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Übergänge begleiten im Kontext der Schulentwicklung des WGG Ein Konzept

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Academic year: 2022

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im Kontext der Schulentwicklung des WGG Ein Konzept

Neumarkt 2012

(2)

Schulentwicklung am WGG Werteorientierung als Kultur der Anerkennung Übergänge begleiten Wirklich ankommen Da sein, da bleiben, sich finden

Da bleiben, sich

stabilisieren, sich entfalten

Allgemeine Hochschulreife

Was bleibt zu tun?

(3)

Wis se

n se Wis

n KönnenKönnen

HerzHerz r ter kte rak ara Cha Ch

allgemeine Hochschulreife

Übergänge begleiten

im Kontext der Schulentwicklung des WGG

Am Willibald-Gluck-Gymnasium passiert in jüngster Zeit viel in Sachen Schulentwicklung. Wir sind in Bewegung, weil wir das so wollen und weil wir das müssen, um Schülern1, Lehrern und Eltern gerecht zu werden und um unseren gymnasialen Auftrag zeitgemäß zu erfüllen, nämlich nicht nur Wissen und Können zu vermitteln, sondern auch Herz und Charakter zu bilden2, und zwar so, dass sich Kinder in unserer Schule als Lernumgebung in

acht Jahren zu wissenschaftsfähigen jungen Erwachsenen formen können. Wir begreifen Bildung und Erziehung also als zwei Seiten einer Medaille und betrachten diese Einsicht auch als grundsätzliches Steuerungsprinzip unserer Schulentwicklung.

In den Kontext unserer Schulentwicklung gehört auch das Teilziel bzw. die Handlungsmaxime

„Übergänge begleiten“, und zwar als ein Baustein des Schwerpunktbereichs Werteorientierung als Kultur der Anerkennung. Da das Teil ohne das Ganze nur bedingt Sinn macht, soll eben dieses Ganze nunmehr kurz umrissen werden.

1. Schulentwicklung am WGG

Der Prozess unserer institutionellen Evolution organisiert sich dabei nach folgendem Grundmuster: Wir vergegenwärtigen in verschiedenen Schwerpunktbereichen unsere Ressourcen und Traditionen und fragen dann, was auf diesem Gebiet noch zu tun ist, um die eingangs angeführten Ziele Bildung und Erziehung besser verfolgen zu können. Die Schwerpunktbereiche ergeben sich dabei aus dem, was wir sind, und daraus, auf welche Weise wir ein Gymnasium sein wollen.

Ermittelt und damit gewissermaßen explizit gemacht wurden diese Schwerpunktbereiche in zwei Zukunftswerkstätten (2010 und 2011), in denen jeweils rund 30 Kollegen in einem

1 In dieser Formulierung sind Schülerinnen freilich eingeschlossen, ebenso wie Lehrerinnen bei der nächsten.

2 Margit Stein trifft dazu folgende Einschätzung: Anders als der Bildungsauftrag wird der Erziehungsauftrag der Schulen jedoch nicht vertieft in den Lehrplänen, Curricula und Rahmenrichtlinien thematisiert. Es wird der erzieherischen Freiheit und Autonomie der Schule und der pädagogischen Verantwortung der einzelnen Lehrkräfte anheimgestellt, den Erziehungsauftrag zu operationalisieren und in der Lebenswirklichkeit der Schule und des Unterrichts umzusetzen. Margit Stein, Werteerziehungsansätze an weiterführenden Schulen in ihrem Zusammenhang mit strukturellen Schulbedingungen, in: Zeitschrift für Pädagogik 4 (2009), 562-579, hier: 562.

Unsere Anstrengungen können zumindest zum Teil dahingehend gelesen werden, den Erziehungsauftrag, so wie wir diesen verstehen, zu konkretisieren.

(4)

Schulprofil

Schulprofil

8 Schwerpunktbereiche, z.B:

Werte- orientierung

Werte-

orientierung

6 Handlungsbereiche/Prinzipien, z.B

Übergänge begleiten Übergänge

begleiten

Wochenendseminar zunächst Visionen und dann unter dem Begriff Schulprofil auf Basis unserer Ressourcen konkrete Vorstellungen zur Zukunft unserer Schule entwickelten. Hierbei flossen

Rekonstruktion und Tradition einerseits sowie Visionen andererseits

gleichsam produktiv ineinander.

Demgemäß spiegeln

sich in den

Schwerpunktbereichen, die durchaus so etwas wie den Identitätskern des Willibald-Gluck- Gymnasiums ausmachen, unsere Erfahrungen, Hoffnungen, Möglichkeiten und auch Schwierigkeiten wider. Diese Diskussion ist im Einzelnen, wie die Vorstellung der Vorschläge im Gesamtkollegium jüngst gezeigt hat, noch nicht abgeschlossen, aber die Grundausrichtung hat guten Anklang gefunden. Ein Ziel haben wir auf jeden Fall schon erreicht, wir wissen mehr voneinander und von unserer Schule und können deshalb bewusster handeln. Die acht Schwerpunkte lesen sich wie folgt:

 Wir wollen unsere naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Zweige erkennbar akzentuieren, um noch besser zu werden, als wir sind.

 Wir wollen ein sportliches Gymnasium sein, weil auch der Körper sein Recht hat.

 Wir wollen internationale Kontakte pflegen, um auf diese Weise interkulturelle Kompetenz zu befördern.

 Wir wollen Begabungen entwickeln und fördern, weil wir darin eine originäre Aufgabe des Gymnasiums sehen.

 Wir wollen die Ganztagesschule voranbringen, weil wir das als gesellschaftlichen Auftrag begreifen und in der Ganztagesschule eine vielversprechende pädagogische Option sehen, in der wir Erfahrungen nutzen und neue Wege gehen können.

 Wir wollen Kunst, Sprachen und Musik fördern, weil dadurch ganzheitliche Bildung gewährleistet ist und wir erst so das Versprechen der allgemeinen Hochschulreife einlösen können.

 Schließlich wollen wir unter der Leitidee einer Kultur der Anerkennung für Werteorientierung eintreten, weil wir glauben, dass Werteerziehung als

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Teams Schwerpunktbereiche

Teams Schwerpunktbereiche

Ressourcen Wünsche

Ziele Ressourcen

Wünsche Ziele

Leitidee Teilziele Leitidee Teilziele

Bestand Handlungsmöglichkeiten

Ex-/Intensivierung Bestand Handlungsmöglichkeiten

Ex-/Intensivierung

Bildung von Herz und Charakter gleichermaßen Verfassungsauftrag wie einen weiteren Bestandteil ganzheitlicher Bildung ausmacht.

Derzeit versuchen wir, in verschiedenen Teams, die jeweils ein Mitglied der Schulleitung als Paten haben, die einzelnen Schwerpunktbereiche mit Konzepten zu verlebendigen, und zwar so, dass pro Schwerpunkt eine Leitidee mit Sensibilität für Ressourcen, Wünsche und Ziele in

operationalisierbare Teilziele oder Steuerungsprinzipien übersetzt wird. Diese Teilziele sollen dann zu Handlungsmaximen oder Orientierungshilfen auf den verschiedenen institutionellen Ebenen werden. Wir versuchen also zu fragen, wie die Teilziele in den Bereichen Schulleitung, Schule und Schulentwicklung, Lehrer, Fachschaften, Wahlkurse, Projekte, Schüler, SMV, Klasse und natürlich dem Unterricht durch konkrete Handlungen schon befördert werden und noch weiter befördert werden können. Dabei ist neben der Extensivierung vor allem auch die Intensivierung unserer Anstrengungen ein Anliegen. Mit dem gewachsenen Bewusstsein nämlich davon, wohin wir wollen und was wir schon haben oder sind, lässt sich auch besser über eine Vernetzung der zahlreichen schon bestehenden Projekte und Unternehmungen nachdenken.

