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(1)

Die Orden in den deutschen Texten

zur

Kirchen- und Reichsreform des 15. Jahrhunderts

Die

Texte,

deren Autoren ich im

folgenden

nach ihrer

Meinung

über die

geist-

lichen Orden

befragen will,

stellen ein

problematisches Corpus dar, ja

es ist die

Frage,

obes

überhaupt

sinnvoll

ist,

sieals ein

Textcorpus

zu

behandeln,

obwohl

das vielfach üblich

ist,

seit Constantin Höfler 1850vonder

spätmittelalterlichen

Reichsreform

sprach1.

In der

Folgezeit

ist immerwieder davon die Rede gewesen, daßim 15.

Jahr-

hundert nicht nureine ReihevonAutoren dieZeichen derZeit

erkannt,

dieRe-

formbedürftigkeit

vonReich undKirche

analysiert

und daraus mehr oder

weniger

aussichtsreiche

Verbesserungsvorschläge abgeleitet

habe.

Ja

mehr:Es

gibt

seitdem

die Reichsreform des deutschen

Spätmittelalters oder,

um den Titel derzusam- menfassenden

Monographie

vonErich Molitorvon1921 zuzitieren: DieReichs-

reformbestrebungen

des 15.

Jahrhunderts.

Inder letzten

Auflage

vonGebhardts

Handbuch haben sowohl Friedrich

Baethgen

wieKarl BosldieserReichsreform ein

eigenes Kapitel gewidmet2.

SiehabeneinPhantom beschrieben.

Obwohl nichterstich das

meine3,

scheint esmirdoch nicht

überflüssig,

diese

Meinung

in aller Kürze zu

begründen.

Was wäre denn die

Bedingung

einer

Reichsreformindemsooft

behaupteten

Sinne?

Eine erste

Bedingung

würde in der

Meinung

der

Zeitgenossen bestehen,

daß

jene Äußerungen,

dievon

späteren

HistorikernzueinerGeschichtevonReichs-

reformbestrebungen

zusammengezogenwerden

sollten,

tatsächlichzusammenge-

hörten, daß,

andersgesagt,die

Autoren,

deren

Meinungen später

als

Zeugnis

eines

überindividuellen Denk- und

Diskussionsprozesses

in

Anspruch

genommen

wurden,

voneinander

wußten,

daßsieaufeinander

Bezug

nahmen.

War das der Fall? Die

eingangs

erwähnten modernen Autoren haben diese

Frage

nicht

gestellt.

Sie

begnügten

sich

damit,

einen

allgemeinen

Wandel des

1 Constantin

Höfler,

Überdie

politischen Reformbewegungen

inDeutschland im 15.Jahr-

hundertund denAntheil Beyernsanderselben(München 1850).SieheHeinz Angermeier,

DieReichsreform1410-1455(München1984)22f.

2 [Bruno] Gebhardt,HandbuchderDeutschen Geschichte1,

hrsg.

v.HerbertGrundmann

(Stuttgart91970)

§§209,215und256.

3Siehe namentlich die

einschlägigen Darlegungen

vonPeterMoraw,vorallemin:Deutsche

Verwaltungsgeschichte, hrsg.

v.KurtG. A.Jeserichu.a.1 (Stuttgart1983)58ff.

(2)

Zeitgeistes anzunehmen,

mit einem

Gärungsprozeß

zu

rechnen,

wie die gern

gebrauchte Metapher

aus der

Weinproduktion lautete,

derer sich schon Ranke bei der

Beschreibung

des

späteren

Mittelalters bediente4. Die Reichsreform-

bewegung

sollte Teil dieses

Gärungsprozesses

sein. Die in aller

Regel evangeli-

schen

Historiker,

diediesen

Gärungsprozeß beschrieben,

sagten zwar

nicht,

daß

der

Wein,

deramEnde

herauskam,

die lutherische Kirchegewesen sei. Dochlief die

Sache,

nimmtmandie

Metapher

vonder

Gärung halbwegs

ernst,daraufhin-

aus.

Noch

problematischer

war, daß unterder

Überschrift

Reichsreform nichtnur

literarischeTexte wie dieoft genannte Reformatio

Sigismundi5

oderaufwissen-

schaftlicher

Grundlage geschriebene Erörterungen

wiedie Concordantia catho- lica des NikolausvonCues6

eingeordnet wurden,

sondern auch AktenvonVer-

handlungen,

deren Zielzum

Beispiel

einneuerReichslandfriedenwar.

Das sind

heterogene Texte,

deren

Zusammenhang

nur dadurch konstituiert

wurde,

daß

spätere

Historiker

meinten,

unterden

Zeitgenossen

habeeineDebatte

umdie Reform des Reiches stattfindenmüssen,undandieserDebattehättensich einNikolausvonCues wieauch

diejenigen,

die sichumeinenReichslandfrieden7

bemühten, beteiligt

oder

jedenfalls beteiligen

müssen.

Voneiner solchen

Beteiligung

kannaber keine Rede

sein,

und die

Erwägung,

was

jemand

inder

Vergangenheit

nach

späterer Meinung

hättetun müssen,kann sinnvollerweise bei der

Frage danach,

wasdennfrüher wohl gewesensein

könnte,

kein Gewicht haben.

Das

heißt,

die erste

Bedingung,

die

gegeben

sein

müßte,

wenn eserlaubt sein

sollte,

von der Reichsreform schlechthin zu

sprechen,

ist nicht

gegeben

oder

jedenfalls

nicht erwiesen. Wir wissen

nicht,

ob die Praktiker die Schriften der Theoretiker zur Kenntnis genommen

haben,

wir haben keine Anzeichen

dafür,

daß das

geschehen

sein

könnte,

und esist

ebensowenig

zu

erkennen,

daß

wenig-

stensdie Theoretiker voneinander

gewußt

haben.

