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1911: Was sonst noch geschah

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1911: Was sonst noch geschah

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ARS MEDICI 1 2011

1911 ist in vielerlei Hinsicht ein heisses Jahr. Von einer in der «Wit- terungsgeschichte Zentraleuropas wohl einzig dastehenden Hitze und Trockenpe riode» sprechen die Me- teorologen. Hitzige Debatten um die Krankenver sicherung beschäftigen die politische Szene in der Schweiz.

Zunehmend aufgeheizt entwickelt sich die politische Grosswetterlage in Europa und dem Mittelmeerraum.

Kunst und Wissenschaft prä sentie - ren der staunenden Welt innovative Ideen.

1911 ist ein kreatives Jahr. Richard Strauss’ «Rosenkavalier» wird erst- mals aufgeführt, ebenso Igor Strawins - kys Ballett «Petruschka» und der «Je- dermann» von Hugo von Hofmanns- thal. Wassily Kandinsky und Franz Marc initiieren die erste Austellung des Blauen Reiters. Thomas Mann schreibt an seiner Novelle «Der Tod in Vene- dig», Arthur Schnitzler verfasst «Das weite Land», und John Ronald R. Tol- kien plaudert mit Freunden in Birming- ham über Zauberer und Feenwesen.

Modeschöpfer kreiieren den Hosen- rock für die Dame und überdimensio- nierte Hüte, die der Berliner Polizeiprä- sident Traugott von Jagow im Sinne freier Sicht aufs Schauspiel noch im gleichen Jahr in allen Theaterlogen ver-

bietet. In der Medizin kreiert der deut- sche Internist Alfred Erich Frank den Begriff «essenzielle Hypertonie» für alle vorderhand unerklärlichen Formen des Bluthochdrucks, und der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler prägt den Begriff «Autismus».

1911 ist kein friedliches Jahr. Die Grossmächte rüsten auf. Spannungen auf dem Balkan und der fort- schreitende Verfall des Osma- nischen Restreichs entladen sich im Unabhängigkeitskrieg um Albanien. Die Marokko- Krise bringt Deutschland und Frankreich an den Rand eines Krieges, während Italien nach Nordafrika greift und den italienisch-türkischen Tripolis- Krieg anzettelt. In China be- ginnt die Revolution gegen die Mandschu-Dynas tie und den letzten Kaiser von China. Als Kopf der Revolutionsbewegung gilt der Arzt Sun Yat-sen, der schliesslich erster Präsident der Republik China wird.

1911 ist ein Jahr technischer Innovatio- nen. Die Supraleitfähigkeit von Metal- len bei Temperaturen nahe des absolu- ten Nullpunkts wird (wieder-)entdeckt.

Bekannt war dieses Phänomen nämlich schon seit 1885, woran man sieht, dass mangelndes PR-Talent einem Wissen- schaftler auch früher schon zum Ver- hängnis werden konnte. Der Franzose Pierre Prier fliegt als erster nonstop von

London nach Paris, und der schnellste Zug der Welt fährt mit sagenhaften 94,1 km/h zwischen Paris und Arras.

Während in der Schweiz der 14,6 km lange Lötschbergtunnel durchstochen wird, ist man in Hamburg stolz auf 448,5 m Elbtunnel. Die ersten drei Konzessionen für den Radioempfang in der Schweiz werden für den Emp- fang der seit 1910 ausgestrahlten Zeit-

zeichen des Senders Paris erteilt. Beson- deres Interesse daran hat die wachsende Uhrenindustrie. Im gleichen Jahr ent- steht mit der Umwandlung der Fab - rique des Billodes in eine Aktiengesell- schaft die Marke Zenith, und Eugène Blum und Alice Lévy gründen die Uhrenmanufaktur Ebel.

1911 hat die Schweiz 3 781 430 Ein- wohner (heute 7 785 800). Erwerbs - tätig sind davon 1 783 195, der Anteil ausländischer Erwerbstätigter beträgt 16,6 Prozent. Es gibt 406 Zahnärzte und 563 Apotheken. 1911 teilen sich demnach 1502 Einwohner einen Arzt, 9245 ei nen Zahnarzt und 6667 eine Apotheke. Heutzutage sind es in der Schweiz 272 Einwohner pro Arzt (490 pro niedergelassenen Arzt in der Praxis), 1923 pro Zahnarzt und 4545 pro Apotheke. 1911 ist nicht zuletzt auch das Jahr einer neuen So - zialgesetzgebung in der Schweiz. Das Parlament nimmt im Juni das Bundes- gesetz über die Kranken- und Unfall- versicherung (KVUG) an. Anders als frühere Vorstösse wird dieses Gesetz im Februar 1912 vom Volk angenommen.

RBO

Heisse Zeiten zum Ende der Belle Époque

Schlagzeilen aus Lifestyle, Medizin und Politik vor 100 Jahren

Franz Marc 1911: Die gelbe Kuh

Das 1911 vom Parlament beschlossene neue Bun- desgesetz zur Kranken- und Unfallversicherung wird angenommen (von dunkel- rot bis hellrosa: 0–9%, 10–19%, 20–29%, 30–49%

Nein-Stimmen; von hell- blau bis dunkelblau:

50–59%, 60–69%, 70–79%, 80–89% Nein-Stimmen);

aus dem «Statistischen Jahrbuch der Schweiz» 1911.

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