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Archiv "Medizinertest: Auswahlverfahren in Lübeck" (26.12.2011)

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A 2772 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 51–52

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26. Dezember 2011 theoretischen Tests und dem Tunnel-

blick auf Abiturnoten werden und wurden gefühlsarme Theoretiker ge- fördert, die vielleicht in einem statis- tischen Bundesamt oder in der For- schung gute Ergebnisse erzielen, aber als „Arzt“ im eigentlichen Sin- ne nicht sicher geeignet sind. Arzt sein ist mehr, viel mehr als „verbal- mathematisches“ oder „figural- räumliches“ Denken. Auf diese Wei- se wird der Arztberuf weiter redu- ziert auf Eigenschaften, die auch ein guter Computer leisten kann.

Dr. med. Florentin Stachow, 21502 Geesthacht

Ein Werdegang

. . . Ohne Zivildienst wäre ich nie Arzt geworden . . . wie auch mit ei- nem Abi von 3,2? . . .

Ich hatte das große Glück, im Zivil- dienst in der Notaufnahme eines Kreiskrankenhauses zu arbeiten.

Nach kurzer Anlernphase unter den wachsamen Augen der Schwestern und Ambulanzärzte durften wir al- les machen, wofür wir das nötige Geschick zeigten.

Das war in den 90ern in der BRD noch möglich. Da ich mich ge- schickt anstellte und gut mit Men- schen im Allgemeinen und alten Leuten im Besonderen umgehen konnte, riet mir der damalige Altas- si (inzwischen Chefarzt), doch Me- dizin zu studieren . . .

Aber der Medizinertest, ohne aus- reichende Vorbereitung nach einer Woche Nachtdienst, ging ziemlich in die Hose – 101 Punkte halfen auch nicht weiter!

Also, weiter bewerben über die ZVS und erst einmal Mensch wer- den. Sechs Monate durch die USA und Kanada getrampt (vom selbst verdienten Zivigeld) und danach zehn Monate als Lkw-Fahrer in einer großen Psychiatrie gearbeitet.

Und dann endlich der ersehnte Stu- dienplatz. Alles ohne Komplikatio- nen, man wusste, wofür man lernte . . . Examen mit 2,0 abgelegt . . . so viel zum Thema NC!

Heute bin ich niedergelassener All- gemeinmediziner (seit mehr als fünf Jahren) – auf dem Land. Glauben Sie allen Ernstes, dass jemand mit Abi 1,0 sich zu so etwas herablas- sen würde, ich wage auch zu be-

zweifeln, dass er/sie der Richtige wäre! Also, wer eine Hochschulrei- fe hat und den Willen, der soll es machen . . .

Christoph Dannheim, 31275 Lehrte

Tests leisten Prognose

. . . Ein Studienabbruch ist für den Studierenden ebenso wie für seine Ausbilder eine einem klinischen Endpunkt vergleichbare Marke. Für den Studierenden eine Kerbe im Lebenslauf, für die Hochschullehrer eine Frage nach der Einkerbung ih- rer Messlatte. Während der Studien- gang Mathematik langfristig zwei- stellige Abbrecherquoten zeigt, trifft die Erfahrung der Abkehr von der Medizin die Träger der Ausbil- dung unvorbereitet. Studierende, die ein Mathematikstudium abbre- chen, absolvieren erfolgreich ande- re Studiengänge. Was wird aus Ab- brechern des Medizinstudiums?

Hier scheint der TMS Vorteile zu bringen. Indem er „einem breiten Spektrum von Schulabgängern er- möglicht, sich am Wettbewerb um die Studienplätze zu beteiligen“, macht er einen für das Studium er- forderlichen Leistungsstand be- wusst. Seine Validierung mag dar - über entscheiden, inwieweit diffe- renzierende Zulassungstests für je- den Studiengang zu fordern wären.

Zeugnisse bewerten die Vergangen- heit, Tests leisten Prognose.

Shahnaz Friedrich-Wedig, Dr. med. Martin P. Wedig, 44628 Herne

Auswahlverfahren in Lübeck

Wir teilen Ihre Auffassung – die Abiturnote als alleiniges Kriterium für die Vergabe von Medizinstu- dienplätzen reicht nicht. Regelmä- ßig bewirbt sich eine große Zahl sehr guter Abiturienten. Eine Zehn- telnote oder eine ungünstige Los- nummer kann dabei zum Verhäng- nis werden. Darum nutzen auch wir zusätzlich den TMS. Der Empfeh- lung, lediglich kognitive Tests ein- zusetzen, widersprechen wir je- doch. Sie verweisen auf die Hohen- heimer Metaanalysen, doch diese betrachten als Validierungskriteri-

um lediglich Studiennoten. Die Au- toren räumen selbst ein, es sei

„denkbar, dass Auswahlgespräche für alternative Erfolgskriterien über eine größere Aussagekraft verfü- gen“ (Hell et al.: 2007, S. 100).

Überspitzt ausgedrückt: Hervorra- gende Noten können von Studieren- den erbracht werden, die mit Scheu- klappen den Campus passieren oder von Studierenden, die sich um posi- tive soziale Interaktionen bemühen.

