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Thesen des Deutschen Gewerkschaftsbundes für die Regelung der Einwanderung

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Thesen des Deutschen Gewerkschaftsbundes für die Regelung der Einwanderung

Positionen für die Arbeit der Zuwanderungskommission der

Bundesregierung, verabschiedet in der Sitzung des Bundesvorstandes des DGB am 03. April 2001

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert ein Gesetz zur Gestaltung der Einwanderung aus arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftlichen Gründen sowie zur notwendigen Integration. Die nationalen und internationalen rechtlichen Regelungen zur Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen sowie für den Familiennachzug dürfen dabei nicht eingeschränkt werden. Generell sind gesamteuropäische Regelungen für die Migrations-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik zu entwickeln.

Der notwendige Perspektivenwechsel in der Einwanderungspolitik bedarf der Förderung der Akzeptanz in der Bevölkerung, des Abbaus von Vorurteilen und der Veränderung politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen. Dazu gehören neben der Umsetzung der

Nichtdiskriminierungsrichtlinien der EU und einer Veränderung des Ausländerrechts auch Verbesserungen bei der Anerkennung von allgemeinen und beruflichen Qualifikationen der Einwanderer.

1. Deutschland braucht auch in Zukunft Einwanderer

Migrationsprozesse sind Teil weltweiter Industrialisierungs- und Globalisierungsprozesse, sie werden durch Bürgerkriege, politische Verfolgung und wirtschaftliche Not verstärkt. Temporäre Zuwanderung und dauerhafte Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland finden auf unterschiedlichen Wegen statt. Neben der Aufnahme von Flüchtlingen, Spätaussiedlern und jüdischen Zuwanderern aus der ehemaligen UdSSR wurden seit Anfang der 60er Jahre ausländische ArbeitsmigrantInnen

angeworben. Nach dem Anwerbestopp im Jahr 1973 kamen Menschen überwiegend durch den Familiennachzug. Zusätzlich zu der auf Dauer angelegten Einwanderung von Arbeitskräften und ihrer Familien werden in Deutschland Drittstaatsangehörige als Saisonarbeitskräfte und

Werkvertragsarbeitnehmer sowie temporär entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus EU- Staaten im Rahmen der Dienstleistungsfreizügigkeit eingesetzt.

Zusätzliche Einwanderung kann die zukünftigen Bevölkerungsprobleme nicht lösen, aber entscheidend abmildern. Aufgrund der rapiden Abnahme der Bevölkerung und des

Arbeitskräftepotentials mit den negativen Folgen für die sozialen Sicherungssysteme ist die Bundesrepublik auch in Zukunft auf Einwanderung angewiesen.

2. Abbau der Arbeitslosigkeit und die Qualifikationsentwicklung haben Vorrang vor Einwanderung Die Einwanderung aus arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftlichen Gründen ist Bestandteil der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik; daher haben der Abbau der Arbeitslosigkeit und die Aus- und Weiterbildung der Inländer Vorrang vor der Anwerbung von Arbeitskräften. Bei der Gestaltung der Einwanderung gibt der Deutsche Gewerkschaftsbund der regulären und auf Dauer angelegten Einwanderung von Arbeitnehmern den Vorzug vor dem temporären Einsatz von entsandten

Arbeitskräften und der kurzfristigen und befristeten Arbeitskräfteanwerbung. Bisherige Regelungen für die Anwerbung von Arbeitskräften aus Drittstaaten (z.B. Werkvertragskontingente, Spezialberufe, wie Köche usw.) können dann aufgehoben werden.

3. EU-Erweiterung mit Übergangsfristen für die Freizügigkeit verbinden

Bei der Gestaltung und Steuerung der Einwanderung muss die Erweiterung der Europäischen Union und die damit verbundene Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Dienstleistungen berücksichtigt werden.

