in der klassischen Thermodynamik zur Beschreibung von magnetischen Phänomenen benutzt wird.
Die Brillouin-Funktion ist ungerade, das heiÿt es gilt B
J(x) = −B
J(−x) . Dies bedeutet, dass das Umpolen des äuÿeren Magnetfeldes auch die Magnetisierung umpolt.
Es gilt B
J(x)
x→∞−→ 1 . Dies bedeutet, dass die Magnetisierung für groÿe Magnetfelder gegen die Sättigungsmagnetisierung konvergiert.
Für kleine Argumente lässt sich die Brillouin-Funktion als Reihe entwickeln:
B
J(y) = J + 1
3J y − J + 1 3J
2J
2+ 2J + 1
30J
2y
3+ O (y
5) (8) Somit gilt für die Magnetiseirung M bei hohen Temperaturen ( βµ
BgB =
µBkTgB<< 1 ):
M (T, B) ≈ C
T B → Curie-Gesetz (9)
Dies ist das Curie-Gesetz mit der Curie-Konstante C =
J(J+1)3kN (gµ
B)
2.
1
Quelle: Nolting, Grundkurs theoretische Physik 6, 6. Au., p. 330
2 Ferromagnetismus
Im folgenden wird die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Spins berücksichtigt. Des- halb muss der gesamte Hamitonoperator betrachtet werden:
H = − X
i,j
J
ijJ ~
iJ ~
j− gµ
BX
i
J ~
iB ~ ≡ H
1+ H
0(10) Zur Auswertung des Hamiltonoperators folgen wir der Weiss'schen Theorie des Fer- romagnetismus. In dieser Theorie wird die Mean-Field-Näherung bzw. die Molekularfeld- Näherung durchgeführt. Die Idee hinter dieser Näherung ist, dass die Spin-Spin-Wechselwirkung durch ein mittleres Magnetfeld ersetzt werden soll. Die Spins werden somit voneinander entkoppelt und wechselwirken nur noch mit dem mittleren Feld.
Zunächst wird der Wechselwirkungsterm umgeformt:
H
1= − X
i,j
J
ijJ ~
iJ ~
j= − X
i,j
J
ij(J
ixJ
jx+ J
iyJ
jy+ J
izJ
jz) = − X
i,j
J
ij(J
i+J
j−+ J
izJ
jz) (11) Hier wurden die Auf- und Absteigeoperatoren J
±= J
x± iJ
ybenutzt.
Für die Mean-Field-Näherung erweist sich folgende Operator-Identität als Zweckmä- ÿig:
A · B = (A− < A >)(B− < B >)
| {z }
F luktuationen
+A < B > +B < A > − < A >< B >
| {z }
Konstante: c˜
(12)
Damit ergibt sich für den Wechselwirkungsanteil des Hamiltonoperators:
H
1= − X
i,j
J
ijJ ~
iJ ~
j= − X
i,j
J
ij(J
i+J
j−+J
izJ
jz) ≈ − X
i,j
J
ij(J
iz< J
jz> + < J
iz> J
jz) (13) Im letzten Schritt wurde die Mean-Field-Näherung durchgeführt:
1. Die Fluktuationen werden vernachlässigt
2. Wegen der Drehimpulserhaltung: < J
i+>=< J
i−>= 0 folgt J
i+J
j−→ 0
3. Die Konstante ˜ c wird vernachlässigt, da sie nur einen konstanten Beitrag zur Energie liefert
Bei genauerer Betrachtung des Wechselwirkungsanteils zeigt sich, dass die Spin-Spin- Wechselwirkung durch ein mittleres Feld B
M Fersetzt wurde:
H
M F= (−2J
0< J
z> −gµ
BB)
N
X
i=1
J
iz≡ −gµ
BB
M FN
X
i=1
J
iz(14) Hier wurde J
0≡ P
i
J
ij= P
j
J
ijbenutzt.
