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VK 3-81/12. Beschluss. 3. Vergabekammer des Bundes. In dem Nachprüfungsverfahren. - Antragstellerin - Verfahrensbevollmächtigte: gegen

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3. Vergabekammer des Bundes

VK 3 -81/12

Beschluss

In dem Nachprüfungsverfahren

…,

- Antragstellerin - Verfahrensbevollmächtigte:

…,

gegen

…,

- Antragsgegnerin -

Verfahrensbevollmächtigte:

…,

…,

- Beigeladene zu 1) - Verfahrensbevollmächtigte:

…,

…,

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- Beigeladene zu 2) - Verfahrensbevollmächtigte:

…,

wegen der Vergabe „Werksinstandsetzung von Motoren …“, hat die 3. Vergabekammer des Bundes durch die Vorsitzende Direktorin beim Bundeskartellamt Dr. Herlemann, den hauptamtlichen Beisitzer Leitender Regierungsdirektor Thiele und den ehrenamtlichen Beisitzer Adamczak auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2012 am 23. Juli 2012 beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu 1) und 2).

3. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin und die Beigeladenen zu 1) und 2) war notwendig.

Gründe:

I.

1. Die Antragsgegnerin (Ag) hat … den Abschluss eines Rahmenvertrages über Reparatur- und Wartungsdienste in Bezug auf Motoren … im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben.

Herstellerin dieser Motoren ist die Antragstellerin (ASt).

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a) Der Auftrag war in zwei Lose aufgeteilt, wobei das Los 1 insgesamt 13 Motoren und das Los 2 in Summe 7 Motoren umfasste (Vergabebekanntmachung, II.2)).

Auftragsgegenstand in beiden Losen war die Instandsetzung von Motoren … in der Materialerhaltungsstufe 4 mit der Versorgungsnummer … (Vergabebekanntmachung, II.1.5)).

Die Vergabebekanntmachung listete im Abschnitt III.2) „Teilnahmebedingungen“ unter dem Punkt III.2.3) „Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ die folgenden Eignungskriterien auf:

„1.a) Entweder die Vorlage eines Nachweises, dass mindestens fünf vergleichbare Instandsetzungen (Materialerhaltungsstufe 4) der ausgeschriebenen Baugruppe in den letzten fünf Jahren … durchgeführt wurden.

Der Nachweis ist durch die Angabe von Auftraggeber (Anschrift), Ansprechpartner (mit Tel. Nr.), Auftragsgegenstand und Leistungszeiten zu führen

1.b) oder die Vorlage des Nachweises in Kopie über eine erfolgreich durchgeführte Probeinstandsetzung durch Zertifizierung einer behördlichen Stelle für die ausgeschriebenen Baugruppen (oder baugleiche Referenzbaugruppen) in der Systeminstandsetzungstiefe Materialerhaltungsstufe 4 oder Zertifizierung durch den Hersteller

1.c) oder Eigenerklärung der Herstellereigenschaft selbst.

2. Eigenerklärung, dass der Bieter im Besitz von aktuellen gerätebezogenen Instandsetzungsdokumentationen auf Basis Arbeitsvorgangsebene ist, die zur sach- und fachgerechten Durchführung einer Bedarfsinstandsetzung zur Herstellung des Zustandskodes … und … (das Produkt ist für den vorgesehenen Verwendungszweck uneingeschränkt ohne festgestellte Mängel verwendbar. Die Sicherheit der Benutzer oder Dritter ist nicht beeinträchtigt.) geeignet sind. Diese Erklärung beinhaltet auch die Zustimmung, dass der Auftraggeber diese Dokumente einsehen darf.“

Die Nachweise zur Eignungsprüfung mussten von den Bietern mit dem Teilnahmeantrag bis zum 20. April 2012 vorgelegt werden. Nachdem im Rahmen der Auswertung ersichtlich wurde, dass der Teilnahmeantrag der ASt nicht alle Eignungsnachweise enthielt, wurde ihr durch die Ag eine Nachfrist bis zum 9. Mai 2012 gewährt. So fehlten ihr

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unter anderem Eigenerklärungen über das Zahlungsziel, zur Geheimschutzbetreuung und zur …-Genehmigung. Die ASt reichte daraufhin am 11. Mai 2012 einen um diese Angaben ergänzten Teilnahmeantrag ein.

Die Beigeladene zu 1) (Bg zu 1)) reichte ihren Teilnahmeantrag am 19. April 2012 und die Beigeladene zu 2) (Bg zu 2)) ihren Antrag mit Schreiben vom 11. April 2012 ein. Unter dem Punkt III. „Kriterien für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer“ im vorformulierten Teilnahmeantragsvordruck setzten beide ein Häkchen bei der im Nachfolgenden genannten Erklärung:

„Wir erklären,

dass wir für die in diesen Verfahren angefragten Versorgungsnummern aufgrund der Herstellereigenschaft keine Probeinstandsetzung benötigen (III.2.3 Ziff. 1c)).

Hinweis: Für den Fall einer Zertifizierung durch eine behördliche Stelle oder den Hersteller ist das Zertifikat (z.B. … …) vorzulegen (III.2.3. Ziff. 1b)) bzw. für den Fall der bereits durchgeführten Instandsetzung ist hierüber ein Nachweis vorzulegen.“

Die Bg zu 1) fügte ihrem Teilnahmeantrag einen Nachweis über das Bestehen eines Instandsetzungsrahmenvertrages … bei. Ebenso verhielt es sich bei der Bg zu 2). Sowohl die Bg zu 1) als auch die Bg zu 2) gaben die nach Ziffer 2 unter dem Punkt III.2.3) der Bekanntmachung geforderte Eigenerklärung, Zugang zu einer aktuellen Instandsetzungsdokumentation zu besitzen, ab.

