• Keine Ergebnisse gefunden

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 26.02.2018

Geschäftszahl W206 2182986-1

Spruch

W206 2182986-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Alexandra SCHREFLER-KÖNIG als Einzelrichterin über die Beschwerde XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 09.12.2017, Zl. 1122907805-160992534, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit

gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Somalias, reiste im Juli 2016 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.07.2016 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 17.07.2016 gemäß § 19 AsylG 2005 durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der nunmehrige Beschwerdeführer an, dem Clan der Marehan anzugehören und aus XXXX , Somalia zu stammen. Seinen Heimatstaat habe er 2009 mit dem PKW nach Kenia verlassen. Ende 2015 sei er über ihm unbekannte Länder nach Österreich gelangt. Zu den Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass im Jahr 2009 in Somalia Krieg geherrscht habe, außerdem sei er schwer krank gewesen. Kenia habe er verlassen, weil er dort keine Versorgung gehabt habe. Er gab außerdem an, an TBC zu leiden und nur mit einem Auge sehen zu können.

I.2. Aufgrund seiner TBC Erkrankung war der Beschwerdeführer von 17.07.2016 bis 19.07.2016 in stationärer Behandlung.

I.3. Am 22.9.2017 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Betretungsverbot gemäß § 38a SPG betreffend sein Grundversorgungsquartier ausgesprochen, weil er einen Mitbewohner zur Beendigung des Küchenabwasches sowie zum Weggehen genötigt und ihn dabei mit einem Messer verletzt hatte. Mit Urteil des XXXX wurde der

(2)

Beschwerdeführer wegen des Vorfalls in der Gemeinschaftsküche der Flüchtlingsunterkunft vom XXXX wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, deren Vollzug unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

I.4. Am 22.11.2017 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung eines Dolmetschers für die somalische Sprache niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab er an, einer Nomadenfamilie zu entstammen und bei seinem Onkel - einem Nomaden - aufgewachsen zu sein. Sein Vater habe Somalia verlassen, als er noch klein gewesen sei. Seine Mutter habe im Dorf XXXX gelebt und ihn gelegentlich besucht. Er habe nie eine Schule besucht. Von 2001 bis 2008 habe er in XXXX bei einer Tante gelebt und von 2008 bis 2009 im Dorf bei seiner Mutter. Gearbeitet habe er nicht. Ungefähr 2009 sei er nach Kenia ausgereist und habe dort bei Verwandten gelebt. 2015 sei er über Äthiopien und den Sudan nach Ägypten gereist und von dort aus mit dem Boot nach Italien. Weiter nach Österreich sei er mit dem Bus gefahren.

Er sei sunnitischer Muslim und gehöre dem Clan der Marehan an, Sub Clan Reer Dini, Sub Sub Clan Reer Nuur.

Seine Mutter würde in Mogadischu leben und dort von Clanangehörigen unterstützt werden. Diese hätten mehrere Häuser in Mogadischu. Auch an anderen Orten Somalias habe der Beschwerdeführer sehr viele Verwandte. Zu seiner Mutter bestehe manchmal telefonischer Kontakt. Über Facebook bestehe Kontakt mit vielen Freunden und Bekannten in Somalia.

Befragt zu den Gründen, aus denen er sein Heimatland verlassen hatte, gab der Beschwerdeführer an, er habe Probleme mit Al Shabaab gehabt. Diese hätte ihn im Jahr 2009 zwei Tage lang im Dorf inhaftiert. Sie hätten ihm vorgeworfen, dass XXXX ein Clanangehöriger wäre und er dessen Mitkämpfer gewesen sei, weil er eine Verletzung am Auge gehabt habe. Die Verletzung am Auge stamme jedoch nicht von Kämpfen sondern von einem Anschlag auf das Kino von XXXX im Jahr 2007, wo der Beschwerdeführer zufällig anwesend gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nunmehr ein künstliches Auge, dass ihm in einem Krankenhaus in XXXX eingesetzt worden sei.

Die Flucht vor Al Shabaab sei ihm gelungen, weil ihm am zweiten Tag vor dem Abendgebe die Fesseln abgenommen worden seien und ihm gesagt worden sei, er solle beten, woraufhin er weggelaufen sei. Der Aufpasser sei drei Meter entfernt gestanden und habe mehrmals auf ihn geschossen aber nicht getroffen. Ob er verfolgt worden sei, wisse er nicht, er habe sich nicht umgedreht. Er sei einfach eine Weile gelaufen. Als er keine Schüsse mehr hörte, sei er bereits außerhalb der Stadt gewesen.

Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, von Al Shabaab oder einem anderen Clan getötet zu werden, falls es Clankämpfe gebe.

