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Das biopsychosoziale Modell in Bezug auf Essstörungen

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Academic year: 2022

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Diplomarbeit

Das biopsychosoziale Modell in Bezug auf Essstörungen

eingereicht von

Sarah Anna Haberl, MSc

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktorin der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.)

an der

Medizinischen Universität Graz

ausgeführt an der

Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin

unter der Anleitung von

Assoz. Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr.med.univ. Andreas Baranyi Univ.-Prof. Dr.med. Dr.scient.med. MSc Hans-Bernd Rothenhäusler

Graz, am 20.04.2021

(2)

i

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Graz, am 20.04.2021 Sarah Anna Haberl eh.

(3)

ii

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die mich bei der Erstellung meiner Diplomarbeit und während meiner Studienzeit unterstützt haben.

Ein großes Dankeschön geht an meinen Betreuer Assoz. Prof. Priv.-Doz. Mag.

Dr.med.univ. Andreas Baranyi, der mir bei allen Anliegen zu meiner Diplomarbeit weiterhelfen konnte und mich durch regelmäßiges Feedback unterstützte. Ich konnte immer innerhalb kürzester Zeit mit einer Antwort auf meine Fragen rechnen.

Außerdem danke ich Herrn Univ.-Prof. Dr.med. Dr.scient.med. MSc Hans-Bernd Rothenhäusler für die Mitbetreuung meiner Diplomarbeit.

Vor allem danke ich meiner Familie, die mir das Studium überhaupt erst ermöglicht hat und mich nicht nur finanziell, sondern auch emotional zu jeder Zeit unterstützte.

Ein ganz besonderer Dank geht an meinen Freund, der die letzten Jahre immer an meiner Seite stand und nicht nur die Erfolge, sondern auch die schwierigen Momente mit mir teilte.

(4)

iii

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

1.1 Arten der Essstörung ... 1

1.1.1 Anorexia Nervosa ... 1

1.1.2 Bulimia Nervosa ... 5

1.1.3 Binge-Eating-Störung ... 7

1.2 Das biopsychosoziale Modell ... 9

1.3 Einteilung nach Wade (2015) ... 10

1.4 Kritische Aspekte des biopsychosozialen Modells... 11

1.5 Das biopsychosoziale Modell - heute ... 12

1.6 Anwendung des biopsychosozialen Modells in der Praxis ... 12

2 Hauptteil ... 16

2.1 Der multifaktorielle Ansatz zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen ... 16

2.2 Einfluss biologischer Faktoren auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen ... 16

2.2.1 Genetischer Ansatz ... 16

2.2.2 Epigenetischer Ansatz ... 19

2.2.3 Psychoneuroimmunologische Prozesse ... 21

2.2.4 Neuroendokrinologische Mechanismen und die Darm-Hirn-Achse ... 23

2.2.5 Neurobiologische Mechanismen ... 28

2.2.6 Metabolische Mechanismen... 31

2.2.7 Geschlechtsunterschiede ... 32

2.3 Einfluss psychologischer Faktoren auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen ... 34

2.3.1 Evolutionspsychologischer Ansatz ... 34

2.3.2 Tiefenpsychologischer Ansatz ... 35

2.3.3 Kognitiv-behaviorale Ansätze... 35

2.3.4 Emotionsregulation und Coping-Strategien ... 42

2.3.5 Persönlichkeitsaspekte ... 43

2.3.6 Kontrollverlust ... 45

2.3.7 Komorbidität ... 46

2.4 Einfluss sozialer Faktoren auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen ... 50

(5)

iv

2.4.1 Life-Events/Stress-Events ... 50

2.4.2 Familiäre Faktoren ... 51

2.4.3 Peers ... 54

2.4.4 Diät ... 54

2.4.5 Sport ... 55

2.4.6 Medien ... 55

2.4.7 Soziokulturelle Einflüsse ... 57

2.4.8 Einfluss von COVID-19 ... 58

3 Diskussion ... 60

(6)

v

Abkürzungsverzeichnis

BGT Bechara Gambling Task

BMI Body-Mass-Index

DLPFK Dorsolateraler präfrontaler Kortex

DSM Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders fMRT Funktionelle Magnetresonanztomographie

HPA- Achse Hypothalamic-pituitary-adrenal axis/Hypothalamus-Hypophysen- Nebennierenrinden-Achse

ICD International Classification of Diseases

ICF The International Classification of Functioning, Disability and Health

PTBS Posttraumatische Belastungsstörung VLPFK Ventrolateraler präfrontaler Kortex WHO Weltgesundheitsorganisation

(7)

vi

Zusammenfassung

Die Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen werden von vielen unterschiedlichen biopsychosozialen Faktoren beeinflusst.

In der vorliegenden Arbeit wird der Einfluss dieser Faktoren unter Anwendung des biopsychosozialen Modells auf die Entstehung und Aufrechterhaltung der Anorexia Nervosa, der Bulimia Nervosa und der Binge-Eating-Störung näher beleuchtet.

Im Rahmen der biologischen Einflussfaktoren deuten Zwillingsstudien auf eine genetische Komponente in der Entwicklung einer Essstörung hin.

Neuroendokrinologisch zeigen sich bei Personen mit Anorexia Nervosa in einigen Studien eine Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden- Achse und eine verminderte Artenvielfalt des Darmmikrobioms im Vergleich zu gesunden Personen.

Veränderte kognitive Prozesse, vor allem die Aufmerksamkeitslenkung, spielen bei Personen mit Essstörungen eine Rolle. Es zeigt sich einerseits ein Aufmerksamkeitsbias in Richtung nahrungsbezogener Reize, andererseits kommt es nach der Fokussierung auf Nahrungsreize zu einem Vermeidungsverhalten und der Weglenkung der Aufmerksamkeit von negativ besetzten Reizen. Hinsichtlich der Persönlichkeitsaspekte weisen Personen mit Anorexia Nervosa eher Eigenschaften wie Perfektionismus und Neurotizismus auf. Impulsivität wird eher bei Personen mit Bulimia Nervosa beobachtet.

Soziale Faktoren, wie negative Lebenserfahrungen in der Kindheit und unsichere Eltern-Kind-Bindungen, können Risikofaktoren für die Entstehung einer Essstörung darstellen. Über soziale Medien kann die Vermittlung des Schlankheitsideals durch den Vergleich mit dem eigenen Körper zur Körperunzufriedenheit führen.

Im Zusammenspiel von biopsychosozialen Faktoren können prämorbide Vulnerabilitäten, belastende Lebensereignisse und medienvermittelte Körperideale zu einem Beginn oder einer Verstärkung von pathologischen Verhaltensweisen, wie zum Beispiel die Vermeidung der Gewichtszunahme, führen. Erweist sich das Verhalten als belohnend (z.B. durch positives Feedback), kommt es zu einer erhöhten dopaminergen Aktivität und die Tendenz, das Verhalten beizubehalten, steigt. Vor der Entwicklung einer Essstörungssymptomatik steht häufig ein

(8)

vii Diätverhalten, welches in weiterer Folge zu einer abnormen Nahrungskarenz führen kann und in Kombination mit der Persönlichkeitseigenschaft Perfektionismus, kognitiver Inflexibilität und/oder Körperunzufriedenheit zu einer Essstörung führen bzw. diese aufrechterhalten kann. Es kann vermutet werden, dass genetische Vulnerabilitäten erst gemeinsam mit Umwelteinflüssen (z.B. Medien, familiäre Faktoren) zu einer Veränderung von kognitiven Prozessen und in weiterer Folge zu veränderten Verhaltensweisen (z.B. Hungern) führen. Parallel dazu werden biologische Faktoren auch durch das Verhalten beeinflusst und wirken wiederum auf die Kognition und das Verhalten ein. Besonders die Pubertät stellt eine vulnerable Phase, aufgrund von hormonellen, körperlichen und metabolischen Veränderungen, für die Entwicklung einer Essstörung dar.

Das biopsychosoziale Modell besitzt durch die Vereinigung der drei genannten Faktoren (biologisch, psychisch und psychosozial) in Bezug auf Essstörungen eine gute Anwendbarkeit. Ein besseres Verständnis der Ätiopathogenese von Essstörungen kann so erreicht werden und könnte in Zukunft auch zu einer Verbesserung von Therapiemöglichkeiten bei Essstörungen beitragen.

(9)

viii

Abstract

The development and maintenance of eating disorders are influenced by many biopsychosocial factors. The impact of these factors explained through the biopsychosocial model on the development and maintenance of anorexia nervosa, bulimia nervosa and binge eating disorder is the main issue of this thesis.

In the context of biological factors twin studies show a genetic component in the development of eating disorders. Concerning neuroendocrinological aspects in some studies anorexic people show a dysregulation of the hypothalamic-pituitary-adrenal axis and a reduced diversity in species of the microbiome in comparison to healthy people.

Altered cognitive processes, especially attentional processes, are relevant in people with eating disorders. On the one hand there is an attentional bias to food-related stimuli, on the other hand after focusing on food-related stimuli there is a shift to avoiding these stimuli. Regarding personal traits people with anorexia nervosa are more perfectionistic and neurotic whereas people with bulimia nervosa are more impulsive.

