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Quellen der arabischen und neupersischen Lehnwörter Anfang des 13

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ZUR GESCHICHTE DER ARABISCHEN UND NEUPERSISCHEN

LEHNWÖRTER IM TATARISCHEN

Von Bernd Schernee, Mainz

Die Gesciiichte der arabischen und neupersischen Lehnwörter im Kasan¬

tatarischen ist so alt wie die des Kasantatarischen selbst.

1. Quellen der arabischen und neupersischen Lehnwörter

Anfang des 13. Jahrhunderts n. Chr. betraten tatarische Stämme im

Verband der Goldenen Horde Batus das Land zwischen Ural und Wolga.

Dort trafen sie auf die Wolga-Bolgarcii, die schon seit Beginn des 10. Jh.

den Islam kannten und lange Zeit ein wiclitiges Bindeglied für den arabi¬

schen Handel mit Nord- und Osteuropa waren. Sie waren vermutlich die

ersten, die den Tataren in ihrer neuen Heimat ar. und np. Wörter vermittelt

haben.

Auch die Komanen, die hn 12. Jh. den weiten Raum zwischen West-

Sibh-ien und den südrussischen Steppen als Nomaden beherrschten, kannten

schon eine ansehnliche Zahl arabischer und neupersischer Wörter, die sie

den tatarischen Neuankömmlingen weitergeben konnten.

Die Islamisierung der Goldenen Horde brachte die Tataren in engere

Berührung mit der islamischen Welt. Die Bekehrung ihres Chans Berke

(1257-1266) um das Jahr 1250 kann man als Beginn der Islamisierung be¬

trachten. Als Uluy Mehmed 1437 das Chanat von Kasan gründete, war der

Islam unter den Tataren schon allgemein verbreitet.

In den Elementarschulen (mäktäp) und höheren geistlichen Schulen

{rnädräsä) lernte die führende Schicht der Tataren die islamischen Glau¬

benslehren kennen sowie Arabisch, Persisch und Öayataisch, das bis nach

der Mitte des 19. Jh. als Literatursprache diente. Viele Tataren zogen in

ihrer Jugend nach Buchara, um dort ihre geistige Ausbildung zu vervoll¬

kommnen. Die Zeit vom Ende des 18. Jh. bis Mitte des 19. Jh. war die Zeit

des stärksten orientalischen Einflusses unter den Tataren : Man fühlte sich

nicht als Tatare, sondern in erster Linie als Mohammedaner'. In jener Zeit

entfaltete sich der tatarische Handel mit Mittelasien, Persien und China

zur höchsten Blüte. Unter den Kasachen wirkten tatarische Kaufleute als

Missionare.

'Vgl. Gebhard von Mende: Der nationale Kampf der Rußlandtürken.

Berlin 1936, S. 20-21.

(2)

542 Bebkd Schebneb

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts, zu Beginn der nationalen Bewegung

unter den Tataren, entbrannte ein heftiger Kampf um die tat. Sprache, der

zugleich ein Kampf um die arabischen und neupersisehen Wörter im Tata¬

rischen war. Puristen wie Qayyüm Näsiri (1825-1902) bemühten sich, ihre

Muttersprache von fremden Elementen zu befreien. Die Vertreter des Pan-

türkismus wie der Krimtatare Ismä'il Bey Gasprinskij (1851-1914) ver¬

breiteten dagegen eine künstlich geschaffene Sprache, die von allen Türken

zwischen dem Osmanischen Reich und Turkestan als Verkehrssprache be¬

nutzt und verstanden werden sollte. Gasprinskijs Sprachversuch scheiterte;

seine Sprache war zwar für die Gebildeten aller Türken leicht lesbar, aber

dem tatarischen Volk wie auch den einfachen Leuten anderer türkischer

Gruppen waren seine Arabismen und Persismen un verständhch.

Gegen Ende des 19. Jh. verstärkte sich der Einfluß des Osmanischen, als

viele Tataren, darunter auch tat. Dichter, in Istanbul studierten und in

ihrer Heimat nach osmanisehen Lehrbüchern unterrichteten.

2. Stellung der arabisehen und neupersisehen Lehnwörter im heutigen Tatarisch

Um dem Russentum kulturell gewachsen zu sein, bauten die Tataren

um die Jahrhundertwende ihr Schulsystem aus und reformierten den Un¬

terricht. Das Fach Religion wurde zurückgedrängt, Fächer wie Natur¬

wissenschaften eingeführt. Mit europäischem Denken und Wissen sollte

jeder Tatare vertraut werden. Deshalb mußte man eine allgemein verständ¬

liche, einfache Schriftsprache für die Elementarschulen schaffen. Mit der

alten tat. Schrittsprache verschwand auch der größte Teil der ar.np. Lehn¬

wörter aus dem Tatarischen. Nach 1917 wurde Arabisch und Neupersisch

nicht mehr unterrichtet. Die letzte Verbindung mit dem Ar. und Np. brach

1927 ab, als die ar. Schrift durch die Lateinschrift abgelöst wurde (1939

kyrill. Schrift).