Eine weitere

Bedingung dafür,

daß es erlaubt wäre, bestimmte Texte des

15.

Jahrhunderts

zu

Zeugnissen

einer

Bemühung

um Reichsreform zusammen-

zuziehen,

wäre, daß dieseTextenicht willkürlich

zerteilt,

sondernimganzen zur

Kenntnis genommen

werden,

und dasist nicht

geschehen.

4Hartmut Boockmann,Dasfünfzehnte

Jahrhundert

und die Reformation,in: Kirche und

Gesellschaftim

Heiligen

Römischen Reich des15.Jahrhunderts,

hrsg.

v.dems.(Abhandlun-

gender Akademie der Wissenschaftenin Göttingen.Phil. hist. Kl. 3.

Folge

206,

Göttingen

1994) 13. Siehe auch zum

„Lieblingsthema

der

Spätmittelalterforschung",

nämlich zur

„Krise",ErichMeuthen,Gabeseinspätes Mittelalter?,in:

Spätzeit, hrsg.

v.JohannesKunisch (Berlin 1990)109ff.

5Monumenta GermaniaeHistórica,Staatsschriften desspäterenMittelalters6: Reformatio

Sigismundi, hrsg.

v.Heinrich Koller(Stuttgart1964).

6Nicolai de Cusa Opera omnia 14: De Concordantia Catholica,

hrsg.

v. Gerhard Kallen

(Hamburg

1963).

7 Siehe zum

Beispiel

den Reichslandfrieden von 1442, die von den

Zeitgenossen

oft so

genannte „Reformatio Friderici" und die Akten von dessen

Vorgeschichte,

in: Deutsche

Reichstagsakten

16(Gotha[1921-]1928).

(3)

Die literarisch-theoretischen

Texte,

wieich

diejenigen Zeugnisse

der Einfach- heit halber nenne, die nicht allein Reliktevon

Verhandlungen,

also

Akten, sind,

behandeln nämlich die Reichsreform und die Kirchenreform zusammen, und nichtnurdas.DieReichsreform ist nicht der

primäre Gegenstand

dieser Schriften.

Deren

hauptsächlicher

Inhalt und auch Anlaßistvielmehr die Kirchenreform.Die Reichsreform kommterst

parallelisierend

zur

Sprache8.

AusdiesenTexten immer wieder nurdie Partien

herauszulösen,

dievonder Reform des Reiches

handeln,

führt unvermeidlichzueinemZerrbild.

Von der Reichsreform ohne Rücksicht auf die Kirchenreform darf man nur

reden,

wenn mansichauf die

Analyse

der Akten konzentriert und die literarisch- theoretischenTexte beiseite läßt. So ist Heinz

Angermeier

in seinem Buch über

die Reichsreform vorgegangen,

wenngleich

nicht

völlig konsequent.

Denn man

findet bei ihm auch ein

Kapitel

über die Reichsreform in der

Theorie,

und das

leidet sichtbar

darunter,

daßerdie

Fragen

der Reichsreform

energisch

vondenen

derKirchenreform trennt9.

Hiersolles nun umein Problem der Kirchenreform

gehen.

Ich möchtedanach

fragen,

wiees

einige

derimmerwiederzitiertenReformautoren

-

die Theoretiker der Kirchen-wiederReichsreform

-

mitder Reform der Orden halten.

Angesichts dessen,

wasich ebenzurmodernenLiteratur überdie Reichsreform bemerkt

habe,

könntees

scheinen,

ich wolltenunden dort notiertenFehlermei-

nerseits

begehen,

indem ichzwarnicht die Reichsreformvonder Kirchenreform

abtrenne,

wohl aber die Kirchenreformvon der Reichsreform. Ich hoffe

jedoch,

dadurch

legitimiert

zu

sein,

daß die Kirchenreform der

primäre Gegenstand

dieser

Autoren

ist,

während der Reichsreform erst eine

nachrangige Bedeutung

zu-

kommt.

Doch habe ich ander traditionellen

Darstellung

dieser

Dinge ja

auch

kritisiert,

daß nicht danach

gefragt wurde,

ob die

Autoren,

die als

Zeugen

füreineReichs-

reformdiskussionin

Anspruch

genommen

wurden,

denn

überhaupt

voneinander

gewußt haben,

obsie Partner einesDiskurseswaren.Ist,falls sich das nichterwei-

sen

läßt,

nicht auch die

Frage

nach der

Meinung

dieser Autoren über die

geist-

lichen Orden

fragwürdig?

Dashoffe ich nicht.

Denn einen Diskurs kann man doch wohl nicht nur dort

treffen,

wo man

Autoren

findet,

die tatsächlich voneinander

gewußt

und aufeinander

Bezug

ge-

nommen haben. Ein

anderer,

wenn auch

weniger befriedigender Weg

besteht

darin,

Autoren nach ihrer

Meinung

übereinen wesentlichen Sachverhalt zufra- gen,um ausdenAntwortenGemeinsamkeiten abzuleiten oder auch nicht. Findet

man

Gemeinsamkeiten,

sokönnteman

meinen,

einenSchrittweiterzu

sein,

aber

8 Hartmut Boockmann, Überden

Zusammenhang

von Reichsreform undKirchenreform,

in:ReformvonKirche undReich,

hrsg.

v.IvanHlavácek u.Alexander

Patschovsky

(Kon-

stanz1996).Siehe fernerAngermeier(wieAnm. 1)und Karl-FriedrichKrieger,

König,

Reich

und Reichsreform im

Spätmittelalter (Enzyklopädie

Deutscher Geschichte 14, München 1992)49,derden

Zusammenhang

vonKirchen-und Reichsreform

allerdings

etwasverklei-

nert.

