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Galektine in Uterus und Plazenta des Rindes: Nebent.

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Academic year: 2022

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Galektine in Uterus und Plazenta des Rindes:

in vivo-Expression und -Lokalisation post partum vor und nach induzierter lokaler Infl ammationsreaktion mit begleitenden funktionellen in vitro-Studien

Cuvillier Verlag Göttingen

Internationaler wissenschaftlicher Fachverlag

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Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Aufl. - Göttingen : Cuvillier, 2014

Zugl.: Hannover (TiHo), Univ., Diss., 2014

© CUVILLIER VERLAG, Göttingen 2014 Nonnenstieg 8, 37075 Göttingen Telefon: 0551-54724-0

Telefax: 0551-54724-21 www.cuvillier.de

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Weg (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen.

1. Auflage, 2014

Gedruckt auf umweltfreundlichem, säurefreiem Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft.

ISBN 978-3-95404-725-3 eISBN 978-3-7369-4725-2

(3)

Galektine in Uterus und Plazenta des Rindes:

in vivo-Expression und -Lokalisation post partum vor und nach induzierter lokaler Inflammationsreaktion mit

begleitenden funktionellen in vitro-Studien

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von

Sarah Eva Laue (geb. Fuchs) Oberkirch

Hannover 2014

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Christiane Pfarrer Anatomisches Institut

Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachterin: Prof. Dr. Christiane Pfarrer Anatomisches Institut

Tierärztliche Hochschule Hannover

2. Gutachter: Prof. Dr. Burkhard Meinecke Institut für Reproduktionsbiologie Tierärztliche Hochschule Hannover

Tag der mündlichen Prüfung: 22.05.2014

Diese Arbeit wurde unterstützt von Pfizer, Inc.

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Für meine Eltern

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Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung ... 1 

2.) Literaturübersicht ... 4 

2.1 Anatomie und Klassifizierung der bovinen Plazenta ... 4 

2.2 Uterus und Plazenta des Rindes während der peri- und postpartalen Phase ... 7 

2.3 Postpartale Erkrankungen des bovinen Uterus ... 10 

2.4 Das Growth Hormone-Insulin-like Growth Factor-System ... 17 

2.4.1 Growth Hormone ... 17 

2.4.2 Das IGF-System ... 20 

2.5 Schilddrüsenhormone ... 24 

2.6 Galektine ... 27 

3.) Material und Methoden ... 39 

3.1 in vivo-Studien ... 39 

3.1.1 Entnahme der Gewebeproben ... 39 

3.1.2 Histologie ... 41 

3.1.2.1 Einbettung der Proben und Anfertigung von Schnitten ... 41 

3.1.2.2 Hämatoxylin-Eosin-Färbung ... 42 

3.1.2.3 Immunhistochemie ... 43 

3.1.3 mRNA-Analysen (in vivo) ... 47 

3.1.3.1 Isolation von RNA aus Gewebe ... 47 

3.1.3.2 Reverse Transkriptase PCR (RT-PCR) ... 48 

3.1.3.3 Quantitative Realtime PCR (RT-qPCR) ... 48 

3.2 in vitro-Studien ... 54 

3.2.1 Zellkultur ... 54 

3.2.1.1 Kultivierung von BCEC, F3 und plazentaren Fibroblasten ... 54 

3.2.1.2 Isolation und Kultivierung von Endothelzellen ... 55 

3.2.1.3 Charakterisierung der Endothelzellen ... 56 

(8)

3.2.1.4 Zählen der Zellen mittels Neubauer-Zählkammer ... 57 

3.2.2 mRNA-Analysen (in vitro) ... 58 

3.2.2.1 Isolation von RNA aus Zellen ... 58 

3.2.2.2 Reverse Transkriptase PCR (RT-PCR) ... 59 

3.2.2.3 Konventionelle PCR ... 59 

3.2.2.4 Agarosegelelektrophorese ... 60 

3.2.3 MTT-Assay ... 61 

3.2.4 Live Cell Imaging ... 62 

3.2.5 Proteinbiologie ... 63 

3.2.5.1 Proteinextraktion aus stimulierten Zellen ... 63 

3.2.5.2 SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) ... 64 

3.2.5.3 Western Blot ... 65 

3.2.5.4 Immunodetektion ... 65 

3.2.5.5 Redetektion mit β-Aktin ... 66 

3.2.5.6 Datenanalyse ... 66 

3.3 Statistische Auswertung ... 67 

4.) Ergebnisse ... 68 

4.1 Ergebnisse der in vivo-Studien ... 68 

4.1.1 Morphologie der untersuchten Gewebe ... 68 

4.1.2 Immunhistochemie ... 69 

4.1.2.1 Galektin-1 ... 69 

4.1.2.2 Galektin-3 ... 73 

4.1.2.3 Galektin-4 ... 76 

4.1.2.4 Galektin-9 ... 79 

4.1.3 Quantitative Realtime PCR (RT-qPCR) ... 83 

4.1.3.1 Galektin-1 ... 83 

4.1.3.2 Galektin-3 ... 84 

4.1.3.3 Galektin-4 ... 84 

4.1.3.4 Galektin-9 ... 85 

4.1.3.5 Galektin-13 ... 85 

(9)

4.2 Ergebnisse der in vitro-Studien ... 86 

4.2.1 Konventionelle PCR ... 86 

4.2.2 Einfluss von Galektin-1, -3 und -4 auf Proliferation und Motilität ... 88 

4.2.2.1 Zellproliferation nach Stimulation mit Galektin-1, -3 und -4 ... 88 

4.2.2.2 Zellmotilität nach Stimulation mit Galektin-1, -3 und -4 ... 91 

4.2.3 Einfluss von IGF-1, GH und T3 auf Proliferation und Motilität ... 94 

4.2.3.1 Zellproliferation nach Stimulation mit IGF-1, GH und T3 ... 95 

4.2.3.2 Zellmotilität nach Stimulation mit IGF-1, GH und T3 ... 98 

4.2.4 Aktivierung des MAP Kinase-Signalweges ... 101 

5.) Diskussion ... 106 

5.1 Expression und Lokalisation der Galektine in Plazenta und Uterus post partum und nach LPS-Applikation ... 106 

5.1.1 Galektin-1 ... 107 

5.1.2 Galektin-3 ... 111 

5.1.3 Galektin-4 ... 116 

5.1.4 Galektin-9 ... 119 

5.1.5 Galektin-13 ... 123 

5.2 Einfluss von Galektin-1, -3 und -4 auf Proliferation und Motilität plazentarer Zellen in vitro ... 126 

5.3 Einfluss von IGF-1, GH und T3 auf Proliferation und Motilität plazentarer Zellen in vitro ... 131 

5.3.1 Insulin-like growth factor-1 (IGF-1) ... 131 

5.3.2 Growth Hormone (GH) ... 135 

5.3.3 Trijodthyronin (T3) ... 137 

5.4 Schlussfolgerungen ... 140 

6.) Zusammenfassung ... 142 

7.) Summary ... 145 

8.) Literaturverzeichnis ... 148 

(10)

9.) Anhang ... 178 

9.1 Abkürzungen ... 178 

9.2 Verwendete Puffer und Lösungen ... 184 

9.2.1 Zellkultur ... 184 

9.2.2 Western Blot ... 185 

9.2.3 Gewebefixierung, Histologie und Immunhistochemie ... 188 

9.3 Reagenzien ... 190 

9.4 Verbrauchsmaterialien ... 195 

9.5 Geräte ... 196 

9.6 RT-qPCR-Daten ... 199 

9.6.1 Galektin-1 ... 199 

9.6.2 Galektin-3 ... 201 

9.6.3 Galektin-4 ... 202 

9.6.4 Galektin-9 ... 204 

9.6.5 Galektin-13 ... 205 

10.) Danksagung ... 207 

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1.) Einleitung

Postpartale Erkrankungen der Gebärmutter stellen heutzutage ein bedeutendes Problem bei Hochleistungsmilchrindern dar (Sheldon et al. 2009a). Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass 35-50% aller Milchkühe in den ersten drei bis sieben Wochen nach der Geburt eine Entzündung im Reproduktionstrakt entwickeln (LeBlanc 2012). Man geht davon aus, dass bis zu 20% aller Milchkühe von klinischer und bis zu 35% von subklinischer Endometritis betroffen sind (LeBlanc 2008, Sheldon et al. 2009a) sowie bis zu 40% aller Milchkühe postpartal an einer Metritis erkranken (Sheldon et al. 2009a). Entzündungsprozesse im Uterus verzögern die postpartalen Rückbildungsvorgänge in diesem Organ und führen häufig zu Sub- und Infertilität (Mateus et al. 2002, Sheldon et al. 2009a, b). Die reduzierte Fruchtbarkeit der Tiere schlägt sich u. a. in niedrigeren Konzeptionsraten und in einer höheren Anzahl an Tieren, die wegen Unfruchtbarkeit gemerzt werden nieder (LeBlanc et al.

2002, Gilbert et al. 2005). So konnte in einer Studie gezeigt werden, dass an klinischer Endometritis erkrankte Tiere ca. 73% häufiger wegen Unfruchtbarkeit gemerzt werden als gesunde Tiere (LeBlanc et al. 2002). Folglich ziehen postpartale Erkrankungen auch wirtschaftliche Konsequenzen für die Landwirte und Milchindustrie nach sich. Laut Sheldon et al. (2009a) belaufen sich die dadurch verursachten Kosten in der EU auf ca. 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.

Infolge der Erschlaffung und Weitung des Geburtskanals während der peripartalen Phase weisen post partum fast 100% aller Kühe eine bakterielle Kontamination der Gebärmutter auf (Elliot et al. 1968, Sheldon 2004). Die meisten Tiere sind in der Lage die Pathogene ohne Entwicklung einer Erkrankung innerhalb weniger Wochen zu eliminieren, bei 10-17% kommt es aber zur Persistenz der Erreger und Infektion (Sheldon 2004, Sheldon et al. 2006). Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen ist noch nicht endgültig geklärt. Man nimmt jedoch an, dass eine nicht angepasste Reaktion des lokalen Immunsystems post partum damit in Verbindung steht (LeBlanc 2012). In dieser Hinsicht scheint insbesondere die peripartale negative Energiebilanz (NEB) bei Hochleistungsmilchkühen, welche u. a. durch eine reduzierte systemische IGF-1-Konzentration gekennzeichnet ist, von Bedeutung zu sein (Wathes et al.

