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M 121/2000

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M 121/2000 ERZ 16. August 2000 48 C

Motion

2485 von Allmen, Gimmelwald (SP)

Weitere Unterschriften: 51 Eingereicht am: 05.06.2000

Geistig Behindertsein ist normal

Der Regierungsrat wird beauftragt, alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit Kindern mit einer geistigen Behinderung der Besuch der Regelschule und des Regelkindergartens in der Praxis ermöglicht wird. Für geistig behinderte Kinder und ihre Eltern soll in Zusammenarbeit mit Fachleuten und Schulen die Wahlmöglichkeit geschaffen werden, entsprechend den Fähigkeiten und zum Wohl des Kindes das optimale Schulangebot zu wählen, sei es:

- den Besuch der Volksschule mit Begleitung durch heilpädagogische Fachpersonen (integrative Schulung),

- den Besuch einer Kleinklasse, angegliedert an die Volksschule

- oder den Besuch einer Sonderschule, die von der Invalidenversicherung subventioniert wird.

Zu diesem Zweck sind insbesondere folgende Massnahmen nötig:

1. Die gesetzlichen Grundlagen - Gesetze, Dekrete, Verordnungen - sind so auszugestalten, dass die Unterstützung und Finanzierung von integrativen Schulmodellen sichergestellt wird.

2. Die kantonale Schulkonzeption ist so zu gestalten, dass sie die Rahmenbedingungen der IV erfüllt, damit sich diese an der Finanzierung beteiligt (siehe Vorgaben des BSV).

3. Der Regierungsrat fördert aktiv integrative Regelschulen. Zu diesem Zwecke müssen die Erziehungsdirektion und die Gesundheits- und Fürsorgedirektion eng zusammen- arbeiten.

Begründung:

Die Verschiedenheit der Menschen macht die Vielfalt unserer Gesellschaft aus. Eine Gesellschaft, die immer anspruchsvoller und schneller wird, läuft aber Gefahr, andere auszugrenzen, wenn sie nicht mithalten können. So leben heute Menschen mit einer geistigen Behinderung gut versorgt und betreut in vielen sozialen Institutionen. Die Integration dieser Menschen in die Gesellschaft ist zu fördern. Die alltäglichen Begegnungen und natürlichen Beziehungen zwischen geistig Behinderten und Nichtbehinderten müssen „normal“ werden.

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Menschen mit einer geistigen Behinderung sind Teil unserer Gesellschaft. Sie haben aber nur dann Teil am gesellschaftlichen Leben, wenn sie überall selbstverständlich dabei sind und teilhaben. Gemeinsame Erziehung und Bildung in der Schule bildet das tragfähige Fundament, auf dem die Teilnahme am Gemeinschaftsleben aufbauen kann. Dazu braucht es integrative Volksschulen.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Gewährt: 08.06.2000

Antwort des Regierungsrates

Integration von Kindern aus dem Sonderschulbereich

In der Schweiz wurde in den letzten Jahren vermehrt die Integration von Kindern mit geistiger Behinderung in den Regelklassenunterricht diskutiert und gefordert. Für die Integration werden ethische, entwicklungspsychologische und soziale Argumente genannt:

Durch das Zusammenleben von Kindern mit verschiedenen Fähigkeiten öffnen sich für behinderte Kinder neue Lern- und Entwicklungsfelder. Umgekehrt ergeben sich für normalbegabte Kinder neue Erfahrungen im Umgang mit dem "Anders-Sein".

In vielen Kantonen ist die schulische Integration ein wichtiger Bestandteil der Schulentwicklung geworden. Eine sorgfältige Auseinandersetzung mit der Thematik drängt sich in der Tat auf.

Ziel der integrativen Schulung

Berufliche und soziale Integration ist ein zentrales Ziel der menschlichen Gemeinschaft und trägt wesentlich zum sinnvollen Lebensvollzug des Individuums bei. Dieser Erkenntnis verpflichtet sich der Grundsatz der integrativen Schulung.