2. Werteorientierung als Kultur der Anerkennung

Relativ weit fortgeschritten sind wir dabei schon im Bereich „Werteorientierung als Kultur der Anerkennung“, zu der auch der Teilbereich „Übergänge begleiten“ gehört. Dies gründet darin, dass die Werteerziehung am WGG traditionell großgeschrieben wird. Auf den fast schon klassischen werteaffinen pädagogischen Handlungsfeldern wie zum Beispiel Prävention, Streitschlichter und Tutorenprogrammen sind wir demgemäß gut aufgestellt. Hier leisten engagierte Kollegen seit Jahren wertvolle Arbeit mit großer Resonanz unter unseren Schülern. Neues, wie zum Beispiel unsere Verfassung unter dem Titel Gluck-Codex3 oder die Adaption des Trainingsraumkonzepts unter dem Namen „Raum zum Nachdenken“, haben wir eigens geschaffen. Die Konzeption des Schwerpunktbereichs „Werteorientierung als Kultur der Anerkennung“ liest sich insgesamt wie folgt:

Für Umsetzung einer Kultur der Anerkennung haben wir sechs Prinzipien formuliert, die helfen sollen, unser Anliegen bewusster umzusetzen.

3 Vgl. dazu: http://www.wgg-neumarkt.de/ptexte/codex/index.php

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 Wir wollen Stärken fördern, indem wir Schülern Verantwortung, insbesondere für Belange der Schulgemeinschaft und füreinander, übergeben, denn in der „Zumutung“

von Verantwortung spiegelt sich Anerkennung.

 Wir wollen Übergänge begleiten, denn die Anerkennung der Tatsache, dass ein gymnasialer Bildungsweg je nach Entwicklung der Schüler institutionelle und entwicklungspsychologische Schwierigkeiten und Herausforderungen birgt, macht wertorientierte Begleitung nötig und richtig.

 Wir wollen wertorientierte Erfahrungen ermöglichen, weil die Anerkennung seiner selbst und anderer sich auch und insbesondere unmittelbar im Modus der Erfahrung entwickelt und stärkt.

 Wir wollen wertorientierte Ziele und Grenzen formulieren, weil eine Kultur der Anerkennung auch bedeutet: sich zu kümmern und zu fordern, notfalls auch im

Modus des

Konflikts, sowie zu sagen, was man erwartet und wohin man will. Alles andere ist Willkür und Beliebigkeit und/also das Gegenteil von Anerkennung.

 Wir wollen

Anerkennung explizit

gewähren, weil

Anerkennung Feedback und Wertschätzung braucht, und zwar im Kleinen wie im Großen.

 Wir wollen den Prozess auf dem Weg zu einer Kultur der Anerkennung steuern und reflektieren, weil man ohne Reflexion und Steuerung den Weg und das Ziel verliert.

Hier geht es also auch um die Anerkennung des Umstands, wonach Qualität kein Zufall sein muss, sich also auch für Werte-Erziehung Qualitätskriterien formulieren lassen.

Zusammengehalten werden diese sechs Teilziele neben der Idee, von der Ebene der Wertorientierung aus Impulse für alle anderen Ebenen der Schulentwicklung zu geben, auch von der Idee eines werteorientierten Curriculums, das wir aufzubauen im Begriff sind. Der Grundgedanke dieses werteorientierten Curriculums ist so einfach wie schlagend: Entlang der individuellen Schülerlaufbahn beziehungsweise -biografie werden implizit und explizit werteorientierte Lernumgebungen geschaffen und angeboten, die personale und soziale Kompetenz fordern und fördern. Diese Anordnung von werteaffinen Lernsituationen soll

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aber auch zur Ursache von Wertebewusstsein werden, so Herz und Charakter bilden und schließlich eine Kultur der Anerkennung befördern.

3. Übergänge begleiten

Die Maxime „Übergänge begleiten“ spiegelt die Idee des werteorientierten Curriculums in institutioneller und entwicklungspsychologischer Brechung gewissermaßen im Kleinen wider.

Die im Zusammenhang mit dieser Maxime realisierten oder geplanten Projekte sind also ein integraler Bestanteil des werteorientierten Curriculums.

Wir haben also vor allem zwei Sachverhalte unter dem Gesichtspunkt "Übergänge begleiten“

im Blick:

 Unserer Schulart hat die Aufgabe zwischen dem kindlichen, spielerischen und relativ homogenen Lernen der Grundschule und gemäß dem Zertifikat, das wir

vergeben, der

differenzierten Welt der Wissenschaft zu vermitteln. Das ist ohne

Frage ein ziemlich großer und anspruchsvoller Übergang.

 Während die Schule und die Schüler damit beschäftigt sind, diesen anspruchsvollen und im Wesentlichen kognitiven Prozess zu moderieren, werden aus Kindern junge Erwachsene. Dabei haben unsere Schüler eine Menge Fragen zu klären, deren Beantwortung im pluralistischen und medial differenzierten 21. Jahrhundert eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe darstellt4.

Beide Prozesse sind geeignet sich zu ergänzen, müssen das aber nicht tun. Uns erscheint es sinnvoll, beide Prozesse auf dem Radar zu haben und diese nach Möglichkeit so aufeinander zu orientieren, dass möglichst wenig vermeintliche Zielkonflikte entstehen. Jeder, der jüngst die eine oder andere Mittelstufenklasse unterrichtet hat, weiß, wie sehr das jugendliche Ringen um Identität, wenn problematische Strategien gewählt werden, die Atmosphäre vergiften und das Unterrichtsklima und damit natürlich die Lernerfolge negativ beeinflussen können. Bei uns, am Willibald-Gluck-Gymnasium, ist beispielsweise das Konzept des mehr oder minder rüpelhaften Underachievers für die Jungs der Mittelstufe ein durchaus

4 Dazu grundsätzlich und in den Worten Detlef Horsters: Junge Menschen haben es darum heute schwerer als zu der Zeit, da ihnen moralische Orientierung durch die Einbettung in die Gemeinschaft vorgegeben wurde. Sie haben zwar größere Freiheiten, müssen ihre Orientierung indessen selbst finden. Detlef Horster, Was soll ich tun? Moral im 21. Jahrhundert, Leipzig 22005 S. 31

Grundschule Kinder Spielerisches Lernen

Gymnasium

Welt der Wissenschaft Beruf Junge Erwachsene

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Lern en ler

nen rn le en rn Le

en Leistungen

entwickeln Leistungen entwickeln

Wertebildung

Wertebildung als ule Sch gem ein sam e

Au fga be begr eif en

Sch ule als

gem ein sam e

Au fga be begr eif en Grund elemente

prominenter Rollenentwurf. Da wir einen hohen Jungengenanteil (über 65 %) haben, ist eben dieser Rollenentwurf durchaus prägend und gleichsam stilbildend für unser Lernklima. Dieser Rollenentwurf, der freilich auf die weitere Schullaufbahn fortwirkt, kann als eine Erklärung dafür gelesen werden, warum unsere Abiturschnitte zumeist etwas unter dem Durchschnitt liegen. Dieser Rollenentwurf verweist aber auch auf eine normative Asymmetrie, wenn nämlich Leistung5 unter- und ein an sich nicht wünschenswertes Verhalten überbewertet wird. Hier wird also eine entwicklungspsychologische Aufgabe unzureichend gelöst.

Nun kann man diesen Rollenentwurf und dessen Konsequenzen hinnehmen und auf der Habenseite des Selektionsauftrages verrechnen, den wir in einem mehrgliedrigen Schulsystem ja doch auch zu erfüllen haben. Von der Kaltherzigkeit abgesehen, die eine solche Perspektive mit sich bringt, bedeutete dies unseres Erachtens aber auch, sich vor jenem Auftrag zu drücken6, den die Verfassung mit dem Anspruch, eben auch Herz und Charakter zu bilden, doch deutlich formuliert. Übergänge begleiten zu wollen, heißt also:

Erziehung als Auftrag annehmen.

