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Archiv "Bestellfehler identifiziert" (09.08.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 31–32

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9. August 2010 557

M E D I Z I N

DISKUSSION

Aktive Förderung

Da Ausbildung stets eine entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist, möchte ich zwei wichtige Themen zur Einführung einer Sicherheitskul- tur ergänzen:

Zwischen dem Datum des Einreichens und dem Er- scheinen des Artikels hat die Bundesärztekammer – un- ter Mitarbeit einer der Autorinnen, Frau Dr. Rohe – ein Fortbildungskonzept zur Patientensicherheit für Ärzte veröffentlicht. Dieses eignet sich hervorragend zur Ein- führung und Weiterentwicklung einer Sicherheitskultur in einem Klinikum. Das Fortbildungskonzept dient der Qualifizierung des medizinischen Personals in einer zunehmend komplexen Medizin.

Da Patientensicherheit schon im Studium verankert werden muss, hat die WHO – ebenfalls im Jahr 2009 – ein ähnliches Ausbildungskonzept schon für Medizin- studenten entworfen. Dieses soll weltweit an medizini- schen Hochschulen eingeführt werden und die zukünf- tigen Ärztinnen und Ärzte schon früh für Patientensi- cherheit sensibilisieren.

Patientensicherheit darf nicht nur gefordert werden, sondern Ärztinnen und Ärzte müssen aktiv gefördert werden, modernen Herausforderungen mit modernen Methoden zu begegnen. Es ist daher für das Universi- tätsklinikum Magdeburg selbstverständlich, dass das Fortbildungskonzept Patientensicherheit durchgehend allen Ärztinnen und Ärzten des Klinikums kostenlos angeboten wird.

Gleichzeitig ist es wichtig, schon in der nachwach- senden Generation von Studenten die Sensibilisierung für das Thema zu erreichen, weshalb die medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magde- burg in diesem Sommersemester Patientensicherheits- ausbildung nach dem Konzept der WHO als eine der ersten medizinischen Hochschulen den Studenten an- bietet.

Erfahrung mit Checklisten

Seit der Initiative des Institute of Medicine (IOM) „To Err is Human“, sind Bemühungen im Gange, eine neue Feh- lerkultur in der Medizin zu etablieren. Neben den Patien- ten werden dies sicherlich Generationen von Ärzten be- grüßen, die unter der „blame culture“ groß geworden sind.

Ich vermisse in dem Artikel, dass konkreter auf die be- reits bekannten Ursachen für menschliche Fehler einge- gangen wird. So nennt die WHO in diesem Zusammen- hang zwei Faktoren, die den größten Einfluss auf menschliche Fehleranfälligkeiten haben, Müdigkeit und Stress (1). Ob die Einführung von Checklisten Abhilfe schaffen kann, wie dies „ohne zeitlichen Mehraufwand und größere Kosten“ dargestellt wird (2), bleibt abzuwar- ten. Hier sei auf die Erfahrungen bei der Implementierung einer „einfachen Checkliste“ zur Reduzierung von Infek- tionen von zentralen Venenkathetern auf Intensivstationen verwiesen. In den Medien kam die Geschichte einer „ein- fachen“ Checkliste an. In Wirklichkeit erforderte die Um- setzung aber sehr viel Zeit und Manpower (3)

Das eigentliche Grundproblem, dass die „Grenze des Erträglichen“ (4) für Krankenhausärzte erreicht ist, wird gesellschaftspolitisch einfach ignoriert.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0557b LITERATUR

1. WHO Patient Safety Curriculum Guide for Medical Schools http://whqlibdoc.who.int/publications/

2009/9789241598316_eng.pdf

2. Baberg HT, Burgard G: Mit Checklisten sicher kommunizieren. Ma- nagement und Krankenhaus 2009; 8: 7.

3. Bosk CL, Dixon-Woods M, Goeschl CA, Pronovost PJ: Reality check for checklists. Lancet 2009; 374: 444.

4. Hibbeler B: Randnotiz. Dtsch Artzebl Int 2010; 107(6): 213.

5. Hoffmann B, Rohe J: Patient safety and error management — What causes adverse events and how can they be prevented? [Patienten- sicherheit und Fehlermanagement: Ursachen unerwünschter Ereig- nisse und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(6): 92–9.

