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Archiv "Funktionelle Verdauungsstörungen" (12.02.1981)

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Funktionelle

Verdauungsstörungen

Ernst Hafter

Bei etwa der Hälfte der Patienten, die den Gastroenterologen wegen Verdauungsstörungen aufsuchen, kann dieser keinen pathologischen Befund erheben. Wegen der heute zur Verfügung stehenden diagnosti- schen Möglichkeiten geht dabei nur ein kleiner Teil auf das Konto nicht erkannter organischer Erkrankun- gen. Wir pflegen die Beschwerden ohne objektiven Befund als "funk- tionelle Störungen" zu bezeichnen- eine etwas spekulative Annahme, denn es gelingt nur selten, eine funktionelle Störung objektiv zu er- fassen. ln der Regel sind wir auf die vom Patienten gemachten Aussagen angewiesen.

Die Symptome funktioneller Be- schwerden unterscheiden sich im einzelnen kaum von denjenigen or- ganischer Erkrankungen. Wie diese bestehen sie aus Schmerzen, Druck- und Völlegefühl, Brennen, Unbeha- gen, Übelkeit, Aufstoßen, Erbre- chen, Obstipation, Diarrhöe, Meteo- rismus und Flatulenz.

Das Gespräch mit dem Patienten Da die Röntgen- und die endoskopi- schen Befunde negativ sind, ist es vor allem die sorgfältige Anamnese, die eine Diagnose ermöglicht. Denk- bar ungeeignet ist ein vorgedruckter Fragebogen, der vom Patienten aus- gefüllt werden soll. Er eignet sich nur für den Computer oder für eine fragwürdige statistische Erfassung, dem Einzelfall wird er nicht gerecht.

Durch das Gespräch erhält man

wertvolle Angaben über die vom Pa- tienten vermuteten- nicht immer zu- treffenden -Ursachen und Befürch- tungen. Man sollte es sich zur Ge- wohnheit machen, die spontanen Ausführungen des Patienten gedul- dig anzuhören und erst anschlie- ßend die Führung des Gespräches durch exakt gestellte Fragen zu übernehmen.

Somatischer und viszeraler Schmerz

Wie lassen sich aufgrund der Ana- mnese funktionelle Beschwerden von den Beschwerden unterschei- den, die von organischen Erkran- kungen herrühren? Hier sind in er- ster Linie einmal die beiden Schmerzqualitäten, der viszerale und der somatische Schmerz gegen- einander abzugrenzen. Der somati- sche Schmerz ist scharf umschrie- ben und meist kontinuierlich. Er wird durch jede Bewegung und je- den Lagewechsel intensiviert, so daß der Patient in Schonhaltung liegt und jede Erschütterung vermei- det. Fast immer hat dieser Schmerz eine organische Ursache, einen lo- kalen entzündlichen Prozeß, ein pe- netrierendes Ulkus, ein infiltrieren- des Karzinom oder die Perforation eines Hohlorgans. Im Gegensatz da- zu steht der viszerale Schmerz. Er entsteht durch Spasmus oder Deh- nung der Wand eines abdominalen Hohlorgans, ist nicht scharf lokali- siert, sondern diffus im Mittelbauch und meist krampfartig, nicht konti- nuierlich, sondern intermittierend.

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Bei vielen funktionellen Be- schwerden ist ein enger Zu- sammenhang mit dem "psy- chovegetativen Syndrom" ge- geben, daneben spielen Nah- rungsintoleranzen, insbeson- dere ein Laktasemangel bezie- hungsweise eine Milchaller- gie, eine erhebliche Rolle. Zu wenig berücksichtigt werden oft Klagen des Patienten über Meteorismus und Flatulenz.

Der Patient windet sich und sucht durch Lagewechsel nach einer Stel- lung, die den Schmerz lindert.

Aus dem Ablauf und den Ausstrah- lungen des viszeralen Schmerzes kann auf seinen Ursprungsort- Ma- gen, Dünndarm, Kolon oder Gallen- wege- geschlossen werden. Viszerale Schmerzen entstehen in der Regel durch eine Abflußbehin- derung, die sowohl organischer als auch funktioneller Natur sein kann.

Kurz zusammengefaßt:

.,.. der somatische Schmerz ist meist organisch

.,.. der viszerale kann eine organi- sche Ursache haben oder funktio- nell sein.

