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Diese Er¬ scheinung, im Chinesischen „P'ai-hang&#34

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Das P'ai-hang-System

in der chinesischen Personennamengebung

Von Wolfgang Bauer, München

Die chinesische Namengebung gehört zu den Gebieten der Sinologie,

die bisher von der europäischen Forschung fast gänzlich außer Acht ge¬

lassen worden sind. Zwar %vurden gelegentlich mehr oder weniger am

Rande liegende Einzelerscheinungen imtersuchtgrundlegende Bildungs¬

gesetze von weittragenderer Bedeutung jedoch bisher noch nicht heraus¬

gearbeitet. Dabei ist es an sich nicht unwahrscheinlich, daß gerade im

chinesischen Sprachraum manche einzig dastehenden Erscheinungen ge¬

funden werden können, bedingt einerseits durch die Eigentümlichkeit der

Sprache, der durch die mangelnde Flexion viele Bildungsmöglichkeiten

fehlen, anderseits durch den „synthetischen" Charakter der Schrift, der

"wiederum eine Reihe von Variationsarten zuläßt, die in anderen Schrift¬

systemen undenkbar sind.

Solch eine Eigentümlichkeit, die weiteste Verbreitung erfahren hat, ist

der Brauch, die Personennamen^ von Brüdern, Vettern, oder überhaupt

Angehörigen derselben Generation, mit einem gleichen Bestandteil oder

mehreren, miteinander in Beziehung stehenden, zu bilden. Diese Er¬

scheinung, im Chinesischen „P'ai-hang" genannt, hat, rein für sich be¬

trachtet, gewisse ParaUelen in anderen Sprachkreisen. So ist bekanntlich

in der Namengebung vieler Völker, wie etwa der russischen, der Vater¬

name allen Brüdern gemeinsam, und in der altgermanischen werden die

Namen der Kinder oft aus den BestandteUen der der Eltern gebUdet, so

daß z. B. die Kinder vonHUdebrand und Gerthüd: Hildegur, HUdethrud,

Brandger, Brandthrüd u. ä. heißen; bisweUen vererbt sich auch ein

Namensglied über ganze Generationen hinweg aus ,,dem Bewußtsein

für die Bedeutung der Sippe" und ,,dem Wunsch, das Neugeborenen

dieser möglichst fest einzugliedern*." Derlei Bräuche wurden aber in

Europa niemals bewußt zu einem komplizierteren System ausgebaut "wie

es in China tatsächlich der Fall war.

1 So etwa die Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von Tiemamen im

persönlichen Namen und dem Zyklustier des Geburtsjahres des Namens¬

trägers in zwei scharfsinnigen Studien von P.-A. Boodbebg (Tlie. Chrono-

grammatio Use of Animal Cycle Terms in Proper Names, HJAS Bd. 4 (1939),

273—75, und Chinese Zoographic Names as Chronograms, HJAS Bd. 5 (1940),

128—36). 2 Ming (Haupteigenname) oder Tzu (Mannesname).

* M. Keil, Altisländische Namenwahl, Leipzig 1931, p. 106.

(2)

596 Wolfgang Bauer

Arbeiten in europäischen Sprachen haben das Problem bisher höchstens

gestreift und in wenigen Sätzen natürlich unvollständig, dadurch aber

bisweilen auch vmrichtig, charakterisiert'. Dagegen gibt es eine Anzahl

von ostasiatischen Untersuchungen, die sich eingehender damit, vor

allem was die chinesische Namengebung der Ming- und Ch'ing-Zeit an¬

geht, befassen^ ; sie wurden in der vorliegenden Arbeit berücksichtigt.

1. Der Begriff „P'ai-hang"

Der erwähnte chinesische Terminus technicus „P'ai-hang" jm

Deutschen etwa mit ,, Stufenordnung*" wiederzugeben, ist eine Allgemein¬

bezeichnung, die zwei verschiedene Bedeutungen in sich schließt :

1 Am ausführlichsten: L. Vannicelli, O. F. M., La Famiglia Cinese,

Studio etnologico, Milano 1943, p. S2 —57. Außerdem: W. Eberhard, Lokal¬

kulturen im Alten China, Bd. II: Die Lokalkulturen des Südens und Ostens,

Monumenta Serica Monograph III, Peking 1942, p. 94; debs.. Das Tobareich

Nordchinas, Leiden 1949, p. 335—36. H. Feanke, Dschau Mong-ju, Sinica,

Bd. XV (1940), 25—48: p. 27; Jitsuzö Kuwababa, P'u Shou-keng, II,

Mem. ofthe Research Department of The Toyo Bunko Nr. 7 (1935), 1—104;

p. 42—43 imd 92—93; A. Bebnhabdi, Stammtafeln und Geschlechterkunde in

China, in Zeitschr. für Ethnologie, Jg. 50 (1918) 154—65, p. 159f. ; M. Granet,

Categories matrimonales et relations de proximite dans la Chine ancienne

Paris 1939, p. 84ff.

2 Hervorzuheben ist vor allem ein Aufsatz von Meikon Kaku ?15 BJ5

Shöko to meimei no haikö-sei ni tsuite : {„Über das P'ai-hang-System in Anrede¬

form und Namengebung.") in ,,Töyö-shisö Kenkyü", Annual Report of the

Institute of Oriental Thought, Waseda University, Bd. 3 (1939), 353—423,

vor allem p. 374—404. Er behandelt auf Grimd von über zweihundert

Genealogien vor allem die jüngeren Schematisierungen (Ming- und Ch'ing-

Zeit) nicht nur in der Namengebung, sondern auch in der Anredeform zwischen

Verwandten und im Aufbau von Genealogien. —• Interessant ist eine Arbeit

von ToMOO Uchida |^ [0 ^ if^'- Kazoku-seido to hai ni tsuite: {„Über

Klassifizierungen im chinesischen Familiensystem"), Shinagaku Bd. 10 (1941),

603—71 (Erste Hälfte des Gesamtaufsatzes), die im Rahmen einer Feld¬

forschung in Hopei und Shantung über noch existierende Klassifikations-

gesetze im Familiensystem auch der Namengebung ein Kapitel widmet

(p. 631—46). Zu erwähnen ist nooh ein in Shigaku-Zasshi, Vol. LX (1951)

p. 1142 in Zusammenfassung wiedergegebener Vortrag von MiCHmiBO

Ishihaba: ^ 1$ Min-chö no köhai-sei nitsuite: {„Über das P'ai-hang-

System der Ming-Zeit"), sowie der Aufsatz von Chih-ying Wu

Jen-ming hsi-li: {„Examples of the Classification of Personal Names") in

Hsüeh-i tsa-chih 4^ Ü IS. Bd. 15, H. 9 (Shanghai 1936), 29—40, der mir

jedoch leider nicht zugänglich war. Erwähnt wird das P'ai-hang-System auch

in dem autobiographischen Roman von Wong Bv-Lmo,Tochter des Konfuzius,

Geschichte einer Patrizier-Familie in China zwischen Gestern und Morgen,

deutsche Übersetzung aus dem Amerikanischen, Hamburg 1954, p. 89—^91.

3 Wörtlich eigentlich: „Reihenordnung". Bei dieser Übersetzimg geht

jedoch der in dem Begriff steckende Gedanke der rangmäßigen Schichtung

(3)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebung 597

Einerseits heißt so der Brauch, Geschwistern gewisse Bestandteile in

den Namen zu geben, die erkennen lassen, in welcher Reihenfolge sie

geboren wurden, und zwar vor allem die Zeichen fo, chung, shu, und chi

■fö W M- So lebten — um ein beliebiges Beispiel herauszugreifen —

um die Wende des sechsten Jahrhunderts n. Chr. drei Brüder namens

(Lu) Yüan, Min und Ch'ang (/^) JIH S M mit den Tzu: Po-yüan, Chung-

t'ung und Shu-ta -fö üg, ^ ÜM'-

Auf der anderen Seite aber nennt man so auch die verbreitete Sitte,

Brüdern oder Vettern gleiche Namensbestandteile zu erteilen, und so

die Angehörigen derselben Generation in besonderer Weise zusammen¬

zuschließen. Bei zweigliedrigen Namen verwandte man hierfür gewöhnlich

ein ganzes Zeichen, bei eingliedrigen einen Bestandteil hiervon, meist

— aber nicht immer — das Klassenzeichen. Ku Yen-wu St

<1613— 82) hat in seinem Jih-chih-lu H |§c^ das Verfahren folgender¬

maßen skizziert :

„Wenn bei doppelgliedrigen Namen zwischen Brüdern ein Zeichen

gleich gewählt wird, so heißt das P'ai-hang. ... Der Brauch kam

gegen Ende der Chin-Dynastie (265—420 n. Chr.) auf. ... Bei em-

gliedrigem Namen verwendet man zum P'ai-hang einzelne Kompo¬

nenten (der Namenszeichen). Dieser Brauch findet sich zum ersten Mal

bei (den Brüdern) Liu Chi und Liu T'ung ^ij und etwas später

bei Ying Chü und Ying Chang M Jl. • • • '^^^^ diesen Vorbildern

begann sich jene Sitte weiterzuentwickeln."

Für diese zweite Bedeutungsart des P'ai-hang, die später in der Namen¬

gebung eine ganz besonders wichtige Rolle spielte, fand das Chinesische

im Lauf der Zeit mehrere, recht uneinheitlich gebrauchte Termini, die

vor allem in den Einleitungen zu Genealogien und ähnlichen Schriften

Anwendung fanden. Ara gebräuchlichsten ist der Ausdruck „Pei-hang"

oder „Hang-pei"^ ;ff, |§ (,, Generationsordnung"), daneben ver¬

wendet man aber auch Begriffe wie „Shih-p'ai" "tfi: M, „P'ai-hang" ^ ^f,

verloren. Möglich wäre an sich auch eine Wiedergabe mit „Rangordnung",

doch wird dieses Wort zu oft in anderem Zusammenhang gebraucht, als daß

es geeignet wäre.

1 Wei-shu, ch. 47, Erh-shih-wu-shih, (ed. K'ai-ming 1935) (Esws.) 2005.3—

2006.1. — cf. hierzu Mathews' Chinese-English Dictionary, Cambridge (Mass.) 1947, p. 673 -.p'ai-hang ti-chi ^ ^ "what is your seniority among your brothers ?"

2 Jih-chih-lu (ed. Ssu-pu pei-yao) ch. 23, p. 35a—b.

" Beide: Hou-Han-shu, ch. 104 B {Esws. 0866.4).

* Beide: San-kuo-chih, Wei-chih, ch. 21 {Esws. 0978.3—4).

5 Unglücklicher Weise häufig mit P'ai-hang in der ersten Bedeutung ver¬

wechselt. Cf. z. B. Mathews, p. 693: pei-hang ^f: "order of seniority".

