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Archiv "Wie bitte?" (22.09.1977)

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Die Information:

Bericht und Meinung GLOSSE

Anamnese

Wie wichtig eine genaue Ermitt- lung der Ursachen und der Vorge- schichte einer Störung ist, das ist jedem Arzt bekannt. Auf einem Ne- bengebiet, mit dem aber Ärzte oft Berührung haben, gab es jetzt ein besonders eklatantes Beispiel.

Das Land Hessen bemüht sich in lobenswerter Weise, die Unter- bringung von Kindern und Ju- gendlichen in Heimen nach Mög- lichkeit zu vermeiden. Die Landes- regierung stellt beispielsweise fi- nanzielle Zuschüsse für die Ein- setzung von hauptamtlich arbei- tenden Erziehungsbeiständen be- reit, die „Personensorgeberech- tigte" bei der Erziehung gefährde- ter Jugendlicher aktiv unterstüt- zen sollen. Auf jeden Erziehungs- beistand kommen 25 bis 40 Kinder und Jugendliche; 1975 wurden im ganzen Land 700 Kinder auf diese Weise erfaßt.

Über die Ursachen für die Ein- schaltung eines Erziehungsbei- standes wurde dann eine Statistik angefertigt. Die Anlässe waren (alle folgenden Zahlen sind Pro- zentsätze): 21,6 Schulschwierig- keiten, 14,1 strafbare Handlungen, 11,9 Erziehungsprobleme, 10,6 schwierige Familienverhältnisse, 7,8 Aggressivität, 6,6 Arbeitspro- bleme, 5,7 Kontaktschwierigkei- ten, 5,0 Verhaltensauffälligkeiten.

Dann traten die Erziehungsbei- stände in Aktion und kamen ihrer- seits zu völlig anderen Ergebnis- sen über die Ursachen für die je- weiligen Probleme. Schulschwie- rigkeiten zum Beispiel rutschten mit nur 2,6 Prozent an die vorletzte Stelle. Die schwierigen Familien- verhältnisse waren dagegen nach Ansicht der Erziehungsbeistände in• Wirklichkeit dreimal sooft die Ursache, nämlich in 32,5 Prozent der Fälle. Dann folgen (wieder Prozentsätze) 32,1 Erziehungspro- bleme, 15,4 Verhaltensauffälligkei- ten, 5,5 Pubertätsprobleme, 3,9 Kontaktschwierigkeiten, 3,3 sexu- elle Gefährdung.

Wenn Sie bis hierher gelesen ha- ben, dann prüfen Sie sich doch einmal selbst: Sind Sie nicht auch beim Lesen der letzten beiden Ab- sätze mit den Augen hin- und her- gesprungen, um die Prozentzah- len miteinander zu vergleichen?

Oder können Sie wirklich von sich behaupten, Sie hätten sofort er- kannt, was hier tatsächlich ge- schehen ist: daß nämlich Hunderte von Kindern vielleicht monate-

und jahrelang einem fürchterli- chen seelischen Druck ausgesetzt sein müssen, weil die Erwachse- nen sie nicht verstanden? gb

SPRÜCHE

Wie bitte?

„Wie kann in einem Fall, bei dem die Patienten sich we- gen der Schwere des Krank- heitszustands gegen die ver- suchsplanbedingte Unterlas- sung der in einem definier- baren Prozentsatz lebensret- tenden Behandlung, was nach Finke (Arzneimittelprü- fung) vorsätzlich Totschlag darstellt, nicht wehren kön- nen, verhindert werden, daß Ärzte sich nur deshalb be-

reitfinden, sich an derartigen Versuchen zu beteiligen, weil sie aus der Tatsache der Mitgliedschaft des verant- wortlichen Versuchsleiters im Beirat Arzneimittelsicher- heit ableiten, daß dieses Vor- gehen von der Bundesregie- rung gedeckt sei, zumal der Beirat Arzneimittelsicherheit eine Prüfrichtlinie gutgehei- ßen hat, nach der die Wirk- samkeit von Arzneimitteln grundsätzlich durch kontrol- lierte klinische Studien nachzuweisen ist?"

Bundestagsanfrage des Ab- geordneten Udo Fiebig (SPD) an den Bundesmini- ster für Jugend, Familie und Gesundheit

Über Kuckuckseier

Horst Heinemann, bei der sozial- demokratischen Wochenzeitung

„Vorwärts" unter anderem zustän- dig für Gesundheitspolitik, über- kamen Selbstzweifel, wie er uns schrieb. Hatte er doch unter den

„Sprüchen" in Heft 32 auf Seite 1979 ein Zitat von sich wiederge- geben gesehen – zitiert nicht aus seinem „Vorwärts" (dem es tat- sächlich entnommen war), son- dern aus dem „Rheinischen Mer- kur" (dem es ein Redakteur leicht- fertigerweise zugeordnet hatte).

Und nicht nur Kenner der Presse- landschaft wissen, daß zwischen beiden Blättern ein gewisser Un- terschied besteht.

Unser journalistischer Kollege vom „Vorwärts" meint denn auch:

„Wenn ich den ,Rheinischen Mer- kur' recht verstanden habe, so un- terscheiden sich unsere Stand- punkte in der Debatte über das Gesundheitswesen – um nur da- von zu reden – doch erheblich.

Natürlich bin ich Ihnen ob Ihres Versehens keineswegs böse – im Gegenteil, es hat mich belustigt.

Hoffentlich geht es den Kollegen vom ,Rheinischen Merkur' ebenso, die doch dank Ihres Fehlers sozu- sagen zu einem Mitarbeiter ge- kommen sind, der sich in ihrem Hause durchaus wie ein Kuckucks- ei ausnähme."

Wahrhaftig, wir wollen zwar Horst Heinemann Wandlungsfähigkeit (was das Eingehen auf Argumente betrifft) gerne zugestehen – aber so weit geht die sicher nicht. Doch just zu der Zeit, zu der Kollege Heinemann uns von dem Kuk- kucksei schrieb, erschien im „Po- litisch Parlamentarischen Presse- dienst – (PPP)", einem Dienst, der der SPD etwa so nahe steht wie der „Vorwärts", ein Kommentar.

Und der löste nun wiederum Selbstzweifel aus; diesmal bei uns.

Druckte doch der PPP wahrhaftig eine freche Meinungsäußerung des .„Rheinischen Merkur" (über Dr. Heiner Geißler als Außenpoliti- ker) nach, die offensichtlich der PPP-Linie sehr zupasse kam. War das ein Kuckucksei? NJ

2260 Heft 38 vom 22. September 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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