Experimentalvortrag Organische Chemie
– Klebstoffe – Sara Metten
Gliederung
1. Definition 2. Geschichte
3. Physikalische Hintergründe - Adhäsion
- Kohäsion
4. Verfestigungsmechanismen - physikalisch
- chemisch 5. Einsatz
6. Lehrplan
7. Didaktische Aspekte 8. Literatur
9. Abbildungsverzeichnis
1. Definition
Laut der Deutschen Industrie Norm (DIN-Norm)16921 ist der Begriff Klebstoff wie folgt definiert:
„Ein Klebstoff ist ein nichtmetallischer Werkstoff, der Werkstücke (Fügeteile) durch Oberflächenhaftung (Adhäsion) und innere Festigkeit (Kohäsion) verbinden kann, ohne dass sich das Gefüge der Werkstoffe wesentlich verändert hat.“
Aus der Etymologie:
Kleben stammt aus dem althochdeutschen „kliban“ (norddeutsch „Klei“ = toniger Schlick) und leimen aus dem indogermanischen „leimo“ = Lehm.
Allerdings möchte ich zuerst auf die Geschichte der Klebstoffe eingehen. Klebstoffe wurden vor vielen Jahren entwickelt und bis heute wird noch immer an der Neuentwicklung von speziellen Klebstoffen geforscht.
2. Geschichte
Da die Geschichte der Klebstoffe sehr lang ist, nenne ich hier nur die wichtigsten Punkte.
Schon in der jüngeren Steinzeit, also ca. 8000 Jahre vor Chr., bedienten sich die Menschen eines Birkenharzes zum Befestigen von Speer- und Beilspitzen. Selbst bei der Entdeckung des
„Ötzi“ wurde ein Beil gefunden, dessen Klinge mit Birkenpech am Stab befestigt war. Um 5000 vor Chr. nutzen die Menschen in Mesopotamien und Ägypten Asphalt als Klebstoff. Im Jahre 1500 wurde dann der Kautschuk von den Spaniern aus Mittelamerika nach Deutschland gebracht. Auch das Casein, das schon bei den Römern bekannt war, wurde nun als erster
„Kunststoff“ bei der Papierbinderei und Buchbinderei als Klebstoff verwendet. Nun war der
Erfolg des Klebens nicht mehr zu stoppen, 1700 wurden die ersten Leimsiedereien in Holland
errichtet und kurz darauf auch in Deutschland.
Abb. 1
Geräte und Chemikalien
1 Becherglas 250 mL, Glasrührstab, Magnetrührer mit Heizplatte, Kristallisierschale, Spatel, Speisestärke (Kartoffelstärke oder Maisstärke)
Durchführung:
10g Stärke und 50 mL Wasser werden in ein Becherglas gegeben und gut mit einem Glasstab vermischt. Die leicht dickflüssige Masse wird nun auf ca. 80°C im Wasserbad erhitzt, bis die Masse beginnt, am Glasstab festzukleben. Der Klebstoff kann sofort verwendet werden.
Dies war ein Beispiel für einen Klebstoff der „älteren“ Generation, jedoch möchte ich nun mit der Geschichte der Klebstoffe fortfahren.
