DI Bernd Obenaus
Institut für med. Mikrobiologie und Hygiene Graz
Grundunterweisung
Hygienische Aspekte – Grundlagen und
Anforderungen
Summe der Maßnahmen zur Gestaltung der Wasserversorgung im Dienste der Gesundheit, z.B.:
• Jede Verunreinigung von Wasservorkommen muss vermieden werden.
• Materialien, die mit Trinkwasser in Kontakt stehen, müssen den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprechen.
• Stoffe, die zur Aufbereitung verwendet werden, müssen den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprechen.
• Schulung
• Persönliche Hygiene
• Untersuchung
Trinkwasserhygiene
Trinkwasser ist ein Lebensmittel und unterliegt den lebensmittelrechtlichen Vorschriften: LMSVG, TWV.
Weiteres:
Österreichisches Lebensmittelbuch Kapitel B 1 Trinkwasser.
https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/buch/codex/kapitel.html
Trinkwasserverordnung 2001 § 3. (1)
„Wasser muss geeignet sein, ohne Gefährdung der
menschlichen Gesundheit getrunken oder verwendet zu werden.“
lebensmittelrechtliche Vorschriften
Parameterwert (Grenzwert):
Sind die oberen Begrenzungen der Gehalte von Inhaltsstoffen und Mikroorganismen, die nicht überschritten werden dürfen.
Indikatorparameterwert (Richtwert):
Sie stellen Konzentrationen von Inhaltsstoffen oder
Mikroorganismen dar, bei deren Überschreitung zu prüfen und
festzustellen ist, ob bzw. welche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung einer einwandfreien Trinkwasserqualität erforderlich sind.
Die Anforderungen (gem. TWV) sind an der Entnahmestelle einzuhalten. Die
Verantwortlichkeit des Wasserversorger erstreckt sich bis zur Übergabestelle an den Abnehmer.
Grenzwerte, Richtwerte
Trinkwasser muss frei von Krankheitserregern sein.
Maßnahmen zur Eliminierung von Krankheitserregern:
Bodenfiltration, Strahlung, Desinfektionsmittel, Erhitzen Der Nachweis von Krankheitserreger ist sehr zeit- und
kostenintensiv, daher werden Indikatorbakterien für fäkale Verunreinigung untersucht.
Indikatorbakterien sind bestimmte Bakterien, die
- sich ähnlich verhalten wie Krankheitserreger - leicht zu bestimmen sind
Krankheitserreger
• Escherichia coli 0/100 ml (desinfiziert: 0/250 ml)
Mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Darm von Mensch oder Tier
• Enterokokken 0/100 ml (desinfiziert: 0/250 ml)
Sind normale Darmbewohner, in menschlichen Ausscheidungen mehr E.coli als Enterokokken, bei Tieren kann es umgekehrt sein. Sterben langsamer als E.coli.
Indikatorbakterien für fäkale Verunreinigung
• Koloniebildende Einheiten (KBE): bei 22 °C oder 37 °C Bebrütungstemperatur KBE22: 100/ml, KBE37: 20/ml Ein plötzlicher starker Anstieg der Kolonienzahlen kann auf
Oberflächenwassereinfluss oder Kontamination des Verteilungssystems hinweisen (z.B. Rohrbruch)
• Coliforme Bakterien: 0/100 ml (desinfiziert: 0/250 ml)
Das Vorhandensein von coliformen Bakterien im Wasser kann ein Hinweis auf eine mögliche fäkale Verunreinigung sein. Coliforme Bakterien können aber auch aus anderen Quellen stammen (z.B. aus dem Erdboden). Sie sind in der Lage sich im Wasser zu vermehren.