Social factors like negative childhood experiences and emotionally unstable relationships between parents and the child could be risk factors for the development of eating disorders. The influence of the thin ideal by social media could lead to the comparison with the own body and consecutively to body dissatisfaction.

The interaction of the biopsychosocial factors could cause the beginning or maintaining of disordered eating like the avoidance of weight gain due to premorbid vulnerability, stressful life-events and media-based body ideals. If the disordered eating behaviour is associated with reward (for example due to positive feedback) the dopaminergic activity and the tendency to keep this behaviour increase. Before the development of eating disorders there is often a dietary restraint which could lead to abnormal food restriction and together with personal traits like perfectionism, cognitive inflexibility and body dissatisfaction resulting in developing or maintaining an eating disorder. It can be assumed that genetic vulnerability only together with environmental factors like media or family factors lead to changed cognitive processes and behaviour like starving. At the same time biological factors are

(10)

ix influenced by behaviour and in turn the biological factors are affecting the cognition and the behaviour. Especially the adolescence is a vulnerable time regarding the development of eating disorders because during this stage hormonal, physical and metabolic changes are occurring.

The practicability of the biopsychosocial model is good because of the three main factors (biological, psychic and psychosocial) connected to each other. A better understanding of the etiopathogenesis of eating disorders using the biopsychosocial model could be an improvement of the options for therapy in the future.

(11)

1

1 Einleitung

Essstörungen lassen sich in drei Hauptgruppen unterteilen: die Anorexia Nervosa, die Bulimia Nervosa und die Binge-Eating-Störung (Rothenhäusler & Täschner, 2012). Essstörungen können mithilfe der ICD-10 (International Classification of Diseases-10) oder DSM-V (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders-V) Kriterien diagnostiziert werden. Im ICD-10 finden sich die Essstörungen (u.a.

Anorexia Nervosa und Bulimia Nervosa) und ihre Unterteilungen im Formenkreis der

„Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren“ (Fleischhacker, 2012; Kasper et al., 2014). Des Weiteren wird im DSM-V auch die Binge-Eating- Störung im Kapitel der Essstörungen angeführt (Kasper et al., 2014).

1.1 Arten der Essstörung

1.1.1 Anorexia Nervosa

Die Anorexia Nervosa wird laut ICD-10 wie folgt beschrieben: „Die Anorexia ist durch einen absichtlich selbst herbeigeführten und/oder aufrechterhaltenen Gewichtsverlust charakterisiert“ (Dilling & Freyberger, 2001: S. 190).

1.1.1.1 Diagnostische Kriterien

Diagnostische Kriterien der Anorexia Nervosa anhand ICD-10 (F 50.0) sind in Tabelle 1 dargestellt (Dilling & Freyberger, 2001: S. 191):

A.

Gewichtsverlust oder fehlende Gewichtszunahme (bei Kindern),

Körpergewicht von mindestens 15% unter dem für das Alter und für die Körpergröße zu erwartenden Gewicht (Berechnung mittels Body-Mass- Index = BMI)

B. Gewichtsverlust ist selbstinduziert durch Vermeidung von „fettmachenden“

Speisen

C.

Selbstwahrnehmung als „zu dick“ einhergehend mit einer sich

aufdrängenden Furcht, zu dick zu werden. Betroffene wählen für sich selbst eine sehr niedrige Gewichtsschwelle.

(12)

2 D.

Endokrine Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse

(Amenorrhoe bei Frauen, Interessenverlust an Sexualität und Potenzverlust bei Männern)

E. Die Kriterien A. und B. für eine Bulimia Nervosa (F50.2) werden nicht erfüllt

Tabelle 1. Diagnostische Kriterien der Anorexia Nervosa anhand ICD-10 (Dilling & Freyberger, 2001:

S. 191).

Laut ICD-10 kann zwischen der Anorexia Nervosa ohne aktive Maßnahmen zur Gewichtsabnahme (F50.00), der Anorexia Nervosa mit aktiven Maßnahmen zur Gewichtsreduktion (z.B. Erbrechen, Abführen…) und der atypischen Anorexia Nervosa unterschieden werden (Dilling & Freyberger, 2001).

1.1.1.2 Epidemiologie

Die Anorexia Nervosa tritt vorwiegend in der „westlichen Welt“ (USA, Kanada, Europa, Australien) bei jungen Frauen in der Pubertät mit einer Punktprävalenz von 0,5% und einem Geschlechterverhältnis von 12-20:1 auf (Tölle & Windgassen, 2012:

S. 98). Da die Krankheit in vielen Fällen verheimlicht wird und meist keine Krankheitseinsicht besteht, kann man davon ausgehen, dass die Zahlen von Prävalenz- und Inzidenzstudien in der Realität höher sind (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 254). In Rothenhäusler & Täschner (2012: S. 374) werden zwei Erkrankungsgipfel der Anorexia Nervosa genannt, zum einen liegt der erste Gipfel bei jungen Mädchen im Alter von 14-15 Jahren und zum anderen findet sich der zweite Gipfel im Alter von 18 Jahren.

1.1.1.3 Ätiopathogenese

Der Entstehung von psychogenen Essstörungen, wie der Anorexia Nervosa, liegen multiple Faktoren zugrunde. Soziokulturelle, persönliche, entwicklungspsychologische und genetische Faktoren können in unterschiedlicher Ausprägung Einfluss haben (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 372). Folgende Risikofaktoren können, wie in Tabelle 2 dargestellt, bei der Entstehung einer Anorexia Nervosa eine Rolle spielen:

(13)

3 Generelle und soziale Faktoren

Geschlecht (♀)

Kulturelle Zugehörigkeit Bei Männern: Homosexualität Familiäre Faktoren

Elterliche Adipositas

Familiäre Kommunikation/Interaktion Ausgedrückte Emotionalität

Negative Lebensereignisse Sexueller/physischer Missbrauch Stressvolle Ereignisse

Biologische Faktoren Genetische Faktoren

Neuroendokrine und metabolische Störungen Veränderungen in der Rezeptordichte im Gehirn Veränderungen des Hunger & Sättigungsgefühls Psychologische Faktoren

Wunsch nach Diäten und extremen Sport Körperunzufriedenheit

Perfektionismus

Komorbide Depression und Angststörungen, komorbider Substanzmissbrauch Bindungsstil

Niedriges Selbstbewusstsein Entwicklungsfaktoren

Pubertät (kritische Phase)

Frühere Adipositas, hoher BMI (und oft damit einhergehend Mobbing bzgl. des Aussehens)

Angststörung und/oder problematisches Essverhalten in der Kindheit

Tabelle 2. In Anlehnung an die Tabelle 5 in Mangweth-Matzek et al. 2012: S. 255.

1.1.1.4 Klinik

Die Erkrankung der Anorexia Nervosa zeigt meist einen schleichenden Beginn (Holtkamp & Herpertz-Dahlmann, 2005). Zusätzlich zu den Leitsymptomen

(14)

4 Untergewicht und Körperschemastörung zeigt sich eine ablehnende und unversöhnliche Einstellung zur Nahrungsaufnahme (Tölle & Windgassen, 2012: S.

99). Betroffene versuchen strenge Diäten einzuhalten und trinken große Mengen an Wasser, anstatt zu essen. Dennoch steht das Thema Essen im Mittelpunkt, indem anorektische Personen gerne Rezepte sammeln, sich mit Essen beschäftigen und für andere kochen ohne selbst mitzuessen. Trotz der geringen Nahrungsaufnahme wird zusätzlich oft exzessiv Sport betrieben, denn das Gefühl des Zu-Dick-Seins ist trotz Untergewicht allgegenwärtig (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 373).

Zu den begleitenden Befunden und körperlichen Folgeerscheinungen zählen äußere Merkmale wie Haarausfall, Hypothermie, Hauttrockenheit, Lanugobehaarung, Petechien und periphere Ödeme. Im Rahmen der Laborbefunde lassen sich häufig eine Leukopenie, leichte Anämie, Hypercholesterinämie, Hypophosphatämie, Hyperamylasemine, Elektrolytstörungen, erhöhte Leberfunktionswerte und, bei selbst herbeigeführtem Erbrechen, eine metabolische Alkalose, Hypokaliämie und Hypochlorämie feststellen. In weiterer Folge können Bradykardie, Hypotension, Osteoporose und Zahnschäden auftreten. Bei Betrachtung des Hormonhaushaltes zeigt sich bei Frauen häufig ein niedriger Serum-Östrogen-Spiegel und bei Männern ein niedriger Serum-Testosteron-Spiegel (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 253).

Die Letalität bei Personen mit Anorexie liegt bei 10-15% und die Anorexie hat somit die höchste Letalität im psychiatrischen Bereich (Mangweth-Matzek et al., 2012: S.