Mit Schreiben vom 20. März 2012 forderte die Ag die ASt zur Darlegung eines möglichen Alleinstellungsmerkmals in Bezug auf verschiedene Baugruppen, darunter auch der Motoren …, auf und verwies darauf, dass in den Fällen, in denen kein Alleinstellungsmerkmal existiere, ein Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden solle. In ihrem Antwortschreiben vom 11. April 2012 legte die ASt dar, dass die im Besitz des Bundes befindliche Leistungsbeschreibung Instandsetzung (LB Inst) keine Instandsetzungsdokumentation ersetze und auf Zeichnungen der ASt – als Herstellerin der Motoren - verweise, weshalb dem … ein nicht ausschließliche Nutzungsrecht an der

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LB Inst zukomme. Dritten sei damit jedoch kein Nutzungsrecht eingeräumt worden.

Außerdem habe die ASt entsprechende Nutzungsrechte auch nicht selbst an Dritte vergeben.

b) Am 9. Mai 2012 wurde die ASt zur Angebotsabgabe aufgefordert. Der Aufforderung waren dabei Ausschreibungsunterlagen beigefügt, die auch den von der Ag verwendeten Rahmenvertrag enthielten. Unter Ziffer 3.2.3 machte dieser Vertrag folgende Vorgaben:

„Der Bieter hat sein Angebot auf der Grundlage der Ausschreibungsunterlagen, des beigefügten Vertrages und dessen Anlagen abzugeben. Änderungen dieser Unterlagen sind unzulässig und führen zum Ausschluss des Angebotes.

Seine Zustimmung zum Vertragsdokument hat der Bieter mit Unterschrift auf Anlage 4 zu erklären.“

Anlage 4 zum Rahmenvertag lautete wie folgt:

„Hiermit erkennen wir den Rahmenvertrag (Anlage 1a) mit allen seinen Anlagen (insbesondere der Leistungsbeschreibung) sowie den Nachtrag (Anlage 1b) vollumfänglich und ohne Vorbehalt an.“

Der Aufforderung zur Angebotsabgabe kam die ASt am 24. Mai 2012 nach, wobei ihr Angebot eine Reihe von Einschränkungen enthielt. Danach sollte die in Ziffer 3.3.1 der Ausschreibungsunterlagen geregelte Preisanpassung bereits nach einem anstatt nach zwei Jahren erfolgen, die in § 4 festgelegten Zahlungsbedingungen wurden modifiziert, die Gewährleistungsfrist nach § 6 des Vertrages wurde auf nur 100 statt 1000 Fahrkilometer gekürzt und der Haftungsumfang nach §§ 5 und 7 des Rahmenvertrages wurde beschränkt. Auf dem Erklärungsvordruck von Anlage 4 hat die ASt zudem den handschriftlichen Zusatz

„mit den sich aus dem Angebot und nachfolgenden Vereinbarungen ergebenden Änderungen“

vermerkt.

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Mit Schreiben vom 14. Juni 2012, welches die ASt nach einer E-Mail-Mitteilung der Ag am 15. Juni 2012 von deren Server abrufen konnte, informierte die Ag die ASt gemäß § 101a GWB darüber, dass beabsichtigt sei, der Bg zu 1) den Zuschlag für das Los 1 und der (Bg zu 2) den Zuschlag für das Los 2 zu erteilen. Zudem habe das Angebot der ASt aufgrund von formalen Mängeln nicht bewertet werden können. Am 20. Juni 2012 beanstandete die ASt gegenüber der Ag telefonisch, dass sie vom Verfahren ausgeschlossen worden sei.

Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Ag in der mündlichen Verhandlung hat die ASt in diesem Telefonat nicht die Eignung der Bg zu 1) und 2) angesprochen. Die ASt rügte außerdem am 25. Juni 2012 schriftlich gegenüber der Ag, dass keine Verhandlung über das Angebot der ASt stattgefunden habe und dass die Bg zu 1) und die Bg zu 2) mangels Eignung vom Vergabeverfahren hätten ausgeschlossen werden müssen.

Die Vergabeakte enthält ein Dokument mit dem Titel „Erste Einschätzung: Rüge …“.

Dieses beleuchtet zunächst den sachlichen Hintergrund der Rüge, wobei der Text identisch mit einem Vermerk zu einer parallel stattfindenden Ausschreibung … (VK 3 – 78/12) ist.

Die Ag hat sich nicht zu der Rüge geäußert.

2. Da der Zuschlag am 27. Juni 2012 erteilt werden sollte, beantragte die ASt mit einem per Fax am 26. Juni 2012 bei der Vergabekammer des Bundes eingegangenen Schreiben die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer übermittelte den Nachprüfungsantrag der Ag am selben Tag.

a) Die ASt meint, der Nachprüfungsantrag sei zulässig, da sie antragsbefugt nach § 107 Abs. 2 GWB und mit ihrem Vorbringen auch nicht präkludiert sei.

Nach ihrer Auffassung hat sie die Vergabeverstöße rechtzeitig i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 Nr.

1 GWB gerügt, da die Mitteilung der Ag nach § 101a GWB schon nicht dem Textformerfordernis entspreche, weil die Mitteilung rein elektronisch veröffentlicht worden sei. Dazu habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits entschieden, dass die Verbreitung der Information im Sinne des § 101a GWB auf der Internetseite des Auftraggebers kein adäquater Ersatz für eine § 101a-Mitteilung sei (vgl. EuGH, Urteil vom 28. Januar 2010, C - 456/08). Selbst wenn man das Formerfordernis als erfüllt ansehe,

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könne die Rügefrist jedoch frühestens am 18. Juni 2012 begonnen haben, da der erstmalige Abruf der Mitteilung am Freitag, den 15. Juni 2012, kurz vor Büroschluss erfolgte.

Außerdem habe die ASt die Vergabeverstöße nicht erst mit Schreiben vom 25. Juni 2012 gerügt, sondern die Rüge bereits telefonisch am 20. Juni 2012 gegenüber der Ag erhoben. Da weder aus dem Wortlaut des § 107 Abs. 3 GWB noch aus dessen Sinn und Zweck folge, dass die Rüge schriftlich eingelegt werden müsse, sei eine telefonische Rüge ausreichend gewesen. Der Anruf werde von der Ag auch nicht bestritten. Die Rüge sei daher innerhalb von drei Werktagen und damit unverzüglich erfolgt. Sie habe dabei den inhaltlichen Anforderungen an eine Rüge entsprochen. Am 25. Juni 2012 sei die Rüge lediglich schriftlich wiederholt worden.

