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Handreichungen. zur. Einführung der Aufgabenart. Erörterung literarischer Texte

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Handreichungen zur

Einführung der Aufgabenart

„Erörterung literarischer Texte“

Autorinnen:

Monika Sydow-Ranke (Göttingen): S. 1-19 (Handreichungen zur Netzwerktagung Deutsch in Bad Salzdetfurth am 28.11.2019, leicht verändert und gekürzt)

Dr. Anja Lenz (Braunschweig): S. 21 und 22 (Aufgabe A)

Dr. Susanne Holmes (Lüneburg): S. 20 und 22 (Aufgaben B und C)

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2

Inhaltsverzeichnis

1. Erläuterung der Aufgabenart „Erörterung literarischer Texte“ (BiSta) 3 2. Erläuterung der Aufgabenkonstruktion zur „Erörterung literarischer Texte“ 5

3. Einführung der Aufgabenart in Niedersachsen 5

3.1 Verwendung einer vollständigen Textausgabe 6

4. Bestandteile einer „Erörterung literarischer Texte“ 7

4.1 Der Außentext 7

4.1.1 Variante A: Vorgabe einer These oder strittigen Frage mit einem Auszug oder mehreren Auszügen aus einem literarischen Werk 7 4.1.2 Variante B: Vorgabe einer These oder strittigen Frage 8 4.1.3 Variante C: Vorgabe eines pragmatischen Textes 8

4.2 Der Erörterungsauftrag 10

4.3 Vorgehensweise bei der Erarbeitung des Erörterungsteils 11 5. Anleitung zum Verfassen einer „Erörterung literarischer Texte“ (Varianten A und B) 12 6. Anleitung zum Verfassen einer „Erörterung literarischer Texte“ (Variante C) 13

7. Beachtung bei der Aufgabenkonstruktion 14

7.1 Auswahl einer These oder strittigen Frage (Varianten A und B) 14 7.2 Auswahl eines pragmatischen Textes (Variante C) 15

8. Material für die Arbeit in der Fachgruppe 16

9. Literaturhinweise zu Beispielaufgaben mit EWH 20

10. Weitere Beispielaufgaben zu verschiedenen Rahmenthemen 21

Anlage zu den Handreichungen: Erläuterungen zu den Aufgabenbeispielen 23

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3

1. Erläuterung der Aufgabenart „Erörterung literarischer Texte“ (nach BiSta)

„Ziel einer Erörterung literarischer Texte ist im Kern die argumentative Auseinandersetzung mit dem literarischen Text und den in ihm enthaltenen Herausforderungen und Fremdheitserfahrungen (vgl. Ab- schnitt 2.4.1 der Bildungsstandards: „Sich mit literarischen Texten auseinandersetzen“). Gegenstand sind literarische Texte, an denen zum Beispiel Fragen der literaturgeschichtlichen Einordnung von Tex- ten, deren Rezeption und Wertung oder Aspekte und Probleme des literarischen Lebens erörtert werden können. Es gehört zu den Bestandteilen einer literarischen Erörterung, dass die jeweiligen Befunde auf der Grundlage der im Unterricht erworbenen Kenntnisse in Beziehung zu Wertvorstellungen, Welt- und Selbstkonzepten gesetzt werden. Der dabei entstehende Text besteht schwerpunktmäßig aus einer Ar- gumentation. In diese müssen Befunde der Analyse und Interpretation des Ausgangstextes im Rahmen der Aufgabenstellung einbezogen werden. Literarische Erörterungen enthalten auch erklärende und in- formierende Anteile (vgl. Abschnitt 2.2.2: „In unterschiedlichen Textformen schreiben“). Ergänzende Grundlage der Erörterung kann auch ein audiovisueller Text sein, zum Beispiel ein Ausschnitt aus einer Theaterinszenierung.“

(Bildungsstandards Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.10.2012. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland [KMK], 2014, 3.2.1.1 „Aufgabenarten“, S. 25. Köln: Carl Link.)

Die „Erörterung literarischer Texte“ setzt die Kenntnis des ganzen Werkes voraus, das im Unterricht behandelt worden ist.

Die „Erörterung literarischer Texte“ erfordert eine argumentative Auseinandersetzung mit einer Prob- lemstellung, die der literarische Text aufwirft bzw. die an den Text herangetragen wird.

Die in der Erläuterung der Aufgabenart beispielhaft genannten Aspekte

• Fragen der literaturgeschichtlichen Einordnung

• Rezeption und Wertung

• Probleme des literarischen Lebens

lassen sich – mit Blick auf den Kompetenzbereich „Sich mit literarischen Texten auseinandersetzen“

und die darin festgelegten Standards – erweitern bzw. konkretisieren, um zum Beispiel die Auseinan- dersetzung mit

• dem Inhalt, der Handlung, der Problem- und Konfliktentfaltung,

• der Figurencharakterisierung, -konzeption und -konstellation,

• der Epochenzugehörigkeit (= Strittigkeit der epochalen Einordnung)

• Gattungsmerkmalen oder gattungstheoretischen Überlegungen,

• Interpretationsansätzen (aus der Literaturwissenschaft, der Literaturkritik oder von Theaterin- szenierungen),

• der Rezeption und Bewertung eines literarischen Textes in der Zeit seiner Veröffentlichung und in seiner Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart.

Die Erörterung literarischer Texte setzt voraus, dass die gestellte Thematik etwas Strittiges behandelt, d. h. es kommt nur die antithetische (dialektische) Erörterung in Frage.

Dies entspricht auch dem in den Aufgabenstellungen verwendeten Operator „erörtern“, der als kom- plexe Arbeitsanweisung folgendermaßen definiert ist:

„auf der Grundlage einer Materialanalyse oder -auswertung eine These oder Problemstellung unter Ab- wägung von Argumenten hinterfragen und zu einem Urteil gelangen“

(KC II Deutsch, 2016, S. 77; vgl. auch den „Grundstock von Operatoren“ unter „Begleitende Dokumente – Deutsch“

beim IQB)

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4 Die „Erörterung literarischer Texte“ weist dieselben Strukturmerkmale auf wie die „Erörterung pragma- tischer Texte“ zu einem der beiden domänenspzifischen Kompetenzbereiche. Gegenstand der „Erörte- rung pragmatischer Texte“ sind vor allem Problemstellungen, die sich mit „Sprache und Sprachge- brauch“, „Medien“ und „Lesen/Literatur“ befassen. Im Unterschied dazu steht bei der „Erörterung litera- rischer Texte“ ein literarisches Werk im Zentrum, auf das sich die Problemstellung bezieht und das die Basis für Thesen, Argumente und Belege darstellt. Das kann auch Kontextwissen, das über den kon- kreten literarischen Text hinausgeht, einschließen. Die Erläuterung der Aufgabenart „Erörterung litera- rischer Texte“ verweist auf den Kompetenzbereich „Sich mit literarischen Texten auseinandersetzen“

im Abschnitt 2.4.1.

„Die Schülerinnen und Schüler können

• die in literarischen Werken enthaltenen Herausforderungen und Fremdheitserfahrungen kritisch zu eigenen Wertvorstellungen, Welt- und Selbstkonzepten in Beziehung setzen“ (KMK, 2014, 2.4.1, S. 18 f.).

Ebenso spielen folgende Standards, die in dem Abschnitt 2.4.1 genannt werden, für die Aufgabenart

„Erörterung literarischer Texte“ eine Rolle (beispielhafte Auswahl):

„Die Schülerinnen und Schüler können

• eigenständig ein Textverständnis formulieren, in das sie persönliche Leseerfahrungen und alterna- tive Lesarten des Textes einbeziehen, und auf der Basis eigener Analyseergebnisse begründen,

• ihr Textverständnis argumentativ durch gattungspoetologische und literaturgeschichtliche Kennt- nisse über die Literaturepochen von der Aufklärung bis zur Gegenwart stützen,

• Mehrdeutigkeit als konstitutives Merkmal literarischer Texte nachweisen,

• literarische Texte auf der Basis von nachvollziehbaren, sachlich fundierten Kriterien bewerten und dabei auch textexterne Bezüge wie Produktions-, Rezeption- und Wirkungsbedingungen berück- sichtigen“ (KMK, 2014, 2.4.1, S. 18 f.).

Zusätzlich für das erhöhte Niveau können folgende Standards in Frage kommen:

• Kenntnisse wissenschaftlicher Sekundärtexte […] in die Kontextualisierung literarischer Werke ein- beziehen“,

• in ihre Erörterung der in literarischen Werken enthaltenen Herausforderungen und Fremdheitser- fahrungen geistes-, kultur- und sozialgeschichtliche Entwicklungen einbeziehen,

• ihre literarischen Wertungen differenziert begründen und dabei auf ihr größeres und komplexeres Kontextwissen zurückgreifen“ (KMK, 2014, 2.4.1, S. 19).

