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is 1982 war eine komplet- te Abdingung der privat- ärztlichen Gebührenord- nung möglich. So konnten zum Beispiel ohne Bezugnah- me auf das privatärztliche Ge- bührenverzeichnis Pauschal- honorare mit dem Patienten vereinbart werden.Auf Druck der privaten Krankenversiche- rung und der Beihilfe wurde diese uneingeschränkte Ver- tragsfreiheit zwischen Arzt und Patient im privatärztli- chen Behandlungsverhältnis mit Einführung der neuen Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auf die in§ 2 der GOÄ zusammenge- fassten Bestimmungen einge- schränkt. Gegen die Ein- schränkung der Vertragsfrei- heit wurden seinerzeit auch verfassungsrechtliche Beden- ken geltend gemacht. Unter Hinweis auf die Schutzbedürf- tigkeit der Patienten wurde schließlich jedoch vom Bun- desverfassungsgericht die Ver- fassungsmäßigkeit der in der Amtlichen GOÄ neu getrof- fenen Regelung festgestellt (vergleiche NJW 1992, 737).
Seit 1982 muss bei Ab- schluss einer abweichenden Honorarvereinbarung die GOÄ für privatärztliche Lei- stungen in jedem Fall Grund- lage bleiben. Unter verbindli- cher Bezugnahme auf eine be- stimmte Leistung beziehungs- weise Gebührenposition in der GOÄ kann nur der Steige- rungssatz, nicht aber die Punktzahl für die Leistung oder ein abweichender Punkt- wert vereinbart werden. Eine Vereinbarung von Pauschal- honoraren ist nicht zulässig.
Eine abweichende Honorar- vereinbarung muss darüber hinaus vor Erbringung der Leistung erfolgen und aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit in einem ge- sonderten Schriftstück festge- halten werden, das außer den in § 2 Absatz 2 GOÄ genann- ten Inhalten keine weiteren Erklärungen enthalten darf,
zum Beispiel auch keine etwai- ge Selbstverpflichtung des Pa- tienten, das vereinbarte Hono- rar zu zahlen, auch wenn er keine volle Kostenerstattung dafür erhält. Angesichts des immer restriktiver werden- den Kostenerstattungsverhal- tens der privaten Krankenver- sicherung und der Beihilfestel- len, die nicht nur die Kosten für Gebühren oberhalb des maximal bis zum 3,5fachen reichenden Gebührenrahmens nicht erstatten, sondern nun- mehr zunehmend Honorar- forderungen schon bei Über- schreiten der Begründungs- schwelle (maximal 2,3facher Steigerungssatz) nicht mehr übernehmen wollen, wäre eine solche Vorgehensweise nach- vollziehbar, ist aber nicht ge- bührenrechtskonform. Gemäß
§ 2 Absatz 2 GOÄ muss der Patient darüber aufgeklärt werden, dass im Falle einer
abweichenden Honorarverein- barung die Kostenerstattung
„möglicherweise“ – so noch der Originaltext der GOÄ – nicht in vollem Umfang ge- währleistet ist. Auf diese mög- liche „Finanzierungslücke“ be- ziehungsweise den Selbstbe- halt für den Patienten ist in dem gesonderten Schriftstück über die abweichende Hono- rarvereinbarung hinzuweisen.
Eine weitere Implikation in
§ 2 Absatz 2 GOÄ darf eben- falls auf keinen Fall außer Acht gelassen werden. Die abwei- chende Honorarvereinbarung setzt „eine persönliche Ab- sprache im Einzelfall“ voraus.
Das heißt: Der Patient muss in einem persönlichen Gespräch mit dem Arzt über die Moda- litäten der Behandlung und der Vergütung informiert wer- den. Andernfalls, wenn zum Beispiel die Honorarvereinba- rung ausschließlich durch eine im Vorzimmer geleistete Un- terschrift unter einen Stan- dardtext abgewickelt würde, kommt keine rechtswirksame Vereinbarung zustande.
Dr. med. Regina Klakow-Franck V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 234. Juni 2004 AA1693
Abdingung der Gebührenordnung
GOÄ-Ratgeber