Wie bedeutend der ar.np. Wortschatz in der alten tat. Schriftsprache ge¬

wesen war, zeigen die 12000 Stichwörter, die die Tataren K. Z. Chamzin,

M. I. Machmütov und G. S. SajeullinI aus Texten des 13. Jh. bis Beginn

des 20. Jh. in ihrem arabisch-tatarisch-russischen Wörterbuch* zusammen¬

getragen haben.

Das Wörterbuch kann man in seinem Aufbau und seiner Funktion mit

2 K. Z. Xämzin, M. I. Mäxmütov, F. S. Säyfullin j": Färäpöe - tatarßa -

rusßa alinmalar süzlege (S. 1-792) mit einem grammatikalischen Abriß der

ar.np. Lehnwörter im Tatarischen (= Tatar ädäbi telenä kergen yäräp - farsi

elementlari (Grammatik belesmä) auf den S. 793-854 von M. I. MÄXMtjTOV.

Qazan 1965 (856 S.) - Russ. Untertitel: K. Z. Chamzin, M. I. Machmutov,

G. S. Sajfullin: Arabsko-tatarsko-russkij slovar' zaimstvovanij. Kazan' 1965.

(Abkürzung: Säyf.).

(3)

Zur Geschichte der arabischen und neupersischen Lehnwörter 543

dem osmanisch-türkischen enzyklopädischen Wörterbuch von F. Dbvel-

LIOGLU* vergleichen. Beide Wörterbücher enthalten - alphabetisch nach

der tat. bzw. osm. Aussprache angeordnet - den ar.np. Wortschatz, der im

heutigen Tatarisch bzw. Türkisch nicht mehr lebendig ist. Sic sollen den

jungen Tataren bzw. Türken den Zugang zu ihrer älteren Literatur er¬

möglichen, von der sie durch die Sprachentwicklung und auch durch die

Sprach- und Schriftreformen abgeschnitten worden sind.

Die schätzungsweise 3500-4000 ar.np. Lehnwörter der modernen tat.

Schriftsprache, wie sie in dem tatarisch-russischen Wörterbuch von 1966*

zu finden sind, nehmen sich gegen die 12000 der alten Literatursprache

recht bescheiden aus.

3. Alter der arabischen und neupersischen Entlehnungen

Vergleichen wir den ar.np. Wortschatz des einen Wörterbuchs mit dem

des anderen, so lassen sich in lautlicher und semantischer Hinsicht Unter¬

schiede feststellen, auf die nun näher eingegangen werden soll. Ein Teil der

zitierten Beispiele stammt aus tatarischen Zeitschriften, so z.B. aus ,,Bez-

ner) Yul", Qazan 1925-1930 (Abkürzung: BY).

Der ar.np. Wortschatz im modernen Tatarisch läßt sich an Hand der

lautlichen Veränderungen grob in 3 Schichten einteilen: eine ältere, eine

mittlere und eine jüngere Schicht.

3.1 Die mittlere Schicht

Die mittlere Schicht - zugleich der größte Teil der arabischen und neu¬

persischen Lehnwörter im heutigen Tat. - stammt aus der alten Schrift¬

sprache des 18. und 19. Jh. und ist mit dem Wortschatz identisch, wie ihn

das arabisch-tatarisch-russische Wörterbuch (Säyf.) bietet.

Ihre Hauptmerkmale, die sie von der älteren und jüngeren Gruppe unter¬

scheiden : 3.11 Konsonanten:

3.111 Arabisches Hamza im Wortinnern und 'Ain in allen Stellungen werden

durch tatarische Laute bezeichnet.

3.1111 Ar. Hamza durch Stimmabsatz (in verschiedenen Schreibweisen):

tat. xo-'in (xauH) .Verräter' < ar. ydHn ,id.'

tat. tä'min (mdSMUH) , Sicherstellung' < ar. ta'min ,id.'

tat. mö'äzin (mo33uh) ,Gebetsrufer' < ar. mu'addin ,id.'

tat. ^ör'ät (otcepbdm) ,Kühnheit' <^ ar. gur'a ,id.'

' Febit Devellioölu: Osmanlica - türkce ansiklopedik lugat. Ankara 1962,

1440 S.

* Tatarsko-russkij slovar'. Moskva 1966, 864 S. (ca. 38000 Wörter).

(4)

544 Bbbnd Schebneb

Die Schreibweise mit kyrill. au [a-i] läßt nicht erkennen, in welchen

Wörtern man heute einen Knacklaut spricht, wie es z.B. in tat. da'irä

(.jJb; BY VI (1925) 233) ,Kreis, Umkreis' (< ar. däHra ,id.') im Jahr

1925 offenbar noch üblich war. Auf Grund des stark verbreiteten Sandhi

(Verbindung vokalisch auslautender mit vokalisch anlautenden Wörtern)

in der modernen tatarischen Umgangssprache ist anzunehmen, daß auch

im Wortinlaut ein Vokalpaar wie oa (vgl. MOdauH) nicht dmch ein Hamza

getrennt, sondern miteinander verbunden ausgesprochen wird wie in

franz. hair ,hassen' oder noel ,Weihnachten'.

3.1112 Ar. 'Ain durch tat. y:

tat. yömer , Leben' < ar. 'umr ,id.' tat. bidyät ,Neuerung' <^ ar. bid'a ,id.' tat. nizay , Streit; Disput' < ar. nizä' ,id.'