Damit die Erweiterung ohne Nachteile für das deutsche Beschäftigungssystem gestaltet werden kann, sind Übergangsfristen unerlässlich. Der Bundesvorstand des DGB hat sich bereits im November 2000 für eine Heranführung der Beitrittsländer an die sozialen und ökonomischen Standards der EU-Länder ausgesprochen und Übergangsfristen bei der Herstellung der Arbeitnehmer- und

Dienstleistungsfreizügigkeit gefordert. Die Übergangsfristen sollten unter Berücksichtigung der besonderen Situation in einzelnen Branchen flexibel gehandhabt werden. Übergangsfristen sollten auch zur Stabilisierung des Tarifsystems genutzt werden. Bei der Ausschreibung von Leistungen sind

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die Einhaltung sozialer Standards und Tariftreueklauseln in einem Vergabegesetz bzw. in den Vergaberichtlinien der EU zu verankern.

4. Einwanderung arbeitsmarktkompatibel gestalten

Zur Steuerung der Einwanderung aus arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftlichen Gründen sind mittelfristige Analysen über den Arbeitskräftebedarf und die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Branchen notwendig. Um notwendige Anstrengungen in der Bildungs- und Beschäftigungspolitik nicht zu konterkarieren ist ein Planungs-, Entscheidungs- und Realisierungszeitraum von drei bis vier Jahren sinnvoll. Die Festlegung der Einwanderungszahlen, die Auswahlkriterien und die Entscheidung darüber, welche Bereiche von der Zuwanderung ausgeschlossen werden, muss im Konsens getroffen werden. Daher befürwortet der DGB eine auf Dauer angelegte Zuwanderungskommission, die

drittelparitätisch besetzt ist.

Die Auswahl der Einwanderer sollte nach einem Punktesystem durchgeführt werden. Berücksichtigt werden sollen Kriterien, wie Alter, allgemeine und berufliche Qualifikation, Berufserfahrung,

Sprachkenntnisse und sonstige integrationsfördernde Faktoren.

Eine kurzfristige Besetzung von Arbeitsplätzen mit Arbeitskräften aus Drittstaaten ist nur in

Ausnahmefällen gerechtfertigt. Unternehmen sollten nur dann eine entsprechende Erlaubnis erhalten, wenn es sich um eine unbefristete Beschäftigung handelt, die Arbeitsplätze nicht durch

Arbeitsmarktinländer oder im Rahmen einer EU-weiten Ausschreibung besetzen können sowie der Arbeitsplatz rechtzeitig den Arbeitsämtern gemeldet wurde.

5. Steuerung von Einwanderung und Integration gehören zusammen

Die Einwanderung, gleich ob sie im Interesse der Sicherung des wirtschaftlichen Standorts und der Sozialsysteme erfolgt oder aufgrund humanitärerer Regelungen stattfindet, ist untrennbar mit der sozialen und beruflichen Integration für alle Einwanderergruppen verbunden. Für die Neueinwanderer sind Angebote der Basisintegration zu organisieren, die eine individuelle Integrationsberatung, Sprach- und Integrationskurse sowie Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt beinhalten müssen. Bund, Länder und Gemeinden haben sich die Kosten zu teilen. Die Unternehmen müssen insbesondere die Freistellung für die Basisintegration gewährleisten sowie die Kosten für

weiterführende fachsprachliche und berufliche Bildung tragen.

Neben den Maßnahmen zur Basisintegration für Neueinwanderer ist die Eingliederung in das Bildungssystem von besonderer Bedeutung für eine nachhaltige und dauerhafte Integration von Neueinwanderern und ihren Familien. Der DGB fordert eine Einbeziehung des allgemeinen und beruflichen Bildungssystems in die Gestaltung eines umfassenden Integrationskonzeptes.

Aufgrund der verfehlten Integrationspolitik der Vergangenheit sind deutsche und ausländische MigrantInnen, die in den vergangenen Jahrzehnten eingereist sind, überproportional von Arbeits- und Ausbildungslosigkeit betroffen. Es müssen daher – im Rahmen der Gestaltung der Einwanderung – auch Maßnahmen zur Eingliederung von bereits in Deutschland lebenden MigrantInnen geschaffen werden. Ziel muss sein, soziale und gesellschaftliche Benachteiligungen aufzuheben und die Chancen für eine eigenständige Lebensführung zu verbessern.

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