Sofern man die telefonische Rüge nicht als ausreichend ansehe, sei aber auch die schriftliche Rüge noch unverzüglich erfolgt, da eine längere Rügefrist in Betracht komme, wenn sich ein Bieter – wie die ASt im vorliegenden Fall - zunächst anwaltlich beraten lasse. Zudem sei § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB europarechtswidrig, soweit darin auf die

„Unverzüglichkeit“ abgestellt werde (EuGH, Urteil vom 28. Januar 2010, C – 406/06).

Darüber hinaus sei die ASt nicht verpflichtet gewesen, die Durchführung des Verhandlungsverfahrens zu rügen. Zwar verfüge die ASt über ein Alleinstellungsmerkmal hinsichtlich der zu wartenden Motoren, die europaweite Ausschreibung der entsprechenden Instandsetzungsarbeiten stelle jedoch nicht den Verstoß gegen das Vergaberecht dar, sondern die anschließende Zuschlagserteilung auf das Angebot der Bg. Bis dahin habe die ASt auf ein vergaberechtskonformes Verhalten der Ag vertrauen dürfen. Eine vorsorgliche Rüge kenne das Vergaberecht dagegen nicht. Für eine Verdachtsrüge bestand bis zur Mitteilung nach § 101a GWB auch keinerlei Veranlassung.

Die von der Ag zitierte Entscheidung der 2. Vergabekammer des Bundes (Beschluss vom 15. September 2008, VK 2 – 91/08) betreffe außerdem einen anderen Sachverhalt. Dort habe der Bieter trotz Aufforderung in den Vergabeunterlagen nicht auf seine Schutzrechte hingewiesen. Die ASt sei dieser Verpflichtung jedoch schon in dem Schriftwechsel mit der Ag im Frühjahr 2012 nachgekommen.

Der Nachprüfungsantrag sei zudem begründet.

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Nach Ansicht der ASt ist die Vergabe fehlerhaft erfolgt, weil die Bg zu 1) und 2) nicht über die erforderliche Eignung verfügten, denn sie könnten die von jedem Bieter in Ziffer 2 unter dem Punkt III.2.3) der Bekanntmachung geforderte Eigenerklärung, in der diese angeben mussten, im Besitz einer aktuellen gerätebezogenen Instandsetzungsdokumentation zu sein, nicht vorgelegt haben. Die ASt moniert, dass diese Voraussetzung nur erfüllen könne, wer selbst Hersteller der Motoren sei oder wer von dem Hersteller eine entsprechende Dokumentation bzw. entsprechende Kenntnisse erworben oder lizenziert bekommen habe. Da sie selbst Herstellerin der zu wartenden Motoren sei, erfüllten die Bg zu 1) und die Bg zu 2) diese Voraussetzungen nicht; eine Lizenzierung der Bg zu 1) und 2) sei nicht erfolgt.

Die LB Inst des Bundes könne auch nicht mit der verlangten Instandsetzungsdokumentation gleichgesetzt werden, da die LB Inst keine vollständige Dokumentation darstelle. Zudem stamme die LB Inst aus dem Jahr 1988 und sei damit nicht mehr aktuell. Bei der geforderten Materialerhaltungsstufe 4 handele es sich außerdem um eine vollständige Überholung des Motors, die auch die Nacharbeit oder den Neubau von Teilen umfasse. Dafür sei jedoch die Kenntnis von Verschleiß- und Grenzwerten erforderlich, welche nur die ASt besitze. Dabei spiele es entgegen der Auffassung der Ag keine Rolle, dass offensichtlich sowohl die Bg zu 1) als auch die Bg zu 2) in der Vergangenheit Motoren … instandgesetzt hätten.

Selbst wenn man die LB Inst als gleichwertige Instandsetzungsdokumentation ansehen würde, dürfe die Ag diese der Bg zu 1) und der Bg zu 2) nicht zugänglich machen, da die ASt dies nicht gestattet habe. In den Entwicklungsverträgen zwischen der ASt und … sei festgelegt worden, dass die für eine Instandsetzung erforderlichen Unterlagen ohne Freigabe der ASt nicht an Dritte weitergereicht werden dürfen. Vielmehr sei in den Verträgen niedergelegt, dass die Ag ihre Vertragspartner zu verpflichten habe, mit der ASt einen Vertrag über die Benutzungsrechte abzuschließen und ein Benutzungsentgelt an die ASt zu zahlen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Darüber hinaus sei ein Drittel der Einzelteilzeichnungen des …-Motors durch einen Schutzvermerk gemäß DIN 34/ISO16016 gekennzeichnet.

Die ASt ist der Ansicht, dass ein Wettbewerbsverstoß zwischen den in einem horizontalen Wettbewerbsverhältnis stehenden Bietern im Rahmen der Eignungsprüfung hätte berücksichtigt werden müssen. Die Ag hätte demnach prüfen müssen, ob die Bg zu 1)

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und 2) in der Lage gewesen seien, die Leistung, wie angeboten, zu erbringen. Die Ag habe den Sachverhalt insoweit unvollständig und unzutreffend und damit beurteilungsfehlerhaft ermittelt.

Weiterhin moniert die ASt die fehlende Vergleichbarkeit ihres Angebotes mit den Angeboten der Bg zu 1) und der Bg zu 2), da die Ausschreibungsunterlagen kaum Vorgaben hinsichtlich des konkret zu erwartenden Instandsetzungsumfangs enthielten. Im Verhandlungsverfahren sei dies zwar nicht ungewöhnlich, aber die Ag habe letztlich auf die Verhandlung über das Angebot der ASt verzichtet. Darüber hinaus sei nicht verständlich, warum die Ag bei erstmaliger Ausschreibung davon ausgehe, die ASt sei zu teuer, anstatt zu prüfen, ob seitens der Angebote der Bg zu 1) und 2) ein Unterangebot vorliege. Das Fehlen dieser Preisprüfung auf der 3. Wertungsstufe stelle einen Vergabefehler dar.

