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2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt B E S C H L U S S

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2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt

B E S C H L U S S

Dazu Entscheidung OLG Naumburg 7 Verg 1/20 vom 27.04.2020

Az.: 2 VK LSA 40/19 Halle (Saale), den 03.03.2020

§§ 15 Abs. 5 S. 2; 60 Abs. 3 S. 1; 60 Abs. 1 VgV - Nachprüfungsantrag zulässig jedoch unbegründet - ungewöhnlich niedriger Preis

- unzureichende Aufklärung

- unzulässige Abänderung des Angebotes

Die nachträgliche Hinzunahme eines Nachunternehmers stellt eine vergaberechtlich unzulässige Modifikation des Angebotes dar. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gilt das Verbot des

§ 15 Abs. 5 S. 2 VgV auch i.V.m. § 60 VgV. Bei anderer Betrachtungsweise stünde zu befürchten, dass der Wettbewerb durch nachträgliche Modifikationen des Angebotes beeinträchtigt oder gar aufgehoben wird. Es ist in jeder Hinsicht zu gewährleisten, dass die Angebote ab der Angebotsab- gabe nicht mehr nachträglich verändert werden dürfen und insoweit alle Bieter eine Gleichbehand- lung erfahren. Dieser fundamentale Vergabegrundsatz gilt auch im Zusammenhang mit der Aufklä- rung eines Angebotes mit ungewöhnlich niedrig erscheinendem Preis.

Aufgrund dieser Umstände ist die Ablehnung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin zwingend.

Die Antragstellerin hat keinen Schaden, wenn sie bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Er- teilung des Zuschlages hat, weil ihr Angebot unabhängig von ihrem Vorbringen im Nachprüfungs- verfahren ohnehin zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen. Bei dieser Sachlage sind die Nachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren einzugreifen

In dem Nachprüfungsverfahren der

………

………

………

- Antragstellerin - Verfahrensbevollmächtigte

………

………

(2)

………

gegen die

………

………

………

- Antragsgegnerin -

unter Beiladung der

………

………

………

- Beigeladene - wegen

der gerügten Vergabeverstöße zur Vergabe eines Dienstleistungsvertrages über die Gaslieferung für eine Kommune im offenen Verfahren hat die 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt durch den Vorsitzenden Herrn Regierungsdirektor XXX, die hauptamtliche Beisitzerin Frau XXX und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn XXX ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens.

3. Die Verfahrenskosten werden insgesamt auf XXX Euro festgesetzt. Sie gliedern sich auf in Gebühren in Höhe von XXX Euro und Auslagen in Höhe von XXX Euro.

4. Für die im Rahmen der Akteneinsicht angefallenen Kopierkosten hat die Antragstellerin XXX Euro zu entrichten.

5. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

Gründe I.

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Mit Bekanntmachung im Amtsblatt des Supplements vom 06.09.2019 schrieb die Antragsgegnerin die Lieferung von Strom (Los1) und Gas (Los 2) für die Liegenschaften der Stadt im offenen Verfah- ren aus. Streitgegenständlich ist das Los 2 „Gaslieferung“ für 26 Lieferstellen.

Als einziges Zuschlagskriterium wurde unter Ziffer II.2.5) der Preis benannt.

Die Laufzeit der Lieferung erstreckt sich vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2021. Weiterhin wurde aus- geführt, dass der Vertrag einmal um 24 Monate verlängert werden könne.

Die geschätzten Kosten übersteigen ausweislich des Dokumentes „Ablauf des Vergabeverfahrens“

für beide Lose bei Weitem den maßgeblichen EU-Schwellenwert.

Die Antragsgegnerin beauftrage am 13.05.2019 einen Dienstleister, welcher sie bei dem Vergabe- verfahren begleitet.

Nach der Ziffer 4.2. der Leistungsbeschreibung hatten die Bieter jeweils einen jährlichen Festpreis für die Gaslieferung für die Jahre 2020 und 2021 auszuweisen. Die Energiepreise sollten ohne die gesetzliche Mehrwertsteuer, zuzüglich der jeweils gültigen Netznutzungsentgelte sowie der gesetz- lichen Steuern und Abgaben angegeben werden.

Bezüglich der Verlängerungsoption gab die Antragsgegnerin in Ziffer 5.2 der Leistungsbeschreibung vor, dass sich der jährliche Energiepreis für die Jahre 2022 und 2023 aus dem Tagesendpreis der an der PEGAS gehandelten Jahreskontrakte für das Marktgebiet Gaspool in ct/kwh sowie dem Zu- schlag für den Verwaltungsaufwand (Z 2022 und Z 2023) zusammensetzt.

In der Leistungsbeschreibung verwies die Antragsgegnerin unter Ziffer 7 weiterhin auf die Regelun- gen des Energieliefervertrages. Nach § 1 S. 1 dieses Vertrages werden Art und Umfang der beider- seitigen Leistungen durch den Vertrag bestimmt. Nach § 2 Ziffer 1 ist der Gasliefervertrag ein Kauf- vertrag über Erdgas. Er regelt die Lieferung von Erdgas einschließlich der notwendigen Netznutzung und Messung sowie Abrechnung mit dem Ziel, der sicheren Versorgung zu wirtschaftlichen Bedin- gungen. Im § 4 des Vertrages sind Festlegungen aufgeführt, die die Aufnahme bzw. Herausnahme von Lieferstellen betreffen. Entsprechend § 5 sind Regeln vorgesehen, die bei Unterbrechungen der Belieferung zu beachten sind. Der § 10 enthält Bestimmungen, wie die Rechnungslegung zu erfol- gen hatte.

In Ziffer 15.2 der Leistungsbeschreibung war festgelegt, dass das kostengünstigste Angebot für die Erstvertragslaufzeit den Zuschlag erhält. Weiterhin war eine diesbezügliche Kostenermittlung vor- gegeben. Der anzugebende Zuschlag für den Verwaltungsaufwand für die Jahre 2022 und 2023 sollte bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nicht berücksichtigt werden.

