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Newsletter für Engagement und Partizipation in Deutschland
14/2017
Dr. Antje Bischoff
Was tun, wenn’s brennt? Stiftungen in der Niedrigzinsphase
„Nicht nur Wohltun trägt Zinsen, auch Zinsen tun wohl“, lautet ein Aphorismus, den sicher viele Stiftungen bestätigen würden. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase hat der Bundesverband Deutscher Stiftungen jetzt sein StiftungsPanel rund um dieses Thema befragt und die Ergebnisse als Stiftungsfokus Nr. 11 veröffentlicht.
Der reale Kapitalerhalt wird für viele Stiftungen zur Herausforderung
In den Jahren 2015 und 2016 lagen jeweils mehr als 80 Prozent der befragten Stiftungen mit der Rendite ihrer Vermögensanlage über der jeweiligen durchschnittlichen Jahresinflations- rate. Inzwischen glauben nur noch rund zwei Drittel, 2017 mit ihrer Rendite die zum Befra- gungszeitpunkt prognostizierte Jahresinflationsrate von 1,5 Prozent übertreffen zu können;
bei kleinen Stiftungen mit einem Kapital bis zu 1 Million Euro sind es sogar nur 55,8 Prozent (n=120).
Jede fünfte Stiftung achtet bei der Vermögensanlage auch auf die gesellschaftliche Rendite Als eine von mehreren Handlungsoptionen in Zeiten niedriger Zinsen rückt die wirkungsori- entierte Vermögensanlage in den Fokus: 22,1 Prozent der befragten Stiftungen haben Teile des Vermögens wirkungsorientiert angelegt (n=231). Es gibt tatsächlich zahlreiche Stiftun- gen, die schon seit langem ‚Impact Investing‘ betreiben, ohne es so zu nennen. Das können Umweltstiftungen sein, die ihre Flächen unter naturschutzfachlichen Auflagen verpachten, oder die großen, traditionsreichen Anstaltsträgerstiftungen.
Wer bereits Teile seines Stiftungsvermögens wirkungsorientiert investiert, hat allerdings meist nur einen geringen Prozentsatz so verwendet: 43,1 Prozent der befragten Stiftungen haben unter 20 Prozent, 19,6 Prozent der Befragten insgesamt 20 bis unter 50 Prozent und 29,4 Prozent haben 50 Prozent und mehr ihres Vermögens wirkungsorientiert angelegt (n=51).
Niedrige Zinsen führen nicht unbedingt zur Ausweitung von Kooperationen und Fundrai- sing
Die Befragung des StiftungsPanels zeigt: Nur ein knappes Drittel der Stiftungen ist im Jahr 2016 Kooperationen eingegangen (31,8 Prozent), dagegen war dies laut einer Panel- Befragung 2014 bei über der Hälfte der Teilnehmenden der Fall (51,5 Prozent, n=169; Stif- tungsfokus Nr. 5). Aktuell kooperieren kleine Stiftungen deutlich seltener als große (24,2 Prozent, n=120 vs. 38,5 Prozent, n=135). Die drei häufigsten Kooperationspartner der Be-
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fragten sind (Mehrfachnennungen möglich): andere Stiftungen mit 75,3 Prozent, Vereine und Verbände mit 46,9 Prozent sowie Universitäten mit 30,9 Prozent (n=81).
Quelle: Bischoff, Antje; Ratajszczak, Antje: Stiftungen in der Niedrigzinsphase. Stiftungsfokus Nr. 11, Hg. v. Bundesverband Deutscher Stiftungen. Berlin 2017.
Fast 40 Prozent der befragten Stiftungen betreiben Fundraising (38,4 Prozent). Stiftungen, die nach Beginn der Niedrigzinsphase, d.h. nach 2009, gegründet wurden, werben übrigens nicht häufiger Mittel ein als diejenigen, die bis 2009 gegründet wurden (bis 2009: 38,5 Pro- zent, n=208; nach 2009: 38,3 Prozent, n=47).
Quelle: Bischoff, Antje; Ratajszczak, Antje: Stiftungen in der Niedrigzinsphase. Stiftungsfokus Nr. 11, Hg. v. Bundesverband Deutscher Stiftungen. Berlin 2017.
Nur knapp 30 Prozent der befragten Stiftungen planen, wegen der anhaltenden Niedrigzins- phase verstärkt zu kooperieren (27,1 Prozent). Ähnlich sieht es beim Fundraising aus, hier werden niedrige Zinsen nicht unbedingt zu einer Ausweitung entsprechender Aktivitäten führen: Weniger als ein Drittel der befragten Stiftungen möchten wegen der schlechten Er- tragslage mehr Mittel einwerben. Doch die Zahl derjenigen, die dazu nicht bereit sind, über-
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wiegt mit mehr als 40 Prozent. Wer bis dato wenig Affinität oder keinen Grund zum Fundrai- sing hatte, wird seine Einstellung dazu in der aktuellen Situation wahrscheinlich nicht än- dern.
Kooperation und Fundraising stellen also nur für manche Stiftungen und sicher nur zwei von mehreren möglichen Wegen in schwierigen Zeiten dar. Sie sollten demnach nicht reflexhaft als Stichworte genannt werden, wenn nach dem Umgang von Stiftungen mit der Ertragskrise gefragt wird. Die aktuelle Bestandsaufnahme zeigt vor allem eines: Stiftungen sind in unter- schiedlichem Maße von der Niedrigzinsphase betroffen und sie scheinen – vor allem in Ab- hängigkeit vom Stiftungskapital – verschiedene Wege zu gehen, um mit schwindenden Er- trägen zurechtzukommen. Eine Lösung für alle gibt es naturgemäß nicht.
Quelle: Bischoff, Antje; Ratajszczak, Antje: Stiftungen in der Niedrigzinsphase. Stiftungsfokus Nr. 11, Hg. v. Bundesverband Deutscher Stiftungen. Berlin 2017.
Eckdaten:
Erhebungsmethode: Online-Befragung unter den Teilnehmenden des StiftungsPanels Erhebungszeitraum: 25. Januar bis 7. Februar 2017
Stiftungen im Panel: 561 im Erhebungszeitraum Rücklaufquote: 45,6 Prozent
Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich alle Prozentangaben auf n=255.
Detaillierte Ergebnisse der Befragung sind im Stiftungsfokus Nr. 11 „Stiftungen in der Nied- rigzinsphase – aktuelle Zahlen und Fakten“ veröffentlicht.
Die digitale Reihe ist kostenfrei abrufbar unter www.stiftungen.org/stiftungsfokus.
Weitere Informationen: www.stiftungen.org/stiftungspanel
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Autorin
Dr. Antje Bischoff ist studierte Biologin und verantwortet die Stiftungsforschung im Bundes- verband Deutscher Stiftungen.
Kontakt: antje.bischoff@stiftungen.org
Weitere Informationen:
www.twitter.com/stiftungstweet www.facebook.com/bundesverband www.instagram.com/deutsche_stiftungen
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