9 Wie Anm.1,84ff.

(4)

daswärenur

jener Irrtum,

der ebenzu

jenem

traditionellenBildvonder

Gärung

des

späteren

Mittelalters

geführt

hat. Etwas festeren Boden

gewinnt

man

jedoch,

wennzuden

gedanklichen

Gemeinsamkeiten auch eine Gemeinsamkeit der sozia- lenSituationderAutoren

tritt,

wenn manAnlaßzuder

Vermutung hat,

daß

das,

was sie meinen

-

indiesemFall über die

geistlichen

Orden

-

auchetwasmitihrer

eigenen Stellung

imLebenzutunhat.Sokönnteeshiersein.

DerKern

dessen,

was ichnun

darlegen möchte,

bestehtinder

Vermutung,

daß

wir indenAutorenvon

Vorschlägen

zurReform der Kirche

-

und sekundär auch des Reiches

-

in einem

prononcierten

Sinne Weltklerikervor uns haben. Schon daß diese Autoren Kleriker

sind,

ist eine

Feststellung, die,

so könnte man viel-

leichtsagen, querzu den traditionellen

Meinungen

über Kirchen- undReichsre- formimMittelalter steht. Manhat sich nicht hinreichend darüber Rechenschaft

gegeben,

daß die

Reformforderungen

damals klerikale

Forderungen

nicht nur

waren,sondern auchnurseinkonnten.So

lag

diegenauere

Frage,

wasdas denn für Klerikerwaren, die sichda

artikulierten,

fern. Zu einer Antwortauf diese

Frage

lädt

jedoch

eine

Untersuchung

dessen

ein,

wasin

jenen

Reformschriften überdie

geistlichen

Ordenund deren

Erneuerung

gesagtwird.

Danach will ich nun

fragen,

und ich

beginne

mit dem anonymenAutor der

Reformatio

Sigismundi,

weilsich dermitden

geistlichen

Ordenamausführlich-

sten

beschäftigt.

Indieser Ausführlichkeitmageine

Rechtfertigung

dafür

liegen,

mit ihmnichtnur zu

beginnen,

sondernihmauchdas

größte

Gewichtzu

geben.

Allerdings widerspreche

ich mir-

scheinbar oder tatsächlich

-

selbst,

wenn ich

eine

Erwägung

über diesen Autoranden

Anfang

setze,da ich mich

ja

-

mit eini- gem

Erfolg,

wieich hoffe-

dafür

ausgesprochen habe,

die sekundäre

Bedeutung

dieses

Mannes,

alsodas

Gewicht,

das ihminder Wissenschaftseitdem

ausgehen-

den19.

Jahrhundert zukommt,

deutlichvondemzutrennen,wassich überseine

Rezeption

unter den

Zeitgenossen

und unmittelbar Nachlebenden sagen läßt.

Entgegen

den

Meinungen,

dieseitdem

ausgehenden

19.

Jahrhundert das,

was in

dieser

merkwürdigen

Reformschrift zu lesen

ist,

als einen unmittelbaren Aus- druck des

Zeitgeistes

in

Anspruch

zu nehmen können

glaubten10,

meine

ich, nachgewiesen

zu

haben,

daß dieserTextbisindieReformationszeit hinein nahezu

wirkungslos

gewesen

ist,

daßseine

vergleichsweise

breite

Überlieferung

undauch

die

Bemühungen derer,

die modifizierteVersionen der Schrift

herstellten,

einem

Irrtumoder aucheinerabsichtsvollen

Spekulation

zuverdanken

sind,

nämlichder

Fiktion,

daßessich bei diesen

Erörterungen

tatsächlichumeineautoritativeVer-

lautbarung

dessen

handelte,

wasdie

Meinung

Kaiser

Siegmunds

war11.

Es istnicht ohneGrund gesagt

worden,

daß

das,

was inder Reformatio

Sigis-

mundizu lesen

ist, gelegentlich

andas

erinnert,

was im Umkreis des

Königs

ge-

10 DazudieÜbersichtvonLothar

Graf

zuDohna,ReformatioSigismundi (Göttingen1960)

203ff.

11 Hartmut Boockmann, Zu den

Wirkungen

der „Reform Kaiser

Siegmunds",

in: Studien

zum städtischen

Bildungswesen

des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit,

hrsg.

v.

Bernd Moelleru.a.

(Abhandlungen

derAkademie der Wissenschaften in Göttingen, Phil,

hist. Kl.3.

Folge

137,Göttingen 1983).

(5)

dachtwurde12. FürdieOrdensreform

gilt

das

gewiß weniger

als für andere Ge- biete.Aber die Ordensreform

spielt

indiesemText eine

herausragende Rolle,

und

das

gilt

nichtnurfür diesen

Text,

undsolohntes

sich,

danachzu

fragen,

wasdenn

derAutorder ReformKaiser

Siegmunds

vonden

geistlichen

Ordenhält.

Erhältvonden

geistlichen Orden,

sokannmansagen,

wenig.

AmEndelaufen

seine

Meinungen

immer wiederauf

Einschränkungen, Begrenzungen

und Reduk-

tionen hinaus. Doch die sind das Resultat ausführlicher

Zustandsbeschreibungen

und

Zukunftspostulate.

Und die erlauben einen Blick auf das Verhältnis von

Wirklichkeitserfassung

und

Reformpostulat13.