Außerdem verweist die Erläuterung der Aufgabenart „Erörterung literarischer Texte“ auf den Abschnitt 2.2.2: „In unterschiedlichen Textformen schreiben“ (KMK, 2014, S. 17), um deutlich zu machen, dass literarische Erörterungen „auch erklärende und informierende Anteile“ enthalten.

Zum Beispiel sind folgende Standards von Bedeutung:

„Die Schülerinnen können

• eigenes Wissen über literarische, sprachliche und andere Sachverhalte geordnet und differenziert darstellen,

• Aufbau, inhaltlichen Zusammenhang und sprachlich-stilistische Merkmale eines Textes selbststän- dig fachgerecht beschreiben,

• Inhalte und Argumentationen komplexer Texte zusammenfassen, exzerpieren und referieren,

• bei der Auseinandersetzung mit Texten deren historische, kulturelle, philosophische, politische oder weltanschauliche Bezüge […] verdeutlichen,

• zu fachlich strittigen Sachverhalten und Texten differenzierte Argumentationen entwerfen […] und die Prämissen ihrer Argumentation reflektieren,

• Schlussfolgerungen aus ihren Analysen, Vergleichen oder Diskussionen von Sachverhalten und Texten ziehen und die Ergebnisse in kohärenter Weise darstellen.“

(5)

5

2. Erläuterung der Aufgabenkonstruktion zur Aufgabenart „Erörterung literari-

scher Texte“

„Der Konstruktion der vorliegenden Aufgaben der Aufgabenart Erörterung literarischer Texte liegen fol- gende Prinzipien zugrunde:

 Der Schwerpunkt der Aufgabenstellung liegt – im Unterschied zu Aufgabenstellungen der Aufga- benart „Interpretation literarischer Texte“ – auf der Erörterung, d. h. der argumentativen Auseinan- dersetzung mit einer These oder strittigen Frage.

 Analysierende und interpretierende Anteile, die die Aufgabenart verlangt, sind für die Erörterung funktional, d. h. ein additives Nebeneinander von Analyse- bzw. Interpretationsauftrag und Erörte- rungsauftrag wird vermieden.

 Die Erörterung erfolgt stets mit Bezug zu einem längeren literarischen Werk, das aus dem Unterricht bekannt ist. Die Verwendung der entsprechenden Lektüre ist vorgesehen.

 Folgende Aufgabenvarianten sind möglich:

Variante A: In dem Erörterungsauftrag wird eine These oder strittige Frage vorgegeben. Den Schülerinnen und Schülern wird ein Auszug/werden mehrere Auszüge aus einem literarischen Werk vorgelegt.

Variante B: In dem Erörterungsauftrag wird eine These oder strittige Frage vorgegeben. Den Schülerinnen und Schülern wird kein Auszug/werden keine Auszüge aus einem literarischen Werk vorgelegt.

Variante C: In dem Erörterungsauftrag wird die These oder strittige Frage nicht vorgegeben.

Diese ist in der Auseinandersetzung mit einem pragmatischen Text zu erschließen. Den Schü- lerinnen und Schülern wird kein Auszug/werden keine Auszüge aus einem literarischen Werk vorgelegt.“

(Aus: IQB: Beispielaufgaben Deutsch „Erörterung literarischer Texte“, unter: https://www.iqb.hu-berlin.de/abi- tur/sammlung/deutsch)

3. Einführung der Aufgabenart „Erörterung literarischer Texte“ in Niedersach- sen ab der Abiturprüfung 2023

• Die drei Varianten ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, ihre Kenntnisse über ein literari- sches Werk in breiter Form einzubringen, denn der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem erörternden Teil der gestellten Aufgabe. Bei den bisherigen Abituraufgaben zu literarischen Texten, die von ei- nem literarischen Außentext ausgehen, der in der ersten Teilaufgabe interpretiert werden muss, wird in einer zweiten Teilaufgabe Bezug auf ein im Unterricht behandeltes Werk in einer Vergleichs- aufgabe vorgenommen, die i. d. R. mit einem Anteil bis zu 40 Prozent in die Gesamtbewertung eingeht. Im Unterschied dazu ist bei „Erörterungen literarischer Texte“ ein erheblich höherer Anteil in der Gesamtbewertung für die Auseinandersetzung mit dem aus dem Unterricht bekannten litera- rischen Werk vorgesehen.

• Synergieeffekte können genutzt werden, da

• das argumentierende Schreiben in der Sek. I ab den Jahrgangsstufen 7/8 und 9/10 bekannt ist (vgl. KC I, S. 21),

• die antithetische Erörterung für die Jahrgangsstufe 9 zu den obligatorischen schriftlichen Lern- kontrollen zählt (vgl. KC I, S. 35),

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6

• die Auseinandersetzung mit den Themenbereichen Sprache und/oder Medien auf der Basis eines pragmatischen Textes zu den verbindlichen Unterrichtsinhalten in der Einführungsphase zählt (vgl. KC II, S. 15).

• die textgebundene Erörterung als Lernkontrolle in der Einführungsphase obligatorisch ist (vgl.

KC II, S. 13).

• Die Einführung der Aufgabenart „Erörterung literarischer Texte“ soll es in Zukunft auch ermöglichen, nach Absprachen über gemeinsame Lektüren in mehreren Bundesländern Aufgaben dieser Art in den Aufgabenpool Deutsch am IQB für Abiturprüfungen einzubringen bzw. aus diesem zu entneh- men.

3.1 Verwendung einer vollständigen Textausgabe

Die Aufgabenart in den Varianten A, B und C lässt es notwendig erscheinen, dass die Schülerinnen und Schüler in der Prüfungssituation (Klausur oder Abiturarbeit) auf eine vollständige Textausgabe zurück- greifen können, um textnahes Arbeiten – auch im Hinblick auf korrektes Zitieren und Paraphrasieren von Textbelegen – zu ermöglichen.

Eine entsprechende Hilfsmittelregelung des Niedersächsischen Kultusministeriums findet sich neben den Abiturhinweisen für das Jahr 2023 auf nibis.de (https://www.nibis.de/2023_14735) und lautet wie folgt:

„Neben einem Wörterbuch der deutschen Rechtschreibung und einem Fremdwörterlexikon sind für die zentrale Abiturprüfung im Fach Deutsch die im Unterricht verwendeten Textausgaben der Pflichtlektüren zugelassen. Es ist sicherzustellen, dass die Lektüren keine unzulässigen Eintragungen enthalten.

Akzeptabel sind Eintragungen, die aus der unmittelbaren Textarbeit des Unterrichts resultieren: Markie- rungen (auch in Form von selbstklebenden Markierungszetteln), Strukturierungen, Unterstreichungen, kurze Zeilenkommentare, Verweisungen.

Nicht akzeptabel sind Einklebungen oder Einlagen weiterer Blätter, das Einfügen von Exzerpten, For- mulierungsbausteinen, Tafelbildern, Zusammenfassungen oder Interpretationen.

Diese Hilfsmittelregelung gilt sowohl für die Erörterung literarischer Texte als auch für die Interpretation literarischer Texte.“

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7

4. Bestandteile einer „Erörterung literarischer Texte“

Die Aufgabenart „Erörterung literarischer Texte“ besteht aus zwei Bestandteilen: einem Außentext und dem Erörterungsauftrag.

4.1 Der Außentext

Die Vorlage einer These oder strittigen Frage sowie der Auszug aus einem pragmatischen Text/der komplette pragmatische Text stellen sogenannte geeignete Außentexte als Ausgangspunkte einer Überprüfung dar (vgl. KMK, 2014, Abschnitt 3.2.1.2 der „Hinweise zur Prüfungsdurchführung“, S. 26).

Die (abzuleitende) These/strittige Frage zum literarischen Werk sollte für die Schülerinnen und Schüler inhaltlich gut nachvollziehbar sein und die Komplexität der Aufgabe sichtbar machen.

Zum Verhältnis von Außentext und literarischem Text

e

rschließen in Beziehung setzen erörtern Die Schülerinnen und Schüler sind aufgefordert, aus ihrer Kenntnis heraus den literarischen Text in Beziehung zu setzen zu der vorgelegten oder zu erschließenden These/strittigen Frage.

4.1.1 Variante A: Vorgabe einer These oder strittigen Frage mit Auszug/Auszügen aus dem lite- rarischen Werk

Bei der Variante A – zu Lessings Drama „Emilia Galotti“ – besteht die Aufgabe aus einer vorgelegten These des Literaturwissenschaftlers Peter von Matt.1

Der Literaturwissenschaftler Peter von Matt ist der Auffassung, dass „der Prinz und Emilia das eigentli- che und wünschbare und zusammenpassende Liebespaar sind“.

