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Strategische Ressourcen in Subsahara-Afrika

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Academic year: 2022

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von Matthias Basedau und Andreas Mehler

A

frikanisches Erdöl sei „von nationalem strategischen In- teresse“ für die Vereinigten Staaten, erklärte im Januar 2002 der für Afrika zuständige Unterstaats- sekretär im Außenministerium, Wal- ter Kansteiner, anlässlich eines Semi- nars mit dem Titel: „African Oil: A Priority for U.S. National Security and African Development“. Der ame- rikanische Außenminister, Colin Po- well, reiste im September 2002 nicht zufällig in die Ölstaaten Gabun und Angola: Nach dem 11. September 2001 soll die Abhängigkeit von ara- bischem Öl verringert und der sub- saharische Anteil von jetzt knapp 16%

bis zum Jahr 2015 auf mindestens 25% gesteigert werden.1Mit dem In- selstaat São Tomé und Príncipe im öl- reichen Golf von Guinea wird offen- bar wegen der Einrichtung einer ame- rikanischen Militärbasis verhandelt.

Das Konfliktpotenzial so genannter strategischer Ressourcen geht für das Afrika südlich der Sahara aber über das westliche Interesse an Erdöl hi- naus. Was ist unter strategischen Res- sourcen überhaupt zu verstehen?

Wenn man Humankapital aus- schließt, können in einem weiten Sinn darunter alle natürlichen Rohstoffe und Bedingungen („natural capital“) verstanden werden, die nicht univer- sal verfügbar sind und die langfristig die vitalen Interessen von Akteuren berühren. Für welche Akteure, extern oder lokal, und in welcher konkreten Hinsicht Ressourcen eine vitale Be- deutung haben, muss im subsahari- schen Afrika aber differenziert be- trachtet werden.

Sensitive Ressourcen

Extern sensitive Ressourcen sind Energieträger (z.B. Erdöl, Kohle, Erd- gas, Uran) und andere industriell ge- nutzte Rohstoffe (Kupfer, Kobalt, Mangan, Coltan, Platin u.a.), die für die Funktionsfähigkeit der Volkswirt- schaften der Industriestaaten existen- ziell sind.2Die wichtigsten afrikani- schen Erdölförderländer sind Nigeria, Angola, Kongo (Brazzaville) und Gabun. Sudan und Äquatorialguinea stießen in den letzten Jahren zu den Erdölproduzenten. Ab Juli 2003 soll das erste Öl in Tschad fließen. Ins- gesamt werden zwar nur 7% der welt- weiten Reserven in subsaharischem Boden vermutet, das afrikanische Öl hat aber häufig eine besonders hohe Qualität. Der Energieträger Uran hat

Strategische Ressourcen in Subsahara-Afrika

Konfliktpotenziale oder Friedensgrundlagen?

Matthias Basedau, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Afrika-Kunde, Hamburg;

Dr. Andreas Mehler, Direktor ebd.

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auch eine unmittelbare militärische Verwertbarkeit; so wurde die erste Atombombe aus Uran hergestellt, das aus der heutigen Demokratischen Re- publik (DR) Kongo stammte. Der Bau von Nuklearwaffen durch das Apart- heidregime in Südafrika wurde durch eigene Uranvorkommen erleichtert.

Im Dezember 2002 kamen Gerüchte auf, dass Irak Uran aus Niger impor- tiert habe.

Sensitive Metalle sind vor allem in Zentral- und im südlichen Afrika zu finden. Über beträchtliche Vorkom- men an Kupfer und Kobalt, das im Flugzeugbau verwendet wird, ver- fügen die DR Kongo und Sambia.

Umfangreiche Vorkommen an indus- triell genutzten Metallen finden sich auch in Südafrika, Namibia und Gui- nea. Tantal, das in der Verbindung Co- lombo-Tantalit, kurz Coltan, vor- kommt, wird bei der Herstellung von Mobiltelefonen und Raketentrieb- werken benötigt. 80% der Weltreser- ven sollen in der DR Kongo zu finden sein. Neben der Bedeutung für west- liche Volkswirtschaften, für deren Wohlstand und militärische Potenzia- le, sind die genannten Ressourcen für die sie kontrollierende Gruppen eine wichtige Einnahmequelle.