Wie bei

jeder Frage

nach derReformatio

Sigismundi

darfmanauch hier nicht

verkennen,

daßder Textunsinverschiedener Gestalt überliefertist.Die

Fassung,

die wohl 1439

abgeschlossen

worden

ist,

haben wirnur

annäherungsweise

und

handschriftlich in einem

einzigen Exemplar14.

Andere Handschriften stellenBe-

arbeitungen dar,

die sich von diesem die

Urfassung halbwegs repräsentierenden Exemplar

beträchtlich unterscheiden. AuchimHinblick auf die

geistlichen

Orden

gibt

es da Unterschiede. Doch am Ende

gelten

dieerwähnten

Einschränkungen

für alle

Fassungen

der Reform Kaiser

Siegmunds.

ImGrundsatz sind sich diese

Fassungen,

sosehrsiesichsonstvoneinander auch

unterscheiden, einig.

Die Or-

densangehörigen

sollen in ihre Klausuren

zurückgeführt,

die

Aufgaben

und die

Pfründendes

Weltklerus,

diesieinnehaben und

versehen,

sollenihnengenommen werden15.

Wieauchsonstlassen sichimHinblick auf die

Reformpostulate

betreffend die

geistlichen

Orden beim VerfasserderReformKaiser

Siegmunds

undden Bearbei-

ternseines Textesvielfach Irrtümerbei der

Darlegung

sowohl derals vorbildlich

angesehenen

früheren Zustände feststellen wie auch bei der

Beschreibung

der

Gegenwart.

Allzu rasche

Verallgemeinerungen

lokaler

Erfahrungen

führennicht

12Heinrich Koller,

Beiträge

zum Kaisertum Friedrichs III., in:

Geschichtsschreibung

und

geistliches

Leben imMittelalter.FestschriftfürHeinz Löwe(Köln,Wien1978)578f.; ders., Die

Aufgaben

der StädteinderReformatio Friderici(1442),in: Historisches

Jahrbuch

100 (1980)201ff.Sieheauch MichaelHiersemann,DerKonflikt

Papst-Konzil

und die Reforma- tio

Sigismundi

im

Spiegel

ihrer

Überlieferung,

in:Zeitschrift für Historische

Forschung

9 (1982)12.

13Hermann

Heimpel

hatwiederholt nichtnurauf diehinter

Reformforderungen

stehende

Wirklichkeit aufmerksam

gemacht,

sondern auch darauf, daß man es im Zweifelsfall mit

„einerGeneralisationvon

Einzelbeobachtungen"

zutunhabe, „dieineinem

verhältnismäßig

engenBereich

gemacht

sind":DieFederschnur. Wasserrecht und Fischrechtinder „Refor-

mation Kaiser

Siegmunds",

in:Deutsches Archiv19(1963)452.Siehe auch die

Bemerkungen

von

Johannes

Helmrathdarüber,daß „dieältereLiteratur...ihreKenntnissevonMißstand und Reform...auseinerHandvoll Traktaten" entnahm:Reformals Thema derKonziliendes

Spätmittelalters,

in:ChristianUnity,

hrsg.

v.Giuseppe

Alberigo

(Leuven 1991)87f.undetwas modifiziert in:

Rottenburger

Jahrbuchfür

Kirchengeschichte

71 (1992)47f.

14Es handelt sichumdieFassungN.SieheAnm.5,zitierte Editionsowieauch denÜber- blick vonHeinrich Koller, in: Diedeutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 7

(Berlin,NewYork21989)1070ff.

13Edition(wieAnm.5),96ff.,106ff.,116ff., 160ff. und182ff.

(6)

seltenzu

unrichtigen Aussagen16.

Die aber

verdienen,

wieschon gesagt, Aufmerk- samkeit nicht

deshalb,

weil der

spätere

Historiker dem

Quellenautor

Fehler nach- weisen

kann,

sondern vielmehr

darum,

weilsiesoetwaswiedie

empirische

Basis

erkennen

lassen,

auf der die

Reformforderungen

des Autors dieser

Schrift,

aber

gewiß

auch

anderer,

die sich hier

äußerten,

aufbauten. Gerade der

Umstand,

daß

die Reformatio

Sigismundi

nichtnurineiner Textversion überliefert

ist,

die den Absichten des Autors rechtnahezu stehen

scheint,

sondern auch in beträchtlich veränderten

Versionen, gibt

der Tatsache

Gewicht,

daß die

Aussagen

über dieRe-

form der Ordenindem

ursprünglicheren

Textundinden

späteren Fassungen

im

Prinzip gleich

sind. Obwohl die Bearbeiter der

ursprünglichen Fassung

den ihnen

vorliegenden

Textvielfach verändert

haben,

sindsiedoch bei dem

geblieben,

was

derAutorüber die Orden

geschrieben

hat.Siewußtenesoffensichtlichnicht bes-

seralser.Siehatten offenbar keine anderen Ziele.

Dochworum

ging

esimeinzelnen?Der Autorder Reformatio

Sigismundi

for-

dert eine radikale

Beschränkung

der

Ordensgeistlichen

auf den Chordienst17. In

unseren

Augen

fordert der

Reformer,

demes immerwiederumdie Rückkehrzu den

ursprünglichen Ordnungen geht,

damitetwas,wasden

Angehörigen

der alten

Orden sehr wohl angemessen gewesenwäre, den Bettelorden

aber,

die hier aus-

drücklich genannt

werden, gerade

nicht. Verkannteder AutordenUnterschied?

Oder will er

hier,

entgegen dem ausdrücklichenTenor seiner

Postulate18,

doch

etwasNeues?