Zeitlicher Ablauf der Beschwerden Wichtige Hinweise auf eine organi- sche Erkrankung gibt der oft krank- heitsspezifische zeitliche Ablauf der Beschwerden.

Der Tagesrhythmus (Stundenplan) und der Jahresablauf (Kalender) der Beschwerden bei gastroduodena- lem Ulkus, die episodisch auftreten- de Kolik der Gallenwege, der wehen- förmig auftretende Schmerz bei Dünndarmerkrankungen und der defäkationsabhängige Schmerz im Verlauf des Kolons bei Kolonerkran- kungen erlauben die Selektion für weitere Untersuchungen.

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DEUI'SCHES ARZTEBLATT Heft 7 vom 12. Februar 1981 293

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Verdauungsstörungen

Psychovegetatives Syndrom Die Symptome funktioneller Störun- gen sind meist weniger charakteri- stisch, wechseln ihren Charakter und ihre Intensität und treten häufig mit Störungen in anderen Organsy- stemen auf, zum Beispiel mit Kreis- laufstörungen, Dermographismus, Flush, feuchter Haut, Tremor der Li- der, der Zunge und der gespreizten Finger, mit Schlaflosigkeit, Kopf- schmerzen und psychischer Depres- sion.

Es sind dies Symptome, wie sie der

„vegetativen Dystonie" — heute bes- ser als „psychovegetatives Syn- drom" bezeichnet — eigen sind, ei- ner Konstitution, die zu Regulations- störungen im vegetativen System neigt und so zu funktionellen Stö- rungen disponiert.

Oft wird zu Unrecht „funktionell"

mit „psychogen" gleichgesetzt.

Wenn man sich überlegt, welch komplizierte Funktionen der Orga- nismus zu erfüllen hat, so verwun- dert es nicht, daß gelegentlich Stö- rungen dieser Funktionen auftreten können.

Daß nicht jeder dieser Fälle psycho- gen ist, erkennt man bei Obstipation oder Neigung zu Diarrhöe, ausge- sprochen funktionellen Störungen, häufig ohne psychische Komponen- te. Funktionelle Störungen häufen sich jedoch beim psychovegetativen Syndrom, dessen Träger in der Re- gel differenzierter und labiler sind als robustere Individuen. So liegt es nahe, daß bei ihnen psychische Fak- toren funktionelle Störungen auslö- sen können.

Funktionelle Störungen sind somit nicht in jedem Fall psychogen, wer- den jedoch häufig durch die Psyche beeinflußt.

In der Folge sei noch auf einige funktionelle Störungen eingegan- gen, die in der Regel nicht psycho- gen sind und die in der Praxis oft zu wenig beachtet und häufig verkannt werden: die Nahrungsintoleranzen, Aerophagie, Meteorismus und Flatu-

lenz.

Nahrungsmittelintoleranz

Nahrungsintoleranzen sind häufig, und zwar gleich häufig bei Patienten mit und solchen ohne organische Erkrankungen. Da sie nicht krank- heitsspezifisch, sondern individuell sind, spielen sie für die Diagnose selten eine wichtige Rolle, wohl je- doch für die Therapie, für die diäteti- sche Beratung, die jeder Patient mit Magen-Darm-Beschwerden von sei- nem Arzt fordert. Man mache es sich deshalb zur Gewohnheit, bei jeder Anamnese eingehend nach vom Pa- tienten selbst beobachteten Intole- ranzen zu fragen und diese an be- stimmter Stelle im Krankenblatt zu regisitrieren.

Wohl am häufigsten ist die Unver- träglichkeit von Fett. Es verzögert die Magenentleerung und verur- sacht oft postprandiales Völlegefühl und Unbehagen.

Besonders häufig ist dies der Fall nach Genuß erhitzter Fette. Dabei ist auffallend, daß Personen, bei denen Fettgebackenes, wenn sie es in der Betriebskantine oder in gewissen Restaurants essen, Störungen verur- sacht, das gleiche Fettgebackene, wenn sie es zu Hause oder in einem Erstklasserestaurant essen, glän- zend vertragen. Entscheidend für die Verträglichkeit ist die Dauer des Fetterhitzens. Wenn Fette und Öle während Stunden auf 2000 erhitzt werden, wie dies häufig in den „Frit- türen" gewisser Gaststätten ge- schieht, wenn statt eines Ölwechsels Öl einfach nachgeschüttet wird, so bilden sich durch Oxydation unge- sättigte Fettsäuren Peroxide, Hydro- peroxide und Epoxide. Diese zerfal- len in Karbonylverbindungen, Hy- droxysäuren, Aldehyde und Ketone.