3.112 Die emphatischen ar. Konsonanten s (> tat. s), d (^ tat. z), t (> tat.

t) imd z (> tat. z) werden entweder durch eine besondere Buchstabenver¬

bindung oder durch einen folgenden dunklen Vokal gekennzeichnet.

3.1121 Ar. s wird im Tat. durch ein kyrillisches c -|- Härtezeichen * be¬

zeichnet, ar. t durch ein kyrill. m + Härtezeichen ^, ar. d (> np. z > tat. z) durch ein kyrill. 3^ :

tat. täsdiyq (mdCbduÜK) , Bestätigung' < ar. tasdiq ,id.' tat. yälät {^aA^m^■, Säyf. 77) ,Irrtum' < ar. yalat ,id.' tat. täzlil (m^3^ÄUJl■, Säyf. 568) .Täuschung' <^ ar. tadlil ,id.'

Ob diese Schreibung die velare Aussprache des s, t oder z inmitten palataler

Umgebung anzeigen soll* oder schlicht als orthographische Hervorhebung

der 3 genannten arabischen Emphatica zu betrachten ist, kann man nur

durch die derzeitige Aussprache des Tatarischen ermitteln.

3.1122 Viel häufiger als die Wiedergabe durch eine besondere Buchstaben¬

verbindung sind die Fälle, wo hinter dem emphatischen ar. Buchstaben in

der tatarischen Entsprechung ein dunkler Vokal gesprochen wird; d.h. ar.

s; t; z, d -\- a; i; u ergeben tat. s; t; z a; iy; o:

ar. s (> np. \s\) > tat. s

tat. samimi ,herzlich' < ar. samimi ,id.' tat. mösannij ,Verfasser' < ar. musannif ,id.' tat. näsiy/ät ,guter Rat' <^ ar. nasiha ,id.' ar. t (> np. \t\) > tat. t

tat. taläp ,Forderung' < ar. talab ,id.' tat. tabiyät ,Natur' <^ ar. tabi'a ,id.'

* Vgl. die Schreibung kyrill. K^ für tat. q in maKbduM {taqdim] ,Vorschlag;

Vorstellung' < ar. taqdim ,id.'

(5)

Zur Geschichte der arabischen und neupersischen Lehnwörter 545

tat. lätiyfa .elegante, feine (Frau); Anekdote' < ar. latifa ,id.' ar. d, z (> np. [z]) > tat. z

tat. zolmät .Tyrannei' <^ ar. zulma .Dunkelheit' tat. yäriza .Gesuch' <^ ar. 'arida ,id.'

Den Übergang von der mittleren zur jüngeren Schicht verdeutlichen die

heiden tat. Wörter lätiyflek .Feinheit, Eleganz' und mäysumlek .Unschuld;

Keuschheit', die eine Ableitung von tat. lätiyf ,fein; zart' (< ar. latif ,id.')

und von tat. mäysum .unschuldig; keusch' (< ar. ma'süm .unverletzlich;

sündlos') sind. In dem Stammwort steht wie in der mittleren Schicht hinter

den ar. Emphatica t und s ein dunkler Vokal. Daß dieser Vokal (hier iy und

u) heute hell ausgesprochen wird, verrät das hellvokalische tat. Suffix

■\-lek. Nach der Schreibweise gehören beide Ableitungen noch halb zur

mittleren Schicht, aber lautlich zählen sie ganz zur jüngeren Schicht.

3.1123 In arabischen Einsilbern, die auf zwei verschiedene Konsonanten

auslauten, wird im Tatarischen ein Stützvokal eingeschoben, um den

doppelten Silbenschluß aufzulösen. Vor oder nach den genannten empha¬

tischen Konsonanten ist dieser Stützvokal dunkel :

tat. xir'is .gierig; geizig' < ar. Mrs .Gier; Geiz' tat. Misir .Ägypten' < ar. Misr .id.'

tat. sibit .Generation' < ar. sibt .Stamm (bei den Israehten)' tat. äriz (Säyf. 742) .Erde' <^ ar. ard .id.'

3.113 Das velare ar.np. q wird in der heutigen Orthographie durch ein

kyrill. k wiedergegeben. Da es auch für ein ar.np.russ. (palatales) k steht,

kann man in vielen ar.np. Lehnwörtern nicht mit Sicherheit entscheiden,

ob in Nachbarschaft einer hellen Silbe die kyrill. Buchstabenverbindung m,

a-ls [qa], [qä] oder auch [ka] gesprochen werden soll. - Kyrill. na [qa\:

tat. Kanaeamh .Zufriedenheit' (<^ ar. qanä'a .id.') wird [qänäyätY gespro¬

chen, tat. KaöuM .Stamm (Volk)' (< ar. qabila .id.') wird [qäbilä]^ gespro¬

chen. Wie aber werden Kaöujiuam .Fähigkeit' (<^ ar. qäbiliya ,id.') und

Kamuji .Mörder' (< ar. qätil .id.') ausgesprochen? Nach ihrer Herkunft (m

für ar. qä) kann man auf qabiliyät und auf qatil schließen. Wie soll man

KaödXdin .häßlich' (<^ ar. qabäha , Häßlichkeit') aussprechen: qabäxät oder

qäbäyäX ? Hier bieten auch die tatarischen Formen in arabischer Schrift wie

in Lateinschrift, die ja den a- oder ä-Laut hinter dem q eindeutig bezeich¬

nen, keinen sicheren Anhaltspunkt: qahayät (Säyf. 196), qähayät {qsbaxdf)

und qabäxät (o*>.*jU-; BY VI (1925) 259).