256; Tölle & Windgassen, 2012: S. 99). Betroffene Personen verspüren kontinuierlich ein dominierendes Gefühl des Zu-dick-Seins (= Körperschemastörung) und eine große Angst vor einer Gewichtszunahme, die sich meist mit zunehmenden Schweregrad weiter verstärkt (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 252).

1.1.1.5 Therapie

Im Rahmen der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Psychotherapieverfahren stehen vor allem das Anstreben der Gewichtsnormalisierung (das Ziel ist meist eine Gewichtszunahme von 500-1000 Gramm wöchentlich), die Normalisierung des Essverhaltens und die Veränderung ungünstiger Denkweisen im Vordergrund.

Psychopharmaka werden bei einer Anorexia Nervosa mit psychiatrischen Komorbiditäten wie beispielsweise einer Depression empfohlen (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 256-257; Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 377). Bei Kindern und

(15)

5 Jugendlichen spielt vor allem die familienbasierte Therapie eine große Rolle (Berking

& Rief, 2012: S. 127).

Eine stationäre Aufnahme wird notwendig, wenn einer oder mehrere der folgenden Punkte vorliegen: Hypotension 90/60 mmHg, Bradykardie (unter 40 Schläge pro Minute), Tachykardie (über 110 Schläge pro Minute), Körpertemperatur rektal unter 35,5°C, Elektrolytentgleisung und bei starker psychiatrischer Komorbidität (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 256).

1.1.2 Bulimia Nervosa

Die Bulimia Nervosa wird laut ICD-10 wie folgt beschrieben: „Die Bulimie ist durch wiederholte Anfälle von Heißhunger und eine übertriebene Beschäftigung mit der Kontrolle des Körpergewichts charakterisiert. Dies führt zu einem Verhaltensmuster von Ess-Anfällen, gefolgt von Erbrechen oder Gebrauch von Abführmitteln“ (Dilling &

Freyberger, 2001: S. 193).

Die Bulimie entsteht in vielen Fällen durch eine Diät und dem Wunsch, ein paar Kilos abzunehmen. Wird kontinuierlich die Nahrungsaufnahme vermieden, kommt es zu Heißhungerzuständen, die durch übertriebene Nahrungszufuhr gestillt werden. Dies zieht in weiterer Folge eine Gewichtszunahme mit sich, die aber mit aller Kraft vermieden werden möchte. Daher werden Methoden wie das selbst induzierte Erbrechen ausprobiert und in vielen Fällen beibehalten, um der Gewichtszunahme entgegenzusteuern (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 259).

1.1.2.1 Diagnostische Kriterien

Diagnostische Kriterien der Bulimia Nervosa anhand ICD-10 sind in nachfolgender Tabelle 3 angeführt:

A.

Häufige Episoden von Fress-Attacken (mindestens zweimal pro Woche in einem Zeitraum von drei Monaten) bei denen große Mengen an Nahrung in sehr kurzer Zeit konsumiert werden

B. Andauernde Beschäftigung mit dem Essen, eine unwiderstehliche Gier oder Zwang zu essen

(16)

6 C.

Versuch, der Gewichtszunahme durch die Nahrung mit einer oder mehreren der folgenden Verhaltensweisen entgegenzusteuern:

1. Selbstinduziertes Erbrechen 2. Missbrauch von Abführmitteln 3. Hungerperioden

4. Gebrauch von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika

D. Selbstwahrnehmung als „zu dick“, mit einer sich aufdrängenden Furcht, zu dick zu werden

Tabelle 3. Diagnostische Kriterien der Bulimia Nervosa anhand ICD-10 (Dilling & Freyberger, 2001: S.

193).

Laut ICD-10 kann zwischen der Bulimia Nervosa (F50.2) und der atypischen Bulimia Nervosa (F50.3) unterschieden werden. Des Weiteren kann zwischen einer „Purging- Form“ mit selbstinduziertem Erbrechen und Maßnahmen, wie dem Gebrauch von Laxantien und Diuretika und einer „Nicht-purging-Form“ mit Einhalten von Diäten und Ausüben von exzessivem Sport unterschieden werden (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 374).

1.1.2.2 Epidemiologie

Die Bulimia Nervosa tritt wie die Anorexia Nervosa hauptsächlich bei jungen, pubertären Frauen auf. Die Punktprävalenz beträgt 1% und das Geschlechterverhältnis ist 8:1 (Tölle & Windgassen, 2012: S. 98). Im Vergleich zu der Anorexia Nervosa tritt die Bulimia Nervosa etwas später auf, meist im Alter zwischen 18-19 Jahren (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 374). Ungefähr ein Drittel der anorektischen Personen entwickeln im weiteren Verlauf eine Bulimia Nervosa (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 258).

1.1.2.3 Ätiopathogenese

Ähnlich wie bei der Anorexia Nervosa gilt auch bei der Bulimia Nervosa der multifaktorielle Ansatz, da es keine differenzierten Erklärungsmodelle gibt (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 260).

(17)

7 1.1.2.4 Klinik

Patient*innen mit Bulimia Nervosa leiden an immer wieder auftretenden Heißhungerattacken, bei denen extrem große Mengen an hochkalorischen Nahrungsmitteln verzehrt werden. Nach diesen Attacken wird dem Kontrollverlust meistens mit selbst induziertem Erbrechen entgegen gewirkt. Bulimische Personen weisen in den meisten Fällen ein Normalgewicht auf (Dilling & Freyberger, 2001: S.

193).

Als begleitende Befunde und Folgeerscheinungen können unter anderem Karies, eine Vergrößerung der Speicheldrüsen, eine periorale Dermatitis, Halsentzündungen, Hypophosphatämie, eine Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen, Hypochlorämie, Hypokaliämie (und in weiterer Folge Herzrhythmusstörungen), eine metabolische Alkalose, Obstipation, Ösophagitis, Aspirationspneumonie und Oligomenorrhö bei Frauen auftreten (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 374). Bei den körperlichen Symptomen kommen häufig beeinträchtigte soziale Kontakte und sozialer Rückzug vor, damit die Erkrankung vor Familie und Freunden geheim gehalten werden kann.

Bulimische Personen haben im Unterschied zu anorektischen Personen jedoch meist eine Krankheitseinsicht (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 258-259).

1.1.2.5 Therapie

Die Therapie der Wahl bei bulimischen Personen stellt der SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) Fluoxetin dar. Fluoxetin bewirkt eine Verminderung der Fressanfälle und reduziert in Folge das Erbrechen als Gegenmaßnahme. Zusätzlich zur pharmakologischen Therapie sind psychotherapeutische Verfahren, wie bei der Behandlung der Anorexia Nervosa, essentiell (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 377).

1.1.3 Binge-Eating-Störung

Die Binge-Eating-Störung kann als eine Erkrankung mit psychogenen Essattacken ohne Kompensation beschrieben werden (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 374).

1.1.3.1 Diagnostische Kriterien

Diagnostische Kriterien der Binge-Eating-Störung anhand DSM-IV in nachfolgender Tabelle 4 dargestellt:

(18)

8 1. Auftreten wiederholter Episoden von Fressanfällen mit Kontrollverlust über

das Essen

2. Deutlicher Leidensdruck aufgrund der Essattacken

3.

Fressanfälle treten gemeinsam mit mindestens drei der folgenden Symptome auf:

I) Deutliches schneller essen als normal

II) Essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl

III) Essen großer Nahrungsmengen, obwohl man keinen Hunger verspürt

IV) Alleine essen aus Verlegenheit über die Menge der Nahrungsaufnahme

V) Ekelgefühle gegenüber sich selbst oder Schuldgefühle nach dem Essen

4.

Fressanfälle treten durchschnittlich an mindestens zwei Tagen die Woche für sechs Monate auf, Fehlen von kompensatorischen Verhaltensweisen (z.B. exzessiver Sport, Fasten…). Die Fressanfälle treten nicht

ausschließlich im Verlauf einer Anorexia Nervosa oder Bulimia Nervosa auf.

Tabelle 4. Diagnostische Kriterien der Binge-Eating-Störung anhand DSM-IV (Rothenhäusler &

Täschner, 2012: S. 376).

1.1.3.2 Epidemiologie

Die Lebenszeitprävalenz der Binge-Eating-Störung beträgt 3-5% der Bevölkerung und sie beginnt am häufigsten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Das Geschlechterverhältnis Frauen zu Männern beträgt 3:2, ist also deutlich ausgeglichener als bei anderen Essstörungen (Hilbert, 2012: S. 139).

1.1.3.3 Ätiopathogenese

Sowohl biologische als auch psychosoziale Risikofaktoren spielen bei der Entstehung einer Binge-Eating-Störung eine Rolle. Mittels Familien- und Zwillingsstudien kann auch eine genetische Prädisposition vermutet werden. Es spielen ähnliche psychosoziale Faktoren (wie zum Beispiel familiäre Probleme oder psychische Vulnerabilität) wie bei anderen Essstörungen eine Rolle (Hilbert, 2012: S.

139).