(4)

598 Wolfgang Baueb

„Tzu-p'ai" ^ m, „Tzu-lun" 'fi, „Tzu-yün" ^ ^, „Tzu.yüan"

^ ln'i und „Lien-ming"

Es muß also beim Begriff P'ai-hang, soweit er auf die Namengebung

angewendet wird, grundsätzlich unterschieden werden zwischen

1. dem „Alters-P'ai-hang", welches die Altersfolge innerhalb einer

Generation zum Ausdruck bringt, und

2. dem „Generations-P'ai-hang", das rait Hilfe eines gemeinsamen

Namensteils eine Generation gegenüber den anderen heraushebt.

Es erscheint vor allem in zwei Spielarten

a) als „Teil-P'ai-hang"2 — Gleichheit eines Zeichenbestandteils bei

einsilbigen Namen — und

b) als „Voll-P'ai-Hang" — Gleichheit eines ganzen Zeichens bei

Doppelnamen.

Die oben zitierten Ausführungen Ku Yen-wus über das P'ai-hang sind

von verschiedenen chinesischen Gelehrten ergänzt und zum Teil auch in

Zweifel gezogen worden*. Hinsichtlich der Verlegung der Anfänge des

Generations-P'ai-hang in die Chin-Zeit hat er selbst Gegenargumente

aufgeführt*. Tatsächlich lassen sich die ersten eindeutigen Spuren des

P'ai-hang-Schemas schon weit vor der Chin-Zeit nachweisen. Es lohnt

sich, die Entwicklung von den ersten Anfängen an zu verfolgen.

2. Das Alters-P'ai-hang

Die Entstehung und Ausgestaltung des Alters-P'ai-hang ist verhältnis¬

mäßig leicht durchschaubar. Verglichen mit dera Generations-P'ai-hang 1 Kaku, op. cit., p. 404—05. KIaku wählte zur Unterscheidung der beiden

P'ai-hang-Arten die Ausdrücke „P'ai-hang -shun" ^fe für das Alters-

P'ai-hang und „P'ai-hang-tzu" | I ^ für das Generations-P'ai-hang.

2 Chin.: Pien-pang p'ai-hang ^ -fx-

* S. unten Anm. 2 S. 604.

* ,,Es findet sich allerdings im Shui-ching-chu (ed. Ssu-pu ts'ung-k'an, eh. 11, p. la — b) die Stelle: .Früher lebte einmal ein gewisser Herzog von

Pei-p'mg (namens) Wang T'an IE. If , der mit dem Regierungssystem des

Wang Mang nioht einverstanden war. Sein Sohn Hsing ^ zeugte fimf Söhne,

die sich vor den Kriegsunruhen in die Verborgenheit zurückzogen. Als dann

Kaiser Kuang-wu auf den Thron kam (25 n. Chr.), belehnte er sie imd machte

alle zu Herzögen: (Wang) Yüan-tsai (I) TC ^ zum Herzog von Pei-p'ing,

I-tsai ^ I zum Herzog von An-hsi, Hsien-tsai |^ | zum Herzog von P'u-

yin, Chung-tsai ■fiji | zum Herzog von Hsin-shih und Chi-tsai ^ | zum

Herzog von T'ang.' Es ist jedoch imrichtig, daß man (diese Art der Namen¬

gebung) bereits in der unmittelbar darauffolgenden Zeit (in weiten Kreisen) nachmachte, denn in der Ost-Han-Zeit gab es ja wenig doppelghedrige Ming."

Jih-chih-lu, loc. cit.

(5)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebung 599

spielte es in der Namengebung' eine viel weniger wichtige Rolle und

wurde nie wie dieses konsequent zu einem komplizierteren System

■weiterentwickelt. Das Alters-P'ai-hang ist bereits für die früheste Zeit

nachweisbar. Schon das Li-chi^ schreibt vor, daß aus der Namengebung

bei Geschwistern die Reihenfolge der Geburt hervorgehen müsse. Den

gleichen Zweck, nämlich den, die Rangordnung der Familienmitglieder

erkennbar zu machen, verfolgen die Anordnungen des I-li, welche die Be¬

nutzung der Zeichen po, chung, shu und chi im Tzu empfehlen*. Tat¬

sächlich war die Verwendung dieser Worte im Tzu his in die jüngste Zeit

hinein weit verbreitete Sitte* ; gewöhnlich nahmen sie die erste Stelle in

dem ja fast immer zweigliedrigen Mannesnamen ein. Bei einer Zahl von

mehr als vier Brüdern wurden shu und chung mit jeweils verschiedenem,

freigewählten zweiten Zeichen öfters gebraucht, bei drei Brüdern da¬

gegen shu oder chung ausgelassen, bei nur zwei Brüdern endlich chung

und shu, oder chung und chi übergangen*. Nach einer SteUe im

1 Dagegen war es für die Entwicklimg der Anredeformen zwischen Ver¬

wandten hochbedeutsam. Mit Hilfe von Zahlzeichen wurde etwa seit der

Liu-ch'ao-Zeit nicht nur die Reihenfolge der Geburt zwischen Brüdem,

sondem auch die zwischen Vettern und überhaupt Angehörigen einer Genera¬

tion angezeigt. So kormten z. B. zwei hintereinander geborene Brüder die

Nummern zwei imd sechs als Anrede bekommen, wenn drei Vettern zwischen

ihnen geboren worden waren. Man hieß das — im Gegensatz zur Hsiao- oder

Pen-P'ai-hang genannten Numerierung von Brüdern — Ta- oder T'ung-

P'ai-hang. Später numerierte man auch vertikal die Generationsreihen, so

daß jemand, der etwa als vierzehntes Kind innerhalb der vierten Familien¬

generation (von irgendeinem Stammvater an gerechnet) zur Welt gekommen

war, von seinen Verwandten kurz als Ssu-shüi-ssu (,,Vier-Vierzehn") an¬

gesprochen wurde. Einzelheiten cf. Kaku, op. cit., p. 356—73. Hinweise auch

bei Han-Yi Fäng, The Chinese Kinship System, HJAS, Bd. 2 (1937),

141—275: p. 158 Anm. 32, und Ebebhabd, Lokalkulturen II, p. 94, sowie

auch WoNG Su-Ling, Tochter des Konfuzius, p. 41—42.

"Li-chi chu-shu (ed. Sppy.), ch. 2 (Ch'ü-li, A), p. 10a: S. Coüvbeüb, Memoires sur les bienseances et les ceremonies, Paris 1950, Bd. I, p. 32.

^ I-li chu-shu (ed. Sppy.), ch. 3 (Shih-kuan-li), p. 5b: S. Couveeub,

Ceremonial, Hsien Hsien 1916, p. 21.

* Ein geläufiges Beispiel für die alte Zeit wäre etwa der Mannesname von

Konfuzius: Chung-ni 'fiji /ß. — Aus druckteclmischen Gründen muß die

Zahl der Beispiele für die verschiedenen Namentypen auf ein Mindestmaß

beschränkt werden. Der Verfasser hofft demnächst im Rahmen einer Arbeit,

die die chinesische Personennamengebung allgemein behandeln soll, eine

reichere Auswahl des gesammelten Materials vorlegen zu können.

5 Selbstverständlich war das eben nur dadurch möglich, daß diese Zeichen im Tzu auftraten, der ja erst im zwanzigsten Lebensjahr erteilt wurde, so daß, wenn der älteste Bruder den Namen bekam, die Gesamtzahl seiner Geschwister

im Allgemeinen bereits feststand. Mitimter kam es jedoch auch vor, daß nur

ein Teil der Brüder die Alterszeichen im Namen trug. Cf. Ch'en-shu, ch. 37

(Esws. 1185.2).

(6)

600 Wolfgang Bauee

Li-chi^ soll es in alter Zeit sogar Brauch gewesen sein, Personen über

fünfzig Jahre nur mehr mit dem Alterszeichen allein anzusprechen, außer

wenn Verwechslungsmöglichkeiten das verboten^. Etwa seit der Hou-

Han-Zeit verwandte man im Tzu auch andere Zeichen zum Alters-P'ai-

hang, so vor aUem yüan, c¥ang, ta und meng TC, iz, ^ für den Erst¬

geborenen, yu ^ für den Letztgeborenen*, später auch gewisse Zeichen,

die von Natur aus in einem festen, an eine bestimmte Reihenfolge ge-

bimdenen Verhältnis zueinander standen und damit indirekt die Geburts¬

folge ausdrückten, wie z. B. wen und wu, ,, Bildung" und ,, Tapferkeit",

oder die Reihe der vier übernatürlichen Lebewesen Einhorn, Phoenix,

Schildkröte und Drache*.

Bedeutungsvoller war das allmähliche Übergreifen dieser die Alters¬

folge angebenden Zeichen auch auf den Ming, das etwa seit Beginn der

Liu-ch'ao-Zeit nachgewiesen werden kann. Es erklärt sich aus der engen

Beziehung zwischen Ming und Tzu, die von eh und je existierte, und aueh

durchaus beabsichtigt war ; sie bestand entweder inhaltlich oder bisweilen

auch nur graphisch*. Dieses Übergreifen zeigt sich z. B. im Namen des

(Chang) Yüan, T.: Hsiao-shih (5S) TC, seine SteUung als Erst-

1 Li-chi chu-shu, ch. 7 ( T'an-kung A), p. 13a—b, Couvreur, Memoires .. ., Bd. I, p. 156—57.

2 Kenjü Tokiwai ff,* ffi ^ M "t* untersucht in der Studie Hahu, chü,

shuhu, ki ni tsuite [„Über (die Namensbestandteile) po, chung, shu und chi"]

diese Sitte ausführlich. Dabei entscheidet er sich in der Auslegung der ge¬

nannten Li-chi-Stelle für die Auffassung K'ung Ying-tas ; Chia Kung-yen

wUl aus derselben SteUe herauslesen, daß es üblich gewesen sei, erst vom

fünfzigsten Lebensjahr an dem Tzu das Alterszeichen beizufügen. — Cf.

hierzu den Aufsatz von Hung Mai Öt ^ : Ku-jen tzu chih i-yen („Die Alten

hatten nur eingliedrige Tzu") in Yung-chai sui-pi ^ ^ [5S ^ (ed. Hsiao-shu

pi-chi ta-kuan /J> Ml^tiiz. M). ch. 1, p. 6a—b, der wiederimi eine ganz

andere Ansicht vertritt.

3 Zum Teil scheinen diese Zeichen jedoch auch eine spezielle Neben¬

bedeutung gehabt zu haben. So geht z. B. aus eüier Stelle im Tso-chuan

(Ch'ao-kung, 7. Jahr, 8. Monat, Legge, Chinese Classics, V, 619) hervor, daß

die Bezeichnung meng im Namen statt po den erstgeborenen Sohn einer

Nebenfrau angab.

* Kuwabara, op. cit., p. 93 und Uchida, op. cit., p. 636. Derartige Zeichen finden sich freilich nicht nur im Tzu, sondern in späterer Zeit häufiger noch auch im Ming.