Wir wünschen uns Nachwuchsmedi- ziner, die sich mit Lübeck identifi- zieren, mit den Lehrenden in Dialog treten und auch über das Fachliche hinaus Einsatz zeigen. Unumstritten ist zudem, dass der ärztliche Beruf neben kognitiven auch kommunika- tive Fähigkeiten und eine hohe Be- lastbarkeit voraussetzt. Wir sprechen uns daher für ein Verfahren aus, das psychosoziale Kriterien einbezieht.

Deren Prognosekraft wird derzeit im Längsschnitt geprüft. Mindestens drei Aspekte sind im Lübecker AdH jedoch bereits gelungen.

Erstens: 2011 hatten Bewerber bis zu einem Abitur von 2,0 eine Chan- ce. Rund 51 Prozent der ausgewähl- ten Interviewteilnehmer wären nicht zugelassen worden, wenn die Gesprächsergebnisse unberücksich- tigt geblieben wären.

Zweitens: Das Verfahren zeigt, wo- rauf wir Wert legen und fordert en- gagierte Abiturienten gezielt auf, sich für Lübeck zu bewerben. Wer teilnimmt, reflektiert seine Studien- motivation und -eignung gründlich.

Insofern können Interviews die Selbstselektion fördern. Die Annah- mequote ist dementsprechend hoch, 90 bis 100 Prozent der Zugelasse- nen schreiben sich ein.

Drittens: Unter allen Beteiligten entsteht ein konstruktiver Aus- tausch darüber, was einen Medizin- studierenden und was einen „guten Arzt“ ausmachen sollte – ein Nähr- boden für innovative Lehr- und For- schungsprojekte.

Wir sind uns gewiss, durch unser multimethodales Auswahlverfahren einen wichtigen Akzent für die För- derung psychosozialer Kompeten- zen im Medizinstudium zu setzen und bereits zum Studienbeginn ei- nen bereichernden Kontakt zwi- schen Bewerberinnen und Bewer-

B R I E F E

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bern, Studierenden und Lehrenden anzuregen.

Dipl.-Psych. Linda Brüheim, Prof. Dr. Jürgen Westermann, Universität zu Lübeck, 23562 Lübeck

HUM A N ENHA NC EMENT

Auf der Konferenz

„Size Matters 2011“

diskutierten Geistes- und Naturwissen- schaftler über Mög- lichkeiten und ethi- sche Grenzen bei der „Verbesserung“ des Menschen mit technischen Mitteln (DÄ 46/2011: „Ho- mo sapiens 2.0“ von Michael Simm).

Verwundert

Über den Artikel bin ich verwun- dert, sogar beunruhigt, wenn selbst Philosophen, die doch eigent- lich einen etwas weiteren Horizont haben sollten, bedenkenlos die

„Verbesserung“ des Menschen pro- pagieren. Das wichtigste Argument, das ich hier erwartet hätte, suchte ich vergebens: Dass nämlich, wenn der Wettlauf um die Leistungsstei- gerung von Gehirn oder Körper erst einmal begonnen hat, diejenigen in Zugzwang geraten, die dies nicht wollen oder können. Das „Recht auf Naturbelassenheit“ des Men- schen wird dadurch schlicht konter- kariert (dass man womöglich noch um dieses Recht wird kämpfen müssen, halte ich schlicht für zy- nisch). Aberwitzig wird es, wenn sogar darüber sinniert wird, ob man

U

A

„ d u s l s der Verbesserung“

KR A NKENHA U S

Jede Entscheidung über Mitteleinsatz muss auf ihre Aus- wirkungen auf die Patientensicherheit abgeklopft werden (DÄ 44/2011: „Para- digmenwechsel in Sicht: Das Kranken- haus 3.0“ von Daniel Grandt).

Zunehmende Anforderungen

Umfassende Anforderungen an die Leistungserbringer im Gesundheits- wesen nehmen zu, und ein Ende ist nicht in Sicht. Ärzte sind bisher überwiegend (nur) Experten in der Umsetzung von spezifischen medi- zinischen Anforderungen, die sich mehr oder weniger direkt aus ihrer Ausbildung ableiten lassen.

Die Entwicklung von Fähigkeiten, umfassende Anforderungen über ei- nen systemischen Ansatz (zum Bei- spiel Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO) umzusetzen, sind in

der Regel nicht ausbildungsrelevant und werden daher auch in der Regel nicht ausreichend vorgehalten.

Künftig werden aber zumindest die Leitungen medizinischer Orga- nisationen gerade über diese Fähig- keiten verfügen müssen, um Quali- tätsziele festzulegen, Leistungen und Prozesse zu regeln sowie Qua- lität im Sinne der Patienten zu si- chern.

Vier Fragen sind in diesem Zusam- menhang an die Leitungen zu stel- len:

1. Welche Leistungen will ich ins- gesamt mit meiner Organisation er- bringen?

2. Welche dieser Leistungen sind (schriftlich) geregelt?

3. Welche dieser geregelten Leis- tungen sind messbar?

4. Welche dieser messbaren Leis- tungen will ich qualitätssichern (Soll/Ist)?

Die Antworten auf diese Fragen werden derzeit vermutlich eher er- nüchternd ausfallen.

Wer aber in diesem Sinne seine Or- ganisation leiten will, wird in der Zukunft handlungs- und wettbe- werbsfähig bleiben. Auch wenn die Umsetzung nicht über Nacht ge- schieht.

Dr. Roland Werners, Dr. Becker Klinikgesellschaft mbH & Co. KG, Klinik Norddeich, 26506 Norddeich J

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Referenzen

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