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Mythos "Sternhof"

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Mythos "Sternhof"

Archäoastronomische Nachbetrachtung zu den vermeintlichen Sternortungslinien im Haus Gierke in Schlangen-Oesterholz

Burkard Steinrücken

Westfälische Volkssternwarte und Planetarium Recklinghausen Forschungsprojekt Vorzeitliche Astronomie

Stadtgarten 6, 45657 Recklinghausen

steinruecken@sternwarte-recklinghausen.de

Januar 2010

Einleitung

"Sollte hier ein astronomisches Sechseck vorliegen, in dem sich die Astronomen früherer Zeiten, wie ich es einst irgendwo gelesen hatte, mehrere Linien zusammenstellten, um sie bequem beieinander zu haben?" Wilhelm Teudt

Angestoßen durch die phantastischen Ideen und Vorstellungen des Privatgelehrten Wilhelm Teudt in den 1920er und 1930er Jahren gelangte der Gutshof Haus Gierke in Schlangen- Oesterholz in den Ruf, einst Sitz einer germanischen Gelehrtenschule zur Pflege der

Sternkunde und Kalenderrechnung gewesen zu sein. Die nahen Externsteine, vermutet Teudt in seinem weit verbreiteten und viel gelesenen Werk "Germanische Heiligtümer" [1], waren Stätte eines religiösen Gestirnsdienstes der Germanen, während in Oesterholz am Rand der Senne ein Forschungs- und Lehrinstitut unterhalten wurde, in dem das astronomische Wissen für die an den Externsteinen tätigen Astropriester durch eine wissenschaftliche

Beobachtungstätigkeit gewonnen wurde.

Sein Versuch, eine derartige prähistorische astronomische Einrichtung auf dem Gelände von Haus Gierke nachzuweisen, basiert auf einem System von linearen Wällen und Mauern, die den Gutshof in Form eines unregelmäßigen Vielecks umschließen. In einer Publikation in der Zeitschrift für Vorgeschichte "Mannus" aus dem Jahr 1927 sind Fotos der Linien zu finden, wie sie sich Teudt in den 1920er Jahren darstellten [2]. Teudt vermutete die absichtsvolle Anlage dieser Linien im Hinblick auf bestimmte Sternauf- oder -untergangsrichtungen am Horizont durch germanische Himmelskundige. Er beruft sich dabei auf ein Gutachten der Astronomen Paul Neugebauer und Johannes Riem vom Astrophysikalischen Institut in Potsdam aus dem Jahr 1926. Die Mauer- und Walllinien deuten Neugebauer und Riem zufolge allesamt in die Horizontrichtungen heller Sterne in der Epoche 1850 v. Chr. und in einem Fall in zwei sich gegenüberliegende Mondwenderichtungen. Damit war Teudts Idee eines germanischen "Sternhofs" fachlich begründet.

"Was den Zweck der ganzen Anlage anlangt, so wird durch ihre Beschaffenheit, Größe und

Ortslage die Vermutung wachgerufen, dass hier eine für das ganze Volk bedeutsame Pflegstätte und Lehrstätte der astronomischen Wissenschaft mit ihren vielseitigen Aufgaben für den religiösen Kultus, die Astrologie, die Ackerbebauung und das übrige vom Kalender abhängige Volksleben gewesen sei." Paul Victor Neugebauer und Johannes Riem

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Dieses Gutachten ist der Mannus-Publikation und in den "Germanischen Heiligtümern" im Wortlaut als Fußnote abgedruckt [3]. In der Folge bürgerte sich die Bezeichnung "Sternhof"

für Haus Gierke ein, die sich bis heute erhalten hat und sogar auf amtlichen Kartenwerken zu finden ist (Abb. 1).

Abb. 1: Der "Sternhof" auf dem Auszug einer modernen Katasterkarte, gefunden in einer Internet-Publikation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zum Gutspark Sternhof, unter

www.lwl.org/ParkUndGartenanlagen/LWL/Dokumente/79.pdf (im Dezember 2009 nicht mehr abrufbar).

Mit blauen Pfeilen (vom Autor eingezeichnet) sind die von Neugebauer und Riem gemachten

Ausrichtungsvermutungen für die Wälle und Mauern auf Mondwenden und die Sterne Sirius, Kapella, Kastor und Mintaka (δ Orionis) angedeutet.

Teudt stellt der Fußnote, in der das Gutachten zitiert wird, die folgende Aussage voran:

... "[d]ie Richtigkeit der astronomischen Urteile und Berechnungen im Gutachten ist von keiner Seite einem Zweifel unterzogen gewesen."

Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage wird allerdings unmittelbar darauf durch Teudt am Ende der Fußnote selbst wieder in Frage gestellt. Er erwähnt nämlich eine abweichende Datierung aufgrund einer anderen Sternpeilungshypothese in der Zeit um 600 v. Chr. durch den

Leipziger Astronomen Josef Hopmann. Dieser hat in der Tat 1934 in Mannus Kritik und Zweifel an der Interpretation von Neugebauer und Riem geäußert, neue Sternpeilungs- Hypothesen für Haus Gierke dagegen gestellt und diese begründet [4]. Hopmann kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Haus Gierke aufgrund verschiedener Beobachtungen wie der Mauer- und Walllinien, aber auch des zentralen "Quellenhügels" und eines "Eckhügels" im Mauerwerk, von herausragender Bedeutung für die Erforschung der prähistorischen

Sternkunde sei. Daran schloss sich eine kontroverse Diskussion um die Auswahl der Sterne

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und die Datierung zwischen den beteiligten Astronomen an, wovon die Stellungnahmen von Neugebauer, Riem und Hopmann in Mannus Aufschluss geben [5].

Warum Teudt trotz dieser Diskussion, die ihm vor Erscheinen seiner 4. Auflage der

"Germanischen Heiligtümer" bekannt gewesen sein muss, den Anschein erweckt, von fachlicher Seite sei das Gutachten von Neugebauer und Riem nicht in Frage gestellt worden, ist unverständlich und irritierend. Sollte trotz widersprüchlicher Interpretationen die Sternhof- Idee und der sich daraus entwickelnde Sternhof-Mythos weiter propagiert werden?

In dieser Arbeit wird das erste Gutachten der Astronomen Neugebauer und Riem von 1926 noch einmal aufgerollt und mit modernen archäoastronomischen Methoden auf den Prüfstein gestellt. Kann das astronomische Gutachten die damalige Umbenennung von Haus Gierke in

"Sternhof" tatsächlich gerechtfertigt erscheinen lassen? - Dieser Frage soll hier nachgegangen werden. Auf Hopmanns Kritik wird dabei ebenfalls eingegangen, sie ist allerdings für die Entstehung des Mythos um den "Sternhof" von untergeordneter Bedeutung, da Teudt sie in seinen "Germanischen Heiligtümern" praktisch ignoriert.

Das Hin und Her um den "Sternhof" in der 4. Auflage der "Germanischen Heiligtümer"

"Nicht als Vertreter einer exakten Wissenschaft, sondern als Geschichtler von der Freiheit des deutenden Geschichtsschreibers Gebrauch machend, fasse ich meine Gedanken über den Gutshof Oesterholz [...] zusammen [...]." Wilhelm Teudt

Die Sternhof-Idee, bzw. der Umgang Teudts mit ihr, erfuhr in der vierten Auflage der

"Germanischen Heiligtümer" eine erhebliche Wandlung. In seinen früheren Überlegungen ging Teudt von einem Sechseck um Haus Gierke aus, welches von sechs Geradenstücken begrenzt sei, die als "Ortungslinien" angesprochen werden können. Mit dieser Grundannahme machten sich auch Neugebauer und Riem an ihre Berechnungen und ihre Aussagen bezüglich der astronomischen Orientierung der sechs Linien basieren auf dieser ersten Fassung der Sternhof-Idee. Für die Linien I bis VI finden sie folgende Ausrichtung auf Sternauf- oder - untergänge in der Zeit um 1850 v. Chr.:

Linie Interpretation

I Meridian

II Südliches Mondextrem, Aufgang Nördliches Mondextrem, Untergang III Sirius, Untergang

IV Kapella, Untergang

V Mintaka (δ Orionis), Untergang

VI Kastor, Aufgang

Tabelle 1: Teudts sechs Linien rings um den "Sternhof" und Neugebauers und Riems Identifikation dieser Richtungen mit Sternen, Mondextrema und Himmelsrichtungen

Auf Teudts Bestreben 1935 von Hans Reinerth durchgeführte archäologische Untersuchungen hatten einen prähistorischen Ursprung der Wallanlagen zum Ergebnis (zur modernen

archäologischen Interpretation später mehr). Allerdings mußte danach von einem Fünfeck ausgegangen werden, da sich die kürzeste aller Linien, die Nord-Süd-gerichtete Linie I als spätere Veränderung an der Gesamtanlage erwies. Dort war ursprünglich ein Winkel, gebildet aus den zu verlängernden Linien II und VI, vorhanden. Auch die Orientierung von zwei der verbliebenen fünf Linien, die zuvor anhand eines Katasterplans bestimmt wurde, musste von

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Teudt korrigiert werden. Allerdings sind diese Korrekturen, wie Hopmann durch

Nachmessung der Linien vor Ort später nachwies, gering und bewegen sich im Bereich von ca. 1° - 2°. Die Abbildung 2, eine Reproduktion aus der 4. Auflage der "Germanischen Heiligtümer", zeigt neben den ursprünglichen sechs Linien im Katasterplan andeutungsweise auch die von Teudt korrigierte Gesamtsituation als Folge von Reinerths Grabung.

