LANDWIRTSCHAFT UND UMWELT
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J ü rgen Kern, Potsdam-Bornim
Pfla nze n klära n l age n zur Beha n d l u ng l a n dwirtschaftl i cher Abwässer
Pflanzenkläranlagen ermögl ichen eine umweltgerechte und kostengünstige Form der dezentra len Abwasserbehandlung.
M it ihnen lassen sich auch hochbelastete Abwässer aus unterschiedl ichen landwi rt
schaftl ichen Produktionsprozessen (Melkhaus-, Käsereiabwasser) b is zur Vorfluterreife reinigen. Bei angemessener verfahrenstechnischer Gestaltung können organische Verbindungen, Stickstoff, Phosphor sowie fäka lcol iforme Bakterien wirkungsvoll aus dem Abwasser entfernt werden. Weit verbreiteten Problemen wie der Nitratanreicherung im Grundwasser sowie der Eutrophierung von Flüssen und S een wird damit entgegengewirkt.
D
ie Abwasserentsorgung stellt in ländlichen Regionen, wo noch kei n Anschluß an die Kanalisation besteht, bis heute ein Problem dar.
Aufgrund der hohen Verrohrungsko
sten, die für den Anschluß an eine zen
tra le Klära nlage erforderlich sind, stellt sich die Frage, inwieweit d ie in der Agrar
la ndschaft a nfallenden Abwässer nicht auch über kostengünstigere Pflan
zenkläranlagen gereinigt werden können.
Während Pflanzenklära n lagen zur Be
handlung kommunaler Abwässer inzwi
schen weite Verbreitu ng gefunden haben [1, 2) , liegen Erfahrungen mit der Be
handlung sta rk belasteter, la ndwirtschaft
licher Abwässer bisher erst i n Ansätzen vor [3) . Das hängt oft mit verfa hrenstech
n ischen Problemen zusa mmen, die a ls Folge hoher Konzentrationen a n Feststof
fen , Stickstoff, Phosphor u nd Fetten im
mer wieder auftreten . Vor d iesem H inter
grund wurde die Reinigu ngsleistu ng von Sumpfpflanzen auf zwei Systemebenen u ntersucht:
• in zwei Pflanzenklära n lagen, die mit verschiedenen Abwässern beschickt werden und
• in Pflanzentöpfen, die mit Mel khausa b
wasser beschickt wurden.
D r. rer. nat. Jürgen Kern ist wissenschaftli
cher Mitarbeiter in der Abteilung Bioverfah
renstechnik am Institut für Agrartechnik Bornim e. V, Max-Eyth-A!Iee 1 00, 1 4469 Potsdam-Bornim (Wissenschaftlicher Direk
tor: Prof. Dr. -lng. J. Zaske).
Referierter Beitrag der LANDTECHNIK.
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Pflanzenkläranlagen im praktischen Betrieb
ln G roßbeeren und Bad Saarow/Marien
höhe (Brandenburg) werden zwei Pflan
zenklära nlagen im jahreszeitlichen Wech
sel auf ihre Reinigungsleistung u nter
sucht. Beide etwa gleich großen Pflanzenbeete ( 135 m2) sind mit Kies ge
füllt, wod u rch eine hohe Durchlässigkeit erreicht und ein oberflächlicher Abfluß verhindert wird . Die hyd raulische Last l iegt in G roßbeeren bei 0,015 u nd in Ma
rienhöhe bei 0,029 m3/m2•d . Bepflanzt sind die Beete beider An lagen mit Schilf und a nderen Sumpfpflanzen. Die wichtig
sten U ntersch iede zwischen den beiden Pflanzen kläranlagen sind d ie Art und Menge des beaufschlagten Abwassers.
Wäh rend die Anlage in Großbeeren täg
lich von etwa 2 m3 häuslichem Abwasser horizontal d urchflossen wird, sind es in Marienhöhe etwa 4 m3 eines Gemisches aus Käsereiabwasser und häuslichem Abwasser, das die Anlage jeden Tag verti
ka l d u rchströmt.
Reinigungsleistung
Zwischen dem Zu- und dem Ablaufwas
ser der Pflanzenklära n lage in G roßbeeren ergeben sich sehr gute Rein igungslei
stu ngen, die für den chemischen Sa uer
stoffbedarf (CSB), für Stickstoff, Phos
phor und fäkalcoliforme Bakterien zwi
schen 80 und 100 % liegen ( Bild 1 ) . Wen iger gut sind die bisherigen Reini
gungsleistungen der Anlage in Marien-
höhe. Vor allem die konzentrationsbezo
gene Stickstoffelim i nation erreicht mit maximal 63 % nur seh r unzureichende Werte und drückt d a m it ein häufig vor
kommendes Problem, n ä ml ich eine ein
geschränkte Denitrifikation, a us. Große Mengen an N 03- im Ablauf sind ein Indiz für d ie unvollständ ige Red uktion von N03- zu N2, dem letzten Schritt des Stick
stoffumsatzes, und s piegeln gleichzeitig ein ungünstiges Milieu für die auf a nae
robe Bedingu ngen angewiesene Denitrifi
kation wider. Der Grund h ierfür scheint in dem groben Kiessu bstrat sowie i n der in
termittierenden Beschickungsweise zu liegen, die sich i n diesem System negativ a uswirkt und einen fortwä h renden Sauer
stoffei ntrag in das Pfla nzen beet' in Mari
enhöhe ermöglicht.