Um dies indes leisten zu können, also Ziele und Handlungsoptionen zu formulieren, bedarf es einer Einschätzung sowohl der Struktur der Prozesse als auch der Bedingungen, unter denen diese statthaben. Dabei ist es wichtig, das Ziel bzw. die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, wenn man die Gesamtprozesse auf relevante Teilprozesse und Nahtstellen hin untersucht. Diese Einschätzung wird zeigen, dass eine im Sinne von Bildung und Erziehung zielführende Moderation der Übergänge am Gymnasium sich auf vier Grundelemente beziehen lässt, die sich wechselseitig durchdringen, nämlich:

Lernen lernen

Leistungen entwickeln Wertebildung

Schule als gemeinsame Aufgabe begreifen

5 Stichwort: „Vier gewinnt“

6 Dazu Monika Keller: Der Schule kommt eine wesentliche Funktion in der moralischen Sozialisation zu, obwohl sie sich – insbesondere in den westlichen Gesellschaften – dieser Aufgabe nicht hinreichend bewusst ist.

Monika Keller, Moralentwicklung und moralische Sozialisation, in: Detlef Horster (Hg.), Moralentwicklung von Kindern und Jugendlichen, Wiesbaden 2007, S. 17-49, hier S. 42; und mit Blick auf die Schüler schreibt Jutta Standop: Schule sollte daher die Herausforderung annehmen, ihre erzieherische Aufgabe entsprechend wichtig zu nehmen. Das heißt, im Unterricht sollte den erweiterten Erziehungsansprüchen der Schülerinnen und Schüler einerseits genügend Raum gegeben, andererseits den anstehenden Problemen mit professioneller und nachhaltiger pädagogischer Arbeit begegnet werden. Jutta Standop, Werte-Erziehung, Einführung in die wichtigsten Konzepte der Werteerziehung, Weinheim und Basel 2005, S. 69

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Anders als unser traditionelles Stufenkonzept sehen wir auf Folie der praktischen Erfahrungen am

Gymnasium cum grano salis vier signifikante

Phasen mit

entsprechenden Übergangen. Die Inhalte der Stufen

verweisen unserer

Einschätzung nach auf die für unsere Schüler hauptsächlich zu lösenden Aufgaben und damit auf die grundsätzliche Qualität der Übergänge, die wir begleiten möchten. Damit kann diese Graphik auch als Vorausblick auf die nächsten Zeilen gelesen werden.

Unsere Sicht auf diese Übergänge soll nun dargestellt werden, und zwar so, dass aus dem Problem- und Möglichkeitsbefund eine überschaubare Menge von Handlungsbereichen beziehungsweise Optionen abgeleitet werden kann. Dabei wird es immer darum gehen, die Probleme und Möglichkeiten der jeweiligen Phase bzw. des jeweiligen Übergangs in Aufgaben zu übersetzen, die von Schülern und Schule bewältigt werden können. Im Anschluss daran werden jeweils die konkreten Maßnahmen angeführt, die wir schon umgesetzt haben, bzw. die wir umzusetzen im Begriff sind oder die eigentlich noch wünschenswert sind.

a) Wirklich ankommen - der Übergang von Grundschule zum Gymnasium

„Wirklich ankommen“ als Überschrift für diese Phase versucht den Umstand zu erfassen, dass ein guter Teil unserer Schüler nicht durchgängig erfolgreich in der Lage ist, sich auf

den gymnasialen Kontext einzulassen, also an dem festhalten, was sie aus der Grundschule gewohnt sind und dort gelernt haben. Das Grundschulpäckchen taugt auch noch eine Weile, aber eben nicht langfristig, dann entstehen insbesondere in sechsten Klasse erste schulische Probleme. Die Unterschiede zwischen den beiden Schularten sind dann doch zu groß. Signifikante Unterschiede7 herrschen auf der Ebene der Lern-und Unterrichtskultur. Auf dem Gymnasium gibt es zunächst mehr Fächer, die von mehr Personen unterrichtet werden.

7 Bei der Beschreibung dieses Übergangs hat die Expertise von Anja Selzer geholfen. Frau Selzer war Grundschullehrerin in Füssen und dabei auch als Lehrkraft am Gymnasium Hohenschwangau eingesetzt.

Zwischenzeitlich unterrichtet Frau Selzer an der internationalen Schule in Varese/Italien.

Grundschule

5./6.

Klasse:

Wirklich ankommen

7./8.

Klasse:

Da sein, da bleiben, sich finden

9./10.

Klasse:

Da bleiben, sich stabili- sieren, sich entfalten

Q-Stufe:

Allgemeine Hochschul- reife

Universität

(10)

Le rn- un d

Arb eit ste ch nik en

erw erb en

Le rn - u nd

Arb eit ste ch nik en

erw erb

en angemessenes

individuelles Verhalten und Sozialverhalten

einüben angemessenes individuelles Verhalten

und Sozialverhalten einüben

angebrachten Leistungsbegriff

entwickeln angebrachten Leistungsbegriff

entwickeln

Schu le a ls geme insa me

Aufg ab e b egr eif

en same mein ge als ule Sch

Au fga be b egr eif en

Übergang Grundschule/Gymnasium

Der Unterricht hat eine höhere Geschwindigkeit, ist kognitiver orientiert und lässt weniger Spielräume, und zwar buchstäblich und metaphorisch. Das Üben und das Lernen werden weniger gesteuert und kontrolliert, dies gilt insbesondere für den Bereich der Hausaufgaben.

Die damit verbundenen neuen Ansprüche müssen von den Schülern auf der Folie einer neuen sozialen Situation gelöst werden. Die Schüler müssen sich kennenlernen und freilich Rollen und Hierarchien aushandeln. Mit dem Übergang an das Gymnasium ist aber noch eine weitere Erfahrung verbunden. In der Grundschule waren die Schüler die Besten. Bei uns wird das neu sortiert. Wobei hier durchaus verschiedene Ausgangsbedingungen festzustellen sind, und zwar individuelle wie institutionelle. Es macht nämlich einen signifikanten Unterschied aus, von welcher Grundschule der entsprechende Schüler kommt. Manche Schüler sind nämlich noch damit beschäftigt, zu klären, mit welchem Stift sie schreiben wollen, während andere die entsprechende Aufgabe schon gelöst haben und sich dementsprechend zu langweilen beginnen. Jenseits dieser Eingangsheterogenität sind in den letzten Jahren noch zwei weitere Tendenz zu beobachten, die mit der gestiegenen Übertrittsquote zusammenhängen mögen. Erstens: Gewachsen ist insgesamt die Menge der Kinder, die ein doch auffälliges Verhalten zeigen. Auch insgesamt erscheinen uns die Eingangsklassen zwischenzeitlich in disziplinarischer Hinsicht merklich schwieriger geworden zu sein.

Zweitens: Gewachsen scheint auch der Leistungsdruck zu sein, der auf den Kindern lastet.

Zunehmend weinen Kinder, wenn sie „nur“ eine 3 auf der Schulaufgabe stehen haben.

Dieser Befund, wonach Schüler im Übergang von der Grundschule zum Gymnasium also neue Ansprüche in einer neuen sozialen Situation unter den Bedingungen von Heterogenität, Verhaltensauffälligkeiten und Leistungsdruck zu bewältigen haben, lässt folgende pädagogischen Handlungsbereiche als sinnvoll erscheinen:

 Begleitet werden sollten die

Kinder beim Erwerb

gymnasialer Lern und Arbeitstechniken. Gefördert werden sollte hier insbesondere Planungs- bzw. Organisationskompetenz und die Fokussierungsfähigkeit auf die jeweilige Aufgabe.

 Begleitet werden sollten die Schüler bei der Ausbildung und Einübung eines angemessenen individuellen Verhaltens und Sozialverhaltens. Gefördert werden sollten hier insbesondere mehr Selbstkontrolle, Teamfähigkeit, mehr Geduld miteinander, Konfliktstrategien und der Umgang mit Erwachsenen.