2007a, LeBlanc 2012). Kühe, die von der NEB betroffen sind, zeigen post partum

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stärkere Entzündungen im Endometrium, eine verzögerte Heilung und Involution des Uterus (Wathes et al. 2007a, 2009) sowie eine reduzierte Fruchtbarkeit (Wathes et al. 2009, 2011). Piechotta et al. (2012) haben nachgewiesen, dass Tiere mit einer erniedrigten IGF-1-Serumkonzentration zwischen dem 242. und 248. Tag p.i. eine signifikant höhere Inzidenz postpartaler Erkrankungen aufweisen.

Galektine sind eine Familie β-Galaktosid-bindender Lektine (Barondes et al. 1994a) zu deren wichtigsten biologischen Funktionen die Modulation der angeborenen und erworbenen Immunantwort gehört (Rabinovich und Toscano 2009). Sie werden im Verlauf und am Ende der Trächtigkeit in Uterus und Plazenta von Kühen auf mRNA- und Proteinebene exprimiert (Fröhlich 2011, Fröhlich et al. 2012) und spielen möglicherweise eine Rolle bei der Regulation des lokalen uterinen Immunsystems in der peripartalen Phase (Sheldon et al. 2009a, Fröhlich 2011). In vorangehenden Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die lokale Expression bestimmter Galektine in Uterus und Plazenta ante partum, am 275. Tag der Trächtigkeit, durch die systemische IGF-1-Konzentration beeinflusst wird (Fröhlich 2011).

Aufgrund dessen lässt sich die Hypothese aufstellen, dass Galektine möglicherweise auch während des postpartalen Immun- und Entzündungsgeschehens im bovinen Uterus eine Rolle spielen und so die Entstehung und den Verlauf der postpartalen (Endo-) Metritis beeinflussen könnten. Folglich war das erste Ziel dieser Arbeit, die Expression und Lokalisation von Galektin-1, -3, -4, -9 bzw. -13 in Plazentom, Karunkel und interkarunkulärem Endometrium von Kühen post partum auf mRNA- und Proteinebene nachzuweisen, diese mit der Situation ante partum zu vergleichen sowie den Einfluss der IGF-1-Serumkonzentration auf die lokale Galektinexpression post partum zu untersuchen. Dazu wurden trächtige Milchkühe abhängig von ihrer IGF-1-Serumkonzentration am 248. Tag p.i. in zwei experimentelle Gruppen unterteilt und entsprechende Gewebeproben nach der Kalbung sowie nach Induktion einer lokalen Entzündungsreaktion im Uterus durch Applikation von Lipopolysaccharid (LPS) entnommen. LPS-Moleküle sind Bestandteile der äußeren Membran der Zellwand gram-negativer Bakterien und lösen nach ihrer Freisetzung u. a. starke Entzündungsreaktionen im Gewebe aus (Kayser et al. 2005).

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Galektine sind außerdem an vielen biologischen Prozessen, wie Zell-Zell- bzw.

Zell-Matrix-Adhäsion, Proliferation, Migration, Differenzierung und Apoptose von Zellen, beteiligt (Perillo et al. 1998, Rabinovich 1999, Hsu und Liu 2004, Elola et al.

2007). Dadurch könnten sie wichtige Funktionen im Rahmen der bovinen Plazentation, wie das Remodeling von Gewebe, die Invasion des Trophoblasten oder die plazentare Angiogenese, vermitteln. Das zweite Ziel dieser Arbeit war deshalb die Charakterisierung der Effekte von Galektin-1, -3 und -4 auf die Proliferation und Motilität boviner plazentarer Zellen in vitro.

Weitere vielversprechende Kandidaten, die Entwicklung, Wachstum und Funktion der bovinen Plazenta regulieren könnten sind IGF-1, Growth Hormone und Schilddrüsenhormone. In anderen Spezies, wie Mensch oder Schaf konnte gezeigt werden, dass IGF-1, GH und T3 sich positiv auf das fetoplazentare Wachstum sowie die Aufrechterhaltung der plazentaren Funktion im Verlauf der Trächtigkeit auswirken (Forbes und Westwood 2008, Lacroix et al. 1999, 2002, Kilby et al. 2005). Im dritten Abschnitt dieser Arbeit wurden analog zur in vitro-Galektin Studie die Effekte von IGF-1, GH und T3 auf ein Zellkulturmodell der bovinen Plazenta in vitro untersucht.

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2.) Literaturübersicht

2.1 Anatomie und Klassifizierung der bovinen Plazenta

Eine Plazenta bildet sich durch das Aneinanderlagern oder Verwachsen des vaskularisierten Chorions mit der Gebärmutterschleimhaut zum Zweck des Gas- und Stoffaustausches zwischen fetalem und maternalem Kompartiment (Grosser 1909, 1927). Ferner spielt die Plazenta eine wichtige Rolle als Syntheseort für Protein- und Steroidhormone (Wooding und Beckers 1987, Wooding 1992, Reimers et al. 1985, Matamoros et al. 1994, Schlafer et al. 2000) sowie einiger Wachstumsfaktoren (Schlafer et al. 2000), z. B. VEGF (Pfarrer et al. 2006b) und FGF (Pfarrer et al.

2006a). Wie bei den meisten Säugetieren erfolgt beim Rind eine allantoide Plazentation, bei der das Chorion durch Gefäße der Allantois vaskularisiert wird (Strahl 1906, Grosser 1909, 1927).

Die Klassifizierung der Plazenta kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen.

Anhand der Verteilung der Zotten auf dem Chorion lässt sich die Wiederkäuerplazenta als Placenta multiplex sive cotyledonata beschreiben (Strahl 1906, Grosser 1909, 1927). Die Zotten sind hier nicht diffus über das Chorion verteilt, sondern in Form von einzelnen Zottenfeldern, den Kotyledonen, angeordnet (Strahl 1906). Die Kotyledonen greifen fingerförmig in Krypten der maternalen Uteruskarunkeln und bilden so ein Plazentom oder Semiplazentom, in dem es zu einer komplexen Interdigitation von maternalem und fetalem Gewebe kommt (Strahl 1906, Grosser 1909, 1927). Die maternalen Karunkeln stellen knopfartige Vorwölbungen der Uterusschleimhaut dar (Strahl 1906, Grosser 1909, 1927), die bereits im Fetalstadium angelegt werden und die Anordnung der Kotyledonen bestimmen (Strahl 1906). Die karunkulären Septen bestehen aus einem einfachen zylindrischen oder kubischen Epithel (Björkman 1954, Björkman und Bloom 1957) und drüsenlosem Stroma, in das zahlreiche Blutgefäße eingebettet sind (Strahl 1906, Grosser 1927). Die Zotten der fetalen Kotyledonen verzweigen sich in Sekundär- und Tertiärzotten und dringen tief in die vorgeformten Krypten ein, die sich zwischen den maternalen Septen ergeben (Björkman 1954, Björkman und Bloom 1957, Leiser und

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Kaufmann 1994). Aufgrund dieses Musters der fetomaternalen Interdigitation zählt man die bovine Plazenta zum villösen Typ (Leiser und Kaufmann 1994). Die zottenbesetzten Bereiche des Chorions bezeichnet man auch als Chorion frondosum und die dazwischenliegenden glatten Bereiche als Chorion laeve oder Paraplacenta (Björkman 1954, Leiser und Kaufmann 1994). Stoffaustausch findet in beiden Bereichen des Chorions statt (Leiser und Kaufmann 1994).

Jede fetale Zotte besteht aus Mesenchym, welches Allantoisgefäße enthält, und einem Epithelüberzug aus Trophektoderm, dem Trophoblasten (Björkman 1954, Björkman und Bloom 1957). Der Trophoblast stellt keine einheitliche Zellpopulation dar, sondern setzt sich aus zwei verschiedenen Zellpopulationen zusammen (Björkman 1954, Björkman und Bloom 1957, Björkman 1969). Die Mehrzahl der Zellen (ca. 80%), die sog. mononukleären Trophoblastzellen, sind typische, einkernige, polarisierte Epithelzellen (Wooding 1992, Wooding et al. 1997).

Mononukleäre Trophoblastzellen und Karunkelepithelzellen tragen apikale Mikrovilli, die in die fetomaternale Kontaktzone hineinragen, dort ineinander greifen und so zu einer enormen Oberflächenvergrößerung der Kontaktfläche zwischen Mutter und Fetus führen (Björkman und Bloom 1957). Etwa 15-20% des Trophoblasten werden durch sog. Trophoblastriesenzellen (trophoblast giant cell, TGC) repräsentiert (Wimsatt 1951, Wooding 1992, Wooding und Wathes 1980, Wooding et al. 1997).

Diese Zellen weisen nicht die typischen Eigenschaften von Epithelzellen auf (Wooding 1992, Klisch et al. 1999a) und besitzen meistens zwei, seltener einen, drei oder mehr Kerne (Wimsatt 1951, Klisch et al. 1999a). Sie entstehen aus mononukleären Trophoblastzellen durch azytokinetische Mitose (Wimsatt 1951, Wooding 1992, Klisch et al. 1999a) und sind in der Regel polyploid, was mit ihrer erhöhten Synthesekapazität in Verbindung gebracht wird (Klisch et al. 1999b). Reife TGC sind in der Lage den Epithelzellverband aktiv zu verlassen und in Richtung Uterusepithel zu wandern (Wooding und Wathes 1980), um dann dort mit einzelnen maternalen Epithelzellen zu fetomaternalen Hybridzellen zu fusionieren, die meistens dreikernig sind, seltener jedoch auch mehr als drei Kerne besitzen können (Wooding und Beckers 1987, Klisch et al. 1999a). Diesen Vorgang bezeichnet man auch als

"eingeschränkte Invasion des Trophoblasten" (Pfarrer et al. 2003), da die Migration

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der TGC nur bis zur Basalmembran des mütterlichen Epithels reicht, jedoch nicht weiter (Wooding und Wathes 1980, Pfarrer et al. 2003). Neben der Ausbildung fetomaternaler Synzytien, welche zu einer Oberflächenvergrößerung der Plazenta führen, ist die zweite wesentliche Funktion der TGC die Produktion bestimmter Substanzen sowie deren Transport ins maternale Kompartiment (Wooding 1992).