Um 1830 wurde Naturkautschuk als Klebrohstoff eingesetzt. Mit der Erfindung der Vulkanisierbarkeit von Kautschuk 1841 durch Goodyear setzte die Geschichte der synthetisch hergestellten Kunststoffe und somit der synthetischen Klebstoffe ein. Damit wurde erstmals in der Geschichte der Menschheit ein Naturstoff chemisch verändert und so ein halbsynthetischer Werkstoff mit neuen mechanischen bzw. technologischen Eigenschaften hergestellt. 1864 gelang es W. Parks, das halbsynthetische Celluloid herzustellen. Die ersten
„echten“ Kunststoffe, die aus den Laboratorien der Chemiker stammten und zu denen es in der Natur keine Parallelen mehr gab, waren die Phenolharze. Ihre technische Nutzung begann 1902 und ist eng mit dem Namen Baekeland verbunden, der 1905 das erste Phenolharz unter dem Produktnamen Bakelite vertrieb. Mit der Herstellung dieser Werkstoffe war der entscheidende Schritt in der Kunststoff-Entwicklung getan: von der Nutzung über die chemische Modifizierung hin zu den vollsynthetischen Kunststoffen. In den folgenden Jahrzehnten erlebte die Entwicklung der synthetischen Kunststoffe und Klebstoffe einen rasanten Aufschwung. Kunstkautschuke wie Polychloropren, Buna (Polybutadien) und Siliconkautschuk wurden synthetisiert. 1932 kam der erste Alleskleber der Fa. Uhu auf den Markt. 1934 folgten die ersten Klebestreifen der Fa. Tesa. Es folgten die Epoxidharze und
Demo 1: Herstellung von Stärkekleister
Polyurethane, nach dem zweiten Weltkrieg erfand man die Methacrylat- und Cyanacrylatklebstoffe, der Sekundenkleber war 1960 unter dem Namen Sicomet in Deutschland auf dem Markt. 1969 feierte der erste Klebestift der Welt Premiere, er ist noch heute sehr beliebt und unter dem Namen Pritt bekannt. Bis heute sind noch immer viele Neuentwicklungen im Sektor der Klebstoffe zu verzeichnen, vor allem werden sehr spezialisierte Industriekleber entwickelt.
3. Physikalische Hintergründe
Um die Definition unter Punkt 1. Definition verstehen können, müssen die physikalischen Hintergründe der Phänomene von Kohäsion und Adhäsion genau aufgeklärt werden.
Es sind einige Fragen aufzuklären, beispielsweise, warum diese Stoffe eigentlich kleben und warum sie (oder viele) an der Luft hart werden.
Adhäsion
Abb. 2
Das Wort stammt aus dem Lateinischen adhaerere und bedeutet anhaften.
Als Adhäsion bezeichnet man die Haftwirkung einer Grenzfläche und einer zweiten Phase, die entweder aus individuellen Teilchen, Molekülen, Tröpfchen oder Pulvern oder aus einem kontinuierlichen festen oder flüssigen Film bestehen kann.
Zwischen Klebstoff und Fügeteil kann es nur dann zu einer klebenden Verbindung kommen,
wenn sich beide Stoffe soweit annähern, dass sie im molekularen Bereich Wechselwirkungen
zueinander aufbauen (elektrostatische Wechselwirkungen, van-der-Waals Kräfte, chemische
Bindung). Unter dem Oberbegriff Adhäsion werden dabei eine große Anzahl verschiedener
Wechselwirkungen zusammengefasst. Der Klebstoff benötigt zuerst einmal eine geringe
Oberflächenspannung, um das Fügeteil überhaupt benetzen zu können. Eine Möglichkeit der
Adhäsion ist die durch hinreichende Oberflächenenergie des Fügeteils bedingte Ausbildung
von Nebenvalenzen zwischen Klebstoff und Fügeteil, dies sind die London-, Keesom- und Debye-Kräfte. Der molekulare Bau und die Polarität der beteiligten Stoffe beeinflussen diese Kräfte maßgeblich. Bei der Klebung von Metallen werden Hauptvalenzen bevorzugt ausgebildet. Bei der Verklebung von Kunststoffen und anderen hochpolymer aufgebauten Stoffen spielt die Diffusion von Klebstoffmolekülen in die Grenzschicht des Fügeteils eine wesentlich Rolle.
Die bisher genannten Punkte fallen unter den Begriff der „spezifischen Adhäsion“. Jedoch gibt es auch noch das Prinzip der mechanische Adhäsion. Durch die Aushärtung des Klebstoffes in den Fügeteilen kommt es zu einer stabilen Haftung beider Stoffe.
