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durch Business Software in der Kundenbeziehung Wettbewerbsvorteile

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Academic year: 2022

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Ralf Wölfle/Petra Schubert (Hrsg.)

Wettbewerbsvorteile

in der Kundenbeziehung

durch Business Software

Praxislösungen im Detail

Fallstudien Konzepte Modellierung

Das Kompetenzwerk der Schweizer Fachhochschulen für E-Business und E-Government

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Event in Basel (www.experience-event.ch) und dem Koblenzer Forum für Busi- ness Software (www.kofobis.de) präsentiert. Sie wurden wissenschaftlich aufberei- tet durch Business-Software-Experten der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, der Universität Koblenz-Landau, der Universität Bern, der Berner Fach- hochschule, der Fachhochschule St. Gallen, der Universität zu Köln, der Universi- tät der Bundeswehr München sowie von Experten aus der Praxis. Die Ecademy (www.ecademy.ch), das Schweizer Kompetenznetzwerk für E-Business und E-Government, unterstützt die eXperience-Initiative (www.experience-online.ch) ideell und finanziell.

www.hanser.de

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

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© 2008 Carl Hanser Verlag München Redaktionsleitung: Lisa Hoffmann-Bäuml Herstellung: Ursula Barche

Umschlaggestaltung: Büro plan.it, München

Datenbelichtung, Druck und Bindung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

ISBN: 978-3-446-41614-7

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1 Wettbewerbsvorteile in der Kundenbeziehung mit Business Software

Ralf Wölfle

Die Organisation eines Unternehmens ist ein Mittel zum Zweck. Der Zweck heisst Kundennutzen. Informatik ist ein Organisationsinstrument. Als solches kann In- formatik – und dabei insbesondere Business Software – einen Beitrag zum Kun- dennutzen leisten. Wenn dieser Beitrag mehr Nutzen schafft, als dies vom Kunden als marktüblich vorausgesetzt wird, kann Informatik einen Wettbewerbsvorteil ausmachen.

Der folgende Beitrag identifiziert potenzielle Wettbewerbsvorteile eines Anbieters und ordnet sie in Kapitel 1.1 den Phasen des Kaufprozesses von Kunden zu. In Kapitel 1.3 wird der Beitrag von Informatik und Business Software zum Erreichen dieser Wettbewerbsvorteile vertieft. Dabei gibt die Tabelle auf Seite 8 einen Über- blick über die Fallstudien dieses Buchs und die beschriebenen Bereiche, in denen die Unternehmen Wettbewerbsvorteile aufgebaut haben. Zuvor erfolgt in Kapitel 1.2 eine Diskussion der Problematik, die sich aus der Arbeitsteilung in Wertschöp- fungssystemen ergibt.

1.1 Quelle potenzieller Wettbewerbsvorteile

In der Kundenbeziehung zeigt es sich, ob ein Unternehmen bei seinen Kundinnen und Kunden ankommt. Ankommen heisst, im Moment eines Bedarfs als bester Anbieter angesehen zu werden und einen Verkauf abzuschliessen. Der Kaufent- scheid selbst mag in einem kurzen Moment fallen, aber er widerspiegelt die Sum- me aller Kenntnisse, Erfahrungen und Erwartungen, die der Kunde über das Ange- bot, dessen Anbieter und alle Alternativen hat. Damit Ankommen beim Kunden kein Zufall ist, versuchen Unternehmen, die relevanten Kaufaspekte zu identifizie- ren. Für den Erfolg des Unternehmens ist es unumgänglich, dass es sich in einigen dieser Aspekte vom Wettbewerb abhebt und dadurch Interessenten mit entspre-

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chenden Präferenzen als Kunden gewinnt. Welche Aspekte das sind, bestimmt die implizit oder explizit verfolgte Unternehmensstrategie. In allen anderen Aspekten sollte das Unternehmen mindestens das auf dem Markt übliche Leistungsniveau erreichen.

Das 5-Phasen-Modell von Kotler und Bliemel [1999] vermittelt eine ganzheitliche Sicht auf einen andauernden Verkaufsprozess. Analog zu diesem Modell, werden in Abb. 1.1 potenzielle Wettbewerbsvorteile einem 5-Phasen–Kaufprozess zuge- ordnet. Die Phaseneinteilung unterscheidet sich in einigen Punkten etwas vom Modell von Kotler und Bliemel.

Vereinbarungs- phase

Erfüllungs- phase

Treue- phase Anregungs-

phase

Informations- phase

Kauf/

Auftrag

Gute Konditionen

vorweisen

Zuverlässig und effizient abwickeln Einen besseren

Zugang zum Kunden finden

Ein tolles Angebot haben

Den Kunden möglichst lange

begleiten

Kundendienst Leistungsprozess

Absatzprozess

Neues Angebot Kundenprozess

Anbieterprozess

Weitere Käufe tätigen

Passende Folgeangebote unterbreiten

Abb. 1.1: Potenzielle Wettbewerbsvorteile mit Zuordnung zu einem 5-Phasen-Kaufprozess

In den folgenden Abschnitten wird die Bedeutung der Phasen erläutert, wobei die Kapitelüberschrift jeweils die zentrale Herausforderung für Anbieter benennt.

Einen besseren Zugang zum Kunden finden (1)

Ausgangspunkt jedes Verkaufs ist ein latentes Bedürfnis. Wer an einem heissen Sonntag in der Stadt unterwegs ist, könnte ein latentes Bedürfnis nach Abkühlung oder Erfrischung haben. Damit ist er ein potenzieller Kunde für Eiscreme, Geträn- ke, den Besuch eines Parks, Schwimmbads, Restaurants oder Museums mit kühlen Räumen. Wer als Produkthersteller Probleme mit seiner Lieferzuverlässigkeit hat, könnte ein potenzieller Kunde für Unternehmensberatung, Business Software, neue

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Quelle potenzieller Wettbewerbsvorteile 3

Maschinen, Service für bestehende Maschinen oder Outsourcing von Leistungen sein.