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Im Angebotsformblatt hatten die Bieter zunächst die Energiepreise für die Jahre 2020 und 2021 auszuweisen. Für die Angabe der Energiepreise hinsichtlich der Verlängerungsoption für die Jahre 2022 und 2023 war lediglich jeweils der Zuschlag für den Verwaltungsaufwand (Z) anzugeben.

Die Vergabeunterlagen enthalten außerdem einen Vordruck „Nachweis zur Eignung eines Bieters“.

Dieser Vordruck war durch die Bieter auszufüllen und dem Angebot beizufügen. Dort hatten die Bieter u.a. gegebenenfalls auf Seite vier anzukreuzen, dass sie beabsichtigten, zur Erfüllung des Auftrages Leistungen von Nachunternehmen in Anspruch zu nehmen. Andernfalls hatten die Bieter zu bestätigen, dass sie vorsähen, zur Erfüllung des Auftrages keine Leistungen von Nachunterneh- men in Anspruch zu nehmen.

Die Antragstellerin und die Beigeladene reichten fristgemäß ihre Angebote ein. Weitere Angebote lagen nicht vor.

Die Antragstellerin gab im Formblatt „Nachweis zur Eignung eines Bieters“ an, kein Nachunterneh- men in Anspruch nehmen zu wollen.

Die Beigeladene reichte ein vollständiges Angebot ein.

Die Antragsgegnerin hat eine Gegenüberstellung der Preise der eingereichten Angebote zu Los 2 vorgenommen.

Der Angebotspreis der Antragstellerin für die Erstvertragslaufzeit liegt mehr als 10 % unter dem der Beigeladenen.

Auch die Zuschläge für den Verwaltungsaufwand Z 2022 und Z 2023 sind im Angebot der Antrag- stellerin sehr viel niedriger kalkuliert als im Angebot der Beigeladenen. Der Dienstleister führte am 08.10.2019 die Prüfung der Angebote durch. Im Ergebnis stellte er fest, dass aufgrund des sehr niedrigen Verwaltungsaufschlages das Angebot der Antragstellerin aufzuklären sei. Mit Schreiben vom 09.10.2019 bat die Antragsgegnerin die Antragstellerin bis zum 14.10.2019 um Darlegung, wie sie ihren Verwaltungskostenaufschlag Z 2022 und Z 2023 ermittelt habe.

Im Rahmen der Aufklärung führte die Antragstellerin daraufhin per E-Mail vom 10.10.2019 u.a. aus, dass die Leistung (Wechsel, Abrechnung, Kundenservice etc.) extern durch einen erfahrenen Dienstleister zu einem geringen Festpreis durchgeführt werde.

In einer undatierten Vergabeempfehlung des Dienstleisters ist unter Punkt 7.2 u.a. ausgeführt, dass der Verwaltungsaufschlag im Angebot der Antragstellerin ungewöhnlich niedrig sei. Er führte u.a.

weiter aus, dass Verpflichtungen nach § 60 Abs. 2 S. 4 VgV möglicherweise nicht eingehalten wer- den könnten. Er bezog sich weiterhin auf einen Artikel der Energieversorgung Greiz aus dem Jahr

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2019. Hiernach werde von einer Geschäftsbeziehung mit der Antragstellerin abgeraten. Er hat des- halb empfohlen, das Angebot der Antragstellerin nicht zu bezuschlagen. Weiterhin war vorgesehen, am 18.10.2019 die Informationsschreiben gem. § 134 GWB zu versenden.

Nach dem Dokument „Ablauf des Vergabeverfahrens“ trug die Antwort der Antragstellerin nicht dazu bei, die Kosten zufriedenstellend aufzuklären.

Im Absageschreiben vom 18.10.2019 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr An- gebot „aufgrund des geringen Zuschlages auch nach Aufklärung ungewöhnlich niedrig erscheint“

und deshalb nach § 60 Absatz 3 VgV abgelehnt werde. Weiter informierte sie die Antragstellerin über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene als Zweitplatzierte.

Die Antragstellerin rügte Verstöße gegen vergaberechtliche Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung mit Schriftsatz vom 25.10.2019. Sie machte geltend, dass die Antragstellerin in sehr detaillierter und nachvollziehbarer Weise für Aufklärung gesorgt habe. Einen weiteren Aufklä- rungsbedarf habe die Antragsgegnerin nicht vorgebracht. Die Ablehnung des Angebots sei daher sachfremd und willkürlich.

Sie rügte in ihrem ergänzenden Schreiben vom 29.10.2019, dass eine Umgehung des unterschwel- ligen Vergaberechtes vorläge.

Der Bürgermeister der Antragsgegnerin erklärte per E-Mail vom 29.10.2019 gegenüber dem Dienst- leister, dessen Vergabeempfehlung folgen zu wollen. Er bat den Dienstleister, sich auf ein ggf. zu erwartendes Nachprüfungsverfahren einzustellen.

Die Antragsgegnerin half den Rügen der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.10.2019 nicht ab. Sie könne die Rechtauffassung der Antragstellerin nicht teilen und gehe von der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens aus. Die Rüge vom 29.10.2019 sei zudem verspätet eingereicht worden und somit verfristet.

Daraufhin stellte die Antragstellerin am 31.10.2019 den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungs- verfahrens bei der zuständigen Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen- Anhalt.

Im Nachprüfungsantrag ergänzt und vertieft die Antragstellerin die in den Rügen erhobenen Vor- würfe. Insbesondere wird beanstandet, dass die Antragsgegnerin die Ausführungen im Aufklärungs- schreiben der Antragstellerin sachlich nicht infrage gestellt habe. Dennoch habe die Antragsgegne- rin das Angebot der Antragstellerin „auch nach Aufklärung“ abgelehnt. Einen Grund hierfür habe die Antragsgegnerin nicht angegeben.