B
M F= B +
2J0gµ<Jz>B
≡ B + B
exbezeichnet das mittlere Feld, und B
exdas Austauschfeld, das die Wechselwirkung der Spins untereinander ersetzt.
Das Austauschfeld ist proportional zur Magnetisierung, es gilt:
2J 2J
Mit diesem Feld ist die Berechnung der Magnetisierung analog zum Paramagneten, wenn man B → B
M Fersetzt. Damit ergibt sich für die Magnetisierung:
⇒ M = M
0B
J[βgµ
BJ(B + λM )] (17) Im Nullfeld (B=0) gilt:
M = M
0B
J(βgµ
BJ λM ) (18)
Dies ist eine implizite Gleichung zur Bestimmung der spontanen Magnetisierung M
S. Oensichtlich existiert immer eine Lösung für M = 0 , was bedeutet, dass keine spontane Magnetisierung vorliegt. Um weitere Lösungen zu nden, wurde die linke Seite von (18) gegen die rechte Seite aufgetragen
2:
Man erkennt, dass zwei weitere Lösungen der Gleichung existieren, wenn die Stei- gung der Brillouin-Funktion im Ursprung gröÿer als die Steigung der Geraden ist. Zur Berechnung der Steigung der Brillouin-Funktion bietet sich somit die Reihenentwicklung an:
d dM
S[M
0B
J(βgµ
BJ λM
S)] ≈ d dM
SM
0J + 1 3J
gµ
BJ λ kT M
S= C λ
T (19)
Hier bezeichnet C =
J(J3k+1)N (gµ
B)
2die Curie-Konstante. Für
CλT> 1 existieren zwei weitere Lösungen.
Über diese Ungleichung deniert sich die Curie-Temperatur zu T
C= Cλ . Bei T = T
Cn- det ein Phasenübergang statt. Unterhalb der Curie-Temperatur besitzt das System eine spontane Magnetisierung M
S, oberhalb von T
Cverschwindet diese Magnetisierung. Die spontane Magnetisierung eignet sich daher als Ordnungsparameter. Für eine verschwin- dene Spin-Spin-Wechselwirkung λ → 0 geht T
C→ 0 , das System verhält sich in diesem Grenzfall erwartungsgemäÿ paramagnetisch. Es fällt auf, dass die Curie-Temperatur nicht von der Gitterdimension abhängt. Dies ist ein Widerspruch zum Experiment, wo eine sol- che Abhängigkeit gemessen wird.
2
Quelle: Nolting, Grundkurs theoretische Physik 6, 6. Au., p. 334
3 Berechnung der kritischen Exponenten
Im folgenden werden die kritischen Exponenten des Ferromagneten in der Mean-Field- Näherung berechnet. Zur Vereinfachung der Rechnung wird im folgenden J =
12ange- nommen, die kritischen Exponenten sind aber für alle J dieselben. Für die Magnetisierung ergibt sich für J =
12:
⇒ M = M
0tanh 1
2 βgµ
B(B + λM )
(20) Um die folgenden Berechnungen übersichtlicher zu gestalten werden die reduzierten Variablen σ =
MM0
und T e =
TTC
deniert. Damit wird (20) zu:
⇒ σ = tanh 1
2 gµ
BB
kT + σ T e
(21) Für die Berechnung der kritischen Exponenten ist es zweckmäÿig, die Hilfsfunktion h einzuführen:
h ≡ tanh
gµ
BB 2kT
= σ − tanh(
σTe
) 1 − σ tanh(
σTe
) (22)