5 „Sometimes the personal name is extended to make a style, so that

hearing the personal name one Imows the style, and hearing the style one

knows the personal name." Tjan Tjoe Som, Po Hu T'ung, Leiden 1949/52,

p. 585. — In zwei Studien: Ch'un-ch'iu ming-tzu chieh-ku ^ Mt^'

2 chüan und Chou-Ch'in ming-tzu chieh-ku ^ ^ 111 I, 1 chüan hat Wang

YiN-CHiH 3l ?| (1766—1834) die Beziehungen zwischen Ming und Tzu

von der Chou- bis zur Ch'in-Zeit behandelt.

« Chou-shu, ch. 46 (Esws. 2333.4). Das Zeichen hsiao ün Tzu bezieht sich

(7)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebmig 601

geborener ist sowohl im Ming als auch im Tzu ausgedrückt. Seit der Liu-

ch'ao-Zeit erscheinen die „Reihenfolgezeichen" vielfach auch nur mehr

im Ming allein. Es fällt hierbei jedoch auf, daß oflFenbar die P'ai-hang-

Zeichen für die älteren Brüder häufiger in den Ming gewandert sind, als

die der jüngeren'. Das ist kein Zufall. Es ist vielmehr die Folge davon,

daß der Tzu im zwanzigsten Lebensjahr des Sohnes verliehen wurde, der

Ming aber schon kurz nach der Geburt, zu einem Zeitpunkt also, da es

zwar ohne weiteres möglich war, einen Sohn als den ,, Erstgeborenen"

oder ,, Mittelgeborenen" zu bezeichnen, schwerer aber als den ,, Vor¬

letzten" oder den ,,Letzten"2. Hier liegt zweifellos der Grund dafür, daß

sich das Alters-P'ai-hang in dieser direkten Art im Ming nicht recht fest¬

setzen konnte*.

Anders verhält es sich dagegen mit jenen Zeichen im Namen, die die

Altersfolge indirekt zu Ausdruck brachten. Ihre Verwendung im Ming

ist seit der Chin Zeit in steigendem Maße festzustellen. Freilich bestand

auch bei den indirekten Alters-P'ai-hang-Zeichen der Nachteil, daß durch

sie schon mit der Namenserteilung für den ersten Sohn die Anzahl der

noch gar nicht geborenen gewissermaßen im Voraus festgelegt war*; in

Wirklichkeit aber wurde dann natürlich die ,, vorgeplante" Kinderzahl

häufig entweder nicht erreicht oder überschritten, und damit das ganze

auf die außergewöhnliche Elternliebe Chang Yüans, die in seiner Biographie

eigens hervorgehoben wird. — Auch schon vor der Liu-ch'ao-Zeit finden sich

in Personennamen vielfach Zeichen, die offensichtlich die Geburtenfolge an¬

zeigen. Da aber bei keinem von ihnen der Tzu mit angegeben ist, muß in all

diesen Fällen damit gereclmet werden, daß es sich bloß mn einen Tzu handelt.

Die Mannesnamen wurden ja häufig besser als die Ming überliefert, weil sie

den Tabubestimmungen nicht imterlagen.

' Liang-shu, ch. 20 {Esws. 1793.1). — Nicht in allen Fällen sind jedoch

Zeichen wie po, shu usw. als Alters-P'ai-hang-Zeichen zu werten, vor allem

nicht, wenn sie im Ming an zweiter Stelle stehen. Im Zweifelsfall sind hier die

Tzu zuverlässiger: z. B. (Shen) Wen-chi, T.: Po-ta (Öt) ^ "fÖ ^ (Nan-

Ch'i-shu, ch. 44, Esws. 1738.2).

2 Cf. Anm. 5, S. 599.

3 Ein Ausweg, der aber bei der Namengebung (cf. dagegen Anm. 1, S. 599)

nur selten beschritten und im Wesentlichen nicht weiter verfolgt wurde,

wäre die Verwendimg von Zahlzeichen gewesen: ,,Die im Nan-shih erwähnten

jüngeren Brüder des Militärintendanten von Nan-ohin Chiang Tzu-i ü —

hießen Tzu-ssu und Tzu-wu "T" 3£ {Nan-shih, ch. 64, Esws. 2693.2);

(dies) ist also ein Fall, wo man das P'ai-hang aueh mit Hilfe von Zahlen

durchgeführt hat." Yir Yiteh (1821—1907) in seinen Ergänzungen zu

Ku Yen-wus Jih-chih-lu {Jih-chih-lu hsiao-chien 111 /]■> ^) in Ch'ü-yüan tsa- tstian löj m ^ ^ (ed. Ch'un-tsai-t'ang ch'üan-shu), ch. 34, p. 20b.

* Wenn z. B. der Name des ersten Kindes mit dem Zeichen lin ,, Einhorn",

dem einen der vier heiligen Tiere, gebildet wmde, so war damit bereits die

Gesamtzahl der Geschwister von vorneherein auf Vier festgelegt.

(8)

602 Wougang BauebI

System letzten Endes mehr oder weniger sinnlos. Man ging daher hin und

wieder dazu über, die Kinder der Reihe nach — besonders bei einsilbigen

Namen — nach der Zeichenfolge in einem bestimmten Text zu benennen,

so daß also ihre Namen hintereinander gelesen einen Sinn ergaben. Da die

hierfür ausgesuchten Sätze gewöhnlich wohl mindestens sechzehn bis

zwanzig Zeichen umfaßten, konnten sie zwar kaum je ganz durchlaufen

werden, aber es war wenigstens die Gefahr gebannt, daß bei einer sehr

großen Zahl von Geschwistern nur der eine Teil nach dem Alters-P'ai-

hang, oder gar der eine von ihnen nach dem einen, der andere nach einem

anderen Alters-P'ai-hang-System benannt werden mußte.

Für diese geistreiche Form der Namengebung finden sich frühe Beispiele

bereits im Chin-shu. So nannten sich die fünf Söhne des Wang Hsiang

5 M- (Wang) Chao, Hsia, Fu, Lieh und Fen (3i) IS, g, ^, ^i.

Zusammen ergeben die Zeichen den Spruch :

„Im beginnende Sommer — (Blüten)duft süß und betäubend ...".

Die sechs Söhne des Wang Lan 3i ^ hießen: (Wang) Ts'ai, Chi, Hui,

Cheng, Yen und Ch'en (1) ife, ^, jE, M^'> der Sinn, den diese

Namen nacheinander gelesen ausdrücken, wäre etwa folgendermaßen zu

übersetzen :

„Leget die (rechten) Fundamente, und verstehet die (rechten)

Prinzipien !

Kostbar und edel ...".

Die neun Söhne des Ssu-ma Fu tj) ^ ^ trugen die Namen : (Ssu-ma)

Yung, Wang, Fu, I, Huang, Kuei, Kuei, Heng und Ching ('s] M,) ^,

n, %, m, ^. Es ergibt sich der Spruch:

„(In) einer einigen Familie* (besteht) gegenseitiger Schutz.

Glänzend in herrlicher Schönheit (zeigt sich) die standesmäßige

Autorität (der Famihe) Strahlend

In Anbetracht dessen, daß all solche Sätze naturgemäß nur unvoll¬

ständig rekonstruiert werden können, außerdem aber die verschiedenen

Geschwister sicherlich häufig nicht in der richtigen Reihenfolge ihrer

Geburt aufgeführt werden und früh gestorbene wohl oft gar nicht mehr

erwähnt sind, läßt sich über den Inhalt der Sätze generell sehr schwer

etwas aussagen. Festzustehen scheint nur, daß es sich, wie das ver-

1 Chin-shu, ch. 33 (Esws. 1175.2—3).

^ Chin-shu, ch. 33 (Esws. 1175.3—4.

^ Chin-shu, ch. 37 (Esws. 1185.2—4).

^m-

° Für den ersten Spruch sind die Binome fu-fen und fen-lieh ^ ^ ^j,

für den zweiten ts'ai-chi und hui-cheng und für den dritten fu-i als Ver¬

bindungen durch P'ei-wen yün-fu belegt.

(9)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebmig 603

wendete Vokabular erkennen läßt, bei ihnen in der Mehrzahl um Ge¬

dichte oder wenigstens um rhythmische Sprüche handelt'.

Das Alters-P'ai-hang hatte mit dieser Art Namengebung den Höhe¬

punkt seiner Entwicklung erreicht. Das von ihm hervorgebrachte System

des „P'ai-hang-Spruches" aber sollte auf die Dauer gesehen für das

Alters-P'ai-hang selbst, in dem es doch relativ selten gebraucht wurde,

weniger Bedeutung haben, als für das Generations-P'ai-hang, so sehr sich

dieses auch in seiner Grundentwicklung von ihm unterschied.

3. Das Generations-P'ai-hang

Zum Unterschied vom Alters-P'ai-hang war das Generations-P'ai-hang

offiziell niemals vorgeschrieben. Demioch finden sich gewisse Vorläufer

von ihm schon seit Beginn der Früheren Han-Zeit. So hießen drei Söhne

des Prinzen Tao-hui von Ch'i: Pa-chün (frei: ,, Schluß mit Krieg"),

Ning-kuo („Friede dem Land") und An (,,Friede")2, die des Prinzen Ching-su von Chao: Jen (,, Menschlichkeit") und I („Gerechtigkeit")*,

und die Söhne des Prinzen Ssu von Ch'u: Hsiu (,,der Ruhige") und P'ing

(,,der Friedliche")*. Diese bedeutungsmäßige Verbindung zwischen den

Brüdernamen muß freilich durchaus noch nicht beabsichtigt gewesen

sein, umsoweniger, als in allen drei Fällen andere Brüder existierten,

deren Namen mit den genannten nicht in Zusammenhang gebracht

werden können. Trotzdem scheinen Annäherungen in der Bedeutung der

Brüdernamen ,, Schrittmacher" des Generations-P'ai-hang gewesen zu

sein.

Das aller Wahrscheinlichkeit nach älteste Beispiel für Generations-

P'ai-hang findet sich im Tso-chuan : Der Herrscher des Riesengeschlechtes

der Ch'ang-Ti („Riesen-Ti") g Ch'iao-ju ^ in hatte drei jüngere

Brüder Fen-ju, Yung-ju und Chien-ju ^ in, ^1, ^ I®- Es handelt

sich hier nicht etwa um eine Umschreibung von Fremdnamen; mit Aus¬

nahme von Yung-ju lassen sich die Namen nämlich ohne weiteres rein

chinesisch erklären: Ch'iao ,,hoch" weist auf den Riesenwuchs des an¬

geblich drei Klafter großen Herrschers hin; Fen-ju ist ein I-ching-Zit&t^

1 Leider konnte ich kein Beispiel finden, in dem die Geschwisterkette lang genug war, um die sich ergebenden Sätze auf etwaige Reime durchzuprüfen.

2 Ch'ien-Han-shu, eh. 15 A (Esws. 0323.2).

' Ch'ien-Han-shu, eh. 15 A (Esws. 0325.1). Da jen und i stets in dieser

Reüienfolge aufgeführt werden, könnte es sich hier auch um einen Fall von

indirektem Alters-P'ai-hang handeln.