Sie stellt zudem die Zuständigkeit der 2. Vergabekammer infrage. Nach ihrer Auffassung seien die EU-Schwellenwerte zur Anwendung des GWB im anhängigen Verfahren unterschritten.

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Die Antragstellerin meint nach erfolgter Akteneinsicht, dass die Vergabeempfehlung auf unzutref- fenden Annahmen und Behauptungen beruhe.

Sie macht weiter geltend, dass insbesondere das Dokument „Vergabeempfehlung“ weder datiert noch unterzeichnet worden sei. Es bestehe eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass dieses Dokument nach der Versendung des Informationsschreibens vom 18.10.2019 erstellt und entsprechend mani- puliert worden sei.

Der Bürgermeister der Antragsgegnerin habe erst elf Tage nach Ablehnung des Angebotes der An- tragstellerin zum Ausdruck gebracht, dass er der Empfehlung des Dienstleisters folgen wolle.

Die Antragstellerin beantragt,

- der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ablehnung des Angebotes der Antragstellerin zu- rückzunehmen und die Angebotswertung unter Einbeziehung des Angebotes der Antrag- stellerin zu wiederholen

hilfsweise,

- der Antragsgegnerin zu untersagen, das Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung ab- zuschließen

Die Antragsgegnerin stellte bislang keinen eigenen Antrag.

Nach Auffassung der Antragsgegnerin habe sie das Vergabeverfahren vergaberechtskonform durchgeführt.

Die Antragstellerin habe einen sehr geringen Zuschlag für den Verwaltungsaufwand in ihrem Ange- bot ausgewiesen. Die Antragsgegnerin habe sie mit Schreiben vom 09.10.2019 aufgefordert, dies zu erläutern. Im Ergebnis des Schreibens der Antragstellerin habe sie feststellen müssen, dass diese Kosten nicht zufriedenstellend aufgeklärt worden seien.

Bezüglich der Rüge vom 29.10.2019 habe die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt, aus den Verga- beunterlagen erkennbare Verstöße gem. § 160 Abs.3 S.1 Nr.3 GWB bis zum Ende der Angebotsfrist zu rügen. Eine Beanstandung der Schwellenwertunterschreitung sei nicht erfolgt.

Mit Beschluss vom 08.01.2020 hat die Vergabekammer das Unternehmen XXX zum Nachprüfungs- verfahren beigeladen.

Die Beigeladene äußerte sich nicht zum Nachprüfungsantrag.

Die Vergabekammer hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.01.2020 angehört.

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Danach habe die Antragsgegnerin den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Nach Auffassung der Vergabekammer sei der Nachprüfungsantrag offensicht- lich unbegründet. Es sei daher beabsichtigt, nach Lage der Akten zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin sei im Sinne des § 60 Abs. 1 VgV verpflichtet gewesen eine Preisaufklärung zu verlangen, da das abgegebene Angebot der Antragstellerin aufgrund des Preisabstandes zum nächst höheren Angebot ungewöhnlich niedrig erschien.

Die geringe Höhe des angebotenen Preises könne nach Ansicht der Vergabekammer gemäß

§ 60 Abs. 3 S. 1 VgV nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden, da es im Rahmen der Aufklärung dem Bieter verwehrt sei, sein Angebot inhaltlich abzuändern. Die Antragstellerin habe im „Nachweis zur Eignung des Bieters“, zur Erfüllung des Auftrages keine Leistungen von Nachunternehmen in Anspruch nehmen zu wollen. Abweichend hiervon ergebe sich aus dem Aufklärungsschreiben der Antragstellerin vom 10.10.2019, dass sie zur Ausführung der Leistung ein Subunternehmen einzu- setzen gedenke. In diesem Schreiben habe sie konkret ausgeführt, dass sie die angebotene Dienst- leistung für die Leistungskomponenten Wechsel, Abrechnung, Kundenservice etcpp. durch einen externen Dienstleister zu einem monatlichen Festpreis erledigen lasse.

Die Vergabekammer hatte ergänzend mit Schriftsatz vom 11.02.2020 darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin auch in anderer Hinsicht ihr Angebot möglicherweise unzulässig abgeändert habe.

Im Schriftsatz vom 07.02.2020 vertrat sie die Auffassung, dass einige der von der Vergabekammer aufgestellten Behauptungen unzutreffend seien. Die im Gesetz vorgesehenen Beschränkungen be- züglich des Amtsermittlungsgrundsatzes seien nicht genügend beachtet worden. So sei die Kammer gehindert, ihre Entscheidung zu Lasten der Antragstellerin auf Sachverhalte zu stützen, die der öf- fentliche Auftraggeber nicht berücksichtigt habe. Der Vergabekammer sei es verwehrt, neben den von der Antragstellerin erhobenen Beanstandungen in eine vertiefte Prüfung des Vergabeverfahrens einzusteigen.

Ein ungewöhnlich niedriges Angebot liege nur vor, wenn das Angebot das nächst höhere um min- destens 20% unterschreite. Dass Vorliegen dieser Voraussetzung nach § 60 Absatz 1 VgV werde bestritten. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin die Aufklärung des Angebotspreises mit Schreiben vom 18.10.2019 bereits bestätigt. Die Antragsgegnerin habe in der Folgezeit von weiteren Nachfra- gen zum Inhalt des Angebotes der Antragstellerin abgesehen.

Es sei unzulässig, ein Aufklärungsverlangen nach § 60 VgV mit einem solchen nach § 15 VgV zu vermengen. Im Verhältnis zu § 15 VgV sei § 60 Abs. 1 VgV eine Spezialvorschrift, die in Bezug auf den Angebotspreis der Befugnis nach § 15 Abs. 5 VgV vorgehe.