Nach 25stündigem Erhitzen kommt es zu inter- und intramolekularen Verknüpfungen von Fettsäuren, zur Bildung von Polymeren, großen Mo- lekülen, die die Viskosität erhöhen und Krustenbildung verursachen.

Sie sind zum Teil toxisch und haben eine lokale Reizwirkung, die je nach Empfindlichkeit Beschwerden verur- sachen kann. Das nur einmal erhitz- te Fett zu Hause wird vertragen.

Eine sorgfältige Anamnese fördert bei einer Großzahl von Patienten weitere Nahrungsmittelintoleranzen zutage; nicht vertragen werden etwa Kaffee, saure Getränke, Alkohol, fa- serreiche Gemüse, rohes Obst, fri- sches Gebäck, Röstprodukte, eisge- kühlte Getränke oder große Nah- rungsmengen. Diese Intoleranzen können die verschiedensten Ursa- chen haben, die nicht immer erfaßt werden können, jedoch für die The- rapie große Bedeutung haben.

Häufig wird Milchintoleranz angege- ben, bei der zwei verschiedene For- men zu unterscheiden sind: Lakta- semangel und Milchallergie. Ein Laktasemangel findet sich bei unge- fähr 5 Prozent unserer Bevölkerung;

bei Afrikanern und Chinesen ist er wesentlich häufiger. Die Laktase in den Epithelzellen des Dünndarmes spaltet den Milchzucker in die ab- sorptionsfähige Glukose und Galak- tose. Fehlt sie, so gelangt ungespal- tene Laktose in die tieferen Darm- abschnitte, wo sie bakteriell vergärt wird. Die entstehende Essig- und Milchsäure verschieben den pH des Darminhaltes nach der sauren Seite und verursachen Diarrhöen. Dabei werden auch große Mengen CO, frei, so daß die Diarrhöen von Me- teorismus, Krämpfen und Flatulenz begleitet sind. Das Auftreten dieser Symptome nach Genuß größerer Mengen von Milch erlaubt die Dia- gnose. Sie kann durch ausbleiben- den Blutzuckeranstieg nach Lakto- segabe und durch Dünndarmbiopsie bestätigt werden, was bei sorgfälti- ger Anamnese kaum nötig ist. Der Patient mit Laktosemangel verträgt kleine Mengen Milch und kann selbst seine Toleranzgrenze auste- sten.

Anders bei Milchallergie: Hier ist der Patient auf eines der Milchproteine allergisch und reagiert schon auf kleinste Mengen mit allergischen Manifestationen extraintestinaler Natur oder mit Magen-Darm-Sym- ptomen. Wichtig ist deshalb, in der Anamnese nach extraintestinalen allergischen Manifestationen zu fra- gen, wie Asthma, Ekzem, Ge- lenkschmerzen, Heuschnupfen, Konjunktivitis, Migräne, Pruritus, 294 Heft 7 vom 12. Februar 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Verdauungsstörungen

Quinckeschem Ödem, Rhinitis vaso- motorica und Urtikaria. Falls vorhan- den, muß geklärt werden, ob es sich um Kontakt-, Inhalations- oder Inge- stionsallergien handelt, die sowohl durch Medikamente als auch durch Nahrungsmittel verursacht werden können. Leider versagen bei Nah- rungsmittelallergien die Kutantests.

Eine Diagnose gelingt einzig, wenn die Symptome unter Allergenkarenz verschwinden und nach Allergenex- position wieder auftreten. Allergen- verdächtige Nahrungsmittel müssen auf diese Weise getestet werden.

Milch ist bei weitem das häufigste Nahrungsmittelallergen. Verschwin- den unter Karenz von Milch und von Milchprodukten extraintestinale und/oder gastrointestinale Sympto- me und treten sie im Anschluß an Milchexposition wieder auf, so ist die Diagnose gesichert und die The- rapie in Form von absoluter Milchka- renz gegeben.