Wegen dieser mangelhaften Bezeichnung der Aussprache von den Laut-

« Ch. R. Kubbatov: in: Sovremennyj tatarskij literaturnyj jazyk. Moskva

1969, S. 113.

' Tatar ädäbiyati II, Berlin 1944, S. 7.

36 Or.-Tag 1973

(6)

546 Bernd Schebneb

Verbindungen qa, qi, qu in vielen ar.np. Lehnwörtern hat man kein zuver¬

lässiges Merkmal für ihre Einordnung in irgendeine Gruppe.

Aus welchen Gründen unterscheiden die Tataren zwischen [qa] in tat.

qawis ,Bogen' (< ar. qaus ,id.') und [qä] intat. qäwem ,Yo\Il' {< ar. qaum ,id.')?

3.12 Vokale:

3.121 Lehnwörter aus der alten tatarischen Schriftsprache (= mittlere

Schicht) haben außer nach den ar. Lauten s, d tat. z), t, z und einigen

Ausnahmen für ein kurzes ar.np. a meistens ä. So haben Wörter aus dem

Np., die auf ein -o (< mittelpers. -ak) auslauten, im Tat. ein ä:

tat. xöw« ,Haus' < np. xdna ,id.' tat. sadä , einfach' < np. säda ,id.'

tat. * -\-anä (Wortbildungssuffix) < np. -\-äna (Suffix, das aus Nomina

Adverbia bildet), z.B. in tat. yalibanä .siegreich' < np. yälibäna ,id.' (< ar.) und in tat. zalimanä .grausam' < np. zälimäna ,id.' (< ar.)

3.122 Langes ar.np. ä wird in der alten Schriftsprache in allen Stellungen

als (kurzes) tat. a wiedergegeben:

tat. afät , Elend' <^ ar. äfa , Unglück' tat. ^äza .Vergeltung' < ar. ^azä' ,id.' tat. ^ihan ,Welt' < np. gihän ,id.'

3.123 Den Lehnwörtern aus der alten Schriftsprache fehlt meist die Vokal¬

harmonie :

tat. malik , Herrscher' < ar. malik ,id.' tat. rafiq , Gefährte' < ar. rafiq ,id.'

Früher haben die gebildeten Tataren in ihren heimatlichen Medresen

und an Schulen in Kairo, Istanbul und Buchara Neupersisch und vor allem

Arabisch gelernt. Sie kannten genau die Gesetze dieser Fremdsprachen, aus

denen sie für ihre Dichtung und wissenschaftlichen Werke nach eigenem

Ermessen Wörter entnahmen. Keiner strebte danach, die Fremdwörter der

tatarischen Sprache anzupassen. Vielmehr war man bemüht, ihre Laut¬

gestalt und ihren Sinn so gut wie möglich zu bewahren, denn dadurch

konnte man sich mit all denen verständigen, die in der damaligen islami¬

schen Welt diese beiden Sprachen beherrschten.

3.2 Die jüngere Schicht

Aus der Sprache der Gebildeten nahm das Volk, das mit den beiden

Fremdsprachen kaum vertraut war, ständig Wörter auf und machte sich

die ungewohnten Laute ..mundgerecht". ..Unbequeme" Konsonanten wur¬

den verändert oder ausgestoßen, der Klang eines Wortes nach einem Vokal

harmonisch abgestimmt. Da die Angleichung der Wörter jener alten Schrift-

(7)

Zur Geschichte der arabischen xmd neupersischen Lehnwörter 547

spräche an die Volkssprache noch heute im Gange ist, werden solche ,,ta-

tarisierten" Wörter der damaligen Schriftsprache als jüngere Lehnwort-

schicht bezeichnet.

Merkmale der jüngeren Lehnwörter, die sie von der mittleren Schicht

trennen :

3.21 Konsonanten:

3.211 Das intervokalische ar. Hamza ist in einigen Lehnwörtern geschwun¬

den. Als Hiatustilger spricht man ein y :

tat. yäzäyep ,erstaunlich ; merkwürdig' < ar. 'o^äHb .Merkwürdigkeiten' (= Plur. V. 'agiba .Wunderding').

In wenigen Fällen ist es ersatzlos geschwunden :

tat. mä^in .Gebetsrufer' < ar. mu'addin .id.'

3.212 Anlautendes ar. 'Ain wird in einigen Lehnwörtern nicht wiedergege¬

ben. Wie in der neupersischen Umgangssprache wird das 'Ain nur durch

Stimmabsatz ausgedrückt. Am Wortanfang bleibt dies graphisch unbe¬

zeichnet :

tat. äläm .Fahne' < ar. 'alam .Kennzeichen; Fahne'

tat. ämäl .Mittel' < ar. 'amal .Handeln'

Im Wortinnern und am Wortende schwindet 'Ain manchmal ersatzlos:

tat. täm .Geschmack' < ar. ta'm .id.' tat. Säm .Licht' < ar. äam' .Wachs'

Ebenfalls werden anlautendes ar. h- und ar.np. h- in einigen Wörtern

nicht bezeichnet':

tat. äle .jetzt' < ar. häli .jetzig, gegenwärtig' tat. äftiyäk .ein Siebtel' < np. haft-yak .id.'