Das Zitat muss zunächst erschlossen werden, indem die Schülerinnen und Schüler die Schlüsselbe- griffe näher untersuchen und reflektieren, unter welchen Bedingungen man von einem eigentlichen und wünschbaren und zusammenpassenden Liebespaar sprechen kann (vgl. EWH).

Im Erwartungshorizont werden beispielhaft folgende Aspekte genannt:

wenn es eine emotionale/sinnliche Verbindung gibt,

 wenn sich Gemeinsamkeiten hinsichtlich Persönlichkeit/Charakter/Wertvorstellungen zeigen.“

1 Alle hier vorgestellten Aufgaben finden sich als Beispielaufgaben des IQB unter: https://www.iqb.hu-ber- lin.de/abitur/sammlung/deutsch.

Der Außentext:

Vorgegebene These/

strittige Frage oder prag- matischer Text mit abzu- leitender zentraler These/strittigen Frage enthält die …

Problemstellung zu bestimmten textinter- nen und textexternen Aspekten

eines literarischen Werkes

Das literarische Werk als Grundlage für die argumentative Ausei- nandersetzung mit spezifischen werkin- ternen oder werküber- greifenden Aspekten

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8 4.1.2 Variante B: Vorgabe einer These oder strittigen Frage ohne Textauszug/Textauszüge Bei der Variante B – Aufgabe zu Schillers Drama „Kabale und Liebe“ – besteht die Aufgabenstellung aus einer vorgelegten strittigen Frage des Schiller-Biographen Rüdiger Safranski.

Friedrich Schillers Drama „Kabale und Liebe“ wirft für den Schiller-Biographen Rüdiger Safranski fol- gende Frage auf: „Sind es nur die äußeren Widerstände und Hemmnisse, die ihr [der Liebe zwischen Ferdinand und Louise] zu schaffen machen, oder ist sie nicht auch durch sich selbst, durch ihren Abso- lutheitsanspruch, gefährdet […] [?]“

Dieses Zitat bestimmt durch die in der Frage erkennbare Zweipoligkeit/Antithetik („äußere Widerstände und Hemmnisse“ einerseits und „Absolutheitsanspruch“ der Liebe andererseits) bereits den Gang der Untersuchung, den Aufbau und die Schwerpunkte der Erörterung.

Zur genauen Auseinandersetzung mit dem Zitat bietet sich eine semantische Analyse der Schlüssel- wörter an:

Was ist unter ‚äußeren Widerständen und Hemmnissen‘ in Bezug auf Schillers Drama zu verstehen?

Was heißt im Hinblick auf die Liebe zwischen Ferdinand und Luise „durch sich selbst, durch ihren Ab- solutheitsanspruch, gefährdet“?

Der Erwartungshorizont für die Einleitung macht deutlich, dass zunächst das Verständnis des Zitats geklärt werden sollte:

„Die Schülerinnen und Schüler erläutern die strittige Frage, etwa:

 Klärung der Begriffe

 Absolutheitsanspruch der Liebespartner: Primat der Liebe vor allem anderen, Anspruch auf das ganze Sein des Partners

 äußere Widerstände und Hemmnisse: ex negativo bestimmt als alles, was gegen diese Liebe wirkt und nicht in ihr selbst begründet ist

 Klärung des strittigen Verhältnisses beider Anteile: Führen ausschließlich äußere Faktoren zum Scheitern des Liebesverhältnisses?“

4.1.3 Variante C: Vorgabe eines pragmatischen Textes

Bei der Variante C – Aufgabe zu Kafkas Roman „Der Prozess“ – muss zunächst der vorgelegte prag- matische Text in der ersten Teilaufgabe in seinen zentralen Aussagen erfasst (strukturierte Zusammen- fassung) und Thema sowie Textsorte formuliert werden. Zusätzlich werden die Schülerinnen und Schü- ler aufgefordert, den „zentralen Interpretationsansatz“ schlussfolgernd abzuleiten, also in etwa darzule- gen, dass „Der Prozess“ von der Autorin „als komischer Roman aufgrund der Darstellung allgemein menschlicher Schwächen mit den Mitteln der Komik interpretiert wird“ (vgl. EWH).

1. Stellen Sie die zentralen Aussagen des Textauszuges von Christiane Geldmacher dar und formulie- ren Sie schlussfolgernd Geldmachers zentralen Interpretationsansatz zu Kafkas Roman „Der Prozess“.

Neben dem im Erwartungshorizont zuerst genannten Standard des Zusammenfassens von Texten („den inhaltlichen Zusammenhang voraussetzungsreicher Texte sichern und diese Texte terminologisch präzise und sachgerecht zusammenfassen“ [KMK, 2014, 2.4.2, S. 19])

verdient auch der zweite Standard besondere Beachtung:

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„Die Schülerinnen und Schüler können…

 „die in pragmatischen Texten enthaltenen sprachlichen Handlungen ermitteln“ (KMK, 2014, 2.4.2, S. 19).

Es wird erwartet, dass die Schülerinnen und Schüler gelernt haben, Sprachhandlungsverben/-nomen bei der strukturierten Zusammenfassung von Texten zu verwenden.

Ablesbar ist dies im Erwartungshorizont an folgenden Formulierungen (Hervorhebung im Fettdruck):

Abgrenzung von bisherigen Lesarten des Romans „Der Prozess“ als vor allem „beklemmend“ und

„düster“

Verweis auf Max Brods Schilderung eines lachenden Vortrags durch Kafka

Nachweis der Berechtigung einer die Komik betonenden Lesart an mehreren beispielhaften Ro- manszenen (Rede auf die Gerechtigkeit vor einem unseriösen Mob, Porno-Lektüre des Richters während des Prozesses, Zerstörung des Schreibtisches durch den Direktor-Stellvertreter während eines Vortrags von K.)

Belege für die komische Aspekte befördernde Erzähllust Kafkas durch:

 den Hinweis auf einen durch eine Vielfalt von ineinander fließenden Handlungssträngen ge- kennzeichneten Erzählstil

 die Überzeichnung der Uneinsichtigkeit des Protagonisten durch das absurde und damit komö- dienhafte Ende des Prozesses als Nachweis des Potentials einer Lösung ohne Todesstrafe und Widerlegung einer rein fatalistischen Sichtweise auf den Protagonisten

resümierende Forderung nach differenziertem Umgang mit Kafkas Roman „Der Prozess“ unter Berücksichtigung sowohl der Kritik am Bürokratismus als auch der ironischen Brechung des Textes

Appell, bei der Rezeption von Kafkas Roman „Der Prozess“ die aufgrund des komischen Gehalts innewohnende Leselust in den Vordergrund zu stellen

Ebenso wird von den Schülerinnen und Schülern erwartet, dass sie den Konjunktiv der indirekten Rede beherrschen, um Texte angemessen wiedergeben zu können.

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4.2 Der Erörterungsauftrag

Variante A: Erörterungsauftrag zu Lessings Drama „Emilia Galotti“

Erörtern Sie, ausgehend von den Materialien und vor dem Hintergrund Ihrer Kenntnis des Dramas, inwieweit Sie der These zustimmen können. Berücksichtigen Sie in Ihrer Argumentation Lessings Kon- zept des bürgerlichen Trauerspiels.

Variante B: Erörterungsauftrag zu Schillers Drama „Kabale und Liebe“:

Erörtern Sie diese strittige Frage und belegen Sie Ihre Ausführungen am Text.

Variante C: Erörterungsauftrag zu Kafkas Roman „Der Prozess“:

Erörtern Sie diesen Interpretationsansatz im Hinblick auf Kafkas Roman „Der Prozess“.

Der Erwartungshorizont zur jeweiligen Aufgabe macht deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler auf- gefordert sind, das Für und Wider der These oder strittigen Frage bzw. des Interpretationsansatzes zu erörtern. Dabei können sie „eher zustimmend“ erörtern oder eher „kritisch ablehnend oder relati- vierend“.

Die Aufforderung in der vorliegenden Aufgabe zur Variante A, „zu erörtern, inwieweit“ die These von Matts zutrifft, zeigt an, dass diese ambivalent zu betrachten ist. Die Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, von Matts These anhand der ihnen bekannten Schlüsselszenen (I,6; II,6; II,7; V,7 aus Lessings Drama „Emilia Galotti“), die ihnen vorgelegt werden, zu überprüfen. Diese Vorlage stellt eine Hilfestellung dar, denn die Schülerinnen und Schüler müssen die im Hinblick auf die zu erörternde These in Frage kommenden Kernstellen nicht selbst auffinden. Der Erörterungsauftrag lenkt die Erarbeitung durch den Hinweis „ausgehend von den Materialien und vor dem Hintergrund Ihrer Kenntnis des Dramas“. Über die vorgelegten Kernstellen hinaus sollen die Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer Kenntnis des ganzen Werkes weitere Belege anführen, etwa aus der Orsina-Handlung (vgl. EWH). Der Erörterungsauftrag fordert durch den Zusatz „Berücksichtigen Sie in Ihrer Argumentation Lessings Konzept des bürgerlichen Trauerspiels“ explizit textexterne Kenntnisse zur Gattungspoetologie ein.