Desensibilisierung von Nahrungs- mittelallergien gelingt nur in selte- nen Fällen. Zu den häufigsten Aller- genen gehören Eier, Meerfrüchte, Nüsse, Zitrusfrüchte. Es kann je- doch jedes Nahrungsmittel Allergen sein, und da nicht selten mehrere Allergene vorhanden sind, ist die Diagnose oft recht mühsam.

Meteorismus und Flatulenz

Oft zu wenig berücksichtigt werden Klagen des Patienten über Meteoris- mus und Flatulenz. Es handelt sich dabei — abgesehen von Subileus und Darmlähmung — meist um funktio- nelle Störungen. Schon normaler- weise findet sich im Magen etwas Gas, vorwiegend geschluckte Luft.

Bei jedem Schluck gelangen unge- fähr 2 ml Luft in den Magen. Die Luftaspiration durch den inspiratori- schen Sog wird durch Sphinkterme- chanismen im ösophagus verhin- dert, trotzdem gelangt auch bei In- spiration etwas Luft in den Magen.

Einige Nahrungsmittel sind lufthal- tig: frisches Brot, Aufläufe, geschla- gene Sahne und geschlagenes Ei- weiß, ferner moussierende Geträn- ke. Bei Hiatushernie und Inkompe- tenz des unteren ösphagussphink-

ters wird Luft aufgestoßen, andern- falls entleert sie sich rasch ins Duo- denum, passiert den Dünndarm in- nerhalb von wenigen Minuten, sta- gniert etwas in den Flexuren des Ko- lons und wird nach 30 bis 45 Minu- ten als sonorer, nichtfötider Flatus durch den Anus ausgestoßen.

Hinzu kommt jedoch noch intestina- le Gasbildung. Bei Kontakt der Ma- gensalzsäure mit alkalischer Nah- rung und mit dem alkalischen Pan- kreassekret entstehen große Men- gen von CO,. Auch bei der enzymati- schen Aufspaltung der Nahrung im Dünndarm werden Gase frei, ebenso bei der bakteriellen Aufspaltung im Kolon. In der proximalen Kolonhälf- te entstehen durch Gärung der Koh- lehydrate CO2, H2 und CH4 , in der distalen durch Fäulnis neben den er- wähnten Gasen noch NH 3 , das übel- riechende H 2S und flüchtige, zum Teil fötide Amino- und Fettsäuren.

Man hat errechnet, daß durch enzy- matischen und bakteriellen Abbau einer Mahlzeit ungefähr 15 Liter Gas im Darm gebildet werden. Der tägli- che Gasausstoß durch den Anus be- trägt jedoch nur 500 bis 1500 ml. Der Rest, besonders die im Dünndarm gebildeten Gase, wird absorbiert und abgeatmet.

Diese diffundieren bis zum Aus- gleich des Partialdruckes in die an- grenzenden Gewebe, gelangen auf dem Blutweg in die Alveolen und werden dort abgeatmet. Stickstoff, der in der Außenluft zu 80 Prozent vorhanden ist, kann nicht abgeatmet werden und verbleibt im Darm. Die anderen Gase, vor allem CO 2 , das in der Atmosphäre nur in einer Kon- zentration von 0,03 Prozent vorhan- den ist, wird abgeatmet und ver- schwindet so aus dem Darm.

Diese Gasabsorption findet vorwie- gend im Dünndarm statt, nimmt je- doch in distaler Richtung ab, so daß der durch den Anus ausgestoßene Flatus neben N 2 die durch bakteriel- len Abbau entstandenen Gase ent- hält, deren Konzentration je nach Er- nährung variiert. Der N 2-Flatus ge- schluckter Luft ist nicht fötid, jedoch

— da meist recht voluminös — sonor.

Der im distalen Kolon durch Fäulnis entstandene Flatus — besonders bei Obstipation oder proteinreicher Er- nährung — ist fötid und — da meist in kleinen Portionen ausgestoßen — nicht sonor. Wird bei Enteritis oder Achlorhydrie der Dünndarm mit Ko- lonflora besiedelt, so bilden sich durch bakteriellen Abbau schon im Dünndarm Gase, die dann, abgeat- met, übel riechen und häufigste Ur- sache üblen Mundgeruches sind.

