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Gewalt und Aggression - Unterrichtsmaterial für berufsbildende Schulen

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Academic year: 2022

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Inhalt

Didaktischer Kommentar . . . 4

Überblick über die Unterrichtseinheit . . . 22

Unterrichtssequenz: Bewältigung von Stress . . . 27

Unterrichtssequenz: Umgang mit häuslicher und sexualisierter Gewalt . . . 31

M 1 Wenn alles zugeschnürt wird … . . . 35

M 1a Deinition von Stress . . . 36

M 1b Schreibgespräche über Stress . . . 36

M 1c Auswertung des Schreibgesprächs . . . 37

M 1d Stresssituationen . . . 38

M 2 Was Menschen stresst . . . 39

M 3 Stressreaktion . . . 40

M 4 Antwort des Körpers auf Stress . . . 41

M 5 Wie Stress die Gesundheit beeinlusst . . . 42

M 6 Wenn der Griff sich lockert … . . . 43

M 6a Mögliche Top-Liste der Bewältigungs strategien bei Stress . . . 44

M 6b Eure Top 15 der Bewältigungs strategien bei Stress . . . 45

M 7 Deinition Gewalt . . . 46

M 8 Deinition häusliche Gewalt . . . 47

M 9 Deinition sexualisierte Gewalt/sexueller Missbrauch . . . 47

M 10 Wenn Gewalt überhandnimmt … . . . 48

M 11 Hinter der Fassade … . . . 49

M 12 Abwehrversuche, Stopp, Hilferuf . . . 50

M 13 Erfahrene Gewalt . . . 51

M 14 Zitat 1 . . . 52

M 15 Zitat 2 . . . 52

M 16 Polizei-Poeten: Kinderaugen . . . 53

M 17 Lied: Viel zu jung – Böhse Onkelz . . . 53

M 18 Lied: Bitte küss’ mich nicht – Tic Tac Toe . . . 54

M 19 Rollenspiel . . . 55

M 20 Kleingruppenanleitung . . . 55

M 21 Statements zum Thema Machtlosigkeit . . . 56

M 22 Interventionsmöglichkeiten der Polizei bei häuslicher und sexualisierter Gewalt . . . 57

M 23 Satzanfänge Statementrelexion . . . 58

M 24 Steckbriefe: Täter und Täterin . . . 58

M 25 Deinitionen von Menschenwürde . . . 59

Mögliche Arbeitsaufträge im Überblick . . . 60

Literatur . . . 62

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Überblick über die Unterrichtseinheit

Im Folgenden werden beide Unterrichtssequenzen in tabellarischer Form dargestellt. Daraus werden Inhalte, Ziele, Struktur und Ablauf ersichtlich, sodass eine Über- sicht über die Unterrichtskonzeptionen und Materialen geschafen wird. Hierbei kann der Unterrichtsentwurf zum hema Stress identisch auf das hema Frustration übertragen werden. Unterrichtssequenz: Bewältigung von Stress Ziel der Unterrichtssequenz: Die Schüler*innen kennen die Symptome von Stress, können diese relektieren, kennen Bewältigungsstrategien, werden sprachfähig und auskuntsfähig. hemaLernzieleDimensionenKompetenzenImpulseMedien 1. (Doppel-) Stunde: Einführung in das hema Stress und Stressbewäl- tigung Schüler*innen können Stress deinieren, Aus- kunt über die Beindlich- keit gestresster Menschen geben und wissen um ihre eigene Beindlichkeit in Stresssituationen.

Mensch, Person und Persönlichkeit, Beruf und Profes- sion Personale Kompe- tenz, kommunika- tive Kompetenz, soziale Kompetenz

Impuls Bild (M1) : Bildbearbeitung und Stressdeinition (M12) Schreibgespräch anhand von Plakaten (M1b/ M1c): Auswertung des Schreibgesprächs, Diskussion erwünscht, Ergebnissicherung (M1d): Verschritlichung der Ergebnisse

M1; M1a; M1b; M1c; M1d 2. (Doppel-) Stunde: Stressursa- chen und Reaktionen

Schüler*nnen kennen Ursachen von Stress und wissen wie die Reaktionen darauf sein können.

Mensch, Person und Persönlichkeit, Beruf und Profes- sion, Welt und Ver- antwortung, Ethik Personale, kommu- nikative, soziale und methodische Kom- petenz Aufnehmen des Schreibgesprächs aus der ersten Stunde; Erinnern der Stress-Deinition Gruppenarbeit zu Stresssituationen Standbilder und Präsentationen

M1; M1a–M1d

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hemaLernzieleDimensionenKompetenzenImpulseMedien 3. (Doppel-) Stunde: Stress im Beruf und die Auswir- kungen

Schüler*innen kennen im Beruf Situationen mit einem hohen Stresspegel und wissen, wie sich sol- che Situationen charakte- risieren. Schüler*innen wissen um Stressoren am Arbeitsplatz. Schüler*innen kennen die Auswirkungen und Reak- tionen von Stress.

Mensch, Person und Persönlichkeit, Beruf und Profes- sion, Welt und Ver- antwortung, Ethik Personale, kommu- nikative, soziale und methodische Kom- petenz Ausschnitt aus einem Video zur Einstimmung auf das hema Stress: Gruppenarbeit zum Video; Eigene Beispiele; Ergebnissicherung

Videoclip: Ausschnitt aus der BR-Sendung Faszination Wissen zum hema Stress: www.youtube.com/ watch?v=5Joj8V8Z7ZY M2–M5 4. (Doppel-) Stunde: Bewältigung von Stress

Schüler*innen kennen eigene und andere Bewälti- gungs-strategien und kön- nen diese relektieren und bei sich selbst anwenden.

Mensch, Person und Persönlich- keit, Beruf und Pro- fession, Welt und Verantwortung, Ethik, Kirche und Kirchen, Religionen und Weltanschau- ungen Personale, kommu- nikative, soziale, methodische und ästhetische Kom- petenz

Hinführung zum hema der Stunde, Bildbeschreibung, Einzelarbeit an Bewältigungsstrategien; Geschichten, Kreative Arbeit an Bewältigungsstrategien, Diskussion der Bewältigungsstrategien

Aufnahme von M1 und M6 Steine und Kärtchen M6b Liste der Bewälti- gungsstrategien 5. (Doppel-) Stunde: Grenzen der Bewälti- gungsstrate- gien

Schüler*innen wissen um die Grenzen ihrer Bewälti- gungsstrategien und kön- nen diese benennen. Schüler*innen wissen um die Unterschiede der jeweiligen professionellen Bewältigungsbegleitungen bei Stress. Schüler*innen wissen um die Relevanz der Sprach- fähigkeit bei und nach schweren Stresssituationen.

Mensch, Person und Persönlichkeit, Beruf und Profes- sion, Welt und Ver- antwortung, Ethik, Kirche und Kirchen, Religionen und Weltanschauungen Personale kommu- nikative, soziale, und Sachkompetenz

Kreative Arbeit, Präsentation der Knetsymbole, Diskussion und Würdigung Knete; Knetsymbole der Schüler*innen

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Unterrichtssequenz: Umgang mit häuslicher und sexualisierter Gewalt Ziel der Unterrichtssequenz: Die Schüler*innen kennen Formen der Gewalt und ihre emotionalen Reaktionen zum hema Gewalt – Machtlosigkeit – Nutzlosigkeit kön- nen diese relektieren und kennen Bewältigungsstrategien. hemaLernzieleDimensionenKompetenzenImpulseMedien 6. (Doppel-) Stunde: Einführung in das hema Gewalt

Schüler*innen können ihre Assoziationen zu Gewalt in einem Standbild darstel- len und andere Standbilder interpretieren. Schüler*innen können Gewalt/häusliche Gewalt/ sexualisierte Gewalt dei- nieren. Schüler*innen kennen polizeiliche Interventionen bei häuslicher und sexua- lisierter Gewalt und kön- nen diese relektieren und beurteilen.

Mensch, Welt und VerantwortungSachkompetenz, (ethische Kompe- tenz,) methodische Kompetenz

Gewalt in Standbildern darstellen (Gruppen- arbeit), Präsentation und Würdigung der Standbilder, Deinitionen zu Gewalt: häusliche Gewalt, sexua- lisierte Gewalt, Schüler*innen werden in drei Gruppen aufgeteilt und sollen Begrife zunächst selbst deinieren. Anschließend erhalten die Gruppen verschiedene vorgegebenen Deinitionen, welche sie mit ihren eigenen vergleichen und diskutieren sollen.

M7–M9 7. (Doppel-) Stunde: Emotionen

Schüler*innen können eige- ne Emotionen zum hema häusliche und sexualisierte Gewalt benennen Schüler*innen können andere mögliche Emotio- nen zur hematik benen- nen Mensch, Person und PersönlichkeitPersonale Kompe- tenz, soziale Kom- petenz

Welche Emotionen habe ich? Im Raum werden verschiedene Sätze/Geschichten/Impulse zum hema häusliche und sexualisierte Gewalt auf- gehängt. Die Schüler*innen bekommen Modera- tionskarten und bewegen sich durch den Raum und schreiben ihre Assoziationen auf. Schüler*innen clustern mit Lehrkrat die ver- schiedenen Emotionen, Relexion in Kleingruppen, Auswertung und Ergebnissicherung, Erstellen einer Rangliste der fünf dominantesten Gefühle.

