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Ein Schloss zum Vorzeigen [Eine bislang unbekannte Zeichnung des Berliner Schlosses]

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Ein Schloss zum Vorzeigen

Der Wettbewerb ist ausgeschrieben, das Berliner Stadtschloss wird wieder aufgebaut. Da könnte das Auftauchen einer Zeichnung nach einer Vorlage aus der Bauzit des Schlosses den Architekten eine Hilfe sein - doch Vorsicht! Das Bild der Lustgartenfassade sollte keineswegs als Bauzeichnung dienen...

Originalveröffentlichung in: Weltkunst 78 (2008), Nr. 1, S. 10-11

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■ KUNST AUF PAPIER | ZEICHNUNG

Abb. linke Seite: Berliner Schloss, Portal V an der Lustgartenseite, um 1703, Foto vor 1945 Foto: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam

Abb. links: Entwurffürdie Lustgartenfassade des Berliner Schlosses (Nachzeichnung nach dem Kupferstich von Paul Decker d. Ä. nach Andreas Schlüter), um 1750/60, Graphit, Feder, Tusche, in Grautönen laviert, 56,5 x 90,2 cm;

Antiquariat Cassel und Lampe, Berlin

VON GUIDO HINTERKEUSER

WEK EIN SCHLOSS wie die Stadtresidenz in Berlin baut, braucht eineVielzahl an architektonischen Zeichnungen. Das war in der Barockzeit, als der Hofbildhauer und sp'atere Schlossbaudirektor Andreas Schlüter (1659-1714) den Re- naissancebau des 15. und 16.Jahrhunderts tiefgreifend moder- nisierte, nicht anders als heute — heute jedoch müssen Fotos und Zeichnungen aus späteren Zeiten alsVorlagen zur Re- konstruktion der 1950/51 mit dem gesamten Bau zerstörten Außen- und Hoffassaden dienen, denn Schlüters Pläne des barocken Umbaus sind fast ausnahmslos verloren.

Nun aber tauchte eine Handzeichnung der barocken Lust- gartenfassade auf, die unbestreitbar aus dem 18. Jahrhundert stammt. Sie zeigt die Lustgartenseite noch vor ihrerVerlänge- rung nach Westen durch Schlüters Nachfolger Johann Fried- rich Eosander ab 1706. Schlüter selbst wich, was die Detail- lierung des Mittelrisalits anbelangt, noch einmal vom darge- stellten Zustand ab. Mit dem Bauprozess hat die Zeichnung dennoch nichts zu tun. Keinesfalls ist sie von der Hand des Baumeisters, sondern basiert auf einem Stich, den Paul Decker d.A. (1677—1713) nach der heute verschollenenVorzeichnung Schlüters anfertigte.

Deckers Stich der Lustgartenseite ist Teil einer 1703 er- schienenen vierteiligen Serie mit Fassadenaufrissen nach SchlütersVorzeichnungen. Stiche dieser Art waren das Medi- um schlechthin, um das modernisierte Schloss des neuge- krönten preußischen Königs in repräsentativer Form inner- halb Europas zu verbreiten.Aus dieser Funktion erklären sich

auch die leichten Abweichungen vom tatsächlichen BauiWas zählte, war der Effekt. So bestand die Partie links des Mittel- risalits tatsächlich nur aus Rinf Fensterachsen statt der gezeich- neten sieben — einern Betrachter außerhalb Berlins wäre sol- che Asymmetrie wohl unverständlich geblieben.

Da diese Stiche in Europa zirkulierten, muss die Zeich- nung auch nicht aus Berlin stammen. Denkbar ist, dass sie als Aufnahmestück in eine Kunstakademie, als Übungsblatt oder als Aufgabenstellung innerhalb eines Wettbewerbs entstand.

Leider ist die Signatur am unteren rechten Rand nicht klar zu entziffern. Es könnte sich um einen Zeichner Schütze oder Schulze handeln. Nachweisbar sind ein Architekt namens ChristianValentin Schulze (1748-1831), der in Potsdam und Schlesien tätig war, sowie ein Kupferstecher Christian Gott- tried Schulze (1749—1819) aus Dresden, der dort auch die Akademie besuchte. Beide könnten die Zeichnung im Zuge ihrer Ausbildung angefertigt haben, demnach wäre sie in den 1760er Jahren entstanden. In jedem Fall beweist der Zeichner hohe Fertigkeit in der Wiedergabe von Architektur, betont Licht und Schatten und gibt der Fassade damit zusätzliche Plastizität und Lebendigkeit. Damit ist das Fundstück ein ein- drückliches Zeugnis fiir die Strahlkraft des barocken Berliner Schlosses in den Jahren nach seiner Entstehung.

Guido Hinterkeuser, 40, ist Kunsthistoriker und lebt in Berlin. Sein Buch

„Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter“ erschien 2003 im Siedler-Verlag, „Das BerlinerSchloss - mehr als nur Fassade. Die verlorenen Innenräumedes BerlinerSchlosses“ 2006 im Deutschen Kunstverlag.

WELTKUNST 011 2008 11

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