A1642 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 31–32⏐⏐4. August 2008
A K T U E L L
Das Universitätsklinikum Aachen (UKA) und die Universitätskli- nik Maastricht (azM) gründen das erste europäische Univer- sitätsklinikum. Das haben beide Einrichtungen Mitte Juli bekannt gegeben. Um das Projekt mög- lichst patientenfreundlich zu ge- stalten, bleiben beide Standorte in Aachen und Maastricht erhal- ten. Darüber hinaus wird es ei- nen neuen, dritten Standort in der geografischen Mitte geben.
Die räumliche Nähe und bereits gemeinsam gestaltete Projekte seien die Basis für die intensi- vere Zusammenarbeit, teilten die beiden Kliniken mit.
Kernstück der europäischen Uniklinik bildet das kardiovasku- läre Zentrum. Gemeinsame Be- handlungs- und Forschungsschwer- punkte sollen dort ausgebaut und spezialisiert werden. Dadurch könn- ten sich beide Kliniken im interna- tionalen Wettbewerb in diesem Be- reich etablieren. Als ein wichtiger Bestandteil dieses Projekts gilt das geplante Kinderherzzentrum. Vor- gesehen sind außerdem ein On- kologienetzwerk und ein Partikel- therapiezentrum für eine neuartige
Strahlenbehandlung von Krebser- krankungen.
Das Projekt soll UKA und azM zufolge Anfang 2009 starten. Die beiden Träger wollen sich mit ihrer Kooperation den Veränderungen auf dem Gesundheitsmarkt stellen. Die Zusammenarbeit beschränkt sich dabei nicht nur auf die medizinische Versorgung, sondern umfasst auch die Bereiche Management, IT und Personalführung. Eine Machbar- keitsstudie belegt, dass einem Zu- sammenschluss sowohl aus rechtli- cher als auch ökonomischer Sicht nichts im Weg steht. BG
NEUROPLASTIZITÄT AUCH BEI SENIOREN
Auch mit 60 Jahren ist das menschliche Gehirn noch in der Lage, mit Wachstum auf das Er- lernen einer neuen Aufgabe zu reagieren. Das belegt eine Studie von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und aus Jena, die im „Journal of Neuro- science“ (2008: 28: 7031–5) veröffentlicht wurde. Die Forscher um Priv.-Doz. Dr. Arne May vom Institut für Systemische Neurowis- senschaften des UKE hatten erst vor einiger Zeit als Erste nachweisen können, dass das menschliche Gehirn auch nach Abschluss des Reifungsprozesses – also mit etwa 20 Jahren – noch in bestimmten Regionen wachsen kann, wenn eine neue Aufgabe (zum Beispiel das Jonglieren) erlernt wird (Nature 2004; 427 [6972]: 311–2). Unbekannt war bisher aller- dings, ob auch ältere Menschen diese „Neuro- plastizität“ aufweisen.
Die Wissenschaftler baten daher 44 Pro- banden (24 Frauen und 20 Männer) zwischen 50 und 67 Jahren, jonglieren zu lernen. Ihre Hirne wurden vor und nach dem dreimonatigen Training sowie nach einer dreimonatigen Trai- ningspause mithilfe der 3-Tesla-Kernspintomo- grafie untersucht. Verglichen wurden diese Daten mit denen von 25 untrainierten Perso- nen (17 Frauen und acht Männern) zwischen 55 und 67 Jahren, die an denselben Tagen ge- scannt wurden.
Hippocampus vergrößert Nach der Trainingsphase ließ sich bei den Jongleuren eine einseitige Vergrößerung der grauen Substanz im „visuellen Assoziations- cortex“ erkennen. Diese Gehirnregion ist darauf spezialisiert, Bewegung im Raum wahrzuneh- men. Nach der dreimonatigen Trainingspause
hatte sich die Erweiterung teilweise wieder zurückgebildet. Die Kontrollgruppe zeigte kei- nerlei Veränderungen in diesem Bereich.
Ausschließlich bei den Jongleuren fanden die Forscher zudem eine Vergrößerung im Hip- pocampus, der Hirnregion, die für das Lernen wichtig ist, sowie Vergrößerungen im Nucleus accumbens, der zum hirneigenen Belohnungs- system gehört. Gerade für den Hippocampus ist bekannt, dass sich dort neue Hirnzellen bil- den können.
„Das Ergebnis zeigt“, so May, „dass die Ver- änderungen nicht nur auf das jugendliche Gehirn beschränkt sind, sondern dass sich die anatomische Struktur des erwachsenen Ge- hirns selbst im Alter noch signifikant verändern kann. Auch und gerade für ältere Menschen ist es daher wichtig, neue Herausforderungen zu meistern und Neues zu lernen.“ EB EUROPÄISCHE UNIKLINIK
Aachen und Maastricht kooperieren
APPROBATIONSENTZUG 1938
Zerrissene Biografien
Zum 30. September 1938 wurde al- len jüdischen Ärzten in Deutschland die Approbation entzogen. 70 Jahre später erinnert eine Ausstellung im Foyer der Kassenärztlichen Vereini- gung (KV) Bayerns an diesen Akt der Diskriminierung. Bei der Aus- stellungseröffnung in München am 25. Juli wies der Vorstandsvorsitzen- de der KV Bayerns, Dr. med. Axel Munte, auf die Notwendigkeit hin, sich als ärztliche Standesorganisati- on mit diesem Thema zu befassen.
Zu lange habe die Ärzteschaft es nach Kriegsende versäumt, sich mit den eigenen Verfehlungen auseinan- derzusetzen. „Die Ärzteschaft hat die Verpflichtung, sich auch den düstersten Kapiteln ihrer Vergan- genheit zu stellen. Ich hoffe, dass auch viele ärztliche Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit nutzen, sich mit dem Thema zu befassen“, sagte Dr. med. Christoph Emminger, Vorsitzender des Ärztlichen Kreis- und Bezirksverbands München.
Die Ausstellung kann bis zum 29.
August an Werktagen im Foyer der KV Bayerns besucht werden. Vom 24. September bis 16. Oktober wird sie im Kulturzentrum Gasteig in München zu sehen sein. TG Deutsch-niederländische Zusammenarbeit:Das Aache-
ner Uniklinikum stellt sich international auf.
Foto:dpa