Dem Beschwerdeführer wurden Länderberichte zur Lage in Somalia zur Kenntnis gebracht. Er verzichtete auf eine Stellungnahme.

I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.12.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers vom 16.07.2016 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie der Zuerkennung des Status des subsidiärer Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Außerdem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, die behaupteten Fluchtgründe glaubhaft zu machen. In der Erstbefragung habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe Somalia verlassen, weil Kriegt geherrscht hätte und er schwer krank gewesen sei. Bei der Einvernahme dagegen habe er als Fluchtgrund angegeben, er sei von Al Shabaab festgehalten worden, weil ihm vorgeworfen worden sei, dass XXXX ein Clanangehöriger wäre. Man könne von einer Person, die tatsächlich aus Angst um das Leben flüchtet, erwarten, dass das Vorbringen zumindest im Kern im Lauf des Verfahrens gleich bleibt, ohne eine Reihe von massiven Widersprüchen zu enthalten. Es sei unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer als einziger Clanangehöriger von Al Shabaab inhaftiert worden sei, obwohl andere Clanmitglieder im Dorf anwesend gewesen seien. Auch die Behauptung, dass der Beschwerdeführer trotz Bewachung davongelaufen

(3)

und dabei aus wenigen Metern Entfernung mehrmals mit einem Sturmgewehr auf ihn geschossen worden wäre, sei nicht lebensnah. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich bei einer Rückkehr nach Somalia in Mogadischu niederlassen würde, da auch seine Mutter seit mehreren Monaten in der Stadt wohnt. Die Situation in der Stadt sei nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Art 3 EMRK ausgesetzt wäre. Auch werde die derzeit angespannte Versorgungslage in Somalia nicht verkannt. Eine Ausreise aus wirtschaftlichen Gründen oder dass seine Familie akut Hunger leide, habe der Beschwerdeführer jedoch nie behauptet. Die Rückkehrentscheidung sei zulässig, weil der Beschwerdeführer keine privaten oder familiären Bindungen habe.

I.6. Mit Verfahrensanordnung vom 13.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Rechtsberatungsorganisation zur Seite gestellt.

I.7. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2016 richtet sich die fristgerecht am 10.01.2017 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde unter gleichzeitiger Bekanntgabe des Vollmachtverhältnisses. In der Beschwerde wird zusammengefasst ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid inhaltlich und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei. Wie die belangte Behörde zu der Annahme gelangt, dass die vorgebrachte Gefährdungslage unglaubhaft sei, sei nicht nachvollziehbar. Eine asylrelevante Verfolgung durch Mitglieder der Al Shabaab wegen oppositioneller politischer Gesinnung sei nicht ausgeschlossen, da sich der Beschwerdeführer einer Inhaftierung und allfälligen Rekrutierung durch die Al Shabaab entzogen habe. Daher hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des (teilweise beigefügten) Berichts "FACT FINDING MISSION REPORT Somalia" von August 2017 bei richtiger Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung die Flüchtlingseigenschaft aus politischen Gründen zuerkennen müssen. Betreffend die Dürre-Situation in Somalia hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer darüber hinaus bei richtiger Würdigung und rechtlicher Beurteilung ihrer eigenen Feststellungen zur Lage in Somalia subsidiären Schutz gewähren müssen. Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde beantragt.

I.8. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 16.01.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die belangte Behörde verzichtete auf Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl.

I 2013/33 idF BGBl. I 2017/138, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 VwGVG trat dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Gemäß Abs. 2 leg. cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A:

II.2. Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(4)

Nach der Rechtsprechung des VwGH stellt die genannte Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlich meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG verankerte grundsätzlich meritorische Entscheidungskompetenz.

Vielmehr verlangt das in § 28 normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).

Die verwaltungsgerichtliche meritorische Entscheidungszuständigkeit hält grundsätzlich hintan, dass die Erledigung eines von einer Verwaltungsbehörde eingeleiteten Verfahrens erst nach einem längeren Zeitraum hinweg in einer Art eines "Pingpongspiels" erfolgenden Wechsels zwischen verwaltungsgerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Entscheidungen erfolgen kann. Zudem wird nur ein solches Verständnis der mit der Etablierung der Verwaltungsgerichte erfolgenden Zielsetzung gerecht, den Anforderungen der EMRK sowie denen des Rechts der Europäischen Union im Bereich des Verwaltungsrechtsschutzes zu entsprechen. Zum einen ist aufgrund dieser Anforderungen bei der Interpretation der sich aus §28 Abs 3 VwGVG für die meritorische Entscheidungskompetenz ergebenden Ausnahmen ohnehin auch das grundsätzlich zu einer restriktiven Sicht dieser Ausnahmen führende Gebot einer angemessenen Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Zum anderen ist nicht zu übersehen, dass auf dem Boden der meritorischen Entscheidungskompetenz getroffene Entscheidungen der Verwaltungsgerichte grundsätzlich eine verlässliche Gewähr dafür bieten, dass den von diesen Vorgaben an die behördliche Entscheidungskompetenz gerichteten Anforderungen entsprochen wird (vgl. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH vom 26.11.2003, Zl 2003/20/0389).

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung (vgl Erkenntnis vom 24.2.2009, Zl U 179/08-14 u.a.) ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit dem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhalts (vgl VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl VfSlg 13.302/1992 m.w.N., 14.421/1996, 15.743/2000).

II.3. Der angefochtene Bescheid ist aus folgenden Gründen mangelhaft:

Zunächst ist auf die mangelnde Aktualität und Vollständigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Herkunftslandinformationen zu verweisen: So wurde seitens der belangten Behörde fallgegenständlich das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand Februar 2017 herangezogen, wobei die darin angeführten Quellen in weiten Teilen aus dem Jahr 2015 stammen und sohin zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Dezember 2017 ein Alter von mindestens zwei Jahren aufgewiesen haben. Keine Berücksichtigung fand der FACT FINDING MISSION REPORT Somalia von August 2017, der umfassende aktuelle Länderinformationen geboten hätte. Feststellungen zur Lage in Somalia im Jahr 2009 (insbesondere Bewegungen der Al Shabaab, XXXX ) im Ausreisezeitpunkt des Beschwerdeführers fehlen gänzlich, sodass eine Überprüfung der Plausibilität seiner Angaben anhand der Ereignisse unmöglich erscheint. Auch bezieht sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei sämtlichen Ausführungen zur Rückkehr nach Somalia auf Mogadischu und setzt sich nicht mit der Sicherheitslage in der tatsächlichen Herkunftsregion des Beschwerdeführers auseinander. Ohne eine solche Auseinandersetzung kann eine abschließende Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl respektive subsidiärem Schutz nicht vorgenommen werden.

Zur (impliziten) Feststellung der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Mogadischu als innerstaatliche Fluchtalternative zumutbar ist, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof

(5)

zur Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung eine Auseinandersetzung mit der notorischen Dürrekatastrophe in Somalia und der dort vorherrschenden Nahrungsmittelknappheit und insbesondere auch deren Auswirkungen auf Mogadischu verlangt (Vwgl. VwGH vom 31.08.2017, Ra 2016/21/0296 sowie VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0135).

Die belangte Behörde traf jedoch keinerlei Feststellungen dahingehend, wie sich die aktuell vorherrschende Dürre auf die Versorgungslage in Mogadischu auswirkt und fehlt es daher insofern an einer Beurteilungsgrundlage im Hinblick auf die Frage, ob der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Mogadischu (trotz bestehender verwandtschaftlicher Anknüpfungspunkte) seine notdürftigste Lebensgrundlage erwirtschaften können wird. Vor allem vor jenem Hintergrund muss ein besonders schwerwiegender Ermittlungsmangel erkannt werden, zumal die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohne das Vorliegen einer entsprechenden diesbezüglichen Tatsachengrundlage verunmöglicht wird. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema "Somalia Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu" vom 7. Juni 2017 hingewiesen (Vgl. VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0135).

Die belangte Behörde hat es außerdem unterlassen, das konkrete Vorbringen des Beschwerdeführers in Relation zu den dem Bescheid umfassend angefügten (veralteten und unvollständigen) Länderfeststellungen zu setzen.

Die Ausführungen der belangten Behörde erschöpfen sich viel mehr in der Nutzung allgemeiner Floskeln, die weder zum Fluchtvorbringen noch zur individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers in Bezug gesetzt werden und daher keinen Begründungswert haben.

Die belangte Behörde hat die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen pauschal als unglaubwürdig beurteilt und verweist dabei auf massive Widersprüche zwischen dem Vorbringen in der Erstbefragung und der Einvernahme. Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Erstbefragung nach § 19 Abs 1 AsylG gerade nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Insbesondere aber erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht der von der belangten Behörde angenommene Widerspruch zwischen dem Vorbringen in der Erstbefragung und dem Vorbringen in der Einvernahme: Der Beschwerdeführer nennt in der Erstbefragung den Krieg in Somalia als Fluchtgrund und in der Einvernahme schließlich die Verfolgung durch Al Shabaab. Bei Al Shabaab handelt es sich allerdings um eine der Kriegsparteien. Zum in der Erstbefragung auch erwähnten Fluchtgrund der Krankheit wurde der Beschwerdeführer in der Einvernahme unter dem Blickwinkel als fluchtauslösendes Ereignis nicht befragt, obwohl die (ausgeheilte) TBC-Erkrankung und die Verletzung am Auge des Beschwerdeführers dem Akt zu entnehmen sind, sodass sich auch daraus ohne nähere Befragung eine Widersprüchlichkeit des Vorbringens nicht ableiten lässt.

Auch die Argumentation der belangten Behörde, es sei nicht lebensnah, dass der Beschwerdeführer trotz Schüssen aus einem Gewehr davon laufen konnte, ist nicht schlüssig, erschöpft sie sich doch nur in dieser Aussage.

Warum es sich für die Behörde als unglaubwürdig darstellt, dass der Beschwerdeführer als einziger seines Clans von Al Shabaab inhaftiert wurde, bleibt im angefochtenen Bescheid unbegründet. Die Angaben des Beschwerdeführers, er sei wegen seiner Verletzung am Auge für einen Kämpfer gehalten worden, erscheint jedoch für sich genommen nicht unschlüssig.

Demnach vermag das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner Beweiswürdigung keine Unschlüssigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers aufzuzeigen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt viel mehr zu dem Schluss, dass die Einvernahme des Beschwerdeführers zu den fluchtauslösenden Vorfällen im Herkunftsstaat nur sehr oberflächlich erfolgt ist und keine hinreichende Grundlage für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers bietet. Insbesondere umfasst der auf die Fluchtgründe bezogene Teil des Einvernahmeprotokolls lediglich in etwa eine Seite.

Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt und daraus resultierend keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Es kann vor diesem Hintergrund nicht dem Verwaltungsgericht zugesonnen werden, sämtliche Ermittlungsschritte, die für die abschließende Beurteilung der Angelegenheit erforderlich sind, selbst und quasi an Stelle der dafür zuständigen Verwaltungsbehörde zu setzen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist.

(6)

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Daher wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren ergänzend und detailliert zu den fluchtauslösenden Vorfällen und seiner individuellen Rückkehrsituation zu befragen haben und sodann die Glaubwürdigkeit des Vorbringens in Auseinandersetzung mit aktuellen und vollständigen Länderfeststellungen individuell zu beurteilen haben.

II.4. Zur festgestellten strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer begangenen Vergehen um kein nach § 6 Abs 1 Z 4 AsylG relevantes Delikt handelt (vgl.

ErläutRV 952 Blg NR 22. GP 36 sowie VwGH vom 03.12.2002, 99/01/0449). Daher liegt keiner der in § 6 AsylG genannten Ausschlussgründe vor.

II.5. Hinsichtlich des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt - nämlich das Vorliegen von mangelhaften Ermittlungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an das Bundesamt - durch den vorliegenden Bescheid unter Bedachtnahme auf die Beschwerde feststand und daher auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG verzichtet werden konnte und der entsprechende Antrag in der Beschwerde abgewiesen wird.

II.6. Zu Spruchpunkt B:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. VwGH 26.06.02014, 2014/03/0063). Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2018:W206.2182986.1.00

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

auf flachem Boden, Gesichtslinie nach ß“ nahe am Boden, nach den übrigen Ob- jecten etwas höher.. Marke P“9

Gesichtslinie nach P“ sehr niedrig, nach P15 zieml.. Gesichtslinie nach beiden

gends erfahren konnten, und den wir daher Anonymus bezeichnet haben. Noch mehr Gipfel zu messen haben wir unterlassen, hauptsächlich deshalb weil es zwischen dem Elbrus und

Hauth 11 Kess.. Man sieht hieraus dass die Chronometer Hauth 11 und Kess. 1291 ihren relativen Gang während der Reise sehr gut gehalten, Kess. 1290 aber, dessen Gang überhaupt dem

‘:«( Angenommener Refr.Coefl'.. DatumZeit Zustand derBilder log])sin1" undC Erhebung überß" inZellen..

Da mit dem Vorhergehenden der Haupttheil unserer Arbeit, das eigentliche Nivellement abgeschlossen ist, und durch die detaillirte Mittheilung desselben sowohl rücksichtlich

Haben dieselben im einzelnen auch freilich nicht die Genauigkeit, wie bei den neueren Gradmessungen, weil die kleinen Grundlinien, wegen der uns nothwendigen raschen Förderung

Sept., ergeben sich mit Hinzuziehung der Chronometervergleichungen folgende Correctionen der Chronomeler, für Hauth Nr.. 11 gegen Sternzeit, für die beiden andern Chronometer