Prof. Dr. Dr. med. Ernst Hanisch Klinik für Viszeral- und Thoraxchirurgie Asklepios Klinik Langen

Röntgenstraße 20, 63225 Langen E-Mail: e.hanisch@asklepios.com Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Bestellfehler identifiziert

Hoffmann et al. berichten anhand einer Datenrecherche zur Epidemiologie und Äthiologie von vermeidbaren un- erwünschten Ereignissen (SAE). Deutlich wird aus dieser ausgezeichneten Übersichtsarbeit, dass circa 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung medizinische Fehler als wichtiges Problem ansehen und sich bereits 29 Prozent sorgen, im Krankheitsfall selbst von einer fehlerhaften Behandlung betroffen zu sein. Dabei haben retrospektive Analysen gezeigt, dass circa 4 Prozent der Patienten un- zu dem Beitrag

Patientensicherheit und Fehlermanagement:

Ursachen unerwünschter Ereignisse und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung

von Dr. med. Barbara Hoffmann, Dr. med. Julia Rohe in Heft 6/2010

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0557a LITERATUR

1. Hoffmann B, Rohe J: Patient safety and error management—What causes adverse events and how can they be prevented? [Patienten- sicherheit und Fehlermanagement: Ursachen unerwünschter Ereig- nisse und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(6): 92–9.

Dr. med. Björn Tönneßen Universitätsklinikum Magdeburg Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg E-Mail: bjoern.toennessen@med.ovgu.de Interessenkonflikt

Der Autor ist Risikomanager des Uniklinikums Magdeburg.

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M E D I Z I N

erwünschte Ereignisse im Krankenhaus erleiden, von de- nen mindestens die Hälfte vermeidbar sind. Interessant ist, dass die geschätzte Mortalitätsrate aufgrund vermeid- barer Fehler mit 0,1 Prozent gering erscheint, bei 17 Mil- lionen stationären Patienten dieses allerdings 17 000 To- desfällen pro Jahr entspricht. Die Autoren bedauern, dass Studien in Deutschland fehlen, wobei diese jedoch zu hochtoxischen, komplexen Medikationen existieren.

Wir haben 22 216 Chemotherapien, die für 2 337 Pa- tienten im Zeitraum 1/2005 bis 12/2006 in unserer Abtei- lung bestellt wurden, auf ihre inhaltliche Richtigkeit über- prüft und 3,8 Prozent Bestellfehler identifiziert (1). Von den insgesamt 3 792 entdeckten Chemotherapie-Bestell- fehlern konnten durch unser Kontrollsystem 99,9 Prozent korrigiert werden, so dass diese nicht den Patienten er- reichten. Diese Fehlerrate bestätigt eine Publikation aus Boston (2), die 4 Prozent Fehler in der Chemotherapie- Bestellung beschreibt, von denen aber lediglich 45 Pro- zent vermieden werden konnten. Geht man davon aus, dass jeder schwere Medikationsfehler Folgekosten auf- grund von Komplikationen von 1 000 € induziert, würden bei 3 792 Chemotherapie-Fehlern Folgekosten von 3 792 000 € entstehen. Mit unserem Fehlermanagement- system wurden diese um den Faktor 1 264 reduziert. Der Aufwand unseres Qualitätssystems erfordert eine MTA- Stelle, die die Chemotherapie kontrolliert und ein Viertel ihrer Arbeitszeit für die Kontrolle von 50 bis 100 Chemo- therapie-Bestellungen/Tag verwendet. Dieser personelle Mehraufwand kostet pro Chemotherapie-Bestellung 1 €.

Unsere Daten bekräftigen und ergänzen den Artikel von Hoffmann et al. und unterstreichen, dass ein offener Umgang mit „Fehlern“ zur Förderung der SAE-Vermei- dung für eine Sicherheitskultur unverzichtbar ist. Über unsere Expertise wurde unter dem Titel „Kontrolle zahlt sich aus“ in der „FAZ“ enthusiastisch berichtet (3), zu- dem wurde die Arbeit 2009 mit dem Qualitätspreis des Universitätsklinikums Freiburg ausgezeichnet.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0557c LITERATUR

1. Markert A, Thierry V, Kleber M, Behrens M, Engelhardt: Chemothera- py safety and severe adverse events in cancer patients: strategies to efficiently avoid chemotherapy errors in in- and outpatient treatment.