Teudt stellte nach der archäologischen Untersuchungskampagne des Jahres 1935 drei von ihm ursprünglich in die astronomische Betrachtung hineingezogene Linien selbst in Frage und zog infolgedessen das ganze Thema der Sternortung im Haus Gierke, das nunmehr auf nur noch drei oder vier verbliebenen Linien basieren konnte, in der 4. Auflage der "Germanischen Heiligtümer" aus der Diskussion zurück, allerdings eher scheinheilig und inkonsequent:

"Ich meinerseits sehe eine so starke Veränderung der Grundlagen, auf denen das Gutachten beruht als ausreichend an, um den astronomischen Satz zurückzustellen, bis neue Gründe oder Tatsachen aufgedeckt und in die Waagschale fallen würden."

Denn nur wenig später liest sich das wieder anders:

" [...] In der Zusammenschau aller Umstände wird uns als Besonderheit der Bestimmung dieses Hofes nahegelegt, dass er als Sitz derer anzusehen ist, denen die unentbehrlichen Dienste bei den kultischen Handlungen und religiösen Aufgaben oblag. Dazu gehörten auch die mit der Religion eng verbundenen wissenschaftlichen Bestrebungen der alten Zeit, vor allem die Astronomie.

[...] Wenn die geometrische Grundlage des astronomischen Gutachtens der Professoren

Neugebauer und Riem zum Oesterholzer Gutshofe sich auf 4 oder 3 Fixsternlinien eines Fünfecks verringert, so dass ich zunächst den Satz aus der wissenschaftlichen Diskussion zurückziehe, so bleibt doch eine astronomische Erscheinung übrig, die dauernde Aufmerksamkeit erfordert."

Abb. 2: Haus Gierke mit seinen Wällen und Umfassungsmauern. Reproduktion der Abbildung 59 auf Seite 112 der "Germanischen Heiligtümer" von W. Teudt (4. Auflage 1936). Bildunterschrift im Original: "Katasterauszug des Gutshofs. Die voraussichtliche Änderung ist durch die beiden mit feiner Punkt-Punkt-Strich-Strich-Linie zugefügten Seiten II und VI angedeutet. I fällt weg."

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Der "Sternhof" ist in der 4. Auflage nicht etwa herausgestrichen, wie man es nach der Rücknahme der astronomischen Hypothese erwarten könnte, sondern trotzdem ausführlich behandelt! Dies muss als Zeichen dafür gewertet werden, dass Teudt sich entgegen aller widersprechenden Anzeichen von dieser Idee nicht lösen mochte oder konnte. Vielleicht war die eigene Verliebtheit in diese Idee das dahinterstehende Motiv für sein Festhalten, vielleicht auch seine wissenschaftliche Intention, in dem die zielgerichtete Suche nach Indizien für ein vorgefasstes Bild von einem geistig und kulturell hoch entwickelten prähistorischen

Germanien dominierte.

Dass die von Neugebauer und Riem ermittelten Sterne (Sirius, Kapella, Kastor und ein Gürtelstern des Orion) in der germanischen Mythologie angeblich eine herausragende Rolle gespielt hätten, wird von Teudt als Indiz für die Richtigkeit der astronomischen Hypothese bewertet:

"Die Auswahl ist allerdings verblüffend. Das astronomische Fragezeichen wird daher dauernd über dem Gutshofe Oesterholz schweben."

Was wie eine Drohung klingt, womit Teudt auch bis in die heutige Zeit Recht behielt.

Neugebauer und Riem hatten gegen den erneuten Abdruck ihres 1926er Gutachtens, die laut Teudt wegen des "geschichtlichen Interesses" erfolge, trotz der veränderten

Rahmenbedingungen bei der Neuauflage 1936 - ein Jahr nach Reinerths Grabung und zwei Jahre nach der ausführlichen Kritik von Hopmann in Mannus - keine Einwände, was ebenfalls befremdlich wirkt und die Frage nach dem Hintergrund dieser Entscheidung aufwirft. Die Stellungsnahmen von Neugebauer und Riem in Mannus zu Hopmanns Arbeit beantworten diese Frage nach dem Festhalten an ihrer Sternpeilungshypothese nur zum Teil.

Datierungsproblematik

"[...] Die Reinerthsche Grabung im Sommer 1935 hat als wichtigstes Ergebnis den vollen Beweis der vorgeschichtlichen Entstehung des Gutshofs in germanischer Zeit erbracht und allen dagegen erhobenen Zweifeln ein Ende bereitet." Wilhelm Teudt

Bei archäologischen Grabungen im Haus Gierke im Jahr 1972 durch Friedrich Hohenschwert konnte Reinerths Aussage zum vermeintlich vorgeschichtlichen Alter der Anlage - "nicht jünger als karolingisch, nicht älter als römisch" - und damit auch die zeitliche Grundlage der Sternhof-Idee (die von -1850 ausgeht, bzw. in Hopmanns Fassung von -600) eindeutig widerlegt werden [6]. Die Wälle von Haus Gierke sind spätmittelalterlichen Ursprungs, weshalb die Frage, ob es sich dabei um Ortungslinien aus germanischer Zeit handeln könnte, heute erübrigt. Jedes weitere Wort zur astronomischen Deutung von Haus Gierke wäre eigentlich überflüssig, wenn es sich beim "Sternhof" nicht um einen Mythos handeln würde, der in bestimmten Kreisen gepflegt wird und der sich durch die jüngere Geschichte von Haus Gierke und durch Kartenwerke hindurchzieht, und damit Zeugnis ablegt von der Ideenwelt Wilhelm Teudts und seiner Anhängerschar ideologisch geleiteter völkischer Laienforscher.

Aber auch schon aus Sicht des Forschungsstandes der 1930er Jahre wirft sich eine

Datierungsproblematik für den "Sternhof" auf, die bei rein wissenschaftlicher Behandlung dieser Frage ausgereicht hätte, die astronomische Hypothese zu verwerfen. Auch mit

Reinerths Einstufung - "nicht jünger als karolingisch, nicht älter als römisch" - zeigt sich ein eklatanter Widerspruch zu dem im astronomischen Gutachten vertretenen Alter von 1850 v.

Chr., das allein auf der Grundlage der Sternpeilungshypothese erschlossen wurde.

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Nur um 1850 v. Chr. und in keiner anderen Epoche, so Neugebauer und Riem, seien Sterne zu finden, die in Richtung aller sechs der von Teudt angegebenen Linien auf- oder untergehen.

Aber auch Hopmanns Hypothese mit Sternpeilungen um 600 v. Chr. scheidet nach Reinerths einschränkendem Ausspruch aus.

Teudt dagegen wertet selbst die unterschiedlichen astronomischen Hypothesen nicht als widersprüchlich, sondern plädiert für die Gültigkeit beider Expertenmeinungen, ein Lösungsmotiv, das zuerst Riem in seiner Stellungnahme zur vorgeschichtlichen Ortung in Mannus aufwirft. Dieser Deutungsansatz, der den Widerspruch der beiden astronomischen Datierungen auflösen soll, wendet die Diskussion geradezu ins Lächerliche:

"Ein auf die Jahre um 600 v. Chr. hinauslaufende Berechnung der Sternazimute durch Prof.

Hopmann läßt sich vielleicht mit der Riem-Neugebauerschen Berechnung auf´s einfachste im Blick darauf vereinigen, dass auch die Himmelskundigen um 600 das Bedürfnis hatten, die vorhandenen Linien für ihre Wissenschaft praktisch zu verwerten."

Also erstmalige Einrichtung der Linien auf Neugebauers und Riems Sterne und spätere

Umnutzung dieser Linien durch eine nachfolgende Generation germanischer Sternkundige um 600 v. Chr. mit Hopmanns anderen Sternen! Warum schwenkt Teudt nicht um, lässt

Neugebauers und Riems Gutachten fallen, dessen Unzulänglichkeit Hopmann mit

Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen erweisen konnte, und bezieht sich nicht direkt auf die von Hopmann 1934 in Mannus publizierte Arbeit über Haus Gierke, wo er eine (angeblich) statistisch signifikante Sternhof-Idee propagiert? Zuerst stellt Teudt die astronomische Frage zurück, dann diskutiert er sie ausführlich auf der Grundlage des Gutachtens von Neugebauer und Riem, ignoriert die Widerlegung dieses Gutachtens durch Hopmann, zieht aber

Hopmanns alternativen Interpretationsansatz als zusätzliche Sternpeilungshypothese in einer späteren Epoche mit in Betracht. In diesem Umgang mit den beiden sich widersprechenden Expertenmeinungen und der Datierungsproblematik zeigt sich endlich die Tendenz der Immunisierung der Teudtschen Logik gegen Widerlegung in voller Offenheit. Eine derartige Immunisierungsstrategie ist das untrügliche Kennzeichen einer Pseudowissenschaft.

Weder der Widerspruch in der astronomischen Altersbestimmung noch der zwischen den beiden astronomischen Gutachten und den archäologischen Befunden und Interpretationen Reinerths ließ die Idee des "Sternhofs" als prähistorische astronomische Einrichtung zu. Teudt und sein Kreis der völkischen Laienforscher (über diesen Zirkel und seine ideologische Stoßrichtung geben die Quellen [7,8] näheren Aufschluss) konnte dies alles offensichtlich nicht dazu bewegen, die Sternhof-Idee als Fiktion zu begraben.

Der Mythos um den "Sternhof" lebt heute noch in rechts-esoterischen Kreisen weiter und wird dort gepflegt und tradiert. Eine Internetrecherche mit dem Suchbegriff "Sternhof Oesterholz"

führt u. a. zu Internetseiten, auf denen das ersichtlich ist. Die archäologischen Erkenntnisse der Grabungen Hohenschwerts und die Widersprüchlichkeiten in der Diskussion der 1930er Jahre werden dabei völlig ignoriert und man stützt sich immer noch auf das - mittlerweile als gegenstandslos einzustufende - astronomische Gutachten von Neugebauer und Riem.