M10–M18

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hemaLernzieleDimensionenKompetenzenImpulseMedien 8. (Doppel-) Stunde: Macht- und Nutzlosig- keit

Schüler*innen erkennen, dass sie sich trotz vieler Interventionsmöglichkei- ten »machtlos« fühlen kön- nen. Schüler*innen können Pro und Contra der Interven- tionsmöglichkeiten nennen und diese relektieren. Schüler*innen wissen, dass ihr Handeln nicht »nutz- los« ist → Jede Intervention kann eine Chance für das Opfer sein zu gehen oder dem »Gehen« näher zu kommen Welt und Verant- wortung, Person und Persönlichkeit

Sachkompetenz, personale Kompe- tenz, soziale Kom- petenz, kommuni- kative Kompetenz

Rollenspiel und Inszenierung ohne Interven- tionsmöglichkeit. Nach dem Anspiel wird das Geschehene relek- tiert Sowohl die Personen des Rollenspiels, als auch die Beobachter werden befragt. Kleingruppengespräch zu Situationen der Macht- losigkeit Nach 10 Minuten erhält jede Kleingruppe einen Umschlag mit verschiedenen Beiträgen zum he- ma häusliche und sexualisierte Gewalt zur Dis- kussion. Ergebnissicherung durch Fishbowl Gruppenarbeit: Pro und Contra: »Ist die Polizei in Fällen der häuslichen und sexualisierten Gewalt machtlos?« Fishbowl, Vorbereitung: (20 min) Schüler*innen werden in zwei Gruppen aufge- teilt. In den Gruppen erarbeiten sie Pro und Contra-Argumente zum hema: »Heißer Stuhl«; Moderation durch die Lehrkrat Relexion der (Doppel-)Stunde durch Statement- methode.

M19 M20 M21 M22 M23 9. (Doppel-) Stunde: Wut/Täter- arbeit

Schüler*innen können ihre eigene Einstellung und Emotionen bezüglich des Täters benennen. Schüler*innen können Täter trotzdem als Men- schen sehen und dement- sprechend mit ihm umge- hen (Menschenwürde).

Mensch, Person und Persönlichkeit, Beruf und Profes- sionalität Soziale Kompetenz, personale Kompe- tenz

Verschiedene Täter*innen werden anonymisiert und steckbriefartig vorgestellt. Schüler*innen sollen Brief an Täter*innen schrei- ben, in denen sie alles schreiben dürfen, was sie ihnen mitteilen wollen. Briefe werden danach in Umschläge gesteckt, nicht vorgelesen. Plenum: Emotionen werden verbalisiert; Gruppenarbeit zum hema Menschenwürde: Erarbeiten einer eigenen Deinition von Men- schenwürde und Nennen von 5 Kennzeichen.

M24

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hemaLernzieleDimensionenKompetenzenImpulseMedien Gestaltung eines Plakats; Input: Lehrkrat stellt kurz verschiedene Deinitionen von Menschenwürde vor. (Grundgesetz, Philoso- phie, …) Vergleich der Deinitionen

M25 10. (Doppel-) Stunde: Umgang mit den Emotio- nen

Schüler*innen kennen eigene und andere Bewälti- gungsstrategien. Schüler*innen kennen mögliche Bewältigungs- strategien. Schüler*innen können eigene und andere Bewälti- gungsstrategien relektieren und beurteilen.

Mensch, Person und PersönlichkeitPersonale Kompe- tenz, soziale Kom- petenz, kommuni- kative Kompetenz

Schreibgespräch: Emotionen der 7. Unterrichts- stunde werden aufgenommen und auf Plakate geschrieben. Schüler*innen sollen zu einzelnen Emotionen Position beziehen in Bezug auf den eigenen Umgang damit. Relexion des Schreibgesprächs; In Gruppen (eine Gruppe pro Plakat/Emotion) werden die Schreibgespräche analysiert, auf dem Plakat genannte Bewältigungsstrategien geiltert und auf kleinere Kärtchen geschrieben; Präsentation; Schüler*innen sortieren mit der Lehrkrat Bewäl- tigungsformen und inden »Überschriten« für gleiche bzw. ähnliche Strategien; Beurteilen der Strategien im Plenum; Gruppenarbeit zu Bewältigungsstrategien

Plakate

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Didaktischer Kommentar

Aggression, Gewalt, Stress und Frustration sind hin- länglich bekannte Alltagsphänomene und bestimmen den Lebensalltag vieler Menschen, sodass es sinnvoll ist, sich auch im berulichen Schulkontext damit zu beschätigen.

Es ist ein besonderes Anliegen der Autorinnen und Autoren (insbesondere von Landespolizeipfar- rer Bernhard Goetz), dass diese Unterrichtsentwürfe auch in der berulichen Ethik-Ausbildung eingebracht werden. Im berulichen Alltag – z. B. dem von Poli- zisten und Polizistinnen – sind die Begegnungen mit diesen erarbeiteten hemen immer gegenwärtig und deshalb in der Ausbildung in der klaren Aufarbeitung wichtig und notwendig.

Die angehenden Berufstätigen anderer Berufszwei- ge sollen aber ebenso auf diese Problematiken vor- bereitet werden, um mit den Phänomenen umgehen zu können. So werden sie im Beruf besondere Kon- liktsituationen schon im Vorfeld erkennen und für sich selbst gesundheitlich Vorsorge betreiben kön- nen. Eine gelingende unterrichtliche Vorbereitung zu Aggression, Gewalt, Stress und Frustration kann die Berufszufriedenheit unterstützen und fördern. Auch sollen die Auswirkungen in den Blick genommen werden, die auf die angehenden Arbeitnehmer*in- nen zukommen könnten, wenn diese zum Beispiel von sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz oder stres- sigen berulichen Situationen bedroht sind. Wesent- lich ist, dass die Berufsschüler*innen bereits in ihrer Ausbildung, mit den genannten hemen unterricht- lich konfrontiert werden, Bewältigungsstrategien ken- nenlernen und entwickeln können. Die vorliegenden Unterrichtskonzeptionen sind so gestaltet, dass die Schüler*innen thematisch auf den Berufsalltag vorbe- reitet werden. Zentrale Fragen sind z. B.: Was macht Gewalt in Form von sexualisierter und häuslicher Gewalt mit Lehrenden und Lernenden? In welchen berulichen Situationen kann Stress entstehen? Wel- che Folgen können aus unbewältigten Belastungen resultieren? Wie kann man mit diesen Belastungen im berulichen Alltag umgehen?

Wir arbeiten mit folgenden Arbeitsdeinitionen von Aggression, Stress, Frustration und Gewalt: Der Be- grif »Stress« kommt aus dem Lateinischen und wur-

de in der angloamerikanischen Umgangssprache, im siebzehnten Jahrhundert, als »Bedrängnis, Beklem- mung, Missgeschick, Leid«1 verwendet. Im späten achtzehnten Jahrhundert stand der Begrif »Stress«

für »Zwang, Druck, Anpassung, starke Anstrengung«2. Eine Frustration tritt nach Meinung Freuds auf, wenn

»Verhalten im Dienste von Lustgewinn oder Schmerz- vermeidung blockiert wurde«3. Als erste Reaktionen in seinen Beobachtungen erfolgten Aggressionen gegen diejenigen Personen oder Objekte, die als Ursache der Frustration zu erkennen waren.4 Gewalt ist ein Begrif, welcher sich je nach Kontext, in dem man ihn betrach- tet, unterschiedlich deinieren lässt. Die Bundeszen- trale für politische Bildung versteht »Gewalt« ganz allgemein als einen »[…]Einsatz von physischem oder psychischem Zwang gegenüber Menschen sowie die phy- sische Einwirkung auf Tiere oder Sachen«5. Bei diesem Verständnis von Gewalt wird demnach ein Zwang be- schrieben, den ein Mensch auf einen anderen ausübt.

Aggression wird von uns in diesem hemenhet eher als Oberbegrif verwendet und bedürte einer eige- nen Unterrichtskonzeption, die den Rahmen des vor- liegenden Buches überschreiten würde. Das hema Gewalt wurde für den Berufsschulunterricht gewählt, weil die Schüler*innen nicht nur in ihrem Berufsall- tag mit diesem hema konfrontiert werden, sondern auch im Berufsschulbereich, am Arbeitsplatz oder in der häuslichen Umgebung. Schwerpunkt dieses Unter- richtsentwurfs ist deswegen die Auseinandersetzung mit häuslicher und sexualisierter Gewalt, um den Dy- namiken dieser Gewaltformen auf die Spur zu kom- men, weil sich diese Formen der Gewalt im privaten oder halböfentlichen Bereich abspielen. Die Bezie- hungsverhältnisse zwischen Opfern und Täter*innen sind sowohl bei der häuslichen Gewalt als auch bei sexuellem Missbrauch komplex und für Außenste- hende ot unverständlich. Diese Dynamiken zu unter- brechen und auch emotional damit umgehen zu kön- nen, ist für einen Lernprozess wichtig und stellt eine Herausforderung für die Persönlichkeitsbildung dar.

Grundsätzlich handelt es sich bei Stress, Frustration und Gewalt um drei unterschiedliche hemengebie- te, die jedoch eng miteinander in Verbindung stehen und verknüpt werden können. Wird beispielsweise

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Stress nicht adäquat bewältigt, kann Gewalt eine Ant- wort darauf sein. Andersherum können unbewältig- te Gewaltsituationen, sowohl im berulichen als auch im privaten Kontext, Stress oder Frustration auslösen.