3.213 Im Gegensatz zur alten Schriftsprache finden sich in der jüngeren

Lehnwortschicht nach den emphatischen ar. Konsonanten helle Vokale

(Vgl. 3.1122):

ar. tat.

8ä si tä

alte tat. Sehriftspr.

si, si ta, tä

aa siy ta

za za

tat. röxsät .Erlaubnis' <^ ar. ruysa .id.'

tat. sädäp .(kleiner) Knopf < ar. sadaf .Perlmuschel'

' Vgl. F. Kraelitz-Gbeipenhorst : Studien zur Lautlehre der kasantatari¬

schen Sprache (II). In: Archiv Orientälni III, Praha 1931, S. 4.

(8)

548 Bernd Scherneb

tat. täfsil .Ausführlichkeit' < ar. tafsil ,id.' (vgl. dagegen tat. bittäfsiyl .ausführlicli (Adv.)' < ar. bi-'t-tafsil .id.')

tat. tärät .Unrat. Kot' < tat. taharät .rituelle Waschung' <^ ar. tahära

.Reinheit'

tat. täqät .Ausdauer' <^ ar. täqa .Kraft'

tat. zäyij .verkrüppelt; schwach' ^ ar. daHf .schwach'

tat. näzär .Blick' ; Aufmerksamkeit < ar. nazar .id.'

Im allgemeinen werden im Arabischen die Vokale vor oder nach einem

emphatischen Konsonanten nie palatal ausgesprochen. Da die Perser keine

emphatischen Konsonanten kennen, sprechen sie z.B. die ar. Lautver¬

bindung sa wie ein np. sa [sd]. dessen a offen und hell ist.

Seit dem frühen Mittelalter war der Kontakt der Türken mit den Persern

ungleich stärker als der mit den Arabern. So ist anzunehmen, daß die Ta¬

taren wie ihre türkischen Nachbarstämme gerade durch mündliche Über¬

lieferung die damalige neupersische Aussprache der arabischen Wörter mit¬

übernommen haben. Nur dem Schriftkundigen konnte der lautliche und

phonematische Unterschied zwischen einem ar. s {säd) und einem ar. s

(sin) bewußt sein.

Die Aussprache säyifä .Seite. Blatt' (< ar. sahifa .id.') existiert möglicher¬

weise schon lange neben der ..gelehrten" Aussprache sa^ifä (Säyf. 529). -

Wie hätte sich ein tat. säxrä .Wüste. Steppe' aus einem ar. sahrä' ,id.' ent¬

wickeln können, wenn es nicht einmal die Aussprache säyra (saxra^) gegeben

hätte. Daneben existiert heute noch die Form sayra der alten Schriftsprache

(mittlere Schicht).

3.22 Vokale:

Die jüngere Schicht der ar.np. Lehnwörter hebt sich von der älteren und

mittleren Schiebt vor allem durch 2 Vokalwechsel ab:

1. langes ar.np. ä (> tat. a)> ä 2. ar.np. a (> tat. ä)> i

3.221 Ar.np. Lehnwörter der mittleren Schicht, die neben einer Silbe mit

hellem Vokal eine Silbe mit a (< ar.np. ä) haben, unterliegen in jüngerer

Zeit dem Gesetz der Vokalharmonie; d.h. das a der alten tat. Schriftsprache

wird in palataler Umgebung zu ä :

ar.np. ä > tat. a (mittlere Sch.) > tat. ä (jüngere Sch.) np. nä-gah , plötzlich' > nagäh ,id.'

np. nä-kas .Halunke; gemein' > *nakäs > näkäs .gemein; plump'

np. Sägird .Schüler' > Sagird (Säyf. 697) .id.' ^ säkert .id.' ar. äyira .Jenseits' ^ ayiräi .Leben im Jenseits' > ä%irät ,id.'

» Tatar ädäbiyatü II, Berlin 1944, S. 17.

(9)

Zur Geschichte der arabischen und neupersischen Lehnwörter 549

ar. hisäb .Berechnung' > x**«? > *xisäp; vgl. isäp ,id.'

tat. *xisäp > bsk. /isäp, cuv. hisep ,id.'

ar. näsir .Verleger' > ncdir (; BY VI (1925) 248) ,id.' > näSir (1966)

,id.'

ar. ^amä'a .Gruppe' ^ ^ämayät (o4tL>-4»-; BY VI (1925) 245) neben

3ämäyät (o^po-*:^; BY VI (1925) 240) .id.' > ^ämäyät (1966) .id.'.

Bei einigen arabischen Lehnwörtern wie tat. läkin .aber' (< ar.

läkin .id.') oder säkin .Sukun' (< ar. säkin .ruhend') muß man allerdings

die Imäla, d.h. die helle Aussprache des langen ar. ä in Umgebung be¬

stimmter Konsonanten berücksichtigen, die schon im klassischen Arabisch

vereinzelt existierte. (Vgl. tag. lekin .aber' < ar. ; tag. sekin .behutsam, ruhig' < ar.)