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Das astronomische Gutachten von Neugebauer und Riem

"Als Ergebnis der Untersuchung kann mitgeteilt werden, dass die Azimute aller sechs in Frage kommenden Linien mit ausreichender, zum Teil überraschend großer Genauigkeit sich mit den von uns für die Zeit um 1850 Jahre vor Christi errechneten Azimuten von als mythologisch bedeutsam angegebenen Gestirnen decken." Paul Victor Neugebauer und Johannes Riem

Im Folgenden wird das Gutachten noch einmal aufgerollt und aus der Sicht der Astronomie bewertet. Dabei wird versucht, den Rechnungsgang von Neugebauer und Riem

nachzuvollziehen, die einzelnen Schritte kritisch zu hinterfragen und mit modernen Standards der Archäoastronomie abzugleichen. Zweck der Untersuchung ist die Überprüfung der damals gemachten Aussagen auf Verträglichkeit mit der Realität.

Die Aussagen von 1926 muten zwingend an, machen sich aber aufgrund genau dieser Aussagenschärfe einer zu stark vereinfachenden Behandlung verdächtig. Deshalb erscheint eine erneute Beschäftigung mit diesem Gutachten lohnenswert. Sie könnte bei der Enthüllung der astronomischen Inhaltsstoffe des Sternhof-Mythos nützlich sein.

Dabei ist es unerheblich, ob die astronomische Hypothese für Haus Gierke bereits aufgrund der archäologischen Erkenntnisse widerlegt ist, oder in welche Richtungen die Linien der Umhegung von Haus Gierke tatsächlich zeigen und wie viele es sind. Es geht hier nicht darum, die Sternhof-Idee erneut zu widerlegen bzw. womöglich aufzufrischen, sondern um die Rekonstruktion der Entstehung eines archäoastronomischen Mythos anhand eines prominenten Fallbeispiels mit gewissen Nachwirkungen bis in die Neuzeit.

Neugebauer und Riem hatten zunächst auch keine Informationen über das Alter der

Wallanlagen und stützten sich auf den Katasterplan von Teudt (siehe Abb. 2, allerdings ohne die nachträglich eingezeichneten Linien, die die erforderliche Korrektur andeuten) und hier soll der alte Standpunkt von 1926 eingenommen werden, um die Frage zu klären, wie

Neugebauer und Riem überhaupt zu ihren klaren Aussagen hinsichtlich der Sternauswahl und der Datierung kommen konnten.

Leider sind die topografischen und astronomischen Eingangsparameter (Erhebung des

Landschaftshorizontes, Deklination der Sterne, Art und Weise der Behandlung von Refraktion und Extinktion am Horizont), die in die Rechnung eingeflossen sind, im Gutachten nicht dokumentiert, weshalb es im Zweifelsfalle nicht möglich ist, diese Parameter zu isolieren und getrennt voreinander zu bewerten. Das Studium der historischen Quellen liefert aber

genügend Hinweise zur Rekonstruktion ihres Vorgehens. Neugebauer und Riem listen die Endergebnisse ihrer Berechnungen in Gestalt der folgenden Tabelle auf.

Linie Interpretation errechn. Sternazimut Zeit

I 180 ( 0,8) Meridian 180

II 39 ( 39,8) Südliches Mondextrem, Aufgang 39,0 141 (143,2) Nördliches Mondextrem, Untergang 141,0

III 59 ( 59,9) Sirius, Untergang 59,1 -1850 IV 151,5 (151,5) Kapella, Untergang 151,3 -1850 V 72,5 ( 71,5) Minataka (δ Orionis), Untergang 72,6 -1850

VI 138 (137,2) Kastor, Aufgang 138,0 -1850

Tabelle 2: Ergebnisse von Neugebauer und Riem

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Abb. 3: Horizontprofile in den vier Sektoren des Horizontes. Als blaue Rechtecke sind die Linien II, III, IV, V und VI in ihrer östlichen bzw. westlichen Ausrichtung eingetragen.

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Neben der Identifikation von Sternen, die in Richtung der Linien auf oder untergehen, bzw.

entsprechenden Horizontextrema des Mondes, findet man darin nur Angaben über die Richtung der Linien (in zwei Versionen; wie sie von den Gutachtern dem Plan jeweils mit dem Winkelmaß entnommen wurden; Spalten 2 und 3) und der errechneten Sternazimute in der Epoche -1850, die mit den Richtungen der Linien I bis VI zu vergleichen sind. Die Azimute werden von Neugebauer und Riem von Süd gezählt, und zwar nach Ost für

Sternaufgänge und nach West für Sternuntergänge, was ein wenig gewöhnungsbedürftig ist.

Im Folgenden werden alle Richtungen als Nordazimute angegeben, die einheitlich von Nord über Ost gezählt werden. Desweiteren berücksichtigen sie eine "mittlere Strahlenbrechung", sowie die "sich vorfindenden Überhöhungen durch den Teutoburger Wald im Osten bis Nordwesten in Entfernungen von 5 - 14 1/2 km". Welche genauen Horizonthöhen aber genommen wurden, darüber schweigt sich der Text aus. Teudt immerhin macht eine

überprüfbare Angabe dieser Art: "die höchste Überhöhung durch den Völmerstot beträgt in 8 km Entfernung nur 1,4°". Diese allerdings ist erstens nutzlos, da keine der Linien auf den Velmerstot deutet und zweitens ganz falsch, da es von Haus Gierke keine Sichtverbindung zum Velmerstot gibt. Der Blick zum lippischen Velmerstot wird durch den Breitenberg versperrt, der zum Preußischen Velmerstot durch den Hohlestein. Hopmann verrät allerdings in seinem Mannus-Aufsatz von 1934, dass Neugebauer und Riem ihre Horizonthöhen aus einer Karte im Maßstab 1 : 100 000 gewonnen haben.

Für die Rekonstruktion des Rechnungsganges sind die Überhöhungen des Landschaftshori- zontes gegenüber einem mathematischen Horizont der Höhe 0° zunächst neu zu ermitteln.

Dies kann unter Verwendung des frei zugänglichen digitalen Geländemodells der Shuttle Radar Topography Mission (SRTM) geschehen. Aus den Rasterdaten, die leider nur eine Maschenweite von 90 Metern aufweisen (was hier aber hinreichend ist), kann bei Wahl eines Beobachtungsstandortes (hier etwa der Mittelpunkt des Gutshofgeländes) eine sichtbare Horizontlinie im Computer konstruiert werden. Die Höhendaten weisen einen Fehler in der Größenordnung von 10 m auf, was bei Entfernungen im Bereich von 5 km zu einem Fehler in den Höhenwinkeln der Horizontkulisse von ca. 0,1° führen kann. Dieser Fehler ist für die Betrachtung unerheblich und liegt noch innerhalb der Spanne, die man erhält, wenn man sich das Gelände bewaldet oder unbewaldet denkt. Die Fehlerbetrachtung zu den konstruierten Horizontprofilen wird noch überlagert von der Frage der Sternsichtbarkeit in Horizontnähe, die eine viel größere Ungewissheit ins Spiel bringt.

Die Abbildung 3 zeigt rechnerisch konstruierte Landschaftshorizonte bei der Betrachtung von Haus Gierke. Angenommen wurde eine Standortkoordinate im UTM-System (Zone 32), von Ostwert = 488720 und Nordwert = 5742500. Dieser Standpunkt liegt mitten im Gutsgelände.

Sich gedanklich auf die Linien zu begeben und die sichtbare Horizontkulisse für jede Linie von dort aus zu berechnen, ist sinnlos, da das Geländemodell nur eine Maschenweite von 90 Metern aufweist. Und wo sollte der Standort für die Sternbeobachtungen auch anzusetzen sein? Auf der Mitte der Linie oder an einem der beiden Endpunkte? - Darüber schweigen sich auch Neugebauer und Riem aus. Hopmann entwickelt dagegen entsprechende Vorstellungen, über die später noch berichtet wird. Ebenfalls in die Abbildung 3 eingetragen sind die von Neugebauer und Riem vermessenen Azimute der Wall- und Mauerlinien (siehe Tabelle 2; jetzt allerdings schon in Nordazimute umgerechnet). Die Diskrepanz ihrer Werte lässt auf einen typischen Bestimmungsfehler von ca. 1° schließen. Diese Diskrepanz wird durch eigene Versuche bestätigt, dem Katasterauszug der Abbildung 2 die Richtungen neu zu entnehmen.

Auffällig ist die Abweichung der Summe der beiden eingeklammerten Richtungswinkel für Linie II (39,8° und 143,2°), die eigentlich 180° betragen müsste, wie es für zwei diametral gegenüberliegende Richtungen zu erwarten ist. Vermutlich handelt es sich hier um einen Schreibfehler, wovon im Weiteren ausgegangen wird. Die Addition der nichteingeklammerten

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Werte (39° und 141°) ergibt dagegen richtigerweise 180°. Es macht aufgrund der

Entnahmegenauigkeit keinen Sinn, Azimute mit einer Genauigkeit von Zehntelgraden zu veranschlagen, da es nicht möglich ist, diese Werte mit einer solchen Genauigkeit

reproduzierbar zu gewinnen. (Hier sei nochmals erwähnt, dass es für die Rekonstruktion der Berechnungen von Neugebauer und Riem irrelevant ist, welche Orientierungen die Linien tatsächlich haben. Die genaue Bestimmung dieser Richtungen oder ihre Neuvermessung vor Ort macht dann Sinn, wenn man nach neuen Hypothesen für die Ausrichtung der Linien im Stile Neugebauers und Riems suchen will, die auf die tatsächliche Beschaffenheit der Anlage Rücksicht nehmen und nicht auf den als ungenau erwiesenen Katasterplan, der den beiden Astronomen als Grundlage vorlag. Hopmann ging 1934 diesen Weg und kam zu alternativen Deutungshypothesen, ohne die Sternhof-Idee grundsätzlich in Frage zu stellen.)