Damit verknüpft sind implizit auch literaturgeschichtliche Kenntnisse.

Auszug aus dem EWH:

 „Überprüfung der These vor dem Hintergrund gattungspoetologischer und literaturgeschichtlicher Kenntnisse, z. B.:

pro:

 Lessings Konzept des gemischten Charakters (vgl. Hamburgische Dramaturgie), d. h. die Anlage der beiden Figuren Prinz und Emilia als durch Ambivalenzen geprägte Persönlichkeiten,

contra:

 Eine Verbindung zwischen Emilia und dem Prinzen würde Lessings doppelter Kritik sowohl an der Verworfenheit des Höfischen als auch an der bürgerlichen Borniertheit entgegenstehen.

 Der Prinz und Emilia sind mit Blick auf Lessings Konzept des Bürgerlichen Trauerspiels, in dem bürgerliche und höfische Gesinnung kontrastiv gegenübergestellt werden, nicht als wünschbares und zusammenpassendes Liebespaar angelegt: Als Vertreter unterschiedlicher sozialer Kontexte mit nicht zu vereinbaren Lebens- und Liebesmodellen können sie keine Zukunft haben.“

In der vorliegenden Aufgabe zur Variante B – zu Schillers Drama „Kabale und Liebe“ – wird weitgehend auf die Auseinandersetzung mit dem literarischen Werk abgestellt, ohne explizit zusätzliche textexterne Kenntnisse einzufordern. Es wird aber, wie der EWH zeigt, profunde Textkenntnis erwartet. Die

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11 Schülerinnen und Schüler müssen die Kernstellen zur Erörterung der strittigen Frage aus ihrem Vorwis- sen heraus selbst finden.

Im Falle der Variante C, der Erörterung zu Kafkas Roman „Der Prozess“, ist neben einer guten Text- kenntnis zum Auffinden weiterer Belege für die Deutung des Romans als komischen Roman die Kennt- nis anderer Deutungsansätze unabdingbar, um dieser Deutung Argumente entgegensetzen oder sie relativieren zu können:

Auszug aus dem EWH:

 Bestreiten einer komischen Deutung des Romans „Der Prozess“ durch Rechtfertigen anderer Deu- tungsvarianten:

 sozialkritische Deutung als Allegorie der Bürokratie und Entfremdung der staatlichen Instanzen vom Individuum: K. als machtloses Opfer eines willkürlichen, undurchsichtigen und allgegenwärtigen Rechtssystems (z. B. die willkürliche Verhaftung, das Fehlen einer Anklage, die Hinrichtung ohne Verurteilung; K. spricht mit niemandem über den Prozess, dennoch wissen alle Bescheid)

 Deutung des Prozesses als Spiegelung der individuellen Schuldgefühle K.s (das Gericht als Über- Ich)

 Negation der Möglichkeit von Wahrheitsfindung und des Wertes der Gerechtigkeit im Roman (z. B.

Durchführung einer Hinrichtung ohne Urteil als Indiz für eine reale Bedrohung)

 Deutung des Romans als exemplarischer Text der Moderne (Entfremdung, Ich-Krise)

4.3 Vorgehensweise bei der Erarbeitung des Erörterungsteils

Wie bei jeder Erörterung müssen die Schülerinnen und Schüler eine Stoffsammlung und Stofford- nung vornehmen, die hier darin besteht, ihre im Unterricht erworbenen Kenntnisse zum literarischen Text heranzuziehen und einschlägige Belegstellen (Schlüsselstellen) aus dem Text zu sammeln, Textzi- tate auszuwählen oder Textstellen zu paraphrasieren. Das Notieren geeigneter Textstellen verlangt zu- dem die Beachtung des Handlungszusammenhangs und/oder das Verweisen auf den Gesamttext.

Zur konzeptionellen Vorarbeit vor dem Schreiben der Erörterung gehört auch das Erstellen einer Glie- derung; zumindest sollte ein konkreter Schreibplan vorliegen mit Thesen, Argumenten und Hinweisen auf geeignete Textbelege. Die Gliederung/der Schreibplan sollte eine schlüssige Strukturierung im Ar- gumentationsaufbau erkennen lassen (je nach gewähltem Aufbaumuster nach dem Sanduhr-Prinzip oder nach dem Ping-Pong-Prinzip).

Um Missverständnissen vorzubeugen: Das Vorliegen einer ausgearbeiteten Gliederung oder eines Schreibplans ist nicht Teil der Leistungsbeurteilung. Die Ausarbeitung muss aber ein gedanklich geord- netes und schlüssiges Vorgehen erkennen lassen, da dies ein Kriterium der Beurteilung ist.

Die Ausarbeitung des Hauptteils muss die Befunde zu einer schlüssigen und überzeugenden Argu- mentation zusammenfügen. Die Schülerinnen und Schüler sollten sich beim argumentierenden Schrei- ben einen fiktiven Leser vorstellen, der den Text weniger genau kennt als sie selbst. Das bedeutet: In der Gedankenführung ist darauf zu achten, dass Zusammenhänge, die aus der eigenen Textkenntnis selbstverständlich erscheinen, in Form von informierenden und erklärenden Ausführungen bzw. Ver- weisen auf den Gesamttext formuliert werden. Textstellen können dabei die Funktion von Argumenten übernehmen oder im Begründungszusammenhang als Textbelege/Textverweise und Beispiele dienen.

Dabei ist darauf zu achten, dass nicht eine beliebige Zitatensammlung oder Zitatenhäufung entsteht und die Begründungszusammenhänge überzeugend entfaltet werden (vgl. die Aussagen zur Darstel- lungsleistung im EWH).

Im Schlussteil wird ein Fazit gezogen, das in einer Gewichtung der aufgeführten Argumente bestehen sollte und die eigene Position pointiert zum Ausdruck bringt (vgl. dazu den jeweiligen EWH).

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5. Anleitung zum Verfassen einer „Erörterung literarischer Texte“:

Varianten A und B

1. Klärung der Aufgabenstellung

• Erfassen des Themas und des Inhalts der These/strittigen Frage

• Aufrufen des ggf. notwendigen Kontextwissens 2. Erschließung der These/strittigen Frage

• Analyse von Schlüsselbegriffen

• Erläuterung der These/strittigen Frage in eigenen Worten

• evtl. Prüfung der These/strittigen Frage im Hinblick auf die in ihr enthaltenen Prämissen 3. Untersuchung des literarischen Werkes im Hinblick auf die These bzw. strittige Frage

• Festhalten von Grundinformationen zum literarischen Werk (Textsorte, Thema, Erscheinungsjahr, evtl.

epochale Einordnung)

• Auswertung der vorgelegten Kernstellen des literarischen Werkes sowie Auffinden weiterer Textbelege aus dem Gesamttext (Variante A) oder Auffinden von Kernstellen mit Einordnung in den jeweiligen Kontext bzw. mit stichhaltigen Verweisen auf das gesamte literarische Werk (Variante B) zur Stützung, Widerle- gung oder Relativierung der vorgegebenen These/strittigen Frage

• Beachtung von textexternen Kenntnissen (soweit von der Aufgabenstellung gefordert)

• Heranziehen von konkurrierenden Interpretationsthesen aufgrund der im Unterricht erworbenen Kennt- nisse über das literarische Werk

• Entwicklung einer eigenen Position: Entscheidung für zustimmende, ablehnende oder relativierende Aus- einandersetzung

4. Entwurf einer Gliederung oder eines Schreibplans

Einleitung:

• Nennung von Autor(in), Titel, Textsorte, Thema, Erscheinungsjahr des literarischen Textes, ggf. mit epochaler Einordnung

• Erläuterung der These bzw. strittigen Frage mit Informationen zu Autor(in), Titel, (evtl. Textsorte), Erscheinungsdatum und ggf. Erscheinungsort

Hauptteil:

• In-Beziehung-Setzen der zentralen These/strittigen Frage zum literarischen Werk:

• Darlegung von Befunden, die für die These/strittige Frage sprechen*

• Darlegung von Befunden, die gegen die These/strittige Frage sprechen bzw. diese relativieren*

• Prüfung einer sinnvollen Anordnung von Argumenten und Gegenargumenten: Sanduhrmodell oder Ping-Pong-Modell

Schluss:

• Formulieren eines zusammenfassenden Fazits mit Gewichtung der Argumente und erkennbarem sowie begründetem eigenen Standpunkt

5. Anfertigung der Klausur

• präzise Erläuterung der These bzw. strittigen Frage unter Beachtung des Konjunktivs der indirekten Rede