3.222 Gemeintürk, ä der I. Silbe entwickelt sich im Tatarischen im allge¬

meinen zu i :

gtü. *äski ,alt' > tat. iske .id.'

An diesem Lautwandel nehmen auch einige ar.np. Lehnwörter teil, deren a

der I. Silbe in der alten tat. Schriftsprache durch ä vertreten wird:

tat. zir .Gold' np. zar .id.' > tat. zär .id.' tat. kim .ungenügend ; klein' <^ np. kam .wenig' tat. sik .Zweifel' <^ ar. sakk .id.'

tat. tiptär .Teptäre' <^ np. daftar .Heft; Akte'

> tat. däftär .Heft' ; tat. tiptär, russ. teptjar'

(< tat. Häptär) = Bezeichnung einer tat. Gruppe, die mit Baschkiren

einen Vertrag (tat. Häptär) abgeschlossen hat, um in baschkirischen

Gebieten siedeln zu dürfen.

Die türk. Lehnwörter mit einem ä in der I. Silbe, die die benachbarten

finno-ugrischen und türkischen Sprachen aus dera Tatarischen entnommen

haben, zeigen überwiegend einen e-Laut; nur wenige haben *. Der tat.

Lautwandel ä > i rauß demnach recht jungen Datums sein"".

Wogul. kipen .Leichentuch''' < tat. *kipän < käfän .id.' < ar. kafan ,id.' Cuv. tivlet .Gelingen; Wohltat' < tat. *diwlät < däwlät .Staat; Reichtum'

(< np. daulat .Staat; Reichtum; Glück. Heil' < ar.) weist ebenfalls auf

späten Wandel von tat. ä> i hin. Denn dieses tat. Lehnwort unterlag nicht

mehr dem 6uv. Wandel t + i-Laut > cuv. 6, z.B. öuv. 6etre- .zittern' <

*titrä-.

'" M. Räsänen: Die tatarischen Lehnwörter im Tscheremissischen. In: Me¬

moires de la Societe Finno-Ougrienne 50, Helsinki 1923, S. 16 imd M. Räsänen:

Die tschuwassischen Lehnwörter im Tscheremissischen. In: Mömoires de la

Soc. F.-Ougr. 48, Helsinki 1920, S. 97-98.

" A. Kannisto : Die tatarischen Lehnwörter im Wogulischen. In : Finno¬

ugrische Forschungen 27, Helsingfors 1925, S. 126.

(10)

550 Bebnd Scherneb

Da in der modernen Schriftspraclie nur die ä-Formen käfän und däwlät

existieren, erhebt sich die Frage, aus welchen tatarischen Dialekten das

Wogul. sein kipen und das Öuv. sein tivlet bezogen haben. Hier fehlen uns

leider tat. Dialektwörter-Verzeichnisse, um diese Frage zu beantworten.

Der tat. Lautwandel ä > i erfaßte nur einen kleinen Teil der ar.np.

Lehnwörter, vermutlich die Lehnwörter, die weitgehend tatarisiert waren

und als echt tatarisch empfunden wurden. Der Lautübergang ä > i in ar.

np. Lehnwörtern wird zuerst in tatarischen Mundarten aufgetaucht sein.

In der alten tat. Schriftsprache sprach man für ein kurzes ar.np. a meistens

ein ä (bzw. a) (Vgl. 3.121). Einige ar.np. Lehnwörter mit tat. (mundartl.) i

für ä wurden auf Grund ihres häufigen Gebrauchs oder ihrer starken Ver¬

breitung in die moderne tat. Schriftsprache aufgenommen.

3.3 Die ältere Schicht

Die ältere arabische und neupersische Lehnwortschicht hat mit der jünge¬

ren einige Gemeinsamkeiten, die sie von der mittleren Gruppe unterscheiden :

1. Die Lehnwörter sind weitgehend tatarisiert, die Konsonanten sind ver¬

ändert oder elidiert (z.B. Verlust von Hamza und 'Ain) ; die Vokalharmonie

ist verwirklicht.

2. Die Bedeutung der Lehnwörter hat sich von der Bedeutung des ar.np.

Originals manchmal weit entfernt.

Der Bedeutungsunterschied zwischen dem tatarischen Wort und seinem

arabischen Original wird oft durch die Bedeutung der np. (tag.) Entspre¬

chung überbrückt :

tat. < np. < ar.

xikmät hikmat Aifcma

1. Weisheit 1. Weisheit ; Philosophie Weisheit ; Philosophie

2. verborgene Absicht; 2. Mysterium

Geheimnis

Xozur huzür hudür

1. Anwesenheit (np. u. tag.) Anwesen- Anwesenheit; Besuch

heit; Ruhe

2. Vergnügen, Unter- (tag.) Erholung; Ver-

haltung, Fröhlichkeit gnügen, Genuß

Xikmät und yozur liefern einen Beweis für die np. (tag.) Vermittlung man¬

cher arabischen Lehnwörter im Tatarischen.