Sachebene 1. Stress

Im Folgenden wird ein Einstieg in drei relevante he- mengebiete im Bewältigungskontext geboten. Die- se sind die Stress-/Frustrationsbewältigung und der Umgang mit Gewalt.

»Nach Lazarus & Launier (1978) wird Stress als All- tagsphänomen verstanden, das auf der prozesshaten und vor allem kognitiven Person-Umwelt-Auseinan- dersetzung beruht«6. Stress ist hier »die Machtbalance zwischen den situativen Anforderungen und den in- dividuellen Ressourcen«7. Immer, wenn die situativen Anforderungen dominant erscheinen oder sich das Modell im Gleichgewicht beindet, entsteht Stress. Be- gleitend dazu treten Emotionen wie Angst, Ärger oder Schuld auf. Die Wahrnehmung geschieht aber immer aus der Perspektive der Betrofenen und ist ausschließ- lich in einer kognitiven Auseinandersetzung mit den Ansprüchen, die die Umwelt an diesen stellt.8 »Stres- soren«9 lösen beim Menschen den sogenannten Stress aus. Diese sind diejenigen Anforderungsbedingun- gen in unserer Umwelt, die eine Stressreaktion aus- lösen. Dabei kann es sich um eine Naturkatastrophe, ein U-Bahn-Unglück oder ein überquellendes E-Mail Postfach handeln. Diese sogenannten Stressoren kön- nen ebenfalls in Form von z. B. Lärm, Kälte oder Hit- ze entstehen. Auch der Körper kann eine Quelle von Stressoren sein, z. B. wenn der Körper schmerzt oder man Hunger und Durst hat. Für viele Menschen sind es die mentalen Stressoren, die in Zusammenhang mit Leistungsanforderungen stehen. Dazu gehören z. B. Prüfungen, Zeitdruck oder hohe Verantwortung.

Weiter gibt es noch die sozialen Stressoren. Dazu zäh- len ungeklärte Konlikte mit anderen, Konkurrenz- situationen oder Verlust von Menschen, sei es durch eine Trennung oder den Tod.10 Dabei muss aber klar sein, dass nicht jede Anforderung als Stress bezeich- net werden kann. Stress entsteht nur bei Anforde- rungen, in denen sich der Betrofene unsicher ist, ob eine Bewältigung gelingen kann oder nicht.11 Wich- tig ist, dass Stress subjektiv erlebt wird, weil das Erle- ben und Wahrnehmen von den jeweiligen Erfahrun- gen abhängt. Das Erleben von Stress intensiviert sich, wenn es für den Betrofenen wichtig ist, die Anfor- derung erfolgreich zu bewältigen.12 »Stress entsteht, wenn wir wichtige Ziele und Motive bedroht sehen«13.

Als Stressreaktion wird die Reaktion des Betrofenen auf einen Stressor oder mehrere Stressoren bezeich- net. Stressreaktionen zeigen sich auf der körperlichen, aber auch auf der Ebene des Denkens, Fühlens und an beobachtbaren Verhaltensweisen. Stress bewirkt auf der körperlichen Ebene eine »Aktivierung und Energiemobilisierung«14. Diese versetzt den Körper in Handlungsbereitschat. Wird so eine Aktivierungsre- aktion über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten, kommt es zu Erschöpfungszuständen, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken können.15

Es gibt typische Verhaltensweisen, die unter Stress erfolgen. »Ungeduldiges und hastiges Verhalten«16 gehört zu diesen Verhaltensweisen, z. B. das Essen schnell hinunterzuschlingen. Auch kann ein »Betäu- bungsverhalten«17 hervorgerufen werden, wie z. B. un- kontrolliertes Rauchen oder erhöhter Alkoholkonsum.

»Unkoordiniertes Arbeitsverhalten«18 fällt ebenfalls unter die Verhaltensweisen von Stress. Damit ist ge- meint, dass sich der/die Betrofene in die Arbeit stürzt bzw. mehrere Dinge auf einmal zu erledigen versucht, aber auch Dinge verlegt oder vergisst. Des Weiteren kann »motorische Unruhe«19 und ein »konliktrei- cher Umgang mit anderen Menschen«20 erfolgen.21 Typische Gefühle in Stresssituationen sind »Gefühle der inneren Unruhe, der Nervosität und des Gehetzt- seins, Gefühle und Gedanken der Unzufriedenheit, des Ärgers, der Wut, Angst, z. B. zu versagen, sich zu blamieren, Gefühle und Gedanken der Hillosigkeit, Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, kreisende, grüble- rische Gedanken, Leere im Kopf (black out), Denkblo- ckaden, Konzentrationsmängel, latternde Gedanken, Tunnel blick«22. Körperliche, gedankliche und emotio- nale Stressreaktionen können sich gegenseitig verstär- ken, sodass eine Verlängerung der Stressreaktion er- folgen kann. Durch die Dämpfung von körperlichen Stressreaktionen, z. B. durch Entspannungsübungen, können auch die kognitiv emotionalen Stressreak- tionen abgebaut werden.23 Die von Stressoren her- vorgerufenen körperlichen Aktivierungen, sind nicht explizit gesundheitsschädlich, sondern beleben den Körper sogar und bieten ihm Abwechslung. Dies wird als »Eustress«24 bezeichnet, der sich vom gesundheits- gefährdenden »Distress«25 unterscheidet. Dieser »Di- stress« ist unter vier Aspekten zu betrachten: »Nicht verbrauchte Energie«, »Chronische Belastungen«,

»Geschwächte Abwehrkräte« und »Gesundheit liches Risiko verhalten«.26 »Nicht verbrauchte Energie«27 kann bei einer Stressreaktion schädlich sein. Dies ist auf ein altes Reaktionsmuster zurückzuführen, das bei einer Gefahrensituation den Körper auf Kampf oder Flucht

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vorbereitet hat, um die Gefahren bewältigen zu kön- nen, denen Mensch und Tier ausgesetzt waren. Die be- reitgestellte Energie des Menschen in Stresssituationen des modernen Alltags wird jedoch nicht verbraucht.

Dadurch können »Fett, Zucker und verklumpende Blutplättchen«28 die Blutgefäße verengen und somit Herz, Lunge oder Gehirn die Blutzufuhr abschnü- ren. Hier wäre als Präventionsmaßnahme körperli- che Bewegung zu nennen, um eine gesundheitliche Gefährdung durch Stress zu vermeiden.29 Chronische Belastungen, in Bezug auf Stresssituationen, können die Gesundheit auch maßgeblich negativ beeinlussen.

So ist die Stressreaktion des Körpers, ursprünglich in der freien Natur, die sich im Laufe der Evolution ent- wickelt hat, für eine kurze Weile ausgerichtet. Zwi- schen den Stresssituationen gab es Phasen der Erho- lung. Heutzutage halten Stress und Anspannung ot sogar über Jahre an. Der Körper ist in der Zeit also in höchster Aktivierung gehalten. Es ist zwischendurch keine Zeit zur Entspannung vorhanden und so erliegt der Körper der Erschöpfung. Dies kann dann bis hin zu ernsten Organerkrankungen führen. Die zusätzli- che Problematik besteht dadurch auch noch, dass dem Körper durch den lang anhaltenden Stress seine Selbst- regulierungsfunktionen abhanden kommen. Dadurch kann er in Ruhesituationen nicht mehr zur Entspan- nung kommen. Die Muskeln können nur schwer ge- lockert werden. Außerdem steigt das Diabetesrisiko bei langzeitgestressten Menschen, weil Stress Einluss auf die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse hat.

So wird bei einem gestressten Menschen mehr Insulin produziert. Hinterher ist die »Produktionskapazität«30 erschöpt. Deswegen steigen der Blutzucker und somit das Diabetesrisiko. Es ist also zu betonen, dass regel- mäßige Erholungsphasen essenziell sind, um sich auch im stressigen Alltag guter gesundheitlicher Verfassung zu erfreuen.31 Des Weiteren reduziert sich das mensch- liche Immunsystem unter Dauerstress. Dies geschieht durch die vermehrte Ausschüttung des Stresshormons Kortisol. Deshalb wird der Mensch anfällig für In- fektionskrankheiten. Dennoch hemmt der vermehrte Kortisolspiegel im Blut die Bekämpfung von Erregern, deswegen kann z. B. eine Erkältung beim Menschen während einer stressigen Belastung nur schlecht bzw.

nicht ausbrechen. Ein ständig erhöhter Kortisolspiegel führt zu chronischer Beeinträchtigung des Immun- systems. Dadurch können auch andere entzündliche Krankheiten hervorgerufen werden, wie »multip- le Sklerose, rheumatoide Arthritis, Hauterkrankun- gen wie die Schuppenlechte (Psoriasis), aber auch verschiedene Tumorerkrankungen«32. Hierbei ist es

wichtig, das Immunsystem mithilfe von gesunder Er- nährung, viel Bewegung an der frischen Lut und er- holsamem und ausreichendem Schlaf zu unterstüt- zen.33 Ebenfalls gefährdet Stress die Gesundheit, wenn Menschen anfangen, ein »gesundheitliches Risikover- halten«34 aufzuweisen. Dies kann sich exemplarisch am Rauchen, übermäßigem Alkoholkonsum, unre- gelmäßigem Essen und vernachlässigter Bewegung zeigen. Diese Bewältigungsversuche bergen einerseits Risiken für Krankheiten, andererseits wird die Belast- barkeit zudem geringer und eine Erschöpfung tritt ein.35 »Einen andauernden und schweren Erschöp- fungszustand infolge einer chronischen Stressreaktion mit sowohl körperlichen als auch seelischen Beschwer- den«, bezeichnet man als »Burnout«.36 Dies bezeichnet einen Zustand des »Ausgebranntseins«. Die Betrofe- nen fühlen sich leer und empinden ihre Arbeit ot als nutz- und sinnlos.37 Für die amerikanische Forsche- rin Christina Maslach, kennzeichnet sich das Burn- out-Syndrom durch drei Hauptkriterien: »Emotionale Erschöpfung«, »Depersonalisierung (Entfremdung)«

und »Eingeschränkte Leistungsfähigkeit«.38 Demnach ist die betrefende Person von den Anforderungen des Berufes überfordert und fühlt sich entmutigt und leer.