Erste Voraussetzung für einen Kauf ist deshalb, dass ein Angebot vom Kunden erkannt und mit dem latenten Bedürfnis in Verbindung gebracht wird. Durch die Assoziation kann ein vorher unbewusstes Bedürfnis bewusst werden, wobei eine wichtige Verknüpfung entsteht. „Ich habe Lust auf ein Eis“, sagt der Stadtbesu- cher, als er den Eiswagen sieht. „Ich glaube, wir brauchen eine neue Maschine“, denkt der Produktionsleiter, als er die Reparaturrechnung für die alte Maschine visiert. Hätte sich in diesem Moment ein Unternehmensberater in seine Aufmerk- samkeit bringen können, wäre der Gedanke vielleicht gewesen: „Ich glaube, wir sollten das mal untersuchen.“ Präsenz ist deshalb die wichtigste Massnahme für Anbieter, um einen guten Zugang zu Kunden zu finden.

Die Anregungsphase ist aus Anbietersicht die interessanteste Kontaktphase. In ihr sind Kunden in Bezug auf einen späteren Kauf noch am wenigsten festgelegt.

Ein tolles Angebot haben (2)

Ist die Aufmerksamkeit des Kunden gewonnen oder ist der Kunde bereits aus eige- ner Initiative auf der Suche, gilt es, das eigene Angebot aus der Vielzahl der Kon- kurrenzangebote hervorzuheben. Das kann sowohl auf der emotionalen als auch auf der rationalen Ebene erfolgen.

Begeisterung für ein Produkt oder eine Leistung ist die wertvollste Unterschei- dung, die ein Anbieter erzielen kann, denn sie lässt sich nicht gegen Geld aufwie- gen. Anknüpfungspunkt der Kundenbegeisterung ist die Marke. Sie verkörpert Werte und Einstellungen, die über die faktischen Produktmerkmale hinausgehen.

Die faktischen Produktmerkmale sind bei allen rational zumindest hinterfragten Kaufentscheidungen der Schlüssel dafür, ob ein Angebot zum Kauf erwogen wird oder nicht. Deshalb ist es für den Anbieter wichtig, die Produktmerkmale für die Informationsphase gut zugänglich zu machen. Ausserdem sollten die Produkte bei einer Kundensuche nach konkreten Merkmalsausprägungen leicht gefunden wer- den.

Gute Konditionen vorweisen (3)

Hat der Kunde bereits eine Kaufbereitschaft, entscheiden die konkreten Konditio- nen und Rahmenbedingungen eines Kaufs darüber, ob der Abschluss zustande kommt. Unter den Konditionen sind Preis und Verfügbarkeit resp. Lieferzeit die wichtigsten Kriterien – bei wiederholt benötigten Commodities sind sie kaufent- scheidend. In vielen Fällen sind kundenspezifische Preise und Konditionen wich- tig, wobei der Phantasie der Preisfindung keine Grenzen gesetzt sind. In anderen werden Preise nach Verhandlungen situativ angepasst, aufgrund von Nachfrage

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oder verfügbarem Angebot laufend verändert oder in Börsen dynamisch ermittelt.

Der beste Preis nützt nichts, wenn das Produkt gerade nicht verfügbar ist – Preis- vergleichsportale im Internet werden deshalb nicht zuletzt auch für Verfügbarkeits- recherchen genutzt.

Zu den weiteren Konditionen gehören die Nebenbedingungen des Vertrags, wozu Lieferkosten, Zahlungsbedingungen, Rücktrittsrecht, Garantie etc. gehören. Er- folgsfaktoren dafür sind Einfachheit, Schnelligkeit und Sicherheit.

Im geschäftlichen Bereich – Business to Business (B2B) – spielt die Kompatibili- tät von Geschäftsprozessen und Informationssystemen eine zunehmend wichtige Rolle. Vor allem häufig wiederholte Beschaffungsvorgänge, Teilprozesse wie die Rechnungsabwicklung oder die ganze Bewirtschaftung von Warengruppen sollen systemgestützt vollautomatisch abgewickelt werden. Dadurch werden Prozesskos- ten eingespart und Einstandskosten insgesamt reduziert. Anbieter, die z.B. im Be- reich von C-Gütern eine hohe Integrationskompetenz mit den Prozessen ihrer Kun- den aufweisen, können aufgrund dieser Kompetenz zu Rahmenverträgen mit kal- kulierbaren Umsätzen kommen.

In der Vereinbarungsphase werden alle emotionalen und rationalen Angebotsfakto- ren abgewogen und münden schliesslich in einer Entscheidung für oder gegen einen Kauf. Vor allem bei nahe beieinander liegenden Alternativen spielen die Intuition und emotionale Faktoren eine sehr grosse Rolle. Alle Versuche, Kunden so in Gruppen einzuteilen, dass ihr Verhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit vor- aussehbar wäre, sind bisher gescheitert. Kaufentscheidungen im Privatbereich sind voller Dynamik, Komplexität und Widersprüchlichkeit. Im professionellen Bereich sind viele Beschaffungsvorgänge definierten Prozessen mit eindeutigen Kriterien unterworfen, doch auch hier sind subjektive Haltungen und persönliche Präferen- zen von Bedeutung.

Zuverlässig und effizient abwickeln (4)

In der Erfüllungsphase werden die im Kaufvertrag eingegangenen Verpflichtungen erfüllt. Der Anbieter erfüllt durch Eigentumsübertragung oder Dienstleistung, der Kunde erfüllt durch Bezahlung.

Zahlungsausfälle wirken sich unmittelbar auf den Gewinn eines Unternehmens aus.

Das Management der Kreditrisiken und des Inkassos ist dementsprechend hoch zu gewichten.

Zuverlässige und effiziente Leistungsprozesse sind der Schlüssel nicht nur zur Erfüllung der Kundenerwartungen, sondern generell für den Erfolg des Unterneh- mens. Die Produktmerkmale, der Preis, die Verfügbarkeit, die Fähigkeit auf Ver- änderungen schnell und effektiv einzugehen, all das ist das Ergebnis des Zusam-

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Wettbewerbsvorteile im Wertschöpfungssystem 5

menspiels aller Beteiligten im Unternehmen, selbst wenn sie kaum in Kontakt mit Kunden kommen.

Bei Aufträgen, die in einem Verkaufsgeschäft oder durch Download spontan erfüllt werden, ist das Erfüllungsgeschäft nur der Schlusspunkt zu einer im Voraus er- brachten Leistung. Aufträge, die nicht spontan erfüllt werden, z.B. im Versandhan- del, ziehen beim Kunden nach der Bestellung eine Verunsicherung nach sich, ob die Leistung wirklich den Erwartungen entspricht. Der Anbieter kann diese Unsi- cherheit durch Transparenz reduzieren, indem er neben einer Auftragsbestätigung mit Meldungen über den Auftragsstatus informiert. Eine weitere Möglichkeit be- steht darin, Kunden Self Service Funktionalität für Selbstbeauskunftung zur Verfü- gung zu stellen.