(19)

9 1.1.3.4 Klinik

Betroffene Personen leiden an wiederholten Heißhungerattacken mit Kontrollverlust, häufig ausgelöst durch Langeweile oder Einsamkeit, ohne Gegenmaßnahmen wie es bei der Bulimia Nervosa der Fall ist. Daher sind Personen mit einer Binge-Eating- Störung in den meisten Fällen übergewichtig oder adipös (Rothenhäusler &

Täschner, 2012: S. 374). Die betroffenen Personen leiden jedoch, ähnlich wie bei der Anorexia Nervosa oder Bulimia Nervosa, an einem negativen Körperbild, haben Gewichtssorgen und entwickeln Schuldgefühle nach der Nahrungsaufnahme (Hilbert, 2012: S. 137).

1.1.3.5 Therapie

Ähnlich wie bei bulimischen Patient*innen bewirkt der SSRI Fluoxetin auch bei Personen, die an einer Binge-Eating-Störung leiden, eine Verminderung der Fressanfälle und in weiterer Folge des Übergewichts (Rothenhäusler & Täschner, 2012: S. 377).

1.2 Das biopsychosoziale Modell

Das biopsychosoziale Modell wurde erstmals 1977 von George L. Engel postuliert.

Seine Annahme war, dass das damals dominierende biomedizinische Modell nicht mehr ausreicht, um Krankheiten bestmöglich erkennen und behandeln zu können.

Das Hauptaugenmerk beim früher üblichen biomedizinischen Ansatz liegt darin, organspezifische Mechanismen einer Krankheit zu erkennen und soziale und psychologische Faktoren eher zu vernachlässigen (Lane, 2014). Dieser Ansatz vertritt die Annahme, dass eine Erkrankung auf nur eine Ursache zurückzuführen sei und dass körperliche und geistige oder seelische Probleme unabhängig voneinander bestehen würden (Wade, 2017). Diese dualistische Herangehensweise ist auch von George Engels kritisiert worden (Borrell-Carrio, 2004).

Um eine Beziehung zwischen biochemischen und klinischen Vorgängen herstellen zu können, benötigt es zusätzlich einen psychosozialen Zugang. Damit eine Krankheit besser verstanden werden kann, sollte das persönliche Umfeld der Patient*innen mit einbezogen werden. Das biopsychosoziale Modell ist ein holistischer Ansatz und basiert, wie schon der Name sagt, auf den Prinzipien der biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren (Engel, 1989). Mit diesem Modell wurde ein Ansatz im Umgang mit Patient*innen geschaffen, der großen Wert

(20)

10 auf Empathie legt und der den*die Patienten*in als Person wahrnimmt (Papadimitriou, 2017). Dabei muss betont werden, dass das biopsychosoziale Modell keinen Ersatz, sondern eine Erweiterung des biomedizinischen Modells darstellt (Wade, 2017; Borrel-Carrio, 2004). Aufgrund der weltweit steigenden Zahlen von chronischen Erkrankungen ist es wichtig, den Fokus verstärkt auf zielorientierte anstatt auf problemorientierte Behandlung und Versorgung zu richten. Die Arzt*Ärztin -Patient*in-Kommunikation spielt hier eine wesentliche Rolle, um die Ziele der Patient*innen zu evaluieren und um Patient*innen Mitspracherecht in der Behandlung zu gewähren (De Maeseneer & Boeckxstaens, 2012). Im patient*innenzentrierten Arbeiten ist die Stellung der Diagnose nur ein Teil der Aufgabe des*der Arztes*Ärztin. Zusätzlich hat der*die Arzt*Ärztin die Aufgabe, die Anliegen der Patient*innen in das weitere Vorgehen mit einzubeziehen (Borrel- Carrio, 2004).

1.3 Einteilung nach Wade (2015)

Um ein konkreteres Verständnis für das biopsychosoziale Modell zu schaffen, hat man versucht, dieses Modell in acht Teilkomponenten (jeweils vier, die den*die Patienten*Patientin selbst betreffen, und jeweils vier, die den Kontext betreffen) zu teilen (Wade, 2015):

Komponenten des*der Patienten*Patientin:

1) Pathologie: betrifft das Ausmaß der Erkrankung und den aktuellen Zustand des gesamten Körpers und des jeweiligen Organs

2) Beeinträchtigung: betrifft Symptome und den persönlich wahrgenommenen Gesundheitszustand des*der Patienten*Patientin

3) Teilnahme an der Gesellschaft: die eigene soziale Rolle und Interaktion mit anderen, beispielsweise in der Familie, mit Freunden oder bei der Arbeit

4) Aktivitäten: Verhalten in Bezug auf das Umfeld und in Interaktionen (Wade, 2015).

(21)

11 Komponenten im Kontext:

1) Persönlicher Kontext: Lebensziele, Einstellungen, Erfahrungen, Erlebnisse in der Vergangenheit, Ressourcen

2) Sozialer Kontext: lokale Kultur innerhalb der Familie, im Freundeskreis und der Arbeit und allgemeine Kultur, die auch Gesetze, Verpflichtungen und Recht beinhaltet

3) Zeitlicher Kontext – allgemein und bezüglich der Erkrankung: Zeitspanne seit Beginn der Erkrankung und das persönliche Lebensalter

4) Physikalischer Kontext: das unmittelbare Umfeld, wie beispielsweise Wohnort, Transportmöglichkeiten und ein unterstützendes Netzwerk (Wade, 2015).

1.4 Kritische Aspekte des biopsychosozialen Modells

Ein Kritikpunkt bezieht sich auf die Messbarkeit des Modells. Forscher*innen kritisieren, dass das biopsychosoziale Modell ein theoretisches Modell ist, welches nicht operationalisiert werden kann und somit die Anwendung in der Praxis erschwert. Des Weiteren sei das Modell zu allgemein formuliert, denn es können primär aus Zeitgründen nicht alle biopsychosozialen Informationen eines*einer Patienten*Patientin erfragt werden (Smith et al., 2013).

In Bezug auf die Messbarkeit des Modells, muss man festhalten, dass das biopsychosoziale Modell trotz der fehlenden Messbarkeit ein sehr nützliches und starkes Modell ist. Die Schwierigkeit in der Messbarkeit liegt darin, dass viele Aspekte des biopsychosozialen Modells subjektive Bewertungen sowohl des*der Patienten*Patientin als auch von Personen in deren Umfeld beinhalten (Wade, 2017).

Roy Grinker (Neurologe und Psychiater geprägt durch Freud) äußerte schon Jahre bevor George Engel den Begriff „biopsychosozial“ aufgriff, Kritik. Grinker kritisierte an dem Model, dass jede*r Anwender*in sich auf einen der drei Aspekte je nach Belieben fokussieren kann, da es keine Richtlinien für das Vorgehen gibt (Ghaemi, 2009). Es gibt jedoch auch Annahmen, dass Engel’s Intention nicht die Erschaffung eines neuen Modells war, sondern dass nur eine neue Perspektive, nämlich die der Arzt*Ärztin-Patient*innen-Beziehung, in den Mittelpunkt gerückt werden soll (Álvarez et al., 2012).

(22)

12

1.5 Das biopsychosoziale Modell - heute

Da das biopsychosoziale Modell trotz Kritikpunkten auch viele Vorteile bietet und den*die Patienten*Patientin nicht nur über seine*ihre Krankheit definiert, ist der biopsychosoziale Ansatz heute in vielen Sparten der Medizin präsent. Studien zeigen aber, dass die Kenntnis über das biopsychosoziale Modell und dessen Anwendung in der Praxis noch weit auseinander liegen. Die Gründe für eine Nichtverwendung könnten laut Richard D. Lane, ein ehemaliger Leiter der „American Psychosomatic Society“, die steigenden Gesundheitskosten, der Zeitmangel im Arzt*Ärztin- Patient*innen-Kontakt und ein mangelndes Verständnis bezüglich des biopsychosozialen Ansatzes sein (Lane, 2014). Der aktuelle Wissensstand des biopsychosozialen Modells von Personen, die im medizinischen Bereich tätig sind, sollte verbessert werden, um die Anwendung und die Effektivität des Modells erhöhen zu können (Van de Velde, 2016).

1.6 Anwendung des biopsychosozialen Modells in der Praxis

Um das biopsychosoziale Modell bestmöglich in den medizinischen Praxisalltag integrieren zu können, braucht es Methoden, die von allen Berufsgruppen im Umgang mit Patient*innen genutzt werden können. Smith et al. (2013) haben hierfür einen Leitfaden für ein strukturiertes Interview erarbeitet, welches die wichtigsten biopsychosozialen Aspekte von Patient*innen abdeckt, erwünschte Umgangsformen näher erläutert und Beispiele aufzeigt, wie man die Empathie erhöhen kann. Der Interview-Leitfaden lässt sich in eine patient*innenzentrierte Methode, die fünf Schritte und 21 Unterschritte umfasst, und eine arztzentrierte*ärztinnenzentrierte Methode, die sieben Schritte umfasst, einteilen. Der erste Schritt der patient*innenzentrierten Methode wäre das Schaffen einer geeigneten Gesprächssituation für das Arzt*Ärztin-Patient*innen-Gespräch wie beispielsweise den*die Patienten*Patientin zu begrüßen, sich selbst mit Namen und Funktion vorzustellen und den Namen des*der Patienten*Patientin im Gespräch zu verwenden. Schritte der arztzentrierten*ärztinnenzentrierten Methode wären das Erfragen von Informationen über familiäre Erkrankungen oder die aktuelle Wohnsituation zusätzlich zu den Informationen über die primäre Erkrankung.