Der/Die Betrofene nimmt eine Distanz, in Bezug auf seinen/ihren Beruf ein. Außerdem werden Menschen, die ihr im berulichen Kontext begegnen, wie Objekte betrachtet. Die betrofene Person fängt an, am Sinn der Arbeit zu zweifeln, weil sie die eigenen Erfolge nicht mehr sieht und das Gefühl hat, keine Verantwortung mehr tragen zu können.39 Die Häufung des Autretens von Burnout, ist in interaktionsreichen Berufen zu inden, wie bei Lehrern, Krankenschwestern oder So- zialarbeitern. Aber auch bei Angehörigen anderer Be- rufsgruppen zeigen sich zunehmend Symptomatiken von Burnout, wie »z. B. bei Polizisten, bei Managern, bei Stewardessen, bei Journalisten, bei EDV-Spezialis- ten […]«40. Natürlich kann Burnout nicht nur auf den berulichen Kontext eingeschränkt werden, sondern ist auch im Privaten zu inden.

2. Frustration

Sigmund Freud sah schon in seinen frühen Arbei- ten, dass der Mensch in seinem Verhalten die Ten- denz, Lust zu suchen und Schmerz zu vermeiden, auf- weist.41 Freud formulierte das als Lustprinzip. Dieses ist zu einem klassischen Begrif der Psychoanalyse geworden. »Das Lustprinzip (Libido) bezeichnet das Streben des ›Es‹ (des unbewussten Anteils der Psyche des Menschen) nach sofortiger Befriedigung der dort (also im ›Es‹) […] lokalisierten Triebe, Wünsche und

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Bedürfnisse ohne jede Rücksicht«42. Eine lexikalische Deinition von Frustration beschreibt diese folgender- maßen: »Eine Frustration (von lat. frustra = vergeb- lich) ist eine Wunschversagung. Frustration entsteht durch Ohnmacht oder Nichterreichen eines gesteck- ten Zieles aus inneren […] oder äußeren Gründen.«43

Ergänzend lässt sich, laut der »Brown-Faber-heo- rie der Frustration«44 sagen, dass diese als generali- sierter Trieb in Erscheinung tritt. Demnach besagt die heorie, dass die »Frustration das Resultat einer Inter- ferenz«45 sei. Ursache davon kann jedes Hindernis sein, das die »angestrebte Handlung verhindert«46. Die Ver- hinderung kann entweder in Form einer Barriere auf- treten oder »aus einer konkurrierenden Reaktionsten- denz«47. Eine Frustration tritt nach Brown und Faber umso stärker auf, je näher die unterbundene Aktivität am Erreichen des Zieles dran war. Außerdem fällt die Frustration umso stärker aus, je größer das Verlangen bzw. der Wille des angestrebten Zieles war.48

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es kei- ne einheitliche Deinition des Begrifs Frustration gibt.

Zur Frustration kommt es, weil eine »Blockierung von Zielreaktionen«49 erfolgt. Das heißt, mit dem Nichter- reichen des Ziels, bleibt die erwartete Belohnung aus, was eine Frustration hervorrut.50 Es gibt aber auch einen sogenannten »intrapsychischen Konlikt«51, der zur Nichtbefriedigung der Bedürfnisse führt. Dies ist ein »Widerstreit verschiedener Bedürfnisse«52 und führt zu einer Reduktion der ursprünglichen Befrie- digungsmöglichkeiten. Rosenzweig speziizierte 1938 folgende frustrierende Bedingungen: »Privation: all- gemeine Mangelzustände (Hunger, Reizarmut), De- privation: speziische Verluste, Konlikte.«53. Dreizehn Jahre später wurde bei Brown & Faber Folgendes als frustrierend angeführt: »Einführung von Barrieren in den Handlungsablauf, Einführung von Verzöge- rungsperioden in den Handlungsablauf, Wegfall oder Verminderung von gewohnten Belohnungen, Verän- derungen im Organismus, die mit dem Handlungs- ablauf unvereinbar sind.«54. Den frustrierenden Cha- rakter erhalten Blockierungen und Barrieren also aus der Zielintention und ihrer Stärke.55 Frustrationsfol- gen treten nach der Frustrierung und nach der damit zusammenhängenden Erregungssteigerung auf. Diese Erregung trägt zur Intensivierung der Frustrations- folgen bei. Als ein Beispiel für eine Frustrationsfol- ge kann die Aggression angeführt werden. Stellt sich diese jedoch als undurchführbar heraus, sei es aus äußeren oder inneren Gründen, so tritt eine zweite Folge auf: »das Vermeidungsverhalten«56. Dies kann dann zu »resignativer, passiver, apathischer Reaktion«

führen oder im Falle der Unvermeidbarkeit, ein Wie- derholungsverhalten produzieren, das als »Fixierung, Regression und Identiikation« bezeichnet werden kann.57

3. GFT – Geringe Frustrationstoleranz

»Unter »›geringer Frustrationstoleranz‹ (GFT) oder

›Frustrationsintoleranz‹ versteht man die geringe Be- reitschat von Menschen, etwas zu ertragen, was sie für unangenehm und lästig halten – unabhängig davon, ob dieses Lästige und Unangenehme für die eigenen Ziele sinnvoll ist oder nicht«58. Eine geringe Frustra- tionstoleranz entsteht, wenn hohe Anspruchshaltun- gen beim Menschen entstehen. Diese sind beispiels- weise die Anforderung an das eigene Leben, dass es einfach und leicht sein müsse und es so sein solle, wie die jeweilige Person es wünsche, ohne Verlust und Verzichte. Die Ansicht, dass eine gute Lösung Spaß machen müsse und keine Nachteile enthalten dürfe, verstärkt die geringe Frustrationstoleranz ungemein.

Probleme oder Tätigkeiten aufzuschieben, lässt diese ebenfalls entstehen.

Es lassen sich zwei Arten von geringer Frustrations- toleranz unterscheiden: Die »Forderer« und die »Ver- meider«.59 Demnach sind die Forderer diejenigen, die unbedingt wollen, dass alles so sei, wie sie es möchten.

Dazu gehört das Schicksal, die Situationen, die Men- schen und die Welt. Für die Forderer ist es ungerecht und fatal, wenn es einmal nicht so sein sollte. Die Ver- meider gehen jedem Lästigen und Unangenehmen aus dem Weg. Es werden Sachen immer wieder ver- schoben, die eigentlich für das Erfüllen der eigenen Ziele essenziell sind und auch negative Konsequenzen nach sich ziehen können. Bei beiden Arten steht bei den Betrofenen im Vordergrund, sich wohlzufühlen, ohne dass Kosten auf dem Weg zum Ziel auf sich ge- nommen werden.60

Geringe Frustrationstoleranz ist als Ursache für psychische Erkrankungen anzusehen. Jeder zweite Pa- tient in ambulanter Psychotherapie leidet unter einer psychischen Belastung oder Krankheit wegen gerin- ger Frustrationstoleranz.61 Nach der Betrachtung der Konsequenzen der geringen Frustrationstoleranz stellt sich die Frage, wie diese bewältigt werden können.

Somit könnten die negativen Konsequenzen umgan- gen werden. Angelernte Verhaltensmuster abzutrai- nieren und andere Verhaltensmuster und Regeln an- zunehmen, ist besonders für Menschen mit geringer Frustrationstoleranz schwer. Erst wenn ein Betrofener die negativen Auswirkungen seiner geringen Frustra- tionstoleranz nicht mehr ertragen kann und möchte,

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ist er bereit, seine vorhandenen Konzepte abzubauen.

Mit den folgenden Veränderungsprogrammschritten kann dies gelingen.

»Von der Kurzfrist- zur

Langfristperspektive wechseln«62

Menschen mit geringer Frustrationstoleranz haben meist kurzfristige positive Konsequenzen im Blick, wie Gelassenheit, Wohlbeinden und Spaß. Dies führt jedoch nicht zu langfristiger Zufriedenheit, weil die negativen und langfristigen Konsequenzen dann in den Vordergrund treten, wie beispielsweise die soziale Isolierung. Es ist essenziell für den/die Betrofene/n, dass diese/r weg von der kurzfristigen zur »langfris- tigen Lustmaximierung der Lebensqualität«63 kommt.