Andere mikrobiologische Parameter
• evtl. Clostridium perfringens: 0/100 ml (desinfiziert: 0/250 ml)
• evtl. Pseudomonas aeruginosa: 0/100 ml
Ionenaustauscher, Filter von Aufbereitungsanlagen, Dichtungen, Wasserhähne, im Brunnenwasser relativ selten
Andere mikrobiologische Parameter
´
Jahreszeitliche Schwankungen durch unterschiedliche Temperaturen und Nährstoffen
Verweilzeit im Behälter und im Netz Vermischung unterschiedlicher Wässer Unterschiedliche Strömungsverhältnisse
Risiken durch: ungünstige geologische Verhältnisse, Undichtheiten, Verbindungen zwischen Netz und Eigenversorgung
Mikrobiologische Untersuchungen sagen nur etwas über den Zustand zum Zeitpunkt der Probenahme aus.
Mikrobiologie im Wasser ist nicht konstant
Zur Desinfektion sind nur die im ÖLMB festgelegten Verfahren zulässig:
UV-Bestrahlung
Nur Anlagen mit Zertifikat (ÖNORM 5873-1 und ÖNORM 5873-2), laufende Überprüfung der Betriebsparameter, regelmäßige Wartung, Führung eines Betriebstagebuches
Chlorung mit Chlorgas; Natrium-, Kalium-, Calcium- oder
Magnesiumhypochlorit, Behandlung mit Chlordioxid, Ozonung
(Die Verwendung von Micropur (Silberung) ist kein zugelassenes Desinfektionsverfahren.)
Aufbereitung in mikrobiologischer Hinsicht
UV-Desinfektionsanlagen
Enteisenung, Entmanganung
Einmal im Jahr „Mindestuntersuchung“:
• Untersuchungen vor Ort: Temperatur, pH-Wert, Leitfähigkeit, grobsinnliche Prüfung (Trübung, Färbung, Geruch, Geschmack)
• Mikrobiologische Untersuchung: KBE22, KBE37, coliforme
Bakterien, Escherichia coli, Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa (nur bei Aufbereitung), Clostridium perfringens (nur wenn durch Oberflächenwasser beeinflusst, Desinfektion)
• Chemische Untersuchung: Gesamthärte, Carbonathärte, Kalzium, Magnesium, Nitrat, Nitrit, Ammonium, Eisen, Mangan, Sulfat,
Chlorid, Natrium, Kalium, organisch gebundener Kohlenstoff (TOC) bzw. Oxidierbarkeit
Trinkwasseruntersuchung
TWV Novelle 2018:
Die Behörde kann WVA, die ≤ 10 m³ Wasser pro Tag abgeben und nicht öffentliche Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen oder
Krankenhäuser, versorgen, auf Antrag von der Untersuchungspflicht gemäß Anhang II ausnehmen, wenn sie in ihrer Beurteilung zu dem Schluss kommt, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit vor nachteiligen Einflüssen gewährleistet ist.
Trinkwasseruntersuchung
Besichtigung zur Feststellung von wasserhygienisch relevanten Gegebenheiten
• Wassergewinnungsstelle (Weidebetrieb, Wildfütterung, Mistlagerstätte, Müllablagerungen, Düngung, Lagerung von wassergefährdeten Stoffen, Flurschäden, Windwurf, Grabungsarbeiten, Abstand zu Gebäuden,
Abwasseranlagen, Vernässungsstellen, defekter oder fehlender Zaun, fehlende Hinweistafeln, größere Bäume innerhalb von 10 m der Quellfassung etc.)
• Quellsammelschacht und andere Schachtbauwerke mit offener Wasserfläche
(Wände, Decke, Boden (z.B. undicht, schmutzig, Ablagerungen), Holzteile im Schacht, Schacht nicht ausreichend (mindestens 30 cm) hoch geführt,
Abdeckung/Zugang nicht ausreichend dicht, unversperrt, Rohr- und
Kabeldurchführungen sind nicht wasserdicht, Insektenschutzgitter fehlen, Froschklappen fehlen/funktionieren nicht, Kleintiere, Wurzeleinwuchs, sonstige sichtbare bauliche Schäden etc.)