Elektronenmikroskopische Oberflächenaufnahmen von Metallen, Mineralien etc., die im Gegensatz zu der sich im menschlichen Augen darbietenden „glatten“ Oberfläche eine mehr oder weniger stark „zerklüftete Landschaft“ zeigen, bestätigen dies. Durch zusätzliche Aufrauhung von Fügelteiloberflächen (mechanisch, elektrolytisch, chemisch) kann der Anteil der mechanischen Adhäsion erheblich erhöht werden.
Abb. 3
Geräte und Chemikalien:
Petrischale, 3 Objektträger, Wasser, Öl, Schwefelpulver
Durchführung:
Es wird eine Petrischale verwendet, auf der 3 Objektträger gut nebeneinander Platz haben.
Auf die Objektträger wird jeweils ein Tropfen Wasser, ein Tropfen Öl und der dritte wird mit etwas Schwefelpulver bestäubt, anschließend wird noch ein Tropfen Wasser hinzugegeben.
Nun werden die 3 Objektträger vorsichtig an die Petrischale gedrückt und diese von der waagerechten in die senkrechte Position gebracht.
Ergebnis:
Demo 2: Adhäsionskräfte
Die Objektträger mit dem Schwefelpulver und dem Öl lösen sich, während der Objektträger mit dem Wasser „kleben“ bleibt.
Dies ist eine Demonstration, dass eine Oberfläche, die zum Kleben verwendet werden soll, staub- (dieses stellte das Schwefelpulver dar) und fettfrei sein sollte, sonst können sich sie Adhäsionskräfte nicht vollständig ausbilden.
Somit können Voraussetzungen, die für eine gute Klebung erforderlich sind, bestimmt werden. Dies sind zum einen staub- und fettfreie Fügeteile, weiter muss der Klebstoff auf den Fügeteilen haften. Der Fügeteile müssen sich auf weniger als 0,5 nm nähern, sonst können keine Adhäsionskräfte wirken. Weiter muss die Kontaktfläche der Fügeteile groß genug sein, damit sich genügend zwischenmolekulare Wechselwirkungen ausbilden können.
Kohäsion
Abb. 4
Das Wort stammt aus dem Lateinischen cohaerere und bedeutet zusammenhängen.
Als Kohäsion bezeichnet man den durch echte chemische Bindung oder zwischenmolekulare
Kräfte verursachten Zusammenhalt der Stoffe. Die Kohäsion lässt sich nach dieser Definition
als Sonderfall der Adhäsion auffassen, bei dem gleichartige Teilchen aneinander haften. Sind
die Adhäsionskräfte hauptsächlich an den Grenzflächen wirksam und vorwiegend nach außen
gerichtet, so sind Kohäsionskräfte im Inneren der Stoffe wirksam. Die Kohäsionskräfte sind
in Festkörpern größer als in Flüssigkeiten und in Flüssigkeiten viel größer als zwischen den
Atomen bzw. Molekülen in Gasen. Sie bewirkt unter anderem die Festigkeit der Festkörper
und die innere Festigkeit der Klebstoffe. Im Bereich der Kohäsionszone weist der Klebstoff
seine nominellen, in den Datenblättern angegebenen Kunststoffeigenschaften auf. Diese
werden von verschiedenen molekularen Kräften verursacht. Hinzu kommen Effekte über die
Sekundärstruktur des Klebstoffes wie z.B. Teilkristallinität sowie die Einflüsse von Füllstoffen und Weichmachern.
Zu einer maximal erreichbaren Verbundfestigkeit tragen sowohl Adhäsion als auch Kohäsion bei. Wie bei der Kette, gilt auch bei der Klebung, das schwächste Glied bestimmt die Belastbarkeit. Zu berücksichtigen ist, dass die hier beschriebenen Kohäsionskräfte in hohem Maße von der Temperatur abhängig sind. Jeder Klebstoff ist deshalb nur innerhalb eines durch die jeweiligen chemischen und physikalischen Eigenschaften vorgegebenen Temperaturintervalls nutzbar.