Dazu gehören u. a. das plazentare Laktogen (Wooding und Beckers 1987), Progesteron (Reimers et al. 1985, Ullmann und Reimers 1989), Prostaglandine (Reimers et al. 1985) und einige graviditätsassoziierte Glykoproteine (pregnancy- associated glycoproteins, PAGs) (Zoli et al. 1992, Green et al. 2000). In den TGC synthetisierte Substanzen befinden sich in sekretorischen Granula, die einen Großteil des Zytoplasmas einnehmen (Wooding 1992). Durch die Fusion von TGC mit Uterusepithelzellen werden die Granula an die fetomaternalen Hybridzellen weitergegeben und können hier ebenfalls nachgewiesen werden (Wooding und Beckers 1987, Wooding 1992, Zoli et al. 1992). Ihr Inhalt wird dann durch Exozytose an das subepitheliale maternale Bindegewebe abgegeben und so dem mütterlichen Organismus zur Verfügung gestellt (Wooding 1992). Schließlich degenerieren die fetomaternalen Hybridzellen und werden von uninukleären Trophoblastzellen phagozytiert (Björkman 1969, Wooding und Wathes 1980).

Die wohl bekannteste Möglichkeit der Klassifizierung der Plazenta erfolgt anhand Art und Anzahl der Schichten, die die maternalen und fetalen Blutkreisläufe voneinander trennen (Grosser 1909, 1927). Je nach Spezies kommt es zu einem unterschiedlich starken Abbau der mütterlichen Gewebsschichten (maternales Endothel, maternales Bindegewebe, Uterusepithel), wohingegen die fetalen Anteile (fetales Endothel, fetales Bindegewebe, Chorionepithel) stets vollständig erhalten sind. Grosser (1909) bezeichnete die Plazenta der Wiederkäuer allgemein als syndesmochorial, da es seiner Auffassung nach zu einem mehr oder weniger starken Abbau des Uterusepithels kam und das Chorionepithel folglich an das maternale Bindegewebe grenzte. Detailliertere Studien zeigten später jedoch, dass die bovine Plazenta, im Gegensatz zu den Plazenten vieler anderer Wiederkäuer, eine epitheliochoriale Plazenta ist, da das maternale Epithel erhalten bleibt (Grosser 1927, Björkman 1954, Björkman und Bloom 1957). Diese Auffassung wurde im Weiteren von

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verschiedenen Autoren bestätigt und die Plazenten aller Wiederkäuer dem epitheliochorialen Typus zugerechnet (Ludwig 1962, Steven 1975, Ramsey 1982).

Wooding prägte 1992 schließlich den heute noch gültigen Begriff

"synepitheliochorial" für die ruminante Plazenta, um dem Phänomen der eingeschränkten Invasion des Trophoblasten und der dadurch resultierenden Ausbildung von fetomaternalen Synzytien im Uterusepithel Rechnung zu tragen (Wooding 1992).

Aufgrund der geringen Invasivität der bovinen Plazenta kommt es unter der Geburt kaum zu Gewebsverlusten auf der mütterlichen Seite, weshalb das Rind zu den In- oder Adeciduata gezählt wird (Strahl 1906, Grosser 1909, 1927), bei denen die Trennung der Gewebe unter der Geburt entlang der fetomaternalen Interdigitationszone erfolgt und die Nachgeburt so fast nur aus fetalen Gewebsanteilen besteht (Leiser und Kaufmann 1994). Eine ähnliche Einteilung der Plazenten basiert auf dem Verhalten der maternalen Blutgefäße während und nach der Trächtigkeit: so kommt es beim Rind weder zur Eröffnung noch zur Zerstörung maternaler Blutgefäße, weswegen man die Plazenta der Wiederkäuer auch als Semiplacenta/Halbplazenta (Strahl 1906) oder Placenta apposita (Robinson 1904) bezeichnet.

2.2 Uterus und Plazenta des Rindes während der peri- und postpartalen Phase

Die peripartale Phase umfasst in etwa den Zeitraum zwischen drei Wochen vor und drei Wochen nach der Kalbung (Smith und Risco 2005) während man unter der postpartalen Phase die Zeitspanne zwischen Kalbung und Abschluss der Rückbildungsvorgänge am Uterus versteht (Paisley et al. 1986, Sheldon 2004). Die Dauer der postpartalen Phase lässt sich nicht exakt vorhersagen, da sie zahlreichen exogenen und endogenen Faktoren, wie Alter, Rasse, Ernährung oder peripartalen Erkrankungen, unterliegt. Störungen der Uterusinvolution oder der Wiederaufnahme

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der zyklischen Aktivität führen häufig zu einer Verlängerung der postpartalen Phase (Paisley et al. 1986).

Während der Gravidität erfolgt eine massive Größenzunahme des Uterus, insbesondere im Bereich des fruchttragenden Horns. Um eine erneute Trächtigkeit zu ermöglichen, sind Rückbildungsvorgänge an diesem Organ essentiell. Die Involution des Uterus umfasst im Wesentlichen drei Schritte: die Reduktion der Größe des Uterus, das Ausstoßen von Gewebeanteilen sowie die Regeneration der Gebärmutterschleimhaut, insbesondere in den vormals fruchttragenden Bereichen (Gier und Marion 1968). Die rektal erfassbare Involution ist nach etwa 40 Tagen abgeschlossen (Marion et al. 1968), die komplette histologische Involution dauert ca.

zehn Tage länger (Gier und Marion 1968). Die Rückbildung des Uterus ist ein sensibler Prozess der bestimmten Faktoren unterworfen ist, so beeinflussen z. B. die Anzahl vorangehender Trächtigkeiten, die Jahreszeit oder pathologische Prozesse wie Nachgeburtsverhaltung und postpartale Infektionen die Dauer der Involution maßgeblich (Marion et al. 1968).

Direkt post partum kommt es zu Kontraktionen des Myometriums und Vasokonstriktionen, die zu einer Größenreduktion des Uterus vornehmlich in den ersten Tagen nach der Geburt führen (Gier und Marion 1968, Leslie 1983). Im Endometrium entwickelt sich zunächst ein Ödem, was sich aber nach sechs bis acht Tagen wieder komplett zurückbildet (Gier und Marion 1968).

Das Größenwachstum der Plazentome hält bis in die letzten Monate der Trächtigkeit an (Björkman 1954). Kurz vor sowie kurz nach der Geburt finden strukturelle Veränderungen an Karunkeln und Chorionzotten statt. In den karunkulären Krypten kommt es stellenweise zu Abflachung, Atrophie oder Verlust des Epithels, wohingegen in anderen Bereichen innerhalb des Kryptenepithels Plasmodien mit bis zu 20 Kernen beobachtet werden können (Björkman 1954, Björkman und Sollen 1960). Woicke et al. (1986) beobachteten neben einer ausgeprägten Abflachung des Kryptenepithels ferner eine starke Abnahme der Anzahl an Kryptenepithelzellen ab dem 270. Trächtigkeitstag sowie eine Verbreiterung und Kollagenisierung der maternalen Bindegewebssepten. Die Anzahl der TGC nimmt in den letzten zwei

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Tagen vor der Geburt stark ab (Wooding 1983, 1992), was notwendig für die physiologische Ablösung der Nachgeburt zu sein scheint (Williams et al. 1987, Gross et al. 1991). Bei den meisten Kühen löst sich die Nachgeburt innerhalb der ersten sechs Stunden post partum spontan ab. Von einer Nachgeburtsverhaltung spricht man, wenn die Secundinae nach 24 Stunden oder mehr noch nicht abgegangen sind (Sheldon 2004).

Nach erfolgter Ablösung der Placenta fetalis ist das kubische Epithel der Karunkeln an vielen Stellen abgeflacht oder es fehlt ganz. Die Krypten sind kollabiert und meistens ohne Inhalt, jedoch können in manchen Krypten Reste fetalen Gewebes in Form von Zelldetritus oder seltener auch Teile intakter Zotten beobachtet werden.

Die Bildung von Zelldetritus ist ein Anzeichen dafür, dass es bereits vor Abgang der fetalen Membranen zur Degeneration der fetalen Zotten gekommen ist (Björkman und Sollen 1960). Es folgt die Nekrose und Mineralisierung dieser fetalen Überreste, welche schließlich durch Phagozytose oder Ausstoß mit den Lochien beseitigt werden, sodass sie nach zwei (Gier und Marion 1968) bis maximal elf Tagen nach der Geburt nicht mehr nachweisbar sind (Archbald et al. 1972). In den ersten Tagen nach der Kalbung kommt es zu einer Vasokonstriktion der karunkulären Blutgefäße und durch die daraus resultierende Ischämie werden die oberflächlichen Schichten der Karunkeln nekrotisch und schilfern ab (Gier und Marion 1968). Nach 15 Tagen sind die Karunkeln nahezu komplett abgeschilfert (Gier und Marion 1968, Archbald et al. 1972).

Im Anschluss an den Ausstoß von nicht mehr "benötigtem" Gewebe kommt es zur Regeneration der Karunkeln (Gier und Marion 1968). Es zeigt sich, dass die Karunkeloberfläche unter optimalen Bedingungen am 25. Tag post partum wieder komplett mit Epithel bedeckt ist (Gier und Marion 1968), wohingegen Archbald et al.

(1972) bereits nach 19 Tagen eine komplette Reepithelialisierung der Karunkeloberfläche beschrieben. Im interkarunkulären Endometrium setzt die Regeneration des Epithels ausgehend von weniger geschädigten Bereichen unmittelbar post partum ein (Gier und Marion 1968). Der Ersatz des Epithelgewebes erfolgt laut Gier und Marion (1968) durch das Auswachsen von Drüsenepithelien aus

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den umliegenden Uterindrüsen und die komplette Reepithelialisierung ist im interkarunkulären Bereich nach acht Tagen abgeschlossen. Archbald et al (1972) fanden im Gegensatz dazu, dass bereits am ersten Tag post partum degenerierte und regenerierte Epithelzellen nebeneinander vorkamen, sodass das interkarunkuläre Gebiet schon während der frühen Involution stets von Epithel bedeckt war. Die Reepithelialisierung geht laut den Autoren nicht von den Drüsenepithelien, sondern von basalen Gebieten des Endometriumsepithels aus und ist nach ca. 15 Tagen abgeschlossen (Archbald et al. 1972). Laut Sheldon (2004) haben sich oberflächliche Schichten des Endometriums nach 25 Tagen regeneriert, wohingegen tiefere Schichten erst nach sechs bis acht Wochen abgeheilt sind.