* Ch'ien-Han-shu, ch. 15 A (Esws. 0335.3).

* Tso-chuan chu-shu (ed. Sppy.) Wen-kung 11. J., ch. 19 B, p. lb — 2b.

* I-ching chu-shu (ed. Sppy.), ch. 3, p. 22a, Diagramm ü St : ^ ^ ^ ^

inj^im'JtiOi'Miß „Neun auf viertem Platz bedeutet : Plötzlich ist sein

(10)

604 Wolfgang Baxter

in der Bedeutung „verbrannt und vernichtet", und chien ist sicherhch

aus einer durch das Zeichen ti ausgelösten Assoziation zu Chien-ti ^

der Ahnfrau der Shang-Dynastie', entstanden. Offensichthch ist das

Zeichen ju, mit dem hier das P'ai-hang gebildet wird, eigentlich nur mit

fen von Natur aus fest verschmolzen ; es trat dann jedoch, in Analogie zu

diesem Beispiel, auch an die drei übrigen Namen an, obwohl es dort mit

den anderen Zeichen keine sinnvolle Verbindungen eingehen koimte.

Freilich sind die Namen dieser zumindest halb sagenhaften Menschen

keine wirklichen Eigennamen, sondern eher eine Art Beinamen. Dennoch

geben sie Einblick in die frühe Entwicklung des P'ai-hang: der erste

Schritt zu seiner Bildung besteht darin, bei zweigliedrigen Namen den

Zusammenhang zwischen beiden Zeichen zu lösen, um sie getrennt für

verschiedene Zwecke zu verwenden — das eine zur Klassifizierung, das

andere zur ,, Individualisierung". Daneben beweisen die Beispiele auch,

daß der Gedanke, Geschwister durch gleiche Namensbestandteile zu¬

sammenzufassen, schon sehr alt ist.

Das wirkliche Generations-P'ai-hang erscheint jedoch erst gegen Ende

der Früheren Han-Dynastie und zwar anfänglich ebenfalls nur im Tzu^.

Die auffallende Tatsache, daß sowohl das Generations- wie auch das

Alters-P'ai-hang zunächst im Mannesnamen auftreten und erst von dort

aus auf den Ming übergreifen, ist wohl damit zu erklären, daß der Tzu,

als „Initiationsname" bei der Volljährigkeitsfeier verliehen, die formeUe Aufnahme des neu Initiierten in das rangmäßig geordnete Familiengefüge

zum Ausdruck bringen sollte. Das später entstandene Generations-

P'ai-hang knüpfte dann in seinem frühen Entwicklungsstadium einfach

an die Gewohnheit des Alters-P'ai-hang an, welches auch — wie oben

erläutert — mehr oder weniger ausschheßlich im Tzu existieren konnte.

Kommen, es brennt auf, erstirbt, wird weggeworfen." R. Wilhelm, I Oing,

Jena 1923, Bd. 1, p. 89. — Der Ausdruck ist in der Bedeutung ,, nieder¬

gebrannt" heute noch geläufig, (cf. Mathews, p. 72.)

' Cf. W. Eberhard, Lokalkulturen im Alten China, Bd. I: Die Lokal¬

kulturen des Nordens und Westens, Suppl. z. TP xxxviii, Leiden 1942,

p. 256—58.

^ ,,Das Brüder-P'ai-hang verwandte man bereits in der Ost-Han-Zeit.

Indessen tritt es meist nicht im Ming, sondern im Tzu auf. So ist es z. B. bei

Ting Hung, T. : Hsaio-kung T ^ und seinem jüngeren Bruder (Sheng,

T.:) Chung-kung ^Si- (Hou-Han-shu, ch. 67, Esws. 0779.1) ... (es

folgen zwei weitere Beispiele) dagegen handelt es sich bei den Namen der

Söhne des K'ung Hsi JL iM (Hou-Han-shu, oh. 109 A, Esws. 0877.2) namens

Ch'ang-yen und Chi-yen 14:^>^ \ (Hou-Han-shu, ch. 109 A, Esws. 0877.3)

zweifellos (bereits) um Ming und nicht um Tzu." Yü Yüeh, op. cit., p. 20b.

Die letzte Behauptung bleibt, da bei den erwähnten zwei Brüdern die Tzu

nicht mit angegeben sind, fraglich.

(11)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebung 605

Die Brüder (Feng) Ye-wang und Li ( <^ ) 1^ I , j£ , die etwa um 50 v. Chr.

lebten, trugen die Tzu Chün-ch'ing und Sheng-ch'ing ^ ji|p, ^ |i. Aus

der Hou-Han-Zeit wären, außer den von Yü Yüeh angeführten Bei¬

spielen (Anm. 2, S. 604), etwa noch zu nennen die Brüder (Chang) Ling und

Hsüan (Ig) m, ^, T. : Chu-ch'ung und Chu-hsü (Ma) Liao und

Fang (Jl) B, Pj, T.: Ching-p'ing und Chiang-p'ing ^3^,011; (Ch'en)

Chi und Ch'en (|^) fö, H, T. : Yüan-fang und Chi-fang Tt^j,^ p, sowie

die acht Söhne des (Hsün) Shu (^5) die sämtlich ihren Tzu mit dem

Zeichen tz'u ^ bildeten.* Mit Beginn der San-kuo-Periode wird das

Generations-P'ai-hang im Tzu allmähhch immer häufiger. Für die an¬

schließende Liu-ch'ao-Zeit lassen sich bereits Beispiele in fast beliebiger Zahl auffinden. Eine Untersuchung dieser älteren Fälle von Generations-

P'ai-hang zeigt verschiedenes: zunächst einmal, daß die P'ai-hang-

Zeichen in der Mehrzahl der Fälle im Tzu an erster SteUe stehen und

dabei oft das Alters-P'ai-hang-Zeichen gänzlich überdecken oder auf den

zweiten Platz zurückdrängen. Dann auch, daß gewisse Zeichen, wie z. B.

'Sf, fSC, M mit Vorliebe verwendet werden. Schließlich aber, daß das

P'ai-hang vielfach nicht bloß im Tzu, sondern gleichzeitig auch im Ming

erscheint, wie etwa bei (Ym) Pu-hai und Pu-ning (^) ^ | ß«,

T. : Ch'ang-ch'ing und Chi-ch'ing ;g; #P, ^ |' oder bei (Wang) Hsüan-tsai 1 Ch'ien-Han-shu, ch. 79 (Esws. 0558.4/0S59.2). Daneben gab es noch zwei

Brüder mit anders geartetem Tzu.

2 Hou-Han-shu, ch. 66 (Esws. 0717.3).

» Hou-Han-shu, ch. 92 (Esws. 0839.3).

* Ebenfalls Hou-Han-shu, ch. 92 (Esws. 0839.3). — Eine P'ai-hang-

ähnliche Erscheinung findet sich bei der Namengebimg der Ch'iang Stämme

etwa um die gleiche Zeit (ca. 50 bis 100 n. Chr.) z. B. (Hou-Han-shu, ch. 117, Esws. 0901.2—4):

Tien-liang ^

Tien-wu ^ Tien-an 'i^

Tung-wu M o- Mi-wu ^ ^ Hao-wu M, ^

Tung-hao 3^ M Mi-t'ang ^

Es handelt sich hier natürlich jedoch um eine nichtchinesische („proto-

tibetische" ?) Sprache, bei der in der Namengebung eine an sich schon be¬

schränkte Zahl von Wörtern oder Silben immer wieder — offenbar nicht ganz

ixnsystematisch — durcheinandergewürfelt werden. Die Zeichen tien, tung

und an etwa treten auch in den Namen anderer, nicht verwandter Personen

häufig auf. Wesentlich ist, daß sich die Verbindungslinien zwischen den

Namen gleichzeitig in horizontaler und vertikaler Richtung ziehen; Mi-wus

JTame beispielsweise steht mit den Namen seiner Brüder, seines Vaters und

seines Solmes in Beziehung. Vgl. hierzu die japanische Namengebung (unten

Anm. 4, S. 633). ^ Ch'en-shu, ch. 32 (Esws. 1889, 1—2).

(12)

606 Wolfgang Baüeb

und Hsüan-mo (D ^ | T. : Yen-hsiu und Yen-yüan ^ -fjc, | jgi.

In der Tat kam das Generations-P'ai-hang erst im Ming zu seiner vollen

Entfaltung, während es sich im Tzu schon seit der Chin-Zeit kaum mehr

weiterentwickelte, ja im Gegenteil allmählich, fast parallel zu seiner

immer raffinierteren Ausgestaltimg im Ming, mehr und mehr zurück¬

bildete. Das Übergreifen des P'ai-hang selbst aber, das gewiß nicht zuletzt

durch die Überlastung des Tzu mit KlassifiJcationselementen verursacht

war, ist deshalb besonders reizvoll zu beobachten, weil es interessanter Weise gerade infolge besonderer Hindernisse eine ganz neue Entwicklungs¬

form hervorbrachte, nämlich das Teil-P'ai-hang.

4. Das Teil-P'ai-hang

Da der Tzu fast stets zweigliedrig ist^, war man bei ihm niemals unbedingt gezwungen, einzelne Bestandteile der Namenszeichen zur Klassifizierung

heranzuziehen^. Anders liegt die Sache beim Ming, der ja mindestens

ebenso oft eingliedrig wie doppelgliedrig zu sein pflegt. Nun hatte sich

aber gerade zu Beginn der Hou-Han-Zeit, als das Generations-P'ai-hang

auch in den Ming einzudringen begann, die Mode durchgesetzt, fast aus¬

schließlich eingliedrige Ming zu benützen. Dieser Brauch war nicht

etwa allmählich von selbst entstanden; er geht vielmehr auf einen ent¬

sprechenden Erlaß Wang Mangs zurück, der in seiner bekannten Restau¬

rationssucht auf Grund einer — noch dazu recht strittigen — Stelle im

Kung-yang-chuan* doppelghedrige Ming rundweg abgeschafft hatte. Be¬

reits erteilte Doppelnamen mußten auf ein Zeichen zusammengestrichen*, 1 Nan-Ch'i-shu, ch. 27 {Esws. 1715.2—3).

^ Cf. dagegen den oben (Anm. 2, S. 600) erwähnten Aufsatz von Hung Mai.

* Das einzige Gegenbeispiel, die Tzu des (Chiang) Hsien (^) flj und seiner

Brüder: Po-huai, Chung-hai und Chi-chiang -fÖ f^. fff , ^ iX ist wohl so

aufzulösen, daß die einheitlicher Verwendung dea Klassenzeichens Wasser

lediglich als Folge des in erster Linie angestrebten Sinnzusammenhangs

„Huai(-Fluß)", ,,Meer" und ,,(Yang-tzu-)chiang" aufgefaßt werden muß.