 Begleitet werden sollten die Schüler bei der Entwicklung eines angebrachten Leistungsbegriffs. Gefördert werden sollten insbesondere ein Verständnis von Selbstwirksamkeit, eine vernünftige Einschätzung der Relation von Aufwand und

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Ergebnis, Frustrationstoleranz und die beginnende Lösung von Eltern und Lehrern in Verbindung mit dem Aufbau von Eigenverantwortung und intrinsischer Motivation.

Noten sollten dabei eine Rolle spielen, aber nicht die Hauptrolle. Zu der Konturierung dieses Bereichs mehr unter 3.3.

 Begleitet werden sollten die Schüler schließlich bei der Entwicklung eines Bewusstseins dafür, wonach unsere Institution nur funktionieren kann, wenn alle Beteiligten sich im Interesse der Lösung einer gemeinsamen Aufgabe entsprechend einbringen, und dazu gehört insbesondere die Einhaltung von Regeln8.

Auf diesen Problem- und Möglichkeitsaufriss haben wir institutionell9 bislang wie folgt reagiert:

Ebene Maßnahme Inhalte Ziele

Alle 5.

Klassen

Willkommenstage für die fünften Klassen.

Schüler dort abholen, wo sie sind, unter Beteiligung der Q-Stufe Vorstellung des Codex;

Kultur der Anerkennung Übergänge begleiten

Schule Gluck-Codex Mit dem Codex haben

wir unsere

Vorstellungen von einem gelingenden Miteinander

festgehalten und objektiviert.

Ziele und Grenzen formulieren

Schule als gemeinsame Aufgabe

Alle 5.

Klassen

Methodentraining für die fünften Klassen.

Lernen lernen, 8 Einheiten zu 45 Minuten nach Endres

Lern- und

Arbeitstechniken Alle 5.

und 6.

Klassen

Betreuung durch

Tutoren aus der 9. und 10. Klasse

Ausweitung des Tu- torenprogramms

quantitativ auf die 6.

Klassen und qualitativ so, dass neben Freizeitgestaltung nun auch Lernhilfe tritt.

Schule als gemeinsame Aufgabe

Lern- und

Arbeitstechniken

Alle 5.

Klassen

Projekttag „Anti- Mobbing“ am WGG – WgG-Mitglieder

(Schülerinitiative „Wir

gegen Gewalt“)

gestalten einen

Vormittag für alle Schüler der 5. Klassen

Mobbing-Prävention Angemessenes

individuelles Verhalten und Sozialverhalten

8 Zu Recht beklagt nämlich Hermann Gieseke: „Merkwürdigerweise erklärt die Schule den Schülern vieles, aber selten sich selbst“, ders., Wie lernt man Werte?, Grundlagen der Sozialerziehung, Weinheim und München 2005, S. 141.

9 Die Formulierung „institutionell“ soll dem Umstand Rechnung tragen, dass viele Kollegen, die sich der Sachlage bewusst sind, je individuell auf diese Problematik reagieren.

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des WGG

(13)

Ganztages -klasse

Schullandheim gleich zu Beginn der 5. Klasse

Zeit miteinander Angemessenes

individuelles Verhalten und Sozialverhalten Ganztages

- klasse

Lehrerteam vor allem der Hauptfächer

Inhaltliche Absprachen, aber auch vor allem solche, die die Bereiche

Lern- und

Arbeitstechnik sowie das Verhalten betreffen.

Grenzen und Ziele formulieren

Schule als gemeinsame Aufgabe, Lern- und Arbeitstechniken

Ganztages -klasse

Teile der

Intensivierungsstunden und des Fachunterrichts werden auf explizite Werteerziehung

verwandt.

Selbstkontrolle, Ich und die anderen etc., siehe oben

Kultur der Anerkennung Schule als gemeinsame Aufgabe, Angemessenes individuelles Verhalten und Sozialverhalten Ganztages

-klasse

Feste

Lernpartnerschaften, sog. Tandems

Die Schüler eines

Tandems lösen

Aufgaben gemeinsam oder kontrollieren wechselseitig ihre Ergebnisse.

Stärken fördern, Verantwortung

übergeben, angemessenes

individuelles Verhalten und Sozialverhalten, Schule als gemeinsame Aufgabe, Lern- und Arbeitstechniken

Schule Grundschullehrkraft Frau Fügl unterrichtet am WGG und ist stets bereit, mit ihrer Expertise auszuhelfen.

Information und

Sachkenntnis

Prozess steuern und reflektieren

Wie unschwer zu erkennen ist, sind wir in drei von vier Bereichen quantitativ und qualitativ ganz ordentlich aufgestellt und glauben auch relativ viele unserer Schüler zu erreichen. Im Hinblick auf die Ganztagesklasse ist zu sagen, dass dieser so etwas wie eine Pilotfunktion zukommt, insofern als bei dieser auf der Basis unserer Erfahrungen, wie im Profil angesprochen, neue Wege gegangen und damit freilich auch ausprobiert werden.

In den Blick genommen werden müsste in Zukunft noch stärker der Bereich „angemessener Leistungsbegriff“. Dies scheint vor allem auch deshalb geraten, weil für schulische Prozesse auch das gilt, was für alle Entwicklungsprozesse gilt. Wird nämlich eine grundlegende Aufgabe im Entwicklungsprozess nicht gelöst, dann hat dies negative Auswirkungen auf die nächste Stufe; oder eben diese Stufe kann nicht wirklich bewältigt werden. Allerdings gilt es auch, die erworbenen Fähigkeiten zu sichern und weiterzuentwickeln und vor allem, diese über jenen Sturm hinweg zu bewahren, der den Schülern auf den nächsten beiden Stufen bevorsteht, nämlich sich im Hormongewitter der Jahre in der Mittelstufe als Jugendliche zu entwerfen und als eigenständige Personen zu festigen.

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b) Da sein, da bleiben, sich finden - die 7. und die 8. Klasse

Was braucht man als Jugendlicher, um diese Aufgabe zu bewältigen und dabei das Ziel der allgemeinen Hochschulreife nicht aus den Augen zu verlieren?

Treten wir einen Schritt zurück und fragen zunächst, was fehlt? Den Underachiever haben wir oben bereits kennengelernt. Aber noch nicht gut genug. Dieser soll nunmehr gewissermaßen als pars pro toto verhandelt werden. Mit der Einstellung „Vier gewinnt“ oder der „Null-Bock- Mentalität“ werden nämlich an sich ziemlich merkwürdige Strategien verfolgt. Wird doch damit der Anspruch unterlaufen, der mit dem Besuch dem Gymnasium eigentlich formuliert worden ist, nämlich zu den Besten gehören zu wollen. Mit diesen Strategien wird Leistung von der eigenen Identität getrennt und gleichsam zum Fremdanspruch umformuliert. Der Gewinn dieser externalisierenden Strategien liegt auf der Hand: Der Underachiever muss nichts mehr beweisen und kann auf den ersten Blick relativ entlastet seine Schulzeit verbringen, er muss sich allenfalls gegen „ungerechtfertigte“ Leistungsansprüche seitens der Eltern, der Lehrer und freilich der Streber wehren. Im Sinne des Gymnasiums ist der Underachiever in der vorgestellten Weise also nicht wirklich da, und sein Bleiben ist stets mehr oder minder gefährdet. So ähnlich dürfte das Konzept wohl funktionieren, schwieriger dürfte es sein, die Frage nach Ursachen und Motiven zu beantworten.