Daneben bemängelt die ASt, der Vergabevermerk sei unzureichend, weil das Dokument

„Erste Einschätzung: Rüge …“ unverändert aus der parallelen Ausschreibung … entnommen worden sei.

Abschließend bemängelt die ASt, dass keine Verhandlungen über ihr Angebot stattgefunden hätten und sie stattdessen von der Wertung ausgeschlossen worden sei.

Die ASt vertritt hierzu die Ansicht, dass die Ag wegen des Verhandlungsverfahrens verpflichtet gewesen sei, mit den Bietern über alle offenen Punkte zu verhandeln.

Die von der ASt vorgenommenen Abweichungen zu den Ausschreibungsunterlagen seien nicht als Änderung, sondern als Verhandlungsvorschlag zu verstehen gewesen. Es gehöre schließlich zur Eigenheit des Verhandlungsverfahrens, dass der Leistungsgegenstand noch nicht in allen Einzelheiten festgeschrieben sei. Nach Ablauf der Angebotsfrist beginne vielmehr ein dynamischer Prozess, in dem sich auf Nachfrager- und Angebotsseite noch Veränderungen ergeben könnten. Sofern die Vergabestelle, wie geschehen, anderen Bietern die Möglichkeit einräume, ihr Angebot im Verhandlungsverfahren zu ändern, werde die ASt in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt, wenn mit ihr nicht verhandelt werde. Hinsichtlich der Gewährleistungsfrist sei die Modifizierung von 100 statt 1000 Fahrkilometer außerdem auf einen Schreibfehler zurückzuführen. Im Rahmen der Gewährleistung seien die eingefügten Regelungen auch

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deshalb keine Änderungen, weil der Rahmenvertrag zu diesem Punkt überhaupt keine Bestimmungen enthalte.

Die ASt beantragt nunmehr,

1. ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten,

2. der Ag wird untersagt, den Zuschlag für das Los 1 auf das Angebot der Bg zu 1) und den Zuschlag für das Los 2 auf das Angebot der Bg zu 2) zu erteilen,

3. der Ag wird aufgegeben, die Angebotswertung unter Ausschluss der Angebote der Bg zu 1) und der Bg 2) und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,

a) hilfsweise: der Ag wird aufgegeben, das Verhandlungsverfahren auf den Zeitpunkt vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen und den Bietern zu ermöglichen, neue Angebote einzureichen,

b) weiter hilfsweise: die Ausschreibung wird aufgehoben,

4. die Vergabeakten beizuziehen und der ASt Akteneinsicht zu gewähren,

5. der Ag die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der ASt aufzuerlegen,

6. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der ASt wird für notwendig erklärt.

b) Die Ag hat ursprünglich beantragt:

1. Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig verworfen,

2. hilfsweise: Der Nachprüfungsantrag wird als unbegründet zurückgewiesen,

3. die ASt hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Ag zu tragen, 4. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Ag wird für notwendig erklärt, 5. dem Auftraggeber zu gestatten, den Zuschlag auf das Angebot der Bg zu 1) und 2)

zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2012 erklärte die ASt die Rücknahme ihres Zuschlagsgestattungsantrags (Antrag zu 5.).

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Die Ag ist der Ansicht, dass der Nachprüfungsantrag als unzulässig zu verwerfen sei, da die ASt mit ihrem Vortrag präkludiert sei.

Sofern die ASt der Ansicht sei, dass der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren über alle Punkte hätte verhandeln müssen, hätte sie diese Ansicht bereits vor Angebotsabgabe geltend machen müssen. Denn aus den Vergabeunterlagen ergebe sich, dass die Ag Änderungen hinsichtlich des Rahmenvertrages als unzulässig ansehen würde. Die Ag habe dabei sogar auf den Ausschluss des Angebotes als rechtliche Konsequenz hingewiesen.

Zudem sei die ASt mit ihrem Einwand, der Bg zu 1) und der Bg zu 2) habe mangels Zugang zu einer aktuellen Instandsetzungsdokumentation im Sinne von Ziffer 2 unter dem Punkt III.2.3) der Bekanntmachung der Zuschlag nicht erteilt werden dürfen, präkludiert.

Denn die ASt habe bereits aus dem Umstand, dass die Ag ein Verhandlungsverfahren samt Teilnahmewettbewerb durchführte, erkennen können, dass die Ag nicht von dem Bestehen eines Ausschließlichkeitsrechts zugunsten der ASt ausging, denn sie sei im Rahmen eines Schriftwechsels mit der Ag ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass ein Teilnahmewettbewerb nur in solchen Fällen durchgeführt werde, in denen kein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal existiere.

Des Weiteren sei die ASt mit ihren Rügen präkludiert, weil diese nicht unverzüglich erfolgt seien. Nach Erhalt der Mitteilung nach § 101a GWB habe die ASt ihre Rüge erst zehn Tage später abgesetzt, obwohl eine Rügefrist von ein bis zwei Tagen „unverzüglich“

gewesen wäre.

Die Ag ist zudem der Ansicht, dass der Nachprüfungsantrag jedenfalls unbegründet sei.

Soweit die ASt vortrage, im Verhandlungsverfahren müsse verhandelt werden, liege kein Vergabefehler vor. Denn es stehe dem Auftraggeber frei, Ausschreibungsbestandteile zu bestimmen, die er als nicht verhandelbar kennzeichnet. Da die Ag die Bieter in den Vergabeunterlagen ausdrücklich auf den Ausschluss bei Änderung der Vertragsunterlagen hingewiesen habe, sei die ASt zwingend auszuschließen gewesen.