Eine weitergehende Red uzierung fäkal
coliformer Bakterien erfolgt sowohl in Großbeeren als a uch i n M a rienhöhe i n ei
nem Teich, der den Pflanzen beeten nachgeschaltet ist. Auf d i e Weise wird ein Hygienestatus erreicht, der als u n be
den klich a ngesehen werden ka n n . Weiterführende Laborversuche
Eine unzureichende Stickstoffelimi nation, wie sie bei der Beha ndlung von Käserei
a bwasser in Marienhöhe beobachtet wur
de, war der Anlaß für weiterge hende U n
tersuchungen zum Abba uverhalten von fett- und eiweißhaitigern Melkhausa bwas
ser. Extreme, winterliche Verhä ltnisse bl ieben hierbei u n berücksichtigt.
Tab. 1 : Reinigung von Melkhausabwasser in Topfexperimenten mit und ohne Typha /atifolia Tab!e 1 : Purification of dairy farm waste water in pot experiments with and without Typha tat.
5.-1 2. August 1 996 CSB Gesamt-N NH4-N NOa-N Gesamt-P Fäkalcoliforme
Mittlere Lufttemperatur: 24 oc mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 mg/1 KbEJml
Zulauf 3 100,0 85,2 20,4 2,3 402,0 1 00000,0
- - - -
Perkolat des Sandfilters 315,0 25,9 14,3 0,7 < 2 14000,0
Konzentrationsabnahme % 89,8 69,6 29,9 69,6 > 99,5 86,0
- - - -
Perkolat des Pflanzenfilters 248,3 12,8 1,8 0,7 < 2 9200,0 Konzentrationsabnahme % 92,0 85,0 9 1 ,2 69,6 > 99, 5 90,8 1 7.-24. Oktober 1 996
Mittlere Lufttemperatur: 1 1 oc
Zulauf 2700,0 87,7 10,9 2,3 1 16,0 60000,0
- - - -
Perkolat des Sandfilters Konzentrationsabnahme % Perkolat des Pflanzenfilters Konzentrationsabnahme %
390,0 85,6.
148,8 94,5
29,2 66,7 6,6 92,5
1 5,3 - 40,4 2,0 81,7
0,7 69,6 0,4 82,6
52. Jahrgang LANDTEC H N I K 3/97
. .. . . · · · · 4 · · · .. · · · . .. . . .. .��� . . . .
Großbeeren
• Zulauf, influent CAblauf, effluent
CSB
8 0 0 -.---.
600
r
4oo200 0
Cl
Sep-96 Dec-96 Apr-96 Jun-96
300 -.---=---.,
200 • • - . -. - . ----- - -- E 1 00
0
Sep-95 Dec-95 Apr-96 Jun-96
Gesamt·P
16 ,---, 1 2
r a
4 0
Sep-95 Dec-95 Apr-96 Jun-96
Fäkalcoliforme
Marianhöhe
•zulauf, influent
!;;3 Ablauf, effluent
CSB
800 �--------.
600
r
400200 0
D N03-N
59% 92% 96% 94%
Jan-96 Apr-96 Jul-96 Sep-96
Gesamt·N
300 -.---,
Cl
200 -. ---. -------- - ------. ---- -- -
E 1 00 0
1 6 1 2
Cl 8
E 4
0
Jan-96 Apr-96 Jul-96 Sep-96
- -'39o/,.-
Jan-96
Gesamt-P
520;,; -. '15� • • - . '5:>%
Apr-96 Jul-96 Sep-96
Fäkaleollforme 1.000.000 . - - - - -- -- - -- --- - . - - . - . - - 1 .000.000
1 0 .000 • -- • - - -- - -- - - - 1 0 .000
w .c
� 1 00
Sep-95 Dec-95 Apr-96 Jun-96
E
w .c
� 1 00
Jan-96 Apr-96 Jul-96 Sep-96
Bild 1 : Zu- und Ablaufkonzentrationen in den Pflanzenkläranlagen in Großbeeren und Marien
höhe mit prozentualer Konzentrationsabnahme (KbE = Keimbildende Einheit)
Fig. 1 : lnlet and outlet concentrations in the reed bed systems at Großbeeren and Marienhöhe with percentage decrease (CFU = colony forming unit)
Zu zwei verschiedenen Zeitpu nkten , einma l wä hrend der Hau ptvegetationspe
riode im August 1996, ein anderes Mal a m Ende der Vegetationsperiode i m Okto
ber 1996 wurden sieben Liter fassende Töpfe a us Plexiglas unter natürlichen Licht- und Tem peraturverhältnissen mit Mel khausa bwasser eingestaut (hyd rauli
sche Last = 0,015 m3/m2•d). Alle Töpfe waren mit Sand gefül lt und hatten die Funktion eines Sand- oder Pfla nzenfil
ters. Der Pflanzenfilter war zusätzlich mit Rohrkolben (Typha latifolia) bepflanzt worden. Nach einer Woche wurde ü ber ein Glasventil a n der Topfunterseite das Perkolat entnommen und auf CSB, Ge
samt-N , N H4-N , N03-N, Gesamt-P und fäkaleollforme Bakterien untersucht.