• schlüssige Darstellung der Beziehungen zwischen der vorgegebenen These/strittigen Frage und dem li- terarischen Werk

• sachlich differenzierte und aspektreiche sowie strukturell klare Argumentation mit passenden Textbelegen bzw. stichhaltigen Verweisen auf den Gesamttext sowie ggf. textexternen Kenntnissen

• angemessenes, funktionales und korrektes Zitieren bzw. Paraphrasieren

• schlüssige Formulierung von Thesen und Argumenten sowie überzeugende Entfaltung von Begründungs- zusammenhängen

• erkennbare und schlüssig gegliederte Anlage der Arbeit 6. Überarbeitung der Klausur

• sachliche Richtigkeit und Widerspruchsfreiheit

• präzise, stilistisch stimmige, lexikalisch differenzierte Formulierungen

• sprachliche Richtigkeit im Hinblick auf Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung

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6. Anleitung zum Verfassen einer „Erörterung literarischer Texte“: Variante C

(Vorlage eines pragmatischen Textes)

1. Aufgabenstellung klären

• Erfassen des Themas und des Inhalts des pragmatischen Textes

• Aufrufen des ggf. notwendigen Kontextwissens

2. Erschließung der wesentlichen Aussagen des pragmatischen Textes sowie Ableitung der zentralen These bzw. strittigen Frage für den Erörterungsauftrag

3. Untersuchung des literarischen Werkes im Hinblick auf die These bzw. strittige Frage

• Festhalten von Grundinformationen zum literarischen Werk (Textsorte, Thema, Erscheinungsjahr, evtl. epochale Einordnung)

• Auffinden von Kernstellen (mit Einordnung in den jeweiligen Kontext bzw. mit stichhaltigen Verweisen auf das gesamte literarische Werk) zur Stützung, Widerlegung oder Relativierung der ermittelten These bzw. strittigen Frage

• Beachtung von textexternen Kenntnissen (soweit von der Aufgabenstellung gefordert)

• Heranziehen von konkurrierenden Interpretationsthesen aufgrund der im Unterricht erworbenen Kenntnisse über das literarische Werk

• Entwicklung einer eigenen Position: Entscheidung für zustimmende, ablehnende oder relativierende Auseinandersetzung

4. Entwurf einer Gliederung oder eines Schreibplans

Einleitung:

• Autor(in), Titel, Textsorte, Thema, Erscheinungsdatum und evtl. Erscheinungsort des pragmatischen Textes

• Darstellung der wesentlichen Aussagen des pragmatischen Textes sowie Ableitung der zentralen These bzw. strittigen Frage (1. Teilaufgabe)

Hauptteil (2.Teilaufgabe):

• In-Beziehung-Setzen der zentralen These/strittigen Frage zum literarischen Werk:

• Darlegung von Befunden, die für die zentrale These/strittige Frage sprechen*

• Darlegung von Befunden, die gegen die zentrale These/strittige Frage sprechen bzw. diese relativieren*

• Prüfung einer sinnvollen Anordnung von Argumenten und Gegenargumenten: Sanduhrmodell oder Ping-Pong-Modell

Schluss:

• Formulieren eines zusammenfassenden Fazits mit Gewichtung der Argumente und erkennbarem sowie begründetem eigenen Standpunkt

5. Anfertigung der Klausur

• präzise Erfassung der wesentlichen Aussagen des pragmatischen Textes und der zentralen These/strittigen Frage unter Verwendung des Konjunktivs der indirekten Rede und unter Beachtung des inhaltlichen Zusammenhangs durch strukturierende Sprachhandlungsverben bzw. –nomen

• schlüssige Darstellung der Beziehungen zwischen der zu erschließenden These/strittigen Frage und dem literarischen Werk

• sachlich differenzierte und aspektreiche sowie strukturell klare Argumentation mit passenden Text- belegen bzw. stichhaltigen Verweisen auf den Gesamttext sowie ggf. textexternen Kenntnissen

• angemessenes, funktionales und korrektes Zitieren bzw. Paraphrasieren

• schlüssige Formulierung von Thesen und Argumenten sowie überzeugende Entfaltung von Begrün- dungszusammenhängen

• erkennbare und schlüssig gegliederte Anlage der Arbeit 6. Überarbeitung der Klausur im Hinblick auf

• sachliche Richtigkeit und Widerspruchsfreiheit

• präzise, stilistisch stimmige, lexikalisch differenzierte Formulierungen

• sprachliche Richtigkeit im Hinblick auf Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung

Anmerkung: * Je nach eingenommenem eigenen Standpunkt der Schülerin/des Schülers zur zentralen These/strittigen Frage sind die beiden Gliederungspunkte bei der antithetischen (dialektischen) Erörterung in umgekehrter Reihenfolge anzuordnen, damit der steigernde Aufbau der Ausführungen gewahrt bleibt.

(14)

14

7. Beachtung bei der Aufgabenkonstruktion

7.1 Auswahl einer These oder strittigen Frage (Varianten A und B)

1. Die gewählte These oder strittige Frage soll in der Regel – wie in den beiden Beispielaufgaben – ein Zitat sein. Es kann aber auch eine prägnante These oder strittige Frage selbst formuliert wer- den.

Beispiel für eine Themenstellung mit selbst gestellter strittiger Frage:

Tyrann oder Anarchist?

Erörtern Sie, welche der beiden Bezeichnungen den grundlegenden Charakter Unrats eher trifft.

(Aus: Epple, Thomas: Heinrich Mann: Professor Unrat. München: Oldenbourg 1998, S. 118.)

2. Die These oder strittige Frage muss nicht zwingend immer aus nur einem Satz bestehen. Sie kann auch durch erklärende oder erläuternde Aussagen angereichert bzw. kontextualisiert sein.

Beispiel für eine solche Themenstellung:

Die Literaturkritikerin Sibylle Birrer beurteilt die Figur des Richard aus Jenny Erpenbecks 2015 erschie- nenem Roman „Gehen, ging, gegangen“ in ihrer Rezension folgendermaßen:

„Im Grunde aber zeigt Erpenbeck den exemplarisch aufflackernden Humanismus in seiner ganzen Er- bärmlichkeit: Für Richard ist das Unglück der anderen Projektions- und Reflexionsfläche für die Ambi- valenzen seiner eigenen Existenz – derweil politisch gesehen jeder vernünftige Versuch, den Flüchtlin- gen zu einer lebbaren Gegenwart zu verhelfen, von gesetzlichen Auflagen im Keim erstickt wird.“

(Aus: Birrer, Sibylle: Gestrandet in der Warteschlaufe. In: Neue Zürcher Zeitung, 10.10.2015.

Unter: https://www.nzz.ch/feuilleton/buecher/gestrandet-in-der-warteschlaufe-1.18627304) Erörtern Sie Birrers Beurteilung auf der Grundlage Ihrer Romankenntnis.

3. Die These oder strittige Frage soll nicht dem literarischen Werk selbst entnommen sein (Kriterium

„Außentext“).

Als ungeeignet ist daher eine Themenstellung anzusehen wie die folgende:

„Ich glaube nicht an Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich gewohnt, mit den Formeln der Wahr- scheinlichkeit zu rechnen.“

Erörtern Sie, inwiefern die Handlung des Romans „Homo faber“ Walter Fabers Selbstverständnis be- stätigt oder widerlegt.

(Aus: Frisch, Max: Homo faber. Ein Bericht. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1977; S. 22.)

(15)

15 7.1.1 Ein- oder zweigliedrige Aufgabenstellungen für die Varianten A und B

Abgesehen von den hier vorliegenden Aufgabenkonstruktionen in den Varianten A und B sind auch zweigliedrige Aufgabenstellungen möglich, die den Erläuterungsauftrag als erste Teilaufgabe formu- lieren.

7.2 Auswahl eines pragmatischen Textes (Variante C)

Als besondere Anforderung an die Textauswahl ergibt sich, dass der für die Erörterung zugrunde ge- legte Text nicht zu viele disparate Aspekte aufweist, die dazu führen, dass die Schülerinnen und Schüler den zentralen Interpretationsansatz oder die Kernaussage/Kernthese nicht finden, nicht wissen, was sie erörtern sollen, oder sich dazu aufgefordert sehen, Verschiedenes erörtern zu müssen. Der Textauszug bzw. der Textzuschnitt muss also sorgfältig erwogen werden.

So ist zum Beispiel in dem Textauszug von Peter Nusser über Lessings „Emilia Galotti“ (vgl. S. 20 der vorliegenden „Handreichungen“) u. a. eine Textpassage für die Schülerinnen und Schüler eher verwir- rend, wenn sie neben der in dem Text zentralen Interpretationsthese, der politischen Deutung des Stü- ckes, Sätze finden wie diese:

„Von der politischen Brisanz des Stückes abgesehen liegt sein eigentlicher Konfliktstoff – […] in der Unvereinbarkeit von leidenschaftlichen Affekten und vernünftigem Handeln. Unter ihr leiden alle tragen- den Figuren des Stückes.“

Diese Passage führt dazu, dass Schülerinnen und Schüler sich konfrontiert sehen mit verschiedenen Erörterungsfragen:

• Ist Lessings Drama nun primär ein politisches Stück?