Außerdem sei weder die Bg zu 1) noch die Bg zu 2) wegen fehlender Eignungsnachweise auszuschließen. Beiden hätten die entsprechende Eigenerklärung, nach der die Bieter

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erklären mussten, im Besitz einer aktuellen Instandsetzungsdokumentation zu sein, abgegeben. Die Ag sehe darüber hinaus keinen Anlass, an diesen Erklärungen zu zweifeln, denn beide Unternehmen hätten in den Vergangenheit schon häufiger Motoren

… für das europäische Ausland instandgesetzt. Die Ag habe sich zudem von der Leistungsfähigkeit der Bg zu 1) und 2) und deren Zugang zu den erforderlichen Unterlagen überzeugt. Ein Instandsetzer habe seine Leistungsfähigkeit zunächst im Rahmen einer sogenannten Probeinstandsetzung nachzuweisen, die wiederum eine Voraussetzung für eine Zertifizierung durch … sei. Auf dieser Basis sei dann der Abschluss eines entsprechenden Instandsetzungsrahmenvertrages mit dem Bund möglich. Grundlage dieser Prüfung sei die LB Inst des Bundes, die zwar nicht alle Einzelheiten der Instandsetzung beschreibe, aber ausreiche, um einer fachkundigen Firma die Instandsetzung des Motors … zu ermöglichen. Die Bg zu 1) und 2) hätten die Probeinstandsetzung erfolgreich abgeschlossen, eine Zulassungsurkunde erhalten und einen Instandsetzungsrahmenvertrag mit … geschlossen. In diesen Rahmenvertrag sei … als Leistungsgegenstand aufgenommen.

Zudem stehe es im Ermessen der Vergabestelle, die Eignungskriterien zu definieren und – wie hier – auch Newcomer auf einem infolge der Richtlinie 2009/81/EG in der Öffnung befindlichen Markt zuzulassen. Dagegen stehe es einem Bieter nicht zu, Wettbewerber, die diesen Anforderungen genügten, mit dem Verweis auf eine noch bessere Eignung - hier in Form einer ausführlicheren Dokumentation - aus dem Wettbewerb zu drängen.

Sofern die ASt geltend mache, dass die Bg zu 1) und die Bg zu 2) Leistungen unter Verletzung von gewerblichen Schutzrechten der ASt anböten, könne dies nicht durch die Ag im Vergabeverfahren geklärt werden, sondern müsse mit den entsprechenden Rechtsmitteln durch die ASt angegriffen werden.

Schließlich liege das Angebot der ASt auch preislich so weit über den Angeboten der Bg zu 1) und der Bg zu 2), dass es auch ohne Ausschluss von der Wertung nicht bezuschlagt worden wäre.

c) Mit Beschluss vom 29. Juni 2012 sind die Bg zu 1) und die Bg zu 2) zum Verfahren hinzugezogen worden.

Die Bg zu 1) beantragt,

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1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. der ASt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Bg zu 1) aufzuerlegen,

3. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Bg zu 1) für notwendig zu erklären.

Die Bg zu 1) führt aus, in den letzten 30 Jahren mehr als 500 Motoren … instandgesetzt zu haben, wobei sie sich auf Grundlage der vom … zur Verfügung gestellten technischen Unterlagen „Handlungsvorschriften für die Instandsetzung“ erstellt habe. Diese Instandsetzungsdokumentation werde durch die Bg zu 1) seit 30 Jahren kontinuierlich an aktuelle Rahmenbedingungen angepasst und entspreche damit den Ausschreibungsvorgaben. Darüber hinaus seien keine weiteren Dokumente, insbesondere nicht solche, an denen die ASt ein Nutzungsrecht besitze, für die Instandsetzung notwendig. Ziffer 2 unter dem Punkt III.2.3) der Bekanntmachung verlange keine Originaldokumentation des Herstellers oder eine von ihm lizenzierte Fassung.

Die Bg zu 2) hat mit Schriftsatz vom 10. Juli 2012 erklärt, sich den Anträgen der Ag anschließen zu wollen.

Zunächst führt die Bg zu 2) aus, dass … mittlerweile … ausgemustert habe. Sie setze nur noch sogenannte …fahrzeuge auf Basis eines …-Gestells ein. Die Bg zu 2) sei Hersteller und Lieferant dieser …fahrzeuge und fungiere gegenüber dem … als Systemhaus bzw.

Generalunternehmer. Zudem bestehe auch ein entsprechender Rahmeninstandsetzungsvertrag mit dem …, so dass die Bg zu 2) seit Jahren die Instandsetzung der Fahrzeuge übernehme. Darüber hinaus habe die Bg zu 2) innerhalb der letzten fünf Jahre diverse Instandsetzungsarbeiten an … erbracht, welche die Bundesrepublik Deutschland im Zuge von sogenannten Länderabgaben an ausländische Staaten übereignet hat. Im Rahmen von „…verträgen“ hat das … in Vertretung dieser ausländischen Staaten Verträge mit der Bg zu 2) über die Instandsetzung übereigneter Fahrzeuge geschlossen. Die Bg zu 2) habe ihre Eignung daher nicht mittels erneuter Probeinstandsetzung nachweisen müssen.

Im Rahmen dieser Instandsetzungsarbeiten habe sich die Bg zu 2) außerdem eine eigene Instandsetzungsdokumentation geschaffen.

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Sollten bei … Dokumentationen zu dem …-Motor vorhanden sein, könne … diese selbstverständlich Zuschlagsgewinnern zur Verfügung stellen. Die Rechte der ASt werden dadurch nicht verletzt, da die … über ihr Nutzungsrecht auch berechtigt sei, Dritten die Dokumentation verfügbar zu machen. Außerdem gelte hier der Erschöpfungsgrundsatz nach § 17 Abs. 2 UrhG.

3. Der ASt ist antragsgemäß Akteneinsicht in dem von § 111 Abs. 2 GWB vorgegebenen Rah- men gewährt worden. In der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2012 hatten die Verfah- rensbeteiligten Gelegenheit, ihre Ausführungen zu ergänzen und zu vertiefen.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig.

a) Die Vergabekammer ist nach §§ 98 Nr. 2, 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i.V.m. § 2 Nr. 2 VgV und §§ 104 Abs. 1 und 106a Abs. 1 Nr. 2 GWB zuständig für den vorliegenden Nachprüfungsantrag, der dem Bund zuzurechnen ist und der oberhalb der einschlägigen Schwellenwerte liegt. Die Ag ist öffentlicher Auftraggeber, da der Bund die Aufsicht über die Leitung der Ag unter anderem durch eine Call-Option, d.h. sein Recht, unter bestimmten Bedingungen sämtliche von der anderen Gesellschafterin gehaltene Geschäftsanteile verlangen zu können, ausübt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.

