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Archiv "Lissabon-Vertrag: Eingebaute Notbremse" (20.11.2009)

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A 2356 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 47

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20. November 2009

LISSABON-VERTRAG

Eingebaute Notbremse

Mit dem Lissabon-Vertrag bleibt die Gesundheitspolitik

vorrangig Aufgabe der EU-Staaten. Die nationalen Parlamente erhalten ein Einspruchsrecht.

Volksvertretern vorbei nach seinem Gusto umgestalten kann.

Günter Danner, Europaexperte der Techniker-Krankenkasse und stellvertretender Direktor der deut- schen Sozialversicherungen in Brüssel, begrüßt die Signalwirkung, die vom Lissabon-Vertrag und dem BVerfG-Urteil ausgeht. Damit seien einer ordnungspolitischen Gestal- tungskompetenz der EU klare Gren- zen gesetzt worden. Dies erfordere allerdings eine stärkere Bündelung der deutschen Interessen, als dies bislang der Fall sei, so Danner.

„Wichtig ist, dass wir Europa aktiv mitgestalten und nicht nur die Din- ge sich entwickeln lassen.“

Die Schere im Kopf

Renate Völpel, stellvertretende Leiterin im Büro des Landes Berlin bei der EU, meint, dass das Ein- spruchsrecht die Sensibilität der EU-Beamten bei gesundheitspoliti- schen Gesetzesvorschlägen schär- fen werde. „Das wirkt wie eine Schere im Kopf.“ Denn die EU wird auch künftig nicht gänzlich ohne Gestaltungsmacht in der Ge- sundheitspolitik sein. Eine Aufgabe ist beispielsweise, die Ausbreitung grenzüberschreitender Gesundheits- gefahren, wie Grippepandemien, abzuwehren. Hierfür gibt der Lissa- bon-Vertrag die Möglichkeit vor, ein europäisches Beobachtungs- und Meldesystem einzurichten.

Die EU ist ferner verpflichtet, bei allen politischen Maßnahmen darauf zu achten, dass ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherge- stellt ist. Weiterhin gestattet der Lissabon-Vertrag der EU-Kommis- sion, Leitlinien zu erarbeiten, um die Angleichung der Gesundheits- systeme voranzutreiben und deren Umsetzung anhand von Indikatoren zu überprüfen. Damit sollen vor al- lem die gesundheitlichen Ungleich- heiten beispielsweise in Bezug auf die allgemeine Lebenserwartung oder die Unterschiede im Versor- gungsangebot bekämpft werden.

Danner glaubt indessen nicht, dass derlei Maßnahmen auf lange Sicht zu einer Harmonisierung der EU- Gesundheitssysteme führten. „Die Gefälle sind dafür viel zu hoch.“ ■

Petra Spielberg

„Ja“ zur EU-Reform:

Bereits am 13. Dezem- ber 2007 unterzeichne- ten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier den Lissabon-Vertrag.

G

reift die Europäische Union (EU) mit ihrer Idee, europä - ische Referenznetzwerke für seltene Erkrankungen zu errichten, in den Sicherstellungsauftrag der Bundes- länder ein? Und wie sieht es mit den geplanten europäischen Vorschrif- ten zu Organtransplantationen aus?

Verletzen diese möglicherweise ebenfalls den Grundsatz der Subsi- diarität? Bundestag und Bundesrat sollen es künftig stärker als bisher in der Hand haben, solche Fragen zu prüfen und allzu weitreichenden gesundheitspolitischen Ambitionen der EU einen Riegel vorzuschieben.

Denn der Lissabon-Vertrag, der nunmehr spätestens Anfang nächs- ten Jahres in Kraft treten wird, sieht vor, dass die EU-Kommission den nationalen Parlamenten sämtliche Richtlinien- und Verordnungsvor- schläge direkt zuleiten muss.

Dies gilt auch für EU-Vorschrif- ten im Bereich der öffentlichen Ge- sundheit. Der Vertrag rüttelt nicht an der nationalen Kompetenz für die Verwaltung der Gesundheitssys- teme und die Zuweisung der dafür

bereitgestellten Mittel. Folglich darf die EU auch künftig nur das vorschreiben, was tatsächlich am besten auf europäischer Ebene ge- regelt werden sollte, also beispiels- weise einheitliche Standards für Arzneimittel und Medizinprodukte oder die Rechte der Patienten in der grenzüberschreitenden Versorgung.

Für die Subsidiaritätsprüfung ha- ben die Volksvertretungen dann acht Wochen Zeit. Gelangt mindes- tens ein Drittel der 27 nationalen Parlamente zu der Auffassung, dass sich die EU-Organe zu viel Kom- petenz in der Gesundheitspolitik anmaßen, können sie das Verfah- ren im Extremfall stoppen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte den Subsidiaritätsgrundsatz in seinem Urteil zum Begleitgesetz des Lissabon-Vertrags bestätigt und gefordert, Bundestag und Bundes- rat ausreichende Beteiligungsrechte an europäischen Gesetzgebungsver- fahren einzuräumen, damit Berlin zusammen mit den anderen EU-Re- gierungen die EU nicht an den

Foto: dpa

P O L I T I K

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