Die Klebung ist somit immer ein Zusammenspiel von Adhäsion und Kohäsion
Abb. 5
Eine wichtige Rolle für eine das gute Anheften des Klebstoff auf den Fügeteilen ist das
Lösungsmittel. Der Klebstoff wird immer in flüssiger Form aufgebracht und muss
anschließend eine Zeit aushärten, bis die Klebefuge vollständig belastbar ist. Die Aufgabe des
Lösemittels sind folgende, es bringt zum einen den Klebstoff in die flüssige Form, weiter löst
es die Bindung zwischen den Klebstoffmolekülen. Die Kohäsion ist somit ganz oder teilweise
aufgehoben.
Abb. 6
Geräte und Chemikalien:
2 Styroporkugeln, Aceton
Durchführung:
Es wird etwas Aceton auf eine Styroporkugel geben und die zweite Styroporkugel nun auf die benetzte Stelle der ersten Kugel gedrückt.
Ergebnis:
Die beiden Styroporkugel kleben aneinander.
Erläuterung:
Die Styroporkugel wurde durch das Aceton an der Stelle aufgelöst und mit der anderen Styroporkugel so verbunden.
4. Verfestigungsmechanismen
Die verschiedenen Klebstoffe lassen sich nach ihrer chemischen Basis und nach ihrem Verfestigungsmechanismus einteilen. Ich habe mich für eine Einteilung nach den Verfestigungsmechanismen entschieden.
Physikalisch abbindende Klebstoffe
Bei diesen Klebstoffen wie z.B. Schmelzklebstoffen, Kontakt- und Dispersionsklebstoffen sind die Polymere (40-70%) beim Klebstoffauftrag bereits vorhanden. Der für die Benetzung notwendige flüssige Zustand wird durch Erwärmen, Lösen oder Dispergieren der polymeren Makromoleküle erreicht. Ein typisches Beispiel für solch einen Dispersionsklebstoff ist der
Demo 3: Kleben durch Anlösen
Holzleim. Der eigentlich Klebstoff ist ein fester Kunststoff in fein verteilter Form, bei Holzleimen z.B. auf der Basis von Polyvinylacrylat.
Ein solcher Klebstoff ist auch der Heißsiegelklebstoff, die Darstellung wird wie folgt beschrieben.
Abb. 7
Geräte und Chemikalien:
Reagenzglas, 2 Stücke beschichtete Pappe, Bunsenbrenner, Pulvertrichter, Glycerin, Phthalsäureanhydrid
Durchführung:
In einem trockenen Reagenzglas werden 3g Phthalsäureanhydrid und 1,5g Glycerin gemischt und anschließend über der Bunsenbrennerflamme ca. 45 Sekunden erhitzt. Abschließend wird der Klebstoff auf die beschichtete Pappe gegossen. Die zweite Stück Pappe wird nun schnell auf den Klebstoff gedrückt.
Ergebnis:
Der entstandene Polyester erstarrt sofort und klebt die beiden Pappen fest zusammen.