{Hou-Han-shu, ch. 83, Esws. 081S.1 ; cf. auch Yü Yüeh, op. cit., p. 21b. Von

den zwei jüngeren Brüdern sind die Ming nicht mit angegeben). Trotzdem

soll natiü-lich nicht geleugnet werden, daß gerade die Wahl sinnverwandter

Zeichen die Entstehung des Teil-P'ai-hang vorbereitet haben kann.

* Kung-yang chu-shu (ed. Sppy.): T'ing-kung, 6. J. und Ai-kung, 13. J.

(gleichlautend), ch. 26, p. la und ch. 28, p. 3b.: „Man mißbiUigt doppel¬

ghedrige Namen; (denn) doppelghedrige Namen sind unschicklich."

' Der Erlaß selbst ist in der Biographie Wang Mangs nicht erwähnt, geht

aber aus zwei Stellen deutlich hervor: ,,. . . Mang . . . schickte Abgesandte,

. •. um den Shan-yü der Hsiung-nu reichhch zu bestechen und veranlaßte

ihn so, dem Hof eine Denkschrift (folgenden Inhalts) vorzulegen : ,Ich habe

vernommen, daß in China das Tragen von zwei Beinamen getadelt wird.

Daher habe ich jetzt meinen früheren Namen Nang-chih-ya-ssu S Ä ^ ^

(13)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebimg 607

oder überhaupt neu gegeben werden. In einem Aufsatz, betiteh „In der

Hou-Han-Zeit gab es keine Doppelnamen" (Hou-Han um erh-ming) schreibt

der Gelehrte Wang Mou 3i (Wende des 11. Jh.) hierzu folgendes:'

,, Manche Leute meinen, es habe unter den Eigennamen (Ming) der

Hou-Han-Zeit nur deswegen keine zweisilbigen gegeben, weil Wang

Mang sie verboten hatte. Nun, ich las im Hsiung-nu-chuan die Stelle:

'Als Mang das Gesetz erließ, daß zweigliedrige Namen nicht mehr ge¬

duldet würden, sandte er auch an den Shan-yü, um ihn zu demütigen,

einen Boten (mit der Mitteilung), eigentlich gehöre es sich doch für ihn,

um Abänderung seines persönlichen Namens in einen einsilbigen ein¬

zugeben^.' Die Meinung der oben erwähnten Leute ist also nicht ganz

unbegründet. Indeß bin ich der Meinung, daß Mang, der sich die Staats¬

gewalt erschlichen hatte und nur kurze Zeit die Regierungsgewalt be¬

saß, bis dann die Familie der Han den hohen Auftrag wieder über¬

nahm, alles in allem eine unberechtigte und korrupte Regierung

führte, so daß es ihm kaum gelungen sein dürfte, ausgerechnet bei den

Eigennamen mit einem Schlag etwas abzuschaffen oder zu erneuern.

Daß in der Hou-Han-Zeit seit Mangs Herrschaft nach Art der Alten

häufig einsilbige Eigennamen erscheinen, geschah der Überlieferung

zuliebe, ich glaube kaum Mangs wegen. Es war ja auch nicht so, daß

(zu der Zeit) überhaupt keine Doppelnamen gebraucht wurden; ihre

Zahl erreichte nur nicht mehr das sonst übliche Verhältnis (gegenüber

den einsilbigen). Macht man sich einmal daran, die Biographien (im

Hou-Han-shu) eingehender zu untersuchen, (so findet man Namen wie) :

Su Pu-wei, T. : Kung-hsien Ü ^ Wang Yen-shou, T. : Wen-

k'ao 31 X ^* (weitere zwei Namen). Jeder einzelne

von ihnen beweist, daß damals zweigliedrige Eigennamen (in Ver¬

wendung) waren. Außerdem erscheinen Namen wie ... (es folgen

umgeändert in den Namen Chih ^n> um die Ordnung der Heiligen zu be¬

folgen.'" (Ch'ien-Han-shu, ch. 99 A, Esws. 0620.2,: H. O. Stange, Die

Monographie über Wang Mang, Abh. f. d. Kunde d. Morgenlandes, XXIII, 3,

Leipzig 1938, p. 27.) Ferner: „(Der Enkel Wang Mangs) Tsung ^ hatte ur¬

sprimglich Hui-tsung ^ geheißen, dann aber gemäß dem System den aus

zwei Zeichen bestehenden Namen abgelegt. Nun (— er hatte den Verdacht

der Rebellion auf sich gezogen —) wurde er wieder Hui-tsung genannt, und

sein Rang erniedrigt ..." (Ch'ien-Han-shu, ch. 99 C, Esws. 0628.3: Stange,

op. oit., p. 218.). Die Führung eines Doppelnamens galt also geradezu als

Schande !

^ # ^ M — ^ in: Yeh-ko ts'ung-shu 5f ^ (ed. Hsiao-shuo pi-chi

ta-kuan), ch. 22, p. la.

2 Ch'ien-Han-shu, ch. 94 B (Esws. 0601.3).

Hou-Han-shu, ch. 61 (Esws. 0766.4).

* Hou-Han-shu, ch. 110 A (Esws. 0881.4).

40 ZDMG 107/3

(14)

608 Wolfgang Bauer

wieder drei Namen). Man sieht also, daß es Inder Hou-Han-Zeit niemals

absolut keine zweisilbigen Ming gab. Die Inschriften, die im Chi-ku-lu

des Herrn Ou(-yang) Hsiu (1007—72) und dem Ghin-shih-lu des Herrn

Chao (Ming-ch'eng) (1081—1129) enthalten sind, erwähnen wiederholt

Personen mit (Eigennamen), die aus zwei Zeichen bestehen. Natürlich

wird man einwenden, es seien bloß die Mannesnamen von Personen aus

der Han-Zeit, und ich werde mich gewiß nicht unterfangen, dem¬

gegenüber mit Bestimmtheit zu behaupten, es seien Ming. Man lese

aber die (Grab)inschrift für Wu Liang ^ darin heißt es, daß (die

Tafel) von seinen pietätvollen Söhnen Chung-chang und Chi-chang

'f't' ^ i aufgestellt worden sei, und daß sein Enkel Tzu-ch'iao

persönlich seine Pietätspflichten erfüllt habe'. Wie gäbe es

Söhne und Enkel, die sich auf der Grabtafel Vater und Großvater

gegenüber mit ihrem Tzu bezeichneten! Herr Ou schreibt in einer

Nachschrift zu der Grabtafel von Yang Chen ^ : 'Auf dieser Tafel

ist die Rede von Mämiern wie Chia Po-i ^ fÖ und Liu Hsien-tsu

#J M SB- Im Ganzen gibt es (hier) ziemlich viele Personen (mit solchen

zweigliedrigen Ming). Ich vermute, daß es sich in all diesen Pällen,

wo (derartige Namen) in den Schriften vorkommen, um Mannesnamen

handelt. Denn in der Hou-Han-Zeit hatte man ja — wie aus den

Biographien in den offiziellen Geschichtswerken hervorgeht — keine

Ming, die aus zwei Zeichen bestanden^.' Da (muß) ich (wirklich) sagen,

daß Herr Ou das Hou-Han-(shu) nicht gründlich genug studiert hat.

Wie könnte er sonst behaupten, daß in den Biographien der offiziellen

Geschichtswerke keine doppelgliedrigen Eigennamen vorkämen!"

Es ist richtig, daß das Gebot Wang Mangs gelegentlich durchbrochen

wurde^, und doch bleibt die erstaunhche Tatsache, daß es grundsätzlich,

im Gegensatz zu den übrigen Maßnahmen seiner Restauration, zwei bis

drei Jahrhunderte lang Gültigkeit behielt. Was nun das Generations-

P'ai-hang angeht, so war man also, wollte man es im Ming durchführen,

während dieser Zeit gerade gezwungen, Schriftzeichen zu wählen, die

durch ein gemeinsames Element miteinander verbunden waren. Frühe

Beispiele hierfür sind, außer den oben* genannten, die Brüder (Ch'en)

Ts'ung und Kuei (|^) g^, S^ (Liu)K'ai und Hsien (ITi]) H, M^ (Hsün)Yü

' Chin-shih-lu, ed. Sptk hsü-picn, ch. 14, p. 10b. In der mir vorliegenden Ausgabe sind die beiden erwähnten Namen allerdings nicht angegeben.

^ Chi-ku-lu, ed. Sptk., ch. 2 (= Ou-yang Wen-chung Kung chi, oh. 135)

p. 14a—b.

' Eine recht rmifangreiche Liste von Personen mit zweisilbigem Ming ent¬

hält das Shao-shih slian-fang chi o!/ ^ Ul M" Ä des Hu Ying-lin Ä9 Ü|

(2. H. d. 16. Jh.) ch. 18, p. 9b—13a. « S. 597.

' Hou-Han-shu, oh. 86 (Esws. 0822.2).

" Hou-Han-shu, ch. 69 (Esws. 0782.2).

/

(15)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebung 609

und T'an (^) S, ft^ sowie (Chia)Piao mit seinen zwei Brüdern^. Im

Lauf der Zeit schwoll die Zahl der in dieser Weise gebildeten Ming immer

mehr an. Ebenso wie das Voll-P'ai-hang im Tzu ward das Teil-P'ai-hang

im Ming seit der Liu-ch'ao-Zeit schon beinahe zur Regel. Vergleicht man

die zahlreichen Beispiele, so kommt man zu dem Ergebnis, daß grund¬

sätzlich zwar alle Klassenzeichen für das Teil-P'ai-hang herangezogen

wurden, daß aber dennoch eine gewisse Anzahl von einfacher gebauten

wie yü: „Jade" in erster Linie*, aber auch jiÄ ,, Sonne", shan ,,Berg", jen „Mensch" und mu ,,Holz", vor allem was die frühere Zeit betrifft,

besonders beliebt war. Das geht so weit, daß man bei manchen Namen,

die mit einem dieser Radikale zusammengesetzt sind, ohne weiteres auf

Teil-P'ai-hang schließen kann, insbesonders, wenn es sich um sehr aus¬

gefallene Zeichen* handelt. Diese Regel gilt, mit Vorsicht angewendet, bis

in die modernste Zeit hinein, nur ist sie da wegen der Verwendung immer

neuer, auch komplizierterer Klassenzeichen weniger ausgeprägt.

5. Die Weiterentwicklung des Generations-P'ai-hang bis zur

T'ang-Zeit

Gegen Mitte der Chin-Zeit, also etwa seit Beginn des vierten Jahr¬

hunderts n. Chr., beginnen sich die zweisilbigen Eigennamen ganz all¬

mählich wieder durchzusetzen. Die Übergangsperiode — ca. 300 bis 480 —

ist durch eine ganz merkwürdige Erscheinung, nämlich durch das massen¬

hafte Auftreten von Namen mit dem Zeichen chih an zweiter Stelle ge¬

kennzeichnet*. Ganze Generationen hatten das Zeichen in ihren Namen,

wie z. B. die Nachkommen des berühmten Dichters und Kalligraphen

Wang Hsi-chih (321 —79)*, dessen Name ja selbst damit gebildet war.