In westlicher Richtung reicht der Blick bis zu ca. 30 km Entfernung in die Ebene der

Westfälischen Bucht hinein. Eine flächendeckende Analyse mit den SRTM-Daten ist hier zu aufwändig und auch nicht erforderlich. Der sichtbare Horizont kann ähnlich wie bei der Berechnung der Kimmtiefe auf See ermittelt werden. Die Horizontlinie liegt im Westen ca.

0,3° unterhalb des mathematischen Horizonts. Eine Kontrollrechnung mit den Daten aus dem TOP50-Kartenwerk der Landesvermessung bestätigt dies.

_______________________________________________________________________

Linie östliches westliches

Nordazimut Nordazimut

II 140,5 320,5 III 59,5 239,5 IV 151,5 331,5 V 72,0 252,0

VI 42,5 222,5

Tabelle 3: Richtung der Linien im Katasterplan (etwa gradgenau). Linie I entfällt hier, da für sie im Gutachten keine Interpretation einer horizontnahen Gestirnserscheinung angegeben wurde.

In Tabelle 3 sind die verwendeten Werte für die Richtungen der fünf Linien angegeben. Als typischer Bestimmungsfehler wird +-0,5° veranschlagt. Auch wenn Neugebauer und Riem selbst nur für eine Linie eine beidseitige astronomische Auffälligkeit erwähnen (für Linie II;

diese zeige in nordwestlicher Richtung das nördliche und in südöstlicher Richtung das

südliche Mondextrem an), ist die Berücksichtigung beider Richtungen erforderlich, weil sie in ihren Betrachtungen auch zunächst von beiden Richtungen ausgehen mussten, bis sie ein Ergebnis fanden, welches (bis auf die genannte Ausnahme der Linie II) jeweils nur eine der beiden möglichen Richtungen einer Linie auswählt und als intentional herausstellt. Bei der Frage, ob es andere Sterne gibt, die in den Gegenrichtungen stehen und damit bei der Beurteilung der Trennschärfe ihrer Aussage (nur die genannten vier Sterne um -1850 in den gewählten Richtungen) ist das relevant. Die Ausweitung der Analyse auf beide Richtungen der Linien ist folglich zwingend geboten.

Im ersten Schritt werden nun die von Neugebauer und Riem errechneten Azimute für ihre Sterne überprüft. Danach wird eine Wahrscheinlichkeitsrechnung vorgestellt, die die Koinzidenz zwischen den Gutshof-Linien und den von Neugebauer und Riem genannten Sternpeilungen mit der Möglichkeit eines zufälligen Zustandekommens kontrastiert. Zum Abschluß wird nach allen sinnvollen Sternpeilungsmöglichkeiten in allen Epochen zwischen - 4000 und +1000 Ausschau gehalten, um die Aussage, es gebe nur diese eine Wahl von Sternen in der Epoche 1850 v. Chr., zu prüfen.

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Kontrolle der errechneten Stern- und Mondwendeazimute

Neugebauer und Riem errechnen aus der geografischen Breite des Gutshofs (51°50´ Nord;

dieser Wert wird auch hier verwendet), der Horizonthöhe in den fraglichen Richtungen und der Deklination von Sternen in der Epoche -1850 Sternazimute und vergleichen diese mit den Richtungen der Wall- und Mauerlinien (siehe Tabelle 2). Das Verfahren ist etwas unsauber, denn auf einer unregelmäßigen Horizontlinie ändert sich der Höhenwinkel mit der Richtung.

Das Ergebnis - das zu errechnende Sternazimut - muss demnach schon bekannt sein, um für den Rechengang die Horizonthöhe in der zu ermittelnden Richtung ansetzen zu können. Nur wenn sich der Höhenwinkel des Landschaftshorizontes im Bereich des zu ermittelnden Azimuts nicht oder nur unwesentlich ändert, ist dieses Vorgehen statthaft.

Das methodisch saubere Vorgehen ist dagegen die Berechnung von Sternbahnen mit bestimmter Deklination unter Berücksichtigung der Refraktion in Bezug zur sichtbaren Horizontkulisse. Erst dann erkennt man, wo genau eine Sternbahn den sichtbaren Horizont schneidet (Abb. 4). Maßgeblich für die Lage einer Sternbahn am Himmel ist ihre Deklination (Winkelabstand des Sterns zum Himmelsäquator) und die geografische Breite des

Beobachtungsortes, die die Neigung des Himmelsäquators gegen den mathematischen Horizont bestimmt.

Abb. 4: Die Lage von Sonnenbahnen zu verschiedenen Daten im Jahr bei einer geografischen Breite von 51,5°.

Ist der Horizont durch ein Gebirge überhöht, so verlagern sich die Aufgangspunkte nach Süden. Die Deklination gibt den Winkelabstand einer Gestirnsbahn vom Himmelsäquator (Sonnenbahn bei den Tag-Nacht-Gleichen) an.

Die Deklination eines Sterns ist keine unveränderliche Größe, sondern sie driftet wegen der Präzession der Erdachse und der Eigenbewegung der Sterne langsam über einen großen Bereich möglicher Werte hinweg. Damit ist die prinzipielle Möglichkeit einer Datierung anhand von Sternpeilungen gegeben, sofern die Richtigkeit der Interpretation einer Linie als Sternpeilung aus unabhängigen Überlegungen heraus feststeht. Beides geht natürlich nicht - erstens Behauptung einer Linie als Sternpeilung und zweitens die darauf aufbauende

Datierung der Sternpeilung anhand der Deklination des gepeilten Sterns. Ein solches Vorgehen wäre ein logischer Zirkelschluss. Dessen sind sich auch Neugebauer und Riem bewusst, und sie gründen ihre Datierung auf die Koinzidenz mehrerer Sternpeilungen in der gleichen Epoche. Der unabhängige Nachweis der Richtigkeit der Sternpeilungsinterpretation

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liege demnach in der Fülle gleichartiger Erscheinungen begründet, die aufgrund ihrer Häufung als signifikant vom Zufall abweichend bewertet werden könne.

Die Sterndeklinationen in vergangenen Epochen lassen sich unter Berücksichtigung der Präzessionsbewegung der Erdachse und der Eigenbewegung der Sterne sehr genau berechnen [9]. Für die vier Sterne, die dem "Sternhof" seinen Namen gaben, erhält man folgende Werte:

_______________________________________________________________________

Stern Deklination in der Epoche ohne Eigenbewegung -1900 -1850 -1800 -1900 -1850 -1800 Sirius -19,09 -18,96 -18,84 -20,53 -20,38 -20,24 Kapella 32,00 32,26 32,53 31,56 31,85 32,12 δ Orionis -11,34 -11,11 -10,88 -11,34 -11,11 -10,88 Kastor 29,23 29,41 29,57 29,01 29,18 29,36

Tabelle 4: Deklinationen der ausgewählten Sterne in der Untersuchungsepoche

Die Epoche der Betrachtung ist hier gemäß der Fehlerangabe im Gutachten auf 1900 - 1800 v.

Chr. ausgedehnt ("Bei der schnellen Veränderung der Sternörter infolge der Präzession ist die Genauigkeit der Zeitbestimmung auf etwa fünfzig Jahre anzusetzen"). Leider können die modernen Werte mit den von Neugebauer und Riem bestimmten nicht direkt verglichen werden, da sie im Gutachten nicht aufgelistet sind.

Neben den Deklinationswerten und der geografischen Breite von 51°50´ Nord fließt noch die Refraktion in die Berechnung der Sternbahnen ein. Auf dem Weg durch die zum Erdboden hin dichter werdende Lufthülle wird das Sternlicht gebrochen und auf einen gekrümmten Weg gelenkt. Dem Beobachter am Erdboden erscheint der Stern demzufolge höher zu stehen, als bei der Betrachtung von einer hypothetischen atmosphärelosen Erde. Um von der "wahren"

geometrischen Höhe zur sichtbaren "scheinbaren" Höhe zu gelangen, muss der

Refraktionswinkel hinzugerechnet werden. Dieser ist abhängig von der wahren Höhe des Sterns, da der Lichtbrechungseffekt in Horizontnähe ungleich stärker ist als in größeren Höhen, wo er sich nach und nach mindert bis er sich schließlich im Zenit verliert. Die

Lichtbrechung ist auch noch abhängig vom Luftdruck und von der Lufttemperatur. Hier wird zur Berechnung der Refraktion eine Formel verwendet, die die mittleren Verhältnisse in Horizontnähe gut beschreibt [10]. Allerdings kann es zu großen Abweichungen des Refraktionseffektes vom mittleren Wert kommen, z.B. bei Inversionswetterlagen, weshalb man die Position eines horizontnahen Gestirns im Einzelfall niemals mit letzter Gewissheit berechnen kann [11].

Die mit diesen Eingangsvoraussetzungen berechneten Sternbahnen sind in den Abbildungen 5 bis 10 in Bezug zum Horizontverlauf dargestellt. Die Azimute der Mauerlinien von Haus Gierke sind jeweils als blaue Rechtecke am unteren Bildrand eingetragen. Ihre Breite von 1°

entspricht der Genauigkeit der Richtungsbestimmung anhand des Katasterplans (Abb. 2). Die vom Neugebauer und Riem errechneten Azimute (siehe Tabelle 2) sind an den oberen

Bildrändern als schmaler roter Strich der Winkelbreite 0,1° zu finden. Auf der

übereinstimmenden Lage der blauen Rechtecke und der roten Striche gründen Neugebauer und Riem ihr Urteil, die Grenzlinien von Haus Gierke seien Sternpeilungen.