April 2003, Verg 67/03). Zudem wird die Ag durch … beaufsichtigt. Dies trägt … Rechnung, demzufolge die Deckung des Sachbedarfs … in bundeseigener Verwaltung erfolgt.

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Der Antrag ist auch statthaft, denn es liegt kein Ausnahmetatbestand nach den §§ 100a bis 100c GWB vor. Da die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) erst am 18. Juli 2012 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde und damit erst nach Bekanntgabe der Ausschreibung in Kraft trat, findet nach der Übergangsbestimmung des

§ 45 VSVgV noch die EG VOL/A auf die vorliegende Ausschreibung Anwendung.

b) Die ASt ist grundsätzlich antragsbefugt.

Soweit die ASt allerdings vorträgt, die Ag hätte die Angebotspreise der Bg zu 1) und 2) auf deren Angemessenheit prüfen und ausschließen müssen, fehlt ihr dagegen die Antragsbefugnis. Denn die Pflicht des Auftraggebers nach § 19 Abs. 6 EG VOL/A, ein auf den ersten Blick ungewöhnlich niedriges Angebot zu überprüfen und den Zuschlag hierauf nicht zu erteilen, entfaltet seine bieterschützende Wirkung grundsätzlich nur zugunsten desjenigen Bieters, dessen Angebot wegen Unauskömmlichkeit des Preises von einem Ausschluss bedroht ist. Nicht dagegen kann ein Bieter den Ausschluss eines Konkurrenzangebotes mit dem Argument verfolgen, dieser habe zu billig angeboten.

Ausnahmevoraussetzungen wurden weder vorgetragen noch sind diese ersichtlich. Die Vorschrift bezweckt grundsätzlich vielmehr den Schutz der Vergabestelle (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. August 2008, VII - Verg 50/08).

c) Die ASt hat ihren Rügeobliegenheiten nur teilweise genügt.

aa) Die ASt ist mit ihrem Vorbringen, wonach Änderungen am Rahmenvertrag nicht zum Ausschluss von der Wertung führen dürfen und die Ag im Verhandlungsverfahren über alle offenen Punkte der Bieter hätte verhandeln müssen, präkludiert. Denn sie hat den aus ihrer Sicht bestehenden Verstoß nicht bis zum Ende der Angebotsabgabefrist am 25. Mai 2012 gerügt.

§ 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und 3 GWB zufolge ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die bereits aus der Bekanntmachung oder aus den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Ag gerügt worden sind.

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Dieser Rügetatbestand greift vorliegend, da bereits aus den Vergabeunterlagen erkennbar war, dass Änderungen am Rahmenvertrag zum Ausschluss führen würden. Da Änderungen am Rahmenvertrag durch die Bieter laut Ausschreibungsunterlagen, dort Ziffer 3.2.3., eindeutig als unzulässig und zum Ausschluss führend deklariert wurden, war für die ASt aus den Vergabeunterlagen erkennbar, dass die Ag trotz eines späteren Verhandlungsverfahrens zunächst bestimmte Mindestanforderungen an die Angebote stellte. Zudem enthielt der Rahmenvertrag in der Anlage 4 eine sog. Vertragszustimmung, in der die Bieter durch Unterschrift erklären mussten, den Rahmenvertrag vorbehaltlos und vollumfänglich anzuerkennen. Tatsächlich hat die ASt offensichtlich auch erkannt, dass die Ag Änderungen nicht akzeptieren würde, denn sie hätte ansonsten keine Veranlassung gehabt, die besagte Zustimmungserklärung durch Einfügen des Nebensatzes „mit den sich aus dem Angebot und nachfolgenden Vereinbarungen ergebenden Änderungen“ zu entkräften. Die Rügen vom 20. und 25. Juni 2012 waren somit i.S.v. § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB verfristet. Es reichte bei dieser Sachlage auch nicht aus, erst den tatsächlichen Ausschluss zu beanstanden, da dieser aufgrund der Abweichungen im Angebot der ASt von den durch die Ag gesetzten Mindestbedingungen die notwendige und voraussehbare Folge der Festlegung in den Vergabeunterlagen war (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2010, Verg 46/09; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Februar 2012, Verg74/11).

Selbst wenn hier keine Präklusion eingetreten wäre, wäre der Nachprüfungsantrag in der Sache aber auch unbegründet (siehe unten).

bb) Vergleichbar ist die Fragestellung in Bezug auf die von der ASt verneinte Eignung der beiden Beigeladenen. Hier hätte die ASt bereits aus der bloßen Tatsache der Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens schließen können, dass die Ag vom Vorhandensein weiterer Wettbewerber ausgeht, die neben der ASt für die Ausführung des vorliegenden Auftrags in Betracht kommen. Zwar verpflichtet allein das Vorhandensein eines Ausnahmetatbestands, der Verhandlungen mit nur einem Unternehmen rechtfertigt – nach der Diktion der ASt ist dies § 3 Abs. 4 lit. d) EG VOL/A - den Auftraggeber nicht dazu, vom wettbewerblichen Verfahren abzusehen (ausführlich hierzu 3. Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 6. Juli 2011, VK 3 – 80/11). Vorliegend allerdings besteht die Besonderheit, dass die Ag bereits mit dem Schreiben vom 20. März 2012 sehr deutlich gemacht hatte, bei Vorliegen von

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Alleinstellungsmerkmalen von der Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens absehen zu wollen. Die ASt, die in Beantwortung des Schreibens vom 20. März 2012 dezidiert auf Alleinstellungsmerkmale hingewiesen hatte, hatte also durchaus Anlass, bei Kenntnisnahme der Bekanntmachung des streitgegenständlichen wettbewerblichen Vergabeverfahrens bei der Ag nachzufragen und eine Rüge anzubringen.