Zwei Motivkomplexe lassen sich für eine einigermaßen plausible Erklärung heranziehen:

nämlich Angst oder Bequemlichkeit und das Bestreben, sich zu finden. Angst und Bequemlichkeit werden als Motive erkennbar, wenn man die Entlastungsfunktion der 4- gewinnt-Strategie oder der Null-Bock-Mentalität genauer in den Blick nimmt. Indem man eine Aufgabe nicht tatsächlich annimmt, hat man es auch nie tatsächlich versucht. Auf diese Weise kann man auch nie tatsächlich scheitern. Was man tut, bleibt in der Schwebe, man handelt also gewissermaßen im Unverbindlichkeitsmodus. Das ist das Gegenteil von Haltung und Verantwortung und freilich beraubt man sich damit nicht nur der Freude daran, gut zu sein oder etwas gut gemacht zu haben, sondern auch der Möglichkeit, sich über Wissen und Können weiter selbst zu entfalten. Zudem ist Angst nie ein guter Berater. Wenn man Angst hat, flüchtet man oder man greift an. Das ist die biologische Funktion von Angst10. Der Selektionsauftrag des Gymnasiums speist natürlich diese Angst, aber wir denken, dass man eben diese zumindest relativieren kann, dann nämlich, wenn man eben dieser einen Rahmen und eine Gestalt gibt und sich darüber hinaus von institutioneller Seite dazu entschließt, den Erziehungsauftrag und den Bildungsauftrag jenseits ökonomischer Verwendungszusammenhänge stärker zu akzentuieren und vor allem zu kommunizieren.

Rahmen und Gestalt kann man der Angst geben, mittels der Fortschreibung oder Entwicklung eines angemessenen Leistungsbegriffs aufseiten der Schüler. Ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, Frustrationstoleranz, eine angemessene Einschätzung von Aufwand und Wirkung, die Fähigkeit überhaupt, Leistung einzuschätzen, scheinen in dieser Altersklasse

10Vgl. dazu: : Manfred Spitzer, Gehirnforschung und die Schule des Lebens, München 2007, vgl. insbesondere S.

11-12.

(15)

ebenso wie der Bereich Arbeit- und Lerntechnik fast noch wichtiger zu sein als in den Eingangsklassen. Denn Leistung braucht ja Qualitätsempfinden und eine Kenntnisbasis und Nachhaltigkeit, um operationalisiert werden zu können. Die Akzentuierung des Bildungs- und Erziehungsauftrages könnte kommuniziert werden über eine Fehlerkultur jenseits des Rotstifts, über eine erweiterte Feedbackkultur und über explizite Werteerziehung.

Der zweite Motivkomplex verallgemeinert das Problem und macht damit den Underachiever gewissermaßen zu einem besonderen Beispiel einer grundsätzlichen Schwierigkeit. Wer mit offenen Augen durch das Schulhaus und in den Unterricht geht, bemerkt im Verlauf der siebten und achten Klasse doch elementare Veränderungen an seinen Schülern: Schminke, Frisuren, Quasi-Uniformierung, die Abweichung von dieser Uniformierung, körperbetonte Kleidung, Band-T-Shirts, andere Schuhe, andere Rucksäcke und Taschen, I-Pod-Verkabelung, Aufschriften auf Federmäppchen, Rucksäcken usw. und sofort. Was man da sieht, sind die zeitgemäßen Insignien eines Problems, das wir alle einmal zu lösen hatten, nämlich damit zu beginnen, sich als eigenständige Person zu finden. Das ist anstrengend, kostet Kraft, Zeit und Aufmerksamkeit und erzeugt auch Druck, weil man damit alleine und doch nicht alleine ist, sich ständig vergleicht und weil man nicht weiß, wie man dieses Problem erfolgreich lösen kann. Und tatsächlich ist diese Aufgabe nicht leicht, führt man sich vor Augen, unter welchen aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen und in welchen Medien eben diese gelöst werden muss: da geht es im Internetzeitalter beispielsweise um Weiblichkeit und Männlichkeit, Körperlichkeit, Sexualität, Macht, Gewalt, Zugehörigkeit, Alkohol, Zigaretten, Internet, Computerspiele, Musik, Kleidung, Regeln, Maßstäbe, Normen, Schule, Eltern. Auf all diesen Gebieten gilt es für den Jugendlichen, sich einzunorden und eine neue, oft grundsätzliche Position zu beziehen. Die empfundene Dringlichkeit dieses Problems schränkt den Radius der Wahrnehmung fast notwendigerweise so ein, dass das Ziel der allgemeinen Hochschulreife gewissermaßen verschwimmen muss und die Schule an sich marginalisiert wird. Die Schule kann sogar unfreiwillig zu einem Medium dieses Sichfindens werden. Das äußert sich dann natürlich individuell verschieden, aber auf Klassenebene durchaus beobachtbar in:

Emotionalisierung und Moralisierung von Sachfragen, Verstockheit, Gruppenbildung, Mobbing, Cyber-Mobbing, expressiven Unterrichtsbeiträgen, fortgesetzten Unterrichtsstörungen, Verweigerung, Kollaps der Heftführung oder Kommentierung der Mitschüler. Diese Reihe ließe sich bestimmt noch weiter fortsetzen, aber das ist wohl nicht nötig. Zumal diese nicht mit der Absicht der Vollständigkeit, sondern aus einem anderen Grund erstellt wurde, nämlich als Auflistung der Phänomene, auf die wir als Schule hauptsächlich und auch zurecht reagieren. Damit setzen wir uns aber natürlich auch eher mit Symptomen als mit Ursachen auseinander.

(16)

Le rn - u nd

Arbe its tech nik en

erw erb en u nd

diff ere nzie ren

Le rn- un d

Arb eit ste chn iken

erw erb en u nd

diff ere nzie ren

Möglichkeiten und Gefahren begreifen Möglichkeiten und Gefahren begreifen

angebrachten Leistungsbegriff

entwickeln und differenzieren angebrachten Leistungsbegriff

entwickeln und

differenzieren e sam mein ge als ule Sch Au fga be b egr eif en ,

Gre nze n e rfah ren

Sch ule als ge me in sam e

Aufg ab e b egr eif en ,

Gre nze n e rfah ren

Übergang 7. und 8. Klasse

Sich mit den Ursachen auseinanderzusetzen heißt zunächst einmal, die entsprechende Suche als schwierige, aber notwendige Aufgabe anzuerkennen. Das heißt aber nicht, jedes Mittel und jede Ausprägung dieser Suche zu akzeptieren. Im Gegenteil. Erzieherische Verantwortung zeigt sich darin, im Modus der Anerkennung Orientierung und Hilfe zu geben, notfalls auch im Konflikt. Worum es uns also bei der Begleitung dieses Übergangs oder der Moderation dieser Phase zu tun sein muss, ist Möglichkeiten zu eröffnen und Gefahren aufzuzeigen und insbesondere Grenzen zu behaupten und dabei das Ziel oder die Ziele im Auge zu behalten.

Das Problem des Sich-findens werden wir als Schule nicht lösen können, das ist auch nicht unsere Aufgabe, im Gegenteil, das muss jeder Schüler für sich selbst leisten. Aber wir können im Sinne der Eröffnung von Möglichkeiten versuchen, die Bedingungen der Lösung dieses Problems zu verbessern. Wir können auch explizit machen, was wir für gut oder schlecht halten und die entsprechenden Grenzen behaupten und begründen und so Orientierung anbieten. Wir können des Weiteren Gefahren benennen und diskutieren und schließlich an die allgemeine Hochschulreife und die Schule als gemeinsam zu lösende Aufgabe erinnern.

Folgende pädagogische Handlungsoptionen erscheinen uns deshalb im Interesse der Begleitung des Übergangs in der 7. und 8. Klasse sinnvoll:

 Weiterhin begleitet werden sollen die Schüler beim Erwerb und der Ausdifferenzierung gymnasialer Arbeits- und Lerntechniken. Hierzu dürften altersgemäß zum Beispiel gehören: Aufgabenanalyse, Sequenzanalyse: Stichwort: Was machen wir eigentlich gerade?, Textverständnis,

Arbeitsorganisation,

Schulaufgabenvorbereitung, Hilfe zur Selbsthilfe etc.