Sonore Flatulenz ist meist durch ver- mehrtes Luftschlucken, durch Aero- phagie verursacht. Man erkennt dies an einem glucksenden Geräusch beim Trinken und halte deshalb den Patienten an, langsam und ge- räuschlos zu trinken. Eine häufige Ursache der Aerophagie ist der Ver- such des Patienten, ein Druckgefühl im Magen durch aktives Aufstoßen zu beseitigen. Er tut dies, indem er etwas Luft hinunterwürgt und sie an- schließend mit rülpsendem Ge- räusch wieder aufstößt. Dabei bleibt jedoch ein erheblicher Teil der ge- schluckten Luft im Magen, so daß genau das Gegenteil der beabsich- tigten Wirkung eintritt. Jeder aktive

Luftaufstoß bringt mehr Luft in den Magen. Die Unterrichtung des Pa- tienten über den Mechanismus akti- ven Aufstoßens bringt Selbsthilfe.

Auch vermehrter Speichelfluß be- günstigt die Aerophagie. Er kann durch Anticholinergika behoben werden. Weiter können Konfliktsi- tuationen, bei denen der Patient sei- nen Ärger oder seine Wut „hinunter- schluckt", zu Aerophagie führen.

Die Behandlung sonorer, nichtföti- der Flatulenz besteht somit im Ver- meiden der Aerophagie.

Die fötide Flatulenz entsteht vor al- lem durch Obstipation, bei der die im Sigmoid stagnierenden Kotmas- sen sich bakteriell zersetzen und Fäulnisgase bilden. Sie wird durch Behandlung der Obstipation beho- ben. Fäulnis wird begünstigt durch proteinreiche Kost, auch durch fett- und zellulosereiche Nahrung. Nor- malisierung der Kost und kurzdau- ernde Medikation von Enterovio- form® oder Mexaform® (3mal täglich 2 Tabletten während zwei bis drei Tagen), oder ein Bismuth-Präparat, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 12. Februar 1981 295

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

AUSSPRACHE

Schwangerschafts- und Geburtsverlauf nach artifizieller

donogener Insemination

Zu einem Referat

in Heft 44/1980, Seite 2611 Sie bringen ein Referat über die Ver- öffentlichung einer Dresdner Klinik über deren Ergebnisse beim Einsatz von Samenspendern zur Heilung der Kinderlosigkeit der Ehen zeugungs- unfähiger Männer.

Dazu zunächst zwei erfreuliche Fest- stellungen: Einmal die Tatsache, daß in der Deutschen Demokrati- schen Republik eine führende Klinik sich mit diesem Heilverfahren befaßt und über ihre Ergebnisse publiziert, während in der Bundesrepublik lei- der die Rechtsgrundlagen dieses Heilverfahrens noch umstritten sind und die geforderte gesetzliche Re- gelung im deutschen Personen- standsrecht immer noch fehlt, so daß z. B. Vasterling die Anwendung des Verfahrens als ein Vabanque- spiel bezeichnet. Weiter ist die Be- zeichnung „donogene Insemina- tion" ohne Frage eine bessere For- mulierung als die sprachlich völlig falsche in der Bundesrepublik ge- bräuchliche, aber nun einmal einge- bürgerte, „heterologe Insemina- tion".

Schwer verständlich ist dagegen der ungewöhnlich hohe Prozentsatz an Aborten, die der Dresdner Verfasser bei seinen Patientinnen erlebte; die- ser hohe Prozentsatz an Fehlgebur- ten weicht so stark von den sonst mitgeteilten Erfahrungen ab, daß man sich nach dem Grunde fragt.

Denn es gibt biologisch und außer dem für Konzeption und Verlauf der Schwangerschaft völlig unwesentli- chen Unterschied zwischen der Sa- menübertragung durch Kohabita- tion oder die Hand des Arztes keinen Faktor, der einen so hohen Prozent- satz von Aborten erklären könnte.

Um von einem statistisch relevanten Häufigkeitsunterschied von Mißbil- dungen zu sprechen, ist die Zahl der berichteten Fälle mit 104 wohl zu

klein. Daß aber Mißbildungen bei Zeugung unter Inanspruchnahme von Samenspendern tatsächlich sel- tener sind, erklärt sich dadurch, daß Samenspender nun einmal mit grö- ßerer Sorgfalt unter Berücksichti- gung ihrer Erbanlagen ausgewählt werden als Ehemänner im Alltags- leben.