Je länger die Erfüllungsphase dauert, desto grösser ist das Risiko, dass sich die dem Kaufentscheid zugrunde liegenden Voraussetzungen ändern. So gibt es im Versandhandel eine direkte Korrelation zwischen Lieferzeit und Rücksendungs- quote [ten Hompel/Siebel 2001]. Geschwindigkeit in der Anfragebearbeitung und Vertragserfüllung ist in vielen Branchen ein zentraler Erfolgsfaktor.

Den Kunden möglichst lange begleiten (5)

Das Erzielen erstmaliger Aufmerksamkeit bei potenziellen Kunden in der Anre- gungs- oder Informationsphase ist teuer. Konnte ein Anbieter einem Kunden seine Leistungsfähigkeit bereits einmal unter Beweis stellen, sind weitere Aufträge leich- ter zu erzielen als Aufträge von Neukunden. Voraussetzung ist, dass die Gelegen- heiten für Folgeaufträge erkannt und zum richtigen Zeitpunkt abgeholt werden.

Das Wissen aus bestehenden Kundenkontakten für die Gewinnung neuer oder profitablerer Aufträge ist das Ziel des Customer Relationship Management (CRM).

Verpflichtungen wie Garantieleistungen oder Folgegeschäfte wie Reparaturen sind Gegenstand des Servicemanagements. Serviceleistungen sind oft sehr personalin- tensiv und bedürfen deshalb einer besonders ausgereiften Organisation. Das Erzie- len von lukrativen Folgegeschäften kann ein Kriterium für die Produktgestaltung sein. Z.B. werden viele Tintenstrahldrucker sehr günstig verkauft und der Anbieter verdient erst am Verkauf der typgebundenen Tintenpatronen.

1.2 Wettbewerbsvorteile im Wertschöpfungssystem

In vielen Märkten erfolgt die Wertschöpfung über eine Kette mehrerer nacheinan- der tätiger Unternehmen (Supply Chain), bis die Leistung schlussendlich beim Endkunden ankommt. Vom Kauf des Endkunden lebt nicht nur das Unternehmen, das in der letzten Stufe direkt an ihn verkauft, sondern indirekt hängen auch alle vorgelagerten Stufen vom Kauf des Endkunden ab. Die über das gemeinsam er-

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zeugte und verkaufte Produkt miteinander verbundenen Unternehmen werden als Wertschöpfungssystem bezeichnet.

In einem Wertschöpfungssystem ist für jede Stufe die jeweils nächstfolgende Stufe Kunde. Jedes Unternehmen richtet sich im Wettbewerb auf diesen direkten Kunden aus und versucht, im Vergleich zu Wettbewerbern auf der gleichen Stufe Vorteile zu erzielen. Eine Ausrichtung auf den indirekt anvisierten Endkunden erfolgt nur insoweit, als dass die nächste Stufe die Anliegen der Endkunden ausreichend ver- tritt – wobei sie möglicherweise selbst keinen direkten Kontakt zu Endkunden hat.

Die Endkundenerwartungen betreffen sowohl den Kaufprozess als auch das Pro- dukt. Das entspricht den Hauptverantwortungen der beiden wichtigsten Rollen im Wertschöpfungssystem: der Systemhersteller ist für die Produkteigenschaften im Sinne des Endkunden verantwortlich, der Einzelhändler für die Merkmale des Kaufprozesses des Endkunden. Daneben kann es weitere Beteiligte auf weiteren Stufen geben, z.B. Komponentenhersteller oder Lohnfertiger auf der Produktions- seite, Distributoren oder Grosshändler auf der Absatzseite. Oft gibt es nicht nur einen Weg eines Produkts vom Hersteller zum Endkunden, sondern es bestehen mehrere Wege parallel nebeneinander.

Integration in der Supply Chain

Die Herausforderung für jedes Unternehmen besteht darin, sich in ein Wertschöp- fungssystem einzureihen, das im Sinne der Endkundenanforderungen eine optimale Struktur hat. Innerhalb dieser Struktur gilt es, die autonom gesteuerten Aktivitäten der einzelnen Stufen so aufeinander abzustimmen, dass in der Summe die Endkun- denerwartungen bei minimalem Ressourceneinsatz optimal erfüllt werden. Dieses Ziel wird im Supply Chain Management (SCM) verfolgt.

Supply Chain Management fokussiert dabei auf maximale Produktverfügbarkeit bei minimalen Lagerbeständen und optimaler Ressourcenauslastung. In der Umset- zung liegt das Schwergewicht auf der Daten- und Prozessintegration, die durch B2B-Integration, d.h. Koppelung der Warenwirtschaftssysteme der beteiligten Unternehmen, erzielt werden kann. Für Endkunden bewirkt Daten- und Prozessin- tegration eine hohe Produktverfügbarkeit bei vergleichsweise geringen Kosten.

Da heute in fast allen Produktgattungen eine grosse Zahl von Produktvarianten zur Auswahl steht, sind hohe Produktverfügbarkeit und geringe Kosten für Hersteller keine differenzierenden Leistungsmerkmale mehr. Insbesondere Systemhersteller suchen nach Unterscheidungsmerkmalen ihrer Produkte in der Masse. Diese Unter- scheidungsmerkmale können in objektiv sachlichen Produkteigenschaften liegen, z.B. dem geringen Gewicht eines neuartigen Aluminiumskistocks (vgl. Fallstudie SCOTT Sports, S. 67), oder eher subjektiv emotionaler Natur sein, z.B. indem das Lebensgefühl urban mobiler Kunden auf ein Produkt übertragen wird (vgl. Fallstu- die FREITAG, S. 47).

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Wettbewerbsvorteile im Wertschöpfungssystem 7

Die Entwicklung solcher Produktunterscheidungsmerkmale kostet Geld und würde der Überlebensfähigkeit der Hersteller zuwiderlaufen, wenn diese keine Werte erzeugen würden. Der Wert liegt in einer bestimmten Ausprägung von Unterschie- den, die bei einer bestimmten Motivkombination von Kunden Zustimmung oder sogar Begeisterung auslösen kann. Erst die zustimmungsauslösenden Merkmale machen ein Produkt zum Markenprodukt. Aus Sicht des Systemherstellers müssten die Informationen über diese Merkmale wie ein Lauffeuer durch die ganze Wert- schöpfungskette laufen, um schliesslich beim Endkunden ein Feuer zu entfachen.