 Weiterhin begleitet werden sollen die Schüler beim Entwickeln und der Ausdifferenzierung eines angemessenen Leistungsbegriffs und zwar so, dass dieser

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möglichst angstfrei und mit Blick auf das Ziel der allgemeinen Hochschulreife in den Persönlichkeitsentwurf integriert wird.

 Begleitet werden sollen die Schüler bei der Aufgabe, sich als eigenständige Personen zu finden, und zwar durch das Eröffnen von Möglichkeiten und das Aufzeigen von Gefahren. Zu den Bedingungen der Lösung des Sich-Findens gehören Kommunikation, Information und Reflexion. Kommunikation ist notwendig, um sich tatsächlich ausdrücken zu können und natürlich, um zuhören zu können. Information und Reflexion sind wichtig, um nicht zum Spielball fremder Interessen, Moden, Erwartungen und Strömungen zu werden. Das Stichwort Magersucht sollte an dieser Stelle genügen. Hierher gehört auch die Wertefrage. Denn Werte sind einerseits als Information ein Mittel der Orientierung und andererseits in der Auseinandersetzung mit Möglichkeiten und Gefahren ein Mittel, Urteile zu fällen und zu begründen und natürlich ein Modus der Identität. Denn zurecht formuliert Erik Erikson: „Ich bin, woran ich mich halte“.

 Weiterhin begleitet werden sollen die Schüler schließlich bei der Entwicklung und Ausdifferenzierung eines Bewusstseins dafür, wonach unsere Institution nur funktionieren kann, wenn alle Beteiligten sich im Interesse der Lösung einer gemeinsamen Aufgabe entsprechend einbringen, und dazu gehört insbesondere die Einhaltung von Regeln. Diese Regeln sollen nunmehr als notwendige Grenzen formuliert und vor allem funktional begründet werden.

Vor diesem Hintergrund haben wir bislang folgende Maßnahmen realisiert:

Ebene Maßnahme Inhalte Ziele

Schule Gluck-Codex Mit dem Codex haben

wir unsere

Vorstellungen von einem gelingenden Miteinander

festgehalten und objektiviert.

Ziele und Grenzen formulieren, Schule als gemeinsame Aufgabe begreifen, Grenzen festlegen, Möglichkeiten

im Bereich

Werteorientierung eröffnen

Schule Raum zum Nachdenken

(=Adaption des

Konzepts

„Trainingsraum“ )

Fortgesetzte

Unterrichtsstörungen werden als Verstoß gegen folgende drei Regeln betrachtet: Jede Schülerin, jeder Schüler hat das Recht, ungestört zu lernen. Jede Lehrerin, jeder Lehrer hat das Recht, ungestört zu unterrichten. Alle müssen stets die Rechte der anderen beachten

Ziele und Grenzen formulieren, Schule als gemeinsame Aufgabe begreifen, Grenzen festlegen

(18)

und respektieren. Wer stört, entscheidet sich in den RzN zu gehen. Dort trifft der Schüler auf eine Lehrkraft, die sein Problem anerkennt und mit dem Schüler eine Lösung erarbeitet.

Schule Arbeitskreis „Mobbing, Ordnung, Disziplin“

Der AK beschäftigt sich

aktuell mit der

Entwicklung von

Konzepten vor allem im Bereich Mobbing- Prävention

Ziele und Grenzen formulieren, Schule als gemeinsame Aufgabe begreifen, Grenzen festlegen.

Schule Fortbildung „class room management“, geplant

Hier geht es darum, Lehrkräften eine Hilfe zu geben, alltägliche wie schwierige

Klassensituationen besser meistern zu können.

Ziele und Grenzen formulieren, Schule als gemeinsame Aufgabe begreifen, Grenzen festlegen.

Alle 7.

Klassen

Besuch

Theatervorstellung (seit 2010)

Theaterveranstaltung der Gruppe Thevo zum Thema „Mobbing“. Die Initiative hierzu ging vom Elternbeirat unserer Schule aus. In diesem Theaterstück wird die Erfahrung von Gruppenzwang und Ausgrenzung, oft ein

Auslöser für

Suchtverhalten, altersgemäß

thematisiert werden.

Möglichkeiten und Gefahren begreifen.

Alle 8.

Klassen

Besuch

Theatervorstellung seit 2007

Der Weimarer

Kulturexpress greift

Themen des

Sozialverhaltens und der Wertevermittlung auf. Mit dem Stück

„Sprich mit mir“ werden beispielsweise die (Sucht-) Gefahren des unreflektierten

Umgangs mit

Mobiltelefonen,

Möglichkeiten und Gefahren begreifen.

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Computerspielen und Internet angesprochen.

Auch bei der Begleitung dieser Phase sind wir, wie wir glauben, auf einem guten Weg, auch wenn dieser bei genauer Betrachtung freilich noch mehr Befestigung braucht, um tatsächlich ein zuverlässiger Weg zu werden.

Denkbar und wünschenswert ist für die siebte und achte Klasse ein Ausbau des proaktiven Bereichs. Besonders wichtig erscheinen uns in diesem Zusammenhang die Stärkung kommunikativer Kompetenzen im Zusammenhang mit Konfliktlösungsstrategien und die Wertorientierung. Dafür gibt es Anschlussmöglichkeiten in den Fach-Lehrplänen, insbesondere in den Fächern Deutsch und Religion bzw. Ethik, aber hier ließe sich auch über ein Konzept nach dem Modell des Methodentrainings für die fünften und zehnten Klassen nachdenken.

Ein Stiefkind macht auch in dieser Phase der Bereich des Leistungsbegriffs aus. Womöglich sollte dieser Sachverhalt wie die Frage der Fehlerkultur und der Feedback-Kultur im Zusammenhang mit dem Schulprofil oder dessen Erweiterung zu einem Leitbild diskutiert und von dort aus im Fach-Unterricht verankert werden.

Der nächste Übergang ist vielleicht kein kategorialer, sondern eher ein gradueller, aber dieser ist zumindest aus Lehrersicht deutlich spürbar. Um etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern:

Während sich 8. Klassen selten auf der Wunschliste finden, die unsere Kollegen beim Stundenplaner abgegeben, sind neunte und zehnte Klassen zwar nicht oft, aber doch häufiger Wunschklassen. Ein verwandtes Bild zeigt die Frequentierung des Raums zum Nachdenken. Signifikant häufig besuchen Schüler der 7. und 8. Klassen nämlich den Trainingsraum, während sich in der Dokumentation nur ein paar wenige Neuntklässler finden und Schüler der 10. Klasse dort im positiven Sinn Mangelware sind. Ganz offensichtlich scheint zumindest das Hormongewitter in dieser Phase abzuflauen.

c) Da bleiben, sich stabilisieren und sich entfalten – die 9. und 10. Klasse Die Phase der Identitätskonfusion geht im Verlauf der 9. und 10. Klasse in eine Reifephase über und die Schüler erreichen nicht nur körperlich, sondern auch mental allmählich Augenhöhe. Die Dringlichkeit der Aufgabe des Sich-Findens scheint abzunehmen und der Blick weitet sich wieder. Deshalb glauben wir, dass in dieser Zone der nächsten Entwicklung als Kernaufgabe ansteht, von der Kenntnis und dem eher funktionalen Verständnis von Regeln überzuleiten zu einer Sensibilisierung für den moralischen Gehalt von Regeln, Normen und Situationen11. In diesen Kontext gehört der Erwerb der Kompetenzen zur

11 Wer hier das Echo Kohlbergs hört, tut recht daran, denn die Gesamtkonzeption von „Übergänge begleiten“

orientiert sich durchaus am Strukturmuster, das Kohlberg geprägt hat. Vgl. dazu insbesondere: Lawrence Kohlberg, Moralstufen und Moralerwerb: Der kognitiv-entwicklungstheoretische Ansatz, in: ders., Die

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Arb eit ste ch nik en

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Lern - u nd

Arb eit ste ch nik en

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n Möglichkeiten und

Gefahren moralisch differenziert

begreifen Möglichkeiten und Gefahren moralisch

differenziert begreifen

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verinnerlichen angebrachten Leistungsbegriff

verinnerlichen ns- be Le als ule Sch un d Ge sta ltu ngs rau m

be gre ife n u nd nu tze n

Sch ule als Le ben s-

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Übergang 9. und 10. Klasse

Perspektivendifferenzierung und Perspektivenkoordination. Diese umfassen beispielsweise die Wahrnehmung von unterschiedlichen Interessen, Erwartungen und Gefühlen, die Unterscheidung von subjektiven und berechtigten Interessen und die Einsicht in die Notwendigkeit konsensueller Konfliktlösung und ein Gespür für die Möglichkeiten und Grenzen verschiedener sozialer Situationen. Eine entsprechende Sensibilisierung halten wir für eine Bedingung der Möglichkeit, sich als eigenständige Person zu stabilisieren.