Professor Dr. med. Gerhard Rose Vor den Büschen 46

3063 Obernkirchen

Frühdiagnose

des Mammakarzinoms

Ergänzende Mitteilung zu der Kongreß-Nachricht

in Heft 46/1980, Seite 2728 Vielfache Punktionen bei unklarem Befund sind sicher nicht geeignet zur Frühdiagnose des Mammakarzi- noms. Das gilt für zytologische wie histologische Auswertungen, da Na- delbiopsien stets nur Mindestbefun- de liefern können, die nur im eindeu- tig positiven Fall verwertet werden können. Nach wie vor ist eine Früh- diagnose des Mammakarzinoms nur durch klinische und radiologisch ge- zielte Biopsien mit aufwendiger hi- stologischer Untersuchung, meist wohl unter Einschaltung der Präpa- ratradiographie, möglich. Die Punk- tion hat heute eine Domäne: Nach sonographischer Darstellung eines klinischen oder radiologischen Be- fundes als Zyste kann diese unter Ultraschallsicht punktiert, entleert und mit Luft gefüllt werden, so daß ihre Konturen anschließend durch Kontroll-Mammographie beurteilt werden können. Alle anderen Punk- tionsmethoden der Mamma sind der forschenden Prüfung wert. Sie sind jedoch weit entfernt davon, die eta- blierten Methoden zur Frühdiagnose des Mammakarzinoms zu sein.

Professor Dr. med. H. Egger Leitender Oberarzt der Klinik für Frauenheilkunde der Universität Erlangen-Nürnberg Universitätsstraße 21/23 8520 Erlangen

Verdauungsstörungen

zum Beispiel Karaya-Bismuth® ein Paketchen morgens nüchtern, brin- gen die fötide Flatulenz meist zum Verschwinden. Der durch die Kolon- flora im Dünndarm bewirkte Abbau zu fötiden Gasen, die den Foetor ex ore bewirken, spricht auf dieselbe Medikation meist gut an.

Meteorismus kann auch zirkulato- risch bedingt sein. Hier besteht die Behandlung bei Herzinsuffizienz in der Medikation von Kardiaka, bei Le- berzirrhose mit portaler Hyperten- sion in Bettruhe, beim Übergewichti- gen und Gesunden in Bewegung, Sport, Atem- und Bauchmuskelgym- nastik. Medikamentös kann die Gas- ausstoßung durch Prostigmin, Me- stinol oder Metoclopramid (Pasper- tin®) beschleunigt werden. Sie öff- nen die Sphinkteren und beschleu- nigen die Darmpassage.

Wird der Meteorismus durch die er- wähnten Maßnahmen nicht gebes- sert, so denke man an die Möglich- keit einer organischen Passagebe- hinderung. Bei jeder persistierenden oder progredienten therapierefrak- tären funktionellen Störung besteht die Möglichkeit einer organischen Erkrankung, die eine Kontrollunter- suchung nötig macht.

Literatur

(1) Bleuler, M.: Dasvegetative Psychosyndrom, Schweiz. Rdsch. Med. 60 (1971)572—(2) Hafter, E.: Praktische Gastroenterologie, 6. Auflage, Thieme, Stuttgart (1978)— (3) Howes Calloway, D.: Gas in the alimentary canal, in: Handbook of Physiology, Sect. 6, Bd. 5, hrsg. v. C. F. CODE, American Physiologic Society, Washington (1968) 2839 — (4) Jores, A.: Der Kranke mit psycho-vegetativen Störungen. Ursachen — kli- nisches Bild — Behandlung. Vandenhoeck &

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Haemmerli, U. P.: Disaccharid-Malabsorptions- Syndrom als Ausdruck intestinaler Enzymopa- thien, Internist 7 (1966) 242 — (6) Werner, M.:

Grundlagen und Behandlung nahrungsmittel- allergischer Magen-Darm-Krankheiten. Dtsch.

med. Wschr. 99 (1974) 1775

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Ernst Hafter Susenbergstraße 89 CH-8044 Zürich

296 Heft 7 vom 12. Februar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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