Lokalaugenschein
Überdüngung, Misthaufen, Klärgruben.
kurzfristige Maßnahme: Zumischen von nitratarmen Wasser langfristige Maßnahmen: Erweiterung der Schutzzone,
Nutzungsbeschränkungen, Alternativversorgung, Aufbereitung (in Anschaffung, Betrieb und Wartung aufwendig und kostenintensiv).
Vorsicht bei Verwendung für Säuglinge und Kleinkinder.
Abkochen hilft nicht!
Nitrat (NO
3) Parameterwert: 50 mg/l
Nitrit (NO
2) Parameterwert: 0,1 mg/l; ist der eigentliche toxische Metabolit, der für die meisten Nitratwirkungen
verantwortlich ist. Höhere Gehalte durch Abwasser. Bei neuen Installationen von verzinkten Leitungen bis sich eine
entsprechende Schutzschicht gebildet hat.
Ammonium (NH
4) Indikatorparameterwert: 0,5 mg/l;
geologisch bedingte Überschreitungen (z.B. Tiefenwässer) sind zulässig. Anzeichen für Überdüngung, Abwasser
Stickstoffkreislauf
„…entspricht den geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften“ bzw. „…zur Verwendung als Trinkwasser geeignet“
Im Rahmen des Lokalaugenscheins wurden keine Mängel an der Anlage festgestellt auf, die Ergebnisse der Laboruntersuchung sind in Ordnung.
Die Anlage ist weiterhin in hygienisch und technisch einwandfreien Zustand zu halten und es sind regelmäßig Trinkwasseruntersuchungen zu veranlassen.
in Ordnung, aber Maßnahmen notwendig.
(geringfügige) Überschreitung von Indikatorparameterwerten, leichte Mängel an der Anlage
Gutachten
nicht in Ordnung, „…nicht sicher“ bzw. „…entspricht nicht den geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften“ bzw.
„…zur Verwendung als Trinkwasser nicht geeignet“
Das Wasser entspricht nicht den Mindestanforderungen, weil Parameter (Grenzwerte) überschritten sind und/oder Indikatorparameterwerte
deutlich überschritten sind und/oder es bestehen schwerwiegende Mängel an der Anlage.
Auflistung der Mängel, eventuell Verbesserungsmaßnahmen
Gutachten
unverzüglich
Maßnahmen ergreifen, um innerhalb von 30 Tagen
nachweislich (Kontrolluntersuchungen) Trinkwasserqualität wieder herzustellen
die zuständige Behörde (Lebensmittelaufsicht) informieren die Abnehmer nachweislich darüber in Kenntnis setzen und auf etwaige Vorsichtsmaßnahmen hinweisen (z.B.
Nutzungsbeschränkungen, oder Behandlungsverfahren wie das 3 Minuten lange Kochen bei Siedetemperatur)
Maßnahmen bei „nicht sicher“
Die Abnehmer entweder
mit der Wasserrechnung oder
über Informationsblätter der Gemeinden oder auf eine andere geeignete Weise
neu TWV Novelle 2017: auf elektronische Weise durch Veröffentlichung auf der Internetseite des Infoportals Trinkwasser (
www.trinkwasserinfo.at)zumindest über die Ergebnisse folgender Parameter informieren:
Nitrat, Pestizide*, pH-Wert, Gesamthärte °dH, Kalium, Chlorid Carbonathärte °dH, Kalzium, Magnesium, Natrium, Sulfat
* Wenn keine Untersuchung auf Pestizide erforderlich ist, muss auf diesen Umstand hingewiesen werden.
Jährliche Information an Abnehmer
§ 5 Z 4 Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage hat sicherzustellen, dass die Ergebnisse über die
durchgeführten Untersuchungen, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat, unverzüglich in das von der zuständigen Behörde dafür zur Verfügung gestellte Datensystem durch die
beauftragte Untersuchungsstelle elektronisch übermittelt werden.
Elektronische Übermittlung an Behörde
AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
www.ages.at
Gutachter, Inspektor
Beethovenstraße 6 A-8010 Graz
T +43 (0) 50 555-61305 bernd.obenaus@ages.at DI Bernd Obenaus