Diese 1926 festgestellte Übereinstimmung kann nun anhand der tatsächlichen Bahnverläufe des Mondes bzw. der Sterne in Bezug zum rekonstruierten Landschaftshorizont geprüft und bewertet werden. Die Ergebnisse im Einzelnen:

(13)

Abb. 5: Berechnung des südlichsten Mondaufgangs mit einer topozentrischen Deklination von -

(23,91°+5,15°+0,15°) in der Epoche -1850 in südöstlicher Richtung der Linie II (rote Linien und rot umrandete Mondscheibe). Vernachlässigt man die Parallaxe, so erhält man die gestrichelt gezeichnete Mondbahn. In dieser und den folgenden Abbildungen markiert der dünne rote Strich oben im Bild das von Neugebauer und Riem errechnete Azimut und das blaue Rechteck unten im Bild die betrachtete Mauerlinie gemäß der Ausrichtung im Katasterplan.

Linie II, Mondaufgang bei Großer Mondwende Süd - Abbildung 5

Die Berechnung von Neugebauer und Riem (Nordazimut 141°) ist ganz falsch. Der südlichste Mond (rot gezeichnete Mondscheibe und -bahn) erscheint bei einem Nordazimut von 145°- 146°, also mehr als 4° bzw. acht Mondscheibendurchmesser weiter im Süden. Man kann hier nur über die Ursache des Fehlers spekulieren. Lässt man die Mondparallaxe außer Betracht, so erhält man eine höhere Mondbahn (blaue Strichlinien in Abb. 5), die den Horizont aber auch nicht bei 141° Grad schneidet. Erst wenn man zusätzlich noch einen Aufgang auf dem mathematischen Horizont annimmt, steht der Mond in seinem südlichsten Aufgang bei 141°.

Abb. 6: Berechnung des nördlichsten Monduntergangs mit einer topozentrischen Deklination von +(23,91°+5,15°+0,15°) in der Epoche -1850 in nordwestlicher Richtung der Linie II (rote Linien und rot umrandete Mondscheibe). Vernachlässigt man die Parallaxe, so erhält man die gestrichelt gezeichnete Mondbahn.

(14)

Linie II, Monduntergang bei Großer Mondwende Nord - Abbildung 6

Der nördlichste Monduntergang erfolgt bei einem Nordazimut von 320° über dem Landschaftshorizont und stimmt mit der nordwestlichen Orientierung von Linie II im Katasterplan gut überein. Neugebauers und Riems Ergebnis spricht dagegen eher für eine Mondbahnberechnung ohne Berücksichtigung der Parallaxe (blaue Strichlinien in Abb. 6). Ob ihnen tatsächlich dieser Fehler unterlaufen ist, oder die Diskrepanzen auf eine falsche

Bestimmung der Horizonthöhe zurückgehen, lässt sich nicht entscheiden.

Abb. 7: Berechnung des Sirius-Untergangs in der Zeit -1900 bis -1800 in westlicher Richtung der Linie III (durch zwei rote Linien begrenzter Bereich). Ohne Berücksichtigung der Eigenbewegung des Sirius erhält man den mit blauen Strichlinien eingegrenzten Bereich.

Linie III, Sirius-Untergang - Abbildung 7

Die Siriusbahn trifft den mathematischen Horizont bei 239° und den Landschaftshorizont bei 239,5°. Neugebauer und Riem haben offensichtlich für den mathematischen Horizont

gerechnet. Lässt man die Eigenbewegung der Sterne außer acht, so erhält man die durch blaue Strichlinien gezeichneten Bahnen. Es sind jeweils zwei Sternbahnen für die Epoche -1900 und -1800 berechnet, mit Berücksichtigung der Eigenbewegung (rote Linien) und ohne

Eigenbewegung (blaue Strichlinien). In geometrischer Hinsicht stimmt die moderne

Nachrechnung mit dem Ergebnis von Neugebauer und Riem sehr gut überein, jedoch haben sie anscheinend keinen Gedanken an die Extinktion des Sternlichtes in Horizontnähe

verschwendet, die eine Sichtung der Sterne am mathematischen Horizont unmöglich macht.

Zur Frage der Extinktion später mehr.

Linie IV, Kapella-Untergang - Abbildung 8

Die Berechnung eines Nordazimutes von 331,3° für den Untergang von Kapella durch Neugebauer und Riem lässt sich nicht bestätigen. Man erhält auf dem Landschaftshorizont eine Untergangsrichtung von gut 329°. Auf dem mathematischen Horizont wären es dagegen 331°, was auf eine Verwendung des mathematischen Horizontes durch Neugebauer und Riem auch in diesem Fall hindeutet. Die Landschaft erhebt sich in dieser Richtung in einer Höhe von mehr als 0,5°, wodurch das Sternazimut um mehr als 1° verlagert wird.

Auch hier gilt, dass sowohl auf dem mathematischen wie auf dem Landschaftshorizont der Stern wegen der Extinktion nicht sichtbar ist. Neugebauers und Riems Berechnung ist demnach als falsch einzustufen.

(15)

Abb. 8: Berechnung des Kapella-Untergangs in der Zeit -1900 bis -1800 in westlicher Richtung der Linie IV (durch zwei rote Linien begrenzter Bereich). Ohne Berücksichtigung der Eigenbewegung der Kapella erhält man den mit blauen Linien eingegrenzten Bereich.

Linie V, Untergang von δ Orionis (Mintaka) - Abbildung 9

Hier gilt das Gleiche wie zuvor. Neugebauer und Riem haben den geometrischen Untergangsort des Sterns auf dem mathematischen Horizont richtig berechnet. Der Landschaftshorizont liegt mit -0,3° noch ein wenig darunter. Schwerer wiegt die erneute Vernachlässigung der Extinktion.

Abb. 9: Berechnung des Untergangs von δ Orionis in der Zeit -1900 bis -1800 in westlicher Richtung der Linie V (durch zwei rote Linien begrenzter Bereich). Die Eigenbewegung dieses Sterns ist so gering, dass ihre Nichtberücksichtigung keine Auswirkung auf das Ergebnis hat.

(16)

Abb. 10: Berechnung des Kastor-Aufgangs in der Zeit -1900 bis -1800 in östlicher Richtung der Linie VI (durch zwei rote Linien begrenzter Bereich). Ohne Berücksichtigung der Eigenbewegung des Sterns Kastor erhält man den mit blauen Linien eingegrenzten Bereich.

Linie VI, Kastor-Aufgang - Abbildung 10

Kastor erhebt sich in der Epoche -1900 bis -1800 in einer Horizonthöhe von ca. 3° in der Richtung 42,5° - 43° über dem Teutoburger Wald. Die Berechnung von Neugebauer und Riem für die Aufgangsrichtung von Kastor (42°) geht offenbar von einer etwas geringeren

Horizonthöhe aus, kann aber in diesem Fall im Wesentlichen bestätigt werden. Da die Sternpeilung hier nicht unmittelbar am mathematischen Horizont erfolgt, ist der Fehler, der durch die Nichtberücksichtigung der Extinktion erfolgt, in diesem Falle nicht so dramatisch wie bei den anderen Sternpeilungen.

Die gesammelten Eindrücke aus dem Vergleich

Neugebauer und Riem errechneten geometrische Sternaufgänge ohne Berücksichtigung der Extinktion, ein in archäoastronomischen Betrachtungen häufig gemachter Fehler. Da die Sterne wegen der Extinktion nicht direkt am Horizont sichtbar sind, sind Aussagen, die sich allein auf die geometrischen Aufgangspositionen stützen, sinnlos. Die geometrischen

Positionen können hier alle im Prinzip bestätigt werden. Die vorhandenen Abweichungen zu den hier durchgeführten Nachrechnungen lassen sich auf Unterschiede in der Abschätzung der Horizonthöhen zurückführen. Bei der Blickrichtung in die Westfälische Bucht hinein setzen Neugebauer und Riem den Landschaftshorizont mit dem mathematischen Horizont gleich, obwohl er ca. 0,3° darunter liegt. In den anderen Richtungen berücksichtigen sie

Horizonthöhen, die bis auf Abweichungen im Bereich von 0,5° mit den hier ermittelten übereinstimmen. Ganz eindeutig ist auch der Befund, dass die Sterndeklinationen unter

Berücksichtigung der Eigenbewegungen ermittelt wurden. Errechnet man nämlich probeweise Deklinationswerte ohne Berücksichtigung dieses Effekts, so erhält man durchweg größere Abweichungen zu den von Neugebauer und Riem bestimmten Azimuten (blaue Strichlinien in den Abbildungen 7 bis 10). Bei den Mondwendeberechnungen von Neugebauer und Riem bleiben allerdings Fragen offen. Möglicherweise wurde die Parallaxe vernachlässigt und die Richtung des südlichsten Mondaufgangs unter der unzulässigen Annahme eines

mathematischen Horizontes bestimmt. Anderenfalls lässt sich der grobe Fehler, den sie bei der südlichen Mondwende gemacht haben, nicht erklären. Neugebauer und Riem schreiben auch im Gutachten, dass sie Überhöhungen des Landschaftshorizontes von Osten bis Nordwesten

(17)

berücksichtigen. Es ist demnach wahrscheinlich, dass sie in südöstlicher Richtung fälschlicherweise den mathematischen Horizont genommen haben.