Dafür könnte

sprechen,

daß den Bettelorden nicht nur das Abnehmen der Beichte und das Gewährenvon

Begräbnissen

verboten werden

soll,

sondern auch die

Predigt,

essei

denn,

dafür bestehe Bedarf und der Bischof

gebe

die Erlaubnis19.

Die

Fassung

V,inder die Schriftamweitestenverbreitet worden

ist, fügt

noch

präzisierend hinzu,

dieser Bedarfmüssein einemPfarrbezirk

bestehen,

während

eine weitere

Fassung (P)

diesen Absatz

wegläßt20.

Die

ursprünglichste Fassung dagegen

fährtmitder

Bemerkung fort,

mansollemitdenKartäusernebensover-

fahren21. Der Verfasser oder

jedenfalls

der

Autor,

dem die dem

ursprünglichen

Textamnächsten stehende

Fassung

zuverdanken

ist,

stellt alsoeinenalten Orden ausdrücklich mit den Mendikanten aufeine

Stufe,

während ein modernerLeser

diesen Orden eher dort suchen

würde,

woinder Reformschriftvonden Benedik- tinernundZisterzienserndie Redeist.Was magdenAutorveranlaßt

haben,

aus-

gerechnet

die Kartäuserebenso behandelnzuwollenwiedie Bettelmönche? Die

16 SieheAnm.13.

17 Edition(wieAnm.5),204f.

18 Daß derAutornicht aufeine inden FundamentenneueWelt zielte,sondern „Reform"

mittelalterlichverstand,also als Rückkehrzuden

ursprünglichen

Normen,dürfte nach der DissertationvonDohna(Anm. 10) nichtzubestreiten sein. Siehe auchHermann

Heimpel,

Dasdeutsche15.JahrhundertinKriseund

Beharrung,

in:DieWeltzurZeitdesKonstanzer

Konzils(Vorträgeund

Forschungen

9, Konstanz, Stuttgart1965) 27ff. sowieHiersemann, (wieAnm.12),11.

19 Edition(sieheAnm.5),206f.

20 Ebd.207Z.21(linke

Spalte)

sowie dieLückeinderrechten

Spalte.

2' Ebd. 208,210.

(7)

Schreiber von anderen Handschriften haben diese Sonderbarkeit des

ursprüng-

lichsten Textes immerhin bemerkt. Sie haben diesen Satz

weggelassen

oder die

Sache durch eine

eigene Überschrift

„von den Cartußern" zu heilenversucht22.

Anders sieht es beim Deutschen Orden und bei den

Johannitern23

aus. Hier

modifizierendieRedaktorendie

späteren Fassungen

zwar

auch,

aber siemachen

dasGanze damitnicht besser.

Die eben

erwähnte,

der

Urfassung

am nächsten stehende Handschrift N be-

ginnt

mit der

Feststellung,

dieKomture

sängen

nichtundsieläsen auchnicht. Das

brauchten die Ritterbrüder des Ordens auch nichtzutun24. Oder sollte derAutor Priesterbrüder

meinen,

weil es in seinem

Erfahrungsbereich

Kommenden

gab,

deren Komture Priesterbrüderwaren25?

Dergleichen

magder Autor vor

Augen gehabt haben,

aberer hat mit seiner

Forderung

doch die Priesterbrüder

gerade

nicht

gemeint.

Er sagt nämlich

anschließend,

diese würden im Orden unter-

drückt26.

Die

Fassung

P wirft nicht nur den

Komturen,

sondern auch den

Brüdern,

womitwiederum die Ritterbrüder

gemeint sind, generell

den

mangelnden

Chor-

dienst vor, während die

Fassung

G wortreicher ist und diese Kritik dadurch

verdeutlicht,

daßsiedieOrdensritter als Mönche bezeichnet27. Damitwird zwar der Vorwurf

mangelnden

Chordienstes etwas

plausibler,

doch weiß der Autor

offensichtlich

nicht,

daß die

Reformforderung,

die er hier

weitergibt

und ein

wenig ausdehnt,

aufeinenRitterorden

zielt,

und das istum so

auffälliger,

alsseine

Kenntnisseüber den Deutschen Ordenweiterreichen als

die,

denenmanin den

anderen

Fassungen begegnet.

In der Handschrift G ist nämlich ausdrücklich davondie

Rede,

daß diese Gemeinschaft sichvonanderen

Orden,

die ihre Nieder-

lassungen

im Reich

haben,

unterscheidet. Der Bearbeiter wirft dem Deutschen Orden vor, nicht den Glaubengegen dieHeiden

gestärkt

zu

haben,

und erver-

weistals

Beleg

auf die

Verhandlungen

vordem Basler

Konzil28,

vordem in der

22 Ebd.208*».

23 Ebd. 182ff.ZurSache siehe UdoArnold, Reformansätze im Deutschen Orden während des

Spätmittelalters,

in:

Reformbemühungen

und

Observanzbestrebungen

im

spätmittel-

alterlichenOrdenswesen,

hrsg.

v.

Kaspar

Elm(Berlin 1989)undHartmutBoockmann,Der

Deutsche Ordenum1400,ebd.

24 Edition(wieAnm.5),184Z.2f.ZurLebensform derOrdensritter hiernurUdoArnoldin

Katalog:

800

Jahre

Deutscher Orden,

hrsg.

v. GerhardBottund Udo Arnold (Gütersloh,

München1990)342.Zur

bedingten

und

eingeschränkten

Teilnahmeam

Chorgebet

Herbert Grundmann,DeutschesSchrifttumimDeutschenOrden,in:

Altpreußische Forschungen

18 (1941)39ff.

