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Studieren in Corona-Zeiten

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Academic year: 2022

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Ärzteblatt Sachsen 6|2020

Ich kann mich noch gut an den 4 . Feb- ruar 2020 erinnern, ein kühler Winter- abend mitten in der Prüfungsphase . Der Direktor des Instituts für medizini- sche Mikrobiologie, Hygiene und Virolo- gie der Medizinischen Fakultät Dres - den hatte zu einem außercurricularen Corona-Vortrag geladen . Wir Medizin- studierenden waren in Scharen gekom- men, um etwas über das neue SARS- CoV-2-Virus zu erfahren, von dem man bisher nur vereinzelt in den Medien und Fachzeitschriften gehört hatte . So saßen wir dort im überfüllten Hörsaal, dicht an dicht gedrängt, und lauschten einem Vortrag über etwas, das uns sehr weit entfernt und noch schwer greifbar erschien .

Gut drei Monate später hat sich vieles geändert – ein vollbesetzter Hörsaal ist derzeit undenkbar, SARS-CoV-2 be - stimmt den Alltag, erscheint ubiquitär

in privaten Gesprächen, Fern- seh- und Zeitungsberichten, in Forschung und Lehre . Ich stu- diere derzeit im 10 . Se mester Humanmedizin in Dresden und möchte mit den folgenden Zei- len einen kleinen Einblick geben, wie sich das Medizinstudium in Corona-Zeiten anfühlt und von Problemen, aber auch schönen, mutmachenden Momenten be - richten .

Die COVID-19-Pandemie stellt allerorten Universitäten vor große Herausforderungen; um Transmissionsketten so gering wie möglich zu halten, musste die Lehre innerhalb kürzester Zeit auf Online-Lehrangebote umgestellt werden . Für die Stu- diengänge Medizin und Zahn-

Studieren in Corona-Zeiten

Im Spagat zwischen Freiwilligeneinsatz und Onlineseminar

Medizinstudentinnen beim Einsatz auf einer Corona-Station

© L . Lerm

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Ärzteblatt Sachsen 6|2020

medizin gilt die Besonderheit, dass sie, zumindest in einem gewissen Umfang, zwingend Präsenzveranstaltungen er - fordern . Ein Sommersemester kom- plett ohne dieses Lehrformat würde aller Voraussicht nach zu Verzögerun- gen im Studienablauf und einer Verlän- gerung des Studiums führen . Letzteres ist in Zeiten von zunehmender „Ärzte- knappheit“ bei gleichzeitig hohem Per- sonalbedarf in Kliniken sehr ungünstig und wird auch seitens der Politik zu verhindern gesucht . Mit großem Ein- satz bemühen sich Studiendekanate und Lehrkoordinatoren derzeit, trotz der schwierigen Bedingungen, den Stu- dienablauf nicht zu verzögern und Leis- tungsnachweise zu ermöglichen, damit die Studierenden sich fristgemäß zu den jeweiligen Staatsexamina beim Landesprüfungsamt anmelden können – und dann auch zügig gen Praktisches Jahr und Arbeitsleben weiterschreiten können . „Digital Health“ und Telemedi- zin sind seit den letzten Jahren wich- tige Themen für Mediziner – durch Corona sind sie tatsächlich hochaktuell . In der universitären Lehre er scheinen meines Erachtens die Umsetzung und Digitalisierung der Lehrinhalte bisher jedoch noch sehr heterogen . Viele Fachbereiche und Kliniken widmen sich mit Elan und Kreativität der Erstellung neuer Formate, drehen in liebevoller Handarbeit Lehrvideos zu interessan- ten Fällen, geben praktische Hand- lungsanweisungen und Übungsaufga- ben, die wir (beispielsweise mithilfe von mal mehr, mal weniger freiwilligen Mit-

bewohnern als zu untersuchende Pati- enten) daheim studieren und auspro- bieren können . Leider kann man dieses herausragende Engagement nicht bei allen Akteuren im Lehrbereich finden . Mitunter erschweren auch technische Schwierigkeiten die virtuelle Lehre . Hinzu kommen die sich beinahe täglich ändernden Anweisungen von verschie- denen Ebenen – so müssen die medizi- nischen Fakultäten den häufig aktuali- sierten „Corona-Rich t li ni en/ -Gesetzen“

von Hochschulen, Ministerien, Gesund- heitsämtern und Universitätskliniken Rechnung tragen . Die Studierenden als kleinstes Glied der Kette fühlen sich dann manchmal wie ein Ruderboot auf hoher See, hin- und hergetrieben von wechselnden Stürmen, nicht ahnend, wie sich die nächste Zeit gestalten wird . Bei allen gelegentlich aufkom- menden Zweifeln ist uns aber natürlich bewusst, dass ein perfekt geplanter Semesterablauf, wie man ihn als Medi- zinstudent gewohnt ist, derzeit nicht realistisch und auch überhaupt nicht nötig ist . Oberste Priorität hat immer noch der Schutz von Risikogruppen, besonnenes und rücksichtsvolles Ver- halten, um Patienten bestmöglich schützen zu können und eine schlim- mere Erkrankungswelle als bisher unbedingt zu verhindern . Wenn zum Erreichen dieser Ziele ein Verzicht auf unsere bisher so reibungslosen Abläufe erforderlich ist, würden wir das sicher- lich so mittragen und versuchen, unsere Vorbildrolle als zukünftige Ärzte gut zu erfüllen . Ich habe mich, wie viele

meiner Kommilitonen für einen Freiwil- ligeneinsatz gemeldet . In Betriebsam- bulanzen, Leitstellen, infektiologischen Stationen sind Studierende anzutreffen, die sich während der Wartezeit auf die Fortsetzung des Semesters sinnvoll einbringen .

Als Studentin im 10 . Semester, in wel- chem in Dresden die Blockpraktika stattfinden, hatte ich mich schon seit Beginn des klinischen Abschnitts auf dieses lehrreiche, praxisnahe und hochrelevante Semester gefreut und kann ehrlicherweise nicht leugnen, dass ich ob der stark reduzierten prak- tischen Lehre etwas betrübt bin . Das Zahn- und Humanmedizinstudium lebt wie kaum ein anderer Studiengang von der Präsenzlehre . In meinen Augen lernt man durch tatsächliches Tätig- werden und Üben an Phantomen oder gar Patienten deutlich bereichernder und auch nachhaltiger als nur durch das Betrachten von Onlineangeboten (Lehrvideos, kommentierte Vorlesun- gen et cetera) . Dies sind selbstver- ständlich wichtige Tools, deren Ent- wicklung zukunftsweisend und dem- entsprechend auch voranzutreiben ist – dennoch wäre es mein großer Wunsch, wenn in Post-Corona-Zeiten wieder eine Rückbesinnung auf „haptische, praktische Lehre“ erfolgen könnte .

Luise Lotte Lerm Medizinstudentin (10 . Semester)

Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus Dresden

CORONA-PANDEMIE

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