Zusätzlich zu diesem Interview-Leitfaden wurden von Smith et al. (2013) noch

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13 weitere Punkte bezüglich der allgemeinen Haltung gegenüber Patient*innen erarbeitet, wie beispielsweise das Nutzen von offenen Fragen anstatt Suggestivfragen oder das Eruieren des Ziels, welches sich der*die Patient*Patientin für den Besuch bei dem*der Arzt*Ärztin gesetzt hat.

In einer fMRT-Studie konnte sogar gezeigt werden, dass Patient*innen weniger Schmerz auf einen Schmerzreiz angaben, wenn sie davor ein patient*innenzentriertes Gespräch mit dem*der Arzt*Ärztin führten, im Vergleich zu Patient*innen, die ein gewöhnliches klinisches Gespräch, wie es häufig im Krankenhausalltag vorkommt, geführt hatten. Bei den Patient*innen mit patient*innenzentrierten Gespräch zeigte sich eine deutlich verminderte schmerzassoziierte Aktivierung im linken anterioren Insula-Bereich (Sarinopoulos et al., 2013).

Ein weiterer Vorschlag, um die biopsychosoziale Herangehensweise in Kliniken zu verbessern, stammt von Freudenreich et al. (2010). Für eine bessere Anwendung des biopsychosozialen Modells im klinischen Bereich sollen drei Kernpunkte verinnerlicht werden:

1.) Neuroanatomisch denken!

Zum Beispiel kann man sich die Frage stellen, welches Gehirnareal für gewisse Symptome und dysfunktionale Verhaltensweisen verantwortlich sein dürfte, um eine passende Therapie wählen zu können

2.) Existentiell denken!

Um einem*einer Patienten*Patientin zu helfen, reicht es nicht, die Symptome alleine zu behandeln. Eine Krankheit geht meist mit einer mehr oder weniger großen Verunsicherung von Seiten des*der Patienten*Patientin einher und daher ist es essentiell, die Lebensumstände und die Bedeutung der Krankheit für die Person zu erfassen, um darauf reagieren zu können

3.) Der dritte Bereich bezieht sich auf die Möglichkeit der Entscheidungsfreiheit des*der Arztes*Ärztin eine Person zu behandeln, die kein Interesse an einer Kooperation bzw. kontraproduktive Verhaltensweisen zeigt (beispielsweise wenn ein*e Patient*Patientin geheilt werden möchte, aber selbst nicht dazu bereit ist, dafür

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14 Bemühungen oder Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen) (Freudenreich et al., 2010).

Ein Problem der Anwendbarkeit des biopsychosozialen Modells in der heutigen Zeit stellt womöglich nicht das Modell selbst, sondern die nicht vorhandene zeitliche Kapazität dar. Mit der Anzahl an Patient*innen ist es nicht möglich und zumutbar bei jedem einzelnen Patient*innenkontakt die Grundsätze des Modells anzuwenden (Herman, 2005). Im Rahmen einer Befragung des deutschen Meinungsforschungsinstitutes infas im Jahr 2014 gaben 80% der niedergelassenen Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen und Psychotherapeut*innen, die durchschnittlich bis zu zehn Patient*innen pro Tag behandeln, an, genug Zeit für die Patient*innen zu haben während es bei denjenigen Hausärzt*innen und Fachärzt*innen, die täglich mehr als 75 Patient*innen pro Tag behandeln, nur mehr 21% sind (Deutsches Ärzteblatt, 2014).

Ein Tool, welches sich als effizient in der Erhebung von Risikofaktoren besonders bei komplexen Patient*innen herausstellte und auf längere Sicht gesehen als zeitsparend gilt, ist INTERMED (Huyse et al., 2001). Dieses Format setzt sich aus einem vierdimensionalen Raster (biologisch, psychologisch, sozial und gesundheitssystemisch) zusammen. Diese Einflussfaktoren werden im Rahmen eines ungefähr 20-minütigen Interviews abgefragt und dadurch lassen sich Risikofaktoren der Patient*innen einschätzen. Die Vorteile beinhalten, dass auch nichtspezialisiertes Pflegepersonal das Interview durchführen und es auch außerhalb der Klinik im Praxisbereich eingesetzt werden kann (Huyse et al., 2001). Der Einsatz von INTERMED im Rahmen von Evaluierungen bei Patient*innen vor einer Transplantation zeigte gleich gute Ergebnisse als bisher verwendete Evaluierungstools in diesem Bereich. Als Vorteile von INTERMED wurden die gute Verständlichkeit und unkomplizierte Einsetzbarkeit genannt (Ludwig et al., 2014).

Wenn das INTERMED-Interview als Fragebogen zur Selbstbeurteilung des Versorgungsbedarfs (INTERMED self assessment) eingesetzt wurde, zeigte sich eine hohe Übereinstimmung mit dem INTERMED-Interview. Daher stellt auch der INTERMED-Fragebogen ein valides Screening-Tool für komplexe Patient*innen, für die ein geeigneter biopsychosozialer Versorgungsplan erstellt werden soll, dar (Boehlen et al., 2016).

(25)

15 Die WHO veröffentlichte 2002 einen Artikel über ein Werk, welches die Rahmenbedingungen bezüglich der Klassifizierung von Gesundheit verbessern soll:

„The International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF)“. ICF ist neben INTERMED ein weiteres Tool, welches das biopsychosoziale Modell in den Mittelpunkt rückt. ICF stellt nicht die Krankheit einer Person in den Mittelpunkt, sondern ihre Gesundheit und ihre Funktionalität. Der Fokus liegt nicht mehr nur auf der Ursache einer Krankheit, sondern vermehrt auf den Auswirkungen. Das Ziel ist, dass das Klassifikationstool ICD-10 gemeinsam mit ICF genutzt werden soll, um ein umfassenderes Bild von einer Person mit ihren Beeinträchtigungen zu erhalten. ICF basiert auf dem biopsychosozialen Modell und es versucht die medizinischen und sozialen Faktoren zu vereinen (WHO, 2002).

Jedoch stellen weder INTERMED noch ICF eine vollständige Erklärung des Menschen mit all seinen Komponenten dar. Diese Instrumente (ICF und INTERMED) versuchen jedoch auf Basis des biopsychosozialen Ansatzes diese Komponenten genauer zu klassifizieren und zu erfassen (Álvarez et al., 2012).

(26)

16

2 Hauptteil

2.1 Der multifaktorielle Ansatz zur Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung von

Essstörungen

Die Anorexia Nervosa wurde als erste Essstörung von Lasègue beschrieben und wurde anfangs als eine Krankheit mit sozialen und kulturellen Ursachen beschrieben (Collier & Treasure, 2004). Sie wurde zunächst als weibliche Neurose, die aufgrund einer dysfunktionalen Familie entstand, bezeichnet. 1979 wurde dann erstmals die Bulimia Nervosa von Russell beschrieben. In den 80er Jahren rückte der oft zwanghafte, gesellschaftlich geprägte „Wunsch nach dem Dünn-Sein“ in den Mittelpunkt der Diskussion über Essstörungen. Ab den 1990er Jahren wurden Essstörungen nicht mehr als rein weibliche Störung angesehen, sondern der Fokus lag verstärkt auf Geschlechterdynamiken, der Autonomie des Individuums und der sich wandelnden Gesellschaft (westliche Kulturen rückten in den Mittelpunkt). Als dann erste Zwillingsstudien eine genetische Komponente in der Entstehung von Essstörungen aufzeigten, gab es die nächste Wende. Obwohl derzeit noch viel Unklarheit über die Ätiologie von Essstörungen herrscht, wird anhand des aktuellen Forschungsstandes ein multifaktorieller Ansatz angenommen, der sowohl genetische, psychische als auch soziale Faktoren mit einbezieht (Collier & Treasure, 2004).

2.2 Einfluss biologischer Faktoren auf die Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen

2.2.1 Genetischer Ansatz

Basierend auf Zwillingsstudien konnte eine genetische Prädisposition der Anorexia Nervosa nachgewiesen werden. In Studien liegt die Konkordanzrate bei monozygoten Zwillingen bei 55%, hingegen bei dizygoten Zwillingen beträgt die Konkordanzrate nur 5% (Mangweth-Matzek et al., 2012: S. 256). In Familienstudien zeigte sich ein 10-fach erhöhtes Risiko an einer Essstörung zu erkranken, wenn Mutter oder Vater auch an einer Essstörung leiden. Die genetische Beteiligung muss

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17 mit Vorsicht interpretiert werden, da auch die Umweltfaktoren einen großen Beitrag zur Entwicklung einer Essstörung beitragen können (Himmerich et al., 2019).