Um auch tatsächlich dableiben zu können, brauchen die Schüler auch weiterhin Unterstützung und Begleitung in Sachen Lerntechnik- und Arbeitstechniken. Um sich tatsächlich entfalten zu können, sollte nun zudem tatsächlich die Frage der Leistung mit Blick auf den ja noch nicht gänzlich abgeschlossenen Persönlichkeitsentwurf geklärt werden. Um diese schwierige Frage zu klären, haben wir uns instruktiven Rat bei Werner Sacher geholt, der deshalb ausführlich zu Wort kommen soll:

„Dreh- und Angelpunkte einer […] Leistungserziehung könnten sein:

 Freude an gelungener Leistung erleben zu lassen und erfahrbar zu machen, wie Kompetenzzuwachs mit gesteigerter Selbstmächtigkeit sozialer Anerkennung,

 den Unterschied zwischen den kommerziellen gebotenen Standarderlebnissen und den tieferen Glückserfahrungen, die daraus entspringen, seinen eigenen Weg zu finden und zu gehen, nahe zu bringen,

 auf diese Weise schließlich auf Freude und Befriedigung in der Auseinandersetzung mit der Sache um ihrer selbst willen und im Dienste am sozialen Ganzen zu erleben.

Dazu bedarf es in der Schule vielfältiger Gelegenheiten, Leistungen unterschiedlicher Art auf vielfältigen Gebieten erbringen zu können, ohne dass diese immer an Maßstäben gemessen werden, die andere aufrichten.“12

Dem ist nichts hinzuzufügen. Auf der Folie unserer Einschätzungen halten wir folgende Handlungsmaximen und Aufgaben für die neunte und zehnte Klasse für sachgemäß:

 Im Interesse nachhaltigen Lernens und mit Blick auf die Qualifikationsstufe wollen wir die Schüler weiterhin beim Erwerb und bei der Differenzierung von Lern- und Arbeitstechniken begleiten.

 Im Interesse der Entfaltung einer selbstbestimmten Individualität

Psychologie der Moralentwicklung, hrsg. von Gil Noam und Fritz Oser, F.a.M 1995, S. 123-174.

12 Werner Sacher unter der Mitarbeit von Stephan Rademacher; Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen, Bewährte und neue Wege für die Primar-und Sekundarstufe, Bad Heilbrunn 52009, S. 200.

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sollen die Schüler beim Erwerb und bei der Differenzierung eines angemessenen Leistungsbegriffs unterstützt werden.

 Begleitet werden sollen die Schüler auch bei der Stabilisierung und der weiteren Entfaltung ihres Persönlichkeitsentwurfs, sodass also weiterhin mit den entsprechenden Erweiterungen im Bereich des moralischen Gehalts Möglichkeiten und Gefahren auf der Tagesordnung stehen.

 Auch die Wahrnehmung von Schule und deren Funktionieren sollte auf der Agenda bleiben, aber nunmehr stärker als sozialer Raum gefasst, der auch Lebens- und Gestaltungsraum ist und als solcher Spielräume für Verantwortung und selbständiges Handeln eröffnet.

Vor diesem Hintergrund haben wir bislang folgende Maßnahmen realisiert:

Ebene Maßnahme Inhalte Ziele

Alle 10.

Klassen

Vortrag, Herr Lukas Polizei Neumarkt (seit 2005)

Alkohol und Drogen im Straßenverkehr. Hierbei stehen neben der Suchtgefahr vor allem Sicherheitsaspekte und faires Verhalten im Straßenverkehr bei den Führerscheinaspiranten im Vordergrund.

Möglichkeiten und Gefahren

Alle 10.

Klassen

Vortrag des

Suchttherapeuten und Methadon-experten Dr.

med. Bonjakowski und der Mitarbeiterin der psychosozialen

Beratung, Frau

Schneider (seit 2009)

Eindrucksvoller Bericht aus der Wirklichkeit der Sucht.

Möglichkeiten und Gefahren

9. und 10 Klassen

Tutorenprogramm Derzeit über 50 Schüler, die sich in 4er und 5er Teams um die 5. und 6.

Klassen kümmern und so das Schulleben bereichern, weil sie Verantwortung

übernehmen.

Ausbildung und

Feedback besorgen die Verbindungslehrer.

Stärken fördern - Verantwortung

übernehmen, Schule als

Lebens- und

Gestaltungsraum begreifen und nutzen.

9. und 10.

Klassen

Streitschlichter Ebenfalls ausgebildete Schüler, die sich

Stärken fördern - Verantwortung

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verantwortlich für Konfliktkultur unter Schülern einsetzen.

übernehmen, Schule als

Lebens- und

Gestaltungsraum begreifen und nutzen.

9. und 10.

Klassen.

Wahlkursangebote, die auf politisches und moralisches

Engagement ausgerichtet sind.

Schülerinitiative: Wir gegen Gewalt (WgG);.

Vega: Vereinigtes Europa Gemeinsam Gestalten (VEGA);

Zukunfts- und

Ideenwerkstatt

Stärken fördern - Verantwortung

übernehmen, Schule als

Lebens- und

Gestaltungsraum begreifen und nutzen.

9. und 10.

Klassen

Methodentraining Diese mehrtägige Trainingssequenz wird ergänzt durch einen Arbeitstag für die Schüler im Klassenteam mit abschließender öffentlicher

Präsentation.

Vortragen, Stimmbildung Präsentieren,

Teamarbeit, Höflichkeit und Benimmregeln, Qualitätsempfinden etc.

Lern- und

Arbeitstechniken differenzieren, Leistungsbegriff entwickeln,

Möglichkeiten und Gefahren.

Erfreulich ist, dass im Rahmen dieser Maßnahmen die Frage eines angemessenen Leistungsbegriffs erstmals fassbar wird. Ansonsten lässt sich die Einschätzung unserer Anstrengungen aus dem Bereich der 7. und 8. Klassen wiederholen. Der Weg ist bereitet, muss aber noch befestigt werden. Augenscheinlich liegt der Fokus unserer Aufmerksamkeit eher auf den 10. Klassen. Fraglos verdiente aber die 9. Klasse unter der Perspektive des G8 und im Zusammenhang der Entwicklungsaufgaben, die die Schüler zu leisten haben, doch ein Mehr an Aufmerksamkeit.

d) Allgemeine Hochschulreife – die Qualifikationsstufe

Raum 405: Dreißig von eigentlich 20 zugestanden Minuten sind um, die Mitschüler haben schon nach der Hälfte aufgegeben, nur der Lehrer hört noch zu, weil er muss. Der Vortrag war im Wesentlichen eine Addition aus Halbwahrheiten, Ungenauigkeiten, Halbverstandenem und wenig Treffendem, garniert mit ein paar Bildern, die aber mit dem Vortrag selber wenig zu tun haben. Das Thema war wohl erfasst, aber die gebotene Information war ohne Differenzierung oder Hierarchisierung einfach aneinandergereiht worden, bis der Gong ein Ende setzte. Die Schülerin schaut nun den Lehrer hoffungsvoll an.