Unabhängig hiervon habe die Antragstellerin ihr Angebot auch nicht abgeändert. Nach den Verga- beunterlagen bestehe die Hauptleistung in der Lieferung von Erdgas. Im Verhältnis dazu seien der

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Wechsel zum Neulieferanten, die Abrechnung oder auch der Kundenservice eine bloße Hilfsleis- tung. Diese Hilfsleistungen erbringe die Antragstellerin im eigenen Namen gegenüber der Antrags- gegnerin. Bei den hierfür erforderlichen Handreichungen greife die Antragstellerin auf eine Software zurück, die von einem erfahrenen Dienstleister zur Verfügung gestellt werde. Diese Software be- diene die Antragstellerin selbst. Die Software führe danach einzelne Vorgänge aus, z.B. erledige sie den Lieferantenwechsel digital, erstelle eine digitale Abrechnung etc. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass sie somit keinen Nachunternehmer beauftrage. Sie habe folglich auch keine Ver- änderung des Angebotes vorgenommen.

Die von der Antragstellerin angekreuzte Aussage, wonach sie nicht beabsichtige, zur Erfüllung des Auftrages Leistungen von Nachunternehmen in Anspruch zu nehmen, sei Bestandteil des Formulars

„Nachweis zur Eignung eines Bieters“. Es gehe dort um die Eignung des Bieters, nicht um die Be- wertung des Angebotspreises. Die entsprechende Abfrage habe die Antragstellerin dahingehend verstehen dürfen, dass die Antragsgegnerin lediglich wissen wollte, ob die Antragstellerin ihre Haupt- leistungspflicht selbst erbringen wollte. Es sei für die Antragsgegnerin ohne Relevanz, ob die Bieter reine Hilfsleistungen mittels einer von einem Drittunternehmen bereitgestellten Software erbringen würden.

Die Antragstellerin führt mit Schriftsatz vom 19.02.2020 weiter aus, dass die Antragstellerin auch im Übrigen ihr Angebot nicht unzulässig abgeändert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze und die Vergabeakte ver- wiesen.

Der Vorsitzende der Vergabekammer hat die Frist zur Entscheidung letztmalig bis zum 19.03.2020 verlängert.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Zulässigkeit 1.1 Zuständigkeit

Gemäß § 156 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) veröffentlicht im BGBl. I, 1998, Nr. 59, S. 2568 ff., neugefasst durch Bekanntmachung vom 15.07.2005, BGBl. I, 2005, Nr. 44, S. 2114 ff., zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.08.2017, BGBl. I, 2017, S. 3295, i.V.m. der Richtlinie über die Einrichtung von Vergabekammern in Sachsen-Anhalt (RdErl. des MW

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LSA vom 04.03.1999 – 63 - 32570/03, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 13/1999 S. 441 ff., zuletzt geändert durch RdErl. des MW vom 08.12.2003 – 42-32570/03, veröffentlicht im MBl. LSA Nr.

57/2003, S. 942) i.V.m. d. gem. Geschäftsordnung d. VgK (Bek. des MW vom 17.04.2013 – 41- 32570-17, veröffentlicht im MBl. LSA Nr. 14/2013) ist die 2. Vergabekammer des Landes Sachsen- Anhalt für die Nachprüfung des vorliegenden Vergabeverfahrens örtlich zuständig.

Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber gem. § 99 Nr. 1 GWB.

Der für dieses Vergabeverfahren maßgebliche Schwellenwert von 221.000 Euro gemäß § 106 Abs.

2 Nr. 1 GWB ist für dieses Vorhaben überschritten. Gemäß § 3 Abs. 7 S. 1 VgV ist hierbei der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Ausweislich der Kostenschätzung der An- tragsgegnerin übersteigt der Gesamtwert beider Lose einschließlich der Verlängerungsoption i.S.

des § 3 Abs. 1 S. 2 VgV deutlich den vorgenannten Schwellenwert. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin die Kostenschätzung willkürlich vorgenommen hätte. Die Beigela- dene hatte für beide Lose geboten. Ihr Angebot lag preislich ebenfalls über dem Schwellenwert.

1.2 Antragsbefugnis

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat durch die Abgabe eines Angebotes ihr Interesse am Auftrag bekundet. Sie hat eine Verletzung in ihren Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevor- schriften geltend gemacht (§ 160 Abs. 2, S. 1 GWB). Weiterhin hat sie hinreichend dargelegt, dass ihr durch Verletzung von Vergabevorschriften möglicherweise ein Schaden drohe (§ 160 Abs. 2, S.

2 GWB).

1.3 Rüge

Die Antragstellerin ist mit ihrem Schreiben vom 25.10.2019 ihrer Rügeobliegenheit ordnungsgemäß nachgekommen.

Nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrages erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat.

Die Antragstellerin hat am 18.10.2019 von der Antragsgegnerin ein Absageschreiben erhalten. Hie- rin teilte die Antragsgegnerin mit, dass ihr Angebot abgelehnt werde, da es auch nach Aufklärung ungewöhnlich niedrig sei. Die Antragstellerin hat innerhalb der o.g. Frist am 25.10.2019 dieses Vor- gehen gerügt.

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Die Antragstellerin hat schließlich auch im Sinne des § 160 Abs. 3 Nr.4 GWB fristgemäß den Nach- prüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer eingereicht. Nach dieser Vorschrift ist ein An- trag unzulässig, soweit mehr als 15 Tage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Die Antragstellerin hatte am 31.10.2019 und somit einen Tag nach Eingang des Nichtabhilfeschreibens am 30.10.2019 den Nachprüfungsantrag eingereicht.

Dies war rechtzeitig.

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet

Unabhängig von dem Vorbringen der Antragstellerin war die Antragsgegnerin gehalten, den Zu- schlag auf ihr Angebot gem. § 60 Abs. 3 S. 1 VgV abzulehnen. Die geringe Höhe des angebotenen Preises kann nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden.