I m Perkolat der Sandfilter und insbe
sondere der Pflanzenfilter waren starke Konzentrationsabnahmen zu verzeich- 52. Jahrgang LANDTEC H N I K 3/97
nen ( Tab. 1 ) . Am Abbau der Kohlenstoff
und Stickstoffverbindu ngen wird beson
ders deutlich, daß d ie Reinigu ngsleistung des Pfla nzenfilters die des un bepflanzten Sandfilters deutlich übertrifft. Wäh rend i m August die Stickstoffelimination im Pflanzenfilter a uch d u rch den Einbau in die pflanzliche Biomasse von Typha lati
folia erklärt werden kan n , ist die hohe Eli
m inationsrate von 92,5 % im O ktober, als d ie oberird ischen Pflanzenteile bereits braun, also n icht mehr a ktiv, waren, allein a uf die mikrobielle Abbauleistung i m Sand-Wurzelbereich zurückzuführen. I m Oktober kam es im Sandfilter z u einem nur mäßigen Abbau der Stickstoffverbin
d u ngen; die Konzentration a n N H4-N im Perkolat wa r höher als im u rsprünglichen Melkhausabwasser. Dies deutet darauf h i n , daß i n diesem Fall eine N itrifikation i nfolge anaerober Verhältnisse u nter-
d rückt wurde und somit a uch der letzte Schritt der atmosphärischen Stickstofff
reisetzung, a lso die Den itrifi kation, aus
blieb. Ein anderes Bild zeich [lete sich im Pflanzenfilter ab, dessen d u rchlüftendes Wurzelsystem den Reinigungs prozeß beim Melkhausa bwasser offensichtlich stark förderte.
Schlußfolgerungen
Abwasserinha ltsstoffe wie etwa Stickstoff, Phosphor und fäka leollforme Bakterien können erfah rungsge m ä ß bei einer Di
mensionierung von mindestens 5 m2 pro Einwohnergleichwert und einer a n d ie Ab
wasserart a ngepaßten Verfahrensweise ( Kombi nation von Horizontal- und Verti
kalfilterung) im Wurzelbereich von Sumpfpfla nzen sehr gut eliminiert wer
den. Eine landbauliche Verwertung des beha ndelten Abwassers ist bisher auf
gru nd wasserrechtlicher Bedenken nicht ohne weiteres möglich, könnte in Zukunft a llerd ings einen wichtigen Beitrag zur Einsparung von Tri n kwasserressourcen leisten.
Betrachtet man die Wirtschaftlich keit von Pflanzenklära nlagen, so stel len sie bei nied rigem Anschlußwert (:<=; zehn Ein
wohner) neben Abwasserteichen hin
sichtlich I nvestitions- und Betriebsa uf
wa nd d ie günstigste Va ria nte der Abwas
serbehand lung dar [4] . Bei einem Anschlußwert von 50 Einwohnern liegen die I nvestitionskosten dagegen höher als für Tropfkörper und Belebungsanlagen.
Aufgru nd nied riger Betrie bs kosten blei
ben Pflanzenkläranlagen nach etwa vier
jährigem Betrieb a ber a uch h ier die ko
stengünstigste Va riante und zeich nen sich damit unter verschiedenen Klein klär
anlagensystemen sowohl durch ihre öko
logischen als auch ökonomischen Vorzü
ge aus.
Literatur
[ 1 ] U mweltbundesamt U ntersuchungen zur um
weit- und seuchenhygien-ischen Bewertung naturnaher Abwasserbehand I ungssysteme.
Texte 60/94, 1994
[2] Cooper, P. u nd B. Green: Reed bed treatment systems for sewage treatment i n the U nited Kingdom - The first 10 years experience. Wat.
Sei. Tech. 32 ( 1995), S. 3 17-327
[3] Cronk, J.: Constructed wetlands to treat wa
stewater from dairy and swine operations: a review. Agriculture, Ecosystems & Environ
ment 58 ( 1996), S. 97- 1 14
[4] Kollatsch, 0.: Die dezentrale private Abwas
serbehand lung im ländlichen Ra um. Korre
spondenz Abwasser 6 ( 1992), S. 832-844 Schlüsselwörter
Kü nstliche Feuchtgebiete, Abwasserrei
n igung, N itratelimination, Denitrifikation Keywords
Artificial wetlands, waste water treatment, nitrate removal , den itrification
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