• Geht es aber eigentlich um die „Unvereinbarkeit von leidenschaftlichen Affekten und vernünf- tigem Handeln“?

• Leiden alle wichtigen Figuren darunter?

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16

8. Material für die Arbeit in der Fachgruppe

Mögliche Workshopphase in einer Fachgruppen-DB:

Sichten Sie die Aufgabenbeispiele auf den folgenden Seiten (S. 16-19) im Hinblick auf:

• Strittigkeit

• Komplexität

• Voraussetzungsreichtum

• Niveaueinstufung (gA oder eA-Niveau)

• Schülerfreundlichkeit

• und …

Überlegen Sie, bei welchen Themenstellungen ein Auszug oder Auszüge aus dem literarischen Werk hilfreich sein können und bei welchen Sie eher darauf verzichten würden.

„Erörterung literarischer Texte“ anhand einer These oder strittigen Frage (Varianten A und B)

Aufgabe 1:

„ ‚Emilia Galotti‘ ist […] die radikale Kampfschrift gegen Fürstenwillkür und für Menschenwürde im Sinne der Aufklärung.“

(Aus: Raddatz, Fritz Joachim.: Ein Bürger, ein Radikaler. Zum 200. Todestag: Nachdenken über Gotthold Ephraim Lessing. In: Die Zeit, Nr. 08/1981, 13.02.1981. Unter: https://www.zeit.de/1981/08/ein-buerger-ein-radikaler/kom- plettansicht)

Fritz Joachim Raddatz (1931-2015) war ein deutscher Feuilletonist, Essayist, Biograph und Romancier.

Erörtern Sie diese These zu Lessings Drama „Emilia Galotti“ und belegen Sie Ihre Ausführun- gen am Text. Berücksichtigen Sie in Ihrer Argumentation Ihre Kenntnisse zur Epoche der Auf- klärung und zu Lessings Dramentheorie.

Aufgabe 2:

Der Literaturwissenschaftler Helmut Koopmann (geb. 1933) interpretiert in einer Abhandlung Friedrich Schillers „Don Carlos“ als Familientragödie und behauptet: „Das ist keine politische Tragödie, sondern eine menschliche […]“.

(Aus: Hinderer, Walter (Hg.): Schillers Dramen. Interpretationen. Stuttgart: Reclam 1992, S. 159-201; hier: S. 190.)

Erörtern Sie, inwiefern Helmut Koopmanns Interpretationsansatz zutreffend ist. Beziehen Sie

Ihre Kenntnisse über das Drama und Ihr Kontextwissen über die Entstehungsgeschichte ein.

(17)

17

Aufgabe 3:

Zu Heinrich von Kleists Novelle „Die Marquise von O …“

Andrea van Dülmen behauptet, die Frau im 18. Jahrhundert „beugt sich unter den Willen des Mannes“.

(Aus: Dülmen van, Andrea (Hrsg.): Frauenleben im 18. Jahrhundert. München: C. H. Beck 1992, S. 31.) Andrea van Dülmen (geb. 1940) ist Buch-Autorin über deutsche Geschichte, u. a. Frauengeschichte.

Erörtern Sie, ob diese Behauptung für die Beziehung der Marquise zu ihrem Vater und zu dem Grafen F. zutrifft.

Aufgabe 4:

„Er ist ein Dreckskerl, man wünscht ihm die Pest an den Hals und lacht doch über ihn und die Cleverness, mit der er sich durchs Leben schleimt.“

(Aus: Scholl, Joachim: Der Untertan. Heinrich Mann. In: 50 Klassiker. Romane des 20. Jahrhunderts: Die wichtigs- ten Romane der Moderne. 2. Aufl. Hildesheim: Gerstenberg 2001, S. 36.)

Erörtern Sie, inwiefern diese Einschätzung Dietrich Heßlings durch den Literaturkritiker Joachim Scholl (geb. 1960) zutrifft. – Beziehen Sie Ihre Kenntnisse über den Roman mit ein.

Aufgabe 5:

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (1920-2013) schreibt über Erich Maria Remarques Roman „Im Westen nichts Neues“:

„Remarque erzählte, was war und wie es wirklich war. Nur machte er die dargestellte Realität mit Romantizismen erträglich und mit Knalleffekten konsumierbar und spannend.“

(Aus: Reich-Ranicki, Marcel: Sein Geschmack war der von Millionen. Zum Tod Erich Maria Remarques. In: „Die Zeit“ vom 02.10.1970. Unter: https://www.zeit.de/1970/40/sein-geschmack-war-der-von-millionen/komplettansicht)

Erörtern Sie diese Sichtweise zur Darstellung des Krieges in Remarques Roman auf der Grundlage Ihrer eigenen Leseerfahrungen und Ihrer unterrichtlichen Kenntnisse.

Aufgabe 6:

„Daß der Roman den Namen seines Helden nur im Untertitel trägt und ‚Berlin Alexanderplatz‘

heißt, also mit allem Nachdruck auf den […] genius loci hinweist, ist insofern berechtigt, als dieser Mann der Masse im Grunde nur einer jener Millionen Facetten ist, in denen sich das Phänomen Berlin spiegelt.“

Anmerkung

genius loci: geistiges Klima, geistige Atmosphäre eines Ortes

Erwin Ackerknecht (1880-1960) war ein deutscher Literaturhistoriker und Bibliothekar.

(18)

18

(Aus: Ackerknecht, Erwin: „Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz“. In: Bücherei und Bildungspflege. Stettin. 9. Jg.

Heft 6. November/Dezember 1929, S. 455. Zitiert nach: Sander, Gabriele: Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz.

Erläuterungen und Dokumente. Stuttgart: Reclam 1998, S. 149.)

Erörtern Sie diese Behauptung vor dem Hintergrund Ihrer Romankenntnis.

Aufgabe 7:

Die Literaturkritikerin Sibylle Birrer beurteilt die Figur des Richard aus Jenny Erpenbecks 2015 erschienenem Roman „Gehen, ging, gegangen“ in ihrer Rezension folgendermaßen:

„Im Grunde aber zeigt Erpenbeck den exemplarisch aufflackernden Humanismus in seiner ganzen Erbärmlichkeit: Für Richard ist das Unglück der anderen Projektions- und Reflexions- fläche für die Ambivalenzen seiner eigenen Existenz – derweil politisch gesehen jeder ver- nünftige Versuch, den Flüchtlingen zu einer lebbaren Gegenwart zu verhelfen, von gesetzli- chen Auflagen im Keim erstickt wird.“

(Aus: Birrer, Sibylle: Gestrandet in der Warteschlaufe. In: Neue Zürcher Zeitung, 10.10.2015.

Unter: https://www.nzz.ch/feuilleton/buecher/gestrandet-in-der-warteschlaufe-1.18627304 )

Erörtern Sie Birrers Beurteilung auf der Grundlage Ihrer Romankenntnis.

„Erörterung literarischer Texte“ anhand eines pragmatischen Textes (Variante C)

Prüfen Sie, ob der Textzuschnitt für die Ableitung eines zentralen Interpretationsansatzes / einer zent- ralen These oder strittigen Frage (Variante C) geeignet ist. An welcher Stelle/welchen Stellen würden Sie Kürzungen vornehmen?

Material

Peter Nusser: Lessings Emilia Galotti

(Aus: Nusser, Peter: Deutsche Literaturgeschichte von 1500 bis 1800. Stuttgart: Kröner 2002, S. 318 ff.)

Lessings aus heutiger (nicht aus unmittelbarer zeitgenössischer) Sicht bedeutsameres zweites bürger- liches Trauerspiel, Emilia Galotti (1771/72), greift eine ähnliche Thematik auf wie Miß Sara Sampson.

Auch in der Emilia Galotti zerbricht eine in sich ruhende Familie durch die Konfrontation mit einer ande- ren Lebenswelt, auch hier zerstört ein heiratsscheuer Verführer die Ausgeglichenheit und das Leben einer jungen Frau. Allerdings erhält der Konflikt in diesem Stück eine entschieden politische Dimension.