Hinsichtlich der Bulimia Nervosa zeigte sich ein 3,7-fach erhöhtes Risiko für Verwandte, an einer Bulimia Nervosa zu erkranken, wenn ein Familienmitglied an einer Bulimia Nervosa leidet (Strober et al., 2000).

Genetische Einflüsse scheinen vor allem in der Pubertät einen stärkeren Einfluss zu haben als im kindlichen Alter. In einer Zwillingsstudie mit 772 Proband*innen konnten 6% der Varianz durch genetische Effekte bei Kindern im Alter von 11 Jahren erklärt werden. Bei Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren konnten jedoch 46%

der Varianz durch genetische Effekte erklärt werden (Klump et al., 2007).

Genetische Analysen von Beziehungen zwischen psychiatrischen Phänotypen ergaben, dass die Anorexia Nervosa signifikante positive Korrelationen mit der Zwangsstörung und der Schizophrenie aufweist. In dieser Analyse zeigte sich jedoch kein Zusammenhang der Anorexia Nervosa mit der Posttraumatischen Belastungsstörung und Angststörungen. Hinsichtlich kognitiv-behavioraler Phänotypen zeigten sich positive Korrelationen der Anorexia Nervosa mit Ausbildungsjahren und mit einem Hochschulabschluss (Anttila et al., 2018).

In kandidatengenbasierten genetischen Assoziationsstudien zu Polymorphismen konnten Veränderungen in folgenden Bereichen in Bezug auf die Anorexia Nervosa festgestellt werden:

 Neurotransmitter (Serotonin, Norepinephrin und Glutamat)

 Regulationsmechanismen des Hungergefühls (in Zusammenhang mit Leptin, Agouti-ähnliches Peptid AgRP, melanozytensstimulierendes Hormon α-MSH, melanocortin-4 Rezeptor MC4R, Neuropeptid Y und Ghrelin)

 Belohnungsprozesse bezüglich Essen (in Zusammenhang mit Opioiden, Cannabinoiden und Dopamin)

 Regulationsmechanismen des Energiemetabolismus

 neuroendokrines System

 immunologische Prozesse.

Im Rahmen der Bulimia Nervosa zeigten sich Zusammenhänge mit Polymorphismen:

 bei Genen für Ghrelin

 bei Genen für den Östrogenrezeptor ER2

 bei Genen für den Cannabinoidrezeptor CR1

 bei Genen, die mit Übergewicht assoziiert sind.

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18 Bei der Binge-Eating-Störung ergaben sich Assoziationen mit Polymorphismen:

 bei Genen für Serotonintransporter

 bei Genen für den Dopaminrezeptor D2

 bei Genen für den µ1-Opioidrezeptor

Diese Ergebnisse zeigen, dass biologische Faktoren eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der Essstörungen einnehmen. Um spezifischere Aussagen über die zuvor genannten Zusammenhänge treffen zu können, ist eine weitere Forschung notwendig (Himmerich et al., 2019).

In einer Datenanalyse bezüglich Genexpressionen bei Patient*innen mit Essstörungen wiesen die Ergebnisse darauf hin, dass das Gen GRIK3 (glutamate ionotropic receptor kainate type subunit 3) ein potentielles Risikogen bei Essstörungen darstellen könnte (Xu et al., 2019). Des Weiteren konnten in einer genomweiten Assoziationsstudie für die Anorexia Nervosa acht spezifische Genloci identifiziert werden. CADM1, MGMT, FOXP1 und PTBP2 sind die vier Genloci, welche die stärksten Hinweise für einen Einfluss zur Entstehung der Anorexia Nervosa lieferten (Watson et al., 2019). Außerdem konnte eine Assoziation der Anorexia Nervosa mit genetischen Veränderungen im Bereich des Metabolismus (wie zum Beispiel Insulinresistenz und Veränderungen im Lipidmetabolismus) festgestellt werden. Daher kann angenommen werden, dass metabolische Faktoren einen bedeutenden Einfluss im Rahmen der Erkrankung Anorexia Nervosa haben (Steiger & Booij, 2020).

Der Polymorphismus von 5-HTTLPR (= Serotonin Transporter Length Polymorphic Region), einer Promoter-Region des Serotonin-Transporter-Gens, rückte ebenfalls in den Mittelpunkt neuerer Forschungen. Es wird vermutet, dass Personen mit einem spezifischen Genotyp dieses Polymorphismus und zusätzlich sexuellen und physischen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit vermehrt dazu neigen, pathologische Essgewohnheiten auszubilden (Rozenblat et al., 2017). Im Rahmen einer Untersuchung von Personen mit Binge-Eating-Störung konnte außerdem festgestellt werden, dass ein Zusammenhang zwischen einer spezifischen Variante des 5-HTTLPR und Impulsivität besteht. Personen mit Binge-Eating-Störung, die ein kurzes Allel an der Promoter-Region 5-HTTLPR aufweisen, tendierten eher zur Impulsivität als Personen, die ein langes Allel an der Promoter-Region 5-HTTLPR hatten (Steiger, 2004).

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19 Genomweite Assoziationsstudien stellen eine Möglichkeit dar, Genvarianten in Bezug auf Essstörungen zu erforschen. Es wird jedoch vermutet, dass der Effekt von bestimmten essstörungsassoziierten Genvarianten zu klein sein könnte, um nachgewiesen werden zu können (Himmerich et al., 2019).

2.2.2 Epigenetischer Ansatz

Die Epigenetik erklärt, wie Funktionen des Genoms beeinflusst werden, ohne dass die DNA-Sequenz verändert wird. Bestimmte Gene werden zu einer bestimmten Zeit in bestimmten Zelltypen abgelesen und die Epigenetik beeinflusst, zu welchem Zeitpunkt welches Gen verwendet wird. Zur Epigenetik gehören Mechanismen wie die DNA-Methylierung und die Modifikation von Histonen. Eine erhöhte Methylierung bedeutet beispielsweise eine Blockierung und damit eine Inaktivierung von Genen.

Die Modifikation der n-terminalen Enden der Histone spielt bei der Verpackung der DNA in der Zelle eine Rolle. Acetylgruppen helfen den DNA-Strang zu lockern und machen die Gene an den jeweiligen Stellen lesbar. Je nachdem wie dicht oder locker der DNA-Strang gewickelt ist, desto mehr oder weniger zugänglich ist die DNA- Sequenz (Binder, 2019).

Umweltfaktoren, wie beispielsweise körperliche Berührungen oder negative Lebensereignisse, können einen Einfluss auf die Epigenetik haben. Körperliche Berührungen können zum Beispiel serotonerge Signalwege aktivieren, die zu einer erhöhten Bindung von Transkriptionsfaktoren im Promoter des Glukokortikoidrezeptorgens und damit zu einer verminderten DNA-Methylierung und zu einer erhöhten Transkription des Glukokortikoidrezeptorgens führen können. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass negative Lebensereignisse, wie zum Beispiel Missbrauch in der Vergangenheit, mit einer höheren DNA-Methylierung und einer verminderten Glukokortikoidrezeptorgen-Expression im Zusammenhang stehen im Vergleich zu Menschen, die nicht missbraucht wurden (Binder, 2019). Eine Hypermethylierung zeigte sich in einer speziellen Promoterregion des Wachstumsfaktors BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) Gens bei Frauen mit Bulimia Nervosa, die in ihrer Kindheit sexuelle oder physische Gewalt erfahren mussten (Steiger & Booij, 2020). Durch die Hypermethylierung kommt es zu einer verminderten Expression des Wachstumsfaktors BDNF, welcher für neuronale Plastizitätsprozesse und das Überleben von Neuronen verantwortlich ist. Da bei neuropsychologischen Erkrankungen häufig die Plastizität neuronaler Schaltkreise

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20 gestört ist, ist der Befund der erhöhten Methylierung von BDNF bei Personen mit Bulimia Nervosa nachvollziehbar (Brigadski & Lessmann, 2014). Bei Personen mit Anorexia Nervosa konnten während Hungerperioden geringere Mengen des Wachstumsfaktors BDNF nachgewiesen werden (Seitz et al., 2019). BDNF wirkt unter anderem auch auf die Stimmung, die Stresstoleranz und auf kognitive Vorgänge (Herpertz-Dahlmann et al., 2017). Ein spezifisches Allel des BDNF, das Met66 Allel, steht in einem signifikanten Zusammenhang mit Anorexia Nervosa, sowohl vom restriktiven als auch vom Binging-Typ, und Bulimia Nervosa. Eine weitere Assoziation wurde zwischen der -270C BDNF Variante und der Bulimia Nervosa festgestellt (Ribasés et al., 2004).