Mineralien

B

esonders gewinnträchtige Res- sourcen sind auch Mineralien wie Diamanten, Edelsteine und Gold sowie – vielleicht mit Abstrichen – tropische Edelhölzer. Da sie vorwie- gend zur Herstellung von Luxusgü- tern verwendet werden, haben sie je-

doch eine geringe externe Sensitivität.

Ihre Lukrativität wird dadurch er- höht, dass in der Regel – anders als beim Erdöl und bei vielen Bergbau- produkten – keine aufwändige Infra- struktur und kein technisches Know- how zu ihrer Ausbeutung und Aus- fuhr notwendig sind. Die erzielten Gewinne können in die Entwicklung des Landes, aber auch in den Aufbau von Repressions- und Sicherheits- apparaten sowie klientelistischen Herrschaftssystemen im Dienste lo- kaler Regierungen und anderer Ak- teure fließen; in jedem Fall sind sie Machtressourcen. Im Jahr 2000 wurde – ohne die nicht deklarierten Anteile – weltweit mehr als die Hälfte aller Dia- manten südlich der Sahara gewon- nen. Die wichtigsten Produzenten sind Botsuana, die DR Kongo und Südafrika, ferner Namibia, Guinea, Sierra Leone und Liberia. Die größten Goldexporteure waren 2001 Südafri- ka, Ghana, Tansania und Mali. Der Bestand an wertvollen Tropenhölzern beschränkt sich auf die Regionen mit tropischem Regenwald in West- und Zentralafrika, z.B. Liberia.

Sauberes Wasser

Ausreichender Zugang zu Wasser (Flussläufe, Trinkwasser) und – damit zusammenhängend – landwirtschaft- lich nutzbare Böden (Ackerbau,Vieh- haltung) sind wichtige Überlebens- ressourcen für die Bevölkerung der je- weiligen Länder. Die vitalen Interes- sen westlicher Staaten sind nicht berührt, durchaus aber die regionaler Anrainer. So können Staudammpro- jekte die Wasserversorgung von Nach-

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barstaaten gefährden, verschlechter- ter Zugang zu Überlebensressourcen kann Migrationsströme auslösen, die zur Destabilisierung der Aufnahme- länder beitragen. Wasserknappheit besteht vor allem im Sahel-Gürtel, der auch durch wachsende Wüstenbil- dung (Desertifikation) bedroht ist.

Der relative Wohlstand im ariden süd- lichen Afrika hat bisher schwerwie-

gende Versorgungsengpässe verhin- dert (vgl. Tabelle 1). Hungersnöte, wie zuletzt in der gleichen Region, werden auch durch andere klima- tische Phänomene wie Flutkatastro- phen, Stürme und Dürren ausgelöst.

Ihre Auswirkungen sind jedoch von politischen Faktoren, besonders von

„good governance“, abhängig. Auffal- lend ist, dass ein Großteil der bereits Tabelle 1: Extern sensitive und gewinnträchtige strategische

Ressourcen in Afrika südlich der Sahara

Land Wichtigste strategische Ressourcen nach Hauptexportgütern (2001)

Äquatorialguinea Erdöl (77%)

Angola** Erdöl (89%), Diamanten (12%)

Botsuana Diamanten (82%)

Elfenbeinküste** Erdölprodukte (26%)

DR Kongo* Diamanten (57%), Erdöl (19%), Kobalt (13%) Gabun Erdöl (81%), Tropenholz (12%), Manganerz (3%)

Ghana Gold (37%)

Guinea Bauxit (44%), Gold (18%), Diamanten (4%)

Kamerun Erdöl (43%), Holz (19%)

Kongo* Erdöl (92%)

Liberia** Kautschuk (57%), Holz (39%), Diamanten (55%)b

Mali Gold (50%)

Namibia Diamanten (48%), Uran, Gold und andere Mineralien (13,5%)c

Niger Uran (31%)

Nigeria* Erdöl (92%)

Ruanda** Coltan (12%)

Sambia Kupfer (57%), Kobalt (10%)