Dabei soll die Lustgewinnung in naher Zukunt in den Hintergrund rücken und in ferner Zukunt in den Vor- dergrund, denn der kurzfristige Vorteil ist schneller vorüber als der langfristige.64

»Akzeptanz des momentanen Zustands«65

Von geringer Frustrationstoleranz betrofene Perso- nen können den momentanen Zustand meist nicht akzeptieren, wenn es nicht so verläut, wie sie es wol- len. Diese Menschen wollen bestimmen, was richtig oder falsch, gut oder schlecht ist. Sie wollen, dass alles so ist, wie sie es sich wünschen und vorstellen. Diese Muss-Sätze sind jedoch unsinnig, wenn etwas sowieso nicht so ist, wie man es sich vorstellt. Wichtig ist, die Realität des momentanen Zustandes zu akzeptieren, unabhängig davon, ob es in dem Moment den eige- nen Vorstellungen entspricht oder nicht. Das heißt aber nicht, dass am momentanen Zustand nichts zu ändern ist und man sich damit abinden muss. Der momentane Zustand muss erst akzeptiert werden, be- vor er Veränderung erfahren kann.66

»Den momentanen Zustand auf Veränderbarkeit prüfen«67

Wenn der Schritt zur Akzeptanz der vorliegenden Situ- ation gegeben ist, kann auch überprüt werden, ob der Zustand verändert werden kann. Die Veränderungen wiederum müssen ebenfalls realitätsnah sein. Es soll gelernt werden, die Energie nur da zu investieren, wo eine Veränderung in der Macht des jeweiligen Men- schen steht. Wenn ein Zustand nicht in seiner Macht liegt, dann muss dieser akzeptiert und hingenommen werden. Exemplarisch ist hier das Wetter anzuführen.

Dieses liegt nicht in der Hand des Menschen und ist auch nicht von ihm beeinlussbar. Deswegen ist es un- bedingt zu akzeptieren.68

»Neue, angemessene langfristige Ziele aufstellen«69 Betrofene der geringen Frustrationstoleranz sind es erstmal nicht gewohnt, Ziele aufzustellen, denn diese müssen dann verfolgt werden, was für die jeweiligen Personen lästig erscheint. Es gilt aber, wer kein Ziel hat, weiß im Normalfall nicht, wozu er/sie morgens aufstehen soll. Außerdem kann kein Erfolg ohne ein Ziel beansprucht werden. Dabei ist aber zu beach- ten, dass sinnvolle Ziele aufgestellt werden.70 Folgende Bedingungen erfüllen sinnvolle Ziele: »Sie sind prin- zipiell (mit welcher Wahrscheinlichkeit auch immer) aus eigener Krat erreichbar. Dadurch unterscheiden sie sich vom Wunschdenken. Die verschiedenen Ziele widersprechen sich nicht gegenseitig. Die Ziele wider- sprechen nicht den eigenen ethischen, moralischen, poli- tischen oder religiösen Grundeinstellungen«71. Wichtig dabei ist, sich die Ziele etappenweise und realitätsnah aufzustellen, in Form von »Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresplänen«72. Diese führen dann zu den lang- fristigen Lebenszielen. Besonders für Menschen mit geringer Frustrationstoleranz ist es unerlässlich, Zie- le etappenweise aufzustellen, da sie schnell frustriert sind, wenn es zu lange dauert ein Ziel zu erreichen.

Deswegen ist es essenziell für sie erstmal Teilziele zu erreichen, um Erfolge zu verspüren.73

»Einsatzbereitschaft für die neuen Ziele zeigen«74

»Einsatzbereitschat ist die Energie, die wir bereit sind, für ein bestimmtes Ziel aufzubringen«75. Diese auf- zubringen ist besonders für Betrofene der geringen Frustrationstoleranz anstrengend, weil sie am liebs- ten ihre Ziele ohne Einsatz erreichen möchten. Es ist dennoch wichtig, dass Einsatzbereitschat gezeigt wird, weil nur dann ein Ziel und damit langfristi- ge Zufriedenheit erreicht werden kann. Diese Ein- satzbereitschat muss aber realistisch geplant werden.

Utopische Planungen bezüglich der einzusetzenden Energie können sich negativ auf die Zielplanung auswirken. Die Energie sollte zielgerichtet und sinn- voll eingesetzt werden, um diese nicht unnötig ein- zusetzen und den Energiespeicher zu strapazieren.

Um unnötige Frustrationen zu vermeiden sind auch nicht optimale Voraussetzungen einzuplanen und nur durchschnittliche Leistungsfähigkeit vorauszusetzen.

Außerdem sind auch Energiepufer einzuplanen, um unerwartete Zwischenfälle bzw. Verzögerungen aus- zugleichen.76

Es gibt belastende Faktoren im Berufsalltag, die sogar Krankheiten bedingen können. Diese Fakto- ren sind beispielsweise existenzielle Situationen und zehrende Schichtdienste.77 Auch die Tätigkeiten, die

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Menschen im Beruf ausführen müssen, bringen sie psychisch und physisch ot an ihre Grenzen.

4. Bewältigung im Berufsalltag

Bewältigung von belastenden Situationen im beruf- lichen Alltag von Menschen stehen für angehende Berufstätige im Vordergrund, obwohl diese natürlich auch erfreuliche und positive Erlebnisse in ihrem Be- ruf erfahren. Als erste und häuig verwendete Strategie wird »das Gespräch mit Dritten«78 genannt. Insgesamt sind die meisten Schüler*innen der Meinung, dass ein Gespräch mit einem Dritten hilfreich ist und zur persönlichen Entlastung und Verarbeitung beiträgt.79 Folgende Bewältigungsstrategien können daneben zur Anwendung kommen.

Sport

Sehr viele Schüler*innen geben Sport als Methode an, belastende Situationen zu bewältigen und sich vom Alltag und von den daraus resultierenden Problemen und Herausforderungen abzulenken. Sport gilt auch als

»Ventil, Frust und Ärger abzubauen«80. Mit Sport wird häuig aber nicht der »Verarbeitungsprozess«81 angeregt, sondern lediglich die Ablenkung und die Möglichkeit geschafen, angestaute Emotionen loszuwerden. Dies ist jedoch nicht zu unterschätzen, denn sportliche Be- tätigung leistet in der Hinsicht einen guten Beitrag zur körperlichen und seelischen Gesundheit.

Musik

Das Hören von Musik scheint für viele Schüler*innen ebenfalls eine geeignete Bewältigungsstrategie zu sein, um von belastenden Erlebnissen abgelenkt zu werden.

Dabei steht das Hören und nicht das Musizieren von Musik im Vordergrund. Diese hat einerseits eine ab- lenkende und andererseits eine beruhigende Funktion.

Sie schat Abstand zum Alltagsgeschehen.

Verdrängung

Die Bewältigungsstrategie der Verdrängung hilt auch in belastenden Situationen zu einem besseren Wohlbe- inden, zumindest im ersten Moment. Vielen Betrofe- nen ist klar, dass sie unterbewusst den Mechanismus der Verdrängung anwenden und Erlebtes wegschieben.

Humor

Humor als Bewältigungsstrategie für schwierige Erleb- nisse im Berufsalltag rückt bei Umfragen ebenfalls in den Blick. Hier besteht auch die Meinung, dass schwar- zer Humor vonnöten wäre, um gut durch den Beruf zu kommen. Damit wäre eine gewisse Lockerheit in be-

lastenden Situationen gewährleistet. Es ist aber nicht zu vernachlässigen, dass für Außenstehende diese Art von Humor befremdlich und abstoßend sein kann.

Lebenserfahrung und Selbstständigkeit

Hinsichtlich der Bewältigung von belastenden Ereig- nissen greifen manche angehende Berufstätige auf ihre Lebenserfahrung zurück. Die meisten haben bis zu dem Zeitpunkt bei belastenden Situationen noch nie auf die Hilfe von Dritten zurückgreifen müssen.

Deshalb meinen sie, im berulichen Kontext ebenfalls keinen zu brauchen und alleine mit der Situation um- gehen zu können.82

Routine

Die Routine als Bewältigungsstrategie anzuführen, ba- siert auf Aussagen, dass mit den Jahren im Beruf eine

»Abstumpfung«83 erfolgt. Hierbei dienen dann die All- täglichkeit und die Gewohnheit dessen, was die Be- rufstätigen machen, der Bewältigung von schweren Erlebnissen. Im Ausbildungskontext ist die Routine jedoch noch nicht vorhanden, deswegen dient hier der beruliche Religionsunterricht als Hilfe zur Be- wältigung, in dem die Schüler*innen über Hilfen zur dieser aufgeklärt werden sollen.84

Urlaub

Eine weitere Methode zur Bewältigung schwieriger Er- eignisse kann der Urlaub sein. Dabei lassen sich nicht immer Probleme beheben, aber nach einer belasten- den Situation fühlen sich manche Betrofene urlaubs- reif und meinen, dass dieser dann hilfreich sein kann, mit Ereignissen abzuschließen.85

Jede Hilfe annehmen

Hilfe, die angeboten wird, würden die meisten be- fragten Schüler*innen dankend annehmen. Es ist also wichtig im Religionsunterricht über bestehende Hilfs- angebote informiert zu werden.86

»In sich hineinfressen«

Belastende Erlebnisse selbstständig zu verdauen und mit keinem darüber zu sprechen, wird auch als Bewäl- tigungsmethode genannt, gleichzeitig wird aber auch bezweifelt, dass diese Strategie unproblematisch sei.

Begründet wird das »in sich Hineinfressen« mit der Entsprechung der eigenen Persönlichkeit.87

Konfrontation vermeiden

Manche Menschen bewältigen belastende Erlebnis- se, indem sie ihnen aus dem Weg gehen. Demnach

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würden viele Befragte ihren Beruf wechseln und eine andere Tätigkeit anstreben, wenn sie merken würden, dass die Erlebnisse im Beruf sie zu sehr belasten.88

Es ist aber erstmal ratsam vor dem radikalen Ent- schluss, den Beruf zu wechseln, andere Bewältigungs- strategien in den Blick zu nehmen und dann im letz- ten Schritt zu entscheiden, ob die Vermeidung die richtige Bewältigungsstrategie in dem Zusammen- hang sein kann.