Des Weiteren zeigte sich eine Hypermethylierung im NR3C1 Gen (=

Glukokortikoidrezeptorgen) bei Frauen mit Bulimia Nervosa, die in der Vergangenheit suizidgefährdet waren (Steiger & Booij, 2020). Eine Aufgabe des Glukokortikoidrezeptorgens ist die Regulation der Stressantwort auf akuten und chronischen Stress über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse.

Diese Regulation kann durch eine Hypermethylierung des Glukokortikoidrezeptorgens gestört werden und in weiterer Folge zu dauerhaft erhöhten Kortisol-Leveln führen (Efstathopoulos et al., 2018).

Bereits pränatale Stressfaktoren können Veränderungen im Methylierungsmuster der DNA verursachen. Kinder von anorektischen Müttern weisen eine veränderte Methylierung im Vergleich zu Kindern von gesunden Müttern auf. Des Weiteren konnten veränderte Methylierungen der Glukokortikoidrezeptoren, die auch am Lipidmetabolismus und bei Entzündungen beteiligt sind, bei Kindern beobachtet werden, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft an einer Depression litten (Steiger & Booij, 2020).

In kandidatengenbasierten Studien konnten bei der Anorexia Nervosa veränderte Methylierungsmuster in Genen, die die Expression von Alpha-Synuclein, Dopamin, Oxytocin, Histon Deacetylase und Leptin steuern, festgestellt werden. In Bezug auf die Bulimia Nervosa fanden sich erhöhte Methylierungsmuster im Promoter des ANP (Atriales natriuretisches Peptid) Gens (Steiger & Booij, 2020). ANP als volumenregulatorisches und appetitregulierendes Hormon wies aber auch bei Personen mit Anorexia Nervosa eine erhöhte Methylierung der Promoterregion und damit einhergehend eine verminderte Genexpression auf (Toyokawa et al., 2012).

(31)

21 Epigenetische Veränderungen stehen auch in Verbindung mit kognitiven Prozessen und veränderter Aktivität im Gehirn. Der Wachstumsfaktor BDNF und dopaminerge Effekte können so die Leistung des Arbeitsgedächtnisses und die kognitive Kontrolle des Appetits bei Personen mit Anorexia Nervosa beeinflussen (Brooks et al., 2017).

Es wird angenommen, dass epigenetische Veränderungen auch einen Einfluss auf andere psychiatrische Erkrankungen, wie Depression, Sucht oder ADHS haben. In Bezug auf Essstörungen zeigten sich Hinweise für eine veränderte Expression von Dopamintransportern begleitet von einer veränderten Methylierung von Promotern.

Es fanden sich jedoch bei Untersuchungen epigenetischer Muster bei Personen mit Anorexia Nervosa gemischte Ergebnisse, was daran liegen könnte, dass epigenetische Mechanismen von tageszeitlichen, von saisonalen, von psychologischen Faktoren und von Medikamenten und auch Sport beeinflusst werden können (Helder & Collier, 2010). Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es keine eindeutigen Hinweise für spezifische epigenetische Muster in Bezug auf Essstörungen (Hirtz & Hinney, 2020).

2.2.3 Psychoneuroimmunologische Prozesse

Einen Anteil zur Entstehung von Essstörungen könnten die spezifische Stressantwort auf chronischen Stress und individuelle Unterschiede im Darmmikrobiom beitragen (Dalton et al., 2018; Rantala et al., 2019). Der häufige Zusammenhang zwischen autoimmunen und autoinflammatorischen Krankheiten mit Essstörungen bestärkt diese Annahme. Kinder und Jugendliche mit einer Autoimmunerkrankung oder autoinflammatorischen Erkrankung weisen ein höheres Risiko auf an Anorexia Nervosa oder Bulimia Nervosa zu erkranken (Zerwas et al., 2017).

Die Reaktion auf Stress wird durch die Neuroinflammation und durch das serotonerge System beeinflusst (Rantala et al., 2019). Eine Annahme ist, dass durch eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut („leaky gut“) Pathogene in den systemischen Kreislauf gelangen und die Produktion von peripheren und zentralen Zytokinen stimulieren können. Es ist jedoch nicht geklärt, ob eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut zu niedriggradigen, systemischen Entzündungsreaktionen führen kann oder ob dies umgekehrt der Fall ist. Die erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut kann durch Hungerperioden und eine erhöhte Anzahl an Bakterien, welche die Muzine der Darmschleimhaut angreifen, gefördert

(32)

22 werden (Herpertz-Dahlmann et al., 2017). Zytokine im Gehirn können durch verschiedene Mechanismen auf die Stimmung wirken. Sie können auf die neuronalen Netzwerke, die für die Regulation der Motivation, der motorischen Aktivität, der Stimmung und der Angst zuständig sind, wirken. Des Weiteren können sie auf Wachstumsfaktoren, die synaptische Plastizität und die Funktion von Glukokortikoiden im Rahmen des neuroendokrinen Systems wirken.

Ein weiterer Einfluss besteht auf das Neurotransmittersystem, welches unter anderem die Regulation von Serotonin und Dopamin steuert (Capuron & Miller, 2011). Proinflammatorische Zytokine können über verschiedene Wege die Selbstregulation (Steuerung von Aufmerksamkeit, Emotionen und Handlungen) beeinflussen. Ein Übermaß an proinflammatorischen Zytokinen kann unter anderem die eigenen Selbstregulationsstrategien, die Belohnungssensitivität, die Stresswahrnehmung und die Exekutivfunktionen negativ verändern (Shields et al., 2017). Proinflammatorische Zytokine, wie TNF-α und IL-6, kommen in höherer Konzentration bei Personen mit Anorexia Nervosa im Vergleich zu gesunden Personen vor (Dalton et al., 2018). Mögliche Ursachen dieser Veränderungen können auch akute, chronische und soziale Stressfaktoren sein (Himmerich et al., 2019). In einer Studie mit 23 Personen mit Anorexia Nervosa (in Behandlung) wurden die Konzentrationen von 25 unterschiedlichen Zytokinen über einen Zeitraum von einem halben Jahr untersucht. Dabei wurden Veränderungen bei zwei Zytokinen, IL-6 und IL-7, beobachtet. IL-6 verringerte sich zwischen der ersten Messung und 12 Wochen später und IL-7 erhöhte sich zwischen Woche 12 und Woche 24. TNF-α veränderte sich nicht signifikant. Da TNF-α mit psychischem Stress assoziiert ist, könnte dies daran liegen, dass der psychische Stress in der Studienpopulation aufgrund der Therapie nicht so stark ausgeprägt war als möglicherweise bei Personen mit Anorexia Nervosa in einer akuten Phase. Die Reduktion von IL-6 könnte in dieser Studie durch eine Verbesserung der Symptomatik erklärbar sein.

Das Ansteigen von IL-7 in dieser Studie kann jedoch nicht eindeutig interpretiert werden und bedarf weiterer Forschung, um die Wirkungsweise genauer deuten zu können (Dalton et al., 2019).

(33)

23

2.2.4 Neuroendokrinologische Mechanismen und die Darm- Hirn-Achse

Das sympathoadrenerge System und die Hypothalamus-Hypophysen- Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) spielen eine Hauptrolle in der Antwort auf Stressfaktoren (Negrão et al., 2000). Kommt es zum Auftreten eines Stressors, werden verstärkt Corticotropin-releasing Hormone (CRH) im Hypothalamus freigesetzt, die zu einer Sekretion von Adrenocorticotropin (ACTH) im Hypophysenvorderlappen führen. Dies wiederum führt zu einer Freisetzung von Glukokortikoiden in der Nebennierenrinde. Glukokortikoide bewirken eine Aktivierung des Glykogenabbaus in den Muskeln und damit die Bildung von Glukose in der Leber (Pschyrembel, 2016). Glukokortikoidrezeptoren, vor allem Mineralokortikoidrezeptoren, regulieren die Stressantwort und haben in weiterer Folge Einfluss auf die HPA-Achse (Wierenga et al., 2018). Im Rahmen einer Dysregulation der HPA-Achse bei Anorexia Nervosa kommt es zu einer Unterdrückung des Appetits und zu einem Gewichtsverlust bei Personen mit Anorexia Nervosa (Connan et al., 2003).

In Untersuchungen von Personen mit Anorexia Nervosa zeigten sich eine erhöhte Aktivität der HPA-Achse und eine reduzierte Aktivität des sympathoadrenergen Systems während einer akuten Phase der Erkrankung. Diese Ergebnisse sprechen für eine Asymmetrie zwischen diesen beiden Systemen hinsichtlich der Stressantwort. Soziale Stressoren, wie beispielsweise eine Abweisung durch Peers, scheinen eine Dysregulation der Stressantwort zur Folge zu haben (Chami et al., 2018).