São Tomé u. Príncipe In Zukunft: Erdöl (?) Sierra Leone** Diamanten (51%)a

Simbabwe Gold (13%)

Südafrika Gold (19%), Diamanten (9%), weitere Metalle (20%)

Tansania Gold und Diamanten (34%)

Tschad* Ab 2003: Erdöl

Uganda** Gold (9%)

Zentralafr. Rep.* Holz (43%), Diamanten (38%)

Quellen: Rolf Hofmeier und Andreas Mehler (Hrsg.), Afrika-Jahrbuch 2001, Opladen 2002, eigene Ergänzungen;

** Kriege und * bewaffnete Konflikte 2002, nach Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung, <http://www.sozialwi ss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/aktuell.htm>; a. 1998; b. 1997; c. 2000.

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genannten Staaten mit extern sensiti- ven und einnahmeträchtigen Res- sourcen – auf die wir uns im Folgen- den konzentrieren werden – von schwerwiegenden gewaltsamen Aus- einandersetzungen betroffen ist. Eine differenzierte Einschätzung muss je- doch länderspezifische Konstellatio- nen beachten. Sind strategische Res- sourcen Konfliktgrund oder verlän- gern sie Gewaltanwendung? Erwächst aus ihnen auch ein friedensförderli- cher Einfluss? Welche Rolle spielen externe wie interne Bedingungen, die Akteure und ihre Motive?

Krieg um Ressourcen

N

ach klassischer Denkungsart sollte vor allem der Mangel an Ressourcen Gewalt auslösen; Wasser- kriege sind allerdings in Afrika bisher selten gewesen.Als Beispiel zu nennen ist lediglich der Ogaden-Aufstand in Äthiopien 1963/64, unter der Kriegs- schwelle blieben gewaltsame Aus- schreitungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Weideflächen zwi- schen Mauretanien und Senegal 1989, ein Grenzzwischenfall zwischen Mau- retanien und Mali 1999 und Probleme im namibischen Caprivi-Zipfel 1999, die aber jeweils auch andere Gründe hatten.3 Nicht umsonst wird daher auch von Afrikas potenziellen Wasser- kriegen gesprochen, die die Nil-An- rainer Äthiopien, Eritrea und Sudan betreffen könnten. Potenziale beste- hen offenbar auch im südlichen Afri- ka (Angola und Botsuana).4Diese re- lativ friedliche Bilanz ist angesichts der Wasserknappheit in vielen Län-

dern auf dem Kontinent einigerma- ßen überraschend. Immerhin erklär- te der namibische Präsident, Sam Nu- joma, die Intervention seines Landes in den kongolesischen Bürgerkrieg mit dem Wunsch, die Wasserreserven Kongos „anzapfen“ zu können.

Ein militärisches Eingreifen des Westens zur Ressourcensicherung, wie ihn jetzt Viele in Irak erwarten, fand trotz gewachsenem amerikani- schen und anhaltendem französi- schen Interesse nur in Form der Un- terstützung von „ressourcenreichen“

Regierungen oder Rebellen statt. In diesem Sinne sind etwa die Interven- tionen westlicher Staaten 1977/78 im damaligen Zaire unter Mobutu Sese Seko zu werten: Die Invasion der so genannten Katanga-Gendarmen konnte mit ihrer Hilfe zurückgeschla- gen werden. Konfliktverschärfend wirkte sich im Bürgerkrieg in Kongo- Brazzaville aus, dass die Rivalität fran- zösischer und amerikanischer Ölfir- men den um die Macht konkurrieren- den Denis Sassou-Nguesso und Pascal Lissouba jeweils externe Unterstüt- zung sicherte. Sassou-Nguesso trug schließlich mit Hilfe des französi- schen Konzerns Elf Aquitaine (heute:

TotalFinaElf) und der Unterstützung angolanischer Truppen 1997 den vor- läufigen Sieg davon.5

Die ungleiche Verteilung und Ver- wendung von Ressourcen kann be- nachteiligte Akteure zur Gewalt- anwendung motivieren (vgl. Tabelle 2). Entweder monopolisieren Regie- rungen die Einnahmen, oder in kultu- rell heterogenen Gesellschaften stre- ben einzelne Regionen ihre Eigen- ständigkeit an, um stärker vom Reich-