Reaktionsmechanismus:
Versuch 1: Darstellung eines Heißsiegelklebstoffes
Glycerin
Polykondensation Veresterung von Phthalsäureanhydrid mit Glycerin
Kondesationsreaktion O
O
O
O O
OH
OH O
RO OH + H
O O
OH
OH
OH OH
O O
OH ROH
HO R
~ H - H
OH O
OR O
= ROH
Phthalsäureanhydrid
Phthalsäure- glycerinester
OH O
O O
OH OH
+ H
OH
OH
O O
OH OH
OH OH
O O
OH OH
O OH O O
HO HO
Kondensation O O
O O HO
HO HO O O O OH
O O
O O
OH
n
linearer Polyester
Beschreibung des Mechanismus´:
Zunächst wird ein Caboxylsauerstoff protoniert, wodurch der Cabonylkohlenstoff eine partiell positive Ladung erhält. Ein Alkohol-Sauerstoff Atom vom Glycerin greift anschließend den Carbonykohlenstoff an. Daraufhin kommt es zu einer intramolekularen Protonenverschiebung und zum Bindungsbruch der anhydridischen Bindung. Es entsteht eine Säuregruppe und durch Deprotonierung die Estergruppe des Phthalsäureglycerinesters. Im weiteren Reaktionsverlauf können weitere Veresterungen zwischen den freien Hydroxidgruppen des Glycerins und den freien Säuregruppen des Phthalsäureesters stattfinden. Schematisch ist hier nur eine mögliche Reaktion zum Dimer gezeigt. Alle freien Hydroxid- und Säuregruppen können während der Polymerisation miteinander verestert werden. So kommt es zur Ausbildung eines quervernetzten Polyesters.
Ein weiterer physikalisch abbindender Klebstoff ist der auch sehr bekannt Klebstoff Pattex.
Dies ist ein sog. Kontaktklebstoff. Diese gehen einen Mittelweg. Um eine gute Adhäsion zu erreichen, wird der Klebstoff dünn auf beide Klebeflächen aufgetragen, dann lässt man die offenen Klebeflächen ablüften, das heißt das Lösungsmittel verdunsten, bis die Klebstoffschichten keine Klebrigkeit mehr zeigen. Dann erst können die beiden Klebstoffschichten sich verbinden, also ihre Kohäsionskräfte ausbilden. Je höher der Anpressdruck, desto besser die Haftfestigkeit.
Als Rohstoffe für solche Klebstoffe werden Chlorbutadien in Verbindung mit Phenolharzen oder elastomeren Polyurethanen eingesetzt. Als Lösungsmittel dient meist ein Gemisch aus Estern, Benzin und Toluol. Solche Klebungen ergeben feste und elastische Verbindungen mit relativ hoher Wärmebeständigkeit. Diese Klebstoffe werde vor allem in der Schuhindustrie eingesetzt.
Geräte und Chemikalien Abb. 8
Versuch 2:
Nachweis von Doppelbindungen in Pattex ®
Bromoniumion
Reagenzgläser, Reagenzglasständer, Glasstab, Pattex ®, methanolische Bromlösung (nicht zu stark bromiert), KI/Stärke Lösung
Durchführung:
In 2 Reagenzgläser (RG) füllt man jeweils bis zu Hälfte mit methanolischer Bromlösung, in das eine RG gibt man ca. 5 mL Pattex hinzu, das andere RG dient als Vergleich. Nun rührt man mit dem Glasstab kräftig herum, bis sich die methanolische Bromlösung entfärbt.
Anschließend gibt man zu beiden Reagenzgläsern einige mL KI/Stärke Lösung.
Ergebnis:
Das RG in das Pattex eingefüllt wurde, wird nicht violett. Das andere RG hingegen wird violett. Dies ist ein Nachweis für ein Halogen in der Lösung. Somit hat das Brom an das Pattex addiert, weil es keine tiefblaue-violette Farbe ergab.
Mechanismus:
Addition von Brom an die Doppelbindung
Reaktion mit der Stärke-Lösung
C H
2H
2C Cl
H n
n Br
2C H
2H
2C Cl
H n
Br
Br KI-Stärke Lsg.
