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Wahrnehmung Themenheft

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Academic year: 2022

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(1)Geographica Helvetica 1992. -. Haruko Kishimoto. Nr. 4. Einleitung in das Themenheft «Beiträge zur Wahrnehmung der Umwelt». Das Thema dieses Heftes «Umweltwahrnehmung» (envi¬. ronmental perception) ist nicht ein klar zu umreißender Forschungsbereich mit eigenen theoretischen und me¬ thodologischen Grundlagen, sondern ehereine Bezeich¬ nung für ein breites Interessenspektrum der Forscher aus verschiedenen Disziplinen - u. a. Geographie, Psycholo¬ gie, Kulturanthropologie, Architektur, die sich mit dem Subjektiven des Menschen in seiner Beziehung zur Um¬ welt in weitestem Sinne befassen. In der Geographie zeigte sich das Interesse in dieser Richtung bereits in den 40er Jahren oder noch früher in vereinzelten Schriften aus dem hauptsächlich englischsprachigen Raum, auch wenn sie lange von der Mehrheit der Geographen wenig beachtet geblieben sind. In der «Wahrnehmungsgeogra¬ phie» - wie man diese Beschäftigung von Geographen mit der inneren Welt des Menschen pauschal zu nennen pflegt - finden sich verschiedene Ansätze, die aus unter¬ schiedlichen Wurzeln innerhalb und außerhalb der Geo¬ graphie stammen. Die Quantitative und Theoretische Revolution in der Geographie, die in den 50er Jahren mit dem raumwissen¬ schaftlichen Ansatz - geography as späcial science vorerst im angelsächsischen Raum Einzug gehalten und sich dort bereits bis Anfang der 60er Jahre vollzogen hatte, übte einen tiefgreifenden Einfluß aufdie weitere Entwicklung der Geographie aus. Bald aber machten sich gewisse Enttäuschungen bemerkbar besonders un¬ ter Humangeographen, die sich anfänglich mit Begeiste¬ rung der Neuen Geographie zugewandt hatten, denn raumwissenschaftliche Modelle erwiesen sich meistens als unzulänglich, tatsächliche Verhältnisse im Raum zu beschreiben und zu erklären. Die Verhaltensgeographie, die daraus entstand, ist danach bestrebt, u. a. Alternati¬ ven zum streng rationalen Modell des homo oeconomicus der normativen Standorttheorien zu finden, die Umwelt nicht als rein physisch-objektive Realität, sondern als «milieux» zu erfassen, in denen die Menschen Entschei¬ dungen treffen und handeln, andere Datenquellen als of¬ fizielle Massenerhebungen zu erschließen (damit ergibt sich eine Verschiebung des Forschungsschwergewichts von der Gesamtbevölkerung auf kleine Gruppen und In¬ dividuen) und, um solchen Daten gerecht zu werden, neue analytische Methoden zu entwickeln. Während die Verhaltensgeographie noch eine Modifika¬ tion innerhalb des im Grunde positivistisch orientierten raumwissenschaftlichen Ansatzes darstellte, dessen Ziel¬ setzung in der Erklärung und der Prognostizierung be¬ steht, erfolgten «wahrnehmungsgeographische» Ausein¬. andersetzungen auch in einem anderen, kultur- und hi¬ storischgeographischen Rahmen. Kultur- und histori¬ sche Geographen waren im großen und ganzen in der Quantitativen Revolution weder direkt involviert noch besonders interessiert. Ihre philosophische Orientierung war humanistisch - daher Humanistische Geographie. Bereits in den 40er Jahren bezeichnete J. K. Wright der American Geographical Society, einer der frühesten Ver¬ treter der Humanistischen Geographie, die innere Welt des Menschen als Terrae Incognitae, also Neuland für die geographische Forschung. Beschäftigung mit dem Sub¬ jektiven des Menschen liegt humanistisch orientierten Geographen nahe, aber im Gegensatz zur Verhaltensgeo¬ graphie sind Erklärung und Prognostizierung nicht ihr unmittelbares Ziel. Humanistische Geographie ist ei¬ gentlich nicht ein kohärentes Theoriengebäude, sie ist eher durch ihre kritische Haltung gegenüber positivi¬ stisch orientierter Geographie zusammengehalten. Die tatsächliche Situation, in der sich die Umweltwahrneh¬ mung als Forschungsthema entwickelt hat, ist noch viel komplexer als oben skizziert, weil dabei u. a. noch Ent¬ wicklungen in anderen Disziplinen wie kognitive Psy¬ chologie, Linguistik und Landschaftsarchitektur mit¬ spielten. Die im vorliegenden Heft zusammengestellten fünf Bei¬ träge sollen dem Leser verschiedene Ansätze und Aspekte in der gegenwärtigen Forschung zum Thema «Umweltwahrnehmung» in der Schweiz aufzeigen. Die ersten drei Beiträge (pwalther. m. hunziker. u fuhrer et al.), wobei der letzte aus dem Kreis der Psychologen stammt, sind empirische Arbeiten, die sich konzeptio¬ nell, methodisch und räumlich ziemlich stark voneinan¬ der unterscheiden. Sie zeigen uns jedoch, daß die For¬ schung der Umweltwahrnehmung keineswegs eine rein akademische Übung, sondern eine höchst relevante An¬ gelegenheit z.B. für den Tourismus und die Raumpla¬ nung ist. Der Beitrag von ch. hussy - Bericht eines Kollo¬. quiums zur Landschaftslesbarkeit - ist ein «Sampler» aus der französischen Schweiz, wo die humanistische Orien¬ tierung der Geographie viel ausgeprägter ist als in der deutschen Schweiz, wo die Geographie vielerorts in dich¬ ter Nähe der Naturwissenschaften angesiedelt ist. Der Beitrag von a.leeman weist daraufhin, daß das Ver¬ ständnis des kultureigenen Wertsystems die allererste Voraussetzung für die Forschung der Umweltwahrneh¬ mung in einem fremden Kulturbereich ist.. Haruko Kishimoto 127.

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