Man überzeugt sich leicht von der Gültigkeit dieser Funktion mit folgender trigono- metrischen Identität:
tanh(x + y) = tanh(x) + tanh(y)
1 + tanh(x) tanh(y) (23)
In der Nähe des kritischen Punktes (B=0, M=0, T = T
C) lässt sich die Hilfsfunktion entwickeln:
h = σ
1 − 1 T e
+ σ
31 3f T
3+
1 − 1
T e 1
T e
+ O (σ
5) (24) Hier wurde die Entwicklung des Tangens-Hyperbolicus benutzt:
mit tanh(x) = x − 1
3 x
3+ 2
15 x
5+ O (x
7) (25)
3.1 Kritischer Exponent des Ordnungsparameters
Der kritische Exponent der Ordnungsparameters ist deniert durch:
M
S∝ (−)
βfür B = 0, T → T
CT < T
C, = T − T
CT
C(26)
Für B=0 ergibt sich für die Hilfsfunktion:
h = tanh
gµ
BB 2kT
= 0 (27)
Damit folgt aus (24):
σ
2=
TC
T
− 1
TC3
3T3
+
TTC(1 −
TTC)
+ ... ≈ 3 T
T
C 2T
C− T
T
C(28)
3.2 Kritischer Exponent der kritischen Isotherme
Der kritische Exponent der kritischen Isotherme ist deniert durch:
B ∝ M
δfür T = T
C, T e = 1 (30) Für T e = 1 gilt
h = tanh
gµ
BB 2kT
= σ
1 − 1 T e
| {z }
=0
+σ
3
1 3f T
3+
1 − 1 T e
| {z }
=0
1
T e
+ ... (31) Damit ergibt sich der Zusammenhang zwischen dem Magnetfeld B und der Magneti- sierung M zu:
⇒ gµ
B2kT B + O (B
3) = σ
33 + O (σ
5) mit σ ∝ M (32) Hieraus folgt der kritische Exponent der kritischen Isotherme zu:
δ = 3 (33)
3.3 Kritische Exponenten der Suszeptibilität
Die kritischen Exponenten der Suszeptibilität sind deniert durch:
χ
T∝ (−)
−γ0für T → T
C, T < T
C, B = 0, = T − T
CT
C(34)
χ
T∝
−γfür T → T
C, T > T
C, B = 0, = T − T
CT
C(35)
Für die Suszeptibilität gilt:
χ
T= ∂M
∂B
T
= ∂M
∂σ
T
∂σ
∂h
T
∂h
∂B
T
(36)
= 1
2 N gµ
B∂σ
∂h
T
1 2 βgµ
B= C T
∂σ
∂h
T
(37) Die Ableitung
∂σ∂hT
lässt sich mit der Hilsfunktion berechnen:
h = σ
1 − 1 T e
+ σ
31 3 T f
3+
1 − 1 T e
1 T e
+ O (σ
5) Dierentiation auf beiden Seiten ergibt:
1 = ∂σ
∂h
1 − 1 T e
+ 3σ
21
3 T e
3+ O (σ
4)
(38) Damit ergibt sich für die Suszeptibilität:
⇒ χ
T= C T
T e + σ
2T e
3+ O (σ
4)
−1(39) Für T < T
Cgilt σ
2≈ −3 . Damit ergibt sich:
⇒ χ
T≈ 1 2
C
T (−)
−1⇒ γ
0= 1 (40)
Für T > T
Cund B=0 gilt σ = 0 . Damit ergibt sich das Curie-Weiss-Gesetz:
⇒ χ
T= C T
T
CT
T − T
CT
C −1= C
T − T
C= C
T
C−1(41)
Damit ergeben sich die kritischen Exponenten der Suszeptibilität zu:
γ
0= 1 für T < T
C(42)
γ = 1 für T > T
C(43)
3.4 Kritische Exponenten der Wärmekapazität
Die kritischen Exponenten der Wärmekapazität sind deniert durch:
C
H∝ (−)
−α0für T → T
C, T < T
C, B = 0, = T − T
CT
C(44)
C
H∝
−αfür T → T
C, T > T
C, B = 0, = T − T
CT
C(45)
Für die Wärmekapazität C
Hgilt:
C
H= T χ
−1T∂M
∂T
H
2(46) Da für T > T
Cdie spontane Magnetisierung M
S= 0 ist, folgt sofort C
H= 0 und damit α = 0 .
Für T < T
Cergibt sich mit C
H= −T
∂2F
∂T2
H