5

Die Rolle des Verführers übernimmt ein absolutistisch regierender Prinz, der seine Verfügungsgewalt in das Privatleben seiner Untertanen ausdehnt und damit die Herrscherpflicht der Zurückhaltung miss- achtet. Obwohl Lessing vorsichtig die Handlung in einen italienischen Kleinstaat der Renaissance ver- legte, musste jedem Zuschauer doch deutlich sein, dass die Hof- und Absolutismuskritik auf die deut- schen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts zielte. Dennoch geht es in dem Drama nicht um die Stände- 10

problematik zwischen Fürstentum und Bürgertum im engeren Sinn. Emilias Familie gehört selbst dem niederen Adel an. Die politische Dimension des Konflikts erscheint in dem Antagonismus zwischen hö- fischer Lebenswelt und Familie, wobei die Welt des Hofes als Ort moralischer Verfehlungen, die Familie dagegen als Ort praktizierter, wenn auch stets gefährdeter Tugenden angesehen wird. Der despotische Übergriff in den Bezirk der Familie, den das Stück vor Augen führt, musste den Nerv des aufgeklärten 15

(19)

19 bürgerlichen Publikums treffen, für das die Familie die ganz besondere Bedeutung des Schutz bieten- den Refugiums besaß. Von der politischen Brisanz des Stückes abgesehen liegt sein eigentlicher Kon- fliktstoff – […] in der Unvereinbarkeit von leidenschaftlichen Affekten und vernünftigem Handeln. Unter ihr leiden alle tragenden Figuren des Stückes.

[…]

Darüber hinaus aber führt es den Riss vor Augen, der durch die ganze Gesellschaft des 18. Jahrhun- 20

derts zieht, das konkurrierende, meist kommunikationslose Nebeneinander des Sozialverhaltens der alten höfischen Gesellschaft und des sich widersprüchlich bildenden Sozialverhaltens der neuen

>Staatsbürger<.

(285 Wörter) Peter Nusser (geb. 1936) ist ein deutscher Literaturwissenschaftler.

Aufgabenstellung

1.

Fassen Sie die Aussagen des Textauszuges von Peter Nusser zusammen und formulieren Sie schlussfolgernd Nussers zentralen Interpretationsansatz zu Lessings Drama „Emilia Galotti“.

2. Erörtern Sie Nussers Interpretationsansatz zu Lessings Drama „Emilia Galotti“. Beziehen Sie Ihre Kenntnisse zur Aufklärung und zu Lessings Dramentheorie ein.

(20)

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9. Literaturhinweise zu Beispielaufgaben mit EWH

1. Beispielaufgabe und EWH zu Kleists Novelle „Das Erdbeben in Chili“

In: Texte, Themen und Strukturen. Handreichungen für den Unterricht. Hg. von Deborah Mohr und An- drea Wagner. Berlin: Cornelsen 2017, S. 189-191.

→ Problematisch an der Aufgabe ist, dass kein Außentext ausgewählt wurde, sondern ein von Kleist selbst verfasster veränderter Schluss. Die Aufgabe ist für die unterrichtliche Auseinandersetzung sehr gut geeignet, entspricht aber nicht den Maßgaben zur Aufgabenerstellung im Sinne des IQB.

2. Beispielaufgabe und EWH zu Brechts Drama „Leben des Galilei"

In: Möbius, Thomas: Deutsch-Abitur: Die literarische Erörterung. Hollfeld: C. Bange, 4. Aufl. 2011, S. 17- 22.

Der Verfasser dieses Lösungsvorschlags, Thomas Möbius, selbst zehn Jahre Lehrer an einem Gymna- sium, seit 2002 Akademischer Rat für Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg und Autor von Lernhilfen sowie Königs Erläuterungen des Bange Verlages, führt im Vorwort zu seinen Ausarbeitungen aus:

„Die vorliegende Kopiervorlage erhebt nicht den Anspruch, Ihren Schülern dieses ganze Wissen zu vermitteln – das ist insbesondere im Hinblick auf das literarische Vorwissen nicht zu leisten – vielmehr hilft es Ihnen, Ihren Schülern den Umgang mit der schulischen Textsorte zu erleichtern und Ihnen die Basis für ein erfolgreiches Training bereitzustellen. Aufgaben aus Abiturprüfungen in Bayern und Baden-Württemberg sind zu diesem Zweck so aufbereitet, dass jeweils ein Erwartungshorizont formu- liert wird, der an möglichst viele literarische Programme anpassbar ist, die in einer Klasse durchgeführt worden sind. Die Lösungsvorschläge sind dabei nicht zwingend zu erwartender Lösungsinhalt, sondern primär Hilfestellung, mit der eigenes Vorwissen strukturiert und integriert werden kann.

Aufgrund der Anlage empfiehlt sich die Kopiervorlage für Lehrkräfte für die Konzeption und Ergänzung einer entsprechenden Unterrichtseinheit.“

Hinsichtlich des ausgearbeiteten Lösungsvorschlags zu einer in Baden-Württemberg gestellten Abitur- aufgabe für den Grundkurs im Abitur 1999 müsste Folgendes geprüft werden:

1. Welche Passagen dieses Lösungsvorschlags sind bei der Vorlage einer vollständigen Textausgabe ohne weitere Materialien in einer Prüfungssituation nicht zu erwarten.

2. Würden Sie diesen Lösungsvorschlag ggf. im Unterricht als Muster für die „Erörterung literarischer Texte in „abgespeckter Form“ einsetzen? Was könnten Schülerinnen und Schüler daraus lernen?

3. Beispielaufgabe und EWH zu Adelbert von Chamissos Erzählung „Peter Schlemihls wun- dersame Geschichte“

In: Rauer, Stephan: Adelbert von Chamisso: Peter Schlemihls wundersame Geschichte. Reihe EinFach Deutsch. Braunschweig, Paderborn, Darmstadt: Bildungshaus Schulbuchverlage 2016, S. 149-151.

4. Beispielaufgabe und EWH zu E. T. A. Hoffmanns Novelle „Der goldne Topf“

In: Texte, Themen und Strukturen. Handreichungen für den Unterricht. Hg. von Deborah Mohr und An- drea Wagner. Berlin: Cornelsen 2017, S. 186-188.

(21)

21

10. Weitere Beispielaufgaben zu verschiedenen Rahmenthemen

RT 1 oder 2: Übungsreihe zum Aufgabenformat der literarischen Erörterung – Bezug:

G. Büchner „Woyzeck“ (verbindliche Lektüre im Abitur 2024)

1. Teil der Übungsreihe

Georg Büchner schrieb 1834 in einem Brief an seine Familie:

„Es ist deren eine große Zahl, die im Besitze einer lächerlichen Äußerlichkeit, die man Bildung, oder eines toten Krams, den man Gelehrsamkeit heißt, die große Masse ihrer Brüder ihrem verachtenden Egoismus opfern. Aristokratismus ist die schändliche Verachtung des heiligen Geistes im Menschen;

gegen ihn kehre ich seine eigenen Waffen; Hochmut gegen Hochmut, Spott gegen Spott.“

Aufgabe 1: Erläutern Sie Büchners Aussage.

Aufgabe 2:

„Aristokratismus ist die schändliche Verachtung des heiligen Geistes im Menschen; gegen ihn kehre ich seine eigenen Waffen; Hochmut gegen Hochmut, Spott gegen Spott.“

Erörtern Sie, inwiefern Büchner diese Haltung in seinem Drama „Woyzeck“ umsetzt.

Arbeiten Sie zunächst auf der Grundlage der vorgelegten Szenen aus Büchners Drama „Woyzeck“.

(Szenenauswahl: Beim Doktor & Auf der Straße)

2. Teil der Übungsreihe (aus: Klett: deutsch.kompetent Abiturtraining 2017) Der Schriftsteller Erich Kästner schrieb über Büchners Drama ‚Woyzeck‘:

„Die Bilder auf der Bühne sind Zerrbilder. Die Wirklichkeit und die Kritik an ihr verzehnfachen sich durch die Genauigkeit der Übertreibung. […] Mit wie wenigen und mit welch wortkargen und scheinbar simplen Dialogen wird hier die Wirklichkeit heraufbeschworen, ohne dass sie geschildert würde! Und wie gewaltig ertönt die Anklage, obwohl und gerade weil sie gar nicht erhoben wird!“

Aufgabe 1: Erläutern Sie die Aussage Kästners.

(Stellen Sie dar, wie Georg Büchner in seinem Drama die Wirklichkeit kritisiert.)

Aufgabe 2: Erörtern Sie ausgehend von den folgenden Textausschnitten, ob und inwiefern die Ein- schätzung Kästners nachvollziehbar ist.

(Berücksichtigen Sie dabei auch die Figurengestaltung und die Sprache in dem Drama.) (ggf. mit Szenenauswahl)

3. Teil der Übungsreihe: (Übungs)Klausur

Der deutsche Schriftsteller, Theaterkritiker und Journalist Alfred Kerr (1867-1948) schrieb über Büch- ners Drama „Woyzeck“ im Berliner Tageblatt am 6.4.1921:

„Bei alledem bleibt wahr, daß der Woyzeck sich wehrt, indem er sich nicht wehrt. Daß er durch seine Machtlosigkeit justament furchtbarsten Einspruch erhebt. Daß er am tiefsten angreift, weil er nicht an- greifen kann.“

Aufgabe 1: Erläutern Sie die Aussage Kerrs.

