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Dankesrede Hans-Joachim Schwarz

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Academic year: 2022

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Verleihung des Diotima-Ehrenpreises der deutschen Psychothera- peutenschaft am 08.05.2009 in Berlin

Frau Senatorin, Herr Staatssekretär, Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bedanke mich herzlich für die besondere Auszeichnung durch die Verleihung des Diotima-Ehrenpreises der deutschen Psychotherapeutenschaft.

Mit der Schaffung des Preises wissen wir nun, dass Sokrates, der sich von Diotima aus Mantinea inspirieren ließ, als Urvater der Psychotherapeuten anzusehen ist. Es hat mithin 2.500 Jahre gedauert, bis sich aus philosophischen Ursprüngen eine für die Gesellschaft bedeutsame Profession entwickelt hat. Angesichts dessen sind doch die 20 Jahre, in denen wir für ein Psychotherapeutengesetz gekämpft haben, nur ein Lidschlag in der Menschheitsgeschichte.

,In Platons „Symposion“ belehrte Diotima den Sokrates auch über die „Ehrliebe der Menschen“: Sie hätten, so Diotima, einen „gewaltigen Trieb (...), berühmt zu werden und einen unsterblichen Namen auf ewige Zeiten sich zu erwerben.“

Für mein persönliches, 25 Jahre andauerndes berufspolitisches Engagement war allerdings weniger „zukünftige Ehre“ handlungsbestimmend als vielmehr eine beson- dere Verpflichtung gegenüber den Werten, für die vor rund 250 Jahren mein hier in Berlin lebender Vorfahr, der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn, unerschrocken gestritten hat, der Aufklärer, der im Preußen Friedrichs des Großen keine Bürger- rechte besaß und dessen Aufenthalt und berufliches Wirken lediglich geduldet war- en. Der „deutsche Sokrates“ oder „Sokrates von Berlin“, wie er seinerzeit genannt wurde, dem sein Freund Lessing in „Nathan der Weise“ ein literarisches Denkmal setzte, hat ein Leben lang gegen Diskriminierung, für Bürgerrechte, für Mündigkeit und Gleichheit, für Selbstbestimmung und Freiheit gekämpft.

Als ich 1972 meine Praxistätigkeit begann, war die rechtliche Situation in ihren Kon- sequenzen für unsere Berufsgruppe ähnlich diskriminierend und dringend verände- rungsbedürftig. Es war nicht hinnehmbar, sich als „Nicht-Arzt“ definieren zu müssen;

weder wollte ich Heilpraktiker sein noch ärztliche Heilhilfsperson. Als dann im August 1976 die Ersatzkassen die Kostenerstattung völlig einstellten und die Existenz zahl- reicher Praxen auf dem Spiel stand, beschloss ich, berufspolitisch aktiv zu werden und darauf hinzuwirken, dass rechtliche Voraussetzungen für eine effektive psycho- therapeutische Versorgung geschaffen werden, die unserer Profession die ihr gebüh- rende Eigenständigkeit auf der Grundlage gleichberechtigter Kooperation mit ande- ren Heilberufen sowie organisationsrechtliche Selbstbestimmung ermöglichen.

Wie die Geschichte lehrt, bedürfen grundlegende Veränderungen eines langen Atems. Es war von Anfang an meine Auffassung, dass ein Psychotherapeutengesetz nur durch ein konzertiertes Vorgehen auf mehreren Ebenen zu erreichen war:

 Initiativen auf juristischer Ebene bis zum Bundesverfassungsgericht,

 Einholung von Rechtsgutachten, wissenschaftlichen Stellungnahmen und For- schungsgutachten zur Dokumentation der mangelhaften Versorgungssituation,

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 Ausbau der Kostenerstattung insgesamt; insbesondere Initiierung und Etablie- rung von Kostenerstattungsvereinbarungen,

 Umfassende Information aller gesundheitspolitisch relevanten Abgeordneten und Ministerien in Bund und Ländern sowie gezielte Medienarbeit,

 Verbandsübergreifende, konsensorientierte Kooperation.

Nur durch die Gesamtheit der Aktivitäten und Aktionen aller wurde eine „kritische Masse“ erreicht, die dem Gesetzgeber keine andere Wahl ließ, als endlich zu han- deln. Ohne den immensen Einsatz der vielen berufspolitisch aktiven Mitstreiter in den Verbänden, Gesellschaften und Gremien und ohne den überzeugenden und anhal- tenden Einsatz aller Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vor Ort wäre das Psychotherapeutengesetz wohl nie zustande gekommen.

Zugleich waren zur Gewährleistung der beruflichen Identität des neuen Heilberufs die notwendigen organisationsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Der Grundstein für die Einrichtung von Psychotherapeutenkammern wurde bereits auf Bundesebene gelegt, also lange vor dem Tätigwerden der Länderministerien. In dem für das Ge- setz alles entscheidenden Gespräch am 18. April 1996 mit dem Gesundheitsminister und den Spitzenvertretern der Gesundheitspolitik, der Krankenkassen, der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung sowie der AGPT und AGR machte Minister Seehofer die Zusage – und daran war meine beharrlich vorgetragene Forderung nach einer eigenständigen Organisation der Psychotherapeuten nicht ganz unschuldig –, eine ausdrückliche Empfehlung zur Einrichtung von Kammern als politische Absichtserklä- rung in die amtliche Begründung des Gesetzes mit aufzunehmen. Damit waren die Weichen gestellt, dass eine eigene, selbstständige Berufsvertretung der Psychothe- rapeuten wenigstens durch die Etablierung von Kammern möglich wurde.

Ihnen, den Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten, wünsche ich gutes Gelingen auch bei den weiteren Schritten der Professionalisierung, damit Sie als Angehörige eines Heilberufs in Kooperation und auf Augenhöhe mit den an- deren Akteuren im Gesundheitswesen Ihrer gesellschaftlichen Aufgabe zum Nutzen der Patientinnen und Patienten auch in Zukunft stets gerecht werden können.

Dipl.-Psych. Hans-Joachim Schwarz

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