Der schaut durch diese hindurch und sieht Professor Meinrad, dem seine Schülerin, sollte sie die entsprechende Entscheidung treffen, in knapp einem Jahr begegnen kann. Professor Meinrad würde die Schülerin in der Luft zerfleischen, sollte sie ihm einen solchen Vortrag bieten, oder, was noch schlimmer ist, mitleidig schauen und in fünf Minuten strukturiert und klar das liefern, was die Studentin in dann wohl 45 Minuten nicht geboten hat. Der Lehrer verdrängt diese Vision und überlegt sich, ob er nicht doch noch10 Punkte geben will, denn alles andere würde für die Schülerin zu einer großen Enttäuschung geraten. Schnitt.

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Lassen wir den Lehrer mit dieser Entscheidung allein. Sicher sind solche Situationen in der Qualifikationsstufe nicht die Regel, aber doch ohne Übertreibung signifikant häufig. Die Not des Lehrers hängt mit dem allgemeineren Umstand zusammen, wonach viele Schüler von sich mit dem Übertritt in die Oberstufe gleichsam eine Leistungsexplosion erwarten, und dies zumeist unabhängig davon, auf welche Weise sie vorher ihre schulische Laufbahn bestritten haben. Nimmt man das Exempel und dessen verallgemeinerbare Aspekte ernst, so müssen wohl folgende zwei Schlussfolgerungen gezogen werden. Erstens: Spätestens in der Q-Stufe muss ein adäquater Leistungs- bzw.

Qualitätsbegriff erworben werden. Zweitens: Dringend notwendig ist auch auf dieser Ebene noch eine

Begleitung im Bereich Lern- und Arbeitstechniken und insbesondere deren allmähliche Ausrichtung auf universitäre Zusammenhänge. Die durchaus vorhandene Motivation müsste also stärker in Richtung des Gehalts der allgemeinen Hochschulreife gelenkt werden. Dazu bedarf es einer Vorstellung, die in der Lage ist, von unserer

notenmäßigen Messung zu abstrahieren, zumal die guten

jüngsten Ergebnisse zeigen, dass diese sich wohl eher dem Wechsel

der Gewichte verdanken als dem, was unsere Schüler ehrlicherweise tatsächlich können.

Was also sollten unsere Schüler mit Blick auf die Universität können? Sie sollten eigenverantwortlich lernen und sozial kompetent handeln können. Dabei müssten sie ihr Lernen als längerfristigen Prozess im Auge haben, der sich im Sinne des Projektmanagements organisieren lässt. Dieses prozessorientierte Lernen muss auch selbständig auf seine Qualität hin befragt werden können. Notwendige Bestandteile des eigenverantwortlichen Lernens sind Ambiguitätstoleranz und Urteilskraft. Das bedeutet auf den Punkt gebracht: die Fähigkeiten, sich von Schulbuch und Tafelbild zu emanzipieren und zu akzeptieren, dass Wissenschaft Meinung und die Auseinandersetzung von Meinungen bedeutet, und im Wettstreit der Meinungen begründet Stellung beziehen zu können. Und freilich braucht es ganz einfach solides Sachwissen. Mit dem G8 und der institutionellen Ausrichtung auf diese Ziele, wie sie nach unserem Dafürhalten mit den P-Seminaren und insbesondere den W- Seminaren ja doch beabsichtigt ist, sind wir, wie wir denken, nachhaltiger auf dem entsprechenden Pfad unterwegs, als dies noch zu Zeiten des G9 der Fall war. Aber damit aus der Q-Stufe wirklich ein Schuh wird, glauben wir auch, dass die Erfahrungen, insbesondere die Lehrerfahrungen aus den W- und P-Seminaren, gewissermaßen auf die gesamte Q-Stufe verallgemeinert werden müssten. Wenn nämlich tatsächlich Eigenverantwortlichkeit so wachsen soll, dass eben diese mit Ende der Schulkarriere anschlussfähig an universitäre Bedingungen ist, dann braucht diese Entfaltung entsprechende Spielräume. Diese können beispielsweise dadurch eröffnet werden. dass der Lehrer seine Rolle in Richtung Mentor oder Coach umschreibt. Dies ist ein Wunsch übrigens, der von vielen Kollegen in unseren

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ln prozessorientiert

lernen, Verlauf managen, Erfolg

einschätzen prozessorientiert

lernen, Verlauf managen, Erfolg

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und Urteilskraft entwickeln

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Übergang Q-Stufe

Zukunftswerkstätten geäußert wurde. Um diesen zu verankern, ist wohl wiederum ein Leitbild der Ort. Gemäß dieses Befundes ergeben sich also folgende Handlungsmaximen bzw.

Aufgaben für die Q-Stufe:

 Wir wollen unsere Schüler dabei begleiten, als gereifte Persönlichkeiten

eigenverantwortlich lernen und sozial kompetent handeln zu können. Dies schließt freilich die Schule als sozialen Ort ein.

 Wir wollen unsere Schüler dabei

begleiten, Lernen als

längerfristigen Prozess zu organisieren, dessen Verlauf zu

managen und dessen Erfolg einzuschätzen.

 Wir wollen unsere Schüler dabei begleiten, Ambiguitätstoleranz und Urteilskraft zu entwickeln.

 Wir wollen unsere Schüler dabei begleiten, solide Sachkenntnis zu erwerben und diesen Erwerb zu sichern.

Die Q-Stufe macht innerhalb unseres Konzepts „Übergänge begleiten“ noch ein Stiefkind aus.

Dementsprechend haben wir bislang auf diesem Gebiet zunächst eine Maßnahme anzubieten.

Ebene Maßnahme Inhalte Ziele

Ausgewählt e 10., 11.

und 12.

Klassen

Teilnahme am

Wettbewerb Jugend debattiert

Die Fähigkeit, ein

Thema aus

verschiedenen

Perspektiven nach Regeln kontrovers diskutieren zu können.

Stärken fördern;

Begabungen entwickeln,

Ambiguitätstoleranz und Urteilskraft entwickeln.

4. Was bleibt zu tun?

Wir denken, die Summe unserer Anstrengungen unter der Überschrift „Übergänge begleiten“

ergibt eine Gesamtkontur, die mit der durchgängigen Orientierung an den Teilzielen Lernen lernen , Leistungen entwickeln, Wertebildung und der Schule als sozialem Ort und gemeinsamer Aufgabe in jeweils entwicklungsgemäßer Brechung ein stimmiges Gesamtbild im Hinblick auf die Kardinalziele Bildung und Erziehung mehr als erahnen lässt.

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Aber der Begriff Kontur ist doch mit Bedacht gewählt. Denn aus den zahlreichen Punkten müssen zur umfassenden Bewältigung der gestellten Aufgabe noch Linien und Netze werden, die die Schüler auch als solche wahrnehmen.

Dazu bedarf es extensivierender und intensivierender Bewegungen. Extensiviert werden müsste die Begegnung der Schüler mit den hier angeführten Gehalten, jenseits des klassischen Unterrichts und vor allem im Unterricht. Denn nur in einer Mischung aus Sonder- und Normalfall, also wenn das Zusatzprogramm auch Resonanz im unterrichtlichen Alltag findet, werden die entsprechenden Informationen als Handlungsregulative wirksam.

Intensiviert werden müsste auch die Auseinandersetzung der Lehrer mit den hier angeführten Inhalten auf institutioneller Ebene. Fraglos nämlich verfügt jeder einzelne Lehrer über subjektive Theorien zu jedem der hier aufgerufenen Gegenstände. Aber nur über einen Dialog der Lehrer miteinander kann die Unterrichtsebene so erreicht werden, dass der Unterricht bei aller legitimen Verschiedenheit auf bestimmte Ziele orientiert werden kann.

Ein Modus, diesen Dialog zu führen, könnte die Entwicklung eines pädagogischen Leitbildes sein.

W. Gelo für die Gruppe Werte 2.0 Neumarkt, im Herbst 2011

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