Es besteht die Annahme, dass die HPA-Achse schon sehr früh 1.) durch genetische Faktoren und 2.) durch frühe soziale Erfahrungen beeinflusst wird, woraus sich eine verminderte Fähigkeit zur Stressregulation entwickeln kann, die das ganze Leben über bestehen bleibt (Connan et al., 2003). Eine erhöhte Aktivität der HPA-Achse kann auch durch Zytokine, die auch bei psychosozialem Stress vermehrt ausgeschüttet werden, ausgelöst werden (Capuron & Miller, 2011). Es gibt Hinweise, dass hypothalamische Hormone (vor allem CRH) im Zusammenhang mit Stresserleben und einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut stehen (Herpertz-Dahlmann et al., 2017). Diese Ergebnisse zeigen wie eng endokrinologische und immunologische Prozesse miteinander vernetzt sind und sich gegenseitig beeinflussen (Himmerich et al., 2019).

(34)

24 Epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass die Pubertät eine Zeitspanne darstellt, in der das Risiko an einer Essstörung zu erkranken, vor allem bei Mädchen, besonders hoch ist (Keel & Forney, 2013). Bei Eintritt in die Pubertät kommt es zum zusätzlichen Einfluss von Östrogen bei jungen Frauen. Östrogen spielt in der Bildung und Regulation des Serotonins und des CRH eine Rolle. Dies wiederum hat großen Einfluss auf die Stimmung, die Stressreaktion und die Regulation des Appetits (Connan et al., 2003). Studien deuten darauf hin, dass der Beginn der Pubertät und die Ausschüttung von Hormonen genetisch bedingte Risikofaktoren für die Entwicklung einer Essstörung aktivieren könnten. In einer groß angelegten Zwillingsstudie konnten bei Personen während der Pubertät bis in das mittlere Erwachsenenalter signifikante genetisch bedingte Effekte hinsichtlich der Entwicklung von essstörungsassoziierten Symptomen (wie zum Beispiel Gewichtssorgen) festgestellt werden. Diese Effekte wiesen bei Personen vor Beginn der Pubertät nur moderate Zusammenhänge auf. Diese Befunde weisen darauf hin, dass vor Beginn der Pubertät eher umweltbedingte Risikofaktoren für die Ausbildung einer Essstörung im Vordergrund stehen (Klump et al., 2010).

Hormonelle Schwankungen, ausgelöst durch den Menstruationszyklus von prämenopausalen Frauen, können Veränderungen des Appetits und Binge-Eating zur Folge haben. Dafür spricht, dass Appetitsveränderungen und Fressanfälle nach DSM-V auch ein Kriterium zur Diagnose des Prämenstruellen Syndroms darstellen (Dahlgren & Qvigstad, 2018).

Serotonin, ein Gewebshormon und Neurotransmitter, beeinflusst nicht nur die Stimmung und die Appetitregulation, sondern auch die Impulskontrolle. Es gibt Hinweise in der Literatur, die auf eine gestörte Aktivität des Serotonin (5-HT) Rezeptor Systems im Zusammenhang mit Essstörungen hindeuten (Kaye et al., 2009). Es zeigte sich auch eine erniedrigte 5-HT Aktivität bei Personen mit Bulimia Nervosa und eine geringere Wiederaufnahme von 5-HT (durch eine geringere Anzahl von Transportern) bei Personen mit Bulimia Nervosa, die eine höhere Impulsivität im Vergleich zu anderen Personen mit Bulimia Nervosa aufweisen (Steiger et al., 2001).

Bei Personen mit einer aktiven Anorexia Nervosa weisen einige Studien auf eine erhöhte 5-HT Aktivität hin. Die Studienlage bezüglich der Veränderungen der Aktivität

(35)

25 des 5-HT Rezeptor Systems bei Personen mit Anorexia Nervosa und Bulimia Nervosa zeigte jedoch uneinheitliche Ergebnisse (Steiger, 2004).

Ein verändertes Ausmaß der 5-HT1A und 5-HT2A Rezeptorbindungen ließ sich auch nach Genesung von einer Essstörung in bildgebenden Verfahren nachweisen (Jáuregui-Lobera, 2011). Ein exzessives Diätverhalten und Hungern könnten zusätzliche Auslöser sein, die zu einer Entgleisung des serotonergen Neurotransmittersystems führen (Holtkamp & Herpertz-Dahlmann, 2005). Ein dauerhaftes Diätverhalten kann so zu einer verringerten Verfügbarkeit der in Nahrung enthaltenen Aminosäure Tryptophan, eine Vorstufe des Serotonins, führen und in weiterer Folge die Synthese von Serotonin reduzieren. Diese Veränderungen können in weiterer Folge eine depressive Symptomatik und impulsives Verhalten hervorrufen (Haleem, 2012).

Ein weiteres Hormon, welches als „Kuschelhormon“ bekannt ist und bei Essstörungen eine Rolle spielen könnte, ist das Oxytocin. Während durch Serotonin die Oxytocinkonzentrationen erhöht werden können, kann durch Dopamin im Zusammenspiel mit Oxytocin die Aktivität im Belohnungszentrum beeinflusst werden.

Bei Personen mit Anorexia Nervosa konnte im akuten Stadium ein Oxytocindefizit nachgewiesen werden. Studien, die den Einfluss von Oxytocin auf Bulimia Nervosa untersuchten, zeigten eine reduzierte Nahrungszufuhr nach der Verabreichung von Oxytocin (Giel et al., 2018).

Eine Reihe von Zusammenhängen konnte außerdem zwischen Hormonen und dem Darmmikrobiom festgestellt werden. In der Studie von Neuman et al. (2015) wurden folgende Zusammenhänge aufgezeigt:

 Norepinephrin, Epinephrin, Dopamin, Östradiol und Progesteron  Einfluss auf Bakterienwachstum des Mikrobioms

 Norepinephrin, Epinephrin und Dopamin  Einfluss auf Wachstum des Biofilms im Darm

 Hormone können durch das Mikrobiom beeinflusst werden und das Verhalten, den Metabolismus, den Appetit und das Immunsystem modulieren

Der Einfluss auf Essstörungen durch das Darmmikrobiom rückte in letzter Zeit vermehrt in den Mittelpunkt von Forschungen. Eine ausreichende Vielfalt des Darmmikrobioms führt dazu, dass Energie aus der aufgenommenen Nahrung

(36)

26 gewonnen werden kann. Eine ausgewogene Ernährung in angemessenen Maßen führt wiederum zu einem vielfältigem Mikrobiom (Mörkl et al., 2018).

Da Forschungsergebnisse eine vielseitige Wirkungsweise der Darm-Hirn-Achse nahelegen, gewinnt die Darm-Hirn-Achse als Ursache und Aufrechterhaltung von verschiedenen Krankheiten an Bedeutung. Belege, die für die Wichtigkeit der Darm- Hirn-Achse sprechen, sind das Reizdarmsyndrom, welches häufig von psychischen Erkrankungen begleitet wird oder ein Diätverhalten (fettreiche Diät), das zu Veränderungen im Mikrobiom, zu verminderter synaptischer Plastizität und zu ängstlichen Verhaltensweisen in Mäusen führt (Sjögren et al., 2019). In einer Mausstudie erhielten keimfreie Mäuse das Mikrobiom von Personen mit Anorexia Nervosa und von gesunden Personen. Bei Mäusen, die das Mikrobiom der anorektischen Personen erhielten, konnten eine verminderte Gewichtszunahme, eine verminderte Nahrungszufuhr und vermehrt ängstliche und zwanghafte Verhaltensweisen im Vergleich zu den Mäusen mit dem Mikrobiom der gesunden Personen beobachtet werden (Hata et al., 2019).

Allgemein kann davon ausgegangen werden, dass das Darmmikrobiom durch chronische Nahrungsrestriktion, ein Ungleichgewicht der Nährstoffe, Nährstoffmangel und osmotische Veränderungen bei Personen mit Anorexia Nervosa im Vergleich zu gesunden Personen verändert ist (Bulik et al., 2019). Es gibt Hinweise, dass sich die Vielfalt des Mikrobioms und spezifische Spezien des Mikrobioms bei Personen mit Anorexia Nervosa von gesunden Personen unterscheiden. Ein vermehrtes Vorkommen eines speziellen Archaeons, genauer der Methanobrevibacter smithii, wurde bei Personen mit Anorexia Nervosa entdeckt (Schwensen et al., 2018). Der M.

smithii ist an der Spaltung von Polysacchariden aus Obst und Gemüse, welche Hauptnahrungsmittel von Personen mit Anorexia Nervosa darstellen, beteiligt (Sjögren et al., 2019). Zusätzlich besteht ein Zusammenhang zwischen Obstipation und diesem Archaeon (Schwensen et al., 2018). Fraglich ist, ob das Vorkommen des Archaeon M. smithii spezifisch für die Erkrankung der Anorexia Nervosa sein könnte oder eher mit der Obstipation assoziiert ist, welche auch bei Personen mit Anorexia Nervosa häufig vorkommt.

Hinsichtlich der Vielfalt des Mikrobioms existieren gemischte Ergebnisse. In einigen Studien erweist sich das Mikrobiom bei Personen mit Anorexia Nervosa als normal und in anderen Studien als reduziert (Sjögren et al., 2019). Eine weitere Studie hat die Vielfalt des Darmmikrobioms bei Personen mit Anorexia Nervosa,

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