Im Einzelnen:

Im Sinne des § 60 Abs. 1 VgV hat sie zu Recht von der Antragstellerin Aufklärung verlangt. Sie ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass das von der Antragstellerin abge- gebene Angebot aufgrund des Preisabstandes bezüglich des Gesamtpreises zum nächst höheren Angebot ungewöhnlich niedrig erschien.

Nach Ziffer 15.2 der Leistungsbeschreibung sind nur die Preise für die Erstvertragslaufzeit (2020 und 2021) für die Ermittlung des kostengünstigsten Angebotes relevant. Die Antragsgegnerin hatte in ihrer Vergabedokumentation diesbezüglich die beiden Angebotspreise gegenübergestellt (vgl. Do- kument „Gegenüberstellung eingereichter Angebote“). Hieraus ist ersichtlich, dass die Preisdifferenz mehr als 10% beträgt. Überdies hat sie den Preisabstand auf der Basis der Angebotspreise für den Zeitraum 2020-23 ermittelt. Es bleibt offen, ob dies geboten war. Bei dieser Sachlage ist nicht ent- scheidend, dass die Antragsgegnerin in ihrer Angebotsprüfung vom 08.10.2019 und in ihrer Verga- beempfehlung eine Aufklärung aufgrund des niedrigen Verwaltungsaufschlages für geboten hielt.

Es ist erkennbar, dass sie bei der Angebotsprüfung auch auf den Gesamtpreis abgestellt hatte.

Der Antragsgegnerin ist für das Einleiten eines Prüfverfahrens nach § 60 Abs. 1 VgV ein weiter Beurteilungsspielraum zuzubilligen, dessen Anwendung von den Nachprüfungsinstanzen nur darauf zu kontrollieren ist, ob der Prüfung auf der Basis eines zutreffenden Sachverhaltes ein nachvollzieh- barer, vertretbarer und nicht willkürlicher Ermittlungsansatz zugrunde gelegt worden ist. Vor diesem Hintergrund darf ein öffentlicher Auftraggeber auch bei einem Preisabstand von mehr als 10% Auf- klärungsmaßnahmen ergreifen (vergleiche Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, 2017

§ 60 VgV, Rn.9). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass nach § 14 Abs. 2 Landesvergabegesetz (LVG) Land Sachsen-Anhalt der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, die Kalkulation des erst- platzierten Angebots zu überprüfen, wenn dieses um mindestens 10% von dem nächst höheren

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Angebot abweicht. Aus der Wertung des Landesgesetzgebers ist zu entnehmen, dass es nicht sach- widrig ist, wenn ein Auftraggeber bei Überschreitung dieser Preisdifferenz Aufklärungsmaßnahmen ergreift (vergleiche OLG Brandenburg vom 22.03.2011, Az.: VergW 18/10). Aufgrund dieser Um- stände hat die Antragsgegnerin den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ab welcher Aufgreifschwelle der öffentliche Auftraggeber zu ei- ner Preisüberprüfung verpflichtet ist (vgl. BGH Beschluss vom 31.01.2017 Az.:X ZB 10/16).

Die Antragsgegnerin war im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes auch gem.

§ 60 Abs. 2 S. 1 VgV befugt, die Preise für die Verwaltungsaufschläge (2022 und 2023) als Einzel- preise zu hinterfragen (vgl. BayObLG vom 18.09.2003, Az.: Verg 12/03). Dies galt umso mehr, als dass diese Preise im besonders hohen Maße von denen der Beigeladenen abwichen. Die Aufklä- rung kann sich auf alle inhaltlichen Aspekte des Angebotes erstrecken, die eine direkte Auswirkung auf den Preis haben können (vergleiche Weyand, Vergaberecht, 4.Auflage 2013, § 16 VOL/A Rn.710).

Es trifft zwar zu, dass nach Ziffer 15.2 der Leistungsbeschreibung nur der Energiepreis für die Jahre 2020 und 2021 für die Ermittlung des kostengünstigsten Angebotes herangezogen werden soll. Die Verwaltungsaufschläge, die auch für diese Zeiträume zu berücksichtigen sind, waren hierbei nicht explizit anzugeben. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass sich diese Verwal- tungsaufschläge an die für den optionalen Zeitraum anzubietenden Zuschlägen orientieren.

Der Verwaltungsaufschlag hat wesentlichen Einfluss auf den Angebotspreis EP für die Jahre 2020 und 2021, da er die vom Bieter am stärksten beinflussbare Komponente darstellt.

Die geringe Höhe des von der Antragstellerin angebotenen Preises konnte nicht i.S. des

§ 60 Abs. 3 S. 1 VgV zufriedenstellend aufgeklärt werden. Die entsprechenden Aufklärungsmaß- nahmen hatten objektiv kein verwertbares Ergebnis hervorgebracht. Aus dem Schreiben der Antrag- stellerin vom 10.10.2019 lässt sich entnehmen, dass sie auch im Zeitraum 2020/2021 die Leistungen teilweise durch einen externen Dritten zu erbringen beabsichtigt. Selbst wenn sich die Ausführungen ausschließlich auf den Optionszeitraum beziehen, ist es nach dem Dafürhalten der erkennenden Kammer zwingend, dass diese für den Erstvertragslaufzeitraum ebenso Geltung entfalten. Gesichts- punkte, die dies entkräften könnten, sind nicht einmal im Ansatz ersichtlich. Wie sich aus den nach- folgenden Ausführungen ergibt, hat sie damit ihr Angebot unzulässig abgeändert.