Sonstige Strategien

Unter erprobten Bewältigungsstrategien werden auch der Schlaf, der Zigaretten- und Alkoholkonsum, das Gebet, das Nachdenken, das abendliche Rausgehen mit Freund*innen und verschiedene Aktivitäten, wie Jugendarbeit in der Kirche, in empirischen Untersu- chungen aufgeführt.89

5. Häusliche und sexualisierte Gewalt Definition

Um sich mit dem hema »Gewalt« auseinanderzu- setzen, muss zunächst der Begrif genauer deiniert werden. Heinrich Popitz (1992) deiniert »Gewalt« so- ziologisch als eine besondere Art der Machtausübung,

»[…] die zur absichtlichen körperlichen Verletzung an- derer führt«90. Macht und damit auch Gewalt sind hier grundlegende »[…] Bestimmungsgründe der Struktur sozialen Lebens«91. Damit setzt er den Gewaltbegrif in einem Kontext mit gesellschatlichen Strukturen und deiniert somit nicht nur den Gewaltakt selbst, son- dern Gewalt in ihrem Zusammenhang, ihren Auswir- kungen und Verknüpfungen.

Aus juristischer Perspektive sind unter Gewalt nicht nur ihre Art an sich zu verstehen, sondern auch ihre Folgen. Dies ist im Strafgesetzbuch wie folgt festge- halten: »Gewalt i. S. d. § 24092 ist der körperlich wir- kende Zwang durch die Entfaltung von Krat, vis abso- luta93 oder durch eine physische Einwirkung sonstiger Art, die nach ihrer Zielrichtung, Intensität und Wir- kungsweise dazu bestimmt und geeignet ist, die Frei- heit der Willensentschließung oder Willensbetätigung eines anderen aufzuheben oder zu beeinträchtigen, vis compulsiva9495 Somit sind auch Ziele und die aus der Gewalt resultierenden Folgen Merkmale, die Gewalt charakterisieren. Das Einschränken oder Auheben der menschlichen Willensentschließung oder Wil- lensbetätigung sind hier Ziel und Folge von Gewalt.

Obwohl sich die Deinitionen voneinander unter- scheiden, ist nur der Blickwinkel, aus dem Gewalt betrachtet wird, ein anderer. Die Deinitionen zeigen, dass Gewalt weit mehr ist, als einer anderen Person

körperlichen Schaden zuzufügen. Es wird deutlich, dass sowohl physisch, als auch psychisch Gewalt aus- geübt werden kann und das Opfer der Gewalt dement- sprechend physischen und/oder psychischen Schaden davon tragen kann. Es ist notwendig den »Typ von Gewalt«96 zu unterscheiden. Dies lässt sich durch die genauere Betrachtung der handelnden Akteure fest- stellen. »Den Typ von Gewalt, bei dem es einen Akteur gibt, bezeichnen wir als personale oder direkte Gewalt:

die Gewalt ohne einen Akteur als strukturelle oder in- direkte Gewalt«97. Hier zeigt sich, dass Gewalt nicht nur zwischen Menschen bzw. von bestimmten Men- schen aus geschieht, es gibt auch strukturelle Gewalt, in der die Gewalt, wie z. B. die Polizei, in ein System eingebaut ist.98 Hier indet keine Gewalt auf einer Be- ziehungsebene zwischen Menschen statt, sondern eine Gewalt auf struktureller Ebene, die sich durch unter- schiedliche Machtverhältnisse darstellt99.

Gesetzliche Grundlagen

Wenn es um Gewalt geht, treten meist zwei im Grund- gesetz verankerte Rechte besonders in Krat. Ein Recht, welches jeder Person, die Gewalt erfährt, genommen wird, beindet sich im ersten Paragraphen des Grund- gesetzes: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.«100 Jeder Gewaltakt bedeutet somit eine Einschränkung der Würde101 des Opfers. In § 2 Absatz 2 GG steht:

»Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver- sehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.« Vor allem bei physischer Gewalt wird dieses Recht verletzt.

Handelt es sich um mehrere, über längere Zeit im- mer wiederkehrende Gewalttaten, wie sie häuig in Partnerschaten oder gegenüber Kindern autreten, wird dem Opfer meist auch freies Handeln oder sogar räumlich die Freiheit genommen.

Auch die Polizei hat Gesetze, welche sich auf Gewalt und den Umgang damit beziehen. In Deutschland ist

»Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Er- füllung der staatlichen Aufgaben […] Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trit oder zuläßt [sic!].«102 Jedes Bundesland in Deutschland hat somit ein eigenes Polizeirecht, in welchem Or- ganisation, Aufgaben und Befugnisse festgelegt sind.

Im Polizeigesetz Baden-Württembergs werden bei- spielsweise im ersten Paragraphen folgende Aufgaben für die Polizist*innen festgelegt: »Die Polizei hat die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Ge- fahren abzuwehren, […] soweit es im öfentlichen Inte- resse geboten ist. Sie hat insbesondere die verfassungs- mäßige Ordnung und die ungehinderte Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte zu gewährleisten.«103 Das Ab-

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wehren von Gefahren steht in enger Verbindung mit den Rechten der Bürger*innen und der festgelegten Ordnung der Verfassung. In eine Situation, in der ein Recht eines/r Bürger*in gefährdet ist oder nicht ausge- übt werden kann, muss die Polizei eingreifen, um mit den ihr möglichen Maßnahmen das Recht wieder zu gewährleisten und die Gefahr abzuwehren.

Öfentliches Interesse besteht, »[…] wenn der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hin- aus gestört und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist.«104 Hier bezieht sich das öfentliche Interesse hauptsächlich auf das Einreichen der Anklage. Besteht kein öfentliches Interesse, müs- sen der/die Beteiligten selbst Anzeige erstatten, wäh- rend bei öfentlichem Interesse die Polizei Anzeige bei der Staatsanwaltschat einreicht. Bei der Frage des öfentlichen Interesses wird vor allem im Bereich der häuslichen Gewalt viel diskutiert, inwieweit diese zum öfentlichen Interesse gehört und wie die Polizei oder die Justiz gegen den/die Täter*in eingreifen muss. Um diesem Problem angemessen zu begegnen, gibt Nr. 86 der RiStBV105 eine weitere Richtlinie: »Ist der Rechts- frieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört worden, so kann ein öfentliches Interesse auch dann vorliegen, wenn dem Verletzten wegen seiner per- sönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet wer- den kann, die Privatklage zu erheben, und die Strafver- folgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist.«106 Demnach kann ein Delikt, selbst wenn es nicht mehr Personen, als die Beteiligten betrit, trotzdem zum öfentlichen Interesse werden.

Häusliche Gewalt

»Häusliche Gewalt« kann sehr unterschiedlich dei- niert werden. Grundlegend beschreibt der Begrif des

»Häuslichen« den Kontext, in dem Gewalt geschieht.

Welche Personen und Gewalthandlungen dieser Kon- text beinhaltet, kann sowohl sehr weit, als auch eng gefasst sein. Eine der am weitesten gefassten Deini- tionen versteht unter häuslicher Gewalt alle Gewalt- formen im häuslichen Nahraum.107 Dazu zählt Gewalt z. B. zwischen Ehe- und Lebenspartner*innen, Gewalt unter Geschwistern, Gewalt an alten Menschen im Haushalt, körperlicher und seelischer Missbrauch an Kindern und Gewalt von Kindern gegen Eltern. Auch

»Stalking« zählt in den Bereich der häuslichen Gewalt, welches häuig nach der Trennung einer Gewaltbezie- hung seitens des/r früheren Ehe- oder Lebenspart- ner*in passiert. Hierzu zählen Handlungen wie z. B.

Verfolgung, Überwachung, Beobachtung, ungewollte Kontaktaufnahme etc.108

Gegenüber dieser sehr weit gefassten Deinition steht eine Deinition, welche sich nur auf »[…] die Gewalt zwischen erwachsenen Intimpartnern begrenzt, die in nahen Beziehungen zueinander stehen oder ge- standen haben.«109

Im normalen Sprachgebrauch wird meistens der Mann als Täter und die Frau als Opfer häuslicher Ge- walt bezeichnet. Auch wenn dies in den meisten Fäl- len so ist, sollte die mögliche »andere Richtung« nicht außer Acht gelassen werden. Auch Männer können Opfer häuslicher Gewalt sein, auch wenn diese Fälle in der Minderheit sind.110

Schall & Schirrmacher (1995) unterteilen häusli- che Gewalt in vier Bereiche: psychische, ökonomische, sexuelle und körperliche Misshandlung.111 Diese vier Bereiche können für sich stehen oder auch ineinander übergehen. Meist beginnt die häusliche Gewalt nicht bei der körperlichen Gewaltausübung, sondern setzt schon vorher an. Außerdem handelt es sich bei häus- licher Gewalt nicht um einzelne Momente in der Be- ziehung, in denen Gewalt geschieht, »[…] vielmehr stellt sich die Ausübung von Gewalt als ein schleichen- der und sich in der Intensität steigernder Prozeß [sic!]