Ein np. Lehnwort der älteren und mittleren Schicht :

alte Entlehnung np. mittlere Entlehnung

taza täza tazä (Säyf. 539)

kerngesund ; stark ; frisch ; neu ; blähend ; neu ; vor kurzem ;

sauber, frisch vor kurzem ; Neuigkeit Neuigkeit

(11)

Zur Geschichte der arabischen und neupersischen Lehnwörter 551

3.31 Em wichtiges lauthches Merkmal verbindet die mittlere Schicht mit

der jüngeren: die Tendenz zur Palatalisierung der arabischen und neu¬

persischen Lehnwörter. Aus einer Fülle von Beispielen geht hervor, daß

die ar.np. Wörter von der mittleren zur jüngeren Schicht zunehmend helle

Vokale für ehemals dunkle erhalten. Von diesen beiden Schichten hebt sich

eine ältere Lehnwortschicht ab, die hauptsächlich durch dunkelvokalische

Entsprechungen vertreten ist. Einige Beispiele :

ältere Schicht < ar.np. > mittlere u. jüngere Sch.

ayir ,Ende; Ergebnis' < ä%ir .letzter', vgl. a;firäJ ~ äxirät .Leben im Jen¬

seits'

bayir , armer Mensch' < faqir ,arm' > fäqir ,arm' qiybat .teuer' < qima(t) .Wert' > qimmät .Wert'

araqi .Schnaps; Wein' < 'araq ,Schweiß' > yäräq (Säyf. 85) , Sch weiß;

Schnaps'

aqil^^ .Verstand' < 'aql ,id.'> Ji:u (BY VI (1925) 231) .id.' qala .Stadt; Festung' < qal'a .Festung' > qälyä .Festung' rnaymil .Affe' < maimün .id.' > mäymün .id.'

maqmir .betrunken' < maymur .id.' > mäxmür (Säyf. 336) .id.', vgl. laut¬

lich mxihrüm , beraubt' > mä%rüm ,id.'

Saytan .Teufel' < saitän .id.' > Säytan (Säyf. 708) .id.'

jawap .Antwort' < gawäb .id.' > fame (BY I (1930) 30) .id.', vgl. lautlich

dawäm ,Fortdauer' > däwam ,id.'

Xarap bui- ,verderben, umkommen' < x^räb .Ruin', vgl. xärabä .Ruinen'

Salqan .Rübe' < Salyam ,id.' > Sälyäm (Säyf. 709) .id.'

dosman ,Feind' < duSman ,id.', vgl. lautlich darmän , Arznei' > därman

,Kraft; Energie'

tastar eine Kopfbedeckung, < dastär ,Turban; Tuch', vgl. lautlich dastär-

Xän ,Tischtuch' > dästärxan ,id.'

Die hier genannten älteren Lehnwörter finden sich alle im Wortschatz der

modernen tat. Literatursprache. Dagegen kommen einige Formen der

mittleren und jüngeren Schicht nicht vor.

Warum existiert nicht die Form Mytan ,Teufer (< ar. saitän ,id.'), die

auf Grund der vielen tatarischen Entsprechungen CäyCan (< ar.np.

CaiCän) [C = Consonans] statt Saytan zu erwarten wäre? Z.B. np. maidän

.Platz' > tat. mäydan ,id.' oder ar. raihän , Basilienkraut' > tat. räyxan

,id.'. Um 1925 ist mehrfach ein Säytan (öb*i; BY VI (1925) 259) be¬

zeugt. Jedoch wurde Saytan statt Säytan ins moderne tatarische Wörterbuch

aufgenommen, weil es (vermutlich) weiter verbreitet und allgemeine Volks¬

aussprache war. - Ähnlich verhält es sich mit tat. ^awap .Antwort' (< ar.

12 Eine Mittelstellung zwischen dem alten Lehnwort aqxl und dem mittleren

JJ*c lyäqel] nimmt die Form yaqU ein.

(12)

552 Bebnd Schebneb

gawäb ,id.') ; die jüngere Form gdvae [^äwab], die 1930 belegt ist, konnte sich

nicht gegen das ältere ^awap durchsetzen.

3.32 Zu den älteren Lehnwörtern dieser Art gehören die zweisilbigen neu¬

persischen Wörter CäC{C)a auslautend auf -a (< mp. -ak), die im Tatari¬

schen in der Form CaC(C)a erscheinen:

tat. < np.

baqäa , Garten' bäyöa ,Gärtchen'

6ara , Mittel' iära ,id.'

maza ,Ruhe' maza , Geschmack'

uraza , (muslim.) Fasten' röza ,id.'

Mittleres Lehnwort (Vgl. 3.121):

tat. parä , Stück; Teilchen' < np. pära ,Stück; Fetzen'

Das lautlich uneinheitliche Bild der ar.np. Lehnwörter im heutigen

Tatarisch läßt sich leicht aus dem Umstand erklären, daß man seit der

Mitte des vergangenen Jahrhunderts für die Literatur bewußt den Wort¬

schatz der allgemeinen Umgangssprache heranzog". Auf diesem Weg ge¬

langten ältere, eingebürgerte Lehnwörter und auch Dialektwörter in die

moderne tatarische Literatursprache.

3.33 Manche der älteren Lehnwörter können auch dtu-ch andere Türk¬

sprachen ins Tatarische gelangt sein :

a. Tat. mamiq ,Baumwolle' (<^ mp. pambak ,id.' > np. panba ,id.'), das

schon in alter Zeit im kiptschakischen Sprachraum verbreitet war: xwz.

mamuq; kom. mamux; kpö. (Abü Haiyän) mamiq; kpö. (Ibn Muhannä)

pamuq , Baumwolle''*.

b. Tat. 6ira ,Kienspan' <^ np. 6iräy ,Lampe; Licht' > tat. 6iray (Säyf.