Da sowohl die Bg zu 1) als auch die Bg zu 2) ihre Eignung in der Sache in der von der Ag geforderten Weise belegt haben, kommt es auf Details der Rüge, insbesondere auch auf die Frage, ob die fehlende Eignung der beiden Beigeladenen im Telefonat vom 20. Juni 2012 von der ASt gerügt wurde, nicht an. Die Rügeproblematik bedarf vor diesem Hintergrund keiner Entscheidung.

2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.

a) Der Ausschluss der ASt vom Vergabeverfahren war nach § 19 Abs. 3 lit. d) EG VOL/A geboten.

aa) Der Ausschluss erfolgte vielmehr zu Recht, da die ASt mit ihrem Angebot vom Rahmenvertrag und den Ausschreibungsunterlagen abwich. Zudem wandelte sie, wie bereits erwähnt, die Zustimmungserklärung in Anlage 4 zum Rahmenvertrag dahingehend ab, dass sie den Rahmenvertrag nicht vorbehaltlos anerkennt. Dies war nach den Ausschreibungsunterlagen jedoch unzulässig und sollte unmissverständlich zum Ausschluss des Angebotes führen. Auch im Verhandlungsverfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb trifft den Bieter die Obliegenheit, bei der Abgabe seines Angebotes zumindest die vom Auftraggeber aufgestellten Mindestanforderungen zu beachten und sein Angebot gemäß den Anforderungen abzugeben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2010, Verg 46/09). Dies folgt auch aus einem Rückschluss zu § 18 EG VOL/A. Aus Satz 2, wonach Verhandlungen im offenen und im nicht offenen Verfahren unzulässig sind, lässt sich zunächst schließen, dass Verhandlungen nur im Verhandlungsverfahren zulässig sind. Darüber hinaus wird aber deutlich, dass alle anderen Vorschriften der EG VOL/A, insbesondere § 19 Abs. 3 lit. d) EG VOL/A, auch im Verhandlungsverfahren Anwendung finden, so dass zunächst einmal auch hier ein vollständiges, den Vorgaben des Auftraggebers entsprechendes Angebot eingereicht werden muss. Die

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ASt durfte daher nicht von sich aus Vertragsbestandteile zur Disposition stellen.

Soweit die ASt vorträgt, die Abweichungen seien lediglich als Verhandlungsvorschlag gedacht gewesen, hat sie dies nicht zum Ausdruck gebracht. Gegen eine solche Auslegung spricht außerdem der Wortlaut ihres handschriftlichen Zusatzes in Anlage 4 des Rahmenvertrages, in dem ausdrücklich das Wort „Änderung“ verwendet wird.

Abweichungen vom Vertragstext stellen in jedem Fall eine Änderung dar. Dies gilt nicht nur für Streichungen, sondern auch für Zusätze.

bb) Darüber hinaus war die ASt auch deshalb vom weiteren Verfahren auszuschließen, weil ihr Teilnahmeantrag vom 12. April 2012 unvollständig war und sie demnach ihre Eignung nicht in der vorgeschriebenen Form nachgewiesen hatte. Zwar hat die ASt am 11. Mai 2012 einen vervollständigten Teilnahmeantrag eingereicht. Dies geschah jedoch erst nach dem Ende der Nachfrist, welche die Vergabestelle der ASt bis zum 9. Mai 2012 gesetzt hatte. Die Ag hätte die nach Ablauf der Nachfrist eingereichten Nachweise daher nicht mehr berücksichtigen dürfen.

b) Die Bg zu 1) und 2) sind dagegen nicht vom Verfahren auszuschließen. Somit erhält die ASt auch keine zweite Chance, da ein annehmbares Angebot vorlag und sich die Ag nicht in Ermangelung annehmbarer Angebote in der Aufhebungssituation befand.

aa) Entgegen der Ansicht der ASt haben die Bg zu 1) und die Bg zu 2) die Eigenerklärung, im Besitz einer aktuellen gerätebezogenen Instandsetzungsdokumentation zu sein, korrekt abgegeben.

Sowohl die Ag als auch die beiden Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass es sich bei dem Begriff der Instandsetzungsdokumentation nicht um einen feststehenden Fachausdruck handelt und darunter nicht nur herstellerseitig erstellte Dokumentationen zu verstehen sind.

Derartige Instandsetzungsdokumentationen werden vielmehr bei jeder Instandsetzung erstellt und vom … überprüft.

Daher fallen auch solche Instandsetzungsdokumentationen darunter, die von mit der Instandsetzung befassten Unternehmen verfasst wurden. Derartige Dokumentationen sind bei der Bg zu 1) und der Bg zu 2), die beide bereits …-Motoren instandgesetzt haben und über eine Zertifizierung durch … verfügen, vorhanden. Dabei bestand für

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die Ag keinerlei Veranlassung, die Erklärungen der Bg zu 1) und 2) in Zweifel zu ziehen. Hätte die Ag den Zugang zu Original-Hersteller- Instandsetzungsdokumentationen vorgegeben, so hätte sie diesen Bezug zum Hersteller ausdrücklich in der Bekanntmachung herstellen müssen. Dies war aber gerade, wie in der mündlichen Verhandlung seitens der Ag deutlich gemacht, nicht intendiert; die Ag wollte im Gegenteil im Sinne des Wettbewerbs gerade auch anderen Unternehmen als dem Hersteller den Zugang zu diesen Aufträgen ermöglichen und hat daher bewusst vom Zugang zu Original-Hersteller- Instandsetzungsdokumentationen abgesehen.

Die materielle Eignung der beiden Beigeladenen ist auch über Ziffer 1 zu Punkt III.2.3) der Bekanntmachung sichergestellt, wonach entweder die Erfahrung aus anderen Aufträgen oder aber eine Probeinstandsetzung, die seitens … abgenommen wurde und zu einer Zertifizierung führte, zur Eignungsvoraussetzung gemacht wurde.