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Tabelle 2: Konfliktpotenzial in Afrika südlich der Sahara

konfliktfördernde Konfliktmotivation Konflikt- typischerweise empirische

Ressource wirkung verschärfende Beispiele

Bedingungen

Überlebensressourcen Sicherung des auslösend interne oder Ogaden-

(Wasser, fruchtbare Überlebens der regionale Aufstand

Böden) Bevölkerung Knappheit (1963/64)

Senegal- Maureta- nien (1989) extern sensitive Sicherung der auslösend, internationale Katanga/

Ressourcen Funktionsfähigkeit verschärfend Knappheit und Zaire

(Energieträger, westlicher Rivalitäten (1977/78)

Industriemetalle) Volkswirtschaften Kongo-

Brazzaville (1997–

1999) alle lukrativen regionale auslösend, ungleiche Katanga/

und exportfähigen Monopolisierung verlängernd regionale Verteilung DR Kongo

Ressourcen von Einnahmen und ökologische (1960–66)

(Energieträger, Belastung, kulturelle Biafra/

Mineralien, Heterogenität, Nigeria

Edelhölzer) externe (1967–70)

Interessen Kabinda/

Angola (ab 1991) Südsudan (ab 1994) zentralstaatliche auslösend, „Gier“ politischer Angola Kontrolle von verlängernd Akteure, externe (1975–

Einnahmen Interessen 2002)

DR Kongo (ab 1996)

Kongo (1997–99) Aufrechterhaltung verlängernd günstige Liberia von Einnahmen in Ausbeutungs- und (1989–96;

Gewaltkontexten Exportbedingungen, ab 2000)

(Kriegsökonomie) Kooperation Sierra

Sicherung der verlängernd externer Akteure Leone

militärischen (1993–

Kampfkraft in 2002)

Gewaltkontexten Sudan

(ab 1983) Tschad (ab 1996) Zentralafri- kanische Republik (2002).

Anmerkung: Mischtypen sind möglich.

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tum der auf ihrem Siedlungsgebiet vorkommenden Ressourcen zu pro- fitieren. Historische Beispiele sind die versuchten Abspaltungen der Kupfer- Provinz Katanga in der DR Kongo oder des ölreichen Biafra von Nigeria in den sechziger Jahren. Verschärfend wirkte sich auch hier aus, dass west- liche Regierungen und transnationale Konzerne die Sezessionsbestrebungen ermutigten und unterstützten.

Ein aktuelles Beispiel ist die ango- lanische Exklave Kabinda, wo mehre- re Rebellengruppen eine Sezession oder zumindest einen höheren Anteil an den Erdöleinnahmen verlangen, zu denen Kabinda bislang ca. zwei Drittel beiträgt. In Nigeria bedeuten die öko- logischen Belastungen der Erdölför- derung eine zusätzliche Motivation für Widerstandsgruppen im Niger- Delta (z.B. Ogoni), während die Ein- nahmen vorwiegend der politischen Klasse und Konzernen zufließen.

Die möglicherweise geläufigste ak- tuelle Motivation ergibt sich aus dem Beutecharakter von Ressourcen. Ihre Lukrativität weckt die „Gier“6interner wie externer Akteure, die deshalb allzu bereitwillig zu den Waffen grei- fen. In der ebenso ethnisch heteroge- nen wie ressourcenreichen DR Kongo streben die diversen Rebellengruppen keine Sezession, sondern die Macht in der Hauptstadt Kinshasa an. Ebenfalls in Angola, Sierra Leone, Liberia und Kongo-Brazzaville ging es immer auch um engere wirtschaftliche Inte- ressen der Hauptakteure.

Wenn ursprünglich andere Kon- fliktgründe vorliegen, trägt Ressour- cenreichtum zur Konfliktverlänge- rung bei: Nach anfänglich politischen

Interventionsgründen regionaler An- rainer in der DR Kongo agierten ruan- dische, ugandische und simbabwische Truppen zunehmend auch wie Söld- ner und transnationale Konzerne, die sich ihre militärische Unterstützung mit Schürfrechten (Diamanten, Gold, Coltan) vergüten ließen bzw. lassen.