23 ImJahre1393,ausdemmandiebesten KenntnisseimHinblickauf dieBallei Elsaß-Bur-

gund

desDeutschenOrdenshat,amtiertenPriesterbrüderalsKomtureinSundheim,Straß-

burg

und Andlau:Karl-Otto Müller,

Beschreibung

der DeutschordensballeiElsaß-Schwa-

ben-Burgund

imJahre1393(Stuttgart1958)37, 41,43.

26Edition(wieAnm.5),184Z.5.

27 Ebd. 185Z.3ff. rechts unduntenZ.27.

28 Ebd. 185untenZ.31ff.

(8)

Tat,

ebenso wie in

Konstanz,

der

Heidenkampf

diesesOrdensinPreußenundder

Konflikt zwischen diesem und Polen-Litauen verhandeltworden war29.

Doch auch diese genauere Kenntnis führt nur auf die Gedankenbahnen der

ursprünglichen Fassung

derReformschriftzurück. Das Aund Osind die Pfarr-

kirchen,

diedem Orden

inkorporiert

sind bzw. derenPatronate siebesitzen.Man soll sie dem Deutschen Orden

nehmen,

schreibt der Redaktor dieser

Fassung ebenso,

wie die anderen Bearbeiterwiederholt zum Problem der

Ordenspfarrei

zurückkehren30. Und er

fügt

der aus der ältesten

Fassung

übernommenen Fest-

stellung,

imDeutschen Ordenseiendie Priesterbrüder

gering geachtet,

die Forde-

rungan,diesen Orden

gänzlich

aufzulösen31.

Dieses Postulat istzwar nurin diesereinenHandschrift überliefert und findet sichhierüberdies amRande

nachgetragen,

aberes

fügt

sichdennoch dem

Tenor,

der bei der

Behandlung

der

Ordensfragen

sowohl in der älteren

Fassung

N wie

auch inallen anderen Versionen

vorherrscht,

ohneweiteres ein.

Das

größte Übel,

gegendas hierangegangen

wird, scheinen,

wieeben schonge- sagt, die

inkorporierten

Pfarreienzu

sein,

und der

Weltpriester

ist sozusagender Helddes

ursprünglichen

Autors wieauch der

späteren

Bearbeiter der Schrift.Das

Ausgreifen

der Orden über die ihnengesetzten Grenzenhinaus

dagegen

isteines

deramschwersten

wiegenden Verfallsphänomene32.

Als Maßstab dienen

dabei, ungeachtet gelegentlicher,

schon erwähnter Wider-

sprüche,

die alten

Ordnungen.

Ebensowieder Verfasser

generell

der

Meinung ist,

die Simonie habe in der ersten Hälfte des 13.

Jahrhunderts

Kirche und Weltzu zersetzen

begonnen33,

meint er auch

hier,

die

Expansion

der Orden über ihre

ursprünglichen

und wahren

Aufgaben

hinaus habe

damals,

imfrühen13.

Jahrhun-

29 Siehedieinder

Ausgabe

(wieAnm.5),184Anm. 6 zitierteLiteratur,der inzwischen die

einschlägigen

Bände mitdenBriefen zwischen demHochmeisterund seinemVertreter am

päpstlichen

Hof

-

und auf dem Basler Konzil

-

hinzuzufügen

sind:DieBerichte derGene-

ralprokuratoren

des Deutschen OrdensanderKurie 4

(Göttingen

1973und1976).

30Edition(wieAnm.5),185untenZ.39f.Siehe ferner184Z.9und185Z.14f. rechts.

31 Ebd. 185untenZ.36.

32Die

einschlägigen

Stellen der Schrift bereiten

gelegentlich Schwierigkeiten,

weil derAutor

als„Orden"nichtnurMönchs-undRitterorden bezeichnet.ErverwendetdasWortauchin

jenem allgemeinen

Sinne,der dazu

geführt

hat,daßman„ordo"alseinSchlüsselwortfür das Verständnis des Mittelalters benutzenzukönnenmeinte(dazu Otto GerhardOexle, Ordo,

in:LexikondesMittelalters,6,7[München,Zürich1993] 1436f.),aber auch alseinesder Sie- benSakramente,also alsOrdination.Soverstanden ist„Orden"fürdenAutor ein

positiver Begriff,

wiemannamentlich72Z. 11f.(Anm. 5zitierteEdition)sieht.Die

Schwierigkeiten,

die sichaus dieserdifferenten

Verwendung

von„ordo"

ergeben,

findetman schonbei den späterenVersionen der Reformschrift. K. (a.a.O. 72 Z. 29ff.)verdeutlicht, daßes um das Sakrament der Ordination

gehen

soll.DagegendeutetP.dieSacheum.DerVerfasser dieser Version(73Z.16ff. rechtsa.a.O.)

spricht gleich

-

entsprechend

demTenordesAutors

-

von

den

Verfehlungen

der„ordenlüte",diewiedie

„legenpriester"

lebten.Damithättensiefrei-

lichdasgetan,wasnach der

Meinung

desAutorsdasBestewar,wasGeistliche

überhaupt

tun

konnten.

33 Anm. 5zitierteEdition60und64.

(9)

dert,

ihren

Anfang

genommen, als dieersten

Päpste

aus den Orden

gekommen

seienund diesen nunVorteileumVorteile

zugeschanzt

hätten34.

Dochistes nichtnurdieNormder alten und

ursprünglichen Ordnungen,

von

der der Verfasser in seiner Polemik gegen die Orden

geleitet

wird.

Wichtiger

scheint eine

-

wenn man sowill

-

theologische Begründung,

nämlichdas

Argu-

mentmitden Sakramenten und mit

denen,

die die Sakramente verwalten.