dar.«112 Ot beginnt häusliche Gewalt mit ökonomi- scher und psychischer Unterdrückung. Ein Beispiel: In einer vierköpigen Familie ist der Mann der alleinige Geldverdiener und möchte auch nicht, dass seine Frau arbeiten geht. Die Frau kümmert sich um die Kinder und den Haushalt, wodurch sie kaum soziale Kontak- te knüpt. Nach und nach wird sie durch den Mann sozial isoliert. Hinzu kommt, dass der Mann sie und ihre Fähigkeiten, zunächst in geringem Maße, abwer- tet, um so ihr Selbstwertgefühl zu mindern. Gleichzei- tig ist der Mann durch die soziale Isolation ihr einziger Ansprechpartner, was die Abhängigkeit stetig wachsen lässt. Kommt es schließlich zur körperlichen Gewalt, ist es für die Frau aufgrund der sozialen Isolation und Abhängigkeit nur schwer möglich, diese Partnerschat aufzugeben.113

Bevor es zur tatsächlichen körperlichen Gewalt kommt, hat fast jedes Opfer schon Ähnliches wie im Beispiel durchlebt. Kommt es schließlich zu körper- licher Gewalt, erlebt das Opfer diese meist als Ein- zelereignis und geht nicht davon aus, dass sich die- ses Erlebnis wiederholt. Schließlich »[…] hat man doch die gemeinsame Beziehung aus Liebe zueinander und im Vertrauen aufeinander begonnen.«114 Hinzu kommt, dass sich der Täter meist sehr schuldig fühlt, sich mehrmals entschuldigt und auch verspricht nie wieder Gewalt auszuüben.115 Diese Phase ist sehr wich- tig, um »[…] die psychische Widerstandskrat […] zu

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brechen«116. Das Opfer sieht nun wieder die »gute«

Seite der Beziehung und versucht die »gewalttätige«

Seite zu vergessen, bis es schließlich erneut zur Ge- walt kommt. Aufgrund guter Erinnerungen an die Beziehung verzeihen die meisten Opfer ihren Tätern und wissen nicht, dass sie sich schon mitten in einer Gewaltbeziehung beinden. In den meisten Gewalt- beziehungen werden die Abstände der Gewalttaten nach jedem Übergrif kürzer und steigern sich auch im Ausmaß der körperlichen Misshandlung.117

Warum Opfer häuslicher Gewalt ihren Partner nicht verlassen

Viele Menschen, welche in ihrer Beziehung Gewalt er- fahren haben, verlassen ihren Partner darauhin nicht.

Um dies nachzuvollziehen, ist es wichtig, »[…] die psychosozialen Verlechtungen zwischen den betrofe- nen Frauen und ihren Männern«118 näher zu betrach- ten. Einer der wichtigsten Faktoren, der es vor allem Frauen schwer macht, zu gehen, ist die ökonomische Abhängigkeit vom Täter. Gibt es Kinder in der Fami- lie, ist die Frau meist die Person, welche sich um den Haushalt und die Erziehung kümmert, während der Mann für das Einkommen sorgt und somit die öko- nomische Basis der Familie bildet.119 Würde die Frau also ihren Mann verlassen, hätte sie kein Geld, um sich und die Kinder zu versorgen oder die Miete einer Wohnung bezahlen zu können.

Neben der ökonomischen Abhängigkeit spie- len auch psychische Faktoren eine große Rolle. Hier steht das Gefühl des Scheiterns im Vordergrund. Das Verlassen des Täters »[…] beinhaltet das Zugeben des Scheiterns der Ehe nach der immer noch vorherrschen- den kulturellen und moralischen Vorstellung [und]

zugleich das Zugeben des Scheiterns als Frau«120. Die Familie, das Leben und die Zukunt, die man sich vor- gestellt hat, wären mit einem Mal nicht mehr die Reali- tät. Vor allem wenn das Opfer Kinder hat, ist es schwer, die Familie auseinanderzureißen. Der Wunsch, die Kinder in einer intakten, »normalen« und glücklichen Familie aufwachsen zu lassen, ist auch heute noch für die meisten Eltern wichtig.

Ein weiterer Faktor ist Angst. »Die Angst vor weite- rer Misshandlung, aber auch vor einem neuen Anfang außerhalb der Beziehung lähmt die Frauen und fesselt sie in der gewalttätigen Lebenssituation.«121 Sie macht das Opfer handlungsunfähig.

Neben diesen Faktoren gibt es einen, der für die meisten Frauen zu einem der wichtigsten gehört: die eigene Schuld und die Hofnung, selbst etwas ändern zu können. Viele Frauen geben sich, zumindest zum

Teil, selbst die Schuld an der Gewalt. »So äußerten denn auch viele der betrofenen Frauen, daß [sic!] sie hoten oder gehot hätten, daß [sic!] dann, wenn sie dieses oder jenes Verhalten unterließen, tatsächlich die Gewalt auhören würde«122. Obwohl die Hofnung im- mer wieder durch eine erneute Gewalttat des Partners zerstört wird, gibt es viele Opfer, die die Hofnung nicht aufgeben. Hier fällt auch die immer wiederkeh- rende Reue des Täters nach der Gewalt ins Gewicht.

Außerdem herrschte in der Beziehung nicht immer Gewalt. Die Erinnerung an die frühere Liebe und den Partner gibt stets neue Hofnung.

Das Gewaltschutzgesetz 2002

Ausgangspunkt des neuen Gesetzes123, welches 2002 in Krat trat, war die mangelnde Sicherheit für die Opfer und die kaum vorhandenen rechtlichen Folgen für die Täter. Vor dem Gewaltschutzgesetz mussten die Opfer häuslicher Gewalt meist in Frauenhäuser oder zu Be- kannten lüchten, um ihrem gewalttätigen Partner zu entliehen und hatten keine rechtliche Möglichkeit, in ihrem Umfeld zu bleiben und Schutz vor einer weiteren Gewalttat gewährleistet zu bekommen. Genau an die- sem Punkt setzt das Gewaltschutzgesetz an. Zunächst muss es »[…] sozusagen rechtliche ›Erste-Hilfe-Maß- nahmen‹ [geben], die unabhängig von Fragen der Tren- nung oder Trennungsabsicht und von einer mittelfristi- gen Wohnungsbenutzung sofort getrofen werden […], um einen Schutzraum vor (weiterer) Gewalt und Bedro- hung herzustellen«124. Ziel des Gesetzes ist es folglich, dem Opfer in akuter Situation mit rechtlichen Mitteln einen Schutzraum geben zu können, ohne dass das ge- wohnte Umfeld verlassen werden muss. Wichtig ist hier, dass es sich um zeitlich begrenzte Übergangslösungen handelt, die dem Opfer die Möglichkeit geben sollen, sich über den weiteren Verlauf mithilfe verschiedener Behörden in Ruhe Gedanken zu machen. Mit dem Ge- waltschutzgesetz wurde schließlich eine neue Interven- tionsphilosophie entwickelt, die dem Opfer bestmög- lichen Schutz bieten soll. Vor allem die polizeiliche Intervention hat sich durch das Gewaltschutzgesetz verändert und soll diesen Schutz gewährleisten.

Polizeiliche Intervention

Ot galt häusliche Gewalt eher als »Familienstreitig- keit«, nicht als Gewalttat. So versuchte die Polizei ot zwischen den beiden Parteien zu vermitteln, aber nicht das Opfer aus der Gefahrenzone zu ziehen. Mit dem Gewaltschutzgesetz hat der Staat für die Polizei neue Interventionsmöglichkeiten geschafen, die einen bes- seren Umgang mit häuslicher Gewalt möglich machen.

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Das Gewaltschutzgesetz erlaubt es den Polizist*in- nen, den Täter für zunächst 48 Stunden vom Haus des Geschehens zu verweisen. Hier spricht man von

»Platzverweis« oder »Wegweisung«. Um diese Maß- nahme rechtens anwenden zu können, muss eine aku- te Gefahr für das Opfer bestehen. In diesen 48 Stunden hat das Opfer die Möglichkeit, sich an verschiedene Stellen, wie Beratungsstellen, das Jugendamt oder An- wälte zu richten, um weitere Schritte zu relektieren. In den zwei Tagen kann außerdem eine Verlängerung des Platzverweises bis zu zwei Wochen beantragt werden.

Neben der Wegweisung vom Wohnraum kann außer- dem ein bestimmter Abstand um diesen Wohnraum oder um das Opfer beantragt werden, den der Täter jeweils einzuhalten hat. Hier spricht man von einem Kontaktverbot. Auch das Aufsuchen des Arbeitsplat- zes des Opfers oder anderer Orte können dem Täter untersagt werden, soweit seine eigenen Rechte dar- auhin nicht eingeschränkt sind.125

Diese rechtlichen Maßnahmen sind nicht nur im Gewaltschutzgesetz, sondern auch im Polizeirecht verankert.126 Neben dem Platzverweis wird das Op- fer noch vor Ort über mögliche Hilfen, wie z. B. Be- ratungsstellen, informiert. Hier setzt auch ein neuer Ansatz der kooperativen Intervention an. Es wird als sinnvoll erachtet, »[…] dass Daten zum Einsatz an Interventionsstellen und Unterstützungseinrichtungen wie z. B. Frauenhäuser weitergegeben werden«127. Zu- sätzlich zu den Informationen über Unterstützungs- einrichtungen wird das Opfer auch gefragt, ob die Polizei ihre/seine Daten an solche weiterreichen darf.

Meldet sich das Opfer nicht von selbst, so haben die Beratungsstellen die Möglichkeit, Kontakt mit dem Opfer aufzunehmen und Hilfe anzubieten.