Die Realität sieht häufig anders aus: der Systemhersteller erzielt mit teurem Pro- duktmarketing Aufmerksamkeit und Neugier für ein Produkt, die Interessenten gehen dann ins Kaufhaus und müssen dem Personal erst einmal erklären, um was es genau geht.

Während Supply Chain Management Methoden für Daten- und Prozessintegration bereitstellt, fehlt eine Methode für Werteintegration. Möglicherweise ist das der Grund für den Trend zu mehr vertikaler Integration.

Vertikale Integration

Bei der vertikalen Integration besitzt oder beherrscht ein Unternehmen auch die vor- oder nachgelagerten Stufen seiner Wertschöpfungskette. Ein prominentes Beispiel ist das spanische Modeunternehmen Zara (Inditex-Gruppe), das vom Mar- keting und Entwurf der Kollektionen über die Fertigung, Distribution bis zum Betrieb eigener Geschäfte ein eigenes Wertschöpfungssystem aufgebaut hat. Ein noch innovativeres Konzept hat Nespresso: Das Lifestyle-Produkt macht aus unzu- verlässigen Lebensmittelkonsumenten wieder treue Kunden, da die Anschaffung der Kaffeemaschine einen regelmässigen Kauf von Kaffeekapseln nach sich zieht.

Im Vergleich zum konventionell arbeitsteiligen Wertschöpfungssystem Kaffee erzielt der Lebensmittelhersteller Nestle mit Nespresso aus einem Pfund Kaffee ein Vielfaches an Wertschöpfung. Dabei wird der unabhängige Handel mit eigenen Nespresso-Boutiquen sowie Internet- und Telefon-Bestellservice weitgehend um- gangen.

Gestaltung von Wettbewerbsvorteilen

Wäre eine Innovation wie Nespresso im traditionellen Wertschöpfungssystem für Lebensmittel möglich gewesen? Die Frage zielt auf die Eignung von Organisati- onsformen in Wertesystemen für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen. „Ent- weder es gibt bessere Formen der Kooperation, oder es gibt noch mehr Vertikali- sierung.“ ist die Schlussfolgerung von David Bosshart, Direktor des Gottlieb Dutt- weiler Instituts [Bosshart 2007].

Ein Unternehmen in einer arbeitsteiligen Branche konkurriert nicht nur mit anderen Anbietern auf der gleichen Stufe, sondern steht auch im Wettbewerb des eigenen

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Wertschöpfungssystems mit anderen. Insbesondere für Unternehmen mit Gestal- tungseinfluss auf das Wertschöpfungssystem stellt sich deshalb die Herausforde- rung, gleichzeitig sowohl Wettbewerbsvorteile gegenüber der nächsten Stufe als auch gegenüber Endkunden aufbauen zu müssen. Diese Dualität gilt es zu beach- ten, wenn im nächsten Kapitel die Einsatzmöglichkeiten von IT-Instrumenten zur Realisierung von Wettbewerbsvorteilen behandelt werden.

Tab. 1.1: Fallstudien 2008 mit Zuordnung der Wettbewerbsvorteile

Fallstudie Branche/Produkte Tätigkeit Phase Wettbewerbsvorteile FREITAG Modeaccessoires

(Taschen)

Hersteller 1,2,4 Lifestyle-Produkt, Unikate, mehrere Verkaufskanäle SCOTT

Sports

Sportartikel und -bekleidung

Hersteller 2,3,4 Innovative Produkte, nach- fragegerechte Disposition, Kunden Self Services Ziehl-Abegg Maschinenbau

(Ventilatoren und Antriebsmotoren)

Hersteller 2,3,4 Konfigurierte Produkte, hohe Angebotsgeschwindigkeit auch für Produktvarianten ARP

Datacon

Computerprodukte Einzelhandel 1,2,3, 4,5

Mehrere synchrone Verkaufs- kanäle, Multilieferantenkatalog Rotronic Computerprodukte Gross- und

Einzelhandel 1,2,3,

4,5

Multilieferantenkatalog, Händlershops

Niggemann Food Frischemarkt

Lebensmittel (Frischeprodukte)

Grosshandel 2,3,4 Kundenindividuelle Beratung durch dynamische Informa- tionsbereitstellung John Handels-

gesellschaft

Sportartikel/

Spielwaren (Bälle)

Grosshandel 3,4 Automatisierung des Auf- tragseingangs

Valenzi Lebensmittel (Konserven und Tiefkühlprodukte)

Hersteller 2,3,4 Auskunftsfähigkeit und Fehler- vermeidung durch Informati- onstransparenz

kdmz Büromaterial, Druckerzeugnisse

Einzelhandel 2,3,5 Produktempfehlungen, Unter- stützung bei Sortimentsopti- mierung

buch.ch Buchhandel, Me- dien

Einzelhandel 1,2,5 Community-Plattform

BDO Visura / UFD AG

Treuhand- dienstleistungen

Dienstleister 2,4,5 Gemeinsam genutzte IT-Plattform für Business Process Outsourcing swisspayroll /

Bell

Personal- dienstleistungen

Dienstleister 4,5 Gemeinsam genutzte IT-Plattform für Business Process Outsourcing Swiss Post

Solutions / cablecom

Dienstleistungen für Logistik - und Zahlungsverkehr

Dienstleister 4,5 Gemeinsam genutzte IT-Plattform für Business Process Outsourcing

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Beitrag der IT zur Realisierung potenzieller Wettbewerbsvorteile 9

1.3 Beitrag der IT zur Realisierung potenzieller Wettbewerbsvorteile

Bei allen Fallstudien in diesem Buch verfolgten die vorgestellten Unternehmen das Ziel, mit Hilfe IT-unterstützter organisatorischer Massnahmen Wettbewerbsvortei- le zu erzielen. Tab. 1.1 zeigt die Fallstudien in der Übersicht, nennt die Bereiche, in denen die beschriebenen Wettbewerbsvorteile liegen und ordnet sie den Phasen der Kundenbeziehung zu, an die sie anknüpfen.