Ab 1994 erschlossene Erdölfelder in Sudan haben dem ursprünglich ge- nuin politischen Konflikt zwischen Norden und Süden eine andere Moti- vation gegeben. Die Einnahmen aus den Verkäufen von Diamanten be- scherten den UNITA- und RUF-Re- bellen in Angola und Sierra Leone die Finanzmittel, um ihre militärische Schlagkraft lange Zeit aufrechtzuer- halten. In Liberia erfüllten Tropenhöl- zer vor 1997 diese Funktion.

„Kriegsökonomie“

I

n einem weiter gehenden Konzept wird sogar von einer „Kriegsöko- nomie“ gesprochen.7Neben Waffen- händlern profitieren die Krieg füh- renden Akteure von der Kriegssituati- on, die ihre Bereicherungsmöglich- keiten nicht tangiert oder sich sogar wegen fehlender staatlicher Kontrol- len als besonders günstig auswirkt.

Verschärfend wirkt, wenn für die Aus- beutung der Ressourcen wenig Infra- struktur und Know-how notwendig sind (Tropenhölzer), ihre Handlich- keit sie zu idealer Schmuggelware macht (Diamanten), oder etwa Off- Shore-Anlagen zur Erdölförderung leicht vor dem Zugriff des Gegners ge- schützt werden können. Eine etwas harmlosere Variante besteht bei feh-

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lendem staatlichen Gewaltmonopol im Erpressungspotenzial von „war- lords“, die im Tausch für ihren (vor- läufigen) Gewaltverzicht nach vor- hergehender Anwendung oder -dro- hung Staatsämter und Beteiligung an den Ressourceneinnahmen erhalten.

Das jüngste (und bereits wieder frag- würdige) Friedensabkommen in der DR Kongo könnte in diesem Sinne in- terpretiert werden. Auch wegen sol- cher Befürchtungen wurde das von der Weltbank unterstützte Doba-Öl- projekt in Tschad unter ein interna- tionales Aufsichtsgremium gestellt.

Sind (strategische) Ressourcen also ein „Fluch“ für die über sie verfügen- den Länder Afrikas? Zweifellos eröff- nen sie nicht generell einen Königs- weg zur nachhaltigen Entwicklung der Länder. Dafür sind im engeren wirtschaftlichen Sinne die Nachteile von Rentenökonomien wie die Anfäl- ligkeit für extreme Korruption und – je nach Abhängigkeit von einem Roh- stoff – für Schwankungen der Welt- marktpreise sowie die schädlichen Auswirkungen auf die Gesamtwirt- schaft („Dutch disease“) zu nennen.

Negativ auf Demokratisierungs- potenziale wirkt sich möglicherweise aus, dass die notwendige gesellschaft- liche Modernisierung in Rentenöko- nomien ausbleibt oder aus dem Res- sourcenreichtum ein Repressions- und Kooptationspotenzial gegenüber der Opposition erwächst.8

Kein Fluch

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essourcenreichtum ist aber kei- neswegs ein Todesurteil: Ent-

wicklungserfolge bei politischer Sta- bilität wurden in Gabun und Botsua- na erzielt; für Botsuana gilt das auch hinsichtlich der Demokratie. Über- dies sind nicht alle Kriege Afrikas Res- sourcenkonflikte. Die Auseinander- setzungen in Ruanda, Burundi, Somalia, der äthiopisch-eritreische Grenzkrieg und die jüngste Entwick- lung in der Elfenbeinküste sind hauptsächlich politisch motiviert.

Zudem gibt es unter bestimmten Be- dingungen auch ein Friedenspotenzi- al von Ressourcenreichtum, das die Tragfähigkeit des Kriegsökonomie- konzepts relativiert. Leidlich erfolg- reiche Vermittlungsbemühungen in Sudan durch die USA im Jahr 2002 spiegeln auch das Interesse an siche- ren Rahmenbedingungen für die Öl- förderung wider.