Die Antragstellerin hat im „Nachweis zur Eignung des Bieters“ auf Seite 4 auf entsprechende Abfrage der Antragsgegnerin angegeben, zur Erfüllung des Auftrages keine Leistungen von Nachunterneh- men in Anspruch nehmen zu wollen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bezog sich die Abfrage der Antragsgegnerin auf die zu vergebende Gesamtleistung. Die Antragsgegnerin hatte diesbezüglich keine Einschränkung in dem Sinne vorgenommen, dass bestimmte Leistungsbestand-

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teile ausgenommen werden sollen. Zur Gesamtleistung gehören auch die Tätigkeiten, die die An- tragstellerin nach ihrem Aufklärungsschreiben vom 10.10.2019 durch ein drittes Unternehmen aus- führen lässt. Die Antragsgegnerin hatte in der Leistungsbeschreibung unter Ziffer 7 auf die Regelun- gen des Energieliefervertrages verwiesen. Nach § 1 dieses Vertrags werden Art und Umfang der beiderseitigen Leistung durch den Vertrag detailliert bestimmt. Nach § 2 S. 1 ist der Gasliefervertrag ein Kaufvertrag über Erdgas. Nach Satz 2 regelt der Vertrag neben der Lieferung von Erdgas auch die Abrechnung. Hieraus kann geschlussfolgert werden, dass die Gesamtleistung diese Teilleistun- gen miteinschließt. Darüber hinaus enthält der Vertrag in § 4 Bestimmungen bei Veränderungen (Wechsel) von Lieferstellen. Schließlich legt beispielsweise § 5 fest, welche Maßnahmen bei Unter- brechungen der Lieferung (Kundenservice) zu treffen sind. Die Regelungen wären entbehrlich, wenn die vorgenannten Tätigkeiten nicht auch zur Gesamtleistung gehören würden. Weiterhin hatte die Antragsgegnerin für die Verwaltungsleistungen im Kalkulationsblatt des Angebotes auf Seite 2 für die Verlängerungsoptionen einen entsprechenden Zuschlag „Z“ abgefragt. Auch dies lässt den Schluss zu, dass die Verwaltungsleistungen Bestandteil der Gesamtleistung sind. Diese Umstände waren für die Antragstellerin ohne weiteres erkennbar.

Abweichend von der Angabe der Antragstellerin im Angebot ergibt sich aus ihrem Aufklärungsschrei- ben vom 10.10.2019, dass sie zur Ausführung dieser Leistungen ein Subunternehmen einzusetzen gedenkt. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind nach § 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verste- hen musste. Aus dem Wortlaut der Erklärung der Antragstellerin folgt, dass ein externer Dienstleister die entsprechende Teilleistung in vollem Umfang erbringt. Die Antragstellerin hat diesbezüglich in ihrem Aufklärungsschreiben vom 10.10.2019 keine Einschränkungen vorgenommen. Hierfür spricht auch, dass der Dienstleister pro Abnahmestelle einen Festpreis erhalten soll. Die diesbezüglichen Ausführungen der Antragstellerin aus dem Schriftsatz vom 07.02.2020 stehen hiermit nicht im Ein- klang. Sie hat darin erklärt, dass sie die vorgenannten Leistungen selbst und im eigenen Namen gegenüber der Antragsgegnerin erbringen wolle. Dabei greife sie lediglich auf eine Software zurück, die von einem Drittunternehmen bereitgestellt werde.

Die Antragstellerin ist an ihre Aussagen im Aufklärungsschreiben gebunden. Ihr ist es verwehrt, diese im Nachprüfungsverfahren nochmals zu modifizieren. Damit sind allein die diesbezüglichen Ausführungen im Aufklärungsschreiben maßgeblich. Durch die Durchführung von Aufklärungsmaß- nahmen soll die Entscheidung über den Zuschlag vorbereitet werden. Von daher hat der Auftragge- ber ein Interesse an feststehenden und verlässlichen Angaben. Die Antragsgegnerin hatte der An- tragstellerin eine Frist bis zum 14.10.2019 zur Erläuterung ihres Angebotes eingeräumt. Mit der Ab- gabe der Stellungnahme zur Aufklärung des Preises endete diese Möglichkeit für die Antragstellerin.

Bei anderer Betrachtungsweise hätten die Bieter die Möglichkeit, bis zur Zuschlagserteilung jeweils neue voneinander abweichende Sachverhalte vorzubringen, die der Auftraggeber prüfen müsste

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und die ggfs. zu einer anderen Wertung führen würden. Damit bestünde die Gefahr, das Vergabe- verfahren nicht mehr handhabbar zu gestalten. Dies stünde außerdem mit dem Gleichbehandlungs- prinzip als einem der elementaren Vergaberechtsgrundsätze nicht im Einklang (vgl. Weyand Verga- berecht a.a.O., § 15 VOL/A Rn.:86). Zwar hat die Antragsgegnerin den Umstand, dass die Antrag- stellerin beabsichtigt, einen Teil der Leistungen durch ein anderes Unternehmen ausführen zu las- sen, bei der Angebotswertung nicht berücksichtigt. Sie wäre hierzu jedoch verpflichtet gewesen.

Die Antragstellerin beabsichtigt, mit der Beauftragung des externen Dienstleisters einen Nachunter- nehmer zu verpflichten. Der Dienstleister führt keine reine Hilfsleistung durch. Entscheidend ist, ob das jeweilige Unternehmen als solches, d.h. in eigener Verantwortung die Ausführung einzelner oder mehrerer ausgeschriebener Leistungen dem Hauptauftragnehmer schuldet, oder ob das dritte Un- ternehmen nur die nötigen Mittel zur Verfügung stellt bzw. Hilfsleistungen erbringt, damit der Haupt- auftragnehmer die Ausführung der Leistungen bewirken kann (vgl. VK Bund vom 06.06.2016, Az.:

VK 1-30/16). Wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt, sieht die Antragstellerin vor, einen Teil der geschuldeten Leistungen von einem dritten Unternehmen ausführen zu lassen. Dieses Unternehmen wird im Auftrag und auf Rechnung der Antragstellerin eigenständig tätig. Der Dienst- leister beschränkt sich nicht darauf, lediglich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die An- tragstellerin die Leistungen selbst erbringt.