In den folgenden Ausführungen soll der potenzielle Beitrag der Informatik zur Lösung der Herausforderungen für Anbieter vorgestellt werden.

Einen besseren Zugang zum Kunden finden (1)

Ein Erstkontakt hat dann Erfolgsaussichten, wenn der potenzielle Kunde ein laten- tes Bedürfnis hat, das zum Angebot des Anbieters passt. Da weder Zeitpunkt noch Ort dieses Bedürfnisses vorausgesagt werden können, ist in vielen Branchen eine grosse Zahl von Kontaktmöglichkeiten wichtig. Im Idealfall wäre ein Anbieter omnipräsent, d.h. an allen Orten physisch und über alle Kanäle kommunikativ präsent: online, in Geschäften, persönlich via Aussendienst/Agent, telefonisch, per Fax/Post/E-Mail/SMS, katalogbasiert, über Plakat- und Inseratwerbung etc.

Die Fähigkeit, eine grosse Zahl von Kontaktstellen und Kommunikationskanälen zu verwalten und zu unterhalten kann wirksam durch geeignete Business Software – in der Regel CRM-Systeme – unterstützt werden. Die Aufgabe besteht primär darin, die Botschaften des Anbieters konsistent und aktuell an die Kontaktstellen zu verteilen und im Gegenzug die Kontakte aufzugreifen und einer zentralen Erfas- sung und Veredlung zuzuführen. Veredlung heisst dabei, aus den selbst oder von Dritten erworbenen Rohkontakten diejenigen herauszufiltern, die ein Geschäftspo- tenzial aufweisen. Dementsprechend werden Neukontakte differenziert und zielge- richtet bearbeitet (vgl. Fallstudie ARP Datacon, S. 103). Kampagnen werden sys- tematisch ausgewertet und mit Kennzahlen versehen. Dadurch kann ihre Wirksam- keit überprüft werden und gewonnene Erkenntnisse fliessen in die Konzeption neuer Kampagnen ein.

Das höchste Potenzial auf Omnipräsenz hat das World Wide Web – sofern der potenzielle Kunde im Moment der Bedarfsentstehung das Internet nutzt. Online- marketing bietet spezifische Werbemöglichkeiten. Diese knüpfen an das Verhalten des Nutzers an, indem sie die aufgesuchten Websites, Suchbegriffe oder Verhal- tensweisen interpretieren und passende Werbung dazu assoziieren. Die entstehen- den Kontaktmöglichkeiten werden professionell vermarktet, teilweise durch spe- zialisierte Vermittler. Google wurde durch die Kompetenz zur Kontaktvermittlung in wenigen Jahren zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt.

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Kontakte im World Wide Web können direkt in einen Kaufabschluss überführt werden. Kann die Leistung auch digital erbracht werden, z.B. als Download von Musiktiteln, kann die gesamte Transaktion über alle Phasen ohne Unterbruch onli- ne abgewickelt werden.

Die Frage nach dem „Besitz“ des Endkunden in einem Wertschöpfungssystem wird durch E-Commerce verschärft. Ein Markenanbieter, der das Internet zur Kon- taktgewinnung nutzt, kann die Kontakte selbst verwerten oder dem geeigneten Partner im Wertschöpfungssystem vermitteln. Bei einem Online-Händlershop stellt ein Anbieter der nächsten Handelsstufe E-Shop-Funktionalität zur Verfügung, damit diese die Produkte unter eigenem Namen besser verkaufen kann (vgl. Fall- studie Rotronic, S. 119). Aber allein die Möglichkeit, dass der Markenanbieter durch E-Commerce Handelsstufen überspringen könnte, belastet die Beziehungen in Wertschöpfungssystemen.

Ein tolles Angebot haben (2)

Die Informationsphase ist für die elektronische Datenverarbeitung prädestiniert, denn primär geht es darum, vorhandene Informationen weiterzugeben. In einem verteilten Wertschöpfungssystem stellt sich die Frage, ob die gebündelte Kompe- tenz tatsächlich beim Kunden ankommt, oder ob an den Übergängen zu hohe In- formationsverluste auftreten. Aus Sicht von Markenanbietern ist es besonders wichtig, dass auch Leistungsmerkmale vermittelt werden, die sich nicht in struktu- rierten Produktmerkmalen abbilden lassen. Dafür sind die Verkaufsumgebung und die Kompetenz der Mitarbeitenden mit Kundenkontakt wichtig. Online kann der Markenanbieter selbst für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen, offline ist das nur über Anleitung und Qualifizierung der Mitarbeitenden – auch bei Handelspart- nern – möglich.

Informationsempfänger sind unmittelbar Kunden oder mittelbar Mitarbeitende an verschiedenen Standorten eines Unternehmens, einer Unternehmensgruppe oder eines Wertschöpfungssystems. Ebenfalls als Datenempfänger können verschiedene Kommunikationskanäle angesehen werden, z.B. Print- oder Onlinekataloge. Ver- mittelt werden können Informationen zu Produkten, zu Aufträgen, zum Unterneh- men und vieles mehr. Um Mitarbeitende in verteilten Unternehmen zu schulen, können E-Learning-Lösungen eingesetzt werden [vgl. Gröhbiel et al. 2006]. Solche Schulungen sind für eigenes und fremdes Personal möglich. Eine weitere Option sind Systeme zur detaillierten Führung von Mitarbeitenden durch Geschäftsprozes- se, wie es z.B. in Call Centern praktiziert wird. Call Center sind ein Kommunikati- onskanal mit zunehmender Bedeutung, denn sie verschaffen Kunden einen orts- unabhängigen Zugang zu Informationen (vgl. Fallstudie Swiss Post Solutions/

cablecom, S. 253). Die Informationsplattformen, die den Mitarbeitenden in Call Centern zur Verfügung stehen, können häufig auch Ausgangspunkt für Customer Self Services sein.

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Beitrag der IT zur Realisierung potenzieller Wettbewerbsvorteile 11

Die redaktionellen Prozesse im Zusammenhang mit der Aufbereitung von Informa- tionen können auch bei hoher Automatisierung noch sehr arbeitsintensiv sein (vgl.

Fallstudie ARP Datacon, S. 103). Der grösste Teil der Informationsbasis sind Pro- duktdaten, die ihren Ursprung in verschiedenen Quellsystemen haben und nach Regeln zusammengeführt werden müssen (vgl. Fallstudie Rotronic, S. 119). Re- daktionssysteme und Anwendungen für Produktdatenmanagement beinhalten häu- fig auch Kollaborationsfunktionen, z.B. Workflowunterstützung.