Die integrative Schulung hat zum Ziel, Schülerinnen und Schüler längerfristig beruflich und sozial auf eine gute und erfolgreiche Lebensbewältigung vorzubereiten. Das Bestreben, grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler in Regelklassen zu integrieren und dort zu schulen, sowie die auch im Lehrplan festgelegte Forderung nach individualisierendem Unterricht verbinden sich zum umfassenden Bildungsauftrag in der Volksschule.

Gesetzliche Grundlage

Mit dem Volksschulgesetz vom 19. März 1992 ist im Kanton Bern ein wichtiger Entscheid für die Integration gefallen. Artikel 17 des Volksschulgesetzes regelt die integrative Schulung von Kindern mit Behinderungen. Wo die Integration nicht möglich ist, werden behinderte Kinder in besonderen Klassen oder gemäss Artikel 18 in Sonderschulen oder in Heimen unterrichtet.

Änderung von Artikel 17 des Volksschulgesetzes

Die anstehende Änderung des Volksschulgesetzes soll die in Artikel 17 festgelegte integrative Schulung in Regelklassen im Sinne einer Pädagogik der Vielfalt verstärken.

Kinder mit Lern-, Leistungs- und Verhaltensschwierigkeiten, fremdsprachige Kinder sowie Kinder mit besonderen Begabungen sollen in Zukunft in der Regelklasse unterrichtet werden. Besondere Förderangebote und flankierende Massnahmen sollen den Unterricht in der Regelklasse unterstützen und entlasten.

Die Aufgaben im Bereich „besondere pädagogische Aufwendungen“ im Bildungsauftrag der Volksschule werden zur Zeit grundsätzlich überdacht und neu, d.h. der Situation in den heterogenen Klassen angepasst, formuliert. Das Erziehungs- und Bildungsangebot der Volksschule im Kanton Bern ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, im individualisierenden und binnendifferenzierenden Unterricht in der Regelklasse die einzelnen Schülerinnen und Schüler ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten entsprechend zu fördern und ihnen bei der

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Entwicklung ihrer Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz zu helfen. Die Absicht, zu integrieren und nicht zu segregieren, soll verstärkt werden.

Im Rahmen der Änderung des Volksschulgesetzes soll das heutige Dekret vom 21. September 1971 über die besonderen Klassen und den Spezialunterricht der Volksschule durch eine Verordnung ersetzt werden. Diese wird u.a. die Regelungen betreffend die besonderen pädagogischen Massnahmen wie Spezialunterricht, besondere Förderangebote, besondere Klassen sowie betreffend Mittelzuteilung, Zuweisung und Organisation enthalten.

Die Verordnung vom 28. März 1973 über die besonderen Klassen und den Spezialunterricht der Volksschule wird ebenfalls revidiert werden.

Forderung nach Schulkonzepten, welche die Rahmenbedingungen der Invaliden- versicherung erfüllen

Situation im Kanton Bern

In Einzelfällen besuchen heute geistig oder körperlich behinderte Kinder den Kindergarten oder die Volksschule. Meistens sind es die Eltern, die den Besuch für ihre Kinder zu ermöglichen suchen. Gerade in Randregionen, wo der Besuch einer Sonderschule mit grösserem organisatorischem Aufwand verbunden ist, bedeutet die integrative Schulung in der Volksschule eine grosse Erleichterung. Häufig sind in Randregionen die Klassen Mischklassen oder Mehrjahrgangsklassen, ein Umstand, der die Integration erleichtert.

Eine minimale heilpädagogische Unterstützung wird aus Mitteln des Spezialunterrichts sichergestellt.

Seit Februar 1999 werden mit dem kantonalen Projekt "Gemeinsam Lernen" Erfahrungen zur schulischen Integration von geistig oder mehrfachbehinderten Kindern im Kindergarten und in der Regelklasse gesammelt. Am Projekt beteiligen sich neben der Erziehungsdirektion die Gesundheits- und Fürsorgedirektion und die Elternorganisation

"insieme".

Dem Projekt liegen weitgehend die Rahmenbedingungen der Invalidenversicherung zu Grunde. Die integrative Schulung erfolgt in gemeinsamer Verantwortung zwischen der Sonderschule und der Regelschule.