C H
2H
2C Cl
H n
Br Br
Polychlorbutadien
Trans- bromiertes
Polychlorbutadien
Abb. 9
Beschreibung des Mechanismus:
Das Brom bildet einen -Komplex mit einer Doppelbindung des Polymers aus. Das Bromidion wird abgespalten und es entsteht ein Brominiumion. Das nucleophile Bromidion greift dann das Bromoniumion von der Rückseite an. Das Brom addiert also trans an die Doppelbindung. Durch die Addition von Brom an die Doppelbindung des Polychlorbutadiens verschwindet die Farbe der Bromlösung. Bei der Zugabe der KI/Stärkelsg in die Reaktionsmischung tritt keine charakteristische Violett-Färbung auf. Als Referenz wird die KI/Stärkelsg in die ursprüngliche Bromlösung gegeben. Hier tritt die charakteristische Violett-Färbung des Iod-Stärke-Komplexes dadurch auf, dass Kaliumiodid durch das Brom zu Iod oxidiert wird. Das Iod bildet dann noch mit den vorhandenem Kaliumiodid das I
3-Anion.
Dieses intercaliert in die Stärke Helices und ruft die Violett-Färbung hervor. Die Abwesenheit der tiefblau-violetten Färbung in dem Reagenzglas mit Pattex weist auf eine quantitative Reaktion von Brom mit den ungesättigten Bindungen im Klebstoff hin.
Chemisch abbindende Klebstoffe
Br
2+ 2 K
++ 2 I
-I
2+ 2 K
++ 2 Br
-I
2+ K
+I
-+ Stärke K
++ I
3-/Stärke
Bei dieser Art von Klebstoffen entsteht das Polymer erst durch Verknüpfung der Mono-/Oligomere in der Klebfuge und ist nicht wie bei den physikalisch abbindenden Klebstoffen schon vorhanden.
Die Bildung der Polymere erfolgt dabei nach den klassischen Polymerbildungsreaktionen:
- Polymerisation - Polykondensation - Polyaddition
Polymerisation:
Bei der Polymerisation gehen ungesättigte Monomere unter dem Einfluss von Katalysatoren und unter Auflösung ihrer Mehrfachbindung in Polymere über. Die Polymersiation ist eine Kettenreaktion, die Monomere lagern sich dabei zu lange Fadenmolekülen unterschiedlichen Polymerisationsgrades zusammen. Dieser bestimmt die Eigenschaften des entstehenden Kunststoffes und soll im Endprodukt möglichst innerhalb eines engen Bereichs liegen. Die radikalische Polymerisation wird durch Radikalbildner ausgelöst. Der Kettenstart erfolgt durch Bildung eines wachstumsfähigen Primärradikals, an das in der mit geringer Aktivierungsenergie ablaufenden Wachstumsreaktion ständig Monomere angelagert werden.
Der Kettenabbruch kann durch Vereinigung zweier Radikale erfolgen, er wird bewusst herbeigeführt durch Zusätze, sogenannte Radikalfänger, um das Kettenwachstum zu beenden und Polymerisate eines bestimmten Polymerisationsgrades zu erhalten. Auch die ionische Polymerisation ist eine Kettenreaktion, nur sind die Reaktionsträger Ionen. Da zur Startreaktion nur eine geringe Aktivierungsenergie nötig ist, können ionische Polymerisationen unter Mitwirkung von Lewissäuren als Katalysatoren bei sehr niedrigen Temperaturen ablaufen. Der Kettenabbruch kann durch Rückbildung des Katalysators oder durch Zusätze erfolgen, die mit Ionen neutrale Verbindungen bilden.
Die koordinative Polymerisation mit Zieger-Natta-Katalysatoren ist technisch bedeutsam, da sie eine stereospezifische Polymerisation ermöglicht und damit sehr einheitliche Endprodukte liefert.
Polykondensation
Diese Reaktion beruht auf einer vielfach wiederholten Kondensationsreaktion zwischen zwei bifunktionellen Molekülarten unter gleichzeitigem Freiwerden von niedermolekularen Spaltprodukten. Im Gegensatz zur Polymerisation benötigt jeder einzelne Polykondensationsschritt eine bestimmt Energiezufuhr. Die Polykondensation liefert z.B.