Ch'en Yüan hat in seiner Abhandlung über das Namenstabu u. a. auf

1 Hou-Han-shu, ch. 92 (Esws. 0838.1).

2 Hou-Han-shu, ch. 97 (Esws. 0851.2). Piao und seine zwei Brüder wurden laut der Biographie scherzhaft ,,die drei Tiger" (san-hu) genannt, woraus

indirekt auf ihre Namen geschlossen werden kann. (cf. auch Yü Yüeh,

op. cit., p. 21b.)

^ Hier schimmert freilich noch häufig der Sinngehalt der Zeichen durch ;

denn es war verständlicher Weise auch schon vor Eüiführung des Teil-

P 'ai-hangs sicherlich beliebt, den Kindern Namen aus dem Bedeutungskreis

„Edelstein", ,, Kostbarkeit" usw. zu verleihen.

* Durch die Verbreitung des Teil-P'ai -hangs wurden sogar hier rmd da

neue Zeichen konstruiert oder Vulgärvarianten kanonisiert, of. hierzu Yen

Csm-T'ui Yen-shih chia-hsün M^'MWl (ed. Sppy.), ch. 3,

p. 20b—21a.

° Von den zweisilbigen Ming im Chin-shu xmd Sung-shu sind mehr als die

Hälfte in dieser Art gebildet.

8 Chin-shu, ch. 80 (Esws. 1291/92).

40*

(16)

610 Wolfgang Bauer

Grund dieses Beispiels darauf hingewiesen, daß in der Liu-ch'ao-Zeit die

Tabuvorschriften nicht streng durchgeführt wurden'. Es ist jedoch mit

größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß das ,, Leerzeichen" (Hsü-

tzu) chih gar nicht als wirklicher Namensbestandteil aufgefaßt wnrde,

sondern lediglich als ,, anonymer" Ersatz für ein zum Verständnis des

Namens eigentlich notwendiges, zweites Zeichen, das aber dem Brauch

gemäß unterdrückt werden mußte, oder mit anderen Worten als eine Art

Markierung für einen von Natur aus zweisilbigen Eigennamen. Ein auf¬

schlußreiches Beispiel hierfür ist etwa der alte Eigenname ,, Yen-shou"

oder ,,Yen-nien" (frei: ,, Langes Leben ")^, der in der Hou-Han- und San- kuo-Zeit als ,, Yen" erscheint*, in der Liu-ch'ao-Zeit jedoch als ,,Yen-chih*".

Wenn also während dieser Epoche in den Namen von Brüdern das Zeichen

chih enthalten ist, so handelt es sich nicht um ein durch P'ai-hang ver¬

ursachtes Phänomen, so sehr es ihm auch ähneln mag. Später wurde aller¬

dings chih auch als P'ai-hang-Element verwendet*.

Mit der Wiederverwendung von Doppelnamen taucht im Ming neben

dem Teil-P'ai-hang auch das gewöhnhche Voll-P'ai-hang auf. Vereinzelte

' Ch'en Yüan, Shih-hui chü-li (,,The Traditional Omission of Sacred and

Imperial Names in Chinese Writings"), Yen-ching hsüeh-pao, Nr. 4 (Dec.

1928), 537—651: p. 598—600.

^ Unter vielen anderen: (Li) Yen-nien (^) Jffi ^ Shih-chi, ch. 125 (Esws.

0270.2) und (Han) Yen-shou ($^) | ^ Ch'ien-Han-shu, ch. 76 {Esws. 0551.1).

ä U. a. (Kai) Yen (^) | Hou-Han-shu, ch. 48 {Esws. 0735.4) und (Wei)

Yen (II) I San-kuo-chih, Shu-chih, ch. 10 {Esws. 1021.3).

*U. a.: (Wang) Yen-chih {Ji) | ;^ Nan-Ch'i-shu, ch. 32 {Esws. 1721.4)

imd (Yen) Yen-chih {0) \ Sung-shu, ch. 73 {Esws. 16—6.1). — Freilich

kommt chih auch schon vor der Chin-Zeit in Personennamen vor, es scheint

aber bereits damals — ebenso wie chih an erster Stelle in alter Zeit wahlweise stehen konnte (cf. die Partikel no in der japanischen Namengebung) — nicht als voller Namensbestandteil gegolten zu haben. Aufschlußreich sind hier die

Namen der beiden Brüder der Kaiserin Lü, der Gemahlin Han Kao-tsus,

namens (Lü) Tse (der ältere Bruder) und Shih-chih (der jimgere) ( S ) ;i

{Ch'ien-Han-shu, ch. 97 A, Esws. 0611.2). Das Zeichen tse wird häufig —

schon seit alter Zeit (of. B. Karlgren, Grammata Serica, Stockholm 1940,

p. 331, Nr. 790 1 und o.) — mit shih konfundiert. Es scheint nicht unmöglich,

daß der Name des jimgeren Bruders in Wirklichkeit gar nicht bekannt war,

sondem von dem Geschichtsschreiber einfach mit Hilfe des chih, das keine

eigentliche namenbildende Kraft besaß, dem des älteren Bmders kimstlich

nachgebildet wurde. Dafür spricht auch, daß die beiden Personen in den

Annalen gelegentlich miteinander verwechselt werden, und zwar so, daß Lü

Tse für Shih-chih steht, nioht umgekehrt, (cf. Shih-chi, ch. 55, Esws. 0172.1).

' Z. B. tmgen es in der Sung-Zeit sämtliche Nachkommen in der fimften

Generation von Prinz von Wei, (Chao) Ting-mei (^) ^ ^ {Sung-shih,

ch. 234—241, Esws. 5119.3—5158.3), cf. unten S. 622. — Cf. hierzu auch:

Eberhard, Tobareich, p. 337.

(17)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebung 611

Vorläufer gibt es allerdings schon aus der Frühzeit der Regierung Wang

Mangs, als Doppelnamen noch nicht verboten waren, z. B. die Töchter des

Wang Chin I *6 (T.: Ch'ui-chüan ü ^!): (Wang) Chün-chia, Cheng-

chün, Chün-li, und Chün-ti (jE) ^ iki sowie aus der

Hou-Han-Zeit, soweit dem Brauch zum Trotz zweigliedrige Namen be¬

nützt wurden, z. B. die Brüder (Ts'ai)I-ta und Jen-ta (^) j^, -(i: |2.

Seit Mitte der Chin-Zeit wurde dann das Voll-P'ai-hang in der Namen¬

gebung des Ming immer mehr üblich. Bisweilen geschah es auch, daß man

zweisilbige Namen von Geschwistern auf doppelte Art miteinander ver¬

band, nämlich durch Voll-P'ai-hang in dem einen der beiden Zeichen und

Teil-P'ai-hang im anderen, eine Erscheinung, die sich jedoch wieder

einmal zuerst nur im Tzu findet, seit der T'ang-Zeit dann aber weit ver¬

breitet war, z. B. :

(Liu)Yen u. Chin (fl]) 3|E, Iii, T.: Tzu-kuei u. Tzu-pi ^,

{Nan-ChH-shu, ch. 39, Esws. 1729.4—1730.2).

(Wang)Hsin u. Hui (i) lllf, jl^, T. : Yüan-ching u. Yüan-hsü 7C

I M [Wei-shu, ch. 33, Esws. 1978.1)*.

Gegen Ende der Liu-ch'ao-Zeit war das Generations-P'ai-hang-System

damit in gewisser Weise am Ende seiner Entwicklung angelangt, denn

in noch größerem Maße konnten die Namen von Brüdern kaum mehr

einander angeglichen werden. Trotzdem erfolgte bis zu dieser Zeit die

Anwendung des Schemas derart willkürlich und lässig, daß von einem

praktischen Nutzen selbst in dieser Periode noch kaum die Rede sein

kann. Neben geringfügigeren Unregelmäßigkeiten traten vor allem zwei

inkorrekte P'ai-hang-Formen häufig in Erscheinung, und zwar

1. die Verwendung verschiedener P'ai-hang-Zeichen innerhalb der¬

selben Gruppe von Geschwistern: Es kam also nicht bloß vor, daß von

mehreren Brüdern nur einige nach den Gesetzen des P'ai-hang ver¬

bundene Namen hatte*, sondern ebenso, daß einmal dieses und einmal

jenes Zeichen oder Zeichenelement für das P'ai-hang herangezogen

wurde. Besonders charakteristisch ist dabei, daß häufig ein Bestandteil,

der bei dem einen Bruder gerade des freigewählte war, beim anderen als

P'ai-hang-Zeichen auftritt, wie in den folgenden zwei Fällen (die Brüder

sind nach der Reihenfolge ihrer Geburt aufgezählt):

1 Ch'ien-Han-shu, ch. 98 (Esws. 0617.2).

^ Laut Kommentar des Sun Chih-tsu jffl (1736—1801) zum Jih-

chih-lu auf einer Grabinschrift erwähnt. (Ku Yen-wu, loc. cit.). — Weitere Beispiele s. Anm. 2, S. 604.

^ Ein dritter Bruder namens Kan trug allerdings den Tzu Chung-ming

^ (Wei-shu, loc. CiL).

* s. oben Anm. 1, S. 605.

(18)

612 Wolfgang Bauer

(Wang)Yüehi T'ien Ch'ia Hsieh Shao Hui

(I) 'IS m # ^

T. : Ch'ang-yü Ching-yü Ching-ho Ching-tsu Ching-lun Ching-chih

^ m m n m mm mm m :t

(Ts'ui)Po-feng2 Po-chi Po-lung Tsu-lung Tsu-ch'ih Tsu-ch'iu

m) a fö m fö m m m m ^ m. iL

2. die Anwendung des P'ai-hang in vertikaler Richtung, also zwischen

Großvater, Vater, Sohn usw. : Während es in anderen Sprachkreisen sehr

oft geschieht, daß ein Kind den gleichen oder einen ähnlich klingenden

Namen wie der Vater oder Großvater erhält, konnte diese Sitte in China

wegen der schon seit frühester Zeit herrschenden Tabuvorschriften nie

recht Fuß fassen. Umso erstaunlicher ist es, daß sich in der Anfangszeit

des P'ai-hang Namengebungen, wie sie das folgende Beispiel zeigt,

überhaupt durchsetzen konnten:

I \ 1

(Wang)Hung (1) gi" Ju M T'an-shou & ^

r-' 1 H 1 r—^ ,

Hsi Seng-ta Yüan S.-ch'ien S.-ch'ao S.-chien

mm \ m \ m

H 1

S.-liang S.-yen S.-yu

\fb \m \m

Betrachtet man das Beispiel genauer, so erkennt man sofort, daß die

P'ai-hang-Zeichen jeweUs nicht nur vertUial über ihre ursprünglichen

Grenzen innerhalb der Geschwister ausgreifen, sondern auch horizontal

auf die Namengebung der Vetternlinie einwirken. Hier kündigt sich

bereits, wenn auch etwas versteckt, eine Weiterbildung an, die für das

ganze Generations-P'ai-hang entscheidend werden sollte. An Hand eines

anderen Beispiels, bei dem ausschließlich die Namen von Brüdern und

Vettern — als den Angehörigen derselben Generation — einheitlich ge¬

bUdet sind, läßt sich diese Tendenz noch deutlicher aufzeigen :

4

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(Lu)Yen,T.: Wen-yü Yü,T.:Kan-yü Chieh, T. : Jun-yü Ch'en, T. : Chieh-yü

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' Chin-shu, ch. 65 (Esws. 1255.2-4). ^ Wei-shu. oh. 24 (Esws. 1964.1-2).