Der hier erkannte hauptsächliche Fehler in den Berechnungen, nämlich die Vernachlässigung der Extinktion, ist in der Astronomischen Chronologie von 1929 von Neugebauer selbst schriftlich dokumentiert [12]. Er beschreibt im Abschnitt "Die Frage der Orientation" ein Verfahren zur Berechnung von Sternazimuten zu chronologischen Zwecken, in dem die Extinktion ebenfalls unberücksichtigt bleibt. Vermutlich sind die Rechnungen für das 1926er Gutachten nach dieser Methode erfolgt. In der sich anschließenden Diskussion, übertitelt mit

"Bedenken gegen astronomische Orientation.", wird das Problem der Extinktion dann doch noch behandelt:

Ein astronomischer Grund gegen Orientation nach den Aufgangspunkten von Sternen ist die Extinktion. Es ist wohl möglich, Sonne, Mond und Planeten beim Erscheinen im Horizont zu erblicken, aber nicht mehr Sterne mit Ausnahme von Sirius und Canopus. Infolge der Extinktion des Lichtes in der Atmosphäre werden nämlich sichtbar

Sirius, Canopus im scheinbaren Horizont Wega in 0,4 Grad Höhe (scheinbar) Rigel, Capella, Arktur " 0,5 " "

Procyon " 0,7 " "

Beteigeuze, Atair " 0,9 " "

Aldebaran " 1,1 " "

Antares, Spica, Pollux " 1,2 " "

Regulus, Fomalhaut " 1,3 " "

Paul Victor Neugebauer, Astronomische Chronologie, 1929 Als Konsequenz aus dieser Betrachtung erwähnt Neugebauer einen resultierenden Fehler im Azimut, ohne diesen genauer zu quantifizieren. Eine Azimutverschiebung durch den

Extinktionswinkel von z.B. 1° führe zu einer Fehldatierung im Bereich von 100 bis 200 Jahren, wenn mit einer als astronomisch erkannten Peillinie ein Monument datiert wird.

Beim Sternhof geht es allerdings zunächst um die Identifikation von Sternpeilungen, nicht um die Datierung anhand einer zuvor mit unabhängigen Beweisen (z.B. aus Schriftquellen oder der Ethnographie) nachgewiesenen astronomischen Linie. Die extinktionsbedingte

Azimutverlagerung zerstört in diesem Fall die Koinzidenz des Sterns mit einer Linie, weshalb der Stern nicht weiter als Grund für die Ausrichtung einer Linie herhalten kann.

Die von Neugebauer aufgelisteten Extinktionswinkel für helle Sterne (siehe Zitat) sind unrealistisch klein, so dass sie schon bei einer leichten Überhöhung des Horizontes durch Hügel übertroffen werden, wodurch die Frage nach der Extinktion gegenstandslos wird. Das mag ein weiteres Motiv für die Nichtbeachtung der Extinktion im Gutachten zu Haus Gierke gewesen sein. Auf ihre fragwürdige Behandlung im Gutachten muss Neugebauer auch hingewiesen worden sein (wahrscheinlich von Hopmann), wie seine Stellungnahme "Zur vorgeschichtlichen Ortung" in Mannus verrät:

"Und dass bei viel geringerer Dichte der Bevölkerung und der Abwesenheit einer

kohlenverschlingenden Industrie in der früheren Zeit auch die Sache mit der Extinktion etwas anders ausgesehen haben kann als jetzt, scheint mir ebenfalls unbestreitbar.

Aber dies sind Kleinigkeiten, denen wichtigere Dinge voranstehen."

Paul Victor Neugebauer

Fakt ist: Die Behandlung der Extinktion von Neugebauer in seiner Astronomischen

Chronologie ist völlig unzureichend und hält einer modernen astronomischen Betrachtung nicht stand. Auch ein von der Helligkeit des Sterns unabhängiger Extinktionswinkel von 2°, wie Hopmann ihn bei seinen Rechnungen ansetzt, gibt das Phänomen nicht hinreichend genau

wieder.

(18)

Zur Extinktion

Das Sternlicht wird beim Durchgang durch die Erdatmosphäre abgeschwächt, und zwar umso mehr, je länger der Lichtweg durch die Atmosphäre ausfällt. Scheint ein Stern aus dem Zenit, so ist der Lichtweg minimal, man spricht dann von der Luftmasse X = 1 (gewissermaßen die Höhe der Atmosphäre), und die Abschwächung ist klein. Ein horizontnaher Stern, dessen Lichtstrahlen die Atmosphäre flach schneiden, scheint dagegen durch eine Luftmasse von X = 40 hindurch. Der Effekt ist dann maximal und alle Sterne werden derart in ihrer Intensität gemindert, dass man sie auf dem mathematischen Horizont nicht sehen kann.

Die Abschwächung erfolgt durch Lichtstreuung an Luftmolekülen, Wasserdampf, Aerosolen und Ozon, die zu einer jeweils spezifischen Dämpfung in Abhängigkeit von der Wellenlänge des Lichtes führen. Die Abschwächung variiert mit dem Anteil an Wasserdampf oder

Aerosolen in der Luft, der seinerseits von der Tageszeit und der Jahreszeit abhängt [13].

Die Berücksichtigung der Extinktion ist demzufolge kein ganz einfaches Unterfangen und die natürliche Variation dieser Parameter verbietet eine für alle Fälle verbindliche Aussage, in welcher Höhe ein horizontnaher Stern sichtbar ist.

Für eine Abschätzung dieses Effektes genügt aber die Annahme eines totalen

Extinktionskoeffizienten k, der angibt, um welches Ausmaß ein Stern der Magnitude m bei einer bestimmten Luftmasse X abgeschwächt wird:

X k m mS = + ⋅

Die verbleibende scheinbare Helligkeit des Sterns mS darf nicht größer als 6 sein (Nachweisgrenze für das freisichtige Auge), wenn der Stern noch zu sehen sein soll.

Die Diskussion folgt nun der maßgeblichen Arbeit zu diesem Thema der Archäoastronomie von Bradley E. Schaefer [14]. An den weltbesten Orten, wo die modernen Forschungs- sternwarten stehen, erreicht k ein Minimum im Bereich von < 0,2. Unter guten normalen Umständen kann man mit k = 0,25 rechnen. Im waldreichen, feuchten Germanien ist dagegen eher ein Wert von k = 0,3 zu veranschlagen. Neugebauers Extinktionswinkel (siehe Zitat im vorangegangenen Abschnitt) erhält man mit einem Wert von k = 0,17, wie er nur an

weltbesten Beobachtungsorten auftritt. Für alle praktischen Fälle der Archäoastronomie sind seine Winkel viel zu klein und völlig nutzlos.

Mit k = 0,3 verliert Sirius, der mit m = -1,44 der hellste Stern am Nachthimmel ist, durch die Extinktion am Horizont 0,3⋅40=12Magnituden. Seine scheinbare Helligkeit berechnet sich damit zu:

56 , 10 12 44 ,

1 + =

S = m

Sie liegt damit weit unter der Nachweisgrenze (mS = 6), und Sirius ist unter diesen für waldreiches Tiefland typischen Umständen - im Gegensatz zu Neugebauer - nicht am

Horizont sichtbar. Zur Berechnung des Sternazimuts der erstmaligen Sichtbarkeit eines Sterns nach seinem Aufgang oder der letztmaligen vor seinem Untergang ist demnach ein von den lokalen Begebenheiten beeinflusster Extinktionswinkel zu ermitteln, der die Grenzhöhe des Sterns für eine Sichtungsmöglichkeit angibt. Hier geschieht das mit dem Modell von Schaefer, das neben dem totalen Extinktionskoeffizienten k noch auf der visuellen

Grenzmagnitude mZ im Zenit basiert. Es werden jeweils zwei Extinktionswinkel berechnet, einmal für einen am Rande eines Waldgebirges gelegenen Beobachtungsort für unrealistisch günstige Verhältnisse (k = 0,25; mZ = 6) und für realistischere Verhältnisse (k = 0,30; mZ = 5).

Damit erhält man eine Auskunft über die Schwankungsbreite des Extinktionseffektes auf die Sternposition.

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_______________________________________________________________________

Stern Magnitude Extinktionswinkel in Grad

(k =0,25 mZ = 6) (k =0,30 mZ = 5)

Sirius -1,44 0,8 1,7

Kapella 0,08 1,5 2,6

δOrionis 2,25 3,5 5,7

Kastor 1,58 2,7 4,4

Tabelle 5: Extinktionswinkel für zwei unterschiedliche Himmelsverhältnisse nach einem Modell von B.E.

Schaefer.

Liegt der Extinktionswinkel über dem des Landschaftshorizontes, so ist dieser bei der Berechnung des Auf- oder Untergangsazimutes zu veranschlagen, ansonsten die Höhe des Landschaftshorizontes. Die nun folgenden Abbildungen 11 bis 14 zeigen alle fraglichen Sternbahnen für die Epoche -1850 in Bezug zum Horizont und mit Eintrag der Stellen auf der Bahn, wo die Sterne gemäß den Extinktionswinkeln der Tabelle 5 erstmals bzw. letztmals sichtbar sind (roter Punkt - zu optimistische Abschätzung, blauer Punkt - realistische Abschätzung der Extinktion).

In allen Fällen, auch denen mit zu optimistischer Schätzung, erkennt man eine deutliche Abweichung der Azimute der letzt- oder erstmaligen Sichtbarkeit zu denen von Neugebauer und Riem (rote Striche am oberen Bildrand). Allein beim Kastor-Aufgang kann man noch von einer ungefähren Übereinstimmung zwischen moderner Nachrechnung und behauptetem Azimut reden, da der Extinktionswinkel sich in diesem Fall nicht sehr dramatisch von der Höhe des Landschaftshorizontes unterscheidet. Tatsächlich ist noch eine Schwankung der Sternazimute von Beobachtungstag zu Beobachtungstag von 20% um den blauen Punkt herum zu erwarten, je nachdem, wie hoch der Wasserdampfgehalt der Luft ist. Der Abstand des blauen Punktes zum roten Punkt (zu optimistisch abgeschätzte Beobachtungsverhältnisse) verdeutlicht das ungefähre Ausmaß dieser Schwankungen.