Polyamide, Polyester und Phenoplaste. Da die Polykondensation eine Gleichgewichtsreaktion ist, müssen die Spaltprodukte ständig aus der Lösung entfernt werden. Die hier eingesetzten Kondensationsmittel können sauer oder basisch sein.
Polyaddition
Dieser Reaktionstyp zeichnet sich durch die vielfach wiederholte Aneinanderlagerung gleichartiger oder verschiedener Monomere zu höhermolekularen Verbindungen aus. Der Reaktionsmechanismus läuft dabei unter Protonenwanderung ab. Vorraussetzung für eine Polyaddition ist das Vorhandensein mehrerer reaktionsfähiger Gruppen im Molekül, beispielsweise Hydroxyl-, Amino-, oder Carboxylgruppen. Die Polyaddition verläuft im Gegensatz zur Polykondensation ohne Abspaltung niedermolekularer Produkte. Im Unterschied zur Polymerisation findet bei der Polyaddition eine Umlagerung im Molekül des Monomeren statt. Die Bindungen zwischen den einzelnen Monomeren werden bei der Polyaddition ausschließlich durch Heteroatome gebildet. Bei bifunktionellen Ausgangsgruppen entstehen Fadenmoleküle, bei trifunktionellen bilden sich raumvernetzte Strukturen.
Von den chemisch härtenden Klebstoffen möchte ich den Sekundenkleber auf Cyanacrylatbasis näher vorstellen.
Sekundenklebstoffe sind besonders dort geeignet, wo man die Fügeteile schwer fixieren kann bzw. wo sie schnell und sicher befestigt werden müssen. Sie funktionieren auf der Basis von Cyanacrylsäureestern, die in einer Polymerisationsreaktion augenblicklich aushärten, wenn sie Kontakt mit dem in der dünnen Klebefuge absorbierten Wasser erhalten.
Streng genommen sind Sekundenklebstoffe Zwei-Komponentenklebstoffe, allerdings ist die
zweite Komponente das Wasser, das nicht extra zugeführt werden muss oder Hydroxid-Ionen
auf metallischen Oberflächen.
Geräte und Durchführung:
1 Petrischale, Overhead-Projektor, Natronlauge 1 mol/L, Leitungswasser, Sekundenkleber
Durchführung:
Die eine Hälfte der Petrischale wird mit Wasser gefüllt, die andere mit Natronlauge. Nun wird jeweils einen Tropfen Sekundenkleber hinzugegeben. Damit dies besser beobachten zu beobachten ist, werden die beiden Petrischalenhälften auf den Overhead-Projektor gestellt.
Ergebnis.
In der Petrischale mit Natronlauge bildet sich ein größerer Kreis des harten Sekundenklebers aus als in der Petrischale mit Wasser, da das entscheidende für die Reaktion die Hydroxidionen sind.
Mechanismus:
Anionische Schnellpolymerisation 1. Startreaktion
2. Kettenwachstum
C C COOR
CN H
H
OH
C C
COOR
CN H
H HO
Cyanacrylsäureeester
Versuch 3:
Schnellpolymerisation von Sekundenkleber
Abb. 10
3. Kettenabbruch
Beschreibung des Mechanismus´:
C C
COOR
H CN H
HO C C
COOR
H CN H
C C
COOR
H CN H
n
C C COOR
H NC H
HO C C
COOR
CN
C H
H C
COOR
CN H
H n
C C
COOR
H NC H
HO C C
COOR
CN
C H
H C
COOR
CN H
H n
H
2O
C C
COOR
H NC H
HO C C
COOR
CN
C H
H C
COOR
CN H
H n
H OH
- Cyanacrylsäureester -Polymer
Die Cyan- und die Estergruppe üben einen stark elektronenziehenden Effekt auf die benachbarte CH
2-Gruppe aus und begünstigen dadurch den Angriff des nucleophilen Hydroxidions. Die Polymerisation wird durch den Argriff des Hydroxidions an die Doppelbindung des Cyanacrylsäureesters gestartet. Das entstandene Carbanion addiert anschließend an ein weiteres Monomer. Die Kettenlänge wächst durch immer weitere Additionsreaktionen stetig an. Durch Abbruchreaktionen kommt es schließlich zum Kettenabbruch. Es entsteht ein -Cyanacrylsäureester-Polymer.