Grenzen der Integration

Die Forderung nach Integration ist so zu verstehen, dass grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler in die ordentlichen Bildungsgänge in der Regelklasse aufgenommen werden, selbst wenn leichtere körperliche Behinderungen, leichtere geistige Behinderungen oder leichtere Sinnesbehinderungen die Schulung erschweren.

Die öffentliche Schule muss sich jedoch dazu bekennen, dass den Integrationsbestrebungen auch Grenzen gesetzt sind. Schwer behinderte Kinder, so zeigt es auch die Praxis, können nur in seltenen Fällen in den Regelklassen geschult werden.

Die zusätzlich notwendigen Massnahmen verlangen ausserordentliche menschliche und finanzielle Aufwendungen, die nur in Ausnahmefällen zu leisten sind. Für die Integration geistig behinderter Kinder wird die Schulbildungsfähigkeit vorausgesetzt. Die Integrationsfähigkeit schwer körperlich behinderter Kinder ist abhängig z.B. von besonderen baulichen Massnahmen, von angepasstem Schulmobiliar, von zusätzlichen Hilfsmitteln und von Zusatzbehandlungen durch besondere Fach- und Betreuungspersonen.

Auf Bundesebene fehlen heute die Voraussetzungen für eine umfassende Integration von geistig Behinderten noch weitgehend. Die Verordnung über die Invalidenversicherung schliesst in Artikel 105 die Finanzierung der Schulung geistig behinderter Kinder in

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Regelschulen durch die Invalidenversicherung aus. Die vom Motionär angestrebte Lösung dürfte infolge aufwändiger Einzelbetreuung erhebliche Mehrkosten auslösen.

Der Motionär verlangt, dass die Eltern die Möglichkeit erhalten sollen, das optimale Schulangebot für ihre Kinder selber zu bestimmen. Diese Forderung ist problematisch.

Zwar ist im Vorstoss ausdrücklich die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Fachpersonen vorgesehen. Diese Zusammenarbeit dürfte sich jedoch in der Praxis schwierig gestalten, sobald über das Wohl des Kindes unterschiedliche Ansichten bestehen.

Es gilt, im Einzelfall die beste und sinnvollste Lösung für das behinderte Kind zu wählen.

Die Integration in die Regelklasse eignet sich nicht für alle behinderten Kinder gleichermassen. Das behinderte Kind ist unter Umständen auf den Schonraum, wie ihn die Sonderschule oder das Heim bietet, angewiesen und kann sich besser in einem geschützten, familienähnlichen Umfeld seinen Möglichkeiten entsprechend entfalten.

Wie auch die Erfahrungen in andern Kantonen zeigen, lässt sich die Integration aller Kinder nicht verwirklichen. Jeder einzelne Entscheid setzt das Erfüllen bestimmter Rahmenbedingungen voraus und kann nur auf Grund einer sorgfältigen Abklärung erfolgen.

Zusammenarbeit Gesundheits- und Fürsorgedirektion

Die Sonderschulen und Heime gemäss Volksschulgesetz Artikel 18 unterstehen der Gesundheits- und Fürsorgedirektion. Wenn vermehrt Kinder aus Sonderschulen und Heimen in der Regelklasse geschult werden, müssen die ambulanten Dienste der Sonderschulen und Heime zur Betreuung ausgebaut werden. Dies wird in den Ausführungsbestimmungen zu Artikel 17 zu regeln sein. Die Zusammenarbeit zwischen Erziehungsdirektion und Gesundheits- und Fürsorgedirektion funktioniert seit langem.

Schlussfolgerungen

Die Frage, ob geistig und körperlich behinderte Kinder in den Kindergarten oder in die Regelklassen integriert werden sollen, ist bildungspolitisch zu entscheiden.

Im Rahmen der Änderung von Artikel 17 des Volksschulgesetzes soll der Integrationsgedanke durch die gezielte Erweiterung der besonderen Massnahmen umfassender verankert werden. Der Grosse Rat wird anlässlich der Beratung dieser Vorlage Gelegenheit haben, die Integration von geistig behinderten Kindern in die Regelklasse grundsätzlich zu erörtern.

Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat, die Motion als Postulat entgegenzunehmen.

An den Grossen Rat

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