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Der „interessante Fall“ – Folge 1: Die tiefe Venenthrom- bose

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Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2018

61 Leserbriefe | Varia

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Wir bedanken uns für den kritischen Kommen- tar zu unserem Beitrag und freuen uns über die Möglichkeit zur fachlichen Diskussion. Wir stimmen mit dem Autor des Leserbriefs darin überein, dass eine ungezielte Maximaldiagnostik nicht sinnvoll ist. Ziel des Beitrags war gerade deshalb, auf den fachlichen Standard hinzuwei- sen, bei dessen Einhaltung der Arzt sicher sein kann, dass sein Handeln im Falle einer rechtli- chen Überprüfung nicht als fehlerhaft bewer- tet wird. Aus unserer Sicht als fehlerhaft zu beanstanden ist, dass im vorliegenden Fall die gültige S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie“

(AWMF Leitlinien-Register Nr. 065/002) nicht beachtet und aufgrund dessen die Diagnose einer tiefen Venenthrombose (TVT) mit nachfol- gender Lungenembolie nicht gestellt wurde. Bei

„nicht hoher“ klinischer Wahrscheinlichkeit für eine TVT und mutmaßlich positivem D-Dimer- Test wäre leitlinienkonform eine umgehende Bildgebung angezeigt gewesen und die richtige Diagnose wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit gestellt worden.

Leitlinien sind Behandlungsempfehlungen, von denen in begründeten Einzelfällen abgewichen werden kann. Entsprechende sachliche Gründe sind im vorliegenden Fall aber nicht ersichtlich.

Die im Leserbrief kritisch gesehene D-Dimer- Bestimmung ist ein integraler Bestandteil des in der Leitlinie empfohlenen diagnostischen Algorithmus bei Verdacht auf TVT. Gerade der gezielte Einsatz des D-Dimer-Tests in der Stu- fendiagnostik bei Verdacht auf TVT macht es bei einer großen Zahl von Patienten möglich, auf eine Bildgebung zu verzichten und somit Ressourcen einzusparen.

Wie die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns auf Nachfrage bestätigte, muss grundsätz- lich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Vergütung nicht für jede Leistung kostendeckend sein. Eine nicht kostendeckende Vergütung einer bestimmten Leistung entbindet den Arzt jedenfalls nicht von seiner Pflicht zur Einhaltung des zum Zeit- punkt der Behandlung geltenden (Facharzt-) Standards, der im vorliegenden Fall in Form einer Leitlinie konsentiert ist. Diesen Standard auch in der (vertragsärztlichen) Vergütungs- systematik adäquat abzubilden, wäre Inhalt von Vertragsverhandlungen der zuständigen Institutionen im Bewertungsausschuss unter Beteiligung der einschlägigen Berufsverbände und Fachgesellschaften.

Dr. Wilfried Rothenberger und Dr. Christian Schlesiger Wir können dann in unseren Praxen täglich über

mehrere Stunden Thromboseausschlüsse an der Jugularvene (bei Halsschmerzen), an den Bauch- venen (bei Bauchschmerzen), an den Schulterve- nen (bei Schulterschmerzen), an den Kniegefä- ßen (bei Knieschmerzen) durchführen. Auch die Durchführung der Thrombose-Schnelltests hat zu einer nahezu grotesken D-Dimeritis geführt.

Wir müssen täglich in unseren Notfallsprechstun- den Patienten mit völlig schlanken und unauf- fälligen Beinen untersuchen und Thromboseaus- schlüsse durchführen, nur weil der D-Dimer-Test erhöht ist.

Die Entscheidung der Schlichtungsstelle ist da- her in keinster Weise nachvollziehbar und wird die niedergelassenen Kollegen in Bayern weiter verunsichern.

Jeder, der diesen Artikel gelesen hat, wird seine Patienten mit unspezifischen Schmerzen einer sofortigen Kompressionssonografie zuführen wollen. Damit ist niemandem gedient! Analog der

„number to treat“ müssen wir uns eine „number to diagnose“ überlegen.

Absolute Sicherheit in der Medizin wird es nie geben. Die moderne Medizin kann aber nur be- zahlbar bleiben, wenn alle Beteiligten minimale Restrisiken akzeptieren.

Ich verweise hier auf eine Stellungnahme der Kommunalen Unfallversicherung Bayern, die regelhaft meine Thromboseausschlüsse kürzt:

,,Unseres Erachtens rechtfertigt die Sorge des behandelnden Arztes, jedes nur erdenkliche Risi- ko hinsichtlich einer Thrombose auszuschließen, um einer persönlichen Haftung vorzubeugen, jedenfalls keine Überdiagnostik zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung.“

Wir Ärzte werden zwischen Leitlinien, unge- rechtfertigten Entscheidungen der Gutachter- stelle für Arzthaftungsfragen und letztendlich dem Spardruck der Kostenträger (Privatkassen, gesetzliche Kassen, Unfallversicherungsträger) schlichtweg zerrieben.

Wer eine Maximaldiagnostik an jeder Körper- region und an jedem Körperorgan zu jeder Ta- ges- und Nachtzeit fordert, muss auch die dafür notwendige Kostenstruktur und Personalstruk- tur schaffen.

Dies ist aber auch im reichen Deutschland sicher nicht gewünscht und möglich.

Dr. Peter Heilberger, Facharzt für Chirurgie, 90441 Nürnberg

Der „interessante Fall“ – Folge 1: Die tiefe Venenthrom- bose

Zum Artikel von Dr. Wilfried Rothenber- ger und Dr. Christian Schlesiger in Heft 10/2017, Seite 494 f.

Als seit 20 Jahren niedergelassener Gefäßchirurg möchte ich zu dem Sachverhalt Stellung be ziehen.

Wenn bei einem Patienten mit Schmerzen in der Kniekehle und „ohne fehlende sonstige Hinweise auf eine Thrombose“ eine sofortige Kompressions- sonografie erzwungen werden muss, brauchen wir uns nicht wundern, wenn unsere Klinikambulan- zen und Praxen mit Notfallpatienten überlaufen werden. Wenn wir soweit sind, dass Schmerzen in jeder Körperregion, in der sich zufällig ein Gefäß befindet, kompressionssonografisch abgeklärt werden müssen, ist die Gefäßmedizin in Deutsch- land nicht mehr finanzierbar.

Magazin der Bayerischen Landesärztekammer • Amtliche Mitteilungen • www.bayerisches-ärzteblatt.de • 72. Jahrgang • Oktober 2017

Bayerisches 10 10

Zusammenarbeit von Ärzten und Sportvereinen Der „interessante Fall“

Grußworte zum 76. Bayerischen

Ärztetag in Rosenheim S2k-Leitlinie zur

Diagnostik und Therapie der idiopathischen Lungenfibrose

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungs- äußerungen der Redaktion. Wir behalten uns die Kürzung der Texte vor. Es können nur Zu- schriften veröffentlicht werden, die sich auf benannte Artikel im „Bayerischen Ärzteblatt“

beziehen. Bitte geben Sie Ihren vollen Na- men, die vollständige Adresse und für Rück- fragen auch immer Ihre Telefonnummer an.

Bayerisches Ärzteblatt,

Redaktion Leserbriefe, Mühlbaurstraße 16, 81677 München, Fax 089 4147-202, E-Mail: aerzteblatt@blaek.de

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