Da bei den chemisch abbindenden Klebstoffen die Reaktion zum Polymer erst noch stattfinden muss, gibt es unterschiedlich Arten, die Reaktion bis zum Klebstoffauftrag zu blockieren. Man unterscheidet zwischen 2 unterschiedlichen Blockierungsmöglichkeiten, der mechanischen und der chemischen Blockierung. Bei der mechanischen Blockierung sind beide Reaktionspartner voneinander getrennt. Zum Beispiel befinden sich Klebstoff und Härter in unterschiedlichen Tuben und werden erst bei der Verarbeitung im gewünschten Mischungsverhältnis vermengt.
Mit Hilfe von Mikroverkapselung von mindestens einer Komponente lässt sich ebenfalls eine mechanische Blockierung durchführen, bei dieser Methode befinden sich Klebstoff und Härter in der selben Tube. Zum Verarbeitungszeitpunkt z.B. beim Einschrauben von Schrauben, werden die Mikrokapseln zerquetscht und geben ihre Komponente frei, wodurch die Aushärtung beginnen kann. Vorteilhaft ist hier, dass bereits das optimale Mischungsverhältnis zwischen Klebstoff und Härter vorhanden ist und somit kein Fehler vom Anwender gemacht werden kann. Allerdings muss der Hersteller für eine völlig gleichmäßige und haltbare Dispergierung der verkapselten Komponente in der Klebstoffmasse sorgen.
Von chemischer Blockierung spricht man, wenn im Reaktionssystem beide Partner bereits enthalten sind, ihre Reaktion miteinander aber erst ausgelöst wird, wenn in der Klebefuge bestimmte Bedingungen herrschen.
Einen solchen zwei Komponentenklebstoff wird im folgenden Reaktionsschritt synthetisiert.
Geräte und Chemikalien:
Reagenzglas, Glasstab, Resorcin (1,3 Dihydroxybenzol), Triethanolamin, Formaldehyd, Holzstücke, mit denen man Klebeproben durchführen kann
Durchführung:
5g Resorcin und 5 mL Formaldehyd werden in ein RG gegeben und leicht geschüttelt. Die Mischung wird nun in ein Becherglas mit Triethanolamin gegeben. Es werden Klebeproben mit Holzstücke durchgeführt.
Ergebnis:
Das entstandene Resorcin-Harz klebt sehr schnell an dem Holz fest. Er hat eine braune Farbe.
Reaktionsmechanismus:
Kondensation von Resorcin mit Formaldehyd
OH
C O
H H
HO
OH
CH2OH
HO H
Resorcin Formaldehy
Resorcin Formaldehyd
Versuch 4: Darstellung eines Resorcin-Harzklebers
-H
2O
Aushärtereaktion mit Triethanolamin
OH
CH2OH
OH
OH H
HO
OH
CH2
HO OH
OH
Resorcin-Formaldehyd Kondensat
OH
CH2
HO OH
OH
N
OH
OH HO
OH
CH2
HO OH
O
N
OH
OH HO
H
Triethanolamin
OH
CH2
HO OH
O
O C
H H
OH
CH2
HO OH
O O
H H
N
OH
OH HO
H
OH
CH2
HO OH
O O
H H
Halbacetal
2 H
H
Halbacetal
OH
CH2
HO OH
O O
H H
Halbacetal
H H
OH
HO OH
O
H2O
OH
CH2
HO OH
O
OH CH2
HO OH
O
Vollacetal