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Zurück auf null – Frankfurter Buchmesse auch für Bibliothekare? EDITORIAL

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Academic year: 2022

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www.b-i-t-online.de 20 (2017) Nr. 5 online

Bibliothek. Information. Technologie.

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EDITORIAL

Über viele Jahre hinweg haben Bibliothekarinnen und Bibliothekare und ihre berufspolitischen Verbände versucht, auf der Frankfurter Buchmesse eine regelmäßige Präsenz bibliothekarischer Themen und Foren zu etablieren und zu institutionalisieren. Der Erfolg war mäßig und die Aktivitäten verliefen schleppend. Denn die Buchmesse war doch für die allermeisten Berufskolleginnen und -kollegen in erster Linie eine Plattform für konkrete Gespräche und Verhandlungen mit den auf der Buchmesse ausstellenden Verlagen und Agenturen und weniger ein Treffpunkt für den bibliotheka- rischen Austausch.

Das allerdings war noch zu Zeiten, als jede Bibliothek ihren Literaturbestand nach eigenen fachlichen und finanziellen Maßstäben und Vorstellungen selbst aufbaute und

bestimmte. Entsprechend wurden Verhandlungen über den Kauf und die Lizensierung der zunächst noch gedruckten und später auch elektronischen Einzelprodukte für die jeweilige Bibliothek geführt und abgeschlossen. Doch diese Zeiten bibliothekarischer Autonomie und Selbstbestimmtheit in der Erwerbung sind längst vorbei. Nicht nur die Medien haben sich seitdem dramatisch verändert, sondern auch die Philosophie von Access, Holdings und Collection Management in den Bibliotheken, die Strukturen der Beschaffung und – ganz aktuell – die komplette Vorstellung, wie Wissenschaftskommunikation heute und morgen funktionieren soll. Eine detaillierte Bedarfsbestimmung von Beständen und Inhalten an einzelnen Universitäten und Forschungseinrichtungen scheint ebenso wenig mehr ein Ziel bibliothekarischen Handelns zu sein, wie die gezielte Finanzierung ausgesuchter Produkte. Im Überschwang der faktischen, aber nicht ausgerufenen Publikationsrevolution, gibt es für die Bibliothekare einzelner Einrichtungen praktisch nichts mehr zu verhandeln oder zu entscheiden.

Mit der herbeigerufenen Hilfe wissenschaftspolitischer Administratoren und Wissenschaftsmanager werden ganze Regionen, Länder und Kontinente in Big Deals gepackt, deren erhofftes Ergebnis der Zugriff aller auf alles ist. Ein schöner Internettraum, den Google seit Jahren vorgemacht hat, der lange und heftig von Bibliothekaren bekämpft wurde („Warum wir besser sind als Google“) und der jetzt doch von Bibliothekaren konsequent zu Ende geträumt wird. Ob und was von all diesen kostenlos und frei verfügbaren Inhalten noch zielgerichtet auf den einzelnen

Nutzer wissenschaftlicher Inhalte in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen dieser Welt ankommt und wie die allgemeine, steuerzahlende Öffentlichkeit von den Massen wissenschaftlicher Spezialpublikationen profitieren soll, ist ebenso ungewiss wie die Frage, was im Job der Bibliothekare (neben der buchhalterischen Abrechnung von APCs) noch bleibt.

Der letzte Gnadenstoß freilich, den Bibliothekare sich in dieser Situation noch geben können, ist der fatale Hinweis auf die Nutzung der illegalen Plattform Sci-Hub durch die Wissenschaftler, wenn der Zugriff auf Bezahlinformation durch die Bibliothek nicht mehr geleistet werden kann.

Das alles sind und waren Gründe, warum immer weniger Bibliothekare zur Buchmesse gekommen sind; nicht zuletzt aber auch deshalb, weil in den Bibliotheksetats nach Ab- schluss der großen Big Deals mit „Read and Write and Mind“

oftmals kein einziger Euro, Dollar oder Franken mehr übrig bleibt, um ausgewählte Literatur für alle „Nicht-Big-Deal- Disziplinen“ kaufen zu können.

Die Buchmesse und ihre Attraktivität für Bibliothekarinnen und Bibliothekare hat sich dramatisch gewandelt. Man kommt heute nicht mehr, um zu kaufen, sondern um zu diskutieren. Und das ist gut und wichtig, besonders in Zeiten grundlegenden Wandels. Deshalb tragen wir von b.i.t.online mit unserem b.i.t.Sofa in der Halle 4.2 gerne zur aktuellen Diskussion bei.

Ich lade Sie herzlich zu unseren Diskussionsveranstaltungen am Mittwoch, Donnerstag und Freitag auf der Buchmesse ein.

Es geht darin genau um die oben beschriebene Thematik:

„Verlegen in Zeiten der Transformation des Publikations- wesens: Der Aufstand der Buchhändler. Widerstand gegen die Transformation des Publikationswesens“ (Mittwoch, 11.10.2017, 12-13 h), „Kalter Krieg oder sanfte Annäherung?

‚DEAL‘ – Ein Jahr danach!“ (Donnerstag, 12.10.17, 12:00- 13:00 h) und „EBook-Lizenzmodelle in Öffentlichen Bibliothe- ken“ (Freitag 13.10.17, 12:00-13:00 h).

Das Team von b.i.t.online freut sich, Sie auf der Buchmesse begrüßen zu dürfen.

Herzlich Ihr Rafael Ball

Zurück auf null – Frankfurter Buchmesse auch für Bibliothekare?

Chefredakteur Dr. Rafael Ball Direktor der ETH-Bibliothek Zürich

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