Abb. 11: Untergangsbahn von Sirius in der Zeit -1850. Bei typischen Beobachtungsbedingungen ist Sirius letztmalig an der Stelle des blauen Punktes sichtbar, bei zu optimistisch angesetzten Bedingungen kann man Sirius bis zum roten Punkt verfolgen. Der Azimutabstand zwischen dem blauen und roten Punkt verdeutlicht das Ausmaß der extinktionsbedingten Schwankung (auch nach links vom blauen Punkt hin anzusetzen). Sirius erreicht das Azimut der Linie III nicht.

(20)

Abb. 12: Untergangsbahn von Kapella in der Zeit -1850 mit Eintrag des Ortes bei letztmaliger Sichtbarkeit (blauer Punkt, bzw. roter Punkt bei zu optimistisch abgeschätzter Extinktion). Kapella erreicht das Azimut der Linie IV nicht.

Abb. 13: Untergangsbahn von Mintaka (δ Orionis) in der Zeit -1850 mit Eintrag des Ortes bei letztmaliger Sichtbarkeit (blauer Punkt, bzw. roter Punkt bei zu optimistisch abgeschätzter Extinktion). Mintaka erreicht das Azimut der Linie V nicht.

Den Abbildungen 11 bis 14 lassen sich nun Sternazimute entnehmen, die gegenüber den 1926 errechneten Werten unter Vernachlässigung der Extinktion im Bereich von 3° - 7° abweichen!

Man sieht also, dass von einer Entsprechung der von Neugebauer und Riem genannten Sternazimute mit der Richtung der Wall- und Mauerlinien von Haus Gierke keine Rede sein kann. Die Vernachlässigung der Extinktion ist ein schwerer methodischer Fehler und ihr Urteil einer auffälligen und präzisen Übereinstimmung dieser Sternazimute mit den

Richtungen der Wälle und Mauern ist folglich zu verwerfen. Die Identifikation der genannten Sternazimute um -1850 mit den Linien um Haus Gierke entbehrt jeder faktischen Grundlage.

(21)

Abb. 14: Aufgangsbahn von Kastor in der Zeit -1850 mit Eintrag des Ortes bei erstmaliger Sichtbarkeit (blauer Punkt, bzw. roter Punkt bei zu optimistisch abgeschätzter Extinktion). Der Kastoraufgang fällt mit dem Azimut der Linie VI ungefähr zusammen (im Bereich des roten Punkts), aber nur, weil der Landschaftshorizont in dieser Richtung deutlich überhöht ist, was den Einfluss der Extinktion auf die Azimutbestimmung mindert.

Zufallswahrscheinlichkeit der vier mutmaßlichen Sternpeilungen

"Je beschränkter die Anzahl der zu berücksichtigenden Gestirne war, um so mehr erscheint es als ausgeschlossen, dass bei der Anlage des Gutshofes diese sechs Azimuten sich zufällig, das heißt ohne astronomische Rücksichten ergeben haben sollten. Um zu diesem Urteil zu gelangen, bedarf es keiner formellen mathematischen Wahrscheinlichkeitsrechnung, für die eine umständliche Verständigung über die einzusetzenden Faktoren erforderlich sein würde."

Paul Victor Neugebauer und Johannes Riem

Auch wenn der Interpretation der Linien und Haus Gierke als Sternpeilungen nach den Betrachtungen des letzten Abschnitts die Grundlage entzogen ist, lohnt noch die Behandlung der Frage nach der Zufallswahrscheinlichkeit für das Auftreten von vier Sternpeilungen bei den fünf betrachteten Linien. Dafür sei nochmal angenommen, die Linien und die

Sternazimute fielen tatsächlich zusammen.

Lässt sich auch mit Hilfe der mathematischen Statistik die Sternpeilungsidee für Haus Gierke verwerfen? - Neugebauer und Riem verneinten damals diese Frage ohne Berechnung, sondern allein durch ihr auf Intuition gestütztes Urteil (siehe einleitendes Zitat zu diesem Abschnitt).

Teudt diskutiert in den "Germanischen Heiligtümern" zurecht die Schwierigkeiten bei der Festlegung der verschiedenen Parameter, die in die Berechnung einzubringen sind und erwähnt außerdem noch in einer Fußnote verschiedene Berechnungsversuche für die Zufallswahrscheinlichkeit, die Ergebnisse zwischen 0,025% (1 : 4000) und 20% (1 : 5) erbracht hätten. Angesichts der Komplexitität dieser Materie folgert er, dass es vernünftig sei, von Ansätzen zur Quantifizierung der Zufallswahrscheinlichkeit abzusehen:

"Der Versuch, der Sache durch mathematische Wahrscheinlichkeitsrechnung beizukommen, scheitert an dem Umstande, dass über die Art der Rechnung, die Azimutzahlen, die Zahl der mythologisch "brauchbaren" Sterne, die anzunehmenden Fehlgrenzen usw., stets Unklarheit und Meinungsverschiedenheit bleiben. ... Die Gutachter hatten recht, auf eine mathematische Wahrscheinlichkeitsrechnung zu verzichten." Wilhelm Teudt

(22)

Sich in Fragen der Statistik auf die Intuition zu verlassen oder diesen Themenkreis ganz zu vermeiden und sich trotzdem öffentlich über eine Sternpeilungshypothese zu äußern, ist ein großes Risiko. Aussagen, die einer statistischen Überprüfung zugänglich sind, sollten durch eine entsprechende Rechnung abgesichert werden. Dabei sind die Eingangsvoraussetzung für die Rechnungen zu dokumentieren, so dass sie von anderer Seite nachvollzogen und

gegebenenfalls einer Kritik unterzogen werden können. Auf diese Weise ist ein vernünftiges Maß an wissenschaftlicher Methodik gewahrt, auch wenn die angestellten Rechnungen und Parameterabschätzungen später Zweifeln unterzogen sind und vielleicht noch revidiert werden müssen.

Hopmann geht in seinem Mannus-Aufsatz zur Methodik der vorgeschichtlichen Sternkunde diesen Weg und diskutiert überzeugend ein mathematisches Verfahren zur Bestimmung der Zufallswahrscheinlichkeit. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die von Neugebauer und Riem angegebenen vier Sternpeilungen wahrscheinlich ein Spiel des Zufalls sind. Er macht sich daran anschließend Gedanken, unter welchen Voraussetzungen ein Sternpeilungssystem als signifikant vom Zufall abweichend erkannt werden kann. Ergebnis: Man benötigt bei gleicher - möglichst klein gehaltener - Sternauswahl mehr als die von Neugebauer und Riem

ursprünglich postulierten sieben Peilungen (siehe Tabelle 1).

Er erweitert dann die Sternpeilungshypothese um neue Peilrichtungen, indem er z.B. den zentralen "Quellenhügel" und den "Eckhügel" am Treffpunkt der Mauern IV und V in die geometrische Betrachtung mit einbezieht und zusätzliche Peilungen von dort aus zu den Mauerecken diskutiert. Für insgesamt 11 Linien dieses Systems mit 12 Peilungen erhält er eine Übereinstimmung mit Gestirns- und auffälligen Sonnenazimuten in der Zeit um -600, die signifikant von Zufall abweicht. Als alternative Deutungsvariante, die der von Neugebauer und Riem ähnelt, ermittelt er noch ein Peilungssystem in der Epoche -1500. Die veränderte Datierung erkläre sich durch die Berücksichtigung der Extinktion mit einem universellen Extinktionswinkel von 2°. Hopmann ist angesichts der Möglichkeit dieser beiden neuen Sternpeilungshypothesen auf der Basis von insgesamt 11 Linien überrascht und fragt sich:

"Sofort taucht die Frage auf: Ist das noch Zufall? Gefühlsmäßig wird man sagen: Nein, besser ist

aber doch die Rechnung." Josef Hopmann

Die sich anschließenden Wahrscheinlichkeitsberechnungen fallen nun im Sinne der

astronomischen Hypothese viel günstiger aus, als die für die Variante von Neugebauer und Riem. Die Eingangsvoraussetzungen für diese Rechnungen sind allerdings fragwürdig.

Hopmanns erweiterte Hypothese ist eher Anzeichen für eine Verselbständigung der Sternhof- Idee auf dem Weg zum Mythos. Sie demonstriert auch die Spanne von möglichen Ergebnissen bei Zufallsbetrachtungen in Abhängigkeit von den Eingangsparametern (Zahl der Sterne, Zahl der Peilungen, u.a.). Für die Auswahl von Peillinien, die in die Hypothese eines Ortungs- oder Kalendersystems einfließen, müssen Auswahlkriterien entwickelt und begründet werden.