696) , Lampe; Licht'. Tat. 6iray gehört zur mittleren Lehnwortschicht.

Nach Doerfer'* ist anzunehmen, daß tat. 6ira ,IOenspan' wegen des

Lautwandels -y > 0 über das Oyuzische gekommen ist (Vgl. azb. mda. 6ira

,kupferne Petroleumlampe ohne Glas').

4. Die hier dargelegten Kriterien genügen nicht, um den gesamten arabi¬

schen und neupersischen Wortschatz des Tatarischen zu ordnen. Es bedarf

noch weiterer Studien, bei denen man versuchen sollte, an Hand älterer

tatarischer Texte die Lehnwörter zeitlich festzulegen. Weiteren Aufschluß

können die ar.np. Wörter im Russischen bringen. Denn schon früh haben

" Vgl. M. Z. Zakiev: Nekotorye voprosy razvitija tatarskogo literaturnogo

jazyka. In: Voprosy tatarskogo jazykoznanija, kniga 2, Kazan' 1965, S. 11.

'* Türk. Beispiele zitiert nach F. Fazylov: Starouzbekskij jazyk, tom II,

Taskent 1971, S. 40.

'* G. Doebfeb: Türkische und mongolische Elemente im Neupersischen,

Bd. III, Wiesbaden 1967, S. 59-60.

(13)

Zur Geschichte der arabischen und neupersischen Lehnwörter 553

die Tataren auf mündlichem Wege ihren unmittelbaren Nachbarn, den

Russen, Tschuwaschen, Baschkiren, Tscheremissen, Mordwinen und Wot¬

jaken arabisches und neupersisches Wortgut vermittelt.

Wer die arabischen und neupersischen Lehnwörter in einer dieser Spra¬

chen untersuchen will, für den ist es unerläßlich, sich zuvor mit dem Tata¬

rischen und dessen Lehnwörtern zu beschäftigen.

(14)

GRUNDZÜGE DER ENTWICKLUNG

DER TIBETISCHEN KALENDERRECHNUNG

Von Dieter Schuh, Bonn

1. Der tibetische Kalender hat in der tibetologischen Fachliteratur frühe

und vielfältige Beachtung gefunden. So haben z.B. u.a. Csoma de Körös,

Schlagintweit, Pelliot, Berthold Läufer, Vostrikov, Tucci und

Petech über den tibetischen Kalender teils kurz und teils ausführlich

gehandelt'. Der Grund für dieses große Interesse ist leicht zu nennen. Die

Erklärung des Aufbaus und der Prinzipien des tibetischen Kalenders stellt

eine Aufgabe dar, die insofern der Grundlagenforschung der Tibetologie

zuzurechnen ist, als jedwede Darstellung der Geschichte Tibets einer ge¬

sicherten Identifizierung tibetischer Datumsangaben bedarf. Unter Identi¬

fizierung sei hier die Angabe des Äquivalents einer Datumsangabe nach

der julianischen bzw. gregorianischen Zeitrechnung verstanden. Es ist evi¬

dent, daß die Möglichkeit der Identifizierung einer vorgegebenen tibetischen

Datumsangabe ein Maß darstellt für die Einsicht, die die jeweilige For¬

schung in das tibetische Kalenderwesen gewonnen hat.

2.1. Die Forschung auf dem Gebiet des tibetischen Kalenderwcsens stand

trotz des eingangs erwähnten vielfältigen Interesses von Anfang an unter

keinem günstigen Stern. Die Bemerkungen von Georgius zu diesem Ge¬

genstand sind weitgehend als irreführend zu bezeichnen*. Csoma de Körös,

dem wir eine ausfülirliche Darstellung der Jahreszählung der Tibeter ver-

' A. Csoma de Köbös, A Grammar of the Tibetan Language, Calcutta 1834,

S. 147-154 und S. 181-198.

E. Schlagintweit, Buddhism in Tibet, London 1968 (reprint = 1863),

S. 273-289.

P. Pelliot, Le Cycle sexagenaire dans la Chronologie tibetain, Journal

Asiatique, XI, 1, Paris 1913.

B. Laufeb, (a) The Application of the Tibetan Sexagenary Cycle, T'oung Pao,

Vol. 14, 1913.

(b) The Sexagenary Cycle once more, T'oimg Pao, Vol. 15, 1914.

A. I. VosTEiKOV, Tibetskaya istorißeskaya literatura, Moskau 1962, S. 240fr

und S. 332-333.

G. Tucci, Vorwort zu: dPag-bsam-ljon-bzan of Sum-pa-mkhan-po Ye-öes-

dpal-hbyor, Part III, New Delhi 1959, S. IX-XI.

L. Petech, (a) China and Tibet in the Early 18th Century, Leiden 1950, S. 6f .

(b) The Dalai Lamas and Regents of Tibet, T'oung Pao, Ser. II, Bd. 48, 1959,

S. 369.

2 A. A. Geobgius, Alphabetum Tibetanum, Rom 1762, S. 464ff.

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