In den ersten Tagen post partum bis etwa zwei oder drei Wochen nach der Kalbung kommt es zum Ausstoß der sog. Lochien. Dabei handelt es sich physiologischerweise um eine gelbe bis bräunliche, geruchlose, zähfließende Flüssigkeit, die neben nekrotischen und abgeschilferten Gewebsanteilen aus Fruchtwasser und Blut besteht (Sheldon 2004).

2.3 Postpartale Erkrankungen des bovinen Uterus

Während der Geburt sowie in den ersten Tagen post partum ist der Geburtsweg erschlafft und geweitet (Gier und Marion 1968, Sheldon 2004, Sheldon und Dobson 2004). Dieser Umstand erleichtert es Bakterien aus der Umgebung des Tieres, dem Kot oder dem Tier selbst in den vormals sterilen Uterus einzudringen (Sheldon 2004, Sheldon und Dobson 2004) und das dort während der Involution herrschende Milieu begünstigt das Bakterienwachstum (Elliot et al. 1968, Bretzlaff 1987, Paisley et al.

1986). In den ersten zwei bis drei Wochen nach der Geburt ist die Gebärmutter von nahezu jeder Kuh mit Bakterien kontaminiert (Elliot et al. 1968, Sheldon 2004). So wiesen Elliot et al. (1968) in 93% der Uteri an Tag 3 bis 15 post partum verschiedene aerobe und anaerobe Bakterien nach, wobei es häufig während der zweiten Woche nach der Geburt zu einem Anstieg der betroffenen Tiere und der bakteriellen Belastung kommt (Sheldon 2004).

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Die Begriffe Kontamination und Infektion sind jedoch nicht miteinander gleichzusetzen. Im Gegensatz zur Kontamination kommt es bei einer Infektion zu

"Adhäsion, Besiedlung bzw. Penetration des Epithels und/oder Toxinfreisetzung durch die Bakterien" (Sheldon et al. 2006). Die meisten Kühe sind in der Lage die bakterielle Kontamination innerhalb von wenigen Wochen post partum spontan zu eliminieren (Bondurant 1999, Sheldon et al. 2006), was in erster Linie mit Hilfe des angeborenen Immunsystems erfolgt (Bretzlaff 1987, Bondurant 1999, Sheldon 2004, Sheldon und Dobson 2004, Singh et al. 2008). Bei 10-17% der Kühe kommt es jedoch zur Persistenz pathogener Keime und Infektion des Uterus (Sheldon et al.

2006). Ob es letztlich zu Elimination der Bakterien oder Persistenz und Infektion kommt hängt von verschiedenen Risikofaktoren ab (Lewis 1997, Sheldon 2004, Sheldon und Dobson 2004). So begünstigen Zwillingsträchtigkeiten, Schwer- und Totgeburten, Kaiserschnitte, Nachgeburtsverhaltung und Stoffwechselstörungen wie Milchfieber, Ketose oder linksseitige Labmagenverlagerung die Entwicklung postpartaler Infektionen (Markusfeld 1984, Sheldon 2004).

Von zentraler Bedeutung für die Entwicklung einer Infektion scheint aber das Gleichgewicht zwischen Pathogenität der Bakterien und dem Immunstatus des Wirtes zu sein (Sheldon 2004, Singh et al. 2008). Bei postpartalen Infektionen des Reproduktionstraktes handelt es sich meistens um Mischinfektionen (Le Blanc 2012).

Erreger, die häufig mit Gebärmutterinfektionen in Verbindung gebracht werden, sind Arcanobacterium (A.) pyogenes, Escherichia (E.) coli, Fusobacterium (F.) necrophorum, F. nucleatum und Prevotella spp. (Sheldon 2004, Sheldon und Dobson 2004, Sheldon et al. 2009a, Gilbert 2011). Trächtigkeit, Geburt und Laktation bringen physische und metabolische Veränderungen mit sich, die zu einer Schwächung des Immunsystems in der peripartalen Phase führen (Mallard et al. 1998, LeBlanc et al.

2011). Auch begleitende hormonelle Veränderungen scheinen die uterine Immunabwehr maßgeblich zu beeinflussen (Hussain 1989, Sheldon et al. 2009a).

Östrogen und Progesteron besitzen beide immunmodulatorische Wirkungen (Lewis 2003, Singh et al. 2008), wobei in erster Linie Progesteron den entscheidenden Faktor im Hinblick auf die Ausbildung einer Infektion darstellt (Lewis 2003, 2004).

Progesteron wirkt immunsuppressiv und begünstigt die Entstehung postpartaler

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Infektionen (Hussain 1989, Paisley et al. 1996, Lewis 1997, 2003, 2004, Singh et al.

2008). Die Wirkungen von Progesteron auf das Immunsystem sind komplex, es hemmt u. a. die Funktion von Immunzellen und unterdrückt die Synthese von Eicosanoiden, wie PGF und LTB4, welche eine stimulierende Wirkung auf das Immunsystem besitzen, effektiv zur Beendigung bakterieller Infektionen des Uterus beitragen können und in der Lage sind die immunsuppressive Wirkung von Progesteron abzuschwächen (Lewis 2003, 2004). Die Wirkung von Östrogen auf das Immunsystem ist hingegen noch nicht endgültig geklärt; positive Effekte im Zusammenhang mit dem Östrus werden jedoch diskutiert (Hussain 1989, Lewis 1997, Lewis 2003, Paisley et al. 1996, Singh et al. 2008, LeBlanc 2008).

Den neutrophilen Granulozyten kommt ebenfalls eine Bedeutung bei der Entstehung peripartaler Erkrankungen zu. Sie sind die wichtigsten zellulären Komponenten des angeborenen Immunsystems zur Beseitigung bakterieller Erreger aus dem Uterus.

Sie werden am frühesten alarmiert, wandern in das uterine Gewebe ein und eliminieren die eingedrungenen Bakterien durch Phagozytose und anschließenden Verdau der Mikroorganismen (Hussain 1989, Sheldon 2004). Peri- und postpartal kommt es jedoch häufig zu einer Beeinträchtigung der Funktion von neutrophilen Granulozyten (Cai et al. 1994, Lewis 1997, Sheldon 2004, Kim et al. 2005). So weisen Kühe mit postpartalen Erkrankungen des Uterus verglichen mit gesunden Tieren schon vor der Geburt eine geringere leukozytäre Phagozytoseleistung (Kim et al. 2005) und eine herabgesetzte Aktivität der neutrophilen Tötungsmechanismen auf (Cai et al. 1994, Hammon et al. 2006).

Von Bedeutung scheint dabei u. a. der peripartal veränderte Energiestoffwechsel zu sein (Zerbe et al. 2000, Hammon et al. 2006, Sheldon et al. 2009b, LeBlanc 2012).

Milchkühe, insbesondere Tiere mit einer hohen Milchleistung, gelangen in der peripartalen Phase häufig in eine negative Energiebilanz (NEB). Um eine ausreichende Energieversorgung zu gewährleisten werden v. a. Fett und Proteine mobilisiert, was zu einer Reduktion des body condition score (BCS) und zur Akkumulation von entsprechenden Metaboliten im Blut führt (Wathes et al. 2007a).

So weisen Tiere mit NEB neben niedrigen Blutglukosewerten erhöhte Konzentrationen von nicht-veresterten freien Fettsäuren (nonesterified fatty acids,

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NEFA), β-Hydroxybutyrat (BHB) und Harnstoff im Blut auf, wobei sich die Konzentrationen der einzelnen Komponenten und ihre zeitliche Entwicklung während der postpartalen Phase zwischen primi- und multiparen Tieren unterscheiden (Wathes et al. 2007b). Ein weiteres wichtiges Charakteristikum der NEB sind die geringeren systemischen IGF (insulin-like growth factor)-1-Konzentrationen bei betroffenen Tieren (Spicer et al. 1990, Wathes et al. 2007a).

Hammon et al. (2006) zeigten, dass Tiere mit postpartalen Entzündungen des Uterus in den letzten ein bis zwei Wochen vor der Geburt eine reduzierte Trockenmasseaufnahme und erhöhte NEFA-Konzentrationen im Blut aufwiesen, die mit einer herabgesetzten Aktivität der neutrophilen Myeloperoxidase einhergingen.

Andere Studien konnten ebenfalls zeigen, dass Tiere, die in der Woche vor der Kalbung kürzere Fresszeiten (Urton et al. 2005, Huzzey et al. 2007) und eine geringere Aufnahme von Trockenmasse (Huzzey et al. 2007) zeigten, häufiger an Metritiden erkrankten als Kühe mit normalem Fressverhalten. IGF-1 hat einen positiven Einfluss auf die Funktion von neutrophilen Granulozyten, indem es die Apoptose der Zellen hemmt und so deren Überlebensfähigkeit steigert (Kooijman et al. 2002, Vangroenweghe et al. 2005). Die postpartal erniedrigte Plasmakonzentration und Bioverfügbarkeit von IGF-1 im Rahmen der NEB haben folglich einen negativen Einfluss auf die Funktion und Lebensdauer der neutrophilen Granulozyten während dieser Phase (Vangroenweghe et al. 2005). Die infolge NEB ausgelöste peripartale Immunsuppression führt zu einer verminderten Clearance des postpartalen Uterus und begünstigt so die Entstehung von persistierenden Infektionen (Zerbe et al. 2000, Hammon et al. 2006, Wathes et al. 2009). So weisen Tiere mit einer schweren NEB über einen längeren Zeitraum stärkere Entzündungen im Endometrium auf (Wathes et al. 2007a) und zeigen eine verzögerte Heilung und Involution des Uterus nach der Geburt (Wathes et al. 2007a, 2009). Piechotta et al.