Ein weiterer wichtiger Effekt ist, dass Anbieter Waren anbieten können, über die sie nicht physisch, sondern nur als Information verfügen. So wird die Breite des für Kunden zugänglichen Sortiments enorm vergrössert, ohne dass dem Anbieter Kos- ten für zusätzlich bewirtschaftete Artikel entstehen. Anderson nennt diesen Effekt

„The Long Tail“ [Anderson 2006].

Mit der Grösse des Angebots wächst die Unübersichtlichkeit. Um ihren Kunden primär solche Angebote vorzustellen, die für diese auch interessant sind, arbeiten Anbieter an der „Personalisierung“ ihrer Kommunikation (vgl. Fachbeitrag von Leimstoll und Okonek, S. 177). Mit Hilfe von mathematischen Methoden werden wahrscheinliche Kundenpräferenzen ermittelt und über eine Reihe von Regeln in Empfehlungen umgewandelt. Die Empfehlungen können online oder offline, z.B.

durch Mitarbeitende im Verkauf, an den Kunden herangetragen werden. Ihr Zweck kann in der Anregung von Zusatzverkäufen oder auch in der Heranführung der Kunden an ein Kernsortiment liegen (vgl. Fallstudie kdmz, S. 187).

Für die Erzielung von Aufmerksamkeit oder gar Begeisterung ist nicht nur wichtig, was gesagt wird, sondern auch wie und von wem. Zu Wort kommen soll deshalb nicht nur der unpersönliche Produktkatalog des Anbieters, sondern auch die Mei- nung konkreter Personen, insbesondere von Kunden. Indem diese Produkte bewer- ten und mit ihren eigenen Worten kommentieren und verschlagworten, erhalten Interessenten einen persönlichen Zugang zu Produkten. Onlinelösungen, die Kun- den solche Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen, werden Web 2.0 Anwendungen genannt (vgl. Fallstudie buch.ch, S. 201). Erste Erfahrungen mit dieser jungen Gattung von Internetanwendungen zeigen, dass viele Interessenten den Bewertun- gen anderer Nutzer mehr Glaubwürdigkeit einräumen als dem Anbieter. Über rein textbasierte und strukturierte Produktinformationen hinaus gewinnen auch grafi- sche Darstellungen, z.B. in Form von Tag Clouds, oder multimediale Angebote an Bedeutung (vgl. Rundum-Produktansichten bei FREITAG Taschen, S. 47).

Gute Konditionen vorweisen (3)

Wenn eine grundsätzliche Kaufbereitschaft besteht, sind Preis und Verfügbarkeit die wichtigsten Entscheidungskriterien. Beide werden in den ERP-Systemen der Anbieter geführt: Verkaufspreise typischerweise in Vertriebsmodulen, Verfügbar- keit in Warenwirtschaftsmodulen. Die Trennung von Informationsfluss und Wa-

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renfluss hat zur Folge, dass die Warenwirtschaftsinformationen von einer oder auch mehreren anderen Organisation kommen können und damit ihren Ursprung nicht in den Systemen des Anbieters haben. Die Verkaufspreise sind immer öfter volatil, schwanken extern bedingt mit Einstandspreisen oder Wechselkursen oder intern bedingt entsprechend der Verkaufspolitik des Anbieters. Informationen zu Preis und Verfügbarkeit sollten über alle vom Anbieter genutzten Kommunikati- onskanäle aktuell und konsistent bereitgestellt werden können. Dabei sind ver- schiedene Landespreise, Währungen, Zoll- und Steuerbedingungen sowie Sprachen zu berücksichtigen.

All diese Anforderungen machen deutlich, dass Verkaufskonditionen in einem geschlossenen Vertriebsprogramm nur sehr eingeschränkt verwaltet werden kön- nen. Vielmehr sind die Systeme eines oder mehrerer Vertriebsbereiche mit vor- und nebengelagerten Systemen zu integrieren (vgl. Fallstudie Rotronic, S. 119).

Multisite-ERP-Systeme können international handelnden Unternehmen helfen, diese Problematik zu entschärfen. Trotzdem wächst die Bedeutung von Integrati- onsplattformen neben dem klassischen ERP-System. SAP macht die Integrations- plattform NetWeaver gar zum Kern ihrer Business Suite (vgl. Fallstudie SCOTT Sports, S. 67).

Die Anforderungen an die Preisbildung sind hoch und werden wohl noch weiter wachsen. Preistransparenz und Preiskampf zwingen die Anbieter zu immer neuen Strategien. Dazu gehören:

• flexible Preisanpassungen an geänderte Angebots-/Nachfrage-Situationen, ggf.

auch kundenspezifisch (z.B. überprüfen sowohl ARP Datacon als auch Rotro- nic täglich Preise und Artikelverfügbarkeit bei ihren Vorlieferanten, ordnen daraufhin Lieferanten neu zu und errechnen den Tagesverkaufspreis),

• Preise in Abhängigkeit von Produktkonfigurationen und Individualisierung,

• Preise für schwerer vergleichbare Bundle-Angebote, z.B. aus Kombinationen von Produkten und Dienstleistungen,

• Preise für entbündelte Leistungen, indem jegliche Nebenleistungen zum Kern- produkt separat verrechnet werden (z.B. verlangt cablecom für die Zweitaus- stellung einer Rechnung eine Gebühr, vgl. Fallstudie S. 253).

Leistungskombinationen können einen Mehrwert bewirken, der den Stellenwert der Preise der Einzelleistungen reduziert (vgl. Fallstudie BDO Visura, S. 225). Auf der anderen Seite können Customer Self Services zu günstigeren Preisen führen.

Die Herausforderung besteht darin, den Informationsfluss zwischen Leistungsge- staltung und Preisen so zu integrieren, dass Kunden unabhängig vom Kanal immer aktuelle und konsistente Preise erhalten. Die Dynamik kann ohne Automatisierung kaum wirtschaftlich bewältigt werden. Dabei stellt die Komplexität auch an die

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Beitrag der IT zur Realisierung potenzieller Wettbewerbsvorteile 13

Gestaltung der Business Software und der inner- und zwischenbetrieblichen Sys- temintegration hohe Anforderungen.