Aufgabe 2: Erörtern Sie diese These ausgehend von Büchners Drama „Woyzeck“.

(22)

22

RT 3: zu Heinrich Mann: Der Untertan (verbindliche Lektüre im Abitur 2023)

Aufgabe A:

Die Literaturwissenschaftlerin Andrea Bartl kommt über die Figur des Diderich Heßling aus Heinrich Manns Roman „Der Untertan“ zu folgender Einschätzung:

„Doch sollte man Heßling nie als bloße Witzfigur abtun und so unterschätzen. Er bleibt trotz aller Kritik bis zu einem gewissen Grade auch eine Identifikationsfigur für uns als Leserinnen und Leser.“

(Andrea Bartl : Der Untertan. Klassiker und hochaktuell. In: Heinrich Mann „Der Untertan. Reclam Ver- lag 2021, S. 683.)

Erörtern Sie diese Einschätzung und belegen Sie Ihre Ausführungen am Romantext.

Aufgabe B:

Johannes Öhquist, ein zeitgenössischer Literaturkritiker, urteilt über Heinrich Manns Roman „Der Un- tertan“ wie folgt:

„Das Bemerkenswerte an diesem Roman ist, daß er trotz aller Bitterkeit und alles maßlosen Hohnes nicht abstoßend wirkt, daß er, trotzdem er als Satire für versöhnenden Humor keinen Raum hat, doch auch das Gefühl nicht leer ausgehen läßt. Das Geheimnis liegt in der Gestalt des alten Achtundvierzigers Buck und der heimlichen Liebe, in der der Dichter für diesen stil- len Idealisten erglüht.“

(Johannes Öhquist: Ein satirischer Roman. In: Die Ostsee. Deutsche Zeitschrift für Wirtschaft und Kul- tur der Ostseeländer (Berlin). 1. Jg. H. 22/23. 25. März 1919, S. 538-541. Zitiert nach: Frederick Betz:

Erläuterungen und Dokumente. Heinrich Mann: Der Untertan. Stuttgart 1993, S. 126.) Erörtern Sie diese Einschätzung und belegen Sie Ihre Ausführungen am Romantext.

Aufgabe C:

Erörtern Sie anhand der folgenden Definition, ob und inwiefern Heinrich Manns Roman „Der Untertan“

als Entwicklungsroman bezeichnet werden kann. Belegen Sie Ihre Ausführungen am Romantext.

„Entwicklungsroman: grundlegender Typ, gerade des dt. Romans, welcher das Reifen der na- türlichen Gegebenheiten einer Person in ständiger Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt zur Darstellung bringt und zumeist das Persönlichkeitsideal einer bestimmten Epoche spiegelt.

Die Übergänge zu besonderen Spielarten des Erziehungsromans wie dem → Bildungsroman und dem Erziehungsroman, der eine pädagogische Theorie an einem Beispiel verdeutlicht, sind fließend.“

(Otto Bantel/Dieter Schaefer: Grundbegriffe der Literatur. Frankfurt a. M. 1984. Zitiert nach: Claudia Müller-Völkl/Michael Völkl: EinFach Deutsch Unterrichtsmodell. Heinrich Mann: Der Untertag. Braun- schweig u. a. 2012, S. 94.)

(23)

23

Anlage zu den Handreichungen: Erläuterungen zu den Aufgabenbeispielen

Zu den Aufgaben S. 16 – 19 ( Material für die Arbeit in der Fachgruppe) Aufgabe 1: „Emilia Galotti“ (S. 16)

Das Drama „Emilia Galotti“ wird im KCII für die Einführungsphase vorgeschlagen.

Der Aufgabenvorschlag ist voraussetzungsreich („Kenntnisse zur Epoche der Aufklärung“,

„Lessings Dramentheorie“), überdies wäre der Begriff der „Kampfschrift“ zu klären.

Die Aufgabe empfiehlt sich als Lernaufgabe im Rahmen des Unterrichts, nicht als Klausur.

Aufgabe 2: „Don Carlos“ (S. 16)

Es ist davon auszugehen, dass die Schülerinnen und Schüler bei dieser Aufgabenstellung in vielfacher Weise auf unterrichtliches Wissen (Figuren- und Konfliktgestaltung, Entstehungs- geschichte) zurückgreifen können. Insofern ist die Aufgabe gut geeignet. Für eine zweistün- dige Klausur wäre die Angabe zentraler Textstellen zu erwägen, insbesondere für gA.

Aufgabe 3: „Die Marquise von O…“ (S. 17)

Die Thematik ist herausfordernd und vielschichtig, sie erfordert gute Textkenntnis und eine differenzierte Betrachtung. Die Aufgabe ist vom Anspruch her für eA-Kurse geeignet.

Aufgabe 4: Der Untertan (S. 17)

Auch hier können die Schülerinnen und Schüler in vielfacher Weise auf unterrichtliches Wis- sen zurückgreifen, was für eine Klausuraufgabe sicher ein wichtiges Kriterium ist. Allerdings ist die Aufgabe auch sehr offen und die Textgrundlage so umfangreich, dass ein breites Spektrum von angemessenen Lösungen vorstellbar ist. Bei der Bewertung wäre dies zu be- rücksichtigen, ein weitgehend festgelegter EWH wie im Abitur würde der Offenheit der Auf- gabe nicht gerecht. Zu bedenken ist auch, dass in den meisten Schulen nur zweistündige Klausuren vorgesehen sind. Dies dürfte als Bearbeitungszeit kaum ausreichen.

Aufgabe 5: Im Westen nichts Neues (S. 17)

Die These ist griffig und kann die Schülerinnen und Schülerinnen sicherlich herausfordern, sich zu positionieren. Allerdings werden hier eigentlich Fragen des persönlichen Ge-

schmacks in den Mittelpunkt gestellt („konsumierbar und spannend“), was das Zitat eher für die Diskussion im Unterricht als für eine Leistungsüberprüfung empfiehlt. Vorstellbar ist die Aufgabe vor allem als Lernaufgabe.

Aufgabe 6: Berlin Alexanderplatz (S. 17)

Die These ist als Impuls für die unterrichtliche Arbeit sicherlich geeignet, aber zu wenig strit- tig für eine Klausuraufgabe. Empfehlenswert ist sie als Lernaufgabe im Rahmen des Unter- richts, wobei sie zugleich der Sicherung wichtiger Arbeitsergebnisse dienen würde.

Aufgabe 7: Gehen, ging, gegangen (S. 18)

Das Zitat ist in der Formulierung komplex und erfordert eine genaue Klärung und differen- zierte Betrachtung. Die Textgrundlage ist recht umfangreich.

Die Aufgabe ist das eA-Niveau geeignet, empfehlenswert ist die Angabe besonders zu be-

rücksichtigender Textbereiche.

(24)

24

„Erörterung literarischer Texte“ anhand eines pragmatischen Textes (Variante C) (S. 18)

Hier ist eine Kürzung des vorgelegten Textes (Z. 17-19f.) dringend zu empfehlen, da dort ne- ben der zentralen Interpretationshypothese, der politischen Deutung des Stückes, die „Un-

vereinbarkeit von leidenschaftlichen Affekten und vernünftigem Handeln“ als eigentliche Problematik benannt wird und sich daraus verschiedene andere Fragen ergeben (vgl. dazu

auch die Anmerkungen in den Handreichungen S. 15).

Zu den Aufgaben S. 21 – 22 (Weitere Beispielaufgaben zu verschiedenen Rah- menthemen)

Aufgaben 1 – 3: Woyzeck (S. 21)

Hier handelt es sich um Übungsaufgaben, eine wirklich strittige Frage liegt erst in der dritten Aufgabe vor.

Aufgaben A - C: Der Untertan (S. 22)

Aufgabe A: Es ist davon auszugehen, dass die Schülerinnen und Schüler bei dieser Aufga- benstellung in vielfacher Weise auf unterrichtliches Wissen zurückgreifen können. Insofern ist die Aufgabe gut geeignet.

Aufgabe B: Diese These wird sich den Schülerinnen und Schülern voraussichtlich nicht ohne Weiteres erschließen, insbesondere der Begriff des Achtundvierzigers wäre zu klären. Die Aufgabe empfiehlt sich vor allem als Lernaufgabe für die unterrichtliche Arbeit.

Aufgabe C: Diese Aufgabe ist sicherlich nur mit entsprechender unterrichtlicher Vorbereitung

überzeugend zu bearbeiten, im Abitur ist der Zugriff auf so spezifische Gattungs- bzw. Text-

sortenkenntnisse nicht zu erwarten. Dennoch lohnt es sich, die Aufgabe zu Übungszwecken

im Unterricht bearbeiten zu lassen.

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