(2012) haben nachgewiesen, dass Kühe, die postpartale Erkrankungen entwickelten, bereits vor der Geburt niedrigere IGF-1- (242.-248. Tag p. i.) und höhere NEFA-Konzentrationen (249.-276. Tag p. i.) im Blut aufwiesen als gesunde Tiere.

Das legt die Vermutung nahe, dass dem IGF-System während der peri- und postpartalen Phase sowohl auf lokaler als auch auf systemischer Ebene eine

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wichtige Bedeutung als Vermittler der Effekte der NEB zukommt, insbesondere im Hinblick auf Reparatur des Endometriums und Entwicklung von Sub- und Infertilität (Wathes et al. 2011).

Die Terminologie der verschiedenen Erkrankungen des Uterus war lange Zeit recht uneinheitlich. Aus pathologischer Sicht handelt es sich bei der Endometritis um eine oberflächliche Entzündung, die nur auf das Endometrium beschränkt ist, wohingegen es bei der Metritis zu einer Entzündung sämtlicher Wandschichten des Uterus kommt, die klinisch oft von einer systemischen Reaktion begleitet ist (Bretzlaff 1987, Lewis 1997, Bondurant 1999).

LeBlanc et al. (2002) definierten die klinische Endometritis nicht anhand pathologischer oder klinischer Anzeichen, sondern im Hinblick auf ihren Einfluss auf die spätere Reproduktionsleistung der Tiere. Die klinische Endometritis ist demnach durch "das Auftreten eitrigen oder fauligen Ausflusses oder eines Zervixdurchmessers von mehr als 7,5cm nach 20 Tagen post partum bzw.

mukopurulenten Ausflusses nach 26 Tagen post partum" gekennzeichnet (LeBlanc et al. 2002).

Sheldon et al. formulierten 2006 auf der Basis mehrerer Studien schließlich eine neue, auf der Klinik der jeweiligen Erkrankung basierende Nomenklatur für wichtige postpartale Uteruserkrankungen der Kuh. Metritiden treten demnach innerhalb der ersten drei Wochen nach der Geburt auf (Sheldon et al. 2006, 2009a). An puerperaler Metritis (puerperal metritis) erkrankte Tiere besitzen einen abnormal vergrößerten Uterus und zeigen einen stinkenden, wässrigen, rotbraunen Ausfluss.

Außerdem sind die Tiere systemisch krank, was sich u. a. in verringerter Milchleistung und Mattheit sowie Fieber über 39,5°C zeigt (Sheldon et al. 2006). Die klinische Metritis (clinical metritis) ist ebenfalls durch eine abnormal vergrößerte Gebärmutter sowie das Vorhandensein eines eitrigen Ausflusses gekennzeichnet.

Jedoch zeigen die Tiere bei dieser Form der Metritis keine Anzeichen einer systemischen Erkrankung (Sheldon et al. 2006).

Die Endometritis tritt als klinische oder subklinische Verlaufsform ab dem 21. Tag post partum auf (Sheldon et al. 2006). Betroffene Tiere sind nicht systemisch erkrankt (Sheldon et al. 2006), zeichnen sich aber durch das Auftreten von

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Fruchtbarkeitsstörungen aus (Sheldon et al. 2009b). In Anlehnung an die Definition von LeBlanc et al. (2002) fanden Sheldon et al. (2006) bei der klinischen Endometritis (clinical endometritis) ab dem 21. Tag post partum einen eitrigen Ausfluss (>50% Eiter) bzw. ab dem 26. Tag post partum einen mukopurulenten Ausfluss (bestehend aus ca. 50% Eiter und 50% Mukus) in der Vagina. Bei der subklinischen Form handelt es sich um ein chronisches Entzündungsgeschehen ohne äußerlich sichtbare Krankheitsanzeichen. Es kommt jedoch zu einer massiven Infiltration mit neutrophilen Granulozyten (Földi et al. 2006), welche auch nach Elimination der Bakterien im Endometrium persistieren (Sheldon et a. 2009b). Die Diagnose der subklinischen Endometritis (subclinical endometritis) wird mithilfe von zytologischen Proben der Gebärmutter gestellt (Sheldon et al. 2006, Földi et al.

2006). Sie ist durch das Vorhandensein von mehr als 18% neutrophilen Granulozyten in der Gebärmutter im Zeitraum vom 21. bis 33. Tag post partum charakterisiert bzw. durch das Auftreten von mehr als 10% Neutrophilen zwischen Tag 34 und 47 post partum, vorausgesetzt es ist kein purulenter oder mukopurulenter Ausfluss zu erkennen (Sheldon et al 2006). Die subklinische Endometritis manifestiert sich in einer deutlichen Reduktion der Fruchtbarkeit der Tiere (Gilbert et al. 2005, Földi et al. 2006, Sheldon et al. 2009a).

Kühe mit einer Pyometra weisen eine Ansammlung von Eiter im Uteruslumen und einen aktiven Gelbkörper am Ovar auf. Die Zervix ist geschlossen, es handelt sich jedoch nicht um einen vollständigen, sondern nur einen funktionellen Verschluss, sodass gelegentlich Eiter in der Vagina beobachtet werden kann (Sheldon et al.

2006).

Die Prävalenzen für die unterschiedlichen Erkrankungen schwanken zwischen den einzelnen Studien. Gilbert et al. (2005) fanden für die Endometritis eine allgemeine Prävalenz von 53%; in verschiedenen Herden konnten sie jedoch wechselnde Prävalenzen von 37-74% nachweisen. LeBlanc et al. (2002) beobachteten eine Häufigkeit von 16,9% für die klinische Endometritis, sowie eine Varianz von 5-26% in unterschiedlichen Populationen. LeBlanc (2008) sowie Sheldon et al. (2009a) postulierten eine Häufigkeit von 15-20% für die klinische und 30-35% für die subklinische Endometritis. Sheldon et al. (2009a) gaben eine Prävalenz von bis zu

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40% für die Metritis an, wohingegen LeBlanc et al. (2011) eine Häufigkeit von 10-20% für die Metritis beobachteten.

Postpartale Infektionen des Uterus beeinträchtigen das Wohlbefinden der Tiere (Sheldon et al. 2009b), verlangsamen die Rückbildungsvorgänge am Uterus (Leslie 1983, Mateus et al. 2002) und stören die Fertilität der Tiere (Leslie 1983, Lewis 1997, Mateus et al. 2002, Sheldon und Dobson 2004, Sheldon et al. 2009a, b). Die größte wirtschaftliche Bedeutung kommt davon den Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit der Tiere zu. So kommt es infolge uteriner Infektionen, selbst nach Beendigung der klinischen Symptome, häufig zu Sub- bzw. Infertilität durch Schädigung des uterinen Gewebes, Störung der hormonellen Vorgänge im Bereich der Hypothalamus- Hypophysen-Achse sowie an den Ovarien (Sheldon und Dobson 2004, Sheldon et al.

2009a, b). Mateus et al. (2002) konnten nachweisen, dass Uterusinfektionen zu einer gestörten ovariellen Funktion führen, was sich in postpartalem Anöstrus, Eierstockszysten oder verlängerten Lutealphasen zeigt.

Die reduzierte Fruchtbarkeit der Tiere schlägt sich in niedrigeren Konzeptionsraten und in einer höheren Anzahl an Tieren, die wegen Unfruchtbarkeit gemerzt werden nieder. Des Weiteren kommt es zu verlängerten Güstzeiten, einem verlängerten Intervall zwischen Kalbung und erster Besamung, einer geringeren Anzahl an Tieren, die bei der ersten Besamung aufnehmen und häufigeren notwendigen Besamungen bis zum ersten Aufnehmen der Tiere (LeBlanc et al. 2002, Gilbert et al. 2005). In einer Studie konnte gezeigt werden, dass an klinischer Endometritis erkrankte Kühe ca. 27% länger brauchen um erneut trächtig zu werden, 10% mehr Besamungen benötigen um aufzunehmen und 73% häufiger wegen Unfruchtbarkeit gemerzt werden als gesunde Tiere (LeBlanc et al. 2002). Es kommt schließlich zu hohen finanziellen Belastungen der Landwirte und der Milchindustrie, welche insbesondere durch die erläuterten Folgen der Fertilitätsstörungen (Bartlett et al. 1986, Lewis 1997, Sheldon und Dobson 2004, Gilbert et al. 2005, LeBlanc 2008, Sheldon et al. 2009a), durch tierärztliche Behandlungskosten (Bartlett et al. 1986, Sheldon und Dobson 2004, LeBlanc 2008, Sheldon 2009a), dem Verwerfen von mit Rückständen belasteter Milch (Bartlett et al. 1986, Lewis 1997, LeBlanc 2008) und möglicherweise

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auch infolge einer reduzierten Milchleistung verursacht werden (Lewis 1997, Sheldon und Dobson 2004, Sheldon et al.2009a).

2.4 Das Growth Hormone-Insulin-like Growth Factor-System 2.4.1 Growth Hormone

Growth Hormone (GH) wird auch als Somatotropin oder Wachstumshormon bezeichnet und hauptsächlich im Hypophysenvorderlappen synthetisiert. Seine Freisetzung erfolgt nach einem alters- und geschlechtsabhängigen, pulsatilen Muster (Le Roith et al. 2001, Frago und Chowen 2005). Die Synthese und Abgabe von GH ins Blut werden in erster Linie durch das Growth Hormone-releasing Hormone (GHRH) und Somatostatin (SS) aus dem Hypothalamus reguliert. GHRH fördert die Herstellung und Abgabe von GH ins Blut, während sein Gegenspieler, das Somatostatin (SS), diese Vorgänge hemmt. Hohe GH-Konzentrationen im Blut reduzieren, wie auch hohe periphere IGF-1-Konzentrationen, über einen negativen Feedbackmechanismus die Synthese bzw. Freisetzung von GH aus der Hypophyse (Le Roith et al. 2001, Frago und Chowen 2005).