Selbstredend ist B2B-Integration eine Domäne der Informatik (vgl. Fachbeitrag Honegger, S. 97). Sie ermöglicht u.a. einen automatisierten Austausch aktueller Preis- und Verfügbarkeitsinformationen bei den Beteiligten. Der Erfolg des gesam- ten Wertschöpfungssystems ist davon abhängig, eine hohe Verfügbarkeit bei güns- tigen Preisen ausweisen zu können.

Zuverlässig und effizient abwickeln (4)

Die Anforderungen an Vielfalt und Omnipräsenz im Vertrieb widersprechen den Anforderungen der Leistungserbringung und Logistik, die durch Bündelung Ska- leneffekte erzielen können. Daraus haben sich zwei Konsequenzen ergeben. Zum einen wurden Produkte und Dienstleistungen in Module oder Leistungskomponen- ten zerlegt, die je nach Kanal und Anforderung in unterschiedlicher Kombination verkauft werden. So ist trotz Vielfalt auf einer tieferen Ebene Standardisierung möglich. Zum anderen wurden die Vertriebswege und die Waren- oder Leistungs- flüsse voneinander entkoppelt. Ein Hersteller oder Grosshändler kann z.B. die Effizienz des Wertschöpfungssystems als Ganzes steigern, wenn er im Namen nachgelagerter Handelsstufen direkt an deren Kunden versendet (Streckengeschäft, vgl. Fallstudien SCOTT Sports, S. 67, und Rotronic, S. 119). Ein Handelsunter- nehmen kann intern Skaleneffekte erzielen, indem es Aufträge aus verschiedenen Verkaufskanälen mit den gleichen Auftragsprozessen abwickelt (vgl. Fallstudie buch.ch, S. 201).

Die Sicherstellung der Kundenzahlung ist im ureigensten Interesse des Anbieters.

Eine Reihe von Anbietern hat sich auf Dienstleistungen zur Bonitätsprüfung, zur Zahlungsabwicklung, zum Factoring oder zum Inkasso spezialisiert. Durch eine IT-Integration können deren Services in die eigenen Prozesse integriert werden, so dass eine effiziente und zeitnahe Abwicklung gewährleistet ist. Dem Kunden kann das Outsourcing dieser Funktionen verborgen bleiben.

In Kapitel 1.1 wurde bereits ausgeführt, dass es die Unternehmensleistung als Gan- zes ist, die die Fähigkeit zur Erfüllung der Kundenerwartungen bestimmt. Eine wichtige, bisher nicht erwähnte Aufgabe der Business Software besteht darin, lau- fend Indikatoren zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens bereit- zustellen. Diese Aufgabe erfüllen Management Information Systeme (MIS), indem sie aus den Prozessen Kennzahlen ableiten, anhand von Vorgaben oder Verglei- chen bewerten und das Ergebnis verdichtet darstellen. Business Intelligence Sys- teme (BI) stellen darüber hinaus weitergehende Analyse- und Darstellungsmög- lichkeiten zur Verfügung (vgl. Fallstudie SCOTT Sports, S. 67). Durch laufende Erfolgsmessung und Optimierung ergibt sich ein Regelzyklus, durch den das Un- ternehmen Prozessexzellenz erreichen kann [vgl. Wölfle/Schubert 2006].

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Die Herausforderung, exzellente Leistungen erbringen zu müssen, um auf Dauer am Markt bestehen zu können, kann in Zeiten arbeitsteiliger Wertschöpfungssys- teme nicht mehr vom einzelnen Unternehmen allein gemeistert werden. Business Collaboration zwischen den Wertschöpfungspartnern kann auf vielfältige Weise durch Business Software unterstützt werden [vgl. Wölfle/Schubert 2007]. Die unternehmensübergreifende Auftragsabwicklung ist in vielen Branchen ein seit langem bearbeitetes Thema [vgl. Ruile 2006]. Die Konsumgüterbranche hat, wie andere Branchen auch, eigene Konzepte für die vertikale Zusammenarbeit entwi- ckelt: Efficient Consumer Response (ECR) mit einer branchenspezifischen Aus- prägung des Supply Chain Managements (SCM).

Den Kunden möglichst lange begleiten (5)

Die Geschäftsprozesse, die nach einem erfüllten Kaufvertrag noch folgen, kann man in Pflicht und Kür einordnen. In den Pflichtbereich fällt die Erfüllung aller Anforderungen, die sich aus Garantieverpflichtungen und Servicewünschen erge- ben. Zur Kür gehören Unternehmensleistungen, die Kunden über den Pflichtteil hinaus einen Nutzen stiften und dadurch den Kundenwert erhöhen.

Beiden Bereichen gemeinsam ist die Anforderung, Kunden als separate Instanzen zu verwalten und in allen Kommunikations- und Absatzkanälen mit vollständigem Kontext bedienen zu können. Das ist in vielen Unternehmen nicht möglich. Z.B.

führt FREITAG, die überwiegend via Wiederverkäufer vertreibt, direkt bediente Endkunden im ERP-System nicht einzeln, sondern nur zusammengefasst in einigen wenigen Sammelkonten. Da im Online-Direktvertrieb künftig personalisierte Ser- vices eingeführt werden sollen, werden Onlinekunden im Webshop separat verwal- tet (vgl. Fallstudie FREITAG, S. 47). Kauft ein Onlinekunde später in einem Flags- hip Store, kann er dort nicht erkannt werden und die gekauften Produkte werden in seinem Profil nicht erfasst.

Im Bereich des Service ist die richtige Identifikation des Kunden manchmal, die richtige Identifikation des Produkts resp. der Leistung immer wichtig. Dazu ist die Verwaltung aller erbrachten Leistungen mit geeigneten Identifikationsmöglichkei- ten notwendig. Besonders anspruchsvoll ist das bei komplexen Produkten wie weltweit verteilten Produktionsanlagen, die im Laufe ihres Lebenszyklus auch noch verändert werden (vgl. Fallstudie Bystronic Glas [Wölfle 2005]). Einige Her- steller gehen dazu über, ihre Produkte mit Chips oder RFID-Labels auszustatten.