DieSieben Sakramente werden als das Fundament der rechten

Ordnung

imall-

gemeinsten

Sinne genannt, und die

Pfarrkirche,

wo sie

gespendet werden,

wird

darum zum Zentrum der Welt. Wiederholt versichert der

Autor,

mit Rücksicht aufdie

Verfügung

überdieSieben Sakramentesei

jede

Pfarrkirche

würdiger

alsein

Kloster35.

Indirekt

leugnet

der Reformer

damit,

daß auch Mönche die Priesterweihe haben

könnten,

undsohaterallen

Grund,

die den Orden

inkorporierten

Pfarrkir-

chenalsPhänomeneines

späten

Verfallsimmerwiederzu

bekämpfen.

Mit seinen

Quellen

muß er

freilich,

wenn auch aufverdeckte

Weise, einräumen,

daß schon

Papst Gregor

I. Mönch gewesen ist36. Nur die

Fassung

G

spitzt

die General- tendenzzu und sagt, nach

Meinung einiger

sei dieser

Papst

gar keinMönch ge-

wesen37.

Dochdas stärkste

Argument

ist hiernicht die

Geschichte,

sondern vielmehr die schon durch

Christus,

und

nicht,

wie

sonst38,

durchConstantin

geschaffene

Ord-

nung.Denn die

Weltpriester

stehen für die

Jünger

der

Apostel39.

Sieund niemand anders stellenSt. PetersOrden

oder,

soheißtes ananderer

Stelle,

seineNachkom-

mendar.Die klösterlichen Orden

dagegen

sind sekundäre

Erscheinungen.

Falls

Christus

geahnt hätte,

soheißtesin einemanderen

Zusammenhang,

daß Christen einmal Klöster errichten

würden,

so würde er sich schon hinreichend deutlich über dieMönchsorden

ausgesprochen

haben40.

Inder

Ordnung,

welche die Reformatio

Sigismundi entwirft,

istfür Mönche

undNonnenund deren Orden nicht eben viel Platz. Sieerscheinen streckenweise

geradezu

als die

Hauptgegner

der neuen

Ordnung,

und die Distanz zwischen

ihnen und denvomVerfasser

bekämpften Beginen

und Lollarden41 istnicht

groß.

Wer die

heftigen Auseinandersetzungen

zwischen Weltklerus und

Ordensgeist-

lichkeit namentlichim14.

Jahrhundert

und deren

Fortsetzung

in Konstanzundin Basel

kennt42,

demwird diesePolemik nicht unverständlichsein.Umso

dringen-

der stellt sich aberdie

Frage,

ob diese Reformschrift nicht einfach

überhaupt

nur

34 Ebd.96.

33 Ebd.70ff. und100Z.8.

36 Ebd.96Z. 9f.

37 Ebd.97untenZ.40.

38 Ebd.60f. und94ff.

39 Ebd.92.

Ebd.92,94und98.

4i Ebd. 216ff.

42 DieterMertens,Reformkonzilien undOrdensreformim15.Jahrhundert,indem inAnm.

23zitiertenSammelband; Helmrath,(wieAnm. 13),131ff. bzw.56ff.

(10)

ein

Zeugnis

für diese Polemik

ist,

nicht so sehr das bekannteste

Beispiel

für

Reichs- und

Kirchenreformbemühungen,

als das sie üblicherweise

gilt,

wieviel-

mehr

-oder besser gesagt

weniger

-

nureincharakteristisches

Kapitel

innerhalb

dieser innerklerikalen Polemikund insoferneinschlechter

Gegenstand

für

den,

der nachneuenGedankenüber Reichsreformund Kirchenreformim15.

Jahrhun-

dert

fragt.

Doch stellt die Reformatio

Sigismundi

indieserHinsichtkeinenSonderfall dar.

Wo

jene

Autoren, die sich in der

eingangs

charakterisierten literarischen oder theoretischen Weise um die Reform von Kirche und Reich

bemühen,

auch auf

Möncheund Orden zu

sprechen kommen,

lautet der Tenorihrer

Darstellungen

ähnlich.Das

gilt

für die Concordantia

catholica,

undes

gilt

auch fürdieReform-

schriften Heinrich Tokes und

Johann

Scheeles. NikolausvonCues hattezwar an

der nach derMittedes

Jahrhunderts

in Deutschland

praktizierten

Ordensreform führenden

Anteil,

als

päpstlicher Legat43,

in dessenWindschatten dannein

Johan-

nesBusch

operieren konnte44,

undals BischofvonBrixen. Hier isterfreilichmit seinerKlosterreform ebenso

gescheitert

wie inTirol auchsonst45.

Inder Reformschrift des

späteren

Bischofs und

Legaten

istvonder Reform der Orden nicht ausdrücklich die Rede. Doch werden die Mönche hier an

einigen

Stellenindurchaus akzentuierenderWeise

erwähnt,

nämlich

disziplinierend

und

abwehrend46,

unddamit rückt derCusanusindieNähe desanonymenAutorsder Reform Kaiser

Siegmunds

-

und seine

eigenen

Reformversuche47erhalten einen zusätzlichenAkzent.

Heinrich

Scheele,

der Lübecker

Bischof,

reihtseinePostulate hart und

knapp

hintereinander. Pfarrer sollen die Mendikanten

reformieren,

Bischöfe sollen

Juris-

diktionauchüber exemte Klöster

ausüben,

alle

Inkorporationen

-

insbesondere

von Pfarrkirchen

-

sollen

aufgehoben

und alle

Religiösen

sollen zu den drei

Grundforderungen

mönchischen Lebens

zurückgeführt

werden. Auch mit Er-

laubnis ihrer Oberen soll ihnen keinerlei

Eigentum

gestattetsein48.