^ Nan-Ch'i-Zeit (Ch'en Yüan, op. cit., p. 599.)

* Ch'en-shu, ch. 34 (Esws. 1893.1—2). — Voll- und, mit einer Ausnahme, Tei-P'ai-hang im Tzu!

(19)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebimg 613

Ehe jedoch auf die weitere Ausgestaltung dieser neuen Entwicklungs¬

form eingegangen werden kann, die, wenn auch schon früh angelegt,

erst gegen Ende der Liu-ch'ao-Zeit um sich griff und nicht nur das äußere

Erscheinungsbild des P'ai-hang, sondern auch seine Zielsetzung grund¬

legend änderte, muß man sich kurz vor Augen halten, welche Gründe für

das Generations-P'ai-hang bis zu diesem Zeitpunkt bestimmend waren.

Im Gegensatz zum Alters-P'ai-hang, das bewußt von vorneherein die

Festlegung einer gewissen Hierarchie innerhalb der Familie bezweckte,

ist das Generations-P'ai-hang ursprünglich keinesfalls als Ausdrucksform

irgendeiner Rangordnimg geschaffen worden, wenn auch die spätere Ent¬

wicklung sie dazu machte. Vielmehr ist seine Entstehung wohl in erster

Linie auf die beschränkte Zahl der chinesischen Familiennamen zurück¬

zuführen. Da diese weder irgendwie frei abgeändert noch um neue ver¬

mehrt werden durften, boten sie nicht die Diflferenzierungsmöglichkeiten,

die bei der stetig wachsenden Bevölkerung und bei dem häufigen Zu¬

sammenwohnen der Mitglieder einer einzigen Großfamile in einem Dorf

doch unumgänglich nötig geworden waren. Infolgedessen wurden nun die

Eigennamen benutzt, um diese oder jene EinzelfamUie vermittels eines

besonderen Merkmals von der Großfamilie, nämlich den unzähligen

Trägern des gleichen Familiennamens, abzugrenzen. Es ist freilich denk¬

bar, daß diese Abgrenzung, die das P'ai-hang bezweckte, vielfach erst

auf Grund einer sozialen Sonderstellung des betreffenden Sippenzweiges

erfolgte, zu beweisen aber ist das nicht. Die Umbildung des Gene¬

rations-P'ai-hang zu einem wirklichen Instrument der Rangbestimmung

innerhalb des Familiensystems erfolgte jedenfalls erst verhältnismäßig spät.

6. Das Elementen-P'ai-hang

Eine recht interessante Parallele zum Generations-P'ai-hang in seiner

späteren Gestalt findet sich in der ziemlich verwickelten chinesischen

Terminologie zur Festlegung von Verwandschaftsverhältnissen'^. Diese

Terminologie, deren altes System im Laufe des ersten nachchristlichen

Jahrhunderts umgestaltet und wesentlich verfeinert wurde, gründet sich

auf eine beschränkte Anzahl von Grundbegriffen, die jeweils entsprechend

ausgewählt und zusammengesetzt eine so reiche Zahl von Variations¬

arten ergeben, daß auch der entfernteste Verwandte einwandfrei definiert

werden kann^. Wesentlich ist hierbei unter anderem, daß alle Verwandten

der gleichen Generation ein gleiches, meist von der Hauptlinie entlehntes

Element in der Bezeichnung führen, z. B.: Bruder: Hsiung (bzw. Ti),

1 Zuletzt eingehend untersucht von Han-Yi Fäng, The Chineses Kinship

System, HJAS, 2 (1937) 141—275. = Yf:i^G, op. cit., p. 148—63.

(20)

614 WoLTGAiTG Bauer

Vetter ersten Grades: T'ang-hsiung (bzw. -ti), Vetter zweiten Grades:

Tsai-ts'ung-hsiung (bzw. -ti); oder Onkel (Bruder des Vaters, also mit

gleichem Vater wie der eigene Vater ihn hat) : Po-ju (bzw. Shu-fu), Onkel

„zweiten Grades" (mit gleichem Großvater wie der eigene Vater ihn hat)

T'ang-po-fu (bzw. -shu-fu), Onkel ,, dritten Grades" (mit gleichem Ur¬

großvater wie der eigene Vater ihn hat) Tsai-ts'ung-po-fu (bzw. -shu-fu)

usw.i Durch das gleichbleibende Element in der Verwandtschafts¬

bezeichnung werden also nicht nur alle Angehörigen derselben Genera¬

tion zusammengefaßt, sondern auch ihr Verhältnis zu der Generation des

Sprechers, des ,,Ich", ausgedrückt. So kennzeichnen etwa von vorne¬

herein die Verbindungen mit tsu-fu die Familienmitglieder in der zweiten

Generation nach oben, die mit fu die der ersten Generation nach oben,

die mit hsiung oder ti dagegen die Angehörigen der gleichen und die mit

chih @ die der ersten Generation nach unten. Der hier zugrunde liegende

Gedanke einer strengen Scheidung und Unterscheidung der Generationen^

fand seinen Niederschlag auch in den Heiratsbestimmungen, nach denen

es nicht erlaubt war, (entfernte) Verwandte einer anderen als der gleichen

Generation zu heiraten. An der langsamen Entstehung und Verbreitung

dieses Gebotes läßt sich das allmähliche Wachsen des Generations¬

bewußtseins am besten ablesen. Verschiedene Beispiele ,, zeigen die Nach¬

lässigkeit, mit der die Generationsregel in der früheren Periode gehand¬

habt wurde. ... Während der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends nach

Chr. scheinen Ehen zwischen entfernten Verwandten verschiedener Gfene-

rationen noch geduldet worden zu sein. ... Dennoch nahm man die

Generationsregel zweifellos sogar in der Chou-Zeit bereits sehr wichtig,

denn die Heiratsbestimmungen lassen, soweit sie erwähnt sind, erkennen,

daß Ehen zwischen den Generationen eher eine Ausnahme, denn eine

Regel darstellten. Die Betonung des Generationsgedankens vollzog sich

schrittweise und erreichte ihren Höhepunkt ungefähr um die Mitte des

ersten Jahrtausends n. Chr. Die Periode der intensivsten Entwicklung lag

anscheinend etwa im dritten bis vierten Jahrhundert n. Chr. ... Das

T'ang-Gesetzbuch scliließlich (ca. 600 n. Chr.) enthält Klauseln, welche

definitiv die Heirat zwischen Verwandten verschiedener Generationen

verbieten. Alle folgenden Gesetzbücher haben derartige Verbote und

führen entsprechende Fälle an. Seit dem Ende des ersten Jahrtausends

FfiNG, op. cit., Diagramm p. 163.

^ Wie wichtig der Generationsgedanke für die Rangordnung innerhalb der

Großfamilie bis in jüngste Zeit hinein gewesen ist, zeigt die Tatsache, daß bei den Neujahrsfeierlichkeiten die ältesten Männer, wenn sie zufällig — was

bei den langen Generationsreihen häufig vorkam — einer mn ein oder zwei

Stellen ,, jüngeren" Generation angehörten, kleinen Kindern, die generations¬

mäßig „älter" waren, ihre Reverenz erweisen mußten. (A. H. Smith, Village life in China, a Study in Sociology, New York 1889, p. 200.)

(21)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebung 615

n. Chr. wurden Heiraten zwischen den Generationen nicht nur rigoros

gesetzlich untersagt, sondern das Volksempfinden ging sogar so weit,

einen Lehrer, der seine Schülerin, oder einen Mann, der die Tochter

seines Freundes ehelichte, zu verdammen^."

Das oben behandelte Übergreifen des P'ai-hang auf die Vetterngruppe

hatte also seine wohlbegründete Ursache in dem steten Wachsen des

Gienerationsgedankens innerhalb der chinesischen Familienorganisation.

Es lag im Zuge dieser Entwicklung, daß man sich bald nicht mehr damit

begnügte, die Angehörigen einer Generation lediglich durch ein Namens¬

element zu verbinden, sondern man bemühte sich schon bald, dieses

Element derart zu wählen, daß es die Stellung der betreffenden Generation

gegenüber den anderen ersichtlich machte. Zunächst tat man dabei das

naheliegendste: Man griff auf die vom Alters-P'ai-hang entwickelten

Zeichen zurück, die ihren Zweck entsprechend ja stets eine Reihenfolge

angeben, und verwendete sie einfach statt horizontal zur Numeriermig der

Brüder vertikal zur Numerierung der Generationen. So setzten sich z. B.

die Namen der sämtlichen Söhne des zweiten Herrschers der Ch'en-

Dynastie, Shih-tsu mit dem Zeichen po ■fÖ. die seiner Enkel, der Söhne

seines Sohnes Kao-tsung (Ch'en) Po-sung (^) fÖ mit dem Zeichen

shu ^ zusammen^. Daß diese Methode jedoch auf die Dauer unhaltbar

war, liegt auf der Hand. Einerseits wären Überschneidungen mit dem

Alters-P'ai-hang, das ja ständig weiter in Gebrauch war, unvermeidlich

gewesen, anderseits hätten sich die Möglichkeiten der Generations-

Bezeichnung auf einige wenige, noch dazu gleichzeitig auch vom Alters-

P'ai-hang in Anspruch genommene Zeichen beschränkt, so daß angesichts

der wenigen Familiennamen und der Begrenzung des Ming auf im All¬

gemeinen zwei Zeichen Homonyme und damit ständige Personenver¬

wechslungen die Folge gewesen wären*. Man suchte daher ein System,

welches sowohl die Schichtung der Generationen anzeigte, als auch

möghchst viele Variationsarten in der individuellen Namengebung zuließ.

Man fand es zunächst einmal im „Elementen-P'ai-hang" .

Das Prinzip dieser Art Namengebung besteht darin, nach den Regeln

des Teil-P'ai-hang die Namen abwechselnd nach einer gewissen Reihen¬

folge mit den Klassenzeichen der fünf chinesischen Elemente zu bilden,

so daß z. B. in einer Generation alle Namen mit dem Radikal ,, MetaU",

in der nächsten alle mit dem Radikal „Wasser" zusammengesetzt waren

1 Fäno, op. cit., p. 165.

2 Ch'en-shu, oh. 28 (Esws. 1883.1—1884.4). Das P'ai-hang beschränkte

sich hier allerdings jeweils nur auf die Geschwister ; die Vettern bildeten ihre

Namen wieder mit anderen Elementen.