Außerdem ist die Polizei dazu verplichtet, falls Kin- der in dem Haushalt leben, unverzüglich das Jugend- amt zu informieren.

Eine weitere Regelung ist, dass mit jedem polizei- lichen Einsatz eine Anzeige bei der Staatsanwaltschat seitens der Polizei eingereicht wird. Hierbei handelt es sich, neben den so gesicherten Konsequenzen für den Täter, auch um ein Schutzhandeln für das Opfer.

Viele Beziehungen werden auch nach einer Gewalttat weitergeführt. Um die Wahrscheinlichkeit einer erneu- ten Gewalttat möglichst gering zu halten, ist es wichtig, dass der Täter die Frau nicht für die Konsequenzen der Wegweisung verantwortlich machen kann. Geschehen Anzeige und Einschalten des Jugendamts automatisch, hat die Gewalttat unabhängig von der Frau Folgen.

Eine weitere Interventionsmöglichkeit der Poli- zei ist das in Gewahrsam nehmen des Täters. Dies

ist nach dem Polizeigesetz jedoch nur dann möglich, wenn »[…] auf andere Weise eine unmittelbar bevor- stehende erhebliche Störung der öfentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits einge- tretene erhebliche Störung nicht beseitigt werden kann, oder der Gewahrsam zum eigenen Schutz einer Person gegen drohende Gefahr für Leib oder Leben erforder- lich ist und die Person […] sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in einer hillosen Lage beindet«128. Hier hängt viel von den Polizist*innen vor Ort ab. Als erste am Ort des Geschehens müssen sie die Situation und die damit zusammenhängenden potenziellen Gefahren einschätzen und möglichst schnell angemessen han- deln. Hierbei ist wichtig zu sehen, dass das in Ge- wahrsam nehmen zwar ein gravierender Eingrif in die Freiheit des Täters, aber je nach Situation nötig ist, »[…] um Betrofene gegen Gefahren zu schützen, aber noch deutlicher, um weitere Strataten zu verhin- dern, die bei häuslicher Gewalt regelmäßig zu befürch- ten sind«129. Das in Gewahrsam nehmen des Täters, um Gewalt zu verhindern, z. B. bei Androhung von Gewalt, wird auch als Präventivgewahrsam bezeichnet, da schon vor der Gewalt eingegrifen wird. Dient der Gewahrsam dazu, die unmittelbare Fortsetzung von Gewalt zu verhindern oder besteht die Gefahr, dass die Gewalt, sobald die Polizei nicht mehr vor Ort ist, weitergeführt wird, spricht man von Unterbindungs- gewahrsam, da die schon passierte Gewalt vorläuig durch Freiheitsentzug des Täters unterbunden wird.130 Auch der Einluss von Alkohol oder anderen Drogen kann eine Rolle spielen. Beindet sich der Täter, auf- grund von Alkohol- oder Drogenkonsum, in einem Zustand, in dem er nicht mehr zurechnungsfähig ist, kann dies auch ein Grund sein, ihn vorübergehend in Gewahrsam zu nehmen.

Des Weiteren kann der Gewahrsam auch »[…] dazu dienen, eine Platzverweisung durchzusetzen«131. Gibt der Täter nicht freiwillig seine Schlüssel ab und ver- lässt die Wohnung nicht, kann die Polizei ihn auch aus diesem Grund in Gewahrsam nehmen.

Grundlegend kann die Polizei den Täter nicht län- ger als bis zum Abend des nächsten Tages in Gewahr- sam behalten. Wird zusätzlich zu dem Gewahrsam ein Platzverweis ausgesprochen, kann der Täter nach Ende des Gewahrsams für die Dauer des Platzverwei- ses nicht in die Wohnung zurückkehren.

Schutz von Kindern bei häuslicher Gewalt

Beinden sich Kinder in einem Haushalt, in dem Ge- walt geschieht, sind diese »Kinder […] immer Opfer

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[der] häusliche[n] Gewalt«132. Hier spielt es keine Rolle, ob das Kind selbst auch Gewalt in der Familie erfährt oder nicht. Geschieht Gewalt in der Beziehung der El- tern, tragen die Kinder immer einen Schaden davon, mindestens in Form von psychischem Stress mit trau- matischen Folgen. Ot übt z. B. »der gewalttätige Mann nicht nur Gewalt gegenüber seiner Partnerin, sondern auch gegenüber den Kindern aus«133. Hier ist es auch möglich, dass die Intention der Kindesmisshandlung ist, der Kindesmutter psychisch zu schaden«134.

Bei Kindesmisshandlung seitens der Eltern gilt das Gewaltschutzgesetz grundlegend nicht, dennoch ent- hält es eine Schutzfunktion für die Kinder. Die Polizei bzw. das danach zuständige Gericht ist dazu verplich- tet, das Jugendamt darüber zu informieren, welches Kind/welche Kinder in einem Haushalt mit häusli- cher Gewalt leben und welche richterlichen Entschei- dungen diesbezüglich getrofen wurden (Dauer des Platzverweises etc.). Diese Regelung soll »[…] das Ju- gendamt vor allem in die Lage versetzen, frühzeitig Überlegungen zur Frage eines eventuell bestehenden Umgangsrechts des Gewalttäters gegenüber den Kin-

dern anzustellen«135.

Auch wenn das Gewaltschutzgesetz im Haushalt le- bende Kinder nicht miteinschließt, greifen hier sofort andere Gesetze und Regelungen. Im 19. Artikel der UN Kinderrechtkonvention werden die Rechte eines Kindes deutlich benannt: Jedes Kind hat das Recht

»[…] vor jeder Form körperlicher und geistiger Gewalt- anwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung«136 geschützt zu sein. Auf dieser Basis werden bei häus- licher Gewalt die zuständigen Behörden informiert, die weitere Maßnahmen einleiten können.

Sexualisierte Gewalt (Vergewaltigung, sexueller Missbrauch)

Definition und rechtliche Grundlagen

Wie schon bei dem Begrif der »häuslichen Gewalt«

keine eindeutige Deinition gefunden werden kann, ist auch der Begrif der sexualisierten Gewalt nicht präzise zu deinieren. Dennoch kann man sexualisier- te Gewalt »[…] durch zwei Pole beschreiben: die enge Deinition der physischen, personalen Gewalt und die weite Deinition der strukturellen Gewalt«137.

Die enge Deinition konzentriert sich somit »[…]

auf körperliche Gewalthandlungen mit einem sexuel- len Kontext zwischen Täter und Opfer«138, wobei psy- chische Gewalt, welche in fast allen Fällen der sexua- lisierten Gewalt autritt, nicht miteinbezogen wird.

Sexualisierte Gewalttaten werden in der engen Dei- nition »[…] nur als die durch Drohung oder Gewalt er-

zwungenen sexuellen Übergrife mit Körperkontakt«139 beschrieben, ohne psychische Zwänge oder das sub- jektive Empinden des Opfers miteinzubeziehen.

Die weite Deinition beschreibt sexualisierte Ge- walt »[…] in Abhängigkeit von Autoritäts- und Macht- strukturen«140. Ot begründet sich die Gewalt »in der gesellschatlichen Akzeptanz der männlichen Gewaltan- wendung und der weiblichen Rollenvorgabe, die durch Normen und Erwartungen in die Opferrolle zwingen«141. Entscheidend für die Gewalt ist somit ein Machtun- gleichgewicht, welches sich meist in den Geschlech- terrollen begründet.

Hinzu kommt, dass sogar die Bezeichnungen der sexualisierten Gewalt je nach Schwerpunkt Unter- schiede aufweisen (z. B. sexuelle Gewalterfahrung, se- xuelle Ausbeutung, Seelenmord etc.142).

Einordnung und Klassifikation

Da der Begrif »sexualisierte Gewalt« viele verschie- dene Sexualdelikte beinhaltet, ist es notwendig, die- se in verschiedene Teilbereiche einzuordnen. Im Strafgesetzbuch wird zwischen Gewaltdelikten, wie Vergewaltigung und schweren Fällen der sexuellen Nötigung und Strataten gegen die sexuelle Selbstbe- stimmung unterschieden.

Katja Klehm zeigt eine Übersicht der Systematik der Sexualstrataten.143 Orientiert an den Einteilun- gen Eveline Teuferts (1980) bietet diese Klassiikation eine übersichtliche Einordnung der Tatbestände in vier Gruppen. Aufgrund der Gesetzesreformen von 1994 und 1998 wurden geringfügige Veränderungen vorgenommen.

Die Übersicht »[…] teilt die einzelnen Tatbestände in vier Gruppen, als weitgehend heterogene Grup- pierungen strafrechtlicher Normverletzungen ein«144, wobei zwischen der Art der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung unterschieden wird. Kindern, Ju- gendlichen, Gefangenen und widerstandsunfähigen Menschen wird hierbei nur eine eingeschränkte se- xuelle Selbstbestimmung zugeschrieben. Während bei erwachsenen Personen von Gewaltanwendung gesprochen wird, wird bei Kindern, Jugendlichen und anderen Personen, welche in einem Abhängig- keitsverhältnis stehen, von Ausnutzung dieser Ab- hängigkeit gesprochen. Gruppe 3 und 4 betrefen Tatbestände, welche keine direkte Täter-Opfer-Be- ziehung beschreiben, sondern der Missbrauch oder die Ausbeutung mittels Dritter geschieht oder ge- fördert wird (3) oder der Tatbestand die Verletzung des allgemeinen Sittlichkeits- und Anstandsbein- dens betrit (4).

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