43 ErichMeuthen,Diedeutsche

Legationsreise

des NikolausvonKues 1451-1452,in: Le- benslehrenundWeltentwürfe,

hrsg.

v.HartmutBoockmannu.a.

(Abhandlungen

der Akade-

miederWissenschaftenin

Göttingen

Phil.Hist.Kl.NF179,

Göttingen

1989).

44 Siehenurden ArtikelvonErwinIserloh,in: Lexikondes Mittelalters2,5(Zürich, Mün-

chen1982)1115f.unddie EditionseinesLiber dereformationemonasteriorum,

hrsg.

v.Karl

Gruber(Halle1886).

45 WilhelmBaum,Nikolaus Cusanus in Tirol(Bozen 1983);HermannHallauer,Nikolaus

vonKuesals Bischof und Landesfürst,in:

Mitteilungen

und

Forschungsbeiträge

derCusa-

nus-Gesellschaft21 (1994).

46Siehe in derAnm. 6zitierten Edition die imRegisterS. 517.Siehedies.v.monachatus und monachus verzeichneten Stellen sowie GerdHeinz Mohr, Unitas Christiana(Trier 1958)

36ff.

47SiehenurErichMeuthen,NikolausvonKues 1401-1464.Skizze einer

Biographie

(Mün-

ster7!992)89f.und115ff;fernerders.,(wieAnm.43),449f.u.472ff.

48HansAmmon,JohannesScheele(Lübeck1931) 105f.;Mertens,(wieAnm.42),448f.

(11)

Heinrich

Toke,

der

Theologe

und

magdeburgische Domherr49,

äußert sich dif- ferenzierter.Erwillsogar

zulassen,

daß

Mönche,

falls sie sich zehn

Jahre lang

gut

inihren Klöstern bewährt

hätten,

Pfarrer werden können50. Toke will also offen- sichtlich

Inkorporationen

unter bestimmten

Bedingungen dulden,

und auch

Bischöfe sollenausdem Mönchsstande

gewählt

werden dürfen51.Esfällt

auf,

daß

Toke an anderer Stelle mit dem

Stiftungsprinzip argumentiert,

wenn er davon

spricht,

die Stifter kirchlichen

Vermögens

undvonPfründen hätten nicht

gewollt,

daß

Papst

und Kardinäle über dievon ihnen

geschaffenen

Stellen

verfügten.

Das

sollten vielmehr die Bischöfe und Prälaten der

jeweiligen Region

tun52. Dem

abstrakten,

auf frühere Idealzustände rekurrierenden

Rigorismus

der Reformatio

Sigismundi

ist eine solche mit der tatsächlichen Geschichte

argumentierende

Denkweiseganz

fremd,

während für Tokeshistorisches Denken der

vorsichtigere Umgang

mitden Orden wohl charakteristisch

ist,

ähnlichwiefür

Job Vener,

der sich

-

inderkonkretenWirklichkeitzuHause

-

bei den Orden auf das

Adelspri- vileg

konzentriert und hierwieauchsonstsehr

vorsichtig argumentiert53.

Doch

bewegt

sich auch Toke

gelegentlich

auf den Bahnen eines

gegebene

Rechteund

gewachsene

Besonderheitensouverän

ignorierenden,

voneinemidea-

len

Ausgangspunkt

her

argumentierenden

Fundamentalismus.

Solange

Konzil

und römische

Könige einig

gewesen

seien,

schreibt er, habe auch

jeder

Orden

seine

Regel befolgt

und die Klösterseienreformiert

worden,

währendsie sichnun

nicht durch das Konzil reformieren lassen wollten.Soforderter,daß diein seinem Sinne reformierten und von

Weltgeistlichen geleiteten

Partikularschulen Räum- lichkeitender Bettelordensklöster für die

Unterbringung

derSchülernutzensoll-

ten54. Toke

will,

wie sich aus dem

Folgenden ergibt, keineswegs

ganze Klöster

aufgelöst wissen,

abererwill den

Mendikanten,

da sichinihren Klöstern

„plures

...cellulevacantes"

fänden,

eine ArtvonInternatsbetrieb

aufzwingen.

Indiesem

Falle hätte der

peremtorische

Satz

Tokes,

denerim

Zusammenhang

des auchvon

anderen Reformern

aufgegriffenen

Problems der vielen zweifelhaften Tîtularbi- schöfe aus dem Mönchsstande

formuliert,

nämlich daß die

„conversado"

der Mendikanten

„in

claustro" ihrenOrt

habe55,

wohl

eingeschränkt

werdenmüssen.

Weitere Namen ließen sich

anfügen,

darunter der des Felix

Hemmerlin,

eines Mannes, derbei

Untersuchungen

über die Zeit des Basler Konzils auchsonstzu

49 Zu ihm

Gottfried

Wentz(\),Berent

Schwineköper,

DasErzbistum

Magdeburg

1,1(Germa-

niaSacra)(Berlin,NewYork1973)529ff.sowie

Hildegund

Hölzel,in:Verfasserlexikon(wie

Anm.14),(Berlin,NewYork21995)964ff.

30

Concepta

proreformationestatusecclesiastici:Hansgeorg Loebel,DieReformtraktate des

Magdeburger

Domherrn Heinrich Toke

(Diss.phil.

masch.,Göttingen1949)101.

51 Ebd.

32 Concilia,wiemandie halten soll:Loebel, (wieAnm.50),107.

33 Hermann

Heimpel,

DieVenervon Gmünd und

Straßburg

1162-1447 (Göttingen 1982)

953.

54Concepta(wieAnm.50),98.

33 Ebd.102.

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