GH vermittelt seine Wirkung über den Growth Hormone Rezeptor (GHR). Es handelt sich bei diesem Rezeptor um einen einkettigen Klasse-I Zytokinrezeptor, der aus je einem kurzen extra- und intrazellulären Abschnitt sowie einem verbindenden transmembranären Teil besteht. Eine Sonderform des GHR stellt das GH Binding Protein (GHBP) dar. Im Gegensatz zum membranständigen GHR zirkuliert das GHBP frei im Blut. Es entsteht durch proteolytische Spaltung aus dem GHR oder durch alternatives Splicing (Le Roith et al. 2001, Frago und Chowen 2005). Die lösliche Form des Rezeptors bildet ein Reservoir für GH in der Zirkulation und verlängert seine Halbwertszeit u. a. indem es GH vor enzymatischem Abbau schützt und so seine Bioverfügbarkeit erhöht (Frago und Chowen 2005).

GH spielt eine wichtige Rolle für das postnatale Körperwachstum und den Stoffwechsel. Es kann über zwei verschiedene Wege wirken. Zum einen indirekt,

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indem es v. a. in der Leber die Synthese von IGF-1 induziert (Le Roith et al. 2001, Frago und Chowen 2005). Dazu steigert GH die Transkription des IGF-1-Gens (Le Roith et al. 2001), indem es an seinen Rezeptor bindet und spezifisch den Transkriptionsfaktor Stat5b (signal transducers and activators of transcription) aktiviert (Woelfle et al. 2003a, b, Chia et al. 2006). Ferner bewirkt das Hormon eine Erhöhung der systemischen Konzentration der säurelabilen Untereinheit (acid labile subunit, ALS) und des IGF-Bindungsproteins (IGFBP)-3 (Le Roith et al. 2001), was ebenfalls über Stat5b vermittelt zu werden scheint (Woelfle und Rotwein 2004).

Zum anderen kann GH aber auch direkt, d. h. unabhängig von IGF-1, auf endokrinem Weg seine Effekte über den GHR vermitteln (Le Roith et al. 2001, Frago und Chowen 2005).

Die "klassische" Somatomedinhypothese ging davon aus, dass die wachstumsfördernden Effekte von GH allein durch IGF-1 vermittelt wurden, welches nach Stimulation mit GH ausschließlich von der Leber synthetisiert wurde und auf endokrinem Weg zu den Zielgeweben gelangte (Salmon und Daughaday 1957, Le Roith et al. 2001). Sjögren et al (1999) und Yakar et al. (1999) wiesen jedoch nach, dass eine Deletion des hepatischen IGF-1-Gens in der Maus zwar zu einer drastischen Reduktion der Serumkonzentration von IGF-1, jedoch nicht zu einer Beeinträchtigung des postnatalen Wachstums führt. Sie schlussfolgerten daraus, dass das somatische Wachstum v. a. para- bzw. autokrin durch lokal produziertes IGF-1 vermittelt wird und stellten damit die "klassische" Somatomedinhypothese in Frage. Aufgrund zahlreicher neuer Erkenntnisse formulierten Le Roith et al. 2001 schließlich eine alternative Somatomedinhypothese, die einen GH-regulierten Einfluss von IGF-1 auf endokrinem und auf auto-/parakrinem Wege einschließt und direkte, IGF-unabhängige Effekte von GH berücksichtigt.

Es sind mehrere mRNA-Varianten beschrieben, die für den GHR kodieren (Lucy et al. 1998, Jiang und Lucy 2001). Die Variante 1A kommt fast nur in der Leber erwachsener Kühe vor, demgegenüber wird beispielsweise die Variante 1B auch in zahlreichen extrahepatischen Geweben exprimiert (Lucy et al. 1998). In der peripartalen Phase kommt es bei Milchkühen zu einer Herunterregulation und verminderten Expression des GHR in der Leber, was zu einer erniedrigten

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IGF-1-Konzentration im Serum führt (Kobayashi et al. 1999, Lucy et al. 2001, Fenwick et al. 2008). Die verminderte Expression der totalen GHR-mRNA in der Leber wird durch eine spezifische Reduktion der hepatischen GHR-1A-mRNA verursacht (Kobayashi et al. 1999). Laut Lucy et al (2001) führt die verminderte Expression des GHR zu einer Entkopplung der somatotropen Achse, sodass die Tiere während dieser Phase geringere systemische IGF-1- und aufgrund des fehlenden negativen Feedbackmechanismus erhöhte GH-Konzentrationen im Blut aufweisen. Da GH eine zentrale Rolle bei der Verteilung der Nährstoffe während der Laktation einnimmt, ist dieser Zustand für das Einsetzen der Laktation notwendig und begünstigt ferner das Erreichen von hohen Milchleistungen.

Der GHR wird v. a. in der Leber exprimiert (Rhoads et al. 2008), wurde aber auch in der Plazenta und im weiblichen Reproduktionstrakt von Wiederkäuern beschrieben (Kirby et al. 1996, Kölle et al. 1997, Lacroix et al. 1999, Pershing et al. 2002, Rhoads et al. 2008, Sosa et al. 2010). Pershing et al. (2002) konnten den GHR1A im bovinen Uterus nachweisen. Im Reproduktionstrakt der Kuh befindet sich die größte Menge des GHR-Transkripts im Gelbkörper (Kirby et al. 1996, Rhoads et al. 2008).

Neben der Hypophyse sind auch zahlreiche andere Gewebe zur Produktion von sog.

extrahypophysärem GH in der Lage. Dazu zählen beispielsweise die Plazenten von Schafen, Nagern und Primaten. Das systemisch verfügbare, endokrin wirksame GH entstammt nahezu ausschließlich der Hypophyse. Im Gegensatz zum GH aus der Hypophyse vermittelt das plazentare seine Effekte auto- bzw. parakrin sowie durch die lokale Induktion von IGF-1 in den betreffenden Geweben (Harvey und Hull 1997, Le Roith et al. 2001, Harvey 2010) und weist dadurch Charakteristika eines lokalen Wachstumsfaktors auf (Harvey 2010).

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2.4.2 Das IGF-System

Das IGF-System setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, zu denen die Liganden IGF-1 und IGF-2, die IGF-Bindungsproteine (IGFBP) 1-6 und die Rezeptoren IGF1R (Typ 1 IGFR), IGF2R (Typ 2 IGFR) und der Insulinrezeptor (IR) zählen (Jones und Clemmons 1995, Le Roith et al. 2001, Le Roith 2003, Cohen 2006, Annunziata et al. 2011). Es handelt sich um eine Wachstumsfaktorfamilie, die ubiquitär mannigfaltige Wirkungen in Bezug auf prä- und postnatales Wachstum, Entwicklung und Stoffwechselvorgänge besitzt (Jones und Clemmons 1995, Stewart und Rotwein 1996, Monzavi und Cohen 2002, Cohen 2006, Forbes und Westwood 2008, 2010, Annunziata et al. 2011). Des Weiteren wird das IGF-System mit bestimmten pathologischen Zuständen, wie Krebs (Monzavi und Cohen 2002, Le Roith 2003, Foulstone et al. 2005, Gallagher und Le Roith 2011), Diabetes (Monzavi und Cohen 2002, Le Roith 2003) oder prä- und postnatalen Wachstumsanomalien (Monzavi und Cohen 2002) in Verbindung gebracht.

Die Liganden des IGF-Systems, IGF-1 und IGF-2, sind einkettige, niedermolekulare Polypeptide, die eine hohe Homologie zueinander und eine strukturelle Ähnlichkeit zu Proinsulin aufweisen (Stewart und Rotwein 1996, Forbes und Westwood 2008, Bowman et al. 2010). Das systemisch verfügbare IGF-1 stammt zu 75% aus der Leber (Sjögren et al. 1999, Yakar et al. 1999) und ist im Blut zum Großteil in Form eines 150kDa ternären Komplexes gebunden, welcher sich aus IGF-1, meistens IGFBP-3 und ALS zusammensetzt (Jones und Clemmons 1995, Stewart und Rotwein 1996). Neben der Leber sind auch zahlreiche extrahepatische Gewebe, wie z. B. die Plazenta, zur IGF-1-Synthese befähigt. Anders als das IGF-1 aus der Leber, welches hauptsächlich endokrin wirkt, vermittelt das lokal produzierte IGF-1 seine Wirkungen auto- oder parakrin (D’Ercole et al. 1980, 1984, Le Roith et al. 2001). Im Gegensatz zur Leber, wo die Genexpression von IGF-1 vollständig der Regulation durch GH unterliegt (Mathews et al. 1986), gibt es bezüglich der Regulation der IGF-Synthese durch GH in den extrahepatischen Geweben widersprüchliche Aussagen (D’Ercole et al. 1984, Mathews et al. 1986, Lupu et al. 2001).

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IGF-2 wird ebenfalls von der Leber und zahlreichen extrahepatischen Geweben bzw.

Organen hergestellt. Seine Synthese erfolgt weitgehend unabhängig von GH. (O’Dell und Day 1998, Annunziata et al. 2011). Das IGF-2-Gen ist ein imprinted gene, bei dem nur das paternale Allel transkribiert wird und das mütterliche Allel inaktiv ist.

Ausnahmen stellen der Plexus choroideus und die weichen Hirnhäute dar, wo beide Allele exprimiert werden (DeChiara et al. 1991).

IGF-1 ist von großer Bedeutung für Wachstumsprozesse, sowohl in der pränatalen Phase als auch nach der Geburt (Powell-Braxton et al. 1993, Liu und Le Roith 1999, Lupu et al. 2001, Le Roith et al. 2001, Cohen 2006), wohingegen IGF-2 das Wachstum nur während der embryonalen und fetalen Phase beeinflusst (DeChiara et al. 1990, 1991). Homozygot IGF-1-defiziente Mäuse weisen eine teilweise hohe perinatale Sterblichkeit (42% bzw. 95%), ein um ca. 35-40% geringeres Geburtsgewicht als Wildtypmäuse (Powell-Braxton et al. 1993, Liu und Le Roith 1999) sowie ein stark reduziertes postnatales Wachstum auf (Liu und Le Roith 1999).

Das IGF-System ist auch von wesentlicher Bedeutung für das fetoplazentare Wachstum (Bauer et al. 1998, Fowden 2003, Gicquel und Le Bouc 2006, Roberts et al. 2008, Forbes und Westwood 2008, 2010, Bowman et al. 2010) sowie für die Aufrechterhaltung der plazentaren Funktion während der Gravidität (Forbes und Westwood 2008, 2010). Der Einfluss auf das fetale Wachstum ist nicht nur auf direkte Wirkungen von fetalem IGF-1 bzw. -2 zurückzuführen, sondern wird auch indirekt über die Stimulation des plazentaren Wachstums und der plazentaren Funktion durch maternale IGFs vermittelt (Forbes und Westwood 2008, Roberts et al.