Int J Cancer 2009; 124: 722–8.

2. Gandhi TK, Bartel SB, Shulman LN, et al.: Medication safety in the ambulatory chemotherapy setting. Cancer 2005; 104: 2477–83.

3. Lenzen-Schulte M: Kontrolle zahlt sich aus – In Freiburg überprüft ein Ärzteteam Chemotherapien. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Na- tur und Wissenschaft, 11. 2. 2009.

4. Hoffmann B, Rohe J: Patient safety and error management — What causes adverse events and how can they be prevented? [Patienten- sicherheit und Fehlermanagement: Ursachen unerwünschter Ereig- nisse und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(6): 92–9.

Prof. Dr. med. Monika Engelhardt Dr. rer. nat. Ulrike Kohlweyer Dr. med. Martina Kleber

Universitätklinik Freiburg, Hämatologie & Onkologie Hugstetterstraße 55, 79106 Freiburg

E-Mail: monika.engelhardt@uniklinik-freiburg.de

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Transparenz hergestellt

Die Autorinnen erwähnen die Fehlerberichtssysteme CIRSmedical Deutschland, das Patientensicherheits- Optimierungssystem (PaSOS) der Anästhesiologie und zwei weitere Fehlerberichtssysteme aus der präklini- schen Notfallmedizin und der Altenpflege. Das Medi- cal Error Reporting System der Gutachter (MERS) – von den Schlichtungsstellen und Gutachterkommissio- nen (SST) in der Bundesrepublik Deutschland entwi- ckelt – wird nicht erwähnt.

SST prüfen, ob ein Patient fehlerhaft behandelt wur- de und gegebenenfalls eine Kausalität zum geklagten Gesundheitsschaden vorliegt. Die Entscheidung der SST wird dem Patienten, dem Haftpflichtversicherer des Arztes beziehungsweise Krankenhauses und dem von den SST hinzugezogenen Gutachter bekanntgege- ben.

MERS zeigt, dass zum Beispiel im Jahr 2008 bei 2 090 von 7 133 Schlichtungsverfahren Fehler – ein- schließlich der Mängel in der Risikoaufklärung – fest- zustellen waren. Die Ergebnisse werden jährlich von der Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit den SST der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ergebnisse sind frei zugänglich (www.bundesaerztekammer.de, www.

schlichtungsstelle.de).

Durch die Veröffentlichung der Ergebnisse wird eine Transparenz über fehlerbedingte Gesundheitsschäden in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt. Medizi- nische Problembereiche werden – statistisch fundiert – erkannt. Die SST publizieren die Ergebnisse regelmä- ßig in medizinischen Fachzeitschriften. Ärzte und Ju- risten der SST halten Vorträge über die mit MERS ge- wonnenen Erkenntnisse. SST leisten damit einen sub- stanziellen Beitrag zur Fehlerprävention und Erhöhung der Patientensicherheit. Hinweise auf die Arbeit der SST und MERS sollten in einem Artikel über Patien- tensicherheit und Fehlermanagement nicht fehlen.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0558a LITERATUR

1. Hoffmann B, Rohe J: Patient safety and error management — What causes adverse events and how can they be prevented? [Patienten- sicherheit und Fehlermanagement: Ursachen unerwünschter Ereig- nisse und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(6): 92–9.

Prof. Dr. med. Walter Schaffartzik Johann Neu

Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammer Unfallkrankenhaus Berlin

Verein für Berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung Berlin e.V.

Warener Straße 7 12683 Berlin

E-Mail: Doris.Behrendt@ukb.de Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Zusammenarbeit der beteiligten Gruppen

Leider wurde bei den referierten deutschen Aktivitäten nicht auf den Aktionsplan AMTS näher eingegangen.

Schon im Rahmen des 1. Deutschen Kongresses für Pa- tientensicherheit bei medikamentöser Therapie 2005 wurde das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit

Referenzen

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