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Archiv "Ärzte aktiv gegen die Folter" (24.09.1987)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

b christlich orientierter oder nicht christlich orien- tierter Arzt: Alle Ärzte unterstehen dem Hippo- kratischen Eid. Er soll die Arzte- schaft in aller Welt wie ein festes Band zusammenhalten. In diesem Eid steht unter anderem sinngemäß:

Meine Patienten werde ich dabei schützen vor allem, was ihnen scha- den könnte oder Unrecht täte .. .

Im Dritten Reich haben sich in unserem Land einige Ärzte leider nicht an den Hippokratischen Eid gehalten, bzw. noch mehr Ärzte wi- der besseren Wissens und aus unter- schiedlicher Motivation dazu ge- schwiegen. Aus unserer eigenen Ge- schichte heraus sollte die Arzte- schaft unserer Republik zum Thema Unmenschlichkeit genügend Sensi- bilität aufbringen.

In vielen Ländern der Erde, so stellte im letzten Jahr eine Arbeits- gruppe der Britischen Ärztevereini- gung anhand von Zeugenaussagen fest, sind manche Ärzte nicht nur unter Druck von außen, sondern auch aus eigenem Entschluß an der Planung und Ausführung von Folte- rungen beteiligt.

Gefangene aus Chile, Colum- bien, Südafrika, Syrien und Uruguay berichten z. B., daß sie wohl nach schweren Mißhandlungen von Ärz- ten untersucht, aber nach kurzer Zeit auf Veranlassung des zuständigen Arztes aus der Pflege entlassen wor- den seien. Oft seien Spuren der Fol- ter an ihrem Körper vom Arzt nicht beachtet worden. Während der Fol- ter hätten Ärzte die Gefangenen un- tersucht und entweder eine Fortfüh- rung oder den vorläufigen Abbruch der Mißhandlungen angeraten.

Es gibt aber auch Arzte, die ak- tiv gegen die Folter demonstrieren.

In Chile wurde Professor Dr. Pedro Castillo im August 1985 verhaftet, an einem unbekannten Ort festge- halten und schließlich auf eine ver- lassene Insel im Süden des Landes verbannt. Sein „Verbrechen" be- stand darin, der Nationalen Kom- mission gegen die Folter vorzuste- hen und eine Kampagne gegen die Mitarbeit der Ärzte in der routine- mäßigen Folter in Chile geleitet zu haben. Aufgrund der Intervention des American College of Psysicians

und einer weltweiten Kampagne für ihn wurde er freigelassen und führt nun seine Aktionen weiter fort, ob- wohl ihm seine Stellung an der Uni- versität entzogen wurde und seine Tätigkeit streng überwacht wird.

In Brasilien wurde ein Dr. Shi- bata für schuldig befunden, die To- desursache eines Gefangenen mit

„Selbstmord" angegeben zu haben.

Laut Aussagen der Mithäftlinge ver- starb der Gefangene aufgrund der Folter. Dr. Shibata gab schließlich zu, daß er den Leichnam gar nicht gesehen habe!

Ein irakischer Arzt berichtete, daß zwischen 1982 und 1983 etwa 100 Gefangenen Blut entnommen wurde und diese an der Folge gestor-

Ärzte aktiv gegen

die Folter

Christian Solidarity International

ben seien. Er sei gezwungen wor- den, bei solchen Operationen mitzu- machen. In Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Blutbank in Baghdad sei angeordnet worden, Gefangenen, die zum Tode verur- teilt worden waren, Blut zu entneh- men, bevor sie starben. Auch seien im Irak bekannte politische Gefan- gene auf die gleiche Weise, durch massive Blutentnahme, zu Tode ge- bracht worden, damit man nachher sagen konnte, sie seien an Herzver- sagen gestorben.

In Port Elizabeth in Südafrika sagte die Ärztin Dr. Wendy Orr vor dem Obersten Gerichtshof aus, daß in dem Gefängnis, in dem sie arbei- te, Brutalität und Folter herrschten.

Sie legte Beweismaterial über 153 Gefangene vor, die Opfer verschie- denster Folterungen (z. B. Peitsche mit Stahlkugeln, Durchbohrung der Trommelfelle, Brechen der Ge-

sichtsknochen) geworden waren.

Der Richter befahl nach der Anhö- rung von Frau Dr. Orr, daß sein Spruch vor allen Gefangenen verle- sen wird, in dem er die Brutalität und Folter verbot. Die Kollegin wurde als „Frau des Jahres" vorge- schlagen. Kurz darauf ließ sie aber der Gesundheitsminister in eine neue Stelle in ein Altenheim verset- zen. Aufgrund zahlreicher telefoni- scher und brieflicher Todesdrohun- gen verließ sie das Altersheim, muß- te umziehen und in einer anderen Klinik arbeiten.

Dies sind leider nur einige Fälle.

Um weiterhin Ärzte zu benennen, die entweder aktiv an Psychoterror und Folter teilnehmen oder anderer- seits aufgrund ihrer ethischen-religi- ösen Einstellung gefangengehalten, gefoltert oder Psychoterror ausge- setzt werden, erbittet CSI Deutsch- land (Stralsunder Weg 26, 5300 Bonn 1) entsprechende Informatio- nen.

Christian Solidarity Internatio- nal wurde 1977 formell auf interna- tionaler Ebene gegründet. Bis heute ist CSI in elf Ländern, z. B. in der Schweiz, Österreich, Holland, Eng- land, Kenia, den USA, Südkorea, Indien und in der Bundesrepublik präsent. CSI wird beispielsweise von evangelischen und katholischen Christen, von Baptisten oder grie- chisch-orthodoxen Gläubigen unter- stützt.

CSI will Informationen in Ak- tionen umsetzen. Eine Arbeitsme- thode besteht in Unterschriften- sammlungen bei Bitt- und Protest- schreiben, die an die Staatsober- häupter oder an Behörden gerichtet werden. Befreundete Politiker wer- den angesprochen und um Hilfe ge- beten. In einzelnen Fällen werden Rechtsanwälte zu den Verfolgten geschickt.

Als christliche Organisation glaubt CSI vor allem an die Wirkung des Gebetes auf Verfolgte und Ver- folger. Auch die Angehörigen von Gefangenen werden betreut und mit Briefen, Paketen und moralisch oder finanziell unterstützt. Antwort- schreiben aus der Haft oder•den Fa- milien bestätigen immer wieder die Wirksamkeit solcher Organisatio- nen. Dr. P. Halama Dt. Ärztebl. 84, Heft 39, 24. September 1987 (23) A-2525

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