Die nachträgliche Hinzunahme eines Nachunternehmers stellt eine vergaberechtlich unzulässige Modifikation des Angebotes dar (vgl. Beck`scher Vergaberechtskommentar a.a.O., § 36 VgV Rn 17;

OLG Düsseldorf vom 05.05.2004, Az.: VII-Verg 10/04).

Die Antragstellerin weist zutreffend darauf hin, dass die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Eignung der Bieter abgefragt hatte, ob diese beabsichtigen, Nachunternehmer einzusetzen. Sie ver- kennt dabei jedoch, dass es auch für die Kalkulation der Preise immer von erheblicher Bedeutung ist, welche Leistungen im eigenen Unternehmen und welche auf Nachunternehmen übertragen wer- den (vgl. VK Nordbayern vom 08.03.2005, Az.: VK -3194-05/05).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gilt das Verbot des §15 Abs.5 S. 2 VgV auch i.V.m.

§ 60 VgV. Bei anderer Betrachtungsweise stünde zu befürchten, dass der Wettbewerb durch nach- trägliche Modifikationen des Angebotes beeinträchtigt oder gar aufgehoben wird. Es ist in jeder Hin- sicht zu gewährleisten, dass die Angebote ab der Angebotsabgabe nicht mehr nachträglich verän- dert werden dürfen und insoweit alle Bieter eine Gleichbehandlung erfahren (vgl. § 97 Abs. 2 GWB).

Dieser fundamentale Vergabegrundsatz gilt auch im Zusammenhang mit der Aufklärung eines An- gebotes mit ungewöhnlich niedrig erscheinendem Preis.

Die Angebote dürfen nur so gewertet werden, wie sie eingereicht wurden (vgl. OLG Koblenz vom 15.07.2008 Az.: 1 Verg 02/08). Ohne den Einsatz des Nachunternehmers, so wie im Angebot vor-

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gesehen, ist der von der Antragstellerin angebotene Preis EP für den Vertragszeitraum einschließ- lich Verlängerung nicht in Gänze erklärbar. Die Antragstellerin hatte ihren günstigen Peis gerade darauf zurückgeführt, dass die Teilleistungen wie beispielsweise Wechsel, Abrechnung und Kun- denservice durch einen erfahrenen externen Dienstleister zu einem geringen Festpreis pro Abrech- nungsstelle durchgeführt werden.

Bei dieser Sachlage stellt sich ausnahmsweise nicht die Frage, ob die Antragstellerin trotz der nicht nachgewiesenen Auskömmlichkeit dennoch in der Lage ist, die Leistung zu erbringen. Dies würde voraussetzen, dass die Leistung so durchgeführt wird, wie sie angeboten wurde. Dies ist nicht ge- geben. Die Antragstellerin hat im Vergabeverfahren dokumentiert, dass sie abweichend von ihrem Angebot einige Leistungsbestandteile durch Nachunternehmer erbringen lässt.

Aufgrund dieser Umstände ist die Ablehnung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin nach § 60 Abs. 3 S. 1 VgV zwingend.

Dem Auftraggeber ist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ein rechtlich gebundenes Ermessen ein- geräumt. Die Verwendung des Verbes „dürfen“ ist nicht so zu verstehen, dass es im Belieben des Auftraggebers stünde, den Auftrag trotz bestehender Ungereimtheiten doch an den betreffenden Bieter zu vergeben. Die Ablehnung des Zuschlages ist vielmehr geboten, wenn der Bieter diese nur ungenügend aufklären kann (vgl. BGH a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund fällt nicht entscheidend in Gewicht, dass die Antragsgegnerin die Ablehnung des Angebotes Ihrer Mandantin auf andere Gründe gestützt hatte. Es kann offenbleiben, ob die Antragsgegnerin sich zu Recht auf diese Gründe berufen hatte.

Die Antragstellerin geht fehl in der Annahme, dass die Vergabekammer gehindert sei, die Aus- schlussentscheidung zu ihren Lasten auf Gründe zu stützen, die die Antragsgegnerin nicht berück- sichtigt hatte. Es trifft zwar zu, dass die Vergabekammer gem. § 168 Abs. 1 S. 1 GWB Maßnahmen zu treffen hat, die geeignet sind, eine Rechtsverletzung zu beseitigen. Sie hat weiterhin eine Schä- digung der betroffenen Interessen zu verhindern. Die Antragstellerin hat jedoch i.S. der vorgenann- ten Vorschrift keinen Schaden, wenn sie bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, weil ihr Angebot unabhängig von ihrem Vorbringen im Nachprüfungsverfahren oh- nehin zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen (vgl. OLG Naumburg vom 12.09.2016, Az.: 7 Verg 5/16; OLG Naumburg vom 25.10.2005, Az.: 1 Verg 5/05; OLG Naumburg vom 25.07.2019. Az.: 7 Verg 1/19; 2. Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 28.06.2019, Az.: 2 VK LSA 26/18; a.A. OLG Rostock vom 08.03.2006, Az.: 17 Verg 16/05). So liegt der Fall hier.

Bei dieser Sachlage sind die Nachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren ein- zugreifen (vgl. Weyand a.a.O. § 114 GWB Rn. 6). Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin in ihrem Informationsschreiben vom 18.10.2019 die Aufklärung des ungewöhnlich niedrigen Preises bestätigt hat. Ungeachtet dessen hat sie lediglich zum Ausdruck

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gebracht, dass auch nach Aufklärung der Preis ungewöhnlich niedrig erscheint. Wie erwähnt, ist auch nicht entscheidend, dass die Antragsgegnerin die Abänderung des Angebotes durch die An- tragstellerin bei ihrer Wertung außer Acht gelassen hatte.