Bisweilen kann – obgleich das zy- nisch klingt – das Repressionspoten- zial strategischer Ressourcen auch zum Siegfrieden führen. In Angola er- wies sich die Rebellenbewegung UNITA nach dem Tod ihres Führers Jonas Savimbi militärisch geschwäch- ter als angenommen. Der Regierung in Luanda hatte das Erdöl wesentlich höhere Einkünfte eingebracht als die Diamanten der UNITA. Zusätzlich waren deren Einnahmen durch inter- nationale Bemühungen, den Handel mit „Blutdiamanten“ einzudämmen, verringert worden. Ein Land wie Tschad schließlich hat kaum eine an- dere Chance, sich aus seiner desolaten Lage zu befreien, als durch seine Öl- einkünfte.

Vor der Annahme monokausaler Zusammenhänge sei also nachdrück- lich gewarnt. Gewaltsame Konflikte,

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nicht nur in Afrika, haben immer auch zahlreiche andere, fallspezifische Gründe. Die dargelegten Ressourcen- typen, ihre Knappheit sowie Ausbeu- tungs- und Verteilungsbedingungen stimulieren unterschiedliches Ver- halten variierender Akteursgruppen.

Gewalt ist überdies unter bestimmten – nicht ressourcenspezifischen – ge- sellschaftlichen, politischen und öko-

nomischen Verhältnissen wahr- scheinlicher als unter anderen. Zu den Risikofaktoren gehören dabei unter anderem kulturelle Heterogenität, ein fehlendes Gewaltmonopol, Rivalitä- ten und Gewinnstreben transnatio- naler Konzerne und externer Regie- rungen sowie das konkrete Verhalten des politischen Führungspersonals vor Ort.

1 Vgl. Stephen Ellis, Briefing: West Africa and its Oil, in: African Affairs, Jg. 102, Nr. 406, Ja- nuar 2003, S. 135–138; Jean-Christophe Ser- vantim, Une priorité géostratégique. Offen- sive sur l’or noir africain, in: Le Monde diplo- matique, Januar 2002, S. 19–20.

2 Vgl. Harald Müller, Internationale Ressour- cen- und Umweltproblematik, in: Manfred Knapp und Gert Krell (Hrsg.), Einführung in die Internationale Politik, München/

Wien 1996, S. 440–475.

3 Vgl. Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachen- forschung, a.a.O. (Tabelle 1).

4 Vgl. Russel Smith, Africa’s Potential Water Wars, 1999, <http://www.globalpolicy.org/

security/docs/water2.htm>; Mehler, Mehr Wissen, bessere Interpretation, schlüssigere Strategie. Afrikawissenschaftliche Beiträge zur Krisenprävention, in: Sabine Kurten- bach und Andreas Mehler (Hrsg.), Die Viel- falt von Gewaltkonflikten. Analysen aus re- gionalwissenschaftlicher Perspektive, Ham- burg 2002, S. 23–56, hier S. 26, sowie den Beitrag von Susanne Neubert und Waltina

Scheumann in diesem Heft, S. 31–38.

5 Vgl. John F. Clark, Resource Revenue and Political Development in Sub-Saharan Afri- ca. Congo Republic in Comparative Per- spective, in: Afrika-Spectrum, Jg. 37, Nr.

1/2000, S. 25–41; Douglas A. Yates, Die Elf- Skandale. Eine Fallstudie von Elementen französischer Außenpolitik unter dem An- cien Regime, in: Rolf Hofmeier und Cord Ja- kobeit (Hrsg.),Afrika-Jahrbuch 1999, Ham- burg 2000, S. 73–84.

6 Vgl. Paul Collier und Anke Hoeffler, Greed and Grievance in Civil War, Policy Research Working Paper Nr. 2355 der Weltbank, Wa- shington 2000; Mats Berdal und David M.

Malone (Hrsg.), Greed and Grievance. Eco- nomic Agendas in Civil Wars, London 2000.

7 Vgl. Ulrich Menzel, Von der Rentenöko- nomie zur Gewaltökonomie, in: E+Z, Jg. 44, Nr. 1/2003, S. 31–33; Berdal/Malone, a.a.O.

(Anm. 6).

8 Vgl. Michael Ross, Does Oil hinder Demo- cracy?, in: World Politics, Jg. 53, April 2001, S. 325–361; Clark, a.a.O. (Anm. 5).

Anmerkungen

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