Wählte Teudt ursprünglich nur die Mauer- und Walllinien als mögliche Richtungen für Sternazimute aus, so lässt Hopmann auch Verbindungslinien zwischen Hügeln und

Mauerecken gelten. Die Rechtfertigung für diese Gleichstellung von tatsächlich vorhandenen Linien (Mauern und Wälle) und gedachten Verbindungslinien zwischen zwei z. T.

unterschiedlichen Punkten (Mauerecken, Hügeln) am gleichen Ort fehlt aber. Hopmann lässt auch nicht etwa alle Möglichkeiten von Linien zwischen allen Mauerecken und Hügeln zu, sondern macht eine Einschränkung auf 11 Linien, weil mit 7 Punkten und 11 Linien das geometrische Gebilde aus den Umfassungsmauern und dem Quellhügel eindeutig festgelegt sei. Warum er aber eine bestimmte Mauerecke als besonderen Beobachtungspunkt in diesem System hervorhebt und nicht alle anderen Mauerecken in entsprechenden Varianten in den gleichen Rang heben will, ist allein dadurch die Existenz des sog. "Eckhügels", einer

(23)

Aufschüttung an der hervorgehobenen Mauerecke begründet. Damit wird die Begründung für die Auswahl dieser Ecke an die Archäologie weitergeben, die aber wegen fehlender

Untersuchungen an diesem Eckhügel keine Aussage beisteuern konnte. Die Auswahl dieser Ecke als Zentralpunkt ist damit auf eine reine Vermutung gestützt. In die Rechnung müssen aber alle erdenklichen Kombinationen zwischen allen Mauerecken und Zusatzhügeln einfließen, zumindest alle erdenklichen Kombinationen aus 7 Punkten, mit deren Hilfe 11 Richtungen gebildet werden können, weil auch für die anderen Ecken, die Hopmann anders behandelt, entsprechende Vermutungen angestellt werden dürfen.

Schränkt er aber die Parameter für die Wahrscheinlichkeitsrechnung aufgrund einer unbegründeten Auswahl von vornherein stark ein, so ist es nicht verwunderlich, wenn ein signifikantes Ergebnis herauskommt. Hopmann war immerhin so vorsichtig, sein erweitertes System für den "Sternhof" trotz seines signifikanten Ergebnisses als möglichen

Deutungsvorschlag vorzustellen, nicht aber seine tatsächliche Existenz streng zu behaupten:

"Die exakten Naturwissenschaften, insbesondere auch die Astronomie, haben trotz ihrer

sprichwörtlich genauen Arbeitsart in den letzten Jahrzehnten mehrfach ein Kommen und Gehen auch von Theorien erlebt, die mit Formeln und Zahlen stark gestützt waren. So bin ich mir bewußt, dass auch über die Ortung das letzte Wort noch lange nicht gesprochen ist, ja, dass der Streit nun

erst recht beginnen wird." Josef Hopmann

Der Quellenhügel, den Hopmann in seinem erweiterten Peilsystems für den zuerst

eingerichteten Beobachtungspunkt hielt (z.B. in Form eines prähistorisches Hügelgrabs oder Quellheiligtums), erwies sich bei archäologischen Grabungen in Nachhinein als neuzeitlicher Schutthügel ohne Beziehung zu den Mauerlinien und -ecken, womit eine Voraussetzung für sein erweitertes System und die daran angeknüpfte Wahrscheinlichkeitsrechnung wegbrach.

Die in die Wahrscheinlichkeitsrechnung eingestellten Parameter sollten deshalb vorher mit den archäologischen Erkenntnissen abgeglichen werden, bzw. die Rechnung solange zurückgestellt werden, bis die archäologische Frage geklärt ist. Zumindest eine gleiche Zeitstellung und der Nachweis eines prähistorischen Ursprungs aller in die Betrachtung eingehenden baulichen Strukturen ist von dieser Seite aus zu fordern, wenn damit prähistorische Astronomie nachgewiesen werden soll.

Hier wird aus Illustrationsgründen für die von Neugebauer und Riem vorgelegte erste Fassung der Sternhof-Idee eine Wahrscheinlichkeitsrechnung auf der Basis von Schaefers Verfahren in seiner Arbeit über atmosphärische Extinktionseffekte durchgeführt. Berücksichtigt werden nur Sternpeilungsmöglichkeiten für fünf der sechs Linien. Für die sechste Linie - Linie I - wurde keine Horizontpeilung in Betracht gezogen. Man kann aber mit den unten aufgeführten Formeln selber leicht Rechnungen mit veränderten Parametern durchführen, wenn man die hier gewählten Werte variieren möchte.

Nach Schaefer lässt sich die Zufallswahrscheinlichkeit p für A Sternpeilungen in einem Ensemble von N Linien abschätzen. Im Fall von Haus Gierke beträgt A = 4 (Sirius, Kapella, Mintaka, Kastor) und N = 10 (fünf Linien mit jeweils zwei möglichen Richtungen).

Auch die Zahl der in die Betrachtung eingehenden Sterne muss zunächst festgelegt werden.

Es sollten alle erdenklichen Sterne berücksichtigt werden, deren Helligkeit mindestens so groß ist, wie die des lichtschwächsten Sterns, für den eine Sternpeilung behauptet wird. In diesem Fall ist das Mintaka (δ Orionis), der oberste Stern im Oriongürtel mit einer Magnitude von m = 2,25. Mintaka steht in der Liste der hellsten Sterne auf Rang 74. Folglich muss man sich die Frage stellen, wie wahrscheinlich es ist, dass in irgendeiner Epoche 4 dieser 74 Sterne mit 4 der 10 Richtungen der Mauerlinien zufällig zusammenfallen.

Diese lange Liste von Sternen sollte aber noch um jene Sterne gekürzt werden, die tief am Südhimmel stehen und niemals in Westfalen aufgehen. Trotzdem bleibt immer noch eine

(24)

große Zahl übrig, wodurch die Zufallswahrscheinlichkeit schnell nach oben, in den Bereich nicht-signifikanter Ergebnisse, getrieben wird.

Die Sternliste lässt sich jedoch bei wohlwollender Abwägung im Sinne Neugebauers und Riems noch verkleinern. Es soll hier nämlich nicht der Verdacht aufkommen können, ihre Ergebnisse würden durch zu pessimistisch abgeschätzte Eingangsparameter schlecht gerechnet. Der zweitschwächste Stern in ihrer Auswahl ist Kastor mit m = 1,58. Lässt man nur die in Westfalen sichtbaren Sterne gelten, die heller als m = 1,6 sind, so zählt man 16.

Wegen der präzessionsbedingten Deklinationsveränderung der Sterne, die Südsterne auf den Nordhimmel heben kann, ist dies keine in allen Epochen gültige Zahl. Sie wird hier dennoch als Grundlage für die Wahrscheinlichkeitsrechnung genommen, ohne noch nach Epochen zu differenzieren.

Der schwächste Stern in der Auswahl von Neugebauer und Riem, Mintaka, ist Bestandteil des Oriongürtels. Wertet man den Oriongürtel als herausragenden Asterismus, kann man ihn als Ganzes (und nicht seine Einzelsterne) in die Betrachtung mit einschließen. Dann sollten aber zumindest auch noch die Plejaden als ebenfalls besonders auffälliger Asterismus, der in vielen Kulturen als Zeitmarke verwendet wurde, hinzugerechnet werden. Man kommt damit auf insgesamt 18 Sterne bzw. Asterismen, aus deren Schar die Kandidaten für Sternpeilungen in Haus Gierke auszuwählen sind. Betont sei nochmals, dass dies eine optimistische Schätzung im Sinne Neugebauers und Riems ist - die Zahl der Sterne, die als Größe S in die Rechnung eingeht, ist ein sinnvolles Minimum. Teudt, Neugebauer, Riem und Hopmann haben eine geringere Zahl angesetzt und rechtfertigen dies mit der mythologischen Bedeutung der Gestirne ihrer Auswahl im prähistorischen Germanien. Diese ist jedoch umstritten und damit als Eingrenzungskriterium ungeeignet.

Schließlich ist noch die Unsicherheit der Azimutbestimmung aufgrund der Schwankung der Refraktion und einiger anderer Effekte, die Schaefer diskutiert, in die Rechnung

einzuschließen. Diese Unsicherheit, als s bezeichnet, liegt für helle Sterne in mittleren

Nordbreiten bei 2° - 3° in jeder Richtung zu dem Sternazimut, das unter Berücksichtigung des Extinktionswinkels bei mittleren Verhältnissen gewonnen wurde. Im Prinzip ist diese

Unsicherheit der etwaige Azimutabstand zwischen dem blauen und dem roten Punkt in den Abbildungen 11 bis 14.

Die Formel zur Berechnung der Zufallswahrscheinlichkeit p für das zufällige

Zustandekommen von mindestens A Sternpeilungen in einem Ensemble von N Linien und S Sternen lautet (ohne Beweis):

=

= N

A j

j P

p ( )

mit

) 90 / exp(

1

)!

(

! ) !

1 ( )

(

°

=

⋅ ⋅

=

s S

A N A A N

P A N A

ρ

ρ ρ

Von einem signifikanten Effekt auf dem sog. 3σ-Vertrauensniveau spricht man bei einer Zufallswahrscheinlichkeit von p < 0,27%. Liegt p höher, so weicht das Ergebnis im Sinne der üblichen statistischen Konventionen nicht signifikant von der Zufallserwartung ab. Die

Nullhypothese (zufälliges Zustandekommen der A Sternpeilungen) kann dann nicht verworfen werden. Veranschlagt man nur das schwächere 2σ-Konfidenzniveau, so ist ein Ergebnis von p

< 4,55% signifikant.

Abbildung

Abb. 1: Der &#34;Sternhof&#34; auf dem Auszug einer modernen Katasterkarte, gefunden in einer Internet-Publikation  des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zum Gutspark Sternhof, unter
Abb. 2: Haus Gierke mit seinen Wällen und Umfassungsmauern. Reproduktion der Abbildung 59 auf Seite 112  der &#34;Germanischen Heiligtümer&#34; von W
Abb. 3: Horizontprofile in den vier Sektoren des Horizontes. Als blaue Rechtecke sind die Linien II, III, IV, V  und VI in ihrer östlichen bzw
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