Im Übrigen ist von Bedeutung, dass die Vergabekammer nach § 163 Abs. 1 S. 1 GWB verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Nach dem Wortlaut der vorgenannten Vorschrift hat sie somit den gesamten Inhalt der Vergabeakte bei der Ermittlung des Sachverhaltes zu berücksichtigen. Die Umstände, die den Ausschluss des Angebotes der Antrag- stellerin begründeten, ergaben sich hier aus dem Angebot der Antragstellerin sowie dem Inhalt des Aufklärungsgespräches.

Schließlich hat die Antragstellerin zutreffend darauf hingewiesen, dass das Dokument „Vergabe- empfehlungen“ nicht datiert und die Person des Erklärenden nicht erkennbar war. Hierdurch sind jedoch Rechte der Antragstellerin nicht verletzt. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 VgV dokumentiert der Auftrag- geber das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126 b) des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Es ist zu berücksichtigen, dass der Bürgermeister der Antrags- gegnerin sich mit E-Mail vom 29.10.2019 die Dokumentation und somit letztendlich die Vergabe- empfehlung zu Eigen gemacht hat. Es kann offenbleiben, ob dieses Dokument vor dem 18.10.2019 erstellt wurde. Der Dienstleister war nach dem Vertrag mit der Antragsgegnerin u.a. autorisiert, die Vergabeempfehlung zu erstellen. Die vorliegende Vergabeempfehlung ist eine Zusammenfassung des Vergabeverfahrens bis vor Versendung der Informationsschreiben nach § 134 GWB. Die Doku- mentation besteht weiterhin aus entsprechendem elektronischen Schriftverkehr (E-Mail) sowie wei- teren Schriftstücken. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegnerin nach den vorge- nannten Ausführungen ein eigener Beurteilungsspielraum nur im Hinblick darauf zustand, ob eine Aufklärung des Angebotspreises der Antragstellerin i.S. des § 60 Abs. 1 VgV geboten war. Diesbe- züglich ist die Vergabedokumentation transparent. Aus dem Dokument „Prüfung des Angebotes“

vom 08.10.2019 ist zu erkennen, dass der Dienstleister der Antragsgegnerin sich bereits zu diesem Zeitpunkt mit dieser Frage auseinandergesetzt hatte. Die Vergabeempfehlung ist spätestens am 29.09.2019 abgeschlossen worden. Es kann damit davon ausgegangen werden, dass sie im Hin- blick auf die Notwendigkeit einer Preisaufklärung den Verlauf des Entscheidungsprozesses wider- spiegelt (vgl. Kulartz/ Kus/ Marx/ Portz/ Preiß, Kommentar zur VgV, Ausgabe 2017, § 8 VgV Rn 17).

Der Auftraggeber ist nicht zu einer unverzüglichen, sondern lediglich zu einer zeitnahen Dokumen- tation verpflichtet. Es ist nicht erkennbar, dass eine ergebnisorientierte und mit den tatsächlichen Erwägungen und Entscheidungen nicht übereinstimmende Darstellung vorliegt. Soweit im Übrigen die Vergabedokumentation unzureichend sein sollte, ist die Antragstellerin hierdurch nicht in eigenen

(16)

Rechten verletzt. Wie bereits ausgeführt, war ihr Angebot, unabhängig von den Erwägungen der Antragsgegnerin, nicht zuschlagsfähig.

Die Beigeladene hat ein vollständiges Angebot abgegeben. Sie hat einer Verlängerung der Bindefrist bis zum 21.03.2020 zugestimmt.

Es kann offenbleiben, ob das Angebot der Antragstellerin auch aus anderen Gründen vom Verga- beverfahren auszuschließen ist.

Auf eine mündliche Verhandlung wurde nach § 166 Abs. 1 S. 3 Alt. 3 GWB verzichtet, weil allein aufgrund der Aktenlage die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages erfolgen musste. Eine an- dere Bewertung hätte sich auch nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erge- ben können. Anders als die Antragstellerin meint, ist es der Vergabekammer gestattet, nach Akten- lage zu entscheiden, wenn sich die Unbegründetheit nach erfolgter Übermittlung des Nachprüfungs- antrages an die Antragsgegnerin und aufgrund einer vertieften Prüfung der Sach- und Rechtslage an Hand der übersandten Vergabeakten und der Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten ergibt (vgl.

OLG Naumburg vom 25.07.2019, Az.: 7 Verg 01/19).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 GWB. Nach dieser Vorschrift hat ein Beteiligter die Kosten (Gebühren und Auslagen) zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt, mithin die Antragstellerin. Sie ist mit ihrem Begehren nicht durchgedrungen.

Rechtsgrundlage für die Bemessung der Höhe der Gebühren ist § 182 Abs. 2 S. 1 GWB. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfah- rens.

Als Grundlage für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes (Brutto) dient der Vergabekammer der Angebotspreis der Antragstellerin. Nach der Gebührenformel der Vergabekammer ergibt sich ein Richtwert von XXX Euro inklusive der Mindestgebühr gem. § 182 Abs. 2 S. 1 GWB in Höhe von 2.500,00 Euro sowie XXX Euro für die entstandenen Auslagen. Es besteht keine Veranlassung, von diesem Richtwert abzuweichen.

Nach § 182 Abs. 4 S. 1 GWB hat die Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidi- gung oder Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen.

IV.

(17)

Der ehrenamtliche Beisitzer, Herr XXX, hat den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin der Vergabekammer ermächtigt, den Beschluss allein zu unterzeichnen. Ihm lag dieser Beschluss hierzu vor.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Entscheidung kann das Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10, 06618 Naumburg, innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, schriftlich angerufen werden.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen.

Die Beschwerde muss die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, sowie die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt, enthalten.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

XXX XXX

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