Da die Beigeladenen jeweils über eine eigene Instandsetzungsdokumentation verfügen, kommt es auf die Frage, ob die LB Inst des Bundes mit der geforderten Instandsetzungsdokumentation gleichgesetzt werden darf und welche Nutzungsrechte daran bestehen, nicht an.

bb) Dass die Bg zu 1) und die Bg zu 2) im Teilnahmeantrag jeweils ein Häkchen bei der Erklärung, über die Herstellereigenschaft zu verfügen, setzten, führt ebenfalls nicht zum Ausschluss ihrer Angebote.

Zunächst ist die Erklärung unklar formuliert und kann schon aus diesem Grund nicht zum Ausschluss eines Bieters führen. Denn der Auftraggeber hat die Verpflichtung, die Vergabeunterlagen so eindeutig zu formulieren, dass die Bieter diesen Unterlagen deutlich und sicher entnehmen können, welche Erklärungen von ihnen wann abzugeben sind (BGH, Urteil vom 3. April 2012, X ZR 130/10).

Dies war im Teilnahmeantrag jedoch nicht der Fall. Obwohl die Bekanntmachung unter dem Punkt III.2.3) in Ziffer 1 bei den Kriterien für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit drei Alternativen (1.a) – 1.c)) nannte, war in dem Teilnahmeantragsmuster nur ein Kästchen neben der Erklärung, über die Herstellereigenschaft (1.c)) zu verfügen, vorgesehen. Für die beiden anderen

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Alternativen gab es keine Ankreuzmöglichkeit. Stattdessen wurde auf diese Alternativen in einem „Hinweis“ zu der oben genannten Erklärung Bezug genommen.

Dies veranlasste die Bg zu 1), ein Kreuz in das Kästchen neben der Erklärung zu setzen, da sie davon ausging, dass mangels anderer Ankreuzmöglichkeit und wegen des „Hinweises“ auf die beiden anderen Varianten alle drei Alternativen von dem Kästchen mit umfasst seien. Daher reichte sie - wie im „Hinweis“-Text und insoweit abweichend von der Bekanntmachung vorgesehen - auch einen Nachweis über ihre Zertifizierung ein. Wie im Teilnahmeantragsmuster ausdrücklich als Beispiel genannt, geschah dies durch den Nachweis, dass ein Instandsetzungsrahmenvertrag mit … besteht. Hintergrund dafür ist, dass die Zertifizierung über eine erfolgreiche Probeinstandsetzung die Voraussetzung für den Abschluss eines Instandsetzungsrahmenvertrages mit … darstellt.

Ebenso verhält es sich bei der Bg zu 2), die ebenfalls über einen Instandsetzungsrahmenvertrag mit … verfügt. Daher kann offen bleiben, ob sie aufgrund ihrer Stellung als Systemhersteller für die auf dem Gestell des … aufbauenden … bereits als Herstellerin anzusehen ist.

Die Bg zu 1) und die Bg zu 2) haben damit den Nachweis ihrer Eignung formal wie gefordert und in der Sache zutreffend erbracht.

cc) Der beanstandete Fehler bei der Dokumentation stellt ebenfalls keinen Vergabeverstoß dar. Zunächst ist schon fraglich, ob es einen Verstoß gegen die Dokumentationspflicht nach § 24 EG VOL/A als Konkretisierung des Transparenzgebotes gemäß § 97 Abs. 1 GWB darstellt, wenn die Vergabestelle in parallel laufenden Vergabeverfahren, gegen welche die gleiche Rüge erhoben wird, ihre Einschätzung nur einmal festhält und einen entsprechenden Vermerk in alle Vergabeakten überträgt. Selbst wenn man darin einen Verstoß gegen § 24 EG VOL/A sehen würde, könnte die ASt aus der Verletzung der Dokumentationspflicht allein jedoch keine Ansprüche herleiten. Die ASt kann einen Nachprüfungsantrag auf eine fehlerhafte oder unzureichende Dokumentation mit Erfolg nur stützen, wenn sich diesbezügliche Mängel auf ihre Rechtsstellung und die Auftragschancen im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben. D.h. die beanstandete Dokumentation muss gerade in Bezug auf die gerügten Vergaberechtsverstöße unzureichend sein

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(vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. August 2011, VII – Verg 36/11). Dazu hat die ASt jedoch nichts vorgetragen und es ist - die Richtigkeit des Vortrags der ASt unterstellt – auch nicht ersichtlich, inwieweit der beanstandete Verstoß die Auftragschancen der ASt geschmälert haben soll.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, 2, 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 1 S. 3 VwVfG.

Die ASt als Unterliegende hat die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Ag zu tragen. Die Rücknahme des Zuschlagsgestattungsantrags der Ag nach § 115 Abs. 2 S. 1 bis 4 GWB wirkt sich nicht auf die Kostenentscheidung aus, da der Antrag den Aufwand der Vergabekammer nicht erhöht hat.

Darüber hinaus entspricht es der Billigkeit im Sinne des § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB, der ASt die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Bg zu 1) und der Bg zu 2) aufzuerlegen. Die ASt hat sich mit ihrem Nachprüfungsantrag bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zu der Bg zu 1) und der Bg zu 2) gestellt. Die beiden Beigeladenen ihrerseits haben sich durch schriftlichen und mündlichen Vortrag sowie durch die Stellung von Anträgen aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Ag und die Bg zu 1) und 2) war notwendig, da das Nachprüfungsverfahren umfangreiche Sach- und Rechtsfragen aufgeworfen hat, welche die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten als sachgerecht erscheinen lassen. Im Übrigen war es zur Herstellung der Waffengleichheit erforderlich, dass die Ag und die Bg zu 1) und 2) neben der anwaltlich vertretenen ASt ebenfalls einen Verfahrensbevollmächtigten hinzuzogen.

IV.

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Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung be- ginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat –, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebe- gründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer an- gefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Be- weismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Ent- scheidung über die Beschwerde verlängern.

Dr. Herlemann Thiele

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