^ Dagegen gebrauchte man bis in die jüngste Zeit hinein indirekte Alters-

P'ai-hang-Zeichen, wie z. B. die der vier heUigen Tiere, nacheinander auch

zur Markierung der Generationen.

(22)

616 Wolfgang Bauer

u. s. f. Die hierfür unter einer Anzahl von anderen ausgewählte und ein¬

heitlich verwendete Elementemeihe ist die vom Li-chi und Tung Chung-

shu konstruierte sogenannte „Erzeugungsreihe"^ : Holz — Feuer

Erde — Metall — Wasser. Den Anfängen dieser originellen Erfindung, die

sich zwar lückenhaft, nichtsdestoweniger aber einwandfrei bereits für die

T'ang-Zeit belegen läßt, sind bereits chinesische Gelehrte nachgegangen,

so etwa Ch'ien Ta-hsin ig iz tl/r (1728—1804) in dem Aufsatz ,,Die

■ Namengebung nach den Fünf Elementen"^. Er schreibt:

,,Man liebt es heutzutage, in Anlehnung an die Fünf Elemente

Namen nach den Regeln des Teil-P'ai-hang zu erteilen, um in der

Tradition von Kind zu Kindeskindern den Gedanken der Erzeugung

auseinander zum Ausdruck zu bringen. Seine Vollendung erlebte (dieses

System) während der Sung-Zeit, wie die hier aufgeführten Fälle zeigen :

Yin Yüan dessen jüngerer Bruder sich Chu j"^ nannte, hatte

einen Sohn Lin dessen Sohn war T'uan Chus Sohn hieß

Kou Ch'm Kueis ^ |t Brüder hießen Tzu und Ti f ^^, Kueis

Sohn Hsi seine Enkel Hsüan und K'an ig, sein Urenkel (Sohn

des Hsüan) Chü |g , Ururenkel Chün und Hui ® , ... (es folgen drei

weitere Beispiele). Außerdem habe ich der in das Ch'ang-li-chi auf¬

genommenen Grabschrift für den Kreiskommandanten von Wang-wu,

Pi Chiung ^ ijö]* entnommen, daß dessen Großvater Kou ^ und sein

Vater K'ang hieß. Der Ming seines jüngeren Bruders war Tseng i^,

die Namen seiner vier Söhne Hao, Fei, Chiu und Jui Iß, ^i^^, i^, |^ ; das

beweist, daß man den Brauch bereits in der T'ang-Zeit kannte. Nun

schreibt freilich das Twwgr-^/a-^'awg'-Manuskript (des Ch'ang-U-chi)

Hang statt K'ang allerdings mit dem Kommentar : 'Für Hang

^ Fung Yu-lan, History of Chinese Philosophy, Princeton 1952, I,

p. 163—64.

' Wu-hsing ming-ming in Shih-chia-chai yang-hsin-lu (ed. Sppy.), ch. 19,

p. 5a — b.

^Sung-shih, ch. 442 (Esws. 5616.3), ch. 295 (Esws. 5282.2), ch. 426

(Esws. 5581.2).

« Sung-shih, ch. 473 (Esws. 5680.3—5682.3), ch. 449 (Esws. 5632.3). —

Wie weit fortgeschritten das Elementen-P'ai-hang in der Sung-Zeit bereits

war, läßt eine von Kaku nach der 1883 herausgegebenen Genealogie der

Famihe Chu Hsis (1130—1200) (Chu-shih tsung-p'u), ch. 1 angelegte Tabelle

erkennen. (Kaku, op. cit., Tabelle 6 auf p. 381—83). Sie zeigt, daß bei den

Enkeln Chu-Hsis das Elementen-P'ai-hang schon einheitlich bis auf die

Vettern dritten Grades ausgedehnt war, bei seinen Urenkeln bis auf die

Vettern achten, bei seinen Ururenkeln bis auf die Vettern dreiundzwanzigsten Grades !

^ Ch'ang-li hsien-sheng chi ^ (Han Yüs Oesammelte Werke)

(ed. Sppy.), eh. 25, p. 9a—10a.

(23)

Das P'ai-hang-System in der chinesischen Personennamengebung 617

stand ursprünglich K'ang^.' Und schlägt man in der Biographie des

Pi Kou im T'ang-shu^ nach, so steht dort ebenfalls K'ang ; dies ist also die ursprüngliche Schreibung von Hang. — Nach der T'ang-Geschichte

nannte sich außerdem der Sohn von Ts'ui Hsüan f J Hang ^L*, der

von P'ei Chün ^ i% : 0 Der Sohn des Kao Ti ^ f dessen jüngere

Brüder die Namen Shu und Chiai §^ trugen, hieß Shih die Söhne

des Chiai: Hsiang und Huan 'Uf, j^*. Der Sohn des Huang-fu Shih

M Tir ■^^r Mann namens Sung* In all diesen Fällen wählte

man die Namennach den Gesichtspunkten (des Elementen-P'ai-hang)."

Dieser Reihe von Beispielen, die das Wesen des Elementen-P'ai-hang

bereits ausreichend vor Augen führen, sei nur noch der erweiterte Stamm¬

baum des oben erwähnten Ts'ui I hinzugefügt, weil an ihm der Übergang

vom gewöhnlichen zum Elementen-P'ai-hang deutlich wird:

I 1 1 1

(Ts'ui) Yüan-ju Yüan-shih Yüan-shou Yüan-liao

m) %m I I ^ I I ^ 11 pi^

Chiai Shu Ch'üan Tiao Hsüan

m #1 m IM-

I I

I Tse T'ing Hsüeh«

Vr w n m

Es zeigt sich, daß in der Frühzeit die Verwendung des Elementen-

P'ai-hang im Allgemeinen auf einsilbige Namen beschränkt war, so daß

ein Übergehen auf dieses System ein Aufgeben der Doppelnamen ver¬

langte. Das blieb jedoch nicht immer so. Später, mindestens seit Beginn

der Ming-Dynastie wandte man das Elementen-P'ai-hang auch in zwei¬

silbigen Namen an, und zwar in recht unterschiedlicher Weise :

Entweder fügte man dem Elementen-Zeichen einfach ein zweites

Zeichen hinzu, welches ganz frei gewählt werden konnte, oder man ver¬

band mit diesem neuen Zeichen die Generationsverwandten nach den

Gesetzen des Voll-P'ai-hang noch ein zweites Mal miteinander, so daß

nur mehr das Phonetikum in den Elementen-Zeichen nicht von vorne-

^ Die Äppi!/.-Ausgabe schreibt k'ang f)L imd kommentiert ähnlich.

2 T'ang-shu, ch. 100 (Esws. 3381.1); Hsin-T'ang-shu, ch. 128 (Esws.

3967.4). Er lebte zu Beginn des 8. Jh.

^ T'ang-shu, ch. 163 (Esws. 3503.3).

* T'ang-shu, ch. 168 (Esws. 3516.4—3517.1); Hsin-T'ang-shu, ch. 177

(Esws. 4052.4—4053.1). Kao Huan ist in den T'ang-Geschiohten nicht er¬

wähnt. Möglicherweise wurde er mit einem Namensvetter aus der P'ei-Ch'i-

Dynastie verwechselt, dessen Bruder — wie hier der Vetter — Shih hieß.

(Pei-Ch'i-shu, ch. 10, Esws. 2214.3—4).

* Hsin-T'ang-shu, ch. 176 (Esws. 4052.2).

« T'ang-shu, ch. 163 (Esws. 3503.2—3).

(24)

618 Wolfgang Bauee

herein schon festgelegt war^. Eine dritte Methode ging davon aus, ein be¬

stimmtes Elementen-Zeichen, z. B. ping #i in der Holz-, oder chao BS in

der Feuergeneration für die ganze Generation nach den Gesetzen des Voll-

P'ai-hang zu verwenden, das andere Zeichen dagegen frei zu wählen^.

Im Bereich dieser Modifikation entwickelten sich nun wiederum einige

recht interessante Varianten. Eine von ihnen bestand beispielsweise

darin, für die Generationsfolge Worte als P'ai-hang-Zeichen zu wählen,

die den Gedanken der Fünf Elemente zum Teil nur noch indirekt zum

Ausdruck brachten. So nahm sich eine Familie Lu jS. aus Chekiang für

das Generations-P'ai-hang die folgenden Zeichen: (Ein Zeichen gilt

jeweils für eine Generation.)

Feuer Erde Metall Wasser Holz / Feuer Erde Metall Wasser Holz

Ping Cheng* Nien* Ch'un Hsiu* Hsi Chia* Chung Han Tung

m it ±^ ^ ER m m. m M

Feuer Erde Metall Wasser Holz / Feuer Erde Metall Wasser Holz

Lieh Shih* Chün Hung Pen Huan Yü* Ming T'ai Sung

m ^ ^ * 3E ä§ ^

Von den sechs Zeichen dieser Reihe, die scheinbar mit den Elementen

nichts zu tun haben, lassen sich Chia und Hsiu noch verhältnismäßig

leicht auf die Elemente „Erde" bzw. „Holz" zurückführen, wenn man

shih ± und ho ^ als Nebenformen von „Erde" und „Holz" gelten läßt.

Die Verbindung der Zeichen Cheng, Shih und Ym mit dem Element

„Erde" ist schon wesentlich komplizierter. Hier gibt die Strichzahl, die

jeweils fünf ausmacht, den Übergang; denn Fünf ist ja die nach den

Elementengleichungen dem Element „Erde" entsprechende ZahP. Am

schwierigsten ist Nien (Nebenform ^>) einzuordnen. Hier dürfte — ab¬

gesehen von dem ähnlichen Reim — eine graphische Anspielung auf das

Zeichen chin 4^ entscheidend gewesen sein ; denn dieses hat nicht nur die

gleiche Strichzahl, sondern weist auch eine ähnliche Struktur der Strich¬

elemente auf*.

1 Beispiel s. unten S. 627 f.

" Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Byongik Koh 'fii^lSSi, Seoul,

der selbst einen so gebildeten Namen trägt, ist dieses System noch heute in

Korea gebräuchlich. Möglicherweise ist es aus der Absicht heraus entstanden, die verschiedenen größeren Familienzweige voneinander zu unterscheiden.

Danach würde das Elementen-Radikal die Generationshöhe eines jeden

Familienmitgliedes angeben, das Phonetikum die Linie innerhalb der Sippe,

und das freigewählte Zeichen die Einzelperson.

^ M. Granet, La Pensee chinoise, Paris 1950, p. 168—70.

* Kaku, op. cit., p. 390—91. Kaku ordnet auch hsiu und nien wie die

anderen abweichenden Zeichen einfach nach ihrer Strichzahl ein, indem er

fälschlich für hsiu die Strichzahl Acht (neben Drei die dem Element Holz

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