Auf diesen sind die wichtigsten Daten zu Produkt, Verkaufskanal und ggf. Lebens- zyklus gespeichert und werden im Servicefall aktualisiert. Ist ein Produkt richtig identifiziert, gilt es, die Rechte des Kunden in Abhängigkeit von Garantieverpflich- tungen und z.B. Wartungsverträgen zu identifizieren und sachlich richtige Konditi- onen anzuwenden. Dazu müssen Verträge und Produkte entsprechend verwaltet und mit Servicefällen verknüpft werden können (vgl. Fallstudie Swiss TS [Wölfle 2004]).

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Beitrag der IT zur Realisierung potenzieller Wettbewerbsvorteile 15

Der Service für langlebige Wirtschaftsgüter kann ein lukratives Geschäft sein [Legner 2005]. Aufgrund der Komplexität ist der Informations- und Koordinati- onsanteil bei Serviceleistungen jedoch besonders hoch. Dem Know-how-Transfer vom Hersteller zu den Serviceleistenden kommt dabei ein besonders hoher Stel- lenwert zu. Webbasierte Serviceportale und E-Learning-Anwendungen können bei der Kompetenzvermittlung in einem Wertschöpfungssystem helfen. Die Fallstu- dien Aebi [Gasenzer 2006] und Jura Elektroapparate [Wölfle 2000] zeigen, wie die Hersteller von Spezialfahrzeugen resp. Kaffeemaschinen ihre Vertriebspartner weltweit befähigen, einen kompetenten Service auszuführen.

Eine besondere Form der Kundenbindung entsteht bei Business Process Outsour- cing, wenn Kunden und Dienstleister gemeinsam auf der IT-Infrastruktur des Dienstleisters arbeiten (vgl. Fachbeitrag Tanner, S. 217). Dadurch ist eine Infra- struktur für die Zusammenarbeit bereits etabliert, der Dienstleister hat Transparenz über die Entwicklung beim Kunden und kann ihm niederschwellig realisierbare Zusatzleistungen anbieten.

Dauerhafte Beziehungen und damit wiederkehrende Aufträge können auch entste- hen, wenn es Anbietern gelingt, Kunden zur Mitgestaltung des Angebots zu moti- vieren und eigene Informationen oder Ressourcen auf der Plattform des Anbieters abzulegen. Ein Beispiel dafür ist die virtuelle Bibliothek Alexandria (vgl. Fallstu- die buch.ch, S. 201).

Zum Bereich der Kür gehört es, Kunden über bestehende Verpflichtungen hinaus zu begleiten und daraus wiederholte oder weitergehende Aufträge zu realisieren.

Die Herausforderung dabei besteht in der Identifikation von Geschäftsvorschlägen, die für den Kunden besonders geeignet sind. Diese können aus dem Lebenszyklus eines Kunden oder seines Produkts abgeleitet werden bzw. durch Data Mining oder anhand von Kundenprofilen ermittelt werden (vgl. Fachbeitrag von Leimstoll und Okonek, S. 177).

Diese Kür ist das eigentliche Ziel des Einsatzes von Customer Relationship Management Systemen (CRM). Allerdings müssen dazu vorgängig einige Voraus- setzungen geschaffen werden. Dazu können gehören:

• ein kanalübergreifendes und konsistentes Adressmanagement,

• die Abbildung auch komplexer Geschäftsbeziehungen,

• eine kanalübergreifende konsistente Erfassung von Geschäftsvorfällen,

• die Erfassung von Regeln für die Auslösung von Handlungen,

• die Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten,

• die Harmonisierung verwendeter Schlüsselbegriffe (z.B. Kundenkategorien),

• der Austausch von Daten mit verschiedenen Quell- und Zielsystemen,

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• die Schaffung rollengerechter Systemzugänge auch via Internet und für nicht speziell geschulte Benutzer sowie

• die Möglichkeit der Abbildung von Lebenszyklen.

Da die Schaffung dieser Voraussetzungen weit über die Anschaffung eines CRM- Systems hinausgeht, stehen viele Unternehmen in ihren CRM-Anstrengungen erst am Anfang.

Die Herausforderungen des Marktes und die Potenziale der Technologien würden es nahe legen, dass Wertschöpfungssysteme unternehmensübergreifend CRM betreiben. Dafür steht der Begriff Collaborative Customer Relationship Manage- ment (CCRM). Da die Kompetenzen innerhalb eines Wertschöpfungssystems na- turgemäss unterschiedlich verteilt sind, könnte sich ein Partner auf CCRM spezia- lisieren und den anderen geeignete Schnittstellen bereitstellen. Durch eine abge- stimmte CRM-gestützte Marktbearbeitung könnte das Gesamtpotenzial höher sein als die Summe der Einzelmöglichkeiten. Schwierigkeiten ergeben sich hier erwar- tungsgemäss aus der Konkurrenz um den „Besitz“ der Kundendaten und der schwierigen Abgrenzbarkeit gegenüber konkurrierenden Wertschöpfungssystemen.

1.4 Schlussbemerkungen

Als Organisationsinstrument ermöglicht Informatik – und dabei insbesondere Bu- siness Software – die Gestaltung von Wettbewerbsvorteilen. Diese können an alle Phasen des Kundenprozesses anknüpfen. Dabei bestehen aktuell vor allem zwei Herausforderungen.

Die erste Herausforderung liegt in der Entwicklung, Durchsetzung und Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen in arbeitsteiligen Wertschöpfungssystemen. An jedem Übergang kommen andere Interessen ins Spiel, geht etwas Information verloren, wird Marge verbraucht. Vernetzte und integrierte Business Software kann hier – wenn sie einmal eingerichtet ist – Durchgängigkeit bei geringen Koordinationskos- ten bewirken. Sowohl die Haltung der Beteiligten als auch die heutigen Prozess- und Systemlandschaften weisen allerdings eine Schwerfälligkeit auf, die ein flexib- les Eingehen auf sich ändernde Rahmenbedingungen erschweren.

Die zweite Herausforderung liegt in der Vermittlung von Werten, die Produkte und Leistungen aus der Masse der Konkurrenzangebote herausheben. Angebote im World Wide Web zeigen, dass Werte mit Hilfe von Informationssystemen abgebil- det und Personen auch emotional angesprochen werden können. Der Informations- rückfluss ist dabei ebenso wichtig. Nur so können Anbieter in Bezug auf die sich ändernden Werthaltungen ihrer Kunden auf dem Laufenden bleiben. In die Gestal- tung IT-unterstützter unternehmensübergreifender Zusammenarbeit hat die Ver- mittlung von Werten allerdings noch kaum Einzug gefunden.

Referenzen

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