2008). Die beiden Liganden beeinflussen beispielsweise den Nährstofftransport zwischen Mutter und Fetus maßgeblich (Bauer et al. 1998, Forbes und Westwood 2008, 2010). Während IGF-1 die Aufnahme von Glukose und Aminosäuren in die Plazenta sowie deren Transfer ins fetale Kompartiment stimuliert (Sferruzzi-Perri et al. 2007a, 2007b) und die Hochregulation eines plazentaren Aminosäuretransporters bewirkt (Sferruzzi-Perri et al. 2007b) ist IGF-2 in der Lage die plazentare Austauschfläche für den Nährstofftransport zu vergrößern (Sferruzzi-Perri et al.

2006).

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Die Wirkungen von IGF-1 und -2 werden hauptsächlich durch den IGF1R vermittelt (Czech et al. 1989, Cohen 2006, Forbes und Westwood 2008, 2010). Beide Liganden binden mit hoher Affinität an diesen Rezeptor (Czech 1989, Stewart und Rotwein 1996). Der IGF1R ist dem IR strukturell sehr ähnlich (Ullrich et al. 1986, Czech 1989). Es handelt sich um ein über Disulfidbrücken verknüpftes Hetero-Tetramer, das sich aus je zwei α- und zwei β-Untereinheiten zusammensetzt.

Die beiden α-Untereinheiten sind vollständig extrazellulär lokalisiert und beherbergen die IGF-Bindungsstellen, während die β-Untereinheiten transmembranär angeordnet sind. Im intrazellulären Abschnitt der β-Untereinheiten befindet sich die Tyrosinkinase (Czech 1989, Jones und Clemmons 1995, Stewart und Rotwein 1996). Der Rezeptor wird durch Binden eines Liganden aktiviert, was zur Autophosphorylierung von intrazellulären Tyrosinresten führt, welche nachfolgend intrazelluläre Signalkaskaden wie den PI3-Kinase-Akt- oder den MAP-Kinase-Signalweg aktivieren (Stewart und Rotwein 1996, Forbes und Westwood 2008).

Der IGF2R ist identisch mit dem kationen-unabhängigen Mannose-6-Phosphat- Rezeptor (M6PR) (Kornfeld 1992, Jones und Clemmons 1995, Stewart und Rotwein 1996). Es handelt sich um einen einkettigen Transmembranrezeptor (Kornfeld et al.

1992, Stewart und Rotwein 1989) ohne Tyrosinkinaseaktivität (Czech et al. 1989), der in erster Linie IGF-2 bindet (Czech 1989, Cohen 2006). Das IGF2R-Gen unterliegt dem paternalen Imprinting, d. h. es kommt nur zur Expression des mütterlichen Allels (Barlow et al. 1991, Lau et al. 1994). Die Hauptfunktion des Rezeptors besteht darin IGF-2 aus der Zirkulation zu entfernen und so dessen Interaktion mit dem IGF1R zu regulieren (Czech 1989, Kornfeld 1992, Annunziata et al. 2011). Nach Binden von IGF-2 an den IGF2R kommt es zur Internalisierung des Komplexes und zum lysosomalen Abbau des Liganden (Czech 1989, Kornfeld 1992, Foulstone et al. 2005).

Eine weitere Gruppe von Rezeptoren stellen die sog. IR/IGF1R-Hybridrezeptoren dar, die sich aus je einem Heterodimer (α, β) des IGF1R und IR zusammensetzen (Czech 1989, Jones und Clemmons 1995, Stewart und Rotwein 1996). Ihre physiologische Rolle ist bislang nicht geklärt (Annunziata et al. 2011). Außerdem sind

(33)

IGF-1 und -2 in der Lage mit hoher Affinität an den Insulinrezeptor zu binden (Foulstone et al. 2005).

Die IGFs sind in der Zirkulation an verschiedene Bindungsproteine gebunden. Die sechs IGFBPs binden IGF-1 und -2 mit höherer Affinität als die entsprechenden Rezeptoren und ihre Hauptaufgabe besteht darin, die biologischen Effekte der Liganden zu modulieren, indem sie die Interaktion der IGFs mit ihren Rezeptoren regulieren (Jones und Clemmons 1995, Stewart und Rotwein 1996, Le Roith et al.

2001, Monzavi und Cohen 2002, Cohen 2006, Forbes und Westwood 2008). Die IGFBPs verlängern die Halbwertszeit der IGFs in der Zirkulation, bilden ein Reservoir für IGF-1 und -2 im Blut sowie extravasal und sind für deren Transport aus der Zirkulation zu den peripheren Zielgeweben verantwortlich. Neben den erwähnten IGF-abhängigen Funktionen vermitteln die Bindungsproteine auch IGF-unabhängige Effekte (Stewart und Rotwein 1996, Monzavi und Cohen 2002, Cohen 2006, Forbes und Westwood 2008).

Die Nährstoffversorgung der Kuh übt einen wesentlichen Einfluss auf die Regulation des IGF-Systems aus. So führen Energie- und/oder Proteinmangelzustände zu einer niedrigen IGF-1-Konzentration im Serum (Thissen et al. 1994). Die peripartale negative Energiebilanz (NEB) von Milchkühen geht mit erniedrigten IGF-1-Blutwerten einher (Spicer et al. 1990, Wathes et al. 2007a). Wathes et al (2007b) konnten, wie auch schon Taylor et al. (2004) zeigen, dass Kühe, die zum ersten Mal kalben, im peripartalen Zeitraum (eine Woche vor bis sieben Wochen nach der Geburt) höhere systemische IGF-1 Konzentrationen aufweisen als multipare Tiere. Die Konzentration von zirkulierendem IGF-1 ist sowohl bei primi- als auch bei multiparen Kühen negativ mit BHB-, NEFA- bzw. Harnstoffwerten im Blut korreliert (Wathes et al. 2007b).

Neben nutritiven Einflüssen unterliegen die Komponenten des IGF-Systems außerdem der Regulation durch zahlreiche hormonelle Faktoren (Cohen 2006).

Steroidhormone (Östrogen, Progesteron) scheinen beispielsweise die lokale Expression des IGF-Systems im Reproduktionstrakt zu beeinflussen (Simmen et al.

1990, Meikle et al. 2001).

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Das IGF-System wird auch beim Rind in der Leber (Rhoads et al. 2008, Fenwick et al. 2008) und in extrahepatischen Geweben exprimiert. Seine Komponenten wurden in den weiblichen Reproduktionsorganen des Rindes auf mRNA-Ebene (Geisert et al.

1991, Schmidt et al. 1994, Kirby et al. 1996, Robinson et al. 2000, Meikle et al. 2001, Pershing et al. 2002, Pushpakumara et al. 2002, Rhoads et al. 2008, Llewellyn et al.

2008, Sosa et al. 2010) und in der bovinen Plazenta auf mRNA- und Proteinebene (Richterich 2008, Lütkehus 2012) nachgewiesen, was belegt, dass auch im bovinen Reproduktionstrakt eine lokale IGF-Synthese stattfindet. Im Verlauf des Zyklus und der Trächtigkeit verändert sich die Expression bestimmter Mitglieder des IGF-Systems, beispielsweise erreicht die IGF-1-Konzentration zum Zeitpunkt des Östrus im Endometrium (mRNA) (Robinson et al. 2000, Meikle et al. 2001, Sosa et al. 2010) oder in Uterusspülproben (Geisert et al. 1991) ihren Höhepunkt. Der Einfluss der Trächtigkeit auf die IGF-1-Expression ist widersprüchlich. Kirby et al.

(1996) beobachteten höhere IGF-1-mRNA-Konzentrationen in den Reproduktionsorganen während der frühen Gravidität, wohingegen Geisert et al.

(1996) und Robinson et al. (2000) keinen Effekt auf die mRNA-Expression im Endometrium nachweisen konnten.

2.5 Schilddrüsenhormone

Schilddrüsenhormone spielen eine wichtige Rolle in Wachstum, Differenzierung sowie Stoffwechsel und sind von besonderer Bedeutung für die fetale Hirnentwicklung. Die Schilddrüse bildet zwei verschiedene Hormone: T3 (3,3'5-Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin). Die Synthese und Freisetzung der Schilddrüsenhormone wird durch eine Hypothalamus-Hypophysen-Achse reguliert.

TRH (thyrotropin-releasing hormone) wird aus dem Hypothalamus freigesetzt und stimuliert die Bildung und Abgabe von TSH (thyroid stimulating hormone) aus dem Hypophysenvorderlappen, welches dann die Synthese und Sekretion von T3 und T4 aus der Schilddrüse fördert. Durch einen negativen Feedbackmechanismus hemmen T3 und T4 wiederum die TRH- bzw. TSH-Freisetzung. Für die Synthese der Schilddrüsenhormone wird Jodid durch den Natrium-Jodid-Symporter aktiv in die

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Epithelzellen der Thyroidea aufgenommen und durch die Jodidperoxidase oxidiert.

Das Reaktionsprodukt jodiert Tyrosylreste des Glykoproteins Thyreoglobulin was zur Bildung von Mono- bzw. Dijodtyrosin (MIT, DIT) führt. Durch die intramolekulare Kopplung von MIT bzw. DIT mit DIT entstehen T3 bzw. T4, die vorerst an das Thyreoglobulin-Molekül gebunden bleiben und im Follikellumen der Schilddrüse gespeichert werden. Für die Freisetzung von T3 bzw. T4 werden die Kopplungsprodukte endozytotisch in die Epithelzellen der Schilddrüse aufgenommen und das Thyreoglobulin in Phagolysosomen abgebaut, sodass die Schilddrüsenhormone in die Blutbahn abgegeben werden können (Yen 2001). Nur 0,03% des T4 und 0,3% des T3 liegen in der Zirkulation in freier Form vor (Yen 2001). Der Hauptteil des zirkulierenden T4 bzw. T3 ist stattdessen an bestimmte Trägerproteine, wie das Thyroxin-bindende Globulin, Transthyretin, Albumin und Thyroid-bindendes Präalbumin gebunden (Yen 2001, Pascual und Aranda 2013).

Die Schilddrüse synthetisiert hauptsächlich T4 und obwohl T3 die biologisch aktive Form darstellt wird es nur in geringem Maße von der Schilddrüse hergestellt. Der Hauptteil des T3 wird in den Zielgeweben durch 5'-Dejodierung aus T4 hergestellt (Yen 2001, Gereben et al. 2008). Es gibt drei verschiedene intrazelluläre Dejodinasen. Die Typ 1 und Typ 2 Dejodinasen (DIO1, DIO2) sind primär dafür zuständig in den Zielgeweben T4 in T3 umzuwandeln. Dazu erfolgt die Dejodierung am äußeren Ring des Moleküls. Die Typ 3 Dejodinase (DIO3) ist für den Abbau der Schilddrüsenhormone zuständig. Sie dejodiert T4 bzw. T3 am inneren Ring zum inaktiven rT3 (reverses T3, 3,3',5'-Trijodthyronin) bzw. T2. DIO1 ist zusätzlich in der Lage durch Dejodierung des inneren Rings T4 zu rT3 abzubauen (Gereben et al.

2008).

Der entsprechende Rezeptor wird als Thyroid Hormone Receptor (TR) bezeichnet.

Er ist intranukleär lokalisiert und gehört zur Gruppe der liganden-aktivierten Transkriptionsfaktoren. T4 bzw. T3 werden in die Zelle aufgenommen und T4 danach zu T3 dejodiert. T3 gelangt in den Zellkern und bindet dort an seinen Rezeptor was zur Bildung von Homo- oder Heterodimeren führt, insbesondere mit dem RXR (retinoic acid receptor, Retinsäure-X-Rezeptor). Der aktivierte Rezeptor bindet dann

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an bestimmte Abschnitte in der Promotor-Region der DNA, den sog. TREs (thyroid hormone responsive elements) und reguliert die Transkription von Zielgenen (Yen 2001, Cheng et al. 2010).

Für die Aufnahme und Abgabe der Hormone in die bzw. aus der Zelle sind bestimmte ATP-abhängige Transportersysteme in der Zellmembran verantwortlich.

Dazu zählen die Monocarboxylat Transporter (MCT8 und MCT10), die organischen Anionen Transporter (OATPs) und die L-type amino acid transporters (LAT) (Loubière et al. 2010, Pascual und Aranda 2013). Vom TR sind zwei Isoformen bekannt, die von unterschiedlichen Genen kodiert werden. Sie werden als TRα und TRβ bezeichnet und können beide T3 binden. Des Weiteren sind mehrere Rezeptorsubtypen beschrieben von denen insbesondere TRα-1, TRβ-1, -2 und -3 für die Hormonbindung von Bedeutung sind. Diese Varianten entstehen durch alternatives Splicing (Yen 2001, Cheng et al. 2010, Pacual und Aranda 2013). T3 und T4 können jedoch auch über sog. "nicht-genomische" Mechanismen bestimmte zelluläre Funktionen auslösen (Cheng et al. 2010, Pascual und Aranda 2013). Dazu binden sie an verschiedene Rezeptoren auf der Zellmembran, wie Integrin αvβ3, oder im Zytoplasma und aktivieren dadurch intrazelluläre Signalkaskaden wie den MAPK- oder PI3K-Akt-Weg (Bergh et al. 2005, Gnocchi et al. 2012).

Eine wichtige Aufgabe der Plazenta ist die Regulation des transplazentaren Transports von zirkulierenden maternalen Schilddrüsenhormonen ins fetale Kompartiment, insbesondere in dem Zeitraum bevor die fetale Schilddrüse zu arbeiten beginnt (Kilby et al. 2005, Patel et al. 2011). Schilddrüsenhormone sind vor allem für das fetale Wachstum von Bedeutung. Feten mit IUGR (intrauterine growth restriction) weisen beispielsweise signifikant niedrigere freie T4- und T3-Serumkonzentrationen auf als gesunde Feten (Kilby et al. 1998). Andererseits ist die Plazenta aber auch selbst ein Zielgewebe für Schilddrüsenhormone, welche u. a.

Proliferation, Differenzierung, Migration und Invasion von Trophoblastzellen vermitteln und so wiederum indirekt das fetale Wachstum vorantreiben (Maruo et al.

1991, Oki et al. 2004, Barber et al. 2005, Kilby et al. 2005).

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2.6 Galektine

Galektine sind Lektine, d. h. zuckerbindende Proteine, mit einer Spezifität für β-Galaktoside (Barondes et al. 1994a, Liu und Rabinovich 2005, Yang et al. 2008, Cummings und Liu 2009). Es handelt sich um eine phylogenetisch alte Proteinfamilie, deren Verbreitung im Tierreich von niederen Organismen wie Schwämmen und Nematoden über Invertebraten bis hin zu Säugetieren und Vögeln reicht (Hirabayashi und Kasai 1993, Barondes et al. 1994a, Yang et al. 2008, Cummings und Liu 2009). Das erste Galektin, welches heute als Galektin-1 (Gal-1) bekannt ist, wurde 1975 von Teichberg et al. im Zitteraal beschrieben und als Electrolectin bezeichnet. Bis heute konnten bei Säugetieren insgesamt 19 Galektine nachgewiesen werden (Than et al. 2012), deren Nomenklatur sich nach der Reihenfolge ihrer Entdeckung richtet (Barondes et al. 1994a). Die verschiedenen Galektine unterscheiden sich in ihrem Verteilungsmuster. Manche kommen nahezu ubiquitär vor, andere besitzen hingegen eine sehr spezifische Lokalisation (Cooper 2002, Yang et al. 2008). Ihre Expression ist nicht zu jedem Zeitpunkt gleich sondern wird während der Entwicklung (Poirier et al. 1992, Kaltner et al. 2002, Cooper 2002) und bei bestimmten pathophysiologischen Zuständen reguliert (Cooper 2002).

Früher wurden die Galektine als S-Typ- oder S-Lac-Lektine bezeichnet, da man annahm, dass sie erstens nur in Anwesenheit von freien SH-Gruppen in der Lage seien ihre zuckerbindende Aktivität auszuüben und weil es sich zweitens um wasserlösliche (s=soluble) Proteine handelt (Drickamer 1988, Hirabayashi und Kasai 1993, Kasai und Hirabayashi 1996, Cummings und Liu 2009). Es stellte sich jedoch heraus, dass ersteres nur für wenige Vertreter zutraf (Hirabayashi und Kasai 1993, Kasai und Hirabayashi 1996, Leffler et al. 2004). Barondes et al. führten 1994 schließlich den Begriff "Galektin" ein. Ein Galektin lässt sich anhand zweier Kriterien eindeutig charakterisieren: zum einen durch seine Affinität für β-Galaktoside und zum anderen durch eine signifikante Ähnlichkeit der Aminosäuresequenz in der Kohlenhydratbindungsstelle (Barondes et al. 1994a). Letztere wird auch als CRD (carbohydrate recognition domain) bezeichnet und ist für die Zuckerbindung verantwortlich. Es handelt sich um eine hochkonservierte Sequenz aus ca. 130

(38)

Aminosäuren, die jedes Galektin mindestens einmal besitzt und die zwischen unterschiedlichen Galektinen eine Homologie von 20-50% aufweist (Yang et al.

2008). Die entsprechenden Gene werden als Lgals (lectin, galactoside-binding, soluble) und der zugehörigen Nummer bezeichnet (Barondes et al. 1994a).

Sog. Galektin-ähnliche Proteine (galectin-like/related proteins) zeichnen sich durch eine ähnliche Aminosäuresequenz in der CRD aus, besitzen aber keine Affinität zu β-Galaktosiden (Cooper 2002, Leffler et al. 2004, Cummings und Liu 2009).

Aufgrund ihrer Struktur unterscheidet man innerhalb der Galektin-Familie nach Hirabayashi und Kasai (1993) drei verschiedene Typen. Galektine vom Prototyp besitzen eine CRD und kommen meistens als nicht-kovalent gebundene Homodimere mit zwei identischen CRDs (Rabinovich 1999, Cooper 2002) oder seltener, wie im Fall von Galektin-5, als Monomere vor (Cooper 2002). Zu dieser Gruppe zählen die Galektine 1, 2, 5, 7, 10, 11, 13-17, 19 und 20 (Yang et al. 2008, Than et al. 2012). Die zweite Gruppe stellen die sog. Chimera-Typ Galektine dar.

Diese Gruppe besteht bei Vertebraten nur aus einem einzigen Vertreter, dem Galektin-3 (Cooper 2002, Cummings und Liu 2009). Es ist aus einer C-terminalen Domäne, welche die CRD beherbergt und einer N-terminalen Domäne aufgebaut (Rabinovich 1999, Yang et al. 2008, Cummings und Liu 2009). Die N-terminale Domäne ist ca. 120 Aminosäuren lang (Yang et al. 2008) und besteht hauptsächlich aus den Aminosäuren Prolin, Glycin und Tyrosin (Rabinovich 1999, Yang et al. 2008, Cummings und Liu 2009). Sie besitzt keine Lektinaktivität sondern ist für die Oligomerisierung verantwortlich (Hsu et al. 1992, Barondes et al. 1994b, Dumic et al.

2006) und stellt ein Substrat für Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) dar (Ochieng et al. 1994, Ochieng et al. 1998a). Galektin-3 kommt in Lösung als Monomer vor, oligomerisiert aber nach Bindung multivalenter Liganden auf der Zelloberfläche (Hsu et al. 1992, Massa et al. 1993, Liu und Rabinovich 2005) und liegt dann als Pentamer vor (Ahmad et al. 2004, Dumic et al. 2006, Yang et al. 2008). Tandem repeat-Typ Galektine, die dritte Gruppe, sind Heterodimere und setzen sich aus zwei verschiedenen CRDs zusammen, die über eine unterschiedlich lange Linker-Sequenz miteinander verbunden sind (Rabinovich 1999). Wahrscheinlich entstanden sie zu einem frühen Zeitpunkt in der Entwicklung aus einer Duplikation

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