4. Reaktionen der Carbonylfunktion in Aldehyden, Ketonen, www.ioc-praktikum.de Carbonsäuren und Carbonsäurederivaten
Versuch 4.3.2.8, Rev. 1.0 1
4.3.2.8 Quartärsalzbildung von Triphenylphosphan mit 4-(Brommethyl)-benzoesäure zu (4-Carboxybenzyl)-triphenylphosphoniumbromid (8a), Umsetzung von 8a mit wässriger Formaldehydlösung zu 4-Vinylbenzoesäure (8b)
O O H
Br HH
O O
H H
H H O
H H
O O H
P HH
Ph Ph Ph
8a
C26H22BrO2P (477.4) Aceton
C8H7O2Br (215.0)
Br
C18H15P (262.3)
C9H8O2 (148.2) CH2O
(30.0)
8b
NaOH
(40.0)
+ +
Ph3P=O8a
Ph3P
+
Arbeitsmethoden:
Arbeiten unter Feuchtigkeitsausschluss, UmkristallisationEdukt für 6.2.1.1 Chemikalien
4-(Brommethyl)-benzoesäure Schmp. 223–226 °C, wird in Versuch 1.5.2 dargestellt.
Triphenylphosphan Schmp. 78–81 °C.
Aceton Sdp. 56 °C, d = 0.79 g/ml, Dampfdruck bei 20 °C: 233 hPa.
tert-Butylmethylether Sdp. 55 °C, d = 0.74 g/ml, Dampfdruck bei 20 °C: 268 hPa.
Formaldehyd 35proz. wässrige Lösung, d = 1.08 g/ml. Cancerogen, giftig, sensibilisierend.
Verursacht Verätzungen. Mit viel Wasser abspülen.
Natriumhydroxid Verursacht schwere Verätzungen. Sofort mit viel Wasser abspülen.
Darstellung von Phosphoniumsalz 8a
Durchführung
Vor Beginn Betriebsanweisung erstellen.
In einem 250 ml Kolben mit Rückflusskühler, Trockenrohr und Magnetrührstab werden 20 mmol (4.30 g) 4-(Brommethyl)-benzoesäure und 20 mmol (5.25 g) Triphenylphosphan in 150 ml trockenem Aceton gelöst. Die Reaktions- mischung wird anschließend 1 h unter Rückfluss erhitzt.
Isolierung und Reinigung
Nach dem Abkühlen wird der Reaktionskolben 1 h im Eisbad gekühlt und der
ausgefallene Feststoff über einen Büchnertrichter abgesaugt. Das Filtrat wird
am Rotationsverdampfer auf ca. 50 ml eingeengt (→ R
1) und noch 30 min im
Eisbad gekühlt. Der weiter ausgefallene Feststoff wird auf demselben Büchner-
trichter abgesaugt (→ E
1), noch zweimal mit je 25 ml trockenem tert-Butyl-
methylether gewaschen, lufttrocken gesaugt (→ R
2) und im Vakuumexsikkator
bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Man bestimme Schmelzpunkt und
Ausbeute des Rohprodukts. Ausbeute an 8a: 50–60%, Schmp. 294–298 °C).
4. Reaktionen der Carbonylfunktion in Aldehyden, Ketonen, www.ioc-praktikum.de Carbonsäuren und Carbonsäurederivaten
Versuch 4.3.2.8, Rev. 1.0 2
Das Phosphoniumsalz 8a kann ohne weitere Reinigung weiter umgesetzt werden.
1 Weshalb muss unter Feuchtigkeitsausschluss gearbeitet werden?
Hinweise zur Entsorgung (E), Recycling (R) der Lösungsmittel
E1: Lösungsmittelgemisch mit halogenhaltigen Verunreinigungen → Entsorgung (RHal).
R1: Abdestilliertes Lösungsmittel → Recycling (Aceton).
Wittig-Olefinierung von 8a mit wässriger Formaldehydlösung
Durchführung
In einem 100 ml Kolben mit Tropftrichter und Magnetrührstab werden 10 mmol (4.77 g) (4-Carboxybenzyl)-triphenylphosphoniumbromid in 15 ml Wasser suspendiert und mit 50 ml 35proz. wässriger Formaldehydlösung versetzt. Unter kräftigem Rühren wird innerhalb von 30 min eine Lösung von 80 mmol (3.20 g) Natriumhydroxid in 15 ml Wasser bei Raumtemperatur zugetropft.
2Nach beendeter Zugabe wird noch 1 h bei Raumtemperatur weiter gerührt.
Isolierung und Reinigung
Der ausgefallene Niederschlag wird über einen Büchnertrichter abfiltriert und der Filterrückstand noch dreimal mit je 25 ml Wasser gewaschen (Filterrück- stand → E
2). Die vereinigten Filtrate werden durch langsames Zutropfen von halbkonz. Salzsäure angesäuert (pH 1).
3Das ausgefallene Produkt wird abgesaugt, dreimal mit je 5 ml Eiswasser gewaschen (→ E
3) und lufttrocken gesaugt. Das Produkt wird im Exsikkator über Phosphorpentoxid bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Man bestimme Schmelzpunkt und Ausbeute des Produkts. Ausbeute an 8b: 50–60%, Schmp. 142–145 °C.
2 Was ist zu beobachten?
3 Erläutern Sie die Aufarbeitung! Was wird bei der ersten Filtration abgetrennt?
Hinweise zur Entsorgung (E)
E2: Filterrückstand → Entsorgung (Org. Feststoffe).
E3: Wässrige Lösung mit organischen und halogenhaltigen Verbindungen → Entsorgung (H2O mit RHal/Halogenid).
4. Reaktionen der Carbonylfunktion in Aldehyden, Ketonen, www.ioc-praktikum.de Carbonsäuren und Carbonsäurederivaten
Versuch 4.3.2.8, Rev. 1.0 3
Auswertung des Versuchs
1H-NMR-Spektrum von 8b (300 MHz, DMSO-d6): δ = 5.40 ( 1 H), 5.97 (1 H), 6.80 (1 H), 7.58 (2 H), 8.78 (2 H), 12.95 (1 H).
8.0 4.0 2.0 [ppm] 0.0
10.0 6.0
12.0
LM
1615.6 Hz 1614.8 Hz
14.0
a) b) c) d)
b) c) d) a)
1626.6 Hz 1625.8 Hz 1783.4 Hz 1782.6 Hz
1801.1 Hz 1800.3 Hz 2038.2 Hz 2027.2 Hz
2055.9 Hz 2044.9 Hz
13C-NMR Spektrum von 8b (75.5 MHz, DMSO-d6): δ = 116.84 (CH2), 126.10 (CH), 129.57 (CH), 129.85 (C), 135.74 (CH), 141.17 (C), 166.95 (C).
60 40 20 [ppm] 0
80 100
160
LM
140 120
IR-Spektrum von 8b (KBr):
100
50
0 T [%]
4000 3000 2000 1500 1000 ν~[cm-1]
1680
1605
* Formulieren Sie den zu 8b führenden Reaktionsmechanismus.
4. Reaktionen der Carbonylfunktion in Aldehyden, Ketonen, www.ioc-praktikum.de Carbonsäuren und Carbonsäurederivaten
Versuch 4.3.2.8, Rev. 1.0 4
Weitere denkbare Reaktionsprodukte:
A B C
O H
O P
O Ph
Ph
HH Ph3P O CH3
O
O H
* Mit welchen spektroskopischen Daten lassen sich A–C ausschließen?
* Diskutieren Sie die denkbaren Reaktionsmechanismen.
Literatur, allgemeine Anwendbarkeit der Methode
Der Wittig-Reaktion kommt in der präparativen organischen Chemie eine große Bedeutung zu. Eine Übersicht über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten bietet (siehe auch Übersicht zu Kap. 4.3.2):
H. J. Bestmann, O. Vostrowsky, Top. Curr. Chem. 1983, 109, 85–163.
B.E. Maryanoff, A